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Film: Mondscheinkinder

 

© Filmszene

Für Paul ist Sonnenschein tödlich. Nur seine Schwester Lisa versteht, wie schlimm es ist, wenn man nie nach draußen darf

Von Katrin Hörnlein

Eine Warnung vorweg: Dieser Film ist traurig! So traurig, dass man es als Zuschauer manchmal kaum erträgt. Und es kann gut sein, dass Ihr beim Zuschauen Euren Eltern tröstend die Hand streicheln müsst. Denn Mondscheinkinder erzählt von einem todkranken kleinen Jungen – und vor allem für Eltern ist es schwer auszuhalten, wenn in einem Film Kinder sterben.
Auch die zwölfjährige Lisa in dieser Geschichte ist stärker als ihre Mutter. „Mir wird das alles zu viel!“, sagt diese oft, und so übernimmt Lisa mehr und mehr Verantwortung. Sie tröstet die Mutter, kümmert sich liebevoll um den kleinen Bruder und hält so die Familie zusammen. Lisa muss das tun, denn ihr Bruder Paul ist schwer krank. Er leidet an einer seltenen Hautkrankheit und darf nicht mit Sonnenlicht in Berührung kommen.
An den Fenstern der Familienwohnung kleben Spezialfolien, die das für ihn so gefährliche Licht filtern. Dadurch sieht es dort immer ein wenig düster aus, wie in einer Höhle. Oft schaut Paul sehnsüchtig auf die draußen tobenden Kinder, wünscht sich, auch mitzuspielen, ins Schwimmbad zu dürfen, Fahrrad zu fahren. „Du weißt doch, dass das nicht geht“, wird er dann vertröstet.“Wir gehen später raus.“ Abends, wenn die Sonne untergegangen ist, macht die kleine Familie Ausflüge zum Spielplatz. Dann, wenn niemand anderer da ist. Eine verdrehte Welt.
Deshalb kursieren die wildesten Geschichten über die Familie. Vor allem Lisas Mitschüler zerreißen sich das Maul: Paul sei ein Monster, das Lisa und ihre Mutter vor der Welt versteckten. Lisa habe sich auch schon infiziert und sei gefährlich. Lisa hat keine Freunde, in der Klasse wird sie ausgegrenzt und bleibt für sich. Tagsüber bleibt sie an Pauls Seite in der düsteren Wohnung, spielt mit ihm und erfindet Geschichten – über das Weltall, über Raumschiffe und mutige Astronauten.
In dieser Geschichtenwelt macht Lisa Paul zum Sternenkreuzer. Er sei aus einer fremden Galaxie gekommen und bei einem Unfall mit seinem Raumschiff auf der Erde gelandet. Deshalb könne er auch die Sonne auf unserem Planeten nicht vertragen: Sein Körper sei nicht dafür gemacht. Lisa habe den Auftrag, dem Raumfahrer dabei zu helfen, so schnell wie möglich zu seinem Heimatplaneten zurückzufliegen.
Auch wenn dieses Leben bedrückend ist – es funktioniert. Alle haben sich in ihren Rollen eingerichtet. Doch dann wird das Familienleben völlig durcheinandergewirbelt. Lisa verliebt sich! Ausgerechnet in den coolsten Jungen der Schule: In Simon, der mit seinem BMX-Rad waghalsig über Rampen fährt und den alle Mädchen anhimmeln. Und Simon verliebt sich tatsächlich auch in Lisa, die Außenseiterin. Eigentlich schön, könnte man denken, aber Lisa fühlt sich zerrissen: Wenn sie mit Simon schwimmen geht, ist Paul allein zu Hause. Spielt sie mit dem Bruder, kann sie den Freund nicht treffen. „Darf ich glücklich sein, wenn Paul krank ist?“, fragt sich das Mädchen.
„Ja, ja!“, möchte man ihm zurufen. Im Film tut es zum Glück der Hausarzt der Familie. Paul allerdings, der spürt, dass die große Schwester plötzlich nicht mehr nur für ihn da ist, verhält sich aus Protest wie ein Ekel. Er bewirft Nachbarskinder mit Ketchupflaschen, setzt das Kinderzimmer unter Wasser, und – das Schlimmste – er setzt sich selbst dem Sonnenlicht aus. Wie viel Angst der kleine Junge hat, merkt man an den Fragen, die er stellt: „Was passiert, wenn man stirbt?“ Lisa hilft ihm wieder mit Geschichten: „Es ist ganz leicht, du fliegst zurück zu deinem Heimatplaneten, und dort kannst du immer schwimmen gehen und Fahrradfahren.“
Als es Paul immer schlechter geht und ihm im Krankenhaus völlige Ruhe verordnet wird, werden seine Fragen noch dringlicher: „Wie finde ich denn meinen Stern, wenn ich zurückfliege?“ Lisa und Simon, der ebenfalls Weltraumfan ist, entführen den kleinen Jungen nachts aus dem Krankenzimmer und unternehmen mit ihm Ausflüge, die Paul diese Fragen beantworten. Es hagelt Ärger vom Arzt, dabei sind Lisa und Simon die Einzigen, die wirklich verstehen, worauf es für Paul nun ankommt. Denn wenn das Leben schon hoffnungslos ist, dann muss man irgendetwas anderes finden, was einem wieder Hoffnung gibt – wie die Kraft einer Geschichte und der Glaube an eine Reise ins Weltall.

Coverabbildung

Mondscheinkinder
Deutschland 2005
86 Minuten
Am besten mit den
Eltern ansehen!