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Der heilende Urin des Propheten

 

Keine Satire: Erst kam die Still-Fatwa (die Mann und Frau das Zusammenarbeiten in einem Raum erlaubt, wenn die Frau ihn stillt und somit zum „Milchbruder“ macht), dann die Urin-Fatwa. Das Trinken des Urins des Propheten, erklärte einer der höchsten Theologen Ägyptens, sei ein Segen.
Wer braucht da noch Mohammed-Karikaturen? Die Theologie erledigt das Geschäft der Verhöhnung des islamischen Glaubens ganz alleine.
Man fragt sich fast, ob man so etwas überhaupt noch berichten soll.
Aber die Welle von durchgeknallten theologischen Gutachten, die derzeit in Ägypten für Aufruhr sorgt, steht für etwas: die totale Verwirrung und Selbst-Delegitimierung der höchsten theologischen Autorität des sunnitischen Islams, der Al-Azhar-Universität.
Die peinliche Fatwa des ägyptischen Grossmuftis Ali Gomaa, über die sich die arabische Öffentlichkeit erregt, steht für den erschreckenden Zustand der amtlichen islamischen Theologie. Das wirft die Frage für den interreligiösen Dialog auf: Mit wem soll man eigentlich reden, wenn hohe Amtsträger sich so diskreditieren?

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Ali Gomaa

Es ist eigentlich gar keine neue Fatwa, über die sich die arabische Presse jetzt mokiert. Vor sechs Jahren wurde die Meinung, die Körperausscheidungen des Propheten seien „rein“ gewesen und könnten denjenigen reinigen, der sie aufnimmt, in einem Buch des Muftis vertreten. Das Buch über „Religion und Leben“ mußte der Mufti jetzt aus dem Handel nehmen lassen.
Der Streit um die alberne Fatwa hat einen ernsten theologischen Hintergrund. Mohammed ist – in deutlicher Absetzung zu dem Jesus der Christen – ein Mensch mit ganz normalen menschnlichen Attributen (wenn auch ein außergewöhnlicher Mensch, ein Vorbild, ja der ideale Mensch überhaupt). Der Mufti macht ihn zu einem Heiligen, zu einem Gott-Menschen, und das ist ziemlich nahe an der Häresie.

Ali Gomaa war zuletzt durch seine Hymen-Fatwa aufgefallen, die die Rekonstruktion des Jungfernhäutchens gutgeheissen hatte, um den jungen Frauen zu ermöglichen , trotz vorehelichen Geschlechtsverkehrs islamisch korrekt in die Ehe zu gehen. Er hatte sich auch gegen Genitalverstümmelungen ausgesprochen. Er war auch unter den 38 islamischen Theologen, die dem Papst nach der Regensburger Rede antworteten.
Ali Gomaa ist einer der wenigen hohen Würdenträger des Islam, die sich klar gegen Terrorismus aussprechen. Er hat das kürzlich erst in London auf Einladung der britischen Regierung getan.