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Ein Anschlag gegen Christen

 

Am Ostersonntag sprengte sich ein Selbstmordattentäter im pakistanischen Lahore in die Luft. Er hatte sich einen Spielplatz in dem populären Gulshan-e-Iqbal-Park ausgesucht. Im Park feierten viele Christen das Osterfest mit einem Picknick. Nur wenige Meter von den Schaukeln und Karussellen entfernt zündete der Angreifer eine 20-Kilo-Bombe. Mindestens 72 Menschen starben, darunter 35 Kinder. Mehr als 230 Menschen wurden verletzt. Der Attentäter war der 28-jährige Lehrer einer Koranschule. Die Organisation, die ihn geschickt hatte, ist eine Splittergruppe der pakistanischen Taliban. In einer Botschaft ließ sie keinen Zweifel über die Motive für den Anschlag: „Wir haben das Attentat begangen, weil wir Christen treffen wollten!“

Der Anschlag hat weltweit Entsetzen hervorgerufen. Das deutsche Außenministerium ließ verlauten: „Dieser abscheuliche Anschlag gegen Familien in einem belebten Park zeigt, dass sich Terrorismus in seinem mörderischen Wahn gegen alle Menschen gleichermaßen richtet, gleich ob Mann oder Frau, jung oder alt, gleich welchen Glaubens und welcher Hautfarbe.“

Das ist routinierte Diplomatensprache. An der Stellungnahme ist nichts falsch. Aber sie überzeugt nicht.

Denn es fehlt auch nur ein Hinweis auf die Motive der Attentäter: „Wir wollten Christen treffen!“

Warum wird das in den Trauerbekundungen wie in jener des Auswärtigen Amtes nicht erwähnt?

Freilich, in dem Gulshan-e-Iqbal-Park sind auch viele Muslime ums Leben gekommen. Und es stimmt auch, dass die Taliban ebenso absichtsvoll Muslime töten, Schiiten zum Beispiel oder gemäßigte Sunniten.

Das Auswärtige Amt muss nicht gleich von Christenverfolgung sprechen, doch ein wenig konkreter dürfte es schon werden.

Man stelle sich nur mal vor, die pakistanischen Christen, die gerade ihre Kinder in Lahore verloren haben, läsen die Stellungnahme des Auswärtigen Amtes, dass „sich der Terrorismus in seinem mörderischen Wahn gegen alle Menschen gleichermaßen richtet“. Sie werden zustimmend nicken, und doch das Gefühl haben, dass ihr Leid untergeht im Leid der vielen anderen Opfer. Was hier steht, das ist richtig, werden sie vermutlich sagen: „Aber dieses Attentat galt ausdrücklich uns!“

Und das ist ein Unterschied, der ohne Not verwischt wird.