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Was tun mit den Haushaltsüberschüssen?

 

Wolfgang Schäuble schwimmt im Geld. Der Bund schließt seinen Haushalt für 2016 mit einem Überschuss von 6,2 Milliarden Euro ab, wie das Bundesfinanzministerium heute mitteilte. Bund, Länder, Kommunen und Sozialversicherungen nahmen sogar 19,2 Milliarden Euro mehr ein als sie ausgaben.

Bleibt die Frage: Wohin mit dem Geld?

Die Antwort der FDP lautet: Steuersenkungen. Für Christian Lindner ist Deutschland auf dem Weg in eine „Kleptokratie“, weil sich der Staat mit dem steigenden Steueraufkommen einen immer größeren Anteil an der Wirtschaftsleistung genehmige. Betrachtet man nur die vergangenen paar Jahre, ist diese These korrekt. Im längerfristigen Vergleich stimmt sie aber nicht. Die Steuerquote bewegt sich in einem Bereich, der in der alten Bundesrepublik üblich war. Wir nähern uns also nach Jahren des rabiaten Sparens auf Kosten der ökonomischen Substanz endlich wieder der Normalität an. Das ist kein Skandal, sondern eine erfreuliche Normalisierung (die Quelle für die Grafik sind Daten des BMF, der Wert für das Jahr 2017 ist eine Prognose des RWI in Essen).

Grafik: Steuerquote in Deutschland seit 1965

Das bedeutet nicht, dass nicht an der einen oder anderen Stelle punktuell Entlastungen möglich wären. Aber für umfassende Steuersenkungen spricht wenig.

Zumal – womit wir beim zweiten Punkt wären – Deutschland nach wie vor einen enormen Nachholbedarf bei den öffentlichen Investitionen hat. Wie selbst das Bundesfinanzministerium einräumen musste, ist das Land bei den Staatsinvestitionen im internationalen Vergleich Schlusslicht und angesichts der Herausforderungen, denen die Republik national und international ausgesetzt ist, werden die Staatsaufgaben eher noch zunehmen.

Deshalb spricht viel dafür, dass Geld für Investitionen auszugeben. Das Problem: Das ist leichter gesagt als getan. Die Regierung hat das Investitionsbudget bereits aufgestockt, aber vielfach werden die Mittel nicht abgerufen, weil es in dieser Phase der Hochkonjunktur und nach jahrelangen Stellenstreichungen im öffentlichen Dienst nicht genug Planer und Handwerker gibt. Das Investitionsdefizit kann deshalb nur durch ein mehrjähriges Programm behoben werden, dessen Ziel eine Verstetigung der Ausgaben sein muss.

Das bedeutet aber auch: Es macht wenig Sinn, das Geld jetzt einfach herauszuhauen. Deshalb ist es zwar richtig – wie es die SPD fordert – jetzt zu prüfen, ob es nicht doch noch Möglichkeiten für mehr sinnvolle Investitionen gibt. Wenn das nicht der Fall sein sollte, ist aber Schäubles Plan, die Überschüsse für die Schuldentilgung zu verwenden, vielleicht nicht die schlechteste Option.

Er muss allerdings ergänzt werden durch die klar kommunizierte Bereitschaft, die Schulden wieder zu erhöhen, wenn die Einnahmen wegbrechen und die Investitionen nicht mehr aus dem laufenden Einnahmen finanziert werden können – warum nicht durch eine Investitionsregel analog zur Schuldenregel für den Staatshaushalt?