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KinderZEIT Filmedition: Hoffen und springen

 

© Filmszene

Die Brüder Azad und Tigris fliehen vor einem Bürgerkrieg allein ins ferne Europa

Von Özlem Topçu

Stellt Euch vor, in Eurer Heimat bricht ein Bürgerkrieg aus und Euer ganzes Leben verändert sich: Ihr könnt nicht mehr in die Schule gehen, Eure Eltern nicht mehr zur Arbeit. Ihr dürft auch nicht mehr draußen spielen, weil es zu gefährlich ist. Und stellt Euch weiter vor, dass Ihr nicht einmal mehr machen und sagen dürft, was Ihr wollt, weil es bestimmten Menschen nicht gefällt.
Das ist unvorstellbar, oder? In dem Film „Hoppet – Der große Sprung ins Glück“ geht es um zwei Jungen, denen genau diese Dinge passieren. Azad ist zwölf Jahre alt und lebt mit seinem Bruder Tigris und seinen Eltern in einem Land im Mittleren Osten. Seit er ein kleiner Junge ist, tut er nichts lieber, als zu springen – deshalb heißt der Film wohl auch Hoppet, das ist Schwedisch und bedeutet auf Deutsch Springen. Aber auch Hoffnung.

So hofft Azad, dass er irgendwann einmal ein so guter Hochspringer wird wie sein Vorbild Kaisa Bergquist, die berühmte schwedische Sportlerin. Jede freie Minute verbringt er damit, zu üben. Turnhallen oder Sportvereine gibt es in Azads Heimat nicht, als Latte dient ihm ein einfacher Baumast, als Matten benutzt er alte Matratzen. Sein zwei Jahre älterer Bruder Tigris ist immer dabei, um ihn anzufeuern. Die beiden Jungen sind unzertrennbar. Sie halten zusammen, egal, was passiert.

Als der Bürgerkrieg in ihrer Heimat ausbricht, werden Azad und Tigris bei einem schweren Bombenangriff fast getötet. Tigris hat so einen schweren Schock, dass er verstummt. Kein Wort spricht er mehr. Nachdem der Krieg auch nach einigen Jahren nicht aufhört, beschließen die Eltern, nach Deutschland zu fliehen. Der Vater ist Schriftsteller und schreibt Bücher, die der Regierung nicht gefallen. Und so wird es immer gefährlicher für die Familie. Der Plan: Azad und Tigris sollen zuerst ausreisen, die Eltern müssen länger auf ihre Pässe warten und wollen nachkommen. Allein machen sich die Jungen auf die Reise in die Ferne. Als die beiden Brüder in der schwedischen Hauptstadt Stockholm von einem Flugzeug in ein anderes umsteigen wollen, merken sie, dass sie reingelegt wurden: Ihre Flugtickets reichen nur bis hierher und nicht bis nach Deutschland. Wenigstens kommen sie in Schweden bei Bekannten ihrer Eltern unter, die selbst vor dem Krieg geflohen sind. Die Familie sagt gegenüber den schwedischen Behörden, dass Azad und Tigris zwei weitere Söhne seien. So können die Jungen bleiben und wohnen von nun an bei dieser Familie.

Doch dort gefällt es Azad und Tigris überhaupt nicht. Die »Eltern« sind total gemein zu den Brüdern, außerdem vermissen die beiden ihre eigenen Eltern von Tag zu Tag mehr. Sie fühlen sich im Stich gelassen. In der neuen Schule gefällt es Azad dagegen richtig gut. Er freundet sich schnell mit den Kindern an, lernt Schwedisch und entdeckt eines Tages, dass es in der Schule sogar eine Hochsprung-Mannschaft gibt. Dort beweist Azad sein Talent. Der Trainer ist so begeistert, dass er den Jungen auffordert, das Schulteam zu einer Meisterschaft nach Berlin zu begleiten. Azad hofft nicht nur, dass er so hoch springt wie nie zuvor. Er hofft vor allem, dass er in Deutschland seine Eltern wiedersieht.

Jeder hat sich wohl schon einmal einsam und verlassen und ganz auf sich gestellt gefühlt – so wie Azad und Tigris. Aber die beiden bemitleiden sich nicht, zumindest nicht lange. Sie erkennen ihre schwierige Lage, ohne Mutter und Vater in einem völlig fremden Land zu sein, und suchen nach Auswegen. Hoppet – Der große Sprung ins Glück ist ein Film, der Mut macht: Mut, nicht aufzugeben, sich zu trauen, über sich selbst hinauszuwachsen und Dinge zu tun, die unmöglich erscheinen. So wie als kleiner Flüchtlingsjunge ohne Eltern der Beste seiner Hochsprung-Mannschaft zu werden – einfach aus dem festen Glauben daran. Azad zeigt uns, dass wir alle dazu fähig sind, Kräfte zu entwickeln und unsere Probleme, Sorgen und Ängste zu überwinden. Denn die Angst, sagt Azads Vater, ist das gefährlichste Gefängnis für den Menschen.

© KinderZEIT Filmedition

Hoppet – Der große
Sprung ins Glück
Schweden, Norwegen,
Deutschland 2006
83 Minuten
empfohlen ab 8 Jahren