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Drei Wahrheiten über den Dax

 

Grafik: Dax Performance-Index, täglich ab Jan 1999
Dax Performance-Index, täglich, letzter Wert vom 07.05.2013

Ziehen wir ganz kurz den Hut vor 8.200 Zählern. Diese Marke hat der Deutsche Aktienindex (Dax) am Dienstag genommen. So hoch stand der Dax noch nie. Nicht im März 2000, nicht im Juli 2007. Diese beiden Monate markierten die bisherigen Gipfel. Das ist die Wahrheit eins: Wir haben heute einen echten Rekord im Performance-Index begehen dürfen.

Wie es dazu kam? Der wichtigste Grund für die jüngste Rally ist eindeutig die Hoffnung auf die Stabilisierung der Weltkonjunktur. Denn der Dax ist nichts anderes als das: eine Wette auf das Weltwachstum – dank der globalisierten deutschen Konzerne. Am vergangenen Freitag waren es die viel besser als erwarteten US-Arbeitsmarktdaten, die dem Dax Antrieb gaben. Und am Dienstag deutlich über den Erwartungen liegende Industrie-Aufträge für die deutsche Wirtschaft. Besonders schön: Vor allem Euro-Land hat sich als Auftraggeber mit einem kräftigen Plus zurückgemeldet.

Der zweitwichtigste Grund sind die Notenbanken, die weiterhin auf Lockerung setzen und sich alle Mühe geben, die Nachfrage zu beleben. Selbst die Europäische Zentralbank bewegt sich. Und der drittwichtigste ist der seit Monaten gültige: Es fehlt schlicht an echten Alternativen.

Kommen wir zur Wahrheit zwei: Schauen Sie auf dieses Chart!

Grafik: Dax Kurs-Index, tägl. ab Juni 1999
Dax Kurs-Index, täglich, letzter Wert vom 07.05.2013

Das ist der Kursindex des Dax – und der ist nicht gedopt. Beim Performance-Index werden nämlich Jahr für Jahr die ausgeschütteten Dividenden zu den Kursen hinzu addiert. Um die Kurse der Aktien von damals mit jenen von heute vergleichen zu können, muss man auf den Kursindex schauen. Und was sehen Sie?

Im März 2000 lag der Kursindex über 6.000 Punkten, im Juli 2007 über 5.000 und am Montag notierte er beim Tageshoch auf schlappen 4.396 Zählern. Merken Sie etwas? Aktien sind heute noch fast 50 Prozent billiger als während der Technologieblase Anfang des Jahrtausends und im Vergleich zu der Zeit vor dem Ausbruch der Finanzkrise noch immer rund ein Fünftel günstiger. Deshalb ziemt es sich ganz und gar nicht, jetzt schon wieder von Übertreibungen zu reden. Auch das Kurs-Gewinn-Verhältnis ist mit rund 12 noch im grünen Bereich.

Aber es gibt noch eine dritte Wahrheit, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte, weil sie die Mär von der langfristigen Überlegenheit der Aktie so schön widerlegt. Werfen Sie einen Blick auf dieses Chart.

Grafik: Relative Entwicklung des Dax seit Juni 1999
Relative Entwicklung des Dax seit Juni 1999

Hier sehen Sie die beiden „Daxe“: Kurs- und Performance-Index auf 100 Prozent gesetzt am 20. Juni 1999. Die dünne schwarze Linie simuliert einen Kursverlauf bei einer jährlichen Rendite von drei Prozent! Und siehe da: Wer die Dividenden verfrühstückt hat, hat mit deutschen Aktien in den vergangenen 14 Jahren so gut wie nichts verdient. Und da er meist noch Depotkosten zu stemmen hat, hat er vielleicht sogar mit Aktien über 14 Jahre Verluste eingefahren.

Derjenige, der die Dividenden reinvestiert hat – und genau dieses Verhalten bildet der Dax-Performance-Index ab – hat eine Rendite eingestrichen, die unter drei Prozent nominal liegt! Zieht man die durchschnittliche Inflation der vergangenen 14 Jahre ab, so kommt eine reale Rendite von unter einem Prozent heraus! Jede 15-jährige Bundesanleihe hätte deutlich mehr Rendite abgeworfen!

Klar, werden Sie sich denken, da hat der Autor die Zeitspanne gewählt, die ihm passt. Hat er nicht. Ich habe einfach die längste bei Comdirect abrufbare Periode gewählt. Zugegeben: Die vergangenen 15 Jahre waren keine guten Aktienjahre, aber sind 15 Jahre nicht verdammt lang? Und mein Lieblingsbeispiel für die nicht vorhersagbare Überlegenheit der Aktie ist der Nikkei. Der japanische Leitindex, ein Kursindex, notierte Ende 1989, also vor fast einem Vierteljahrhundert, knapp unter 40.000 Yen. Und heute? Liegt er knapp über 14.000 Yen.

Nichts gegen Aktien, sie gehören in jedes Depot in entsprechender Mischung je nach Risikotragfähigkeit. Aber die langfristige Überlegenheit der Aktie ist ein Mythos. Ein Arbeitsleben reicht nicht aus, um das mit Gewissheit postulieren zu können.