Norbert Hofer ist nicht zum Bundespräsidenten Österreichs gewählt worden. Das ist eine gute Nachricht.
Aber fast 50 Prozent der Wähler haben für den Rechtspopulisten Hofer gestimmt. Das ist beunruhigend, damit muss man sich dringend beschäftigen. Noch vor Monaten hätte niemand ein solches Ergebnis für möglich gehalten.
Paradoxerweise hat erst der rasante Aufstieg Hofers den knappen Sieg Alexander Van der Bellens möglich gemacht. Viele Menschen nämlich begannen sich zu fürchten: Was wohl könnte dieser Rechtspopulist im höchsten Amt des Staates anstellen? Aus Furcht wohl gaben viele Österreicher Van der Bellen die Stimme, den sie unter normalen Umständen niemals gewählt hätten.
Man kann das auch zuspitzen: Eine Hälfte der Österreicher hat Angst vor der anderen Hälfte. Was wohl könnte der andere meinem Land antun, wenn er an die Macht käme? Man lebt im selben Land, man hat denselben Pass und man traut sich gegenseitig nicht mehr über den Weg.
Misstrauen, das ist das Gift, das auch nach dem Wahltag seine zersetzende Kraft entfalten wird.
Entgiftung tut jetzt not. Das ist bitte nicht zu verwechseln mit Entpolitisierung. Es soll und muss weiter gestritten werden – über die Demokratie, über Flüchtlinge, Migration, über Europa, über Heimat und Nation.
Die österreichische Gesellschaft hat einen Politisierungsschub erlebt. Politik, das lernen wir in diesen Tagen, kann hoch riskant sein.
Plötzlich geht es um was. Um etwas, das uns alle berührt.
Gerade weil die Lage so aufgeladen ist, gerade weil das wechselseitige Misstrauen so groß ist, kommt es nach der Niederlage ganz entscheidend auf die Tonlage an, mit der man die politischen Auseinandersetzungen mit den Wählern Hofers führt.
Man kann jedenfalls darauf gespannt sein, wie der neue österreichische Bundespräsident Alexander Van der Bellen die Österreicher ansprechen wird, die ihn nicht gewählt haben.