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Moskaus kaltes Syrien-Kalkül

 

Baschar al-Assad scheint derzeit im syrischen Bürgerkrieg die Oberhand zu gewinnen. Zumindest über wichtige Teile Syriens. Das kommt für viele Beobachter überraschend. Als der Aufstand gegen den Diktator vor mehr als zwei Jahren begann, rechnete kaum jemand damit, dass er lange wird bestehen können. Das war eine Fehlkalkulation. Wie konnte das passieren?

Ein Schlüssel für Assads „Erfolg“ liegt in Teheran. Iran hat vom ersten Tag des Konfliktes an klar gemacht, dass man alles tun werde, um den Verbündeten in Damaskus zu halten. Den Krieg gegen Assad versteht das Regime in Teheran als existenzielle Bedrohung. Es schickt Waffen, Militärberater und Kämpfer nach Syrien.

Die bedeutendere Schutzmacht des Assad-Regimes ist aber Russland. Bis vor Kurzem erschienen Moskaus viele Njets in Sachen Syrien wie die lästigen Begleitgeräusche einer ehemaligen Supermacht, die ihren Abstieg nicht verwunden hat – lautes Bellen, aber kein Biss. Doch Moskau hat zugebissen, zuletzt mit der Ankündigung, dem Assad-Militär weiterhin die hypermodernen Jachont-Raketen zu liefern.

Das war ein Affront gegen den Westen. Jachont-Raketen wirkten wie ein Abschreckungsmittel. Der Westen sollte begreifen, dass ihm eine Intervention in Syrien einen hohen Preis abverlangt. Und den Preis bestimmt Moskau wesentlich mit. Das war zwar dreist, aber erfolgreich. Der Kreml bestimmt zum jetzigen Zeitpunkt das diplomatische Spiel um Syrien.

Der Westen hat keinen Plan für Syrien und gleichzeitig Skrupel. Zum einen davor, Waffen zu liefern, weil sie in die Hände von Dschihadisten geraten könnten. Und zum anderen davor, selbst Soldaten in ein unberechenbar gefährliches Kriegsgebiet zu schicken. Das ist der Grund für Russlands derzeitige „Stärke“ im Syrienkrieg. Der russische Präsident Wladimir Putin weiß genau, was er in Syrien will. Er ist bereit, ohne jede Rücksicht seine Ziele durchzusetzen. Auch gemeinsam mit dem Iran.

Moskau fühlt sich vom Westen seit Jahren gedemütigt und zurückgedrängt. Syrien ist die Gelegenheit, um nun deutlich zu sagen: „Bis hier und nicht weiter!“ Das heißt nicht, dass Russland Assad auf Dauer und um jeden Preis stützen wird. Es soll aber klar werden, dass es gegen den Willen Russlands keine Lösung geben kann. Um in diese Position zu kommen,  haben sie Assad politisch, diplomatisch und militärisch unterstützt. Man kann mit gutem Recht sagen, dass Waffenlieferungen an den Diktator Assad verbrecherisch sind – doch aus Moskauer Sicht waren sie politisch erfolgreich.