Lesezeichen
‹ Alle Einträge

Weiße nach Den Haag!

 

Das Internationale Strafgericht in Den Haag hat bisher nur Afrikaner angeklagt. Einige afrikanische Politiker denunzieren das Gericht deshalb immer wieder als willfähriges Instrument ehemaliger Kolonialmächte. Dazu gehört der Präsident des Sudans, Omar al-Baschir, der großes Interesse an einer Beschädigung des Gerichts hat. Er ist nämlich 2009 wegen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord angeklagt worden.

So durchsichtig Baschirs Motive sind, so sehr zieht in Afrika sein Argument. Die Afrikanische Union arbeitet mit dem Gericht nicht aktiv zusammen. Ugandas Präsident Yoweri Museweni (seit 1987 im Amt) hat die afrikanischen Staaten gar dazu aufgerufen, sich ganz von dem Internationalen Strafgerichtshof zurückzuziehen.

Diese anhaltende Opposition autoritärer afrikanischer Herrscher hat konkrete Folgen. Die Chefanklägerin Fato Bensouda hat unlängst die Ermittlungen gegen Baschir eingestellt, weil sie wegen der mangelnden Kooperation keine Aussicht auf Erfolg sieht. Dabei haben die allermeisten afrikanischen Staaten das Abkommen, welches das Internationale Strafgericht ins Leben rief, mit unterzeichnet.

Die große Mehrheit der Afrikaner wollte dieses Gericht. Deshalb ist das Argument, die Richter in Den Haag seien der verlängerte Arm der Kolonialmächte, falsch. Trotzdem hat sich der Eindruck verfestigt, das Gericht sei einseitig gegen Afrikaner.

Der Glaubwürdigkeit des Internationalen Strafgerichtshofes täte es in der Tat gut, wenn ein Weißer in Den Haag auf die Anklagebank käme. Kandidaten dafür gibt es ja einige. Der ehemalige britische Premier Tony Blair zum Beispiel oder der ehemalige US-Präsident George W. Bush und sein Verteidigungsminister Donald Rumsfeld. Sie haben 2003 den verbrecherischen Invasionskrieg gegen den Irak vom Zaun gebrochen, der Hunderttausende Tote zur Folge hatte. Ganz zu schweigen von der Folter, die mit Wissen und Billigung dieser Männer über viele Jahre praktiziert wurde. Anklagepunkte gäbe es zu viele und an Beweisen dürfte es nicht mangeln.

Bush vor Gericht! Naiv? Natürlich ist das naiv. Die USA haben das Statut des Internationalen Strafgerichtshofes nicht mit unterzeichnet. Sollte das Gericht Bush anklagen, würden sie Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um die Arbeit ebendieses Gerichts für immer zu beenden. Darum kann man mit Recht die Frage stellen, ob eine Anklage gegen Bush der Internationalen Strafgerichtsbarkeit mehr schaden als nützen würde.

Trotzdem bleibt das Problem: Solange nicht auch Weiße angeklagt werden, wird das Internationale Strafgericht in Den Haag in Afrika weiter an Glaubwürdigkeit verlieren. Dabei wird es gerade heute, im Angesicht vieler verheerender Kriege, gebraucht wie nie zuvor.