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„Abendland in Christenhand“

 

Die rechtsextreme und vom Verfassungsschutz beobachtete Partei Pro NRW tritt bei der Landtagswahl mit einem Spruch an, den sie bei der FPÖ geklaut hat: „Abendland in Christenhand“.

Die christlichen Kirchen haben sich gegen diese Diktion schärfstens verwahrt. Zu Recht.

Das ist natürlich bereits einkalkuliert in der Masche der Rechtsextremisten: Sie wollen jeden, der sich ihrem apokalyptischen Geraune von der drohenden, ja längst stattfindenden Islamisierung verweigert, als „Dhimmi“, „Appeaser“, „Moslemversteher“, „Schariafreund“ etc. hinstellen. Und also auch die christlichen Kirchen, die bei aller Kritik (s. Regensburger Rede des Papstes, s. „Klarheit und gute Nachbarschaft“ der EKD) weiter am Dialog festhalten (in der Sprache der Rechtsextremisten: „Dialüg“).

„Abendland in Christenhand“, im Juli 1933. Foto: Gedenkstätte deutscher Widerstand

Die Parole empört mich als Christen persönlich. Es ist einfach nur widerlich, dass sich ein Klub, in dem erwiesener Maßen alte Neonazis eine Rolle spielen, ausgerechnet auf das Christentum beruft. Das Christentum – eine unversalistische Religion aus dem Morgenland, die einen Juden als Sohn Gottes verehrt – wird hier ethnifiziert zu einem Abgrenzungsmerkmal von „Abendländern“. Es wäre zum Kotzen, wenn es nicht so doof und durchschaubar wäre.

Historisch gesehen gibt es durchaus Anknüpfungspunkte, leider insbesondere im deutschen Protestantismus, der im Dritten Reich weite Teile der Gläubigen und der Pfarrerschaft an den völkischen Rassismus verlor. Die „deutschen Christen“ machten aus der Liebesbotschaft Jesu eine Travestie, indem sie den Antisemitismus Hitlers unterstützten – zu Millionen.

Den Leuten, die heute unter neuen Vorzeichen an diese reaktionären Traditionen „abendländischen“ Wahns anknüpfen wollen, darf man keinen Schritt breit entgegenkommen. Sie gehören politisch bekämpft und geächtet wie alle anderen Extremisten, damit eine rationale Debatte über die Konflikte eines Einwanderungslandes weiter möglich bleibt.