Lesezeichen
‹ Alle Einträge

Die politischen Kosten der Krise

 

Während die Aktienmärkte sich ein wenig von den schlechtesten Wochen seit Jahrzehnten erholen, beginnen die intellektuellen Aufräumarbeiten.
Die politischen Kosten der Finanzkrise werden erst allmählich sichtbar.
Vor wenigen Jahren noch hat man Investoren aus dem Nahen Osten aus Sicherheitsgründen von strategisch wichtigen Punkten verscheucht (siehe Dubai-Ports-Deal).
Heute schaut man mit bangem Blick auf Fonds aus Nah- und Fernost und fürchtet, dass sie sich weiter zurückziehen könnten. Der Historiker Niall Ferguson hat kürzlich erläutert, dass die Staatsfonds aus Asien und dem Nahen Osten eine Hoffnung für die Amerikaner sind. Man kann also schon ahnen, wie sich die Perspektive auf die nationale Sicherheit durch die Rezession verändern wird.
Diejenigen, die den Boom finanziert haben, vor allem also die Chinesen, werden eines Tages ihre Schecks einlösen. Werden wir eine starke westliche Position im Bezug auf Menschenrechte und Demokratie in China, Tibet etc. sehen? Ich glaube nicht.
Das Gleiche gilt für den Umgang mit Rußland. Einem Land, bei dem Island um Knete anklingeln muss, damit ein Staatsbankrott vermieden werden kann, wird niemand sehr selbstbewußt entgegentreten. Die Nato-Erweiterung um Georgien und die Ukraine ist tot, egal was die offiziellen Verlautbarungen sagen.
Amerika und die Europäer werden sich die laufenden Kriege noch weniger leisten können. Der Druck auf den Rückzug wird stärker werden, jedes zusätzliche Engagement wird schwerer zu begründen sein.
Der Westen – mit den USA vorneweg – wird sich zunehmend Hinweise auf seine Doppelmoral anhören müssen: Als Lateinamerika und Asien in der Krise waren, hat man dien betroffenen Ländern die bittere Medizin der Privatisierung von Staatsbetrieben, Öffnung der Märkte und fiskalische Disziplin verschrieben. Nun, da der Westen betroffen ist, sind Verstaatlichung, Regulierung und astronomische Verschuldung plötzlich ok?
Das wird man uns noch ewig vorhalten. Die Zeit, da der Westen mit den von ihm geführten Institutionen bestimmen konnte, wie Krisen gesteuert werden, ist vorbei.
Glaubwürdigkeit ist politischer Kredit. Auch der ist dahin.
p.s. Hier ein interessantes Stück zum Weiterlesen.
(Ich werde morgen hier in Harvard einen Vortrag zum Thema halten müssen. Wenn ich damit nicht untergehe, stelle ich ihn später hier ein.)