Die Behauptung, Daten seien der Treibstoff des 21. Jahrhunderts ist schick. Überall kursieren kluge Bemerkungen über gesellschaftliche Transformationen aufgrund der Digitalisierung aller Lebensbereiche. Großer Beliebtheit erfreut sich auch die Behauptung, die politischen Revolutionen der Gegenwart und erst recht die der Zukunft würden im Internet erfunden. Und natürlich sind Daten auch das Öl der Volkswirtschaften. Unternehmen wie Facebook, Google oder Skype sind ja die kraftstrotzenden Belege.
Aber ein erheblicher Teil dieser Diskursmasse erscheint manchmal wie das Abfallprodukt einer ganz anderen Konkursmasse. Während in Digitalien fast ausschließlich von der Zukunft die Rede ist – im Bedarfsfall als Utopie oder wahlweise als Dystopie – zeigt sich die Gegenwart von ihrer banalen und hemmungslos brutalen Seite. Kürzlich veröffentlichte WikiLeaks-Dokumente zeigen, dass diverse Nationen das Rennen um die letzten Rohstoffreserven unter dem ehedem ewigen Eis der Arktis längst eröffnet haben. Greenpeace spricht gleich von einem neuen kalten Krieg, den sich die Nationen leisten. Eine steile These.
Aber wer sich vergegenwärtigt, dass Russland 2007 keine bessere Idee hatte, als die russische Flagge unter dem meterdicken Eis der Polkappe zu platzieren und die amerikanische Außenministerin Clinton, vor wenigen Tage auf einer Anrainer-Konferenz nach einigen braven Bemerkungen über die Sorge um die klimatischen Veränderungen und deren Folgen, mit größter Selbstverständlichkeit davon sprach, dass sich ganz wunderbare neue Möglichkeiten für Tourismus, Fischereiwirtschaft und Schiffsverkehr ergeben würden, der wusste, dass der Wettkampf um die letzten Tropfen Öl keine Gnade kennen wird. Und der weiß auch, was von braven Bemerkungen zu halten ist, die davon sprechen, man sei deeply concerned wegen des Klimawandels. Vor allem aber weiß er, dass zwar viel von Daten als neuem Rohstoff die Rede sein kann, aber unter dem Strich noch ganz andere Themen domninieren.