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Wir können auch schießen!

 

Angela Merkel, Francoise Hollande und Matteo Renzi sprechen von der Plattform eines Flugzeugträger über die Zukunft der Europäischen Union nach dem Brexit. Das ist ein seltsamer, ein gewöhnungsbedürftiger Anblick. Immerhin ist die EU auch gegründet worden, um militärische Konflikte zu überwinden. Kriege, das soll für Europa eine Sache der Vergangenheit sein.

Und jetzt, knapp sechzig Jahre nach der Gründung der EU lässt der italienische Gastgeber Matteo Renzi den Flugzeugträger Garibaldi auffahren und benutzt ihn als Bühne für einen europäischen Minigipfel. Ein Symbol, das stärker wirkt als alles, was die drei Politiker an diesem Tag sagten.

Denn es zeigt, dass sich die EU grundlegend wandelt. Die Friedensmacht EU (2012 gewann sie den Friedensnobelpreis), die alle Probleme dieser Welt wegverhandeln kann, gehört der Vergangenheit an. Sie hat in letzter Zeit lernen müssen, dass sie auch zu Härte fähig sein muss, wenn sie bestehen will.

Die EU wird in Zukunft gewiss nicht zu einer Kriegsmacht, dazu hat sie weder den politische Willen noch die institutionellen Voraussetzungen.

Wenn aber Renzi, Hollande und Merkel von einem Flugzeugträger sprechen, dann wollen sie auch sagen: Wir sind wir wehrhaft! Wir sind stark! Und: Wir können auch schießen!

Die Botschaft richtet sich nach innen wie nach außen. Sie gilt dem russischen Präsidenten Wladimir Putin ebenso wie dem IS, der in Libyen, in unmittelbarer Nachbarschaft, Italiens, Fuss gefasst hat.

Sie gilt aber auch den Europäern, die das Gefühl haben, dass die EU sie nicht mehr schützen kann vor Terror, Krieg und Massenmigration. Diese Themen standen auch im Zentrum des Minigipfels.

Putin wird freilich das dargebotene Schauspiel nicht besonders ernst nehmen. Er weiß ja um die Schwächen dieser drei Europäer: Renzi könnte schon im Herbst nach der Abstimmung über seine Verfassungsreform das Amt verlieren, Hollande hat kaum Aussichten im Jahr 2017 wiedergewählt zu werden, auch die deutsche Kanzlerin war schon mal stärker. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten Italiens bedrohen den gesamten Euroraum.

Auch die Bürger Europas wissen um den Abgrund zwischen Anspruch und Wirklichkeit, zwischen Wollen und Können. Renzi, Merkel und Hollande auf einem Flugzeugträger, das mag auf viele nicht wie neue Stärke, sondern schlicht wie Angeberei wirken.