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Mhmm oder igitt?

 

Schon speziell: Lutscher mit Insekt
Schon speziell: Lutscher mit Insekt

Warum essen wir gern Lasagne und finden Ameisen eher eklig? Judith Scholter hat für die KinderZEIT Geschmacksforscherin Ines Heindl gefragt

KinderZEIT: Stimmt es, dass die meisten Kinder keinen Spinat und keinen Rosenkohl mögen?

Ines Heindl: Das stimmt. Es gibt einige Gemüsesorten, die uns nach unserer Geburt erst mal fremd sind. Ich mochte als Kind zum Beispiel überhaupt keine Oliven. Andere Kinder verabscheuen Spinat, Spargel oder Rosenkohl – also Gemüse, das auch ein wenig bitter schmeckt.

KinderZEIT: Woran liegt das?

Heindl: Bitteres kann auf eine Gefahr hindeuten, zum Beispiel auf Gift. Der Geschmack ist eine Art Warnsignal: Achtung, Gefahr! Nicht essen! Das hat schon für die Menschen vor Jahrtausenden funktioniert, und deshalb ist uns das Bittere erst einmal fremd. Es gibt aber auch eine Geschmacksrichtung, die eigentlich alle Menschen von Geburt an mögen, und das ist süß. Warum, das lässt sich aus der Geschichte der Menschheit erklären: Süße Nahrung ist unseren Vorfahren oft gut bekommen. Außerdem ist das Fruchtwasser, in dem ein Mensch seine allerersten Erfahrungen mit Geschmack macht, süß.

KinderZEIT: Wir können schon als Babys im Bauch schmecken?

Heindl: Ja, klar. Unser Geschmackssinn und die Riechzellen entwickeln sich etwa nach der Hälfte der Schwangerschaft. Und weil die Mutter ja ganz verschiedene Speisen zu sich nimmt, Salziges, Saures oder Süßes, gelangen auch ganz verschiedene Geschmacksrichtungen ins Fruchtwasser und mischen sich mit seiner eigenen Süße. So gewöhnt sich ein Baby schon vor der Geburt daran, was es später auf der Welt an Geschmacksrichtungen findet.

KinderZEIT: Trotzdem mögen viele Kinder Spinat oder Oliven nicht. Wenn sie älter werden, halten sie solche Speisen aber plötzlich für Delikatessen. Wieso verändert sich das?

Heindl: Ich sage immer, dass wir Menschen das Essen lernen wie eine Sprache. Wir können ja auch nicht sprechen, wenn wir auf die Welt kommen. Aber wir lernen es nach und nach von unseren Eltern. Bei mir ging es mit den Oliven so, dass mein Vater mir irgendwann erzählt hat, dass man zwanzigmal Oliven essen muss, bis sie einem schmecken. Ich habe es tatsächlich probiert und mich langsam an den Geschmack von Oliven gewöhnt. Jetzt mag ich sie richtig gerne.

KinderZEIT: Könnten wir uns auch an den Geschmack von etwas Ekligem gewöhnen – von Insekten zum Beispiel?

Heindl:
Wer will, kann das. In unserer Kultur ist es nur nicht üblich, sie zu essen. Wir lernen ihren Geschmack also nicht kennen. In manchen asiatischen Ländern dagegen sind Insekten oft eine Belohnung, ein Luxus.


KinderZEIT:
So wie bei uns Süßigkeiten?

Heindl: Genau. Eine Mitarbeiterin hat mir gerade ein Paket aus Indien geschickt. Darin waren geröstete Würmer, ein Lolli mit einem Skorpion drin und grüne, mit Ameisen gefüllte Kekse.

KinderZEIT: Das ist ja gruselig!

Heindl: Ja, wir ekeln uns davor. Aber die Menschen, für die das Leckereien sind, finden dafür vielleicht unseren Schimmelkäse ziemlich eklig …