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„Wir werden keine Zäune bauen!“

 

Interview mit Serbiens Premierminister Aleksandar Vučić

über Deutschlands Migrationspolitik

DIE ZEIT: Herr Premierminister was halten Sie von Angela Merkels Flüchtlingspolitik?

Vučić: Ich unterstütze sie voll und ganz. Ich habe in der letzten Zeit viel Kritik an Merkel gehört. Ja, es gab sogar Beschimpfungen. Das ist ungerecht. Das ist falsch. Merkel hält die europäischen Werte hoch. Sie sucht eine europäische Lösung. Viele Europäer haben die Hand aufgehalten als es darum ging, Geld anzunehmen. Die Kosten wollen sie aber nicht mittragen. Das ist schlimm.

Was haben denn die Kritiker Merkels anzubieten? Zäune? Die werden nicht helfen. Es gibt keine Alternative zu ihrer Politik. Ich habe jedenfalls keine vernünftigen Vorschläge gehört.

DIE ZEIT: Alle Flüchtlinge, die über die Balkanroute kommen, gehen durch Serbien. Wenn Europa die Grenzen dicht macht, was bedeutet das für ihr Land?

Vučić: Ich wiederhole, was ich schon immer gesagt habe: Serbien wird keine Zäune bauen. Denn das bringt nichts. Wir brauchen eine umfassende europäische Lösung, wie sie Merkel anstrebt. Die ist schwer herzustellen, weil nicht alle an einem Strang ziehen. Aber das wird notwendig sein, um eine Lösung zu erreichen.

DIE ZEIT: Hat die Flüchtlingskrise das Potential, die Staaten des Westbalkan zu destabilisieren?

Vučić: Ich sorge mich immer um die Stabilität des Balkans. Im übrigen hat Angela Merkel sehr viel dazu beigetragen, dass es in dieser Region ruhig geblieben ist. Sie hat große Verdienste.

DIE ZEIT: Nochmal: Sollte Europa die Grenzen schließen, wird es zu einem Rückstau der Flüchtlingen kommen, auch in Serbien. Kann das die Region destabilisieren?

Vučić: Das ist immer ein Thema. Der Balkan ist und war immer eine schwierige Region. Hier ist der erste Weltkrieg ausgebrochen. Das dürfen wir nicht vergessen. Deswegen habe ich die Gefahr einer möglichen Destabilisierung immer im Auge.

Im Sommer hatten wir mit Kroatien wegen der Flüchtlinge eine heftige Auseinandersetzung. Auch da hat Merkel eine wichtige Rolle bei der Beruhigung der Lage gespielt.

DIE ZEIT: Serbien wird also keine Zäune bauen?

Vučić: Nein, wir werden keine bauen. Zäune können höchsten die Migration verlangsamen, sie können sie nicht stoppen.