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Juristisch allein kann Srebrenica nicht aufgearbeitet werden

 

Der bosnisch-serbische Ex-General Zdravko Tolimir muss lebenslang hinter Gitter. Die Berufungskammer des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien bestätigte jetzt das Urteil aus dem Jahre 2012. Damit geht der zehnte Prozess zu Ende, der im Zusammenhang mit dem Völkermord in Srebrenica steht.

Im Juli 1995 überrannten serbische Milizionäre die UN-Enklave Srebrenica und töteten mehr als 8.000 Männer. Bis heute sind nicht alle Toten geborgen und identifiziert worden. Tolimir hat bei dem Massaker eine große Rolle gespielt, doch die wichtigsten Akteure waren Radovan Karadžić und Ratko Mladić. Karadžić war der politische Führer der bosnischen Serben, General Ratko Mladić ihr militärisches Oberhaupt. Beide sitzen in Den Haag in Haft. Gegen sie wird seit Jahren ein länglicher Prozess geführt. Es ist nicht absehbar, wann es zu einem Urteil kommen wird.

Selbst wenn Karadžić und Mladić verurteilt werden  – was vermutlich geschehen wird –, das grausige Kapitel Srebrenica wird damit nicht abgeschlossen sein. Denn der Völkermord von Srebrenica hat in Bosnien eine allzu tiefe Wunde geschlagen. Und es ist zu einer Chiffre für das kollektive Versagen Europas wie auch der Vereinten Nationen geworden.

Srebrenica war im Juli 1995 eine offizielle Schutzzone der UN. Die dort stationierten niederländischen Blauhelmsoldaten hätten die Bewohner der Stadt schützen müssen. Das war ihre Aufgabe. Doch das taten sie nicht. Im Gegenteil, sie übergaben teilweise die bosnischen Männer an die serbischen Milizionäre. Ein niederländisches Gericht hat vor zwei Jahren den niederländischen Soldaten Mitschuld an der Ermordung von mindestens 300 bosnischen Männern gegeben. Für „die Mütter von Srebrenica“, welche die niederländischen Soldaten zur Verantwortung ziehen wollten, war dies zwar eine Genugtuung. Doch das Urteil zeigt auch, dass Srebrenica allein mit juristischen Mitteln nicht aufgearbeitet werden kann.

Symbol für den Graben zwischen den Volksgruppen

Denn es ist kaum vorstellbar, dass die politisch Verantwortlichen der UN jemals vor Gericht kommen könnten. Die UN nämlich genießt bei ihren Einsätzen Immunität, aus gutem Grund.  Welches Land würde der UN Soldaten für einen Einsatz zur Verfügung stellen, wenn es fürchten muss, dass eben diese Soldaten vor Gericht gezerrt werden können? Keines, vermutlich.

Srebrenica bleibt auch das Symbol für den kaum überwindbaren Graben, der sich in Bosnien zwischen den Volksgruppen aufgetan hat. Der Krieg ist zwar zu Ende gegangen, der Staat, der daraus hervorgegangen ist, besteht aus zwei Entitäten: der Republika Srpska und der bosnischen Föderation. Diese seltsame Konstruktion ist das Ergebnis eines Waffenstillstandes, der 1995/1996 von der Nato erzwungen wurde, er ist nicht das Ergebnis von Frieden und Versöhnung. Darum ist dieser Staat auch kaum lebensfähig.

Das Urteil gegen Zdravko Tolimir ist trotzdem von großer Bedeutung, weil es deutlich macht, dass Kriegsverbrechen und Völkermord geahndet werden. Das ist eine wichtige Botschaft, über Bosnien hinaus.