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Bush, Obama und die Folter

 

Aus aktuellem Anlass etwas Lesestoff zum Thema „Bush, Obama und die Folter“. In der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift  „The New York Review of Books“ analysiert Mark Danner im Zusammenhang mit dem Report des Internationalen Roten Kreuz noch einmal die „Folter-Logik“ der Bush-Cheney-Administration und ihre möglichen Konsequenzen für die Amtszeit von Barack Obama:

„Torture is at the heart of the deadly politics of national security. The former vice-president, as able and ruthless a politician as the country has yet produced, appears convinced of this. For if torture really was a necessary evil in what Mr. Cheney calls the „tough, mean, dirty, nasty business“ of „keeping the country safe,“ then it follows that its abolition at the hands of the Obama administration will put the country once more at risk. It was Barack Obama, after all, who on his first full day as president issued a series of historic executive orders that closed the „black site“ secret prisons and halted the use of „enhanced interrogation techniques“ that had been practiced there, and that provided that the offshore prison at Guantánamo would be closed within a year.“

Danner, Reporter und Professor für Journalismus, hat in den vergangenen Jahren ausführlich über die „politics of fear“, die „Politik der Angst“, geschrieben, mit der die Bush-Administration ihre Methoden im „Krieg gegen den Terror“ zu legitimieren versucht hat.

Die vormals geheimen Berichte zur Rechtfertigung von Folter-Praktiken, die das US-Justizministerium nun nach einer Klage des Bürgerrechtsorganisation „Amercian Civil Liberties Union“ (ACLU) öffentlich machen musste, sind nun auf der Website der ACLU zu finden. Ein Beispiel aus einem Memo des US-Justizministeriums vom 1. August 2002, in dem es um die „Legitimität“ von Schlägen gegen den Terrorverdächtigen Abu Zubaydah geht:

„With the facial slap or insult slap, the interrogator  slaps the individual’s face with fingers
slightly spread. The hand makes contact with the area directly between the tip of the individual’s
chin and the bottom of the corresponding earlobe. The interrogator invades the individual’s
personal space. The goal of the facial slap is not to inflict physical pain that is severe or lasting.
instead, the purpose oftlle facial slap is to induce shock, surprise, and/or humiliation“.

Auf Deutsch: „Beim Schlag ins Gesicht oder Beleidigungschlag schlägt der Verhörende das Gesicht des betreffenden mit leicht gespreizten Fingern. Die Hand trifft zwischen der Spitze des Kinns und dem Rand des Ohrläppchens. (…) Ziel des Schlags ins Gesicht ist es  nicht, schweren oder lang anhaltenden physischen Schmerz zu verursachen. Ziel des Schlags ins Gesicht ist es, Schock, Überraschung und/oder Erniedrigung zu erzeugen.“

Was nach Ansicht des Justizministeriums unter George Bush ebenso wenig verwerflich war wie die Wasserfolter, Schlafentzug und andere Verhörtaktiken. Die Lektüre ist durchaus zu empfehlen. Sie gibt einen ebenso bizarren wie lehrreichen Einblick in die juristischen, moralischen und intellektuellen Verrenkungen eines Beamtenapparates, der Menschenrechtsverletzungen in „erweiterte Verhörtechniken“ umdefiniert. Und solche Verrenkungen sind  auch in anderen westlichen, demokratischen Staaten vorstellbar.