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Die Intervention in Syrien hat bereits begonnen

 

Stinger-Raketen
Afghanische Taliban mit Stinger-Raketen aus US-Produktion (1999) (c) Reuters

Den syrischen Rebellen gelingt es regelmäßig, T-72-Kampfpanzer der staatlichen Armee zu zerstören. Dafür brauchen sie schwere Waffen, zum Beispiel den Raketenwerfer Milan aus französischer Produktion oder das amerikanische TOW-System. Es ist nicht einfach, diese Raketenwerfer zu bedienen. Man braucht Anleitung. Man braucht Ausbilder.

Allein aus diesem Umstand kann man ablesen, dass es in Syrien eine ausländische Intervention militärischer Natur bereits gibt. Ohne sie könnten die Rebellen gegen die hoch gerüstete syrische Armee nichts ausrichten. Und so sehen wir eben immer wieder explodierende, brennende T-72-Kampfpanzer.

Gute Militärapparate sind fähig, sich von Konflikt zu Konflikt zu verbessern. Jeder Krieg ist eine Schule für den nächsten. Die westlichen Armeen haben aus Afghanistan und Irak Lehren gezogen. Das hat man in Libyen gesehen. Auch dort wollte man – wie in Afghanistan und Irak – einen Diktator stürzen, doch konnte man es nicht mehr mit dem Einmarsch eigener Soldaten bewerkstelligen. Es fehlte das Geld, vor allem aber die Zustimmung der kriegsmüden westlichen Öffentlichkeit. Für die Libyer wollten die Bürger nicht das Leben eigener Soldaten riskieren.

Das zwang die interventionswilligen Regierungen des Westens zu einer Anpassung ihrer Kriegsführung. Sie schickten ihre Kampfbomber unter der Fahne der Menschenrechte und dienten de facto als Luftwaffe der libyschen Rebellen. Gleichzeitig versorgten sie diese  mit schweren Waffen, um gegen die Armee  Muammar al-Gaddafis kämpfen zu können, gegen seine Panzer vor allem. Schließlich kamen auch Spezialeinheiten am Boden zum Einsatz, fern jeder öffentlichen Aufmerksamkeit. Diese Einheiten spielten eine entscheidende Rolle beim Fall von Tripolis und dem eigentlichen Sturz des Diktators.

Libyen ist für die Militärs erfolgreich gewesen. Es war billig, es dauerte nicht allzu lang und keiner im Westen hatte das Gefühl, dass eigenes Blut riskiert werden musste. Im Falle Syriens argumentieren die Interventionsbefürworter heute mit dem libyschen Modell.

Nehmen wir ein anderes Beispiel. Die USA intervenierten in den achtziger Jahren in Afghanistan. Sie rüsteten die afghanischen Freiheitskämpfer gegen die sowjetischen Besatzer aus. Unter anderem lieferten sie ihnen Stinger-Raketen. Mit ihnen konnten die Mudschaheddin die gefürchteten sowjetischen Helikopter abschießen. Die Stinger-Raketen wurden kriegsentscheidend.

Als die USA aber 2001 in Afghanistan intervenierten, mussten sie die Stinger-Raketen von den ehemals so hofierten afghanischen Freiheitskämpfern, von denen viele zu Taliban mutiert waren, wieder zurückkaufen. Sie fürchteten ihre eigene Waffe, die sie wenige Jahre zuvor an die Freiheitskämpfer gespendet hatten. Der Westen mischt sich ein, ohne selbst zu schießen. Das scheint der neue, alte Weg zu sein – und Syrien sein Anwendungsfall. Aber auch solche Interventionen haben den Effekt eines Bumerangs: Irgendwann kommen sie zurück und richten Schaden an.