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Helfen – aber wie? Spenden für den Kongo

 

Immer wieder fragen LeserInnen dieses Blogs nach Möglichkeiten, für die Opfer sexueller Kriegsgewalt im Ost-Kongo zu spenden. Die Antwort ist gar nicht so einfach. Erstens ist eine Auslandsüberweisung in den Kongo immer noch ein kompliziertes Unterfangen. Zweitens gibt es im internationalen Spendenwesen so einige Fußangeln und schwarze Löcher.

Wie man mit ganz einfachen Mitteln und langem Atem kleine Hilfen organisiseren kann, haben vier Schülerinnen aus Osnabrück gezeigt.

Schülerinnen sammeln für das Panzi Hospital

Nesrin, Dena, Sophia und Ana Pilar, alle zwölf Jahre alt, (auf dem Foto von rechts zusammen mit Lehrerin Tina Schick und deren Tochter Alyssa) engagieren sich seit der dritten Klasse für Projekte im Kongo. Beim letzten Anti-Kriegstag in ihrer Heimatsstadt sammelten sie umgerechnet 450 Dollar für das Panzi-Hospital in Bukavu, in dem vergewaltigte Frauen medizinisch behandelt werden. Das Geld konnte ich vergangene Woche im Hospital in Bukavu dem stellvertretretenden Leiter, Doktor Luhiriri, übergeben.

Panzi Team
Panzi-Mitarbeiter quittieren die Spende. Rechts Dr. Luhiriri

Da die Weihnachtszeit naht und die Leute – Wirtschaftskrise hin oder her – vielleicht ein paar Euro mehr für Hilfsorganisationen springen lassen, hier noch ein paar unverbindliche Tipps in Sachen Kongo:

Einrichtungen wie das Panzi-Hospital in Bukavu in Süd Kivu oder das Krankenhaus von HEAL AFRICA in Goma in der Provinz Nord Kivu leisten bewundernswerte Arbeit für die Opfer von Vergewaltigungen. Inzwischen sind sie international bekannt und dank ausländischer Hilfe relativ gut ausgestattet.

Dringend notwendig ist jetzt die Dezentralisierung der Versorgung. Wahrscheinlich schafft überhaupt nur eine Minderheit der Opfer den Weg in die großen Städte Bukavu oder Goma. Doch weder in den Dörfern noch in den kleineren Städten der beiden Kivu-Provinzen finden sie medizinische Behandlung. Eine erste Ausnahme: das Krankenhaus von Kamituga in Süd Kivu. Bis vor zwei Jahren war dieses nicht mehr als ein abgewracktes Siechenheim. Seit Sommer 2008 ist die deutsche Hilfsorganisation Cap Anamur zusammen mit den einheimischen ÄrztInnen und PflegerInnen dabei, daraus wieder ein funktionierendes Hospital zu machen – demnächst mit einer eigenen Abteilung für Opfer von Vergewaltigungen. Mehr dazu demnächst in diesem Blog. Wer jetzt schon spenden möchte, findet alle nötigen Informationen auf der Website von Cap Anamur.

Gleich eine Warnung hinterher: Erfolgreiche Arbeit lockt unverschämte Trittbrettfahrer. Eine Zeitlang behauptete ein „Deutsch-Afrikanisches Jugendwerk“, geleitet von der kongolesischen Honorarkonsulin in Frankfurt, Odette Maniema Krempin, den Wiederaufbau des Hospitals übernommen zu haben – und bat um Spenden. Nichts daran ist wahr, wie unter anderem jüngst das ZDF-Magazin Frontal 21 recherchiert hat.

Und noch eines: Wie alles andere hat auch das Elend seine Modethemen. Lange Zeit waren Kindersoldaten der Fokus internationaler Geldgeber und Spender. Jetzt sind es Opfer sexueller Kriegsgewalt. In beiden Fällen handelt es sich um horrende Probleme, die Aufmerksamkeit brauchen. Aber der Tunnelblick auf ein „Modethema“ führt oft dazu, dass man den Rest aus den Augen verliert. „Es wäre schön“, sagte mir unlängst eine kongolesische Aktivistin mit bitterem Sarkasmus, „wenn etwas mehr für die Frauen getan würde, die noch nicht vergewaltigt worden sind.“
Soll heißen: Viel fließt in die medizinische Nothilfe, einiges in die Reform der Justiz zwecks Bekämpfung der Straflosigkeit, aber immer noch herzlich wenig in die Prävention.

Prävention – das kann der Bau einer Straße ins isolierte Hinterland sein. Davon würden viele profitieren: Händler, die wieder Waren transportieren könnten; Polizisten und Richter, die schneller an ihren Einsatzort kämen; Hilfsorganisationen, die bislang abgeschiedene Regionen erreichten; Frauen, die sich sicherer bewegen könnten; Kriegsverletzte – und zu diesen zählen die meisten Vergewaltigungsopfer – die schneller in ein Krankenhaus gebracht werden könnten.

Prävention – das wäre vor allem die Reform des Militärs, von der nach Jahren internationaler Hilfe (unter anderem aus den Kassen der EU) immer noch herzlich wenig zu sehen ist. Das ist kein Problem, das einzelne Spender lösen können. Aber Spender sind auch Steuerzahler. Und als solche können sie – wie im Fall Afghanistan – ihre Regierungen und Abgeordneten fragen, was aus den hunderten Millionen Euro Aufbau- und Budgethilfe für die Regierung in Kinshasa eigentlich geworden ist.