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Iran und USA finden aus Schwäche zueinander

 

Der iranische Präsident Hassan Ruhani hat 15 Minuten lang mit Barack Obama telefoniert. Das ist der erste Kontakt zwischen den Staatschefs dieser beiden Länder seit 1979. Damals hatten iranische Studenten die US-Botschaft in Teheran gestürmt und besetzt. Die USA brachen die Beziehungen zu Iran an. Die beiden Staaten stehen sich seither in tiefer Feindschaft gegenüber.

Der Bruch zwischen diesen beiden Staaten hatte für den gesamten Nahen Osten weitreichende Konsequenzen. Bis zur Revolution im Jahr 1979 war Iran der engste Verbündete der USA in der Region – und es war nicht irgendein Verbündeter. Iran ist der größte Staat in der Region, der im Unterschied zu seinen Nachbarn eine ungebrochene Staatstradition hat. Der Iran war vor der Revolution eine selbstbewusste Ordnungsmacht. Nach der Revolution blieb nur mehr das Selbstbewusstsein einer großen Nation übrig. Aus der von den USA dominierten internationalen Ordnung hatte sich Iran selbst hinauskatapultiert. Für den aus einer Revolution geborenen Iran gab es keinen Platz mehr.

Kann es überhaupt einen geben? Kann die Islamische Republik eine Rolle ausfüllen? Bisher war die Antwort aus Washington immer klar: Nein! Das nun scheint sich gerade zu ändern. Obama ist offenbar bereit, dem Iran eine Rolle zuzugestehen. Warum?

Aus Schwäche.

Die USA sind nicht mehr in der Lage, den Nahen Osten zu gestalten. Das ist in Syrien spektakulär klar geworden. Obama benötigte die Hilfe Russlands, um im syrischen Labyrinth voller Gewalt nicht verloren zu gehen. Die USA brauchen also Partner.

Und warum öffnet sich Ruhani gegenüber den USA?

Ebenfalls aus Schwäche. Sein Land braucht dringend eine Lockerung der Sanktionen, denn sie treffen die iranische Wirtschaft hart. Ruhani ist von den Iranern auch gewählt worden, damit er ihr Land aus der Isolation führt. Das ist der Auftrag. Bisher scheint er dafür auch den Segnen des Obersten Religiösen Führers Irans, Ali Chomeini, zu haben.

Wir erleben also, dass zwei Staaten aus Schwäche zueinander finden. Und es kann sein, dass daraus etwas sehr Gutes entsteht.

Substanzielles ist bisher allerdings noch nicht geschehen. Es gibt Grund zum Misstrauen. Obama hat Recht, wenn er von den Iranern neben den all den schönen Worten auch Taten sehen will. Iran muss zum Beispiel mit der Internationalen Atomenergieagentur (IAEA) in Wien in völliger Transparenz zusammenarbeiten. Es muss klar werden, dass Iran keine Atomwaffenprogramm verfolgt. Ruhani behauptet das, und diese Behauptung kann er nun durch Fakten untermauern.

Obama seinerseits muss den Herrschern Teheran versichern, dass er keinen regime change in Teheran erreichen will, also keinen Sturz des islamischen Regimes.

Der Iran und die USA haben jedenfalls die günstigste Gelegenheit seit mehr als dreißig Jahren, ihre Beziehungen konstruktiv zu gestalten. Es besteht Hoffnung, dass diese Gelegenheit nicht ungenutzt vorüber gehen wird.