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Italiens Grenzen sind unsere Grenzen

 

Italiens Grenzen, das sind auch unsere Grenzen. Regierungssprecher Steffen Seibert sollte diesen Satz bei einer seiner Pressekonferenzen in all seiner Schlichtheit von sich geben. Oder noch besser: Die Kanzlerin sollte ihn aussprechen. Warum? Weil der Satz wahr ist und weil Italien jetzt dringend mehr Unterstützung braucht, denn bald schon könnten sehr viele Menschen an Italiens Küsten landen. Bald schon könnte Europa erneut vor einer Zerreißprobe stehen, doch diesmal öffnete sich der tiefe Riss im Herzen Europas, am Brennerpass. Die Österreicher haben damit gedroht, ihn zu schließen.

Italiens Premierminister hat dagegen protestiert und Konsequenzen angedroht. Vorerst aber bemüht er sich sichtlich um eine europäische Lösung. In aller Eile hat er einen Vorschlag nach Brüssel geschickt. Die Zeit der reinen „Notverwaltung“ der Migrationskrise müsse vorbei sein, schreibt Renzi in einem Begleitbrief. „Wir müssen geordnet und strategisch“ vorgehen. Dann folgen eine Reihe von Vorschlägen. Manche sind mit heißer Feder geschrieben, doch das Dokument (Migration Compact) bemüht sich sichtlich darum, das große Ganze in den Blick zu nehmen. Das ist in diesem Fall Afrika – von dort wird in den nächsten Monaten eine verstärkte Wanderungsbewegung über Libyen Richtung Europa erwartet. Renzi schlägt unter anderem sogenannte EU-Afrika-Bonds vor. Sie sollen afrikanischen Staaten den Zugang zu Kapitalmärkten erleichtern. In einer ersten Reaktion hat Berlin das abgelehnt.

Selbst wenn diese Ablehnung begründet sein mag: Die deutsche Regierung muss deutlich zeigen, dass sie an Italiens Seite steht. Die Zustimmung der Italiener zu Europa hat in den letzten Jahren stetig abgenommen. Renzis Partito Democratico verteidigt Europa, und ist damit inzwischen fast allein. Dieser Trend wird sich rasant beschleunigen, wenn die Italiener das Gefühl bekommen, dass sie alleingelassen werden – dass ihre Grenzen nicht die Grenzen Europas sind.