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Pakistan aufgeben?

 

Die USA haben vor elf Jahren dem Terror den Krieg erklärt. Es waren bittere elf Jahre für Pakistan. 35.000 Pakistaner sind seitdem ums Leben gekommen, bei Anschlägen, Kämpfen, Attentaten und Drohnenangriffen. Die Menschen in diesem Land sterben immer noch in großer Zahl durch terroristische Gewalt und Gegengewalt. Der Preis, den Pakistan für sein Bündnis mit den USA bezahlt hat, ist entsetzlich. Die Pakistaner fragen sich heute, ob es denn gut war, dass ihre Regierung sich nach 9/11 auf die Seite der USA geschlagen hat. Die Antwort, die sie sich geben ist: Nein. Das Bündnis mit den USA hat Unglück über uns gebracht.

Diese Meinung sollte niemanden verwundern. Viele pakistanische Bürger haben das Gefühl, dass ihre Opfer nicht wahrgenommen werden. Sie haben damit ohne Zweifel recht. Pakistan hat so einen schlechten Ruf wie sonst kaum ein anderer Staat der Welt: Hochburg gewalttätiger Fanatiker, instabile Atommacht, durch und durch korrupter Staat. Falsch ist das ja nicht, doch es ist nur die eine Seite der Geschichte. Die andere Seite ist die Bereitschaft, dieses Leid, das der Krieg gegen den Terror über das Land gebracht hat, zu erdulden.

Das muss man anerkennen. Das haben die Pakistaner verdient. Es würde auch eine ungewohnte Sichtweise auf dieses Land ermöglichen, das uns immer nur als bedrohlich erscheint. Wer einen neuen Blick auf Pakistan entwickelt, der könnte auch eine neue Politik machen, eine, die dem Land nicht so viele Opfer abverlangt.

Notwendig wäre sie allemal. Denn Pakistan rückt seit geraumer Zeit Stück für Stück vom Westen ab. Das ist keine gute Nachricht. Pakistan kann man nicht ignorieren, dazu hat es zu viel Eigengewicht.

Was also könnte getan werden? Zunächst einmal sollte man in der Betrachtung dieses Landes nicht immer vom Worst Case ausgehen, vom Zerfall. Es ist besser, die Stärke Pakistans in den Vordergrund zu stellen. Allen Widrigkeiten zum Trotz ist der Staat nicht zerfallen. Dafür gibt es einen Grund, den man gerne übersieht: Pakistan ist die Heimat von 190 Millionen Menschen. Diese Menschen – mit Ausnahme der winzigen Elite – haben kein anderes Land, in das sie gehen könnten. Das macht Pakistan lebensfähig, diese unglaubliche Zähigkeit, mit der die einfachen Pakistaner an ihrem Land festhalten. Nicht die Existenz Pakistans steht infrage, sondern die Definition dessen, was dieses Land eigentlich ist, wofür es steht. Das ist der Kampf, der sich zu kämpfen lohnt.