„Haben Sie irgendwelche Beschwerden über Regierungsstellen oder ihre Arbeit? Der Ombudsmann könnte Ihnen helfen! Rufen Sie an unter der kostenlosen Nummer: 0800 11 20 40“
So ist es auf der Website des Ombudsmanns Südafrikas zu lesen.
Klingt schön, aber welcher Dummkopf will schon glauben, dass eine Beschwerde unter dieser Nummer etwas bewirken könnte?! Ausgerechnet in Südafrika, dessen Präsident Jacob Zuma zum Symbol für Nepotismus, Misswirtschaft und Korruption geworden ist? Zuma, der mit seinem ANC die Wahlen mit mehr als 60 Prozent der Stimmen gewonnen hat, wird sich gewiss nicht fürchten müssen vor dem Ombudsmann!
Nun, er muss sich fürchten. Denn im Amt des Public Protector sitzt Thuli Madonsela, die ebenso hartnäckige wie unerschrockene Ombudsfrau Südafrikas. Madonsela hat sich einen Namen gemacht, weil sie die Mächtigen des Landes nicht verschont, wenn der Verdacht besteht, sie hätten sich nicht an die Gesetze gehalten. Auch vor Jacob Zuma macht sie nicht halt. Im März 2014 veröffentlicht sie den „Nkandla-Report“ – er trägt den schönen Titel: Secure in Comfort – in dem sie detailliert nachweist, dass der Präsident sein luxuriöses, privates Anwesen in seinem Heimatort Nkandla mithilfe von Steuergeldern gebaut hat.
Madonsela hat sich dafür den Zorn der mächtigen ANC eingehandelt. Die Parteigranden werden nicht müde, sie anzuschwärzen. Dieser Tage ist erneut ein Konflikt ausgebrochen, weil Madonsela darauf hinwies, dass sie auf ihre Fragen und Forderungen bisher keine befriedigenden Antworten bekommen hat. Unter anderem verlangt sie, dass Zuma Steuergelder zurückzahlt.
Das alles nun könnte man als eine recht unbedeutende innenpolitische Auseinandersetzung abtun. Doch es geht um viel mehr als das. Es geht um die Frage, wie stark die südafrikanische Demokratie zwanzig Jahre nach ihrer Geburt ist.
Südafrika hat sich 1994 unter Führung von Nelson Mandela vom Joch der Apartheid befreit, auf friedlichem Wege. Das war eine erstaunliche, bis heute zu Recht bewunderte Leistung. Denn die Gefahr, dass das Land in einen Rassenkrieg abrutschen könnte, war real.
Dieses „Wunder“ hat Südafrika zu einer Projektionsfläche für große Erwartungen gemacht, sie kamen aus dem Inland wie aus dem Ausland. Südafrika, die Regenbogennation, sollte in allen Belangen besser sein als andere afrikanische Staaten, demokratischer, sozialer, wirtschaftlich erfolgreicher. Doch in den vergangenen Jahren, besonders unter der Präsidentschaft von Jacob Zuma, hat das Land in den Augen vieler Kritiker alle Übel erlebt, die man mit Afrika gerne verbindet: Korruption, Misswirtschaft, Nepotismus. Zuma, so seine Kritiker, verschleudere das Erbe Nelson Mandelas.
Dieses Erbe allerdings ist nicht so leicht zu zerstören.
Denn dazu gehört auch eine erstaunlich liberale Verfassung. In ihr ist die Rolle des Ombudsmanns festgeschrieben. Zum Erbe Mandelas gehört ebenso eine Gesellschaft, die so starke Figuren hervorbringt wie Thuli Madonsela. Sie wurde 1962 im Township Soweto als Tochter von Händlern geboren. Sie studierte Jura, arbeitete als Anwältin und machte eine steile Karriere. Sie war Mitglied der Kommission, die zwischen 1994 und 1996 die südafrikanische Verfassung schrieb.
In Thuli Madonsela kommen drei Dinge zueinander, die sie stark und populär machen: Unbestechlichkeit eines Amtsträgers, ein starkes Regelwerk und eine öffentliche Meinung, die für beides ein Sensorium hat und es honoriert. Das sind drei Säulen einer lebendigen Demokratie. Solange sie stehen, wird Südafrika vielleicht nicht die ohnehin überzogenen Erwartungen einlösen können — aber es hat Chancen eine besondere Nation zu bleiben.