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Kriegseinsätze in die Parlamente

 

Es ist leicht in Deutschland über das Für und Wider einer kriegerischen Intervention zu streiten – denn wie auch immer die Debatte ausgeht: Die Deutschen zahlen keinen oder einen vergleichsweise geringen Preis für den Krieg. So sehr sich Befürworter und Gegner einer Intervention in Syrien derzeit auch in den Haaren liegen mögen, so sehr sind sie in diesem Wissen vereint. Der größte deutsche Pazifist ist ein Ohnemichl und der größte deutsche Krieger ein Papierkrieger. Was wir hier erleben ist also die Simulation einer Debatte.

Das ändert sich gerade eine wenig, Dank des amerikanischen Präsidenten Barack Obama. Er nämlich hat entschieden, den Kongress über eine Intervention in Syrien beraten zu lassen. Seitdem erleben wir Unerhörtes, eine öffentliche, breite, intensiv geführte Auseinandersetzung über einen möglichen Kriegseinsatz. Und sie ist nicht auf die USA beschränkt. Selbst Frankreichs Präsident François Hollande versucht jetzt in der Nationalversammlung, einen Konsens zu finden, Großbritanniens Premier Cameron hat es bereits getan, mit dem bekannten Ergebnis.

Wir erleben also eine Demokratisierung der Kriegsentscheidung. Das ist eine Folge des Irakkrieges, der nicht nur mit Lügen begründet,  sondern gegen jeden Widerstand durchgezogen wurde. Man sollte daran erinnern, dass im Jahr 2003 weltweit Millionen Menschen gegen den Irakkrieg demonstriert hatten. Sie wurden damals von einem machttrunkenen Amerika missachtet, ebenso wie von vielen europäischen Regierungen, die glaubten mit den USA in den Krieg ziehen zu müssen.

Barack Obama hat daraus die Konsequenzen gezogen. Er sucht Unterstützung, nicht nur in den USA. Das ist ein unerhörter Schritt, der auch für die deutsche Debatte Konsequenzen haben wird. Die Frage steht heute in einer ganz anderen Körperlichkeit in den deutschen Wohnzimmern, sie ist drängend und fordernd.

Es ist jetzt nicht mehr so einfach, „dagegen“ oder „dafür“ zu sein, denn Obama hat den Raum für eine politische Debatte geöffnet. Freilich, er wird in seiner Eigenschaft als Präsident letztlich die Entscheidung über einen Kriegseinsatz treffen. Doch bis dahin werden die Argumente öffentlich abgewogen, bis dahin darf man das Gefühl haben, den Gang der Ereignisse zu beeinflussen zu können – auch in Deutschland.