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Der neue fünf Freunde Film kommt ins Kino. ZEIT Leo war bei den Dreharbeiten

 

Endlich im Kino: Die fünf Freunde von Enid Blyton!/ © Constantin Film

Eineinhalb Stunden dauert der »Fünf Freunde«-Film, der Ende Januar in die Kinos kommt. Dafür haben Hunderte von Menschen monatelang gearbeitet.ZEIT LEO war dabei, als der Film entstand.

Von Katrin Hörnlein

»Eine eiserne Regel für Regisseure lautet: Dreh nie mit Kindern oder Tieren«, sagt Mike Marzuk – und grinst. »Das finden nämlich viele zu anstrengend.« Mike Marzuk scheint allerdings nicht viel von solchen Regeln zu halten. Denn er ist selbst Regisseur, und in seinem neuen Film spielt nicht nur ein Kind oder ein Tier mit, sondern es sind vier Kinder und ein Hund dabei. Sie spielen die fünf Freunde, die Helden aus den berühmten Büchern der britischen Autorin Enid Blyton.

Es ist das erste Mal, dass aus den Romanen ein deutscher Kinofilm wird. Darauf ist besonders Andreas Ulmke Smeaton stolz. Er ist der Produzent des Films, also derjenige, der sich um das Geld kümmert. Und er ist ein großer Fünf Freunde-Fan: »Als Kind habe ich die Bücher geliebt«, sagt Ulmke-Smeaton. Deshalb hatte er schon lange diesen Film machen wollen. Wer allerdings eine Geschichte von Enid Blyton verfilmen will, braucht eine Erlaubnis. Die Werke sind geschützt durch das sogenannte Urheberrecht.

Viele Jahre lang hatte der Produzent versucht, diese Erlaubnis zu bekommen. Schließlich erhielt er sie, und im Januar vergangenen Jahres konnte es endlich losgehen. Da begann die Auswahl der Hauptdarsteller. Valeria Eisenbart spielt Georgina, kurz George. Sie ist schon ein echter Filmprofi – sie war zum Beispiel in „Hier kommt Lola“ und „Wickie“ auf großer Fahrt zu sehen. Auch Quirin Oettl (Julian) und Justus Schlingensiepen (Dick) haben schon geschauspielert. Ganz neu ist das Filmgeschäft für Neele Marie Nickel, die in der Rolle der Anne zu sehen ist. »Mir macht alles total dolle Spaß!«, erzählt Neele Marie. »Und wenn ich nicht mehr kann, sag ich das, und dann machen wir eine Pause.«

ZEIT LEO trifft die Kinder und den Regisseur im Juli in der winzigen Stadt Arnis in Schleswig-Holstein. Wir dürfen einen Tag lang zuschauen, wie der Film entsteht. In einer Pause erzählen die vier jungen Schauspieler, dass sie die Fünf Freunde-Geschichten vorher kaum kannten. Erst zur Vorbereitung haben sie die Bücher gelesen und sich überlegt, was die einzelnen Figuren ausmacht. Julian etwa sei ein kleiner Angeber, sagt Quirin über seine Rolle. Die Kinder sind die ganze Zeit zusammen, unternehmen auch nach dem Dreh etwas gemeinsam. »Freunde zu sein ist nämlich leichter, als Freunde zu spielen«, sagt Quirin.

Damit sie überhaupt spielen konnten, musste zunächst ein Drehbuch her. Die Handlung des Films ist ein Mix aus den Bänden „Fünf Freunde“ erforschen die Schatzinsel und „Fünf Freunde“ auf der Felseninsel. Zwei Drehbuchschreiber haben beide Geschichten verknüpft und in die heutige Zeit versetzt – die Originale stammen nämlich aus den 1940er Jahren. Im Film benutzen die Kinder Handys und Computer, tragen Jeans und fahren Mountainbike, aber was sie erleben, das ist eng an die Romane angelehnt: Georges Vater, ein Wissenschaftler, arbeitet auf einer abgeschiedenen Felseninsel an einer kostbaren Erfindung. Die will ihm jemand abjagen.

Wer dieser Jemand ist, bleibt lange ein Rätsel, das die Kinder schließlich lösen. Zunächst müssen sie sich aber anfreunden. George ist von dem Besuch ihrer Kusine Anne und deren Brüdern Julian und Dick nämlich gar nicht begeistert. Ginge es nach ihr, könnten sich die Sommergäste gleich wieder auf den Heimweg machen. Wie die ruppige George sich doch noch mit der Verwandtschaft zusammenrauft, ist vom 26. Januar an im Kino zu sehen. Die Dreharbeiten liegen dann mehr als ein halbes Jahr zurück. Im Juni, Juli und August reisten Schauspieler, Kameraleute und bis zu 100 weitere Helfer mit Lastwagen voller Kabel, Computer, Mikros und anderer Technik erst nach Norddeutschland und dann nach Bayern. Schon Monate vor dem Dreh wurden die passenden Orte für die Geschichte ausgesucht. In der Nähe von Regensburg kroch das Filmteam durch Höhlen und unterirdische Gänge. Am Darß, einer Halbinsel vor Mecklenburg-Vorpommern, entstanden die Szenen, die
auf der Felseninsel spielen. Der Rest wurde an mehreren Orten in Schleswig-Holstein gefilmt.

Zum Beispiel in Arnis. Der Hafen des Städtchens ist Kulisse für einen der Höhepunkte des Films: eine Stuntszene mit Luftkissenboot. Quirin und Justus sind seit 9 Uhr am »Set«, so nennt man den Ort, an dem gedreht wird. Ungemütlich ist es, Nieselregen statt Sonnenschein. In der Szene, die heute gedreht wird, wollen Julian und Dick ein Boot lahmlegen, damit zwei Verdächtige nicht zur Felseninsel gelangen können. Leider klappt das nicht wie geplant: Das Boot startet plötzlich und rast mit den beiden Jungen zuerst übers Wasser und dann mit großem Krach aufs Hafengelände. Bei einer Vorab-Vorführung im November lachten die Kinder im Kino an dieser Stelle laut.

Dem fertigen Film merkt man nicht an, wie viel Arbeit in dieser Szene steckt. Immer wieder heißt es beim Dreh im Sommer: »Noch einmal, bitte!« Also: Noch einmal über den Steg laufen. Noch einmal aufs Boot springen. Noch einmal hektisch an Kabeln herumfummeln. Und noch einmal in Panik geraten, als plötzlich der Motor anspringt. Es kommt beim Film auf jede Kleinigkeit an. Haben die Schauspieler richtig geguckt? Ist die Schminke im Gesicht verlaufen? (Ja, auch Jungs müssen sich anmalen lassen.) Saßen die Kostüme richtig? Hat der Kameramann alles gut aufgenommen? Und haben die Schauspieler ihren Text gewusst? Damit hapert es an diesem Morgen.

»Jungs, es gibt kein ›Scheiße‹ in diesem Film!«, ruft der Regisseur Mike Marzuk. Quirin und Justus haben zwar ihren Text gelernt, doch sie sollen auch spontan sein. Und dabei rutscht den beiden leider immer wieder das verbotene Wort heraus. Und schon heißt es wieder: »Noch einmal, bitte.«

Am Nachmittag stehen alle vier Kinder und das Tier gemeinsam vor der Kamera. Auch Hund Timmy, der in Wirklichkeit Coffee heißt, muss »schauspielern«. Er soll ein Notizbuch holen und es den Kindern bringen. Damit das klappt, steht sein Herrchen neben dem Kameramann und gibt Zeichen. Immer und immer wieder spielen die Kinder die Szene. Anfangs muss der Kameramann üben. Dann spielen die Kinder super, aber Coffee hört nicht. Mal ist der Hund perfekt, aber eins der Kinder war nicht richtig im Bild. Eine Szene, die bis zu 100 Leute den ganzen Tag lang beschäftigt, dauert im fertigen Film oft nur zwei bis drei Minuten.
Damit diese wenigen Minuten wirklich gut aussehen, müssen nach den Dreharbeiten wieder sehr viele Leute sehr viel arbeiten.

Im Schnitt werden die richtigen Bilder zusammengesetzt. Auch der Ton wird nachbearbeitet – etwa weil der Hund zu laut ins Mikro hechelt oder weil es den Möwen im Hafen egal ist, dass die Aufnahmeleiterin »Ruhe bitte!« gerufen hat. Dass es in Arnis regnet, wird man im Kino nicht erkennen, die Farben der Bilder können so verändert werden, dass es aussieht wie an einem sonnigen Tag. Wie viele Leute mitgearbeitet haben, sieht, wer bis zum Schluss im Kinosessel sitzen bleibt. Dann laufen die Namen aller Mitwirkenden über die Leinwand – etwa 350 sind es bei diesem Film.

Regisseur Mike Marzuk hofft natürlich, dass sich die ganze Arbeit gelohnt hat: »Die Leute sollen aus dem Kino gehen und ›Wow!‹ sagen.« Wenn das genug Menschen tun und der Film ein Erfolg wird, gibt es eine Fortsetzung. Schon im nächsten Sommer müssten Valeria, Neele Marie, Quirin, Justus und Coffee dann wieder vor die Kamera. »Die Kinder werden schnell zu alt, deshalb müssen wir zügig arbeiten«, erklärt Andreas Ulmke-Smeaton. Denn auch wenn die Fünf Freunde-Geschichten schon 70 Jahre alt sind, erwachsen wird die Kinderbande nie.


Die »Fünf Freunde«-Reihe

Die erste Geschichte um die vier Kinder und den Hund erschien vor 70 Jahren in Großbritannien. Enid Blyton schrieb die Bände 1 bis 21. In Deutschland gibt es inzwischen 61 »Fünf Freunde«-Bücher. Denn andere Autoren schreiben bis heute die Reihe weiter, zuletzt Sarah Bosse. Jeder Band wird ins Englische übersetzt. Der Originalverlag prüft nämlich, ob die Autoren das Werk Blytons angemessen fortsetzen.