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Mit Google und Pac-Man ein wenig Produktivität verdaddeln

 

Zum 30. Geburtstag hat Google Pac-Man, dem prominenten Old-School-Computerspiel mit dem Drops fressenden Köpfchen, ein kleines Revivial gesponsert.

Kaum eine Computerspielfigur ist so bekannt wie Pac-Man, eine ursprünglich japanische Erfindung, benannt nach dem lautmalerischen Ausdruck „Paku Paku“, was auf Deutsch in etwa heißt „wiederholt den Mund öffnen und schließen“. Von „Puck-Man“ wurde das Spiel für den amerikanischen Markt auf „Pac-Man“ umgetauft, weil man fürchtete, „Puck-Man“ würde sonst von zu vielen Spaßvögeln in „Fuck-Man“ verballhornt.

Auf der Startseite der Suchmaschine konnte man nun am vergangenen Wochenende nach Lust und Laune nach Drops und den fransigen Wischmop-Wesen jagen. Wer den Button „Insert Coin“ doppelt klickte, konnte gar „Misses Pac-Man“ aktivieren und sich zu zweit durchs Labyrinth mampfen. Googles Pac-Man war in einem solchen Maße eine getreue Nachbildung des Originals, dass auch der „Bug“ im 256. Level nicht fehlte – der letzte Level ist spielerisch nicht zu lösen, weil er aufgrund eines technischen Fehlers einen Split-Screen anzeigt: Auf der linken Seite ist das normale Labyrinth zu sehen, rechts jedoch nur Symbole.

Trotzdem hatte übrigens der damalige US-Präsident Ronald Reagan 1982 dem Achtjährigen Jeffrey R. Yee ein persönliches Glückwunschschreiben übersandt, nachdem dieser behauptet hatte, einen Punkteweltrekord von 6.131.940 erspielt zu haben. Was aber nur möglich gewesen wäre, hätte er den unlösbaren 256. Level ebenfalls bewältigt.

Ob die Präsidenten-Post nun erschlichen war oder nicht, offensichtlich motivierte Googles kleines Revival jede Menge Google-Nutzer, es dem Achtjährigen nachzutun und Stunden mit dem kleinen Spiel zu verbringen – man könnte auch sagen: zu verdaddeln. In den Medien tauchten in den Folgetagen Berichte darüber auf, wie viel Arbeitszeit und Produktivität Google mit seinem kleinen Spielchen wohl vernichtet hätte. Weil Google so groß sei, müsse es auch verantwortungsvoller mit seinen Nutzern umgehen, klagten einige. Andere rechneten gar mit Prozessen gegen den amerikanischen Konzern aufgrund entgangener Umsätze. Angeblich hätte das Spiel die Weltwirtschaft 120 Millionen Dollar gekostet, will man bei der PC-Welt berechnet haben.

Ganz schöner Quatsch. Und wenn es Google einem auch nicht immer einfach macht, uneingeschränkte Sympathie zu entwickeln, so ist das doch in diesem Fall definitiv geboten. Keine Behörde und kein Unternehmen der Welt käme auf die Idee, Geld in ein witziges, gänzlich unproduktives Revival zu stecken, und die Bevölkerung zu sinnfreiem Unsinn anzustiften. Den Nörglern und Spießern lässt sich nur entgegnen: Warum eigentlich nicht? Schließlich ist der Mensch nicht nur auf der Welt, um produktiv zu sein. Ist doch gut, gelegentlich daran zu erinnern. Und wer sich unhinterfragt die Argumentation seiner Arbeitgeber zu eigen macht, hat sowieso verloren.

Unter der Seite www.google.com/pacman ist das Spiel übrigens weiterhin erreichbar. Für diejenigen, die gerne noch ein bisschen Produktivität und Ernsthaftigkeit vernichten wollen.