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Gute Nachrichten

 

Zur Abwechslung gibt es heute nur gute Nachrichten über den Kongo – wenn sie auch nicht alle direkt aus dem Kongo stammen.

Die erste kommt aus dem Südsudan, wo – auf neutralem Boden – die Regierung Ugandas einen Waffenstillstand mit der „Lord’s Resistance Army“ des Rebellenführers Joseph Kony unterzeichnet hat. Der ist seit Dienstag morgen, 6 Uhr Ortszeit in Kraft und könnte, wenn er denn hält, die Grundlage für ein Friedensabkommen sein. Seit 20 Jahren bekriegen sich Konys „Widerstandsarmee des Herrn“ und die ugandische Armee. Leidtragende sind wie immer die Zivilisten – genau gesagt, das Volk der Acholi in Norduganda, das seit zwei Jahrzehnten von der Armee in Internierungslagern eingepfercht und gleichzeitig von Kony terrorisiert wird. Seine „Widerstandsarmee“ besteht zu großen Teilen aus entführten Kindern, die er mit oft bestialischen Methoden in Killer verwandelt hat.
Was hat das mit dem Kongo zu tun? Nun, Kony’s Truppen hatten sich zuletzt in einen Nationalpark in der Province Orientale im Nordosten des Kongo zurückgezogen. Diese Region hat schon genug unter den kongolesischen Plünderkriegen der Jahre 1996 bis 2003 gelitten. Das letzte, was die Menschen dort brauchten, war eine ausländische Rebellengruppe, die zwecks Eigenversorgung umliegende Dörfer plünderte. Nun haben sich Kony und seine Kämpfer, wie im Waffenstillstandsabkommen vereinbart, offenbar auf den Weg in Auffanglager im Südsudan gemacht – und der Kongo hat ein Problem weniger.

Um das Problem der Kindersoldaten kümmert sich unter anderem der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag (ICC lautet die englische Abkürzung) – und damit wären wir bei der zweiten guten Nachricht.
Am Montag hat der ICC formal Anklage gegen Thomas Lubanga erhoben – einen Milizenführer aus dem Bezirk Ituri im Osten des Kongo, der für Massaker, Vergewaltigungen, Plünderungen und die systematische Rekrutierung von Kindersoldaten verantwortlich zeichnet. Lubanga war bereits im März aus einem Gefängnis in Kinshasa nach Den Haag überführt worden. Er ist der bislang einzige Untersuchungshäftling des ICC, teilt sich das holländische Gefängnis aber mit serbischen und kroatischen Häftlingen, gegen die vor dem UN-Tribunal für das ehemalige Jugoslawien verhandelt wird. Den Haag ist, wie man sieht, nicht nur Regierungsitz der Niederlande, sondern auch die Stadt mit der höchsten Konzentration mutmaßlicher Kriegsverbrecher.
Für das ICC, das 2002 mit großen Fanfaren ins Leben gerufen worden war, ist der Fall Lubanga die große Premiere, der erste Prozess. Schlagzeilen über das Ereignis sucht man allerdings vergeblich. Zum einen ist das öffentliche Interesse an einer internationalen Strafjustiz deutlich gesunken, seit der größte Fisch im Netz, Slobodan Milosevic, seinem Urteil durch vorzeitiges Ableben entgangen ist. Zum anderen ist Thomas Lubanga zweifellos nicht der einzige und auch nicht der schlimmste Kriegsherr des Kongo. Bloss waren andere warlords, wie zum Beispiel der Präsidentschaftskandidat Jean-Pierre Bemba, bereits hochdotierte Mitglieder einer Übergangsregierung, als das ICC endlich aus den Startlöchern kam.

Und trotzdem ist der Fall Lubanga nicht nur für Rechts-Experten interessant. Lubanga ist einer der Hauptgründe für das Engagement Europas im Kongo. 2003, als für das Land bereits ein Friedensabkommen in Kraft war, eskalierte in Ituri ein Krieg zwischen Lubangas Kämpfern aus der Volksgruppe der Hema und den verfeindeten Milizen der Lendu. Angefacht wurde das Massenmorden durch ethnische Hasspropaganda, freizügige Waffenlieferungen aus dem benachbarten Uganda, und Konkurrenz um die reichhaltigen Goldminen, Holzbestände und anderen Rohstoffquellen der Region. Über 50.000 Tote waren zu diesem Zeitpunkt zu verzeichnen; die Blauhelme der UN sahen dem Morden machtlos zu; humanitäre Helfer fürchteten ein „Mini-Ruanda“. Nicht zuletzt ihren Appellen war es zu verdanken, dass im Juni 2003 „Operation Artemis“ begann: die Befriedung von Bunia, der größten Stadt in Ituri durch (hauptsächlich französische) Soldaten unter der Fahne der EU, die damit zum ersten als Interventionsmacht im Kongo auf den Plan trat.

Bunia ist heute wieder unter Kontrolle der Blauhelme, die Kindersoldaten von einst verdienen sich inzwischen ein paar Dollar mit Chauffeure von Moped-Taxis. Die größte Gefahr für die Zivilbevölkerung geht nicht mehr von Milizen aus, sondern von der kongolesischen Armee, die das Hinterland sichern soll, keinen Sold bekommt und ihrerseits deswegen Dörfer plündert. Was wiederum dazu führt, dass die Leute sich inzwischen weniger für Thomas Lubanga und den Internationalen Strafgerichtshof interessieren, als für die Frage, warum das lokale Gericht in Bunia nicht reihenweise plündernde Soldaten der regulären Armee bestraft. Auch das ist für kongolesische Verhältnisse schon ein Fortschritt: wenigstens gibt es wieder ein lokales Gericht.

Bleibt zum Schluss noch eine eingeschränkte gute Nachricht: in Kinshasa ist es bis auf weiteres ruhig geblieben. Eine Kommission, in der auch Angehörige beider Kampfparteien vertreten sind, soll nun herausfinden, wie es zum Gewaltausbruch bei der Bekanntgabe des Ergebnisses Präsidentschaftswahlen vor knapp zwei Wochen kam, bei der über 20 Kongolesen starben und auch mehrere Botschafter unter Beschuss gerieten.

Die „Unabhängige Wahlkommission“ sucht unterdessen nach Geldgebern für die Durchführung des zweiten Wahlgangs. 46 Millionen Dollar braucht sie, zehn Millionen sind bislang zugesagt. Völlig unklar ist noch, wieviele internationale Wahlbeobachter dieses Mal zur Verfügung stehen. Denn nach den jüngsten Feuergefechten ist drängt es wohl niemanden, einen solchen Job zu übernehmen. Zumal die UN-Mission immer noch nicht weiss, wo die Munitionlieferungen geblieben sind, die vorige Woche auf mehrere Lastwagen in Kinshasa eingetroffen sind. Aber da wären wir schon wieder bei den potenziell schlechten Nachrichten. Und auf die wollten wir ja dieses Mal verzichten.