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Uni-Leaks dringend gesucht! Warum der Fall Guttenberg die Notwendigkeit eines Transparenzgebots demonstriert

 

Der ehemalige Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg war und ist ein Mann der klaren Worte. Die ersten Vorwürfe gegen die Individualität seiner Doktorarbeit nannte er abstrus. Das war unmissverständlich. Dann räumte er ein paar wenige handwerkliche Fehler ein, die ihm unter dem Druck der Herkulesaufgaben des Politkerdaseins bei gleichzeitiger Familiengründung unterlaufen sein könnten. Kein Vorsatz, nirgends. Der Glaube an die eigene Integrität war felsenfest. Auch das war unzweideutig. Dann kassierte er seinen Titel freimütig ein (die Kanzlerin hatte ja einen Minister bestellt, keinen Wissenschaftler). Schließlich räumte er mit großer Geste endgültig das Feld (die zuvor gefallenen Soldaten sollten ja noch mit Würde unter die Erde; nur das der Grund für sein langes Zögern). Lückenlose Aufklärung hieß jetzt die Parole. Die Universität Bayreuth sollte sie betrieben. Mitleidlos natürlich. Nicht nur die Öffentlichkeit, sondern auch er selbst hätten das dringende und berechtigte Interesse, den Ausgang der Geschichte zu erfahren. Auch hier gab es also keine zwei Meinungen.

Jede Etappe isoliert betrachtet, zeigt einen Politiker, der nicht lange fackelt, der nicht zu den Zauderern gehört. Ein Mann, ein Wort. Nur der Wirklichkeit war das alles gleichgültig. Was an sich schon ein Frechheit war. Sie mischte sich ein, funkte dazwischen, griff dem größten Inszenator der letzten Jahre unerhörterweise ins Ruder. Und dann widerlegte sie ihn auch noch regelmäßig. Diese Wirklichkeit kompromittierte die klaren Worte und zeigte sie als das, was sie waren: Überwältigungs- und Einschüchterungsversuche.

Jetzt gipfelt das Ganze in den schon abenteuerlich anmutenden Versuchen der Veröffentlichung des Abschlussberichtes der Bayreuther Universität juristisch zuvorzukommen. Nicht nur, dass auch diese Volte von einem erschütternden strategischen Unvermögen und einer grandiosen Überschätzung der eigenen Machtmittel zeugt. Viel mehr verkennt Guttenberg Gegenwart und Gesellschaft mit einer Naivität, die erschaudern lässt. Denn diese Gegenwart ist längst nicht mehr bereit, sich abbügeln zu lassen. Diese Gegenwart fordert von politischen Mandatsträgern echte Klarheit, sie fordert Transparenz im besten Sinne. Sollten Politik und Politiker nicht bereit sein, in angemessener Transparenz zu handeln, dann wird sich die Gesellschaft der Gegenwart Einblicke, die ihr verwehrt werden, selbst verschaffen. Das GuttenPlag-Wiki hat das eindrucksvoll bewiesen. Sollte Guttenberg jetzt tatsächlich juristischen Erfolg haben und die Veröffentlichung des Abschlussberichts der Prüfung „seiner“ Doktorarbeit mit Hinweis auf seine Persönlichkeitsrechte verbieten lassen können, wäre das nicht nur ein herrlich ironischer Kreisschluss, sondern auch von juristischer Tragik, die nur noch eine Forderung zulässt. Es braucht dringend ein Uni-Leaks-Projekt – und zwar schnell.