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Der Brexit wird existenziell für die EU

 

Theresa May will die Brücken zur EU komplett abbrechen. Das hat sie in ihrer lange erwarteten Rede deutlich gemacht. Die EU reagiert darauf zunächst einmal gelassen. „Wir sind bereit, sobald Großbritannien bereit ist!“, twitterte der von der EU-Kommission mit den Austrittsverhandlungen beauftragte Ex-Kommissar Michel Barnier, nachdem May ihre Rede gehalten hatte. Erst wenn Großbritannien den Artikel 50 – den Austrittsartikel des Lissaboner Vertrages – in Gang bringt, werde man sich an den Tisch setzen und im Detail sprechen.

Die inhaltliche Position der EU bleibt unverändert. Die vier Grundfreiheiten (freier Verkehr von Kapital, Waren, Dienstleistungen und Personen) der EU sind unteilbar. Großbritannien wird keinen Zugang zum EU-Binnenmarkt haben können, wenn es nicht gleichzeitig offen bleibt für Arbeitnehmer aus der EU. Das war nicht anders zu erwarten. Für Brüssel sind die vier Grundfreiheiten der unantastbare Kern der Gemeinschaft. Das hat es sich nach dem Votum der Briten am 23. Juni vergangenen Jahres immer wieder deutlich gemacht.

Die britische Regierung wird trotz ihres jetzt angekündigten kompletten Bruchs bei den anstehenden Verhandlungen versuchen, diesen Kern aufzuweichen. Denn May kündigt an, nach der Scheidung einen Freihandelsvertrag mit der EU abschließen zu wollen, der Großbritannien den „bestmöglichen Zugang“ zum EU-Binnenmarkt gewähren soll.

Ob die EU bei ihrer klaren Position bleiben kann, hängt von ihrer inneren Geschlossenheit ab. Um die ist es im Augenblick nicht gut bestellt, wie unter anderem die Migrationskrise des Jahres 2015 zeigt, die bis heute nicht bewältigt ist.

Die Schwäche der EU ist offenkundig. Ebenso klar ist, dass es innerhalb und außerhalb der Union Kräfte gibt, die das für sich nutzen wollen. Russlands Präsident Wladimir Putin gehört dazu, Marine Le Pen gehört dazu und – wie wir seit ein paar Tagen wissen – selbst der gewählte US-Präsident Donald Trump gehört dazu.

Er beglückwünschte die Briten zum Brexit und bot ihnen schnellstmöglich einen guten Freihandelsvertrag an. Seitdem denken nicht wenige in Brüssel, dass Trump die EU zerstören will.

Die Dynamik des Brexits hat sich jedenfalls seit Trumps Äußerung völlig verändert. Sie hat sich mit Bedeutung aufgeladen.

Im September vergangenen Jahres sprach Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker von einer „existenziellen Krise“ der EU.

Heute kann man von einem Überlebenskampf reden.