Menschen wollen in der Regel ihre Heimat nicht verlassen. Sie tun sehr vieles, um bleiben zu können. Die Burkinabé etwa – die Bewohner des kleinen westafrikanischen Landes Burkina Faso – haben im Herbst 2014 ihren langjährigen autoritären Herrscher Blaise Compaoré gestürzt. Sie taten dies, weil sie eine Perspektive im eigenen Land haben wollten. Die Revolution wurde vor allem von jungen Menschen getragen. Über die Hälfte der 13 Millionen Burkinabé sind unter 24 Jahre alt. Sie wollten eine Zukunft haben, nicht in Europa, sondern in ihre Heimat Burkina Faso. Dafür haben sie während der Revolution auf den Straßen der Hauptstadt Ouagadougou ihr Leben riskiert. 25 Demonstranten starben in jenen Oktobertagen.
Die Burkinabé standen nun kurz davor, ihre Revolution zu vollenden. Am 25. Oktober sollten eine Parlament und eine neuer Präsident gewählt werden. Doch dazu wird es – jedenfalls Stand heute – nicht kommen. Denn das Militär hat geputscht und die Übergangsregierung festsetzen lassen. Genauer genommen hat die Präsidentengarde die Macht übernommen, das ist eine hochgerüstete Truppe von rund 1.300 Soldaten, die unter Blaise Compaoré viele Privilegien genoss und ihm immer noch treu ergeben sein soll. Die Begründung für den Machtübernahme: „Es herrschte in dieser Vorwahlzeit große Unsicherheit!“ Das ist lächerlich.
Die Revolution von Burkina Faso hatte weit über das kleine Land hinaus Bedeutung. Als Compaoré nach 27 Jahren an der Macht fiel, da ging eine Zittern durch viele Hauptstädte Afrikas. Langzeitherrscher sind auf dem Kontinent ja nichts Ungewöhnliches. In Angola regiert José Eldorado Dos Santos seit 35 Jahren, in Äquatorialguinea ist Teodoro Obiang ebenfalls seit 35 Jahren an der Macht, in Simbabwe herrscht Robert Mugabe seit 34 Jahren, in Kamerun Paul Biya seit 32 Jahren, in Uganda Yoseweni Museweni seit 27 Jahren, im Tschad Idriss Déby seit 29 Jahren. Wenn Compaoré stürzte, konnten nicht auch sie fallen? Haben nicht auch diese Länder eine junge, lebenshungrige Bevölkerung, die ihr Schicksal selbst in Hand nehmen will?
Konnte Burkina Faso eine Modell werden? Wie Tunesien zum Beispiel, in dem sich nach einer Revolution die Demokratie verfestigt?
Das ist der Kontext in dem sich dieser Putsch abspielt. Das zeigt seine Bedeutung.
Wenn es den Putschisten gelingen sollte, sich an der Macht zu halten, dann ist das auch eine Botschaft für den Rest des Kontinents: Die alten Eliten müssen nicht weichen, wenn sie nur entschlossen genug sind, den Willen ihrer Völker zu ignorieren.
Das wäre eine Katastrophe, denn es sind diese korrupten, machtgierigen Eliten, die afrikanische Länder in den Ruin führen. Es sind diese Eliten, die Millionen jungen Menschen die Zukunft stehlen und in die Emigration zwingen.
Wenn wir uns fragen, warum Menschen nach Europa flüchten, dann können wir in diesen Tagen in Burkina Faso einige Antworten finden.