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Filmtipp: Das „Doppelte Lottchen“ für echte Jungs

 

Links Kevin, rechts Calvin. Die Namen sprechen für sich/ Foto: Oetinger Media

Calvin Prinz hat beste Voraussetzungen dafür, ein blöder, arroganter Schnösel zu werden. Er ist Einzelkind, seine Eltern haben genug Kohle für alles, aber viel zu wenig Zeit für ihn. In der gleichen Stadt lebt Kevin Bottel. Der hat drei Geschwister, seine Mutter ist alleinerziehend, und das Geld in der Familie reicht nie. Die beiden haben eigentliches nichts gemeinsam. Oder doch? Beide haben mächtig Stress zu Hause. Und sie sehen sich zum Verwechseln ähnlich. Als sie sich eines Tages zufällig begegnen, entschließen sie sich spontan ihre Klamotten zu tauschen und in die Rolle des anderen zu schlüpfen. Prinz (Calvin) und Bottel (Kevin) kommen schnell im Leben des anderen klar. Und machen ihre Sache so gut, dass der Schwindel erst einmal gar nicht auffällt.

Klingt komisch und ein bisschen nach dem Kinderroman „Das doppelte Lottchen“ von Erich Kästner, der die als Babys getrennten eineiigen Zwillinge Louise und Lotte in einem Ferienheim aufeinander treffen lässt. Auch diese beiden blondgelockten Mädchen tauschen ihre Namen und Rollen, Louise reist nach den Ferien als Lotte zur hart arbeitenden Mutter, Lotte zum gut verdienenden Vater. Doch das ist nicht die einzige Geschichte, bei der Kinder ihre Rollen tauschen. Vor über 130 Jahren hat Mark Twain schon die Geschichte „Der Prinz und der Bettelknabe“ geschrieben. Und die gefiel Autorin Kirsten Boie so gut, das sie 1997 „Prinz und Bottel“ (na, habt Ihr die Ähnlichkeit der Titel bemerkt?) geschrieben hat.

Calvin und Kevins Rollentausch ist zum Teil wahnsinnig komisch (der Blick von Calvins Mutter, als sie sieht, dass ihr Sohn auf einmal im Stehen pinkelt!) aber auch ernst und traurig. Kompliziert wird es, als Calvins Vater den prolligen Bekannten von Kevin feuert und seiner Mutter mit einer Zwangsräumung gedroht wird.

„Als ich noch als Lehrerin gearbeitet habe, ist mir aufgefallen, wie viele Kinder in Deutschland unter extrem schlechten Bedingungen aufwachsen müssen, auch wenn die Eltern noch so lieb sind und sich ganz viel Mühe geben“, sagt Kirsten Boie. „Und die Kinder, denen es viel besser geht, die wissen oft so gar nichts von der anderen Welt dieser Kinder.“

Wieso siehst Du aus wie ich? / Foto: Oetinger Media

Das Buch von Kirsten Boie ist vor zwei Jahren verfilmt worden. Die Hauptrolle hat Moritz Jahn übernommen, der abwechselnd in die Person von Calvin und Kevin schlüpft. Moritz war damals 14, hat noch drei Brüder und geht in Hamburg aufs Gymnasium. Dass er ein guter Schauspieler ist, wusste er schon vor der Verfilmung von „Prinz und Bottel“. Er spielt den Karol in der Fernsehserie „Die Pfefferkörner“.

Ihr fragt Euch sicher, warum man für den Film nicht Zwillinge als Schauspieler genommen hat. Wollten die Produzenten auch. Aber es gab kein Zwillingspaar, bei dem beide gut schauspielern können. Und das wäre schon sehr aufgefallen, wenn Bottel lange nicht so überzeugend gespielt hätte wie Calvin. So haben die Filmemacher Moritz beide Rollen gegeben. Und die Kameramänner und Cutter, die den Film zusammenbauen, haben tricksen müssen, damit der Zuschauer denkt, dass es wirklich zwei Jungs sind.

Der zweiteilige Film (lief letztes Jahr Ostern im Fernsehen) wurde jetzt für den Grimme-Preis vorgeschlagen. Mit dem werden in Deutschland gute Filme und Fernsehserien geehrt. Nun gibt es den Film auf DVD – mit satten zwei mal 70 Minuten Spielzeit.

Oetinger Media

Kirsten Boie
Karola Hattop (Regie)
Prinz und Bottle
Oetinger Media 2011
ab 10 Jahre, 14,95 Euro