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Wie Newt Gingrich einmal dem Kongo nahe kam

 

Der amerikanische Vorwahlkampf ist doch noch nicht entschieden – auch wenn man sich angesichts des Raritätenkabinetts der Kandidaten ein schnelles Ende gewünscht hätte. Newt Gingrich hat die Vorwahlen in South Carolina gewonnen und gilt jetzt als …na ja, als potenzieller Präsidentschaftskandidat. Sollte er – rein hypothetisch – ins Weiße Haus einziehen, wäre er der erste Präsident mit einem Doktortitel seit Woodrow Wilson.

Doktortitel? Da wird man hierzulande sofort misstrauisch.  Und ist umso verblüffter angesichts des Themas. Newt Gingrich, in seiner politischen Karriere weit stärker interessiert an family values und Bill Clintons außerehelichen Beziehungen, promovierte 1971 zum Thema: Belgian Education Policy in the Congo 1945 -1960 (Belgische Erziehungspolitik im Kongo zwischen 1945 und 1960).

Ich habe das Opus selbst nicht gelesen, aber der Schriftsteller Adam Hochschild hat sich die Mühe gemacht. Als Autor des Buches King Leopold’s Ghost über die Menschheitsverbrechen im Kongo unter König Leopold II weiß er über den belgischen Kolonialismus ziemlich gut Bescheid.

Rein formal hat Hochschild an Gingrichs Arbeit wenig auszusetzen. Sie enthält keine Guttenbergereien, keine plagiierten Passagen, dafür ein üppiges Literaturverzeichnis samt Fußnotenapparat. Eine Fleißarbeit, „fad wie ein Zwieback“, mit der nicht sehr originellen Schlussfolgerung, dass Belgien den Kongo „wie ein profitables Unternehmen“ geführt habe. Dies hielt der Doktorand Gingrich nicht per se  für problematisch, allerdings fand er das koloniale Bildungssystem „erbärmlich unzulänglich“ und gab der Kolonialmacht „sehr schlechte Noten für ihre Versuche, eine einheimische politische Elite zu entwickeln“.

Da weht scheinbar ein Hauch von anti-kolonialer Kritik zwischen den Seiten, die Hochschild dann aber doch nicht verifizieren kann. Ihn wundert unter anderem, dass Gingrich für seine Arbeit keinen einzigen Kongolesen befragt hat. Warum nicht? Vielleicht, weil Gingrich kein Französisch spricht? Wir wissen es nicht. Wir wissen nur, das Französisch-Kenntnisse in der konservativen Elite der USA nicht hoch im Kurs stehen. Ein Politiker, der Französisch spricht, gilt in Amerika gemeinhin als verweichlicht und europäisch.

Nun fragt man sich natürlich, ob Gingrichs Interesse aus seinen Studienzeiten bis heute angehalten hat, ja, ob Afrika womöglich im Weltbild der republikanischen Kandidaten an prominenter Stelle vorkommt. Alexis Okeowo, Mitarbeiterin des New Yorker, hat das gesammelte Afrika-Wissen der republikanischen Kandidaten zusammengetragen. Hier ein paar Kostproben:
Michele Bachmann, einst als „Sarah Palin mit IQ“ gefeiert, war sich bei einer der TV-Debatten sicher, dass Libyen nicht in Afrika liegt, was den selbst erklärten „König von Afrika“, Muammar al Gaddafi, sehr gekränkt hätte. Macht nichts, sie ist inzwischen aus dem Vorwahlkampf ausgestiegen.

Ron Paul, der Außenseiter, der sowohl die Steuerbehörde, als auch die Entwicklungshilfe abschaffen will, führt Hungersnöte in Afrika „auf einen Mangel an freier Marktwirtschaft“ zurück. Macht nichts, Paul hat keine Chancen, die Nominierung zu gewinnen.

Von Rick Perry, dem texanischen Gouverneur und vor Kurzem noch  Hoffnungsträger des rechten Parteiflügels, ist in Bezug auf Afrika nur bekannt, dass er als junger Abgeordneter im texanischen Parlament die Divestment-Kampagne gegen das südafrikanische Apartheid-Regime ablehnte. Macht nichts: Das Apartheid-Regime ging auch ohne Perry zu Ende. Und der Texaner ist inzwischen ebenfalls aus dem Präsidentschaftsrennen ausgestiegen.

Bleiben noch Rick Santorum, streng gläubiger Bewerber mit Quasi-Heiligenschein, der Afrika „als Land“ am Rand des Abgrunds bezeichnet hat; und Immer-Noch-Favorit Mitt Romney. Der spricht übrigens fließend Französisch, was Gingrich ihm zum Vorwurf macht, was ihm aber im Fall eines Wahlsiegs bei Staatsbesuchen in Afrika helfen könnte. Als Präsident will er nach eigenem Bekunden aber weniger mit Afrikanern reden, sondern Militärhilfe gegen islamistischen Terrorismus leisten. Was sprachlich dann wiederum recht einfach wäre: „Drohne“ heißt auf Englisch wie auf Französisch „drone“.