Die gute Nachricht zuerst: Nach Angaben der BBC haben die ersten Mitglieder der Privatarmee von Jean-Pierre Bemba Kinshasa verlassen. Joseph Kabila, Gewinner der Präsidentschaftswahlen und derzeit noch Oberhaupt der Übergangsregierung, hatte gestern ein Ultimatum gesetzt: Bis Freitag müssen Bembas Truppen aus Kinshasa verschwunden sein. Sonst, so Kabila, würde die kongolesische Armee sie mit Gewalt aus der Hauptstadt entfernen. Den Ausgang eines solchen Kampfes können sich die Kinois, die Bewohner von Kinshasa, schon jetzt mit Grauen ausmalen.
Kongolesisches Militär ist inzwischen an mehreren strategisch wichtigen Punkten der Stadt aufmarschiert – unter anderem rund um rauchgeschwärzten Mauern des Obersten Gerichtshofs. Drinnen sollen in diesen Stunden Richter über den Einspruch Bembas gegen das vorläufige Ergebnis der Stichwahl vom 30. Oktober beraten, die Kabila nach Angaben der Wahlkommission mit 58 Prozent der Stimmen gewonnen hat. Am Dienstag hatten sich bewaffnete Anhänger Bembas vor dem Gericht eine Schießerei mit der Polizei geliefert, Teile des Gebäudes geplündert und in Brand gesetzt. Richter flohen mit wehenden Roben aus den Flammen, während UN-Soldaten die Menge mit Schüssen in die Luft auseinandertrieben.
Kabilas Ultimatum ist nicht nur eine massive Drohung gegen Bemba, sondern auch ein klarer Affront gegen die UN-Mission. Denn das Ultimatum war nicht etwa an Bemba direkt adressiert, sondern an den Leiter der UN-Mission, den Amerikaner William Swing. Dem hatte Kabila am Mittwoch erklärt, die UN habe 48 Stunden Zeit, Bembas Truppen aus Kinshasa zu entfernen.
Seit den schweren Kämpfen in Kinshasa im August, die Bemba vermutlich proviziert hat und in deren Verlauf mindestens 23 Menschen getötet wurden, hat sich das Verhältnis zwischen dem Lager Kabilas und der Internationalen Gemeinschaft merklich abgekühlt. Damals waren bei einem Angriff von Kabila-treuen Truppen auf die Residenz Bembas auch UN-Chef Swing und 14 ausländische Botschafter unter Beschuss geraten. Die folgende internationale Kritik und den Umstand, dass Bembas Haus seither von UN-Panzern bewacht wird, nimmt man im Amtssitz des kongolesischen Präsidenten offenbar sehr übel.
Wie es nun weiter geht, vermag niemand zu sagen. Womöglich hat Bemba eingesehen, dass er eine gewalttätige Auseinandersetzung zwar nicht verlieren, aber auch nicht gewinnen kann. Womöglich sind die ersten 50 Kämpfer, die nun aus Kinshasa in das 80 Kilometer entfernte Maluku verlegt worden sind, nicht mehr als ein Täuschungsmanöver. Bemba stehen als Vizepräsidenten der Übergangsregierung, der er nominell immer noch ist, 100 bewaffnete Leibwächter zu. Tatsächlich hat er wohl um die tausend Mann unter Waffen und kann offenbar jederzeit Verstärkung aus Brazzaville, der Hauptstadt des Nachbarlandes mit dem verwirrend ähnlichen Namen Republik Kongo holen.
Auch Kabila hat weiterhin über 10.000 Mann der Präsidentengarde unter seinem direkten Befehl – eine quasi-Privatarmee, an deren Entwaffnung er nicht im Traum denkt.
Abwarten und Lebensmittel horten, heißt jetzt die Devise in Kinshasa. Und hoffen: Vielleicht bleibt es einigermassen ruhig, vielleicht tritt Kabila tatsächlich am 10. Dezember (was, oh Ironie, auch noch der internationale Tag der Menschenrechte ist) sein Amt an und bildet bis Ende des Jahres eine Regierung unter Einbindung des ehemaligen Warlords und mutmasslichen Kriegsverbrecher Jean-Pierre Bemba. Im Kongo nennt man so etwas best case scenario.
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