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Jetzt wird es ernst

 

Wie weit wird Russlands Präsident Wladimir Putin gehen? Welches Ziel hat er vor Augen?

Darauf gibt es eine ganze Reihe von Antworten, doch selten sind sie befriedigend. Sicher ist nur, dass Putin in jüngster Zeit alle überrumpelt hat. Das gilt für die Annexion der Krim, das gilt für den russischen Militäreinsatz in Syrien.

Für ein Verteidigungsbündnis wie die Nato gibt es kaum Schlimmeres, als überrascht zu werden.

Was auch immer im Kreml ausgeheckt wird, die Nato möchte in Zukunft vorbereitet sein, und sie sendet eine Botschaft aus: Wir sind nach wie vor entschlossen, alle unsere Bündnispartner gemeinsam zu verteidigen. Das gilt besonders für die kleinen baltischen Staaten, die sich von Russland stark bedroht fühlen.

Darum hat die Nato bei ihrem letzten Gipfel am 9. Juli dieses Jahres beschlossen, Kampfbataillone nach Estland, Litauen, Lettland sowie nach Polen zu entsenden. Jedes dieser Bataillone wird von einer Nation angeführt (lead nation).

Wer macht was mit wem und wie viel?

Darauf gibt es beim Treffen der Verteidigungsminister in Brüssel erstmals konkrete Antworten, auch aus Deutschland.

Deutschland ist „Führungsnation“ für das Kampfbataillon in Litauen. Die Truppenstärke liegt insgesamt bei etwa 1.000 Soldaten.

Das Kommando dieses Bataillons wird deutsch sein, und die Bundeswehr wird die größte Zahl von Soldaten innerhalb des Bataillons stellen. Von 400 bis 600 deutschen Soldaten ist die Rede. Den Rest der Truppe stellen andere Nationen. Die Rede ist von Frankreich, Belgien und Kroatien.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen nennt es „ein klares Signal“ Richtung Russland.

Die Bataillone sind voll ausgebildet und mit allem ausgestattet, was sie zum Kämpfen brauchen, inklusive Kampfpanzer, Schützenpanzer, Mörser, Artillerie und Pioniere.

Ende Juni 2017 soll das deutsche Bataillon vor Ort und voll einsatzfähig sein.

Natürlich, diese Truppe alleine würde einen eventuellen russischen Angriff nicht aufhalten können.

Aber sie ist, wie es im schönsten Nato-Jargon heißt, ein erster Stolperdraht. Er wird im Fall eines Angriffs eine Kettenreaktion auslösen. Die Nato hat eine schnelle Eingreiftruppe gebildet. Innerhalb kürzester Zeit können 40.000 Soldaten für den Kampf mobilisiert werden.

Außerdem, heißt es hier im Brüsseler Nato-Hauptquartier, verfügten alle Bündnismitglieder zusammen über 2,5 Millionen Frauen und Männer unter Waffen. Das solle man nicht vergessen.

Wird sich Putin davon einschüchtern lassen? Wer weiß.

Putin ist allerdings ein Mann, der es liebt, eine Reihe von Karten in der Hand zu haben, um die ihm geeignete Karte überraschend und ohne Rücksicht auf Verluste zu ziehen.

Sofern er je eine baltische Karte hatte, er wird sie nicht mehr ausspielen können, oder nur zu einem Preis, der auch ihm zu hoch sein dürfte.

Könnte man die Entsendung dieser Kampfbataillone als verantwortungslose, russlandfeindliche Aufrüstung bezeichnen?

Nein, denn diese Truppe hat – auch wenn sie vom Tag eins ihrer Entsendung Krieg führen könnte – einen im Kern defensiven Charakter.

Sie ist eine nötige Reaktion auf Putins Politik, nicht ein mutwilliger feindlicher Akt gegen Russland.