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Wohin Lau gehört

 

Wohin Sven Lau gehört

Schreck am Morgen bei der Zeitungslektüre.

Dann Erleichterung. Es wurde wirklich Zeit, dass man ihm das Handwerk legt, diesem merkwürdigen Namensvetter Sven Lau (nicht verwandt!). Er wurde am Dienstag wegen Terrorverdachts verhaftet.

Ich hatte ihn 2011 in Mönchengladbach besucht, wo seine Salafistentruppe „Einladung zum Paradies“ die Stadt in Schrecken versetzte. (Einladung zum Paradies – welch ein Name! Wer könnte da Nein sagen?)

Salafismus – davon wusste damals nur eine kleine Gruppe von Experten. In den Verfassungsschutzberichten nahmen die Salafis immer größeren Raum ein. Ich recherchierte das Thema an verschiedenen Orten in Deutschland und blieb dann in Mönchengladbach hängen, in der Stadt meiner jugendlichen linksrheinischen Fußballträume (Die Fohlen).

Damals begannen die Sicherheitsdienste auf die Salafisten zu schauen. Dass die mit der Terrormiliz IS und dem Syrienkrieg ein Betätigungsfeld bekommen würden, auf dem man nicht nur Bürgerschreck spielen, sondern im Ernst für das Kalifat schießen konnte, war damals nicht abzusehen.

Abzusehen war allerdings damals schon, dass Sven Lau alias Abu Adam zum bewaffneten Kampf eine gezielt zweideutige Haltung pflegte. Ich fragte ihn, was er einem jungen Mann sagen würde, dem es nicht reiche, im Rheinland nach dem (vermeintlichen) Vorbild des Propheten und seiner Gefährten Bart und Pumphosen zu tragen. Was sagen Sie jemandem, der zum Beispiel nach Afghanistan gehen will und dort Dschihad machen? Sven Lau schaute mich taxierend an und antwortete, da maße er sich kein Urteil an, das müssten „die Gelehrten entscheiden“. In anderen Worten: Er würde nicht davon abraten. Aber er war auch schlau genug, sich gegenüber mir als Pressevertreter keine Blöße zu geben.

Das fand ich damals schon bezeichnend für die skrupellose Menschenfängerei dieser Truppe. Viele der Jungs (Salafismus ist ein klares Jungs-Programm, was Groupies natürlich nicht ausschließt; und auch nicht Dischihad-Streberinnen wie Tashfeen Malik in San Bernardino) sind ehemalige Kleinkriminelle, herumstromernde Verlierertypen, Entwurzelte. Viele sind Konvertiten wie Lau und sein Freund und Mentor Pierre Vogel. Ich habe noch mehrere biodeutsche Salafis kennengelernt. Mein Eindruck war, dass die Attraktion des Salafismus in der Mischung aus Sektenstruktur, Erlösungsversprechen und Selbstermächtigung (bis zur Gewalterlaubnis, ja zum Gewaltgebot) lag, nicht unähnlich dem Linksterror der Siebziger und dem Rechtsterror des NSU. Radical Chic mit einem frommen Twist.

Allerdings, und das macht die Sache leider SEHR viel explosiver: Mit der Scheinlegitimation einer 1.437 Jahre alten Weltreligion, und nun eben im Gleichschritt mit einer Bewegung, die ein Territorium, Geld, Waffen, Tausende Rekruten und eine Welt voller Feinde zu bieten hat. Man kann beim IS jetzt gegen Assad, Obama, Putin, Merkel, Hollande, Salman Ibn Abd al-Aziz, Ajatollah Chamenei und viele andere kämpfen. Das ist doch mal ein Angebot.

Leuchtet mir ein, dass Sven Lau da nicht abseits stehen konnte. Das ist etwas anderes, als rheinische Nachbarn zu nerven mit seinem albernen Fusselbart. Die Nachbarn kannten ihn ja noch alle von der Feuerwehr, bei der er mal gearbeitet hatte, bevor er den Islam entdeckte.

Man wirft ihm nun vor, Syrienkämpfern Geld überbracht und Nachtsichtgeräte besorgt zu haben. Er soll auch Freiwillige angeworben haben. Es soll Aufnahmen von ihm geben, auf denen er mit Gewehr auf einem Panzer post, offenbar in Syrien.

Damals in Mönchengladbach wollte er ein riesiges islamisches Zentrum errichten. Die Bürger, die sich dagegen verwehrten, rückte er in die rechte Ecke. Das war Chuzpe! Zum Glück haben sich die Mönchengladbacher damals nicht kleinkriegen lassen. Sie konnten verhindern, dass Lau und Konsorten sich in Mönchengladbach festsetzten. Mysteriöserweise brachen damals immer wieder Feuer aus. Lau machte die „islamfeindlichen“ Gegner seiner Initiative verantwortlich. Die Polizei verdächtigte ihn, es kam zu einem Verfahren, doch es gab zu wenig Beweise für eine Verurteilung.

Das alles ist im Licht des Weltenbrandes, in dem nun auch Leute wie Sven Lau alias Abu Adam mitzündeln, Kinderkram.

Ich habe mich damals schon gefragt, was es ist, das den Feuerwehrmann zum Brandstifter mindestens im übertragenen Sinn hat werden lassen. Soziale Gründe (wie sie ja bei der Erklärung der Banlieue-Radikalisierung immer angeführt werden) scheiden aus. Ebenso Stigmatisierung. Im Gegenteil: Sven will ja Abu Adam sein, er will das Stigma des Radikalen durch die Fußgängerzone spazieren führen. Er ist gerne der Mann, den alle hassen (Shariah Police).

Ich habe mich bei den Nachrichten von meinem Namensvetter an einen Satz erinnert, den ich bei François Furet gelesen habe, in seinem Buch Das Ende der Illusion. Es handelt vom Kommunismus im 20. Jahrhundert.

Furet spricht da von einem „Charakteristikum der modernen Demokratie, das sicherlich einzigartig in der Weltgeschichte ist: die unbegrenzete Fähigkeit, Menschen hervorzubringen, die das hergebrachte soziale und politische System verabscheuen, in das sie hineingeboren sind; die die Luft hassen, die sie atmen, obwohl sie die Grundlage ihres Lebens ist.“

(Mit Dank an den Kommentator Paul Arneim (s.u., #5) für das korrekte Zitat)