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1. März 2018 – Ausgabe 10

 

Leserbrief zu „Arme gegen Arme“ von Caterina Lobenstein

Es ist wirklich schade, dass Autoren der Zeit ein Thema so reißerisch aufmachen und sprachlich so unsauber argumentieren. Die Essener Tafel nimmt derzeit nur Neuanmeldungen von Kunden mit deutschem Pass entgegen, aber die Bestandskunden werden weiterhin versorgt. Und dies sind anders als der Artikel unterstellt, nicht nur Deutsche. Tatsächlich haben 70 Prozent der Essener Tafel Kunden einen Migrationshintergrund bzw. keinen deutschen Pass. – Dörthe Niedorf


Leserbrief zu „Arme gegen Arme“ von Caterina Lobenstein

Ich habe in meinem Bekanntenkreis eine Menge Leute, die sich in Kleiderausgaben und Tafeln ehrenamtlich !!!! für Flüchtlinge einsetzen und immer wieder berichten, wie sie von islamischen Männern als Frauen missachtet und beschimpft werden. Außerdem sind häufig die Forderungen dieser Leute nach Dingen aller Art unverschämt und anmaßend. Da würde eine konsequente Haltung wie die in Essen an vielen Stellen Not tun. Die Verantwortlichen vor Ort befürchten jedoch die gleichen Reaktionen wie jetzt in Essen mit Beschimpfungen als Nazis ( + Einmischung der Bundeskanzlerin )und nehmen Abstand von einem energischen Vorgehen. – Marita Becker


Leserbrief zu „Europas zögerliche Liebhaber“ von Jürgen Habermas

Jürgen Habermas scheint übersehen zu haben, dass Martin Schulz seine Weltoffenheit bewusst der populistischen Parteinahme für die angeblichen Globalisierungsverlierer und dem linken Wunsch nach Abschottung geopfert hat, weil er auf eine rot-rot-grüne Mehrheit setzte. Erst nach der verlorenen Wahl hat er sich vom Modell Corbyn verabschiedet und sich Macron zum Vorbild genommen. Anders als Habermas habe ich noch keine bessere Antwort auf die „Fragen der sozialen Gerechtigkeit“ gefunden als die Soziale Marktwirtschaft, die er nicht für wert erachtet, repariert zu werden. Wenn er Sigmar Gabriel für den richtigen Mann hält, um gegen rechte und linke Nationalisten für ein weltoffenes Deutschland zu kämpfen, irrt sich Habermas gewaltig. Nichts wäre schlechter für die Zukunft Europas als ein Außenminister Gabriel, der unter der Überschrift „Sehnsucht nach Heimat“ dazu aufgerufen hat, das Vertraute und Kleinräumige gegen das Fremde und Globale zu verteidigen. – Jürgen Thiede


Leserbrief zu „Ist das zu verstehen?“ von Anna-Lena Scholz

Ich kann Ihnen nur beipflichten (und hätte mir gewünscht, Ihr Artikel würde auf Seite 1 der ZEIT erscheinen): Mir ist völlig unverständlich, dass Politiker und Parteien offenbar glauben, ausgerechnet bei Ministern auf die sonst üblichen Qualifikationskriterien für ein Spitzenamt verzichten zu können. Während Unternehmen sich bei Führungskräften ausgeklügelter Verfahren (Assessment Center etc.) bedienen und auch bei untergeordneten Funktionen immer umfangreichere Anforderungen stellen (Fachkenntnisse, Praktika, Fremdsprachen, Auslandserfahrung, Führungskompetenz usw.), reicht für ein Regierungsamt oft eine Hausmacht in der Partei, hilfsweise die Sympathie des Regierungschefs, am besten gekoppelt mit einer passenden Kombination aus Geschlecht und Landesverband. Die vorgesehene Berufung der Frau Karliczek zur Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung (sic!) erscheint mir wie die Bestellung eines Autofahrers, der schon einmal einen Reifen gewechselt hat, zum Chefmechaniker einer Kfz-Werkstatt. So unbehaglich, wie dieser sich fühlen muss, wenn er mit einem defekten Motor konfrontiert wird, müsste es eigentlich auch Frau Karliczek zumute sein, wenn sie z. B. mit Vertretern der Hochschulrektorenkonferenz über den aktuellen Vorschlag von Macron über zwanzig europäische Spitzenuniversitäten diskutieren soll. Ministerien sind zu wichtig, um sie fachlichen Laien nach partei- und machtpolitischen Proporzgründen zuzuschieben. – Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Heilmann


Leserbrief zu „Die Smartphone Therapie“ von Alard von Kittlitz

mit Erschrecken habe ich Ihr kleines Essay zur Smartphone-Therapie gelesen. Vielleicht wäre in einer der folgenden Ausgaben auch mal eine Erwähnung der Telefonseelsorge einige Zeilen wert. Hier sitzen echte Menschen nach gründlicher Ausbildung ehrenamtlich am Telefon und stellen ihr Ohr und, wenn das gewünscht wird, auch hilfreiche Ideen zur Verfügung. Und das deutschlandweit 24/7. Auch unter den Anrufenden nimmt die Zahl der Menschen mit Depressionen und Zwangsstörungen stark zu. Die Ehrenamtlichen sind zwar keine ausgebildeten Therapeuten, aber ich weiß aus vielen Gesprächen, dass ‘echte’ Therapeuten ihren Patienten für den Notfall die Telefonnummer der Telefonseelsorge an die Hand geben. – Beate Noll-Jordan


Leserbrief zu „Arme gegen Arme“ von Caterina Lobenstein

In der Überschrift steht „essen nur an deutsche auszugeben mag falsch sein“ — nur darum geht es doch in Essen nicht. Die Tafel will nur den Anteil der Ausländer verringern und den der Deutschen im Gegenzug erhöhen — und wenn das passiert ist, werden auch wieder Ausländer zur Tafel zugelassen werden. Wie kann so eine quer der Realität stehende Überschrift entstehen? – Volker Passing


Leserbrief zu „Herrlich resistent“ von Bernd Ulrich

Der Autor schreibt, wenn es darauf ankommt, sei die CDU in der Lage, sich zusammenzureißen. Der Nachsatz, daß all dieses nicht mehr langt, relativiert das Vorhergesagte. Völlig unverständlich ist der dann folgende Satz: „Aber es beruhigt ungemein“. Verläßt Herrn Ulrich, einem Mitglied der Chefredaktion der ZEIT, die zumindest von mir erwartete politische Neutralität in der Berichterstattung? – Klaus Grasenick


Leserbrief zu „Arme gegen Arme“ von Caterina Lobenstein

Es ist in der Tat beschämend, dass Einrichtungen wie die Tafeln in Deutschland existieren müssen. Als Liberaler habe ich grundsätzlich kein Problem mit ungleicher Vermögensverteilung. In Deutschland neigen wir dazu, Ungleichheit mit mangelnder Fairness zu verwechseln. Doch was wäre fair daran, wenn Fleiß, Talent und Lebensentscheidungen keinen Unterschied mehr machten? Ungleichheit ist damit der Preis der Freiheit. Jedoch gehört zur Freiheit auch die Hoffnung, dass Blut, Schweiß und Tränen durch sozialen Aufstieg belohnt werden. Wenn in unserem reichen Land jedoch 1,5 Millionen bedürftige Menschen regelmäßig bei den Tafeln um abgelaufene Lebensmittel anstehen müssen, scheint das große Aufstiegsversprechen der Sozialen Marktwirtschaft gebrochen zu sein. Nach neuen Studien bestimmen zunehmend nicht mehr Fleiß und Leistungsbereitschaft wohin es im Leben geht. Wer vermögende Eltern hat, hat auch eine viel höhere Chance, selbst einmal ein gutes Einkommen zu erzielen. Somit ist der soziale Status nicht mehr das Ergebnis eines fairen, an für alle gleichen Regeln orientierten Wettbewerbs, sondern hängt vom Glück ab, in die „richtige“ Familie hineingeboren zu sein. Dies ist ein zivilisatorischer Rückschritt in mittelalterliche Zeiten, der schnellstmöglich korrigiert werden muss. Andernfalls ist der soziale Friede in Deutschland in Gefahr. – Michael Pfeiffer


Leserbrief zu „Der Nächste, bitte – noch nicht“ von Christian Heinrich

Um der missbräuchlichen Inanspruchnahme von mehreren Fachärzten gleichzeitig vorzubeugen, sollte ein vorheriger Gang zum Hausarzt Pflicht werden. Die Wartezeiten würden sich bei der Abschaffung des Privaten Kassen Systems (PKV), das seit mehr als 10 Jahren auf eine Reform wartet, und der Querfinanzierung des unterfinanzierten gesetzlichen Krankenkasseensystems (GKV dient, nicht ändern. Eine bessere finanziellle Ausstattung des gesetzlichen Krankenkassensystems (GKV) ist in jedem Fall notwendig, da bis zu 30 Prozent der erbrachten ärztlichen Leistungen bei Haus- und Fachärzten seit Jahren nicht vergütet werden. Dies führt zu den bekannten Engpässen der ärztlichen Versorgung auf dem Land und zunehmend auch in der Stadt. Die nächste Ärztegeneration wird sich unter diesen Bedingungen die Übernahme der Praxen von erfahrenen Ärzten, die in den nächsten Jahren in Rente geht, zweimal überlegen. – Dr. med. Charles Woyth


Leserbrief zu „Über Zivilität und Umgangsformen“ von Peer Steinbrück

Eines muss man dem Mann lassen: Schreiben kann er – das wissen wir spätestens seit seinem Buch „Unterm Strich“. Trotzdem ist der Titel seines neuen Buches eine Mogelpackung: Steinbrück mag vieles sein – ein Genosse war er nie, ist er nicht und wird es wohl auch nicht mehr werden. Dieses Schicksal teilt er mit Möchtegern-Sozialdemokraten wie Gerhard Schröder oder auch Andrea Nahles. Wer die Agenda 2010 – auch nach vielen Jahren – immer noch nicht als Teufelswerk sieht, dem ist einfach nicht zu helfen. Das von Steinbrück angesprochene Prinzip „Fördern und Fordern“ mag im Ansatz gut sein – aber wenn es „Genossen“ wie Schröder und Steinbrück in den Mund nehmen, bleibt mehr als ein übler Nachgeschmack. Und da hilft es auch nicht, sich als Schachgenie zu gerieren oder sich auf den Philosophen Julian Nida-Rümelin zu berufen. Nur gut, dass uns ein Kanzler Steinbrück erspart blieb! – Dieter Klug


Leserbrief zu „Das menschliche Maß“ von Harald Berninghaus

Angesichts zunehmender Korruptionsaffären und Ethikverstöße in der deutschen Wirtschaft ist die Forderung nach Durchsetzung „humanistischer Leitplanken“ durch die Aufsichtsgremien für Manager nur allzu berechtigt. Eine Studie der Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young aus dem Jahr 2017 kommt zu dem Ergebnis, dass sich mehr als 20 Prozent der deutschen Manager unethisch verhalten würden, wenn dies der eigenen Karriere diene. Und eine solche Entwicklung ist trotz Corporate Governance Kodex, strenger unternehmensinterner Compliance-Regeln und Manager- und Mitarbeiter-Schulungen in ethischem Verhalten für das Ansehen der Wirtschaft und das wirtschaftliche Wohlergehen in Deutschland fatal. Aber wie sollen humanistische Leitplanken eingezogen werden, wenn die humanistische Bildung und das Leitbild des „Ehrbaren Kaufmanns“ sich seit Langem auf dem Rückzug befinden, weil der materielle Erfolg alle anderen Unterrnehmensziele überlagert, fast jeder nur noch an das eigene Fortkommen denkt und die Moral infolge falscher Anreize dem geschäftlichen Erfolg geopfert wird?  Und die Aufsichts- und Beiräte sind meist auch nur mit Vorständen aus anderen Unternehmen besetzt, sodass unabhängige und unbelastete Aufseher rar sind und keine Krähe der anderen ein Auge aushackt. Die Kieler Philosophen Ludger Heidbrink und Alexander Lorch haben kürzlich dazu folgendes festgestellt: „Die Verantwortungslosigkeit in Unternehmen beruht weniger auf der angeblichen Bösartigkeit und Verdorbenheit des Managements, als auf der Verfassung der Organisation, die regelkonformes Handeln unterstützt oder verhindert. Die Verantwortungslosigkeit hat strukturelle Ursachen“, weil Menschen ihren moralischen Referenzrahmen schrittweise den Umständen anpassen, unter denen sie agieren (shifting baselines). Es gehe nicht um mehr Ethik in Unternehmen, sondern darum, dass sich Manager und Mitarbeiter aus eigener Einsicht an Verhaltensregeln halten, um weitere Schäden von Unternehmen und der Gesellschaft abzuwenden. – Hans-Henning Koch


Leserbrief zu „Ich bin keine Flüchtlingshilfe“ von Olivia Kortas

Ich kann Herrn Sartor verstehen, denn er muß den Mangel und das Elend vor Ort verwalten. Wahrscheinlich sickert es erst langsam durch, daß sich mit den vielen Flüchtlingen 2015 die Zahl der Hartz-IV Empfänger um fast 1 Million erhöht hat. (nicht die toll ausgebildeten Migranten, von denen die DAX-Vorstände bei „Mutti“ geschwärmt haben und von deren Engagement nichts mehr zu hören ist!) Die Probleme mit der die Essener Tafel zu kämpfen hat, reihen sich ein in die unausgegorenen „Projekte“ von Kanzlerin Merkel, sei es die Energiewende (wo ist der Plan ?) oder der Pflegenotstand oder der Dieselskandal. Überall nur Planlosigkeit und die Betroffenen müssen es ausbaden. Und die Partei der sozialen „Gerechtigkeit“ (SPD heißt die wohl), die den ganzen Agende 2010-Mist verbrochen hat, taucht ab in die Bedeutungslosigkeit. Hier werden Menschen vor Ort im Stich gelassen, weil die Politik sich nicht an klare Pläne und Maßnahmen traut! Ein Skandal! – Wolfgang Michel


Leserbrief zu „Die lautlose Revolution“ von Stefan Willeke

Auch wenn es marketingtechnisch plakativ und innovativ klingt: „…jedes neu eingeführte Modell soll einen Elektromotor haben“, es ist eine Täuschung. Denn mit „Elektromotor“ sind auch sogenannte „Mild-Hybride“ gemeint, also mit 48V Netz oder auch Plug-In-Hybride, die von vielen Herstellern – nicht nur Volvo – bereits angeboten werden. Die neuen Volvos werden also durchaus einen Verbrennungsmotor als zentralen und dominanten Antrieb haben, nur eben ergänzt durch einen elektrische Komponente, die beim Sprit sparen hilft. Sei es durch häufige Motorabschaltung oder durch elektrisch angetriebene Turbolader oder auch durch phasenweise rein elektrischen Betrieb. Leider wird der von Ihnen gemachte Feldversuch mit einem Volvo XC60 T8 dem Auto nicht gerecht. Ein Plug-In-Hybrid, wie eben dieser getestete Volvo, ist mitnichten dafür gebaut worden, um rein elektrisch lange Strecken auf der Autobahn zu fahren. Viel sinnvoller ist es, den Elektromotor in der Stadt zu nutzen (zum Beispiel wegen der Stickoxide und des Feinstaubs) und auf größeren Strecken, mit höherem Tempo dem Verbrenner die Arbeit anzuvertrauen. Das ist nicht nur effizienter, sondern führt auch zuverlässig und zügig ans Ziel. Es mag zur Zeit angesagt sein, der deutschen Autoindustrie Verschlafenheit und Zaudern bei der Elektromobilität vorzuwerfen. Korrekt ist es allerdings nicht. Das Angebot der deutschen Hersteller ist mittlerweile vielfältig und wächst von Quartal zu Quartal. Dabei sind auch vollelektrische Angebote von Mercedes, VW, Smart, BMW, die immer leistungsfähiger werden. Von Volvo gibt es diese Autos noch nicht. Die „Zeit“ sollte bei derartigen Themen, die sie mit der Überschrift „Revolution“ betitelt, genauer hinschauen, und sich nicht von PR-Inszenierungen („jedes Modell mit Elektromotor…“) verführen lassen. Damit erst gar kein falscher Verdacht aufkommt: Ich bin – obwohl in Stuttgart zuhause – nicht mit der Automobilindustrie verbunden und habe mir vor vier Wochen einen Volvo XC60 T8 Plug-In-Hybrid bestellt (leider mit langer Lieferzeit!) – Thomas Meichle


Leserbrief zu „Europas zögerliche Liebhaber“ von Jürgen Habermas

Die Journalisten sind keinen Deut besser als die politische Klasse. Die springen in ihrem Geiste genauso hin und her, wie viele in der Politik. Erst war Gabriel untauglich, jetzt sehnen Sie ihn für größere Aufgaben herbei. Unsere Bundeskanzlerin war die liebste Person, jetzt steht eine Scheidung bevor. Einer ihrer Vielschreiber war unsterblich in sie verliebt – jetzt ist die Liebe erkaltet. Die SPD sieht man als beste Lösung neben der CDU. Vor Wochen waren sie nicht regierungsfähig. Mit Steinbrück war es ähnlich. Nur der war der richtige Mann für den Vorsitz. Dieselbe Person hat ihn später fallen lassen. Steinbrück war und ist ein fähiger Mann, der aber nie richtig zur SPD gepasst hat. Oppermann stand auch bei den Medien ganz oben. Die SPD hält nach wie vor an ihn fest, obwohl er schweren Vertrauensbruch begangen hat. Mann sollte doch keine Partei wählen, an deren Spitze ein Vaterlandsverräter sitzt. Unser Staat ist kaputt. Und die, die das zu verantworten haben sollen nun weitermachen. Das ist nur in einem Land möglich, wo eine Verblödung vorsätzlich gefördert wurde. Das wusste ich schon vor über 30 Jahren. Wer sich so stark mit der Bildung und der Schulkultur in Gänze beschäftigt hat, konnte das Ahnen wohin das alles führt. Eine wirkliche Veränderung wird nicht stattfinden, jedenfalls nicht mit den Personen, die jetzt in Rede stehen. – Gunter Knauer


Leserbrief zu „Arme gegen Arme“ von Caterina Lobenstein

Sie schreiben: „Sartors Entscheidung, nur Deutsche zu versorgen, war falsch, sie verstößt gegen die Satzung der Tafel.“ Der Anteil der Berechtigten bei der Essener Tafel beträgt 75 Prozent. Das war überall zu lesen. Und keiner hat das bestritten. Es ging unstrittig um einen „Aufnahmestop“ für Nicht-Deutsche. Wie erklären Sie auf diesem Hintergrund Ihre Aussage? Fake News? Sie haben das wirklich nicht gewusst? Sie schreiben weiter:“Tatsächlich kommen heute mehr Flüchtlinge als früher. Viel mehr Bedürftige haben aber einen deutschen Pass.“ Bei einer Gleichbehandlung von Deutschen und Nicht-Deutschen müsste demnach der Anteil der Deutschen an den Berechtigten für eine Tafel im Durchschnitt deutlich über über 50 Prozent liegen. Vor vielen Monaten war in der ZEIT eine eigenen Recherche über die durchschnittlichen Kosten pro Flüchtling und Monat veröffentlicht. Die Kosten differierten von Bundesland zu Bundesland und lagen nach meiner Erinnerung zwischen 1200€ und 1600€. Haben Sie sich nicht mal die Frage gestellt, warum solche Menschen dann noch auf kostenlose Lebensmittel angewiesen sein sollen? Und zu guterletzt schreiben Sie noch:“Ist Jörg Sator, der Leiter der Essener Tafel, ein Rassist?“, um die Frage dann nicht zu beantworten, weil es größere Probleme gäbe. Dieses Argumentationsmuster ist mir allerdings neu. Was würden Sie sagen, wenn ich in einem Artikel über Sie die Frage stellen würde, ob Catarina Lobenstein noch als Journalistin zu bezeichnen sei, oder ob man sie eine Propagandistin nennen müsse, um dann die Antwort zu verweigern mit dem Hinweis, es gäbe wirklich wichtigere Fragen. Genauso ist Ihr Argumentationsmuster, zu dem der Volksmund so treffend feststellt, wenn man mit Dreck wirft, bleibt immer was hängen. Sehr geehrte Frau Lobenstein, Ihr Artikel ist gar nicht gut. – Reiner Felkel


Leserbrief zu „Herrlich resistent“ von Bernd Ulrich

Bei der Frage, wer Merkel nachfolgt, zeichnet sich Ihrer Ansicht nach ein Vierkampf ab. Dass Sie ernsthaft eine Ursula von der Leyen und einen Peter Altmaier in Betracht ziehen, diskreditiert Sie in meinen Augen als Analytiker und Kommentator der deutschen Politik. Wenn es einer der beiden würde, käme es einer Selbstaufgabe der CDU gleich. Ich erinnere, die Union hat im September eine heftige Wahlschlappe erlitten, wegen der politischen Inhalte der GroKo. Das ist zumindest aus meiner Sicht der Grund. Außerdem gärt es in der CDU selbst wegen der programmatischen Verschiebung nach links. In dieser Situation sollen Politiker, die über viele Jahre symbiotisch mit Merkel verbunden waren, für eine inhaltliche Neuausrichtung und einen Aufbruch aus der Ära Merkel stehen? Das werden die besten PR-Agenturen dem Wähler nicht vermitteln können. Und der Wähler ist inzwischen viel, viel kritischer als früher. Nun kann es natürlich sein, dass es von Ihnen als Satire gemeint war. Dann hätten Sie mich sauber reingelegt.Reiner Felkel


Leserbrief zu „Arme gegen Arme“ von Caterina Lobenstein

Am Problem vorbei. Nicht nur der Shitstorm stürmt am Thema vorbei, sondern auch die Autorin. Erstens muss in Deutschland niemand Hungern, wie Richard Schröder (SPD) zu Recht feststellt. Schon gar nicht vermeintliche Flüchtlinge, die bestens versorgt werden. Es ist eben nur billiger, sich mit dem neuesten Smartphone in der Hand bei einer Tafel die Taschen zu füllen und andere zu verdrängen. Deshalb haben die Tafel-Probleme sehr wohl mit den offenen Grenzen zu tun. Zweitens schaffen die 900 Tafeln ihre Nachfrage selbst, weil sie ein attraktives Versorgungsangebot schaffen und ständig ausweiten. Mit grassierender Armut hat das wenig zu tun. Vielen Zuwanderern fehlt schlicht die Scham, sich kostenlos zu bedienen, auch wenn man es nicht nötig hat. Die deutsche Rentnerin und Alleinerziehende hat diese Hemmschwelle noch. – Maxim Kellergeist


Leserbrief zu „Was ist eigentlich Freude?“ von Walter Kasper

Der Artikel „Was ist eigentlich Freude?“ lässt keine wirkliche Freude aufkommen, wenn im dazugehörigen Personenkästchen als die „drei berühmtesten Tübinger Theologen der Gegenwart“ genannt werden: Joseph Ratzinger, Hans Küng, Walter Kasper. Den ersten würde man aus der Liste gerne streichen, den zweiten und dritten trifft die Eloge mit Fug und Recht – allein: ob unsere Redakteurin auch weiß, dass Tübingen auch eine evangelisch-theologische Fakultät besitzt und mit den zwei Emeriti Jürgen Moltmann und Eberhard Jüngel zwei Gelehrte von Weltruf? – Albrecht Lass-Adelmann


Leserbrief zu „Die lautlose Revolution“ von Stefan Willeke

Hoffentlich führt Li Shufus Einstieg bei Daimler dazu, dass die deutschen Autokonzerne sich ein Beispiel an Volvo nehmen und endlich die Entwicklung des Elektroautos vorantreiben. Die Reduzierung der Diskussion um Fahrverbote auf Dieselfahrzeuge erweckt den Eindruck, als wären Benziner eine saubere Alternative. Aber ist dem wirklich so? Moderne Dieselfahrzeuge wurden in Europa und den USA mit Rußpartikelfiltern ausgestattet, was die Emissionen reduziert hat. Nach Messungen des Schweizer „Paul Scherrer Instituts“, geben Benziner bei 22 Grad Celsius 10 Mal mehr und bei 7 Grad Celsius sogar 62 Mal mehr Feinstaub ab als Dieselfahrzeuge.  Jedoch ist dies keine Heiligsprechung neuer Dieselfahrzeuge. Denn es kommt darauf an, welche Emissionen berücksichtigt werden. So emittieren neuere Dieselfahrzeuge zwar weniger Feinstaub, dafür aber immer noch deutlich mehr Stickoxide als Benziner. Man kann also wählen zwischen Motoren, die weniger Feinstaub abgeben (Diesel), oder solchen, die weniger Stickoxide abgeben (Benzin). Beides ist gesundheitsgefährlich. Als Verbraucher hat man somit nur die Wahl zwischen Skylla und Charybdis. Um die Luftbelastung in unseren Städten zu reduzieren, muss die Zahl der Autos mit Verbrennungsmotor daher massiv reduziert werden. Es wird Zeit, dass Politik und Wirtschaft die Weichen in Richtung Elektroauto stellen. – Michael Pfeiffer


Leserbrief zu „Arme gegen Arme“ von Caterina Lobenstein

Da werden Menschen wegen grottenschlechten Benehmens von Herrn Sartor, Leiter der Essener Tafel von der Nahrungsmittelausgabe ausgeschlossen. Nun wird der arme Mann von interessierter Seite als Rassist angegriffen, von anderer Seite bejubelt. Kann es sein, daß es sich bei Herrn Sator lediglich um den verzweifelten Versuch handelt, Kulturtechniken wie zum Beispiel „gegenseitige Rücksichtnahme“, das „Warten in der Schlange bis man dran ist“ , „Höflichkeit“ „Mitmenschlichkeit“, „Bescheidenheit“usw. mehr Geltung zu verschaffen? Was ist daran so schrecklich falsch? Das mit einer ideologisch gefärbten Brille über unseren Sozialstaat zu betrachten, ist der eigentliche „Skandal“ bei schon inflationärer Benutzung dieses Wortes, sehr geehrte Frau Lobenstein. Eine grundsätzliche Diskussion über zu beherrschende Kulturtechniken im zwischenmenschlichen Miteinander wäre da sicher angemessener und hilfreicher oder ganz einfach mal „Knigge“ zu Rate ziehen und sinngemäß fortschreiben. – Axel Jeske


Leserbrief zu „Was ist eigentlich Freude?“ von Walter Kasper

In seinem Beitrag umschreibt Walter Kasper die „Versuchung“ und „Grundsünde“ der acedia mit Begriffen wie Traurigkeit, Antriebslosigkeit und „Verlust der Freude am Leben“. Wichtig erscheint mir, neben die theologische auch die psychiatrische Sichtweise zu stellen. Aus dieser können die vorgenannten Begrifflichkeiten nicht mehr als moralische Verfehlung bewertet werden. Vielmehr sind Trauer, Antriebsmangel und Freudverlust Kernmerkmale einer depressiven Symptomatik, deren Träger nicht selten den „Überdruss“ auch ganz konkret als Lebensüberdruss mit Suizidgedanken empfindet. Patienten mit Depression können häufig von quälenden Schuldgefühlen entlastet werden, indem sie erfahren, dass eben nicht die eigene Verfehlung, sondern die Erkrankung ‚Depression‘ hinter diesen Symptomen steckt. Die rasche und konsequente Einleitung einer Therapie, etwa in Form der Psychotherapie, Medikation oder auch Elektrokonvulsionstherapie, kann die Betroffenen häufig dazu befähigen, wieder (Lebens-)Freude zu empfinden und ihr Leben aktiv zu gestalten. – Dr. med. David Zilles


Leserbrief zu „Arme gegen Arme“ von Caterina Lobenstein

Ich bin fassungslos. Nach beinahe 30jährigem wöchentlichem ZEITstudium (bereits vor dem Ende der DDR dort als Schmuggelware gelesen!) muß ich nun feststellen, daß sich mein ehemals geliebtes, diskussionsfreudiges Medium nach immer weiter schleichender Ideologisierung (Klimaforschung (ich weiß, wovon ich rede), Energiepolitik, Grenzwertdiskussionen (Abgase und weitere Schadstoffe), Gentechnik, Individualmobilität, Zuwanderungsdebatte einschließlich der pauschalen Verortung auch von konstruktiver Kritik in der „rechten Ecke“) nun auch noch der sog. „Fake News“ bedient, um Meinung zu transportieren. Bereits in der Überschrift Ihres Artikels auf der Titelseite der aktuellen Ausgabe und auch wiederholt im Text implizieren Sie wahrheitswidrig, daß die Essener Tafel nun nur noch ausschließlich deutsche Staatsbürger unterstützt („Essen nur an Deutsche auszugeben…“, „…nur Deutsche zu versorgen,…“). Daß Sie die tatsächliche Situation (Registrierung von nur deutschen Neukunden zusätzlich zu allen weiterhin bereits Berechtigten unabhängig von deren Staatsangehörigkeit) kennen und auch verstanden haben sollten, ist an der zitierten Äußerung Herrn Sartors, „er wolle vorerst nur noch Bedürftige mit deutschem Pass neu aufnehmen“, klar erkennbar. Dennoch gehen Sie in Ihrer Argumentation dann von Ihrer Falschdarstellung aus, um zur Schlußfolgerung „Das hat alles wenig zu tun mit den offenen Grenzen…“ zu kommen. Um die daraus folgende Behauptung von den ursächlichen „Privatisierungs- und Deregulierungswellen“ zu untermauern, schrecken Sie nicht einmal vor einer weiteren Verdrehung zurück: „Viel mehr Bedürftige aber haben einen deutschen Pass.“ Natürlich haben auch Sie erfahren, das z.B. in Essen 75% der Berechtigten auch jetzt noch gerade nicht Deutsche sind. Und Sie wissen natürlich auch, daß Flüchtlinge (gleich, warum und woher sie kamen) aus den nicht von Politikern erarbeiteten Steuermitteln ausreichend (in deren eigener Perspektive so großzügig, daß sie ausgerechnet nach Deutschland kommen mußten) versorgt werden, um gerade nicht auf die Tafeln angewiesen zu sein. Menschen in den Kommunen wie die Ehrenamtlichen der Tafeln sind es, die oft ohne staatliche Unterstützung die Folgen der Zuwanderung auffangen müssen, nicht die für diese mit verantwortlichen Politiker und auch nicht die Journalisten der Qualitätsmedien. Sie qualifizieren Herrn Sartor ab mit der rhetorischen Frage, ob er „ein Rassist“ sei, obwohl er in der Vergangenheit bis an die Grenzen seiner und seiner Helfer Möglichkeiten ging, um auch Flüchtlinge zu unterstützen. Sie müssen ihm schon überlassen, wie Helfer, Hilfe und Bedürftige vor Ort geschützt werden. Fahren Sie nach Essen und helfen sie eine Woche mit! Ihre Redaktion wird genug Spesen zahlen, um nicht selbst auf die Tafel dort angewiesen zu sein. So diffamieren Sie echtes Engegement, das sich unverschuldet und doch mutwillig in ausweglose Situation gebracht sieht – aber gezwungen ist, eine Lösung für tatsächliche Probleme eigenständig zu schaffen. Das ist genau das, was konzeptlose Populisten anprangern. So gibt man Wasser auf deren Mühlen und tut doch so, als wären Menschen wie Herr Sartor das Übel. Wenn jetzt bereits auf der Titelseite der ZEIT in dieser Weise die Spaltung der Gesellschaft – die ja angeblich die Folge (und nicht etwa die Ursache!) des Erfolges der AfD ist – gefördert wird, kann ich dieses nicht weiter als Abonnent unterstützen. – Michael Pfannschmidt


Leserbrief zu „Der Nächste, bitte – noch nicht“ von Christian Heinrich

Der von mir angeführte Aufsatz entbehrt in einem Punkte der Logig,  die man erwarten darf. – Über das Zahlenverhältnis der sozialversicherten zu den privatversicherten Patienten konnte man in der letzten Zeit recht unterschiedliche Angaben erfahren. Die Mitteilungen über den prozentualen Anteil der Privatversicherten (an derGesamtzahl der Versicherten) schwankten zwischen 10% und 30%. Die tatsächliche Zahl müsste erst noch ermittelt werden, um sachlich über das Problem reden zu können. Legt man einen hypothetischen Mittelwert in Höhe von 20% zugrunde, so frage ich mich: Wenn 10 Patienten bei einem Facharzt um einen Termin bitten, und sich darunter zwei Privatpatienten befinden (die angeblich vorgezogen werden), wie groß ist dann der in dem Aufsatz erwähnte Verdrängungseffekt?  Wenn es sich jedoch um einen Anteil der Privaten in Höhe von nur 10% handeln sollte (wie man bereits lesen konnte), würde sich dann überhaupt eine Fragestellung lohnen?  – Ich kann über diese ganze nutzlose Diskussion nur den Kopf schütteln. Mit Ideologie sollte man das Thema nicht behandeln. – Ulrich Bratfisch


Leserbrief zu „Herrlich resistent“ von Bernd Ulrich

Dem ZEIT-Redakteur Bernd Ulrich ist mit seinem knappen Leitartikel ein sehr gutes Porträt der CDU gelungen. Diese Partei ist nicht wirklich konservativ, aber im Selbstverständnis – ohne jegliche ausgefeilte Programmatik – eben doch eine echt bürgerliche Partei. Auch die Charakterisierung als Partei der Verlangsamung und des Graduellen scheint wirklich gelungen. Bernd Ulrich wörtlich: Wer sich nicht viel vornimmt, kann auch nicht so leicht scheitern.  Aber stimmt es wirklich zu sagen, wer keine Risiken eingeht, kann auch nichts falsch machen?  Nicht angemessen zu handeln, kann doch sehr wohl zu schweren Konsequenzen führen. Zu sagen, wie es die Kanzlerin getan hat: man könne heute keine Grenzen mehr schützen, bedeutet doch den Kanzleramts-Eid zu brechen.  Dennoch wird die Partei mit dem Merkel“schen Politstil des Aussitzens oder auch der ständigen Deklamation von Alternativlosigkeit mit dem sich rasend verändernden Weltgeschehen irgendwann in Konflikt kommen. Das Defizit an Programmatik versucht die CDU durch die Berufung auf christliche Werte zu übertünchen. Dabei wird sie weder von der katholischen noch von der evangelischen Kirche wegen ihres Ansatzes des „nur ungefähr Christlichen“ gerügt. Ob nun Annegret Kramp-Karrenbauer, Ursula von der Leyen, Peter Altmaier oder gar Jens Spahn Angela Merkel einmal beerben wird , wird am Charakter der CDU als Kanzlerwahlverein kaum  etwas ändern. Allerdings kann sich die CDU nicht zu häufig grandiose Fehleinschätzungen leisten. Eine solche Fehleinschätzung der Interessenlage der deutschen Bevölkerung war sowohl die Ausrufung der Immigranten-Willkommenskultur wie auch das positive Votum der CDU für die „Ehe für Alle“. – Sigurd Schmidt


Leserbrief zu „Nachhilfe in Skepsis“ von Martin Spiewak

Martin Spiewak schreibt über die bedenklichen Erkenntnisse zu Informationsgewohnheiten von Lehramtsstudenten: „… und das ist der Clou der Studie – die befragten Pädagogen studieren nicht Sport, Physik oder Kunst, sondern Deutsch, Ethik, Geschichte und Politik. Zugespitzt formuliert heißt dies: Diejenigen, die zukünftigen Generationen die Welt erklären sollen, beziehen ihre Informationen über diese Welt in großen Teilen aus dem, was Freunde und Bekannte ihnen über Facebook und Co….“ Vermutlich kann man dieses Zitat lesen oder schreiben, ganz ohne zu bemerken, wie verletzend es auf mich und etliche andere gebildete Menschen wirkt. Ähnliches habe ich in vielen Berufsjahren leider auch von einer Minderheit von Kolleginnen und Kollegen an meinem Gymnasium wiederholt gehört. Diese Pädagogen gehören nämlich stolz den Fachgruppen Deutsch, Ethik, Religion, Geschichte und Politik an, und wie der Redakteur waren und sind sie fest der Ansicht, dass nur sie selbst „zukünftigen Generationen die Welt erklären sollen“ und können. Das brauchen sie vermutlich als Ausgleich für das von der selben Gruppe fast ebenso stolz bekannte Defizit: „Mathe habe ich nie gekonnt“. Und weil sie mit ähnlicher Arroganz die Relevanz von Quantenphysik, Algorithmen, Stochastik, Berechenbarkeit, Urheberrecht, Datenschutz, Kryptographie oder KI zumindest für sich selbst leugnen, tut es ihnen einfach gut, den Personen, die damit erstaunlicherweise keine Schwierigkeiten haben, zu unterstellen, sie würden dafür nichts von Pädagogik, Philosophie, Psychologie, Ethik, Religion, Politik oder überhaupt (geistes-)wissenschaftlichem Arbeiten verstehen. Wie gesagt, es ist eine Minderheit im Kollegium, aber hier in der ZEIT treffen mich die Vorurteile hart. Wir ZEIT-Leser schätzen einen weiten Horizont, ich wünsche mir Journalisten, die auch Sport-, Physik und Kunstlehrern sowie allen anderen Leserinnen und Lesern Allgemeinbildung, politisches Interesse und Verantwortung für die Gesellschaft zutrauen. An anderer Stelle schreibt Herr Spiewak, dass „jede Schule ein wenig zur Journalistenschule“ werden müsse. Das wirkt auf mich ebenfalls berufsbedingt arrogant, und es ist nicht das erste Mal, dass ich den Eindruck habe, einige Journalisten könnten in unseren Physik- und Informatikkursen Nützliches lernen – nicht zuletzt Skepsis, Selbstkritik, Weltoffenheit und gegenseitige Achtung. Als Nachhilfewürde ich diese Horizonterweiterung aber nicht bezeichnen wollen. – Wolfgang Reinfeldt


Leserbrief zu „Wattiertes Denken“ von Wolfram Eilenberger

Wenn sich die Philosophie – wie geschehen – zur Magd der Naturwissenschaften macht, muss man sich über deren gegenwärtige Trostlosigkeit nicht beklagen. Wer nur gebannt darauf wartet, was die Naturwissenschaften Neues entdecken, erstickt jede schöpferische Kraft, die für das Philosophieren unentbehrlich ist. Dabei könnte heute die Philosophie zu neuen Höhenflügen starten, da prinzipiell die materialistische Weltsicht als überwunden gelten kann. Mit dem postulierten Beginn von Raum und Zeit kann man sich vom Primat der materiellen Gesetzmässigkeiten verabschieden. Schon die Betrachtung lebendiger Organismen zeigt, dass diese materielle Substanzen und Gesetze in ihren Dienst stellen, sie verzwecken und funktionalisieren. Das tun sie solange, wie sie lebendig sind. Das zeigt: Leben ist der Materie übergeordnet und kann niemals aus ihr entstanden sein. Leben ist also im wahrsten Sinne umfassend, bergend, kurz ewig. Was vergänglich ist, sind lediglich die Lebens – FORMEN. Das Leben selbst kennt keinen Tod. Was wir „Tod“ nennen, ist die Änderung des Lebensstromes, -zieles hin auf „Entkörperung“. Damit ist der Rahmen umrissen, in dem auch die Erkenntnisse der Parapsychologie Platz finden, die längst Indizien für die Allmacht des Lebens hat. Trotzdem gehört zu solchem Philosophieren in einer vom materialistischen Denken dominierten akademischen Welt noch Mut. – Manfred Reichelt


Leserbrief zu „Was ist eigentlich Freude?“ von Walter Kasper

Mit größter Freude habe ich den Text „Was ist eigentlich Freude?“ von Kardinal Kasper gelesen. Die Frohbotschaft Jesu statt der Drohbotschaft der Kirchen ist selten so prägnant, überzeugend und zugleich frohsinnig herausgearbeitet worden. Dank an die Redaktion für diese Text-Auswahl und die grafische Ergänzung. Kaum ein anderes Bild als „Die drei Grazien“ von Lucas Granach kann das, was Jesus, aber auch Kardinal Kasper unter Freude und Frohsinn verstehen, so eindrücklich darstellen. Dass der Kardinal einer der engsten Vertrauten und Berater von Papst Franziskus ist, lässt hoffen wider alle Hoffnung. – Franz Alt


Leserbrief zu „Arme gegen Arme“ von Caterina Lobenstein

Wie können Sie schreiben: – Sartors Entscheidung, nur Deutsche zu versorgen, war falsch -, wenn doch 75% der Versorgten Ausländer sind, und es „nur“ darum geht, keine neuen „Flüchtlinge“ vorerst mehr aufzunehmen. Ist das mangelnde Sorgfalt, können Sie wirklich so schlecht unterrichtet sein? Das ist Wasser auf die Mühlen der Verschwörungsanhänger. – Bernhard Schwarz


Leserbrief zu „Europas zögerliche Liebhaber“ von Jürgen Habermas

Der Philosoph tänzelt am Problem vorbei; zu wenig wird gesehen, dass sich eine gesamteuropäische Abwendung vom europäischen Projekt entfaltet hat. Der Brexit ist dafür die Spitze, das Verhalten der Vy?ehrad-Gruppe in der Flüchtlingspolitik gehört hierher. So geht?s: die Bürger sehen, dass Europa viel Geld kostet [evtl. Vorteile werden ausgeblendet], dass Brüssel bürokratische Vorschriften macht und gängelt, die nationale Identität verletzt. Das will eine große Zahl von Bürgern nicht; wer heute auf Europa macht? wie weiland etwa #Helmut Kohl ? wird kaum Wählerstimmen gewinnen. Der überzeugte Europäer ist ein veraltetes Modell, ein nichtmodernisierter Diesel Typ 4. Genauso wie mit Europa ist es in der Flüchtlingspolitik: hier haben die Parteien schon erkannt, dass der Hahn zugedreht werden muss. Was jetzt an Kosten für Brüssel? mehr nach dem Brexit – und Flüchtlinge anfällt, geht an die Substanz trotz der sprudelnden Steuereinnahmen. Jedenfalls ist das auch dem Volk zu viel. Das Volk will für Griechenland und die anderen Mediterranen nichts, für die Flüchtlinge wenig(er) zahlen. Es sieht, dass Millionen in Afrika auf den Koffern sitzen [soweit sie welche haben], im Vorderen Orient, ja in Südamerika? auf Malle gibt es immer wieder südamerikanische Kriminalität -: das macht ihm Angst, Sorge. Deshalb ist die europäische Rechte so stark. – Prof. Dr. Erwin Leibfried


Leserbrief zu „Europas zögerliche Liebhaber“ von Jürgen Habermas

Dem im Prinzip, eigentlich für ein geeintes Europa sich glühend einsetzendem Weltphilosophen und Soziologen Jürgen Habermas, geht inzwischen angesichts des Zustands der EU auch ziemlich die „Puste aus“.  Natürlich hat er Recht, daß rein ° post-nationale Reparaturarbeiten in einer in Großblöcke des Machtbesitzes aufgeteilten Welt nicht mehr ausreichen.  Nun ist aber die Bundesrepublik mit ihrer früheren EU- Euphorie als Ersatz für eine untergegangene, eigene, nationale Staatsidee auch nicht gerade sehr erfolgreich gewesen und wird heute als Octroi  gegenüber anderen EU-Volkswirtschaften ausübender Akteur  von angeblicher  Haushalts-Austerität von nicht wenigen EU-Mitgliedern sehr  hart abgemahnt … oder sogar beschimpft. Die wirtschaftliche Effizienz des heutigen Deutschland führt dazu, daß die BRD II (nach 1990) gar als (krypto-)  neo-hegemonial denunziert wird.  ^Daß die neue Bundesregierung das europäische Projekt vorantreiben muß, darf ja bei einem als , einsichtig zu verstehenden , Bundes- (Welt)bürger kein echter  Zweifel bestehen ^ Ein von seiner eigenen Geschichte zwischen 1933 und 1945 gebeuteltem Volk hat aber auch nicht unbedingt Vertrauen in irgendwelche politische Lichtgestalten à la  Emmanuel Macron, obgleich dieser Mann schon die richtige Saite des Tonfalls in Sachen Europa  zu bedienen weiß .   ^ Jürgen Habermas, von Haus aus Neo-Neo-Kantianer und nicht unbedingt Hegelianer, hat einmal in einem Büchlein , erschienen   bei  der Edition Suhrkamp : „Ach, Europa“ , die Zwiespältigkeit oder besser Ambivalenz europäischer Finalität  überzeugend dargestellt. Habermas weiß aber natürlich, daß nationale EU-Regierungen nicht über den Kopf der eigenen EU-Teilbevölkerungen hinweg einen europäischen Bundesstaat qua ordre de Mufti ins Leben rufen können. Das legitimiert schon das Prinzip der Subsidiarität nicht. Daß der nachempfundene „kategorische Imperativ“   von John Rawls, wonach das °Sehr Reich Werden der eh  schon sehr  Reichen° , automatisch den ganz Armen überaus helfe, in dieser Form, nicht durch  die Wirklichkeit belegt wird, weiß doch aber auch  Jürgen Habermas. ^Für einen höchst selbst reflexiven Philosophen wie Habermas ist es bemerkenswert, wie er sich persönlich sehr für Sigmar Gabriel in Sachen Europa ins Zeug legt. Überaus couragiert ! – Die Europa-Euphorie wird leider auch ausgebremst durch populistische Entwicklungen, wie sie nicht nur in Frankreich, Polen oder Ungarn, sondern jetzt auch in Italien in unangenehmer Weise zu beobachten sind. – Sigurd Schmidt


Leserbrief zu „Der Nächste, bitte – noch nicht“ von Christian Heinrich

Als privat Versicherter weiß ich die gegenwärtigen Privilegien meiner Gruppe zu schätzen. Zwar hat sich das Leistungsspektrum der privaten und der gesetzlichen Krankenversicherung in den vergangenen Jahren stark angenähert, aber ich profitire zweifellos davon, dass ich bei der Vergabe von Termin brutal bevorzugt werde. Ich profitiere von einem unsolidarischen System. Auch Ihr Beitrag kratzt – wie leider die ganze Diskussion der letzten Wochen über GroKo und Bürgerversicherung – nur ein bisschen an der Oberfläche herum und kommt nicht zum Kern. Das Grundproblem liegt darin, dass wir uns ein Zwei-Klassen-Beitragssystem leisten, in dem die „normalen“ Arbeitnehmer/innen, die in der Regel außer ihrem Arbeitseinkommen kein besonderes Vermögen besitzen, von diesen Einkünften einen bestimmten Prozentsatz an die gesetzliche Kranken-, Pflege- oder Rentenkasse abführen müssen. Wer viel verdient, zahlt viel, wer wenig verdient, zahlt wenig. Die Starken tragen die Schwachen mit. Das nennt man Solidarität. Die privilegierte Kaste der privat Versicherten hingegen ist von diesem Prinzip der Solidarität befreit. Das sind die Menschen mit Einkünften oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze, die „Selbständigen“, die Vermögenden, die nicht selber arbeiten müssen, sondern andere arbeiten lassen, die Abgeordneten sowie alle Personen im Beamten-, Soldaten- oder Richterstatus. Sie alle tragen heute nicht solidarisch zur Finanzierung des Gesundheitswesens bei, sondern bilden einen elitären Klub. Bei Einführung einer solidarischen Bürgerversicherung würden sie in die gesetzliche Krankenversicherung einbezogen werden. Durch eine Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze sowie der Versicherungspflichtgrenze und durch die Einbeziehung weiterer Einkunftsarten (beispielsweise der Kapitaleinkünfte) in die Beitragsbemessung wäre genügend Geld da, um viele Missstände und Defizite im gegenwärtigen System der Gesundheitsversorgung zu beheben. Dann kann endlich auch die blödsinnige Propagandabehauptung entfallen, die armen Ärzte bräuchten die privat Versicherten, um ihren Lebensstandard zu sichern (und dann müssten sie dieser Gruppe auch nicht mehr zum Dank bessere Termine anbieten). – Michael Rux


Leserbrief zu „Wir müssen draußen bleiben“ von Claas Tatje

Wenn man die Empörung und die Wut über die NRA und deren kaltblütige Lobbyarbeit auf deutsche Verhältnisse übertragen wollte, kommt man dem Dieselskandal und seinen Hintergründen schon sehr nahe. Dort pochen sie auf das unumstößliche „Recht“ Waffen zu tragen, hier ist die „Freie Fahrt für freie Bürger“ sakrosankt (mit all ihren Folgen von überzüchteten Motoren, die soviel Schafstoffe ausstoßen, weil man ja mit dem PS-Boliden international konkurrenzfähig bleiben müsse). Wer das Argument der NRA kennt, daß nicht die Waffen töten, sondern die unverantwortlichen Nutzer, kann sich den Satz des VDA schon vorstellen:“ Nicht die Autos sind schadhaft, sondern die Fahrweise der Nutzer ist schuld!“ Es ist dieser Irrsinn der Autoindustrie, daß sie den Hybrid und das Elektroauto verschlafen hat, weil nur galt: größer, stärker, schneller = SUV! Und es ist der Irrsinn der Politik (Exekutive und Legislative), daß Deutschland das letzte entwickelte Land ohne Tempolimit ist; daß die Politik in Brüssel durchgesetzt hat, die Grenzwerte sollen nur für die Flotte gelten, nicht für einzelne Modelle und somit dem Betrug letztlich Vorschub geleistet wurde und daß die Politik wissentlich die Kommunen allein gelassen hat mit dem Problem der Schadstoffbelastung! Es ist beruhigend, daß zumindest noch die Judikative in diesem Land funktioniert und diesem Irrsinn einen Riegel vorschieben MUßTE. (da die anderen zwei Säulen der Demokratie hier nicht mehr funktionieren!). Es ist bedauerlich, ärgerlich und ein Schlag in gutgläubige Euro5-Dieselkäufer (auch mich), aber wenn in diesem Land eine Energiewende geschehen soll und die Politik keinen Plan hat, fällt es auf die Gerichte zurück. Wie armselig! – Wolfgang Michel


Leserbrief zu „Die lautlose Revolution“ von Stefan Willeke

Abgesehen von der interessanten Konstellation zwischen dem chinesischen Milliardär und dem schwedischen Chef einer Auto- Traditionsmarke: Nichts ist revolutionär daran, einem Automobil einen Elektroantrieb zu verpassen. Das können mittlerweile alle großen und kleinen Automobilhersteller (sogar die Amerikaner!). Leider suggeriert auch dieser Beitrag, dass das Elektroauto ungeachtet aller technischen, praktischen und ökologischen Nachteile quasi die Wunderwaffe zum Schutz des Weltklimas sei, was definitiv nicht der Fall ist! China erzeugt seinen elektrischen Strom, u.a. erforderlich zum Aufladen der E- Mobil- Akkus, in Kohlekraftwerken, die in Europa nicht einen einzigen Tag betrieben werden dürften: Der Auswurf aus den chinesischen Kraftwerksschloten ist derart heftig, dass man ihn 2.000km weiter östlich von den Dächern japanischer Häuser kratzen kann. Zwar erreicht man so regional eine relative Verbesserung der Atemluft in den chinesischen Megacities, dem Weltklima wird jedoch weiterhin schwerster Schaden zugefügt (mit steigender Tendenz bei den ambitionierten E- Mobilitätszielen der chinesischen Kommandopolitiker). Da in Deutschland immer noch knapp 2/3 des Stroms durch Verbrennung fossiler Energieträger, insbesondere Braunkohle, erzeugt wird, ist es dringend erforderlich, den Betrieb der E- Autos unter dem Aspekt der Ladestrom- Erzeugung zu beurteilen. Erst wenn die Brennstoffzelle reif für die Großserie ist und damit bezahlbar wird kann von einer technischen Revolution gesprochen werden. – Michael Deil


Leserbrief zu „Bodenlos erneuert“ von Nikolaus Bernau in der ZEIT im Osten

Ein eitler Umbauplan – geschichtsvergessen, kenntnis- und bekenntnisarm: eine unmotivierte Sterilisierung, bezeichnend das Verstecken der Krypta und die Abnahme des Kreuzes auf der Kuppel, das an dieser exponierten Stelle 1963 so selbstver­ständlich nicht war. Unverständlich die Entscheidung des zuständigen Berliner Senators, der – selbst in der Angelegenheit fachlich inkompetent – sich über das Votum der Denkmalpfleger in dem ihm disziplinarisch unterstellten Landesdenk­malamt und der Denkmalschutzbehörde hinwegsetzt. Dafür öffentliche Mittel? Und woher kommen die kirchlichen Mittel für ein so überflüssiges Projekt? Wie groß war doch die Empörung über die Geldver­schwen­dung in Limburg – schon vergessen vom erzbischöflichen Klerus? – Dr. Peter Ramm


Leserbrief zu „Arme gegen Arme“ von Caterina Lobenstein

Dass es in Deutschland die Notwendigkeit von Tafeln gibt, ist in der Tat ein Skandal. Das ist aber nicht der einzige. Dass einer wie Herr Sartor, der ohne es zu müssen eine Tafel ins Leben ruft und betreibt,dabei keinerlei Unterschied macht zwischen Deutschen und Nichtdeutschen und erst als die Deutschen offenbar bis zu einem Verhältnis ¼ zu ¾ verdrängt wurden Maßnahmen zur Korrektur ergreift, von allen Seiten in die rechte Ecke gebissen wird, ist auch ein Skandal. Es ist ja legitim sich Tafeln zu wünschen, an denen Nichtdeutsche vor Deutschen unbedingten Vorrang genießen. Aber wer die will, soll nicht gegen Herrn Sartor pöbeln, sondern sie selber ins Leben rufen und betreiben. Dann kann er an seiner Tafel die Regeln setzen. Selber nichts zu tun, aber denen, die was tun, die Bedingungen vorschreiben zu wollen, ist unanständig. Sie fragen: „Ist Jörg Sartor ein Rassist?“ und lassen die Frage einfach im Raum stehen. Dabei ist doch offensichtlich, dass er keiner ist. Sonst hätte er ja nicht bis zum Missverhältnis von 25% zu 75% jeden zu seiner Einrichtung zugelassen. – Hans List


Leserbrief zu „Ich bin keine Flüchtlingshilfe“ von Olivia Kortas

Die Entscheidung der Essener Tafel keine ausländischen Neumitglieder zuzulassen ist symptomatisch für unsere Zeit, die es einzelnen Menschen experimentell die undankbare Aufgabe überlässt Lösungen, die dem Staat obliegen sollte, zu treffen. Aus einer Überforderung heraus ist eine politische nicht akzeptable Lösung entstanden. Ob Sie, wie es hier der Fall ist, lange diskutiert wurde, interessiert am Ende niemanden. Öffentlich bleibt die Entscheidung und nicht die interne Diskussion, egal wie subtil oder nicht sie gewesen sein mag. Frau Merkel antwortet in dieser Debatte mit einem lapidaren Gedanken, solche Kategorisierungen dürften nicht vorgenommen werden. Sie hat zwar recht. Es hätten andere Maßnahmen ergriffen werden können: ein Tag für Rentnerinnen. Mit der Mitgliedskarte könnte jeder in Deutsch und arabisch den Hinweis erhalten, es sei Pflicht sich anzustellen. Wer das nicht täte, würde zunächst nicht bedient etc. Es könnte auch ein arabisch sprechendes Mitglied in den Vorstand mitentscheiden… Das nach Staatsangehörigkeit entschieden wird ist eine verwerfliche Lösung, die die schon vorhandenen sozialen Lager noch tiefer gräbt. Sie ist dennoch symptomatisch für unsere Zeit, die nicht mehr das System hinter den Fakten erkennt, sondern Bauernopfer benennt, und einzelne Entscheidungen für gut oder für schlecht erklärt, ohne dass eine breite ethische Debatte über die Gesellschaft in der wir alle solidarisch leben wollen stattfindet. In dieser schwarz-weißen Breche wird die AfD bestimmt weitere Mitglieder finden. – Christine Blava


Leserbrief zu „Europas zögerliche Liebhaber“ von Jürgen Habermas

Herr Habermas glaubt entdeckt zu haben, dass es in der Bundesrepublik und-politik die Bereitschaft gibt, Europa neu zu gestalten. Leider bleibt er in seinen diesbezüglichen Ausführungen genauso vage wie Schulz oder der letzte Koalitionsvertrag. Dass er aus einer solch unbestimmten Verheißung ableitet, Sigmar Gabriel sei der einzige Sozialdemokrat, der diese notwendige Weiterentwicklung der EU befördern könne, verwundert. Habermas‘ Hinweis, Gabriel habe seine EUphorische Europapolitik bereits unter Beweis gestellt, weil er als Wirtschaftsminister mit Macron zusammenarbeitete, zieht nicht: Es ging 2017 im französischen Wahlkampf darum, den ärmeren  EU-Staaten ihren Wettbewerbsvorteil zu nehmen, der auf die  niedrigeren Löhne zurückzuführen ist. Um diesem Umstand auch den richtigen spin zu verleihen, wird er mit dem Pejorativ „Lohndumping“ belegt. Der Kampf dagegen hört sich nach guter Wirtschaftspolitik an, ist aber nicht gemeinschaftsförderlich. Herr Habermas, Jahrgang 1929, wird sich erinnern, dass die junge Bundesrepublik nur dadurch auf die Beine kam, dass die Lohnkosten niedrig und der Dollar viermal so stark waren wie die D-Mark. Warum nennt der Philosoph nicht Ross und Reiter? Es geht Herrn Macron und anderen darum, Solidarität zu leben, d.h. einen finanziellen Ausgleich zwischen reichen und armen EU-Ländern zu beschließen. Im Übrigen hat unser Land Anspruch auf einen untadeligen Chefdiplomaten mit der Befähigung zur Selbstbeherrschung. – Johannes Kettlack


Leserbrief zu „Der Nächste, bitte – noch nicht“ von Christian Heinrich

Kein Land der Welt hat ein solches System niedergelassener Fachärzte. In allen anderen Länder der Welt arbeiten Fachärzte im Krankenhaus, teilweise in angegliederten ambulatorien. Dies verbessert die dringend notwendige interdisziplinäre Zusammenarbeit. Ein System mit gut ausgebildeten Hausärzten, die auch wieder diagnostische Leistungen wie z.B. Ultraschall und Labor wieder abrechnen dürfen ist wesentlich effektiver, da in unseren Hausarzt Praxen etliche Patienten tagesgleich(!) Termine bekommen auch z.B zum Herzultraschall, anstatt beim Kardiologen 6 Monate zu warten. Die sogenannten Fachärzte haben sich daran gewöhnt nicht an der Akutversorgung teilzunehmen und bequeme Kontrolldiagnostik durchzuführen. Auch brauchen wir mehr Ärzte, da weltweit Deutschland nur auf Platz 25 hinter Uruguay und der Ukraine steht. Italien und Kuba sind mit über 6 Ärzten pro 1000 Einwohner die Spitzenreiter. Deutschland hat 3,7 Ärzte pro 1000 Einwohner. Wir brauchen wieder mehr diagnostische und therapeutische Freiheit in hausärztlichen Praxen, dann können wir zu einem Großteil auf niedergelassene Fachärzte verzichten. Diese sollten dann vorzugsweise gemeinsam in Krankenhäusern arbeiten. – Dr.med. Andreas Pauw


Leserbrief zu „Eine Woche im Lehrerzimmer einer Brennpunktschule“ von Björn Stephan

Sicher sind Lehrer keine Therapeuten, sollten aber aus ihrer Opferrolle heraus und es vielleicht selbst mit einer Therapie versuchen, um etwas reflektierter an das Feindbild „Schüler“ heranzugehen. Deutschlands Schulsystem hat Entwicklungslandcharakter, angefangen bei der Lehrer_innenausbildung, die nicht viel mit der Schulrealität zu tun hat. Ganz zu schweigen von Qualifizierungen für Schulleiter als professionelles Führungspersonal. – Michaela Parosanu


Leserbrief zu „Arme gegen Arme“ von Caterina Lobenstein

Sehr geehrte Damen und Herren, weder hat Herr Sartor entschieden, in Zukunft nur Ware an Deutsche auszugeben, wie der Untertitel behauptet, (dass anschließend korrekt berichtet wird, ändert nichts an der ursprünglichen Fehlleitung), noch handelt es sich dabei um „ein paar Scheiben abgelaufenen Käse“. Wer so die Arbeit vieler hundert Ehrenamtlicher qualifiziert, disqualifiziert sich selber. „Hauptsache es knallt“ hat wohl abgefärbt. – Heinz-Dieter Busch


Leserbrief zu „Ich bin keine Flüchtlingshilfe“ von Olivia Kortas

Man muss der ZEIT dankbar sein, dass Sie der Essener Tafel Gelegenheit bot, sich darzustellen. Es zeigt sich, dass die Essnener Tafel sich lediglich ungeschickt verhalten hat. Tatsächlich bin ichg inzwischen bevon überzeugt, dass man, wenn man Einblick in die Tafel, vermutlich egal wo, erhält, auf Mißstände aufmerksam wirkt, die nicht akzeptabel sind: Mitarbeiterinnern werden bespuckt, wenn die gewünschte Ware nicht angeboten wird, z.B. kein Geflügel oder auch nur keine „weisse“ Brötchen, Frauen werden bei Seite geschubst und Männer beanspruchen eine vorrangige Bedienung und Frauen werden außerhalb der Räumlichkeiten die Ware abgenommen. Aber es sind Einzelfälle, die dann auch noch vorgeben, kein Deutsch zu sprechen. Andere Tafel regeln das so, dass sie die Berechtigungsscheine der „Aktivisten“ einziehen. Dies ist sicher die sinnvollere Regelung, denn es sind Einzelne, die sich mit den Gebräuchen nicht auskennen und natürlich sind die Tafeln überfordert, wenn man erwartet, dass sie auch noch Integrationsarbeit leisten, in der jeweiligen Landessprachen über Sitten und Gebräuche aufklären. Ich denke auch nicht, dass Deutsche „Tafel-Kunden“ Ausländer ausgeschlossen sehen wollen. Die Solidarität unter Bedürftigen ist anders, sie teilen das Wenige, was sie haben. – Dipl. Kfm. Johannes Barth


Leserbrief zu „Arme gegen Arme“ von Caterina Lobenstein

Vielen Dank für Ihren Kommentar! Worüber werden Sie demnächst schreiben? Wenn ich dichten könnte wie Heinrich Heine, würde ich mich darüber lustig machen, dass die regierenden Parteien das Modell der Warren-Kommision übernommen haben. Die war dazu bestimmt, die Hintergründe des Mordes an Präsident Kennedy nicht aufzuklären, sondern die Aufklärung auf unbestimmte Zeit hinauszuzögern. – Hans Fink


Leserbrief zu „Über Zivilität und Umgangsformen“ von Peer Steinbrück

Peer Steinbrück prangert in seinem Beitrag ein Eliteversagen in unserer Gesellschaft an und wählt dabei eine Sprache, die elitärer kaum sein könnte. Das Elend der Sozialdemokratie, wie Steinbrück sein Buch nennt, hat viele Facetten. Sein Sprachstil gehört zweifelsfrei dazu. – Oliver Rittmann


Leserbrief zu „Wattiertes Denken“ von Wolfram Eilenberger

Vor 30 Jahren habe ich die Philosophie auf bescheidenen Niveau zu meinem Hobby gemacht. Ich erwarte keine genialen Systemdurchbrüche (auch auf anderen Gebieten nicht), und ich verstehe die Geistesergüsse der greisen Granden wie Habermas und Sloterdijk nicht immer auf Anhieb (damit stehe ich nicht allein, eine Frage der Ehrlichkeit). Ohne Hilfe komme ich auch nicht ohne weiteres in die Systeme von Kant und Platon. Die Erkenntnistheorie und Ethik sich selber aus Primärliteratur zu erschließen scheint mir aussichtslos. Also schätze ich die Fülle populärer philosophischer Sachbücher (wie das neue Buch von Wolfram Eilenberger), die es vor 30 Jahren so noch nicht gab. Ich schätze auch Monografien und Lehrbücher, beispielsweise von Gerhard Ernst, Thomas Grundmann, Ansgar Beckermann, weil ich so einen Einblick erhalte in den akademischen Forschungsstand. Für mich als nichtakademischer Laie befindet sich die deutsche Philosophie nicht in einem desolaten Zustand, ich bekomme heute von ihr das, wovon ich vor 30 Jahren nur träumen konnte. – Uwe Seelinger


Leserbrief zu „Arme gegen Arme“ von Caterina Lobenstein

In einem Artikel der „Zeit“ erwarte ich sorgfältig recherchierte Fakten und eine gut begründete Meinung (nicht meine eigene). Leider wird diese Erwartung immer öfter enttäuscht, so auch in dem genannten Artikel, der durch seine Schlampigkeit auffällt. Die Überschrift „Arme gegen Arme“ paßt eher zu ganz anderen Presseerzeugnissen und die Unterüberschrift „Essen nur an Deutsche…..“ ist falsch. Beide passen auch nicht zum Inhalt des Artikels und sind also irreführend. An einer Stelle schreibt die Autorin ganz richtig: „…er wolle vorerst nur noch Bedürftige mit deutschem Pass neu aufnehmen.“ Ein paar Zeilen weiter unten heißt es „Sators Entscheidung, nur Deutsche zu versorgen…“ Also was will die Schreiberin denn nun ausagen? Auch die Personalisierung (auf Herrn Sator) ist falsch, denn nach allem was man weiß, hat der Vorstand der Essener Tafel entschieden, und nicht Herr Sator alleine. Zu den ganzen Schludrigkeiten passen im übrigen etliche Grammatikfehler. Vielleicht sollte Ihr Chefredakteur seine Arbeitszeit- und kraft mehr auf die „Zeit“ verwenden als auf andere, für einen Zeitleser möglicherweise nette, aber belanglose Aktivitäten. – Richter


Leserbrief zu „Arme gegen Arme“ von Caterina Lobenstein

Inzwischen habe ich Ihren Artikel mehrfach gelesen und teile Ihre Darstellung weitgehend. „Nur“ weitgehend auch, weil ich die benannten komplexen Hintergründe und einige Ursachen in der erzwungenen Kürze noch teile, aber bei näherem Hinsehen einige Differenzen erwarte. Vielleicht hängt diese Erwartung auch mit meinem Hauptanliegen zusammen: Wie kommen Sie zu der Aussage „Essen nur an Deutsche auszugeben …“  in der Überschrift oder weiter unten „ Sartors Entscheidung, nur Deutsche zu versorgen, war falsch…“ ? Nach übereinstimmenden Informationen seriöser Quellen hat die Essener Tafel entschieden keine weiteren Flüchtlinge in ihre Vergabeliste aufzunehmen, als bereits 75% aller Berechtigten Flüchtlinge waren. Also 25% Deutsche und 75% Geflüchtete. Gleichzeitig wurde nicht berichtet, das alle Flüchtlinge – also auch die bereits gelisteten – nunmehr keine Lebensmittel mehr erhalten würden. Nur dann wäre Ihre Aussage es würden ‚nur Deutsche versorgt‘ ja korrekt! Im Moment halte ich diese Zitate aus Ihrem Artikel für eine gravierende Falschdarstellung! Eine, die beim orientierenden Lesen (nur) der Überschrift diesem fatalen Ausspruch ‚Lügenpresse‘ Futter liefert. Das hat diese Zeitschrift auf keinen Fall verdient und ist bei diesem sensiblen Thema besonders schwerwiegend. Also bitte sorgfältiger arbeiten! Vielleicht wäre auch eine Richtigstellung in der nächsten Ausgabe angebracht. An die Chefredaktion gerichtet möchte ich feststellen, dass „Die Zeit“ seit mehr als 20 Jahren für mich eine ganz wichtige Informationsquelle ist, weil sie weniger den kurzlebigen als den wichtigen Ereignissen und Entwicklungen Raum gibt und das mit gut recherchierten, schlüssigen und auch detaillierten Darstellungen. Die Reihe zum Wirtschaftswissen zum Beispiel finde ich hervorragend. Ich bin Ingenieur und deshalb besonders mit technischen Entwicklungen verbunden. In meinem Bekanntenkreis stoße ich z.B. bei Gesprächen über die Energiewende auf viel Unwissen über die wirkliche Verfügbarkeit von Elektroenergie aus Sonne und Wind und die unbedingte Notwendigkeit von Reservekraftwerken u.ä. oder bei der Digitalen Revolution (oder ähnlichen rasanten wissenschaftlich technischen Entwicklungen) stehe ich mit der Frage ‚ müssen wir das vielleicht technisch Mögliche auch unbedingt realisieren‘ oft allein da. Es gibt so viele Themen zu denen ich von ihrer Zeitschrift anregende, aufklärende, richtigstellende ….. Beiträge erwarte. Danke für das bisher geleistete und viel Erfolg in der Zukunft! – Dr. Jürgen Reichel


Leserbrief zu „Ich bin keine Flüchtlingshilfe“ von Olivia Kortas

Schoen am problem vorbei geschrieben. Bravo !!! Das problem ist seit der hartz 4 reform bekannt und auch gewolt. Denn die sogenante harz 4 reform ist ein rueckgriff in die mottenkiste der nazis diktatur. Wer nicht arbeitet braucht auch weniger essen Wer sich nicht richtig ernaeren kann, wied schneller krank. Wer kein geld fuern arzt hat stirb eher. Ganz nach der egoistischen denk weisse wer arbeiten will findert auch arbeit. Es gibt auch Menschen die gerne arbeiten wurden aber aus gesundheitlichen gruenden nicht arbeiten koennen. Das problem ist ja haus gemacht. Das vielen menschen die grundsucherung beziehen oder hartz 4 mussen mit einen betrag auskommen das nicht annaeherd den grundbedarf eines modernen geselschfts faehigen leben deckt. Mir stehen als singel nur 733€ zu. Das geld deckt nicht annaehernd den grundbedarf einer gesjnden ausgewogenen ernaehrung. Selbst wen ich bein Discounter einkaufe. Denn ich brauche auch kleidung. Ja natuerlich nur vom biligsten beim Discounter. Ach so der mensch braucht auch schuhe.Zum glueck das ich noch einen schottenrock kaufen konnte als es mir noch ein wenig besser ging. Denn der haelt jetzt schon 6jahre. Somit brauch ich nur noch 2 hemden im jahr und ich bin gut gekleidet. Da ich seit 4jauch keine schuhe trage brauch ich auch keine struempfe. Und die unterhossen lass ich beim schottenrock im schrank. Auch bei der uebrigen kleidung bin ich kreativer und kaufe gern in der damenabteikung ein da roecke und kleider preiswerter sind als manche herrenhosen. Auch viele hemden und blusen sind oft preiswerter und schoener als die der maenner. Dadurch ist es mir moeglich guenstiger ein zu kaufen. Nur beim strom kann ich kaum sparen. Da in einer jueche nix mehr ohne strom geht. Auch der staubsauger und foeh brauchen ihreb strom. Ach so selbst das telefon,handy und computer drucker gehoeren zum modernen leben. Ach ja da waren die 20€ im monat fuer die privat Insolvenz, nach der trennung von meiner frau. Das ich dadurch das kinderzimmer neu einrichten muste nebst bettbezug bettdeke koofkissen Nachttischlampe regal Nachttisch pluss bucher und spielsachen so wie ein fahrad. Auch den hund nenst futter steuer und tierarzt. Alles blieb an mir haengen. Auch die kosten fuer die farten zum wohnort der mutter wegen komunikations verweigerung zur famieliem hielfe. So wie der fahrten zum abholen der tochter an den wochenende. So wie die daraus resultierende kosten fuer ernaehrund freizeit gestaltung mit ihren vater und ihren freundiennen. Neun da ist kein geld zur zahnstein behandlung oder zur parodentose behandlung.Oder fuer den Friseur. Das kleidung auch mal zum schneider muss nicht daran zu denken. Auch schuhe brauchen mal einen schuster der die absaetze richtet. Oder ein neuer staubsauger waschmaschiene oder herd. Nein al die kosten sind nicht in der grundsicherung. Auch die teilhabe an politischen vereinen. Das schwimmbad buecherei oder der besuch einer kunstausstellug. Besuch der vhs. Nein all das gibts nichr mehr. Auch die pflege eines fahrades ist unmoeglich. Hier sparst der statt auf kosten der aermsten. Und jedem ist klar den meisten menschen die hartz 4 beziehen oder grundsicherung ihnen fehlen im monat200€ um nur den grund bedarf eines modernen leben mit zeitung und teilhabe an politischen prteien und deren treffen zu gewaerleisten. Die tafeln zementieren die armut nur fa sich der statt auf die hilfe der algemeinheit um die bedarfsgerechte finanzierung drueckt. Denn ihne die zahllosen kleiderspenden und essenspaenden wuerden viele menschen elendig verrecken. Zum gkueck brauch ich keine medikmente oder eine brille denn beides koennte ich nicht bezahlen. Und das viele Menschen durch die arnut unter staendigen stress stehen und krank werden ist auch allen klar. Der Staat macht sich seine armen selber. Das die tafeln ein wirtschaftlich ģut verdienendes unternehmen ist duerfte allen beteiligten sonnen klar sein. Den jedes soziales unternehmen ist ein wirtschafts unternehmen an den viele verdienen. Die arnut zu verwalten und die armen in ihrer abhaengigkeit zum staat kirche und sonstigen einrichtungen ist ein praechriges ertragreiches geschaeftmodell. – Christian Knaut


Leserbrief zu „Der Blockchain-Code“ von Lisa Nienhaus et al.

ch kann mich nicht erinnern, wann meine Liebe begann. Nach so vielen Jahren ist ein Wochenende ohne die „Zeit“ für mich immer noch schwer vorstellbar. Die „Zeit“ erklärt mir die Welt, die komplizierter, undurchschaubarer wird, zumindest dem Anschein nach. Manchmal aber werde ich enttäuscht. „Der Blockchain-Code“ von Lisa Nienhaus, Mark Schieritz und Jens Tönnesmann (Zeit No 10 Seite 23) ist ein Beispiel. Der Artikel verspricht zu erklären, wie Blockchain funktioniert und was sie kann. Zwei Monate waren die Autoren dafür unterwegs. Herausgekommen ist viel, fast zwei komplette Zeit-Seiten. Die erste Erkenntnis der Autoren: Mit Blockchain kann jeder zu einer Bank werden. Die Welternährungsorganisation wird als Beispiel genannt. Um Geld von A nach B zu bringen, muss sie lediglich einen Datensatz in einem Computernetzwerk anlegen. Mehr muss eine Firma für eine Überweisung heute auch nicht ohne tun – ohne Blockchain. Neu ist, dass es dafür keine Bank braucht. Am Ende will jeder Euros oder jordanische Dinars, aber keine volatilen Bitcoins. Wer tauscht sie mir um? Ich bin kein Bankfachmann. Aber Banken tun mehr als Geld transferieren, zum Beispiel Geld verleihen. Dazu gehört unter anderem eine Bonitätsprüfung. Ich bin fast sicher, dass die Blockchain-Erfinder sich über solche Details Gedanken machen. Die Zeit-Autoren wollen mir solche Details ersparen. Ihre zweite Erkenntnis besteht darin, dass die Blockchain auch Banken ersetzen kann. Das erscheint logisch, wenn jeder zu einer Bank werden kann. Jetzt erklärt man mir zum ersten Mal in zwei kurzen Absätzen, wie eine Blockchain funktioniert. Das geschieht in einer Weise, die mich an die Seite für Kinder erinnert. Ich fühle mich massiv unterfordert. Sonst geht die „Zeit“ mit mir als Leser weniger zimperlich um. Man vergleiche nur „Wattiertes Denken“ von Wolfram Eilenberger (Zeit No 10 Seite 69). Im Gegensatz zu den Blockchain-Autoren richtet er sich an anspruchsvolle, informierte Leser. Im nächsten Absatz erfahre ich, dass eine gewisse Anja Bedford einen Kriminalkommissar als Vater hat. Man erfährt außerdem, dass sie zum Hosenanzug eine langen Mantel und Schnürstiefel trägt, auf ihren Reisen sogar Jeans. Der Informationsbeitrag zum eigentlichen Thema erschließt sich mir nicht. Die Essenz dieses Abschnitts ist die dritte Erkenntnis der zweimonatigen Reise. Blockchain kann auch eine Börse oder ein Wirtschaftsprüfer sein. Als Beleg dafür wird angeführt, dass mit Hilfe der Blockchain der Handel mit Anleihen halb-automatisiert werden könnte. Ging das bisher nicht auch schon und ohne Blockchain? Umgekehrt braucht die Blockchain Börsen. Sie heißen nur anders (Bitcoin-Exchange). Wie sonst sollte der Wert eines Bitcoins gegenüber „richtigen“ Währungen ermittelt werden? Später erfährt man immerhin einige interessante Anwendungen für die zweite Generation der Blockchain, Ethereum. Sie müssen als Begründung ausreichen, um Ethereum in der Bedeutung mit dem Internet auf gleiche Höhe zu stellen. Das mag ja richtig sein. Nur bekommt man wenig überzeugenden Belege dafür. Den Autoren ist es wichtiger, stattdessen die Klamotten des Ethereum-Erfinders zu beschreiben. Die letzte Erkenntnis der Autoren am Ende ist ein Liebesgeständnis verbunden mit der Einsicht, dass sie Blockchain nie verstehen werden. Wissen sie, dass es bereits eine weitere, dritte Generation davon gibt? Das wäre doch ein schöner Anlass für eine weitere Reise in die weite Welt! Vielleicht gelingt es ihnen ja doch noch die Blockchain zu verstehen? Ich konnte mich inzwischen in meiner Tageszeitung kompetent, verständlich und mit weniger „Blockchain-Mystik“ über das Thema informieren. Sie braucht dafür weniger als ein Drittel des Zeitartikels. Mir erschließt sich die Bedeutung dieser neuen Technologie für uns alle jetzt wesentlich besser. Das ist, was ich eigentlich von der „Zeit“ erwarte und normalerweise bekomme. Allerdings verstärkt sich bei mir der Eindruck, dass manche Zeit-Redakteure uns Leser unterschätzen, wenn es um Wirtschaft und Technik geht. Wir sind besser informiert als ihr denkt! Keine Sorge, wir bleiben euch treu, auch wenn und ganz besonders weil, es manchmal anstrengend ist, die „Zeit“ zu lesen. – Heinrich Weber


Leserbrief zu „Der Nächste, bitte – noch nicht“ von Christian Heinrich

Ich bin Facharzt – Schwerpunktpraxis für internistische Rheumatologie – in einer Gemeinschaftspraxis. Kein Tag an dem in den Medien nicht über die „Zwei-Klassen-Medizin“  schwadroniert wird. Unsachlich und tendenziös werden die Wartezeiten in Deutschland durch Grabsteine symbolisiert. Wir Ärzte werden bei der Behandlung von Kassenpatienten permanent mit dem Sozialgesetzbuch (SGB V) § 12 SGB V, dem Wirtschaftlichkeitsgebot konfrontiert. „Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Da steht nichts von Wunschterminen beim Wunscharzt, den der Patient sich aussucht wie beim Frisör. Ja es gibt zu wenig Fachärzte z. B. in der Rheumatologie ! Aber die Akutversorgung funktioniert – besser als in Ländern mit Einheitsversorgung! Der Hausarzt ist der Lotse im System, der nach Dringlichkeit zum Facharzt oder ins Krankenhaus überweist. Meine zuweisenden Hausarzt-Kollegen rufen mich an ,wenn ein Patient akut gesehen werden muss und erhalten für ihre Patienten einen Termin unabhängig vom Versichertenstatus und vor der monatelangen Warteliste. Zusätzlich gibt es wie, berichtet, für alle Patienten die neu eingerichteten Terminservicestellen für Notfalltermine durch die Kassenärztlichen Vereinigungen. In unserer Praxis sind dies mehrere Termine pro Woche. Das Verhältnis von Patienten mit akuten Beschwerden zu anderen Problemen beträgt 1:10 ;meist erscheinen Schmerzpatienten die bereits bei mehreren Fachärzten in Betreuung waren, Zweitmeinungspatienten etc ) ! Hinsichtlich der Diagnostik und Therapieverfahren und der Verordnung von teuren Spezialpräparaten gibt es keine Kassen / Klassen – Unterschiede in der Versorgung. Ja, Privatversicherte haben – bei der selbst initiieren Erstvorstellung – kürzere Wartezeiten und wir Ärzte eine bessere Vergütung.  Zeit ist der einzige Vorteil ,den ein Privatpatient durch höhere Beiträge erwirbt. Wer aber glaubt, dass die Wartezeiten kürzer werden, wenn 9 Prozent der Privatversicherten im Kassensystem mit versorgt werden sollen der irrt. Wir Fachärzte sind reglementiert – will man dies ändern, muss man über die Fallzahlbegrenzung und Plausibilitätszeiten reden. Herr Heinrich: zu Auswirkungen, Fakten und Nebeneffekten befragen Sie doch künftig bitte ihren Arzt oder die Berufsverbände. – Dr. Ulrich Käßer


Leserbrief zu „Eine Woche im Lehrerzimmer einer Brennpunktschule“ von Björn Stephan

Endlich ein Bericht aus der bildungspolitischen Wirklichkeit! Über die hier beschriebene Schule wird zwar immer wieder lamentiert – letztlich wird sie aber restlos sich selbst überlassen. Seit PISA schaut alle Welt nur noch auf leicht zu testende Leistungen, doch sie vergisst, eine ehrliche Diskussion darüber zu führen, was Schule eigentlich leisten soll? Die Frage nach einer Benachteiligtendidaktik wird nicht mehr geführt. In Fächern, die diese Schülerschaft dringend benötigt, wird an den Universitäten nicht mehr ausgebildet, nicht mehr materiell investiert. In Stundentafeln sind sie nicht mehr zu finden! So werden Lehrkräfte und die von ihnen zu betreuenden Schüler links liegen gelassen. Wir reden über Gesunde Schule, doch sie gibt es nicht! Wo lernen Schüler noch, sich gesund zu ernähren und selbst zu kochen? Wir reden über Nachhaltigkeit, doch wo lernen heute noch Schüler, einfache Reparaturen durchführen zu können. Wir reden über den Fachkräftemangel, doch wo können die Schüler ihre Fähigkeiten und Interessen außerhalb der PISA-Fächer erkennen und entwickeln? Stadtteilschulen bzw. Gemeinschaftsschulen sind mehrheitlich keine Schmalspurgymnasien, sie sind oftmals Schulen, die ganz andere Aufgaben wahrzunehmen haben – wann öffnet sich die Schulaufsicht diesen Erkenntnissen, wann nimmt die Bildungspolitik diesen Umstand endlich wahr und wann stellen sich die Universitäten wieder diesen Anfordernissen?! – Wolfgang Deppe-Schwittay


Leserbrief zum Titelthema „Auto fahren ohne schlechtes Gewissen?

Das Dossier handelt von Li, Samuelsson, Volvo, Daimler, MAN, VW, Schöbel, Piech und Hartz. Es geht aber mit keinem Wort darauf ein, was das mit gutem oder schlechten Gewissen beim Autofahren zu tun hat. Der tägliche Verkehrswahnsinn löst sich doch nicht in Wohlgefallen auf, nur weil die CO2-Emissionen fallen. Es wird weiter Staus, Tote und Verletzte geben. Ab 40 km/h sind E-Autos wegen des Reifengeräuschs so laut wie Benziner oder Diesel. Die Abgase fallen weg, alles andere bleibt so unmenschlich, wie es jetzt ist. – Prof. Dr. Giselher Propach


Leserbrief zu „Wir müssen draußen bleiben“ von Claas Tatje

Es gibt keine umwelfreundlichen Autos: Auch Elektro-Autos geben Feinstaub durch Reifen und Bremsen in die Umwelt. Auch die Akkus sind ein Problem, beim Abbau der Rohstoffe und Produktion. Auch der Strom kommt nicht von allein aus der Steckdose. – Hartmut Bernecker


Leserbrief zu „Nachhilfe in Skepsis“ von Martin Spiewak

Im Grunde ist das Problem noch dramatischer, als Sie das in Ihrer Analyse feststellen, weil nahezu alles auch auf den Bereich der Natur- und Ingenieurwissenschaften zutrifft. Wenn in einer meiner Mathematikvorlesungen die Studenten drauf und dran waren, per demokratischer Abstimmung zu entscheiden, welcher von zwei Lösungsvorschlägen korrekt war, statt nach dem Fehler zu suchen, spricht das möglicherweise für ein demokratisches Grundverständnis, jedoch eindeutig nicht für die Fähigkeit, sich systematisch mit einer Sache auseinander zu setzen. Man muss allerdings auch sagen, dass die Medien an ihrem Nutzungsverlust nicht eben unschuldig sind, weil der auch auf einen massiven Vertrauensverlust zurückzuführen ist. Wenn aktuell in den sozialen Medien Videos von Demonstrationen mit vielen Teilnehmern faktisch einwandfreie Informationen bereit stehen, dies aber zu gunsten einer umgefallenen Leiter in Montevideo in den Nachrichtenmedien totgeschwiegen oder allenfalls die deutlich kleinere Gegendemo erwähnt wird oder eben häufig nicht die Gegenmeinung, die Sie als wichtig kennzeichnen, zu Wort kommt, muss man sich über Bezeichnung wie Lügen- oder Nanny-Medien und ein Abwenden des Publikums fort vom betreuten Denken (leider eben in ein anderes) nicht wundern. – Gilbert Brands


Leserbrief zu „Der Blockchain-Code“ von Lisa Nienhaus et al.

Leider schreiben Sie zu wenig über den Betrieb einer Blockchain. Wer betreibt (und bezahlt) die Rechnernetze, die um die Durchführung der Transaktionen wetteifern? Wer legt fest, welche Rechner bzw. Netzwerke an dem Wettbewerb teilnehmen dürfen? Wer kommt für den Energieverbrauch auf? So sind zum „Schürfen“ von Bitcoins, u.a. in Island und China, eigene Rechenzentren eingerichtet worden, deren Energieverbrauch inzwischen an den kleinerer Ländern heranreicht und deren Betrieb einzig auf der Wertsteigerung des Bitcoins beruht. Ist der steigende Aufwand je Transaktion eine Eigenschaft des Bitcoins oder der Blockchain an sich? Mit der Kontrolle über die Rechnernetze steht und fällt auch die Transparenz und Sicherheit der Transaktionen, umgekehrt erlauben staatliche Blockchain-Systeme, wie z.B. für den „Petro“ in Venezuela geplant, die umfassende Kontrolle der Teilnehmer. – Dr. Lutz Reder


Leserbrief zu „Nachhilfe in Skepsis“ von Martin Spiewak

Vielen Dank für Ihren Beitrag „Nachhilfe in Skepsis“ in der letzten Ausgabe der ZEIT. Ihre Einschätzung spricht mir sehr aus dem Herzen. Auch ich sehe die aktuelle „Informationskultur“ mit großer Skepsis und sorge mich um unsere so hart erkämpfte Demokratie. In einem Punkt aber scheinen Sie nicht nur uninformiert zu sein, sondern tragen durch Ihren Beitrag auch ein gefährliches Klischee weiter: In Ihrem Text wird suggeriert, dass es für KunsterzieherInnen (wie mich) „nicht so schlimm“ wäre, sich nicht umfassend medial zu informieren. Das Gegenteil ist der Fall. Eine der Aufgaben des Faches Kunst ist es Schüler dazu zu erziehen, ihre Umwelt kritisch zu analysieren, um fundierte Werturteile bilden zu können. Es mag sein, dass der Weg dazu von außen den Eindruck erweckt, dass dieses Fach redundant ist. Menschen mit einem geeigneten Maß an Bildung sollten jedoch wissen, dass gerade im digitalen Zeitalter die musisch-künstlerischen Schulfächer einen wichtigen Baustein für den Erhalt unserer freien Gesellschaft darstellen. Bitte tragen Sie nicht mit Klischees zur Marginalisierung von Kunstunterricht bei! – Gisela Hollmann-Peissig


Leserbrief zu „Herrlich resistent“ von Bernd Ulrich

Wieder einmal haben sie den realen Kern konservativ bürgerlicher Politik ausgelassen: Die reale Macht (im Kapitalismus ist das das Kapital) soll da bleiben und sich wenn möglich vermehren wo sie schon ist (Stichwort „bewahren“). Das ganze Werteblabla ist schlicht Werbung (Stichwort: „christlich“). Also keine Steuererhöhung für Vermögende (Vermögens – und Erbschaftssteuer) und schwarze Null. Das ist konservativ und es ist international und deshalb ist die AfD nicht konservativ sondern… Deshalb wird die Spaltung der Gesellschaft weitergehen dank ihrer netten angelas und AKK’s und schäubeles und wie sie alle heisen. Zu deutsch: Sie sind äußerst erfolgreich! Das nötige Korrektiv damit der Laden nicht auseinanderfliegt heißt übrigens SPD. und da Korrektiv – sein etwas wenig ist schrumpft sie in der Gunst der Wähler. – Die Grünen stehen bereit den Korrekturbetrieb aufrechtzuerhalten; also wird die (über) nächste Groko schwarz rot grün sein. – Dieter Herrmann


Leserbrief zu „Arme gegen Arme“ von Caterina Lobenstein

Sie schreiben in Ihrem Artikel „Sator hatte verkündet, er wolle vorerst nur noch Bedürftige mit deutschem Pass neu aufnehmen.“ Aus diesem Satz sind zweierlei Informationen zu entnehmen, nämlich: 1. es geht lediglich um Neuaufnahmen und 2 es handelt sich um eine vorübergehende Maßnahme, ausgedrückt durch das Wort vorerst. Daraus läßt sich im Umkehrschluß folgern, daß- schon aufgenommene Mitglieder – egal welchen Pass sie besitzen – weiter versorgt werden und – bei Erreichung eines Zieles, nämlich beim Vorhandensein eins ausgewogenen Verhältnisses zwischen deutschen und ausländischen Bedürftigen – siehe Seite 3 Ihrer Zeitung, eine Neuaufnahme ausländischer Bedürftiger wieder erfolgen wird. Nach alledem kann einer Verkürzung der Entscheidung auf den Satz „Sators Entscheidung, nur Deutsche zu versorgen, war falsch, (…)“ nicht unwidersprochen bleiben, denn dies entspricht nicht den Tatsachen. Ein solcher Satz befeuert nur die Auseinandersetzung zwischen links und rechts, welche durch verkürzende Darstellungen geführt werden. Sie sollten nicht denselben Fehler machen. – Christoph Meißner


Leserbrief zu „Rettet den Bademantel“ von Arno Frank

Der Artikel von Arno Frank hat mich begeistert – ein flammendes Plädoyer für den Bademantel. Ich bin ein Fan dieses Kleidungsstücks. Es hat mich das ganze Leben lange beg(k)leidet. In der Kindheit wickelte mich meine Mutter nach dem Baden in einen Bademantel. Im Krankenhaus und der nachfolgenden Reha war der Bademantel mein einziges Kleidungsstück. In unserem Dorf konnte ich im Bademantel Brötchen kaufen und bin dabei auf ähnlich gekleidete Männer gestoßen, eine verschworene Männergesellschaft.  Selbst im Karneval konnte ich meinen adipösen Körper darin verstecken. Im Schwimmbad diente er mir als Umkleidekabine. Als ich dann auch noch die Kultsendung von Dittsche zum ersten Mal sah, war es um mich geschehen: ich durfte mich als Trendsetter bezeichnen.  Und beim vorhersehbaren Wohnungswechsel in den Seniorenstift wird der Bademantel bestimmt nicht fehlen. Negatives Erlebnis. Meine erste Freundin hat mich verlassen, weil angeblich bei meinem Erscheinen im Bademantel ihre Stimmung stets  auf einen Tiefpunkt sinke. Das hat mich veranlasst, einen Bademantel für zwei Personen als Patent anzumelden. Bleibt zu erwähnen, dass ich die heiligen Hallen des Gerichts immer nur mit Robe betreten habe. – Peter Bleutge


Leserbrief zu „Die andere Patriotin“ von Adam Soboczynski

In der Filmkritik des erwähnten Redakteurs ist das polnische Wort fürs „Gesicht“ und gleichzeitig der Titel des Filmes von Malgorzata Szumowska-  twarz /“Twarz“ falsch geschrieben. Adam Soboczynski ist mit besonderen literarischen Begabungen bedacht. Seine Bücher sind geistreich, ironisch und zeigen auch eine besondere Beobachtungsgabe des Autors. Gute Literatur halt, die man gerne liest. Was aber ist mit einer Filmrezension und gleichzeitig einem kurzen Porträt der Regisseurin Szumowska aus der Feder von Herrn Soboczynski? Hier, statt das filmische Werk und seine Autorin dem deutschen Leser erwartungsgemäß näher zu bringen, serviert uns Adam Soboczynski einen Text, der mit einer Filmrezension kaum etwas gemeinsames hat. Seine Formulierungen, wie die „ Man hat (…) vergessen, dass der Osten, den man nur noch mit Rechtsabweichung und Populismus in Verbindung bringt“, oder die „ (…) in der polnischen, naturgemäß homophoben Provinz“ (sic!), beziehungsweise diese: “(…) im Minderwertigkeitskomplexen beseelten Nachwende-Polen“, oder auch diese „ Die Großfamilie, aus der er stammt, steht für das derb-slawische Elend, das jeder kennt, des aus dem Osten kommt (…)“. Man hat beim lesen solcher Formulierungen über das Herkunftsland von Adam Soboczynski nolens volens das Gefühl, dass er hier eine Art eigener Psychoanalyse betreibt, so subjektiv und vor allem verzehrt diese sind (und in einer Filmrezension fehl am Platz). Lieber Herr Soboczynski, wollen Sie wirklich die so tief in der deutschen Seele  verwurzelten Klischees und Vorurteile „dem Osten“ gegenüber, durch ihre plakative Formulierungen noch tradierter werden lassen? Ich kann Ihnen hier versichern, dass nicht jeder polnische Familie „slawisch derb“ ist, und manche polnische Provinz mittlerweile so durchgemischt hinsichtlich der Menschen, die sie bewohnen, ist, dass sie nicht „naturgemäß homophob“ ist. – Malgorzata A. Stefanowicz


Leserbrief zu „Endlich ein schwarzer Superheld“ von Slavoj Zizek

Aus dem Kino kommend, finde ich am Morgen in der Zeit den Artikel des Kollegen Slavoj Zizek über den neuen Film Der schwarze Panther aus dem Marvel-Universum. Zizek betont sehr schön die Notwendigkeit eines Films über einen schwarzen Superhelden, zieht Linien zur schwarzen Befreiungsbewegung und zeigt auch die Differenzen zu Malcom X und den wirklichen Black Panthers auf. Der Film bleibt eine Marvel Produktion wie Captain America, Spider-Man oder Die Rächer (von denen man nicht weiß, wen oder was sie rächen), d. h. er entwirft ein Paralleluniversum, der die wirkliche Welt nicht verändert, sondern in eine Fantasiewelt ablenkt. Aber immerhin kann diese Ablenkung, worauf Susan Sontag schon frühzeitig hinwies, auch Motive entwickeln, die auf die wirkliche Welt zurückwirken. Dabei bleiben einige wichtige Motive unerwähnt. Tatsächlich handelt es sich um eine Fantasieproduktion, die zunächst der Idee des Afro-Kubo-Futurismus folgt – eines Cargokultes, wonach die Götter den Schwarzen eine überlegene Technologie hinterlassen haben (hier ein Meteorit mit dem Stoff Vibranium). Stan Lee verschmilzt diese Motive mit verschiedenen anderen Afrika-Klischees wie beispielsweise einem geheimen Land und der Phantom-Geschichte, die optisch mit der entsprechenden Höhle zitiert wird. Die Fabel des Films selbst ist nicht afrikanisch, sondern folgt der europäischen Theatergeschichte des Barock: es handelt sich um eine umgekehrte Hamlet-Geschichte, die mit Elementen aus Calderón de la Barcas Das Leben ein Traum vermischt wird. In Shakespeares Hamlet bringt der Onkel den Vater um; in diesem Film wird umgekehrt der Onkel durch den Vater getötet, der sich dadurch als ein Bösewicht entpuppt, dessen Schatten auch auf den jungen König T’Challa fällt, der dann anders als Hamlet tatsächlich an die Macht gelangt. Umgekehrt folgt die zweite Geschichte seines sich rächenden Cousins, des Sohns des getöteten Onkels, der ihn herausfordert, der spanischen Geschichte vom weggesperrten polnischen Prinzen Sigismund, dem ein böses Schicksal vorhergesagt wird, wenn er auf den Thron gelangt. Tatsächlich besiegt dieser Eric Stevens zunächst T‘Challa und gelangt ganz wie Sigismund in Calderóns Drama zu einer Terrorherrschaft, in welcher er alle bösen Kräfte des Landes entfesseln will. Bei Calderón gelingt es knapp, ihn zu stoppen und er gerät in eine Reflexion über seine Untaten, die er bereut. Im Film Der schwarze Panther muss die entsprechende Figur sterben. Der Film folgt in seiner Story damit wesentlichen Linien des europäischen Dramas und ist weniger afrikanisch als noch Shakespeares Sturm, wo mit der Hexe Sycorax und ihrem Sohn, des schwarzen Sklaven Caliban, immerhin afrikanische Figuren auftreten. Das hatte schon Aimé Césaire für seine Version der Negritude zu nutzen versucht und daraus ein eigenes Drama gemacht. Dahinter fällt der Marvel-Film erwartungsgemäß zurück. Er verbleibt mit seiner gemischten europäischen Fabel in einer Traumwelt, die kaum träumerische Kräfte der Realität freisetzt, sondern diese eher einfängt und ins Leere laufen lässt. Aber die Bilder, in denen Afrikaner und vor allem Afrikanerinnen mit neuer Technologie hantieren, mutig sind und ihre Welt verteidigen, sprechen eine andere Sprache, die zum Erfolg des Filmes nicht unwesentlich beigetragen hat und gegen die man nicht sagen kann. Es ist kein Zufall, dass viele der neueren amerikanischen Film-Produktion Schwarze als Helden haben Das zeugt von der Notwendigkeit dessen, was Zizek in seinem Titel auch andeutet: von der Repräsentanz der Welt der Unterdrückten auch in der Pop-Kultur. – Wolfgang Bock


Leserbrief zu „Die lautlose Revolution“ von Stefan Willeke

Etwas mehr Seriosität in diesem Volvo-verherrlichenden Geschreibe stände der Zeit gut an. Wer Zahlen nennt sollte sie vollständig nennen und in den Zusammenhang stellen! Nur 54.000 elektrische und hybride Autos wurden in Deutschland 2017 neu zugelassen. Dies ergibt einen Marktanteil von 1,6 %. 780.000 elektrische und hybride Autos wurden in China 2017 neu zugelassen. Wow! Der Marktanteil wurde allerdings verschwiegen. Auf die schnelle habe ich für 2016 24,95 Millionen Neuzulassungen in China ermittelt (Quelle Focus Online 2017). Das ergibt einen Marktanteil von 3 %. Naja doppelt so hoch wie in Deutschland aber nicht gerade berauschend. Bei der ganzen Elektrohysterie wird immer verschwiegen, dass bisher weder die Lebensdauer der Akkus bekannt ist noch, ob die Rohstoffe für eine komplette Umstellung des PkW Weltmarktes oder eines nennenswerten Anteils daran. Bei 10 % Anteil am chinesischen Markt werden die Ressourcen benötigt, die für 100 % der deutschen Neufahrzeuge erforderlich sind. Um die bisherigen fossilen Antrieb auf eine nachhaltigere Form umzustellen, ist es vielleicht sinnvoll Energie nicht nur als Strom (aus Braunkohle?? oder aus Nuklearenergie??) mit einem schlechten Wirkungsgrad zu produzieren und mit schlechtem Wirkungsgrad in Akkumulatoren zu tanken, sondern aus regenerativen Energien Methangas (künstliches Erdgas) zu erzeugen und dann über vorhandene Leitungsnetze zu verteilen auch keine schlechte Idee. Der Volkswagenkonzern bietet so etwas an. Und die bessere Effizienz des Elektroantriebes ist dahin, wenn man den Strom aus fossilen Brennstoffen gewinnt. Insofern ist die Haltung der deutschen Industrie, nicht einseitig auf Elektrofahrzeuge zu setzen vielleicht nicht mehr als steinzeitlich dumm zu brandmarken. Und was hat Volvo anzubieten: Ein Konzept 2019 ein vollelektrisches Auto zu produzieren. Zur Zeit 5 Plug-In Hybride. Unter anderem den getesteten XC 80 T 8. Vollelektrisches Fahren bis 50 km lt. Herstellerangabe. Lächerlich!! Und was hat die deutsche Automobilindustrie (folgt man dem Autor: lauter vorgestrige Vollpfosten am Werk!) zu bieten: Audi: 2 Hybride, darunter einen Q 7, der sich vergleichbar leise bewegt wie der XC 80 T 8. Volkswagen: 2 vollelektrische (Golf und E-Up) ,Reichweite ca. 200 km, und 3 Hybride.Mercedes-Benz: 1 vollelektrische B-Klasse, Reichweite ca. 200 km, und 6 Hybride, 3 smart Modelle voll elektrisch als Stadt-Fahrzeuge. BMW: 5 Hybride, 3 vollelektrische (ggf. mit zusätzlichem Verbrennungsmotor falls der Strom alle ist) Ich kann da nicht erkennen, wo die Vorreiter-Rolle von Volvo begründet wird. Allerdings bleibt weiterhin die Frage nach der Reichweite. Ich fahre meist Strecken zwischen 100 bis 300 km einfach, d.h. an einem Tag kommen da häufig 350 bis 400 km zusammen. Bei eng getaktetem Terminplan ist das elektrisch nicht zu machen, selbst wenn die Ladesäulen an den Zielorten vorhanden sind. Sie sind einfach nicht da, wo ich parken muss (Baustelle, beim Kunden …). Insofern bitte mehr Realismus und Informationen wie sich Mobilität weiterentwickeln kann. In unserer Firma setzen wir da auf einen gesunden Mix aus konventionellen Firmenfahrzeugen, Car-Sharing, Mietwagen, Fahrrad und öffentlichem Verkehr. Interessanter als die angebliche Vorreiterrolle Volvos ist vielmehr, wie sich chinesische Investoren Einfluss auf europäische Firmen und ihr Know-How sichern. Da stellt sich schon die Frage, welche Industriepolitik in einer globalisierten Wirtschaft im Interesse der in Deutschland lebenden Bevölkerung liegt. Wieviel und welche Form des Protektionismus ist hier notwendig, welche Formen der Zusammenarbeit mit dem größten Einzelmarkt der Welt brauchen wir? Dazu bitte mehr Fakten und seriöse Thesen, diese Debatte gehört in die Zeit. Überlassen sie das nicht links-naiven und völkischen Populisten und ihren Medien. – Clemens Appel


Leserbrief zu „Europas zögerliche Liebhaber“ von Jürgen Habermas

Ich bin Abonnent der ZEIT und nehme mir auch die Zeit, sie zu lesen. Nicht alles interessiert immer, aber es bleibt genug Stoff für eine ganze Woche. Der Beitrag von Jürgen Habermas in der letzten Ausgabe ist allerdings ein Beispiel, wie man ein interessantes Thema mit philosophischem Schreibstil unlesbar machen kann. Philosophen denken und schreiben nun mal anders als der halbwegs gebildete Rest von uns, aber Beiträge in einer Zeitung sollten auch ein breiteres Puplikum erreichen können. Ich zitieren einen Satz, der in seiner Komplexität, die sich wie ein roter Faden durch den Beitrag zieht, beispielgebend für den ganzen Bericht ist, : „Mindestens intuitiv spürt die Bevölkerung, dass dem Willen zur polititschen Gestaltung so lange die Glaubwürdigkeit fehlt, wie unsere nationalen Regierungen keine Anstrengung unternehmen, in der ökonomisch zusammengewachsenen, aber politisch auseinanderdriftenden Weltgesellschaft, auch und vor allem gegenüber den Märkten, einen Teil ihrer verlorenen politischen Handlungsfähigkeit durch Zusammenarbeit auf europäischer Ebene zurückzugewinnen.“ Spätestens nach dem Punkt weiß man nicht mehr genau, was einem der Autor sagen will, und fängt an, den Satz zu sezieren. Des Herrn Philosophen Gedankengänge in Ehren, aber möge er sich doch mit Seinesgleichen austauschen. – Josef Bernhardt


Leserbrief zu „Ich bin keine Flüchtlingshilfe“ von Olivia Kortas

Warum wird auf den Leiter der Essener Tafel geschimpft? Warum werden er und seine Mitarbeiter gleich wieder als Nazis denunziert? Das kommt mir im Artikel zu kurz. Die eigentliche Schande ist doch, dass wir in Deutschland, einem der reichsten Länder weltweit, Tafeln brauchen. Warum sprechen weder Medien noch unsere Politiker seit 1993 nicht darüber, welche Schande es ist, dass der Staat seine Fürsorgepflicht auf Spender und Ehrenamtliche abwälzt? Angefangen, aber nicht beendet, beim NRW-Gesundheitsminister (dem sozialen Deckmäntelchen der CDU) bis zu vielen SPD-Gerechtigkeitssprechern wird die Situation der Tafeln verharmlost. Es ist doch ein Zeichen für das Versagen unserer staatlichen Sozialsysteme, dass Rentner, Alleinerziehende und Arbeitslose zur Tafel gehen müssen, um zu überleben. Hier ist doch anzusetzen und zu diskutieren. Was passiert eigentlich, wenn wirklich keine Lebensmittel mehr übrigbleiben und bei den Tafeln landen? Was passiert, wenn die Ehrenamtlichen, die den Staat und seine Fürsorgepflicht ersetzen, entnervt aufgeben und keine Tafeln mehr organisieren? Und wer hört dem Leiter der Essener Tafel richtig zu? Er schließt ja nicht Flüchtlinge von der Tafel aus, sondern die, die sich nicht benehmen können. Er schützt seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor undankbaren, drängelnden und aggressiven Bedürftigen, die sich nicht benehmen wollen oder können. Wo bleiben die wohlmeinenden Medienvertreter und Politiker, stellen sich selbst an die Essener Tafel und urteilen erst dann? – Wolfgang Krause


Leserbrief zu „Arme gegen Arme“ von Caterina Lobenstein

Die Essener Tafel hat die Notbremse gezogen – gezwungen durch die Hybris der „Mitte“, 1 Mio Immigranten – das ist ja erst der Anfang – nach dem Motto: W i r schaffen das! zu integrieren und mit der deutschen „Leitkultur“ vertraut zu machen! Steinbrück versteht darunter ein Sammelsurium ubiquitärer, nicht allein deutscher Tugenden! Wirklich integrieren kann man nur eine kleine Minderheit in eine große Mehrheit! Noch bilden sich unter den Zuwanderern nur sporadische Mehrheiten (Tafeln, Kurdendemo, Domplatte), dauerhafte jedoch im künftigen Parallelgesellschaftenland Deutschland! Dann werden sie den „Schrumpfgermanen“ i h r e n Verhaltenskodex überstülpen! Ein Teil unserer Bevölkerung hat bereits ein Gespür dafür, daß da im Land etwas grundsätzlich schief läuft; unter die Käseglocke Reichtagskuppel ist es aber (noch) nicht vorgedrungen! Wenn dort unsere derzeit praktizierte Asylpolitik nicht radikal geändert wird, dann ist diese Fehlentwicklung, vor der unsere europäischen Nachbarn sich schützen, bei uns kaum noch aufzuhalten! – Dr. med. Ulrich Pietsch


Leserbrief zu „Die lautlose Revolution“ von Stefan Willeke

Wer hat eigentlich die Legende verbreitet, dass Elektro-Autos per se umweltfreundlicher sind als konventionelle PKW? Bei der Herstellung des Akkus fallen 5-6 Tonnen CO2 zusätzlich an, die man im Fahrbetrieb dann erstmal wieder hereinholen muss. Wenn man das Elektroauto dann noch mit dem Deutschen Strommix betankt, hat des Elektroauto keinen Vorteil gegenüber dem konventionellen Diesel (siehe Link unten). Es stört mich, dass die Politik und auch die ZEIT immer völlig undifferenziert davon ausgeht: Elektro ist gut. Wenn man sich mal die Details ansieht, ist die Welt nicht so schwarz-weiss wie man es gerne hätte (https://www.ifeu.de/wp-content/uploads/8181_texte_27_2016_umweltbilanz_von_elektrofahrzeugen.pdf) Wenn dann noch jemand glaubt, es wäre umweltfreundlich, in einem tonnenschweren Elektro-Sportwagen mit 200 km/h auf der Autobahn zu rasen, dann mache ich mir keine Illusionen mehr über unsere Zukunft. Denn das, was eigentlich nötig wäre, will offenbar weltweit niemand: Das Auto von einem emotional aufgeladenen Statussymbol (das möglichst groß und toll sein muss) zurechtzustutzen zu einem möglichst leichten und sparsamen Gebrauchsgegenstand. – Gerhard Buchmann


Leserbrief zu „Über Zivilität und Umgangsformen“ von Peer Steinbrück

Ich bin Peer Steinbrück dankbar für seine Aufzählung von korruptem „Elite“-Verhalten, das von der Öffentlichkeit weitestgehend hingenommen wird. Nicht folgen kann ich aber seiner Auffassung, daß es notwendig sei, eine deutsche Leitkultur zu definieren. Meine kulturelle Leitfigur ist Carolus Magnus/Karl der Große/Charlemagne. Wenn schon überhaupt der Begriff Leitkultur gebraucht wird, dann definiere ich meine Leitkultur über die obligate Satzfolge der Barocksuite Allemande – Courante – Sarabande – Gigue, ggfls. angereichert mit Siciliano, Menuett und Polonaise, später auch mit Dumka oder Valse mélancolique; darin finde ich die kulturelle Einheit Europas, an der Deutschland mit der Allemande seinen Anteil hat. – Raimund Scholzen


Leserbrief zu „Wattiertes Denken“ von Wolfram Eilenberger

Chapeaux, Herr Eilenberger! Grandiose Analyse, spannend zu lesen! Mir scheint ein noch tiefer reichendes Angstphänomen könnte hinter der konformistischen Flachatmung der akademischen Philosophie liegen – vielleicht geht es sogar um mehr als den akademischen Tod im Mahlwerk des Rankings. Mit dem verbreiteten Begrenzen auf akzeptierte Denksysteme und zwanghaften Klipp-klapp vorgestanzter Sprachformen wird meines Erachtens eine existenzielle Angst kompensiert: Die Frage ist, wie der von Ihnen eingeforderte Mut sich auf diesen existentiellen Bereich erstrecken kann. Schon in der bedeutsamen Zeit 1919-1929 wurde in fataler Weise angstbesetzt ausgeblendet, was die zweite Seite der modernen Philosophie sein kann. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts haben sich die Wissenschaften im Rausch der naturwissenschaftlichen Erfolge allgemein materialistisch einzwängen lassen. Das materiell begrenzte Weltbild wird aus Angst vor dem Incommensurablen zu wenig hinterfragt. Die Scheinsicherheit materieller Logik findet sich beispielsweise im von Ihnen widerlegten Satz, Quantität würde notwendig in Qualität umschlagen: es findet nicht statt! Die Welt existiert dennoch! Angesichts der Trümmer, die diese angstbesetzte Begrenzung im Denken weltweit erzeugt – nicht nur in der lauschigen Umgebung der Wissenschaft – wäre eine Umkehr in nachhaltigere Gefilde angezeigt. Die Erfahrung mit nachhaltigen Ansätzen lehrt auch, wie unbegründet diese Angst ist. Der von Ihnen zu recht geforderte Mut sollte dazu führen, beispielsweise Denker wie J. Böhme, J. W. Goethe und R. Steiner nicht weiter zu ignorieren sondern ihren „goetheanistischen“ Weg zu integrieren! Zugegeben, wer nicht an den Abgrund des Seins treten und darüber hinausschauen mag, der kommt selten so weit, dass er erkennt, wie der Mensch in seiner Dualität aus Geist und Materie zwei Ansätze parallel erforderlich macht: einen an das Äußere gebundenen materiellen, naturwissenschaftlichen und einen freien geistigen. Neben den allzu bekannten „objektivierbaren“ Denksystemen gehört ein originärer, subjektiver Ansatz in die Geisteswissenschaft. In sich hineinhorchen und eidetische Erlebnisse der Wahrheitsfindung in künstlerischer Weise gebären: Eine individuelle Philosophie! Sie ist heute ebenso als Reformation nötig, wie vor 500 Jahren der individuelle Zugang zum geistigen Urgrund als religiöse Erneuerung erkämpft wurde, die letztlich der Philosophie den Weg in die Neuzeit eröffnete. Nur Mut! – Martin Lehnert


Leserbrief zu „Über Zivilität und Umgangsformen“ von Peer Steinbrück

Wann habe ich je einen Artikel eines deutschen Politikers gelesen, der die kulturelle und politische Dekadenz unseres Landes derart realitätsnah und offen geschildert hat?!  Dank an Sie, Herr Steinbrück, für ihren Mut, die deutsche Alltagssituation beim Namen zu nennen, was ja heutzutage schnell in die rechte AFD-Ecke gestellt wird. Ich könnte leicht eine Liste schreiben mit all den vielen, oft sogar täglichen Erlebnissen in Berlin, die all das bestätigen, was Sie beklagen. Hier nur einige Beispiele aus Berlin, in dem das alles, was Sie beschreiben, ja oft  sogar die offizielle Politik ist.  Ich darf nur an die vielen menschenverachtenden Äußerungen des Berliner Regierenden Bürgermeisters Wowereit erinnern, der sich  einst z.B. köstlich amüsierte, daß vor seinem Haus eine Eisbahn war und er meinte, daß nun „Holiday on Ice“ vor seinem Haus veranstaltet werden könne, während auf den Straßen Menschen zu Hunderten stürzten, viele sogar starben, weil die Streudienste wiedermal nicht ihre Arbeit getan hatten. Auch den Menschen, die unter den Lärmbelästigungen wegen Polizeimangel litten, riet er, doch einfach wegzuziehen. Mit neuer Regierung in Berlin hat der neue grüne Justizsenator an die erste Stelle seiner Prioritätenliste die Umwandlung aller Amtstoiletten in Gendertoiletten gestellt. Amtliche interne Schreiben werden in Berlin – Kreutzberg-Lichtenberg nicht mehr bearbeitet, sofern sie nicht gendergerecht geschrieben sind. In was für einem Land  leben wir, wenn dies die vorrangigen Aufgaben einer Regierung sind?! Betrunkene, gröhlende Touristenhorden durchziehen die Straßen und machen des Schlafen unmöglich. Stellungnahme des Senats: das ist der „Berliner Lifestile“ , er darf nicht eingeschränkt werden. Die SPD hat einen Schulz-Wahlkampf gemacht, der sich zentral auf Europa und die Gerechtigkeitsfrage konzentrierte und Kulturverschiebungen ausklammerte. Wie in den USA so auch bei uns: wer derart weltfremd Politik macht, darf sich über AFD- bzw. Trump- Erfolge nicht wundern. Dort wie hier ist die zunehmende Verdrossenheit und Entfremdung vieler Bürger von den traditionalen Parteien nicht nur durch steigende Armut , sondern vor allem auch durch die kulturelle Dekadenz entstanden. Der Genderwahn und der wundersam auch von Merkel nun wieder gelobte Multikulturalismus durch die unkontrollierte Zuwanderung führen zu einem Gefühl der Ausgrenzung und Fremdheit einer zunehmenden Zahl deutscher Bürger in ihrem eigenen Land. Schulleiter klagen über die Arabisierung: “Wir sind auf dem Weg ins Mittelalter, Bildung ist egal, Hauptsache fromm“. Die „Flüchtlings“-Flut führt nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen europäischen Völkern zu Zwietracht.
„Das Band zerreist“ war der Titel eines Artikels in der „Zeit“ vom 22.Februar. Dort deckt Andreas Reckwitz auf, wie soziale Deklassierung und kulturelle Entwertung Hand in Hand gehen und die Gesellschaft Mitte und Maß einbüßt . Die neue Identitätspolitik vernachlässige die allgemeinen, für alle verbindlichen Normen. Eine „Gesellschaft der Singularitäten“ schreite voran .  Immer mehr Politikfelder werden von aggressiv vorgetragenen Minoritätenforderungen bestimmt, sexuelle und kulturelle Diversifizierungen stehen oben auf der Tagesordnung,  tradierte Umgangsformen sind zu einem überholten Verhalten degradiert. Nicht die notwendige, sondern die zur Hysterie gesteigerte Me too-Debatte denunziert das auf Höflichkeit basierende Verhalten gegenüber Frauen zu einem Macho-Fehlverhalten. So wird das Tür-Aufhalten mit einem strafenden Blick der Frau beschämt. Kann es noch schlimmer kommen? Viele kulturelle und bewährte Maßstäbe sind wankend geworden. Die Elite zeigt sich als Vertretung einer linksliberalen Bevölkerungsschicht, die sich in ihrem Prenzlauerberg-Kitz arrogant eingerichtet hat und den Kontakt zu den Problemen der Mehrheit des Volkes verloren hat. Die SPD hat kaum noch Verbindung zu den wirtschaftlichen  und kulturellen Problemen der Mehrheitsgesellschaft  ( Mietwucher , steigende Kriminalität , vor allem auch von Ausländern, Klimaprobleme, „Flüchtings“-Probleme, Bildungsnotstand, vor allem bei Schülern, Verarmung etc. ). Ein Land, in dem der soziale Zusammenhalt wegbricht und Gruppenegoismen und Ellbogengesellschaft  mit einem linksliberalen Hegemonieanspruchs den Alltag bestimmen, wird die immer stärker drängenden Zukunftsfragen nicht bewältigen können. Peer Steinbrück hat dazu alles auf den Punkt gebracht. Vielen Dank ! – Ein/e ZEIT Leser/in


Leserbrief zu „Über Zivilität und Umgangsformen“ von Peer Steinbrück

Kaum zu glauben, da zeigt Herr Steinbrück als Kanzlerkandidat den Stinkefinger und bemängelt dann den Verfall der Sitten. – Jürgen Boike


Leserbrief zu „Nachhilfe in Skepsis“ von Martin Spiewak

Ihr Beitrag spricht eine klare Sprache, das ist zu begrüßen und in der Tendenz zeichnen Sie auch das richtige Bild der Lehranstalten. Sie sprechen von „Schwarmdummheit“ – ich würde eher von gewollter Blödheit sprechen. Das trifft nicht nur für die Schüler zu, sondern, wie Sie richtig schreiben, auch für die Pädagogen. In mehreren Leserzuschriften an Sie, habe ich das schon seit Jahren kritisiert. Der Beitrag ist also für mich nichts Neues. Unsere Kinder sind von uns informiert worden. Aber wer macht das schon. In Ihrem Beitrag fehlt aber das Wesentliche. Ich war selbst im Elternbeirat einer Realschule und habe feststellen müssen, daß die angehenden Pädagogen aber auch die bereits seit Jahren unterrichten, einseitig die Informationen an die Schüler weitergeben, wenn ein soziales Problem zu lösen war. Ich weiß, das fast alle Pädagoginnen ( Pädagogen gibt es ja kaum noch) der Grünen Partei zugeneigt sind, um es vorsichtig auszudrücken. Das wird in den Studien nicht bedacht. Insofern sind alle Studien unvollständig und auch irreführend. In NRW, wo wir leben, ist die Regierung abgewählt worden, auch wegen der Schulpolitik der Grünen Politikerin Frau Wöhrmann. Und zu den Medien sei gesagt: ist es nicht viel anders. Die Welt dreht sich nicht nur in eine Richtung. Auch was richtig oder falsch ist, wissen auch nicht die Wissenschaftler. Alle Studien taugen wenig für die wirklichen Zustände in einem Land. – Gunter Knauer


Leserbrief zu „Der Nächste, bitte – noch nicht“ von Christian Heinrich

Macht sich in seinem Beitrag ungeprüft einen Kampfbegriff der PKV zueigen, wenn er zum Problem langer Wartezeiten für gesetzlich Versicherte auf Facharzttermine schreibt: „Könnte die Einheitsversicherung das Problem lösen?“ Gesetzlich Krankenversicherte können unter über 100 verschiedenen Kassen wählen und ohne Risikoprüfung die Kasse wechseln, auch wenn sie schwer krank sind. Privat Versicherte haben diese Wahlfreiheit nicht. Die Bürgerversicherung ist also gerade keine Einheitsversicherung. Sie würde den bisher zwangsweise privat Krankenversicherten ungekannte neue Wahlfreiheit bringen. Christian Heinrich macht sich dann nicht die Mühe, eine Behauptung eines Ärztefunktionärs kritisch zu prüfen oder wenigstens auch eine Gegenposition zu bringen, wenn er Dirk Heinrich vom NAV-Virchowbund zitiert, der dann u. a sagt:“ Zum Ende des Quartals hin müssen wir unsere Behandlung (von Kassenpatienten) letztlich querfinanzieren durch die private Krankenversicherung, wo nicht nach Patient, sondern nach Leistung angerechnet wird.“ Das sind unwahre Behauptungen, denn die Vergütung der niedergelassenen Ärzte ist von Gesetzes wegen so ausgestaltet, dass Ärzte von den Kassen über deren Kassenärztliche Vereinigungen so vergütet werden, dass damit die durchschnittlichen Praxiskosten bezahlt sind und der Arzt für seine Arbeit am Ende ein Einkommen wie ein Oberarzt hat. Privathonorare sind dann tatsächlich Zusatzeinnahmen. Dort, wo wenig Privatversicherte wohnen, gibt es deshalb zu wenig Fachärzte. Auch dieser Zusammenhang ist Autor Christian Heinrich leider entgangen. – Udo Barske


Leserbrief zu „Arme gegen Arme“ von Caterina Lobenstein und zu „Ich bin keine Flüchtlingshilfe“ von Olivia Kortas

Ja, es gibt auch falsche und gar schlechte Fragen. Dazu gehört diese, ob der Leiter der Essener Tafel ein Rassist sei. Es ist einfach, jemand in eine bestimmte Schachtel zu stecken. Da bleibt dann immer etwas hängen. Ganz reinwaschen geht dann nicht mehr. Und wie hat unsere Bundeskanzlerin auf die Entscheidung der Leitung der Essener Tafel vorschnell reagiert? Angela Merkel zeigt mit ihrer Erklärung, dass sie überhaupt nichts verstanden hat. Sie schwebt schon längst hoch über den Wolken. Ähnliches gilt in diesem Fall auch für Karl Lauterbach oder Katarina Barley mit ihren völlig deplatzierten Vorwürfen gegen die Essener Tafel. Eigentlich sollten die privat initiierten Tafeln gegen die Verschwendung von übrig gebliebenen Lebensmitteln als eine preiswerte Unterstützung für Menschen dienen, damit sie sich vielleicht auch noch etwas anderes leisten könnten. Aber in der Realität sind die Tafeln inzwischen eine Existenzsicherung für Millionen Menschen. Angela Merkels Mantra „Wir schaffen das“ heißt doch übersetzt: “Ihr müsst das schaffen”. Ihr – das sind zuerst die 13 Millionen Menschen in Deutschland, die arm oder von Armut bedroht sind. Sie sind bei der Nahrungsbeschaffung oder der Wohnungssuche mit dieser neuen Konkurrenz direkt konfrontiert. Und ganz sicherlich nicht die, die jetzt mit maßloser Kritik gegen die Leitung der Essener Tafel Rassismusvorwürfe erheben. Damit diese führenden Politiker ein wenig mehr Zugang zur Realität außerhalb Ihren luxuriösen Arbeitsbedingungen im Berliner Parlament bekommen, sollten sie zumindest einen Monat lang abwechselnd in einer Tafel mit arbeiten und bei gleichen Bezügen wie die „Tafelkunden“ sie haben, sich in die Warteschlange stellen, um sich die tägliche Essensration abzuholen. Aber eigentlich müssten die Politiker aufgrund ihres jahrzehntelangen sozialpolitischen Versagens, allerspätestens jetzt nach solch aufrüttelnden Szenen voller Demut die betroffenen Menschen um Verzeihung bitten. Dann müssten sie für eine sofortige Verbesserung und ein menschenwürdiges Leben auch für die Menschen sorgen, die auf die Versorgung durch die Tafel angewiesen sind. Dafür müssten sofort Milliarden Euro in den Koalitionsvertrag reingeschrieben werden. Leider und scheinbar ist die Trennung, die Distanz, zwischen diesem meist nur erwähnten reichen und dem auch bestehenden armen Deutschland unglaublich groß und wahrscheinlich wird sie von denen da „oben“ mangels Einsicht nicht verändert werden. – Peter Gernbacher


Leserbrief zu „Ist das zu verstehen?“ von Anna-Lena Scholz

ich möchte mich ganz ausdrücklich bei Ihnen für den treffenden Kommentar von Anna-Lena Scholz zur designierten Bildungsministerin in Ihrer aktuellen Ausgabe danken (Chancen, S. 70). Die ganze Woche über habe ich in verschiedenen Tageszeitungen vom angeblich akademischen Dünkel gelesen, wenn es um die Eignung von Frau Karliczek für das Amt ging. Natürlich bin auch ich gewillt zu hoffen, aber wir benötigen dringend eine Bildungsministerin, die sich mit den Forschungs- und Beschäftigungsstrukturen der Universitäten sowie den Studienbedingungen auskennt. Konzis benennt Frau Scholz des Pudels Kern dieser Personalie: die Geringschätzung der Wissenschaft und die bereitet nicht nur mir Sorgen, wie ich aus Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen weiß. Ich danke Ihnen dafür, dies so klar ausgesprochen zu haben und bin schon auf die weitere kritische Begleitung der baldigen Ministerin in der ZEIT gespannt. – Birte Förster


Leserbrief zu „Über Zivilität und Umgangsformen“ von Peer Steinbrück

Eine solche blöde Diskussion kann es nur bei der deutschen SPD geben. Allein schon deswegen, wäre für mich diese Partei unwählbar. Jedes Land auf unserem Planeten hat ihre eigene Kultur. Das macht die SPD nicht nur nicht wählbar, sondern ihr Verstand lässt es auch nicht zu, dass man Ihr ein Regierungsamt überlässt. Wer seine eigene Kultur verleugnet, sollte eigentlich nach der Verfassung bestraft werden. Das ist für mich ein schwerer Vertrauensbruch gegenüber der Menschheit, wie ihn Herr Oppermann begangen hat. – Gunter Knauer


Leserbrief zu „Arme gegen Arme“ von Caterina Lobenstein und zu „Ich bin keine Flüchtlingshilfe“ von Olivia Kortas

Allen die sich jetzt über die Essener Tafel echauffieren sei empfohlen, sich an 1 oder 2 Ausgabeterminen bei ihrer lokalen Tafel als HelferIn ehrenamtlich zur Verfügung zu stellen, um die Versorgungsrealität kennen zu lernen. Entgegen dem, was in Ihrem Seite 3-Artikel suggeriert wird, ist solche Hilfe auch von Nicht-Deutschen durchaus willkommen, zumindest bei unserer hiesigen Wormser Tafel. Der Skandal besteht in der Tat darin, dass der Bund, der für die Armutszuwanderung letztlich verantwortlich ist, schwarze Zahlen schreibt, während die Kommunen, die die Probleme vor Ort lösen müssen, durch explodierende Sozialetats politisch handlungsunfähig werden. Geradezu rührend ist der Satz, “die Not wurde durch den Zuzug der Flüchtlinge nicht erzeugt, sondern nur verschärft”. Die Tafeln waren als gemeinnützige Organistation strukturell nie für die massenhafte Versorgung von Flüchtlingen gedacht. Dies ist und bleibt staatliche Aufgabe. Hierin ist Herrn Sartor unbedingt zuzustimmen. – Dr. Wolfgang Klein


Leserbrief zu „Arme gegen Arme“ von Caterina Lobenstein

Die Thematik um die Essener Tafel kocht ja gerade hoch. Befeuert auch durch Artikel wie den oben genannten in „DIE ZEIT“. Die Autorin Caterina Lobenstein schreibt da „Sators Entscheidung, nur Deutsche zu versorgen, war falsch…“. Die Behauptung der Autorin, dass „nur Deutsche“ versorgt werden, ist so nicht richtig. Die Essener Tafel will vorerst nur noch Personen mit deutschem Pass neu aufnehmen, um so den Anteil von derzeit ca. 75% Migranten wieder auszugleichen. Die bisherigen Mitglieder ohne deutschen Pass werden auch weiterhin versorgt. Diese Tatsache ist aus anderen seriösen Medien bekannt und kann nachrecherchiert werden. Lesen Sie dazu auch den Artikel auf Seite 3 in „DIE ZEIT“ – No 10: „Ich bin keine Flüchtlingshilfe“ von Oliver Kortas. Wenn auf derselben Seite des Artikels (die Titelseite) ein Hinweis auf einen Artikel über „Bild“ mit dem Inhalt „Hauptsache es knallt – warum Springers Boulevardblatt neuerdings wieder auf alte Methoden setzt“ steht, fällt es mir schwer, journalistisch zwischen dem Springer Boulevardblatt und „DIE ZEIT“ zu unterscheiden. – Oliver Lubik


Leserbrief zu „Gutes Streiten, schlechtes Streiten“ von Paul Middelhoff

Die Bildungsministerin Wanka soll sich lieber um die Bildung Sorgen machen. Die ist nämlich in einem katastrophalen Zustand. Dafür ist sie gewählt worden. Sonst wird eines Tages die AfD dass Ressort übernehmen. – Gunter Knauer


Leserbrief zu „Wattiertes Denken“ von Wolfram Eilenberger

Denken auf neue Wege zu führen klingt phantastisch! Ich wäre gerne dabei- nur fehlen mir zunächst die Worte und Ideen. So vieles ist schon gedacht und geschrieben. Ich versuche meinen Weg als „Philosophin“ über das Promotionsthema „Phantasie“- natürlich im universitären, „denkathletischem“ Rahmen. Die erwähnte „Binnendeutungsartistik“ nimmt dabei viel Raum ein, so dass ich leider Nichts (bis wenig) zur Strahlkraft beitragen werde… Schade! – Anna Staab


Leserbrief zu „Ich spiele nicht mit Sehnsüchten“ von Götz Hamann

zunächst ein Zitat aus dem o.g. Interview: „ZEIT: Durch die Verbrechen der Nazis sind die Deutschen sehr zurückhaltend, wenn es um genetische Selektion geht. Varsavsky: Aber es ist unlogisch, den Frauen später zu erlauben, den Förus abzutreiben. Das ist keine konsistente Regelung.“ Der Vorwurf der Inkonsistenz ist nachvollziehbar. Aber bemerkenswert, ja erschreckend ist: Keiner der beiden Gesprächspartner, weder der Befragte noch der Fragesteller, kommt auch nur auf die Idee, daraufhin die gängige Abtreibungspraxis anzuzweifeln. Warum nicht? Ist Kritik an Abtreibungen ein Tabu? Warum sehen wir die genetische Selektion unter Föten zu Recht als höchst problematisch an, „erlauben“ aber die Anwendung der selben Kriterien bei Abtreibungen?Haben Sie schon einmal versucht, das einem Menschen mit Down-Syndrom zu erklären? Ich kenne mehrere. Ich bin froh sie zu kennen. Sie würden den genannten Gedankengang durchaus inhaltlich verstehen, und sie wären darüber zu Recht bestürzt. Ich erlebe die Autoren der ZEIT ansonsten idR als ausgesprochen menschenfreundlich und nachdenklich. Das schätze ich gerade so sehr an der ZEIT. An dieser Stelle scheint mir jedoch ein blinder Fleck zu sein. – Prof. Dr. Matthias Clausen


Leserbrief zu „Die lautlose Revolution“ von Stefan Willeke und zu „Wir müssen draußen bleiben“ von Claas Tatje

Dass zum Thema „Auto fahren ohne schlechtes Gewissen“ von der deutschen Politik oder der deutschen Wirtschaft im letzten Jahrzehnt wesentliche Impulse ausgegangen sind, kann, fürchte ich, nach dem 18. September 2015 wohl niemand mehr ernsthaft behaupten. Insoferne finde ich es natürlich sehr begrüßenswert, wenn die „ZEIT“ sich nun kritisch mit den interessanten Fragen beschäftigt, warum das so ist – und ob sich daran vielleicht in Zukunft etwas ändern könnte. Extrem enttäuschend finde ich allerdings, was dann von Stefan Willeke und Claas Tatje – die scheinbar als Einzelkämpfer an die Aufklärungsfront geschickt wurden, und vom Rest der Redaktion ganz offenbar nicht einmal einen Funken Unterstützung bekommen haben – als Antwort auf die Frage „Geht das?“ angeboten wird. Alleine die Bildunterschrift „Breit und schwer wie ein Militärfahrzeug: Ein Volvo 140 aus dem Jahr 1973“ führt jedenfalls schon derart in die Irre,  dass all die durchaus redlichen Bemühungen von Stefan Willeke und Claas Tatje, dem Leser zumindest ein Minimum an Orientierung zu geben, schon von Beginn an extrem erschwert, wenn nicht gar völlig verunmöglicht sind.Zur Klarstellung, wie früh und wie sehr die von Willeke und Tatje geführten Ermittlungen über den Straßenrand hinaus schleudern, hier eine Gegenüberstellung (die folgenden Daten basieren auf den jeweiligen Wikipedia-Artikeln für die Volvo-Modelle 142,144, 145, 164 und XC90):Der (auf dem Foto abgebildete) Volvo 140 (erhältlich mit zwei, vier oder fünf Türen) war 1,71 Meter breit und wog 1230 Kilogramm. Und der damals größte Volvo-Pkw, Typ 164, eine viertürige Limousine, war in etwa gleich breit und schwer. Der breiteste und schwerste Volvo des Jahrgangs 2018, ein SUV, trägt die Typbezeichnung XC90, ist 1,97 breit und wiegt – je nach Ausstattung – 2350 Kilogramm.Ich würde meine Kritik an dieser Stelle eigentlich gerne beenden. Aber so leicht möchte ich es mir – und Ihnen – dann doch nicht machen. Darum würde ich Herrn Tatje und Herrn Willeke gerne nochmals auf die Reise schicken und um Beantwortung der folgenden Fragen bitten: Warum ist es bislang nicht möglich, dass Euro-5-Diesel mit SCR-Filtern nachgerüstet werden? Und auf welche Weise könnte man Autobauer dazu bringen, nach knapp zweieinhalb Jahren völliger Untätigkeit zumindest jetzt endlich aktiv zu werden? Einen kleinen Beitrag zur Beantwortung dieser Frage möchte ich übrigens auch selbst leisten: Ich habe gestern in der Wiener VW-Fachwerkstätte, die erst kürzlich den Zahnriemen bei unserem VW Golf VI (der übrigens in etwa so viel wiegt, wie der Volvo 140 aus dem Jahr 1973) durchgeführt hat, einen Kostenvoranschlag für die entsprechende Nachrüstung angefordert. Obwohl mir der sehr freundliche Herr am Schalter mitgeteilt hat, dass eine derartige Nachrüstung vermutlich gar nicht möglich ist. Er wusste ad hoc keine Antwort auf meine Frage: „Geht das?“. Aber, immerhin, ER hat sich um eine Antwort ehrlich bemüht. Das kann man, leider, nicht von jedem mit dieser Causa Befassten behaupten. Jetzt bin ich neugierig, wie man seitens Volkswagen weiter reagieren wird.Vielleicht teilt man ja bei der „ZEIT“ meine Meinung, dass es nicht nur sehr viel Innovationsgeist und sehr viel Mut braucht, um die Mobilität der Zukunft zu gestalten. Sondern auch ein Minimum an Anstand. PS: Ich gestehe übrigens, dass ich selbst da bislang kein Vorbild war. Und es würde mir auch nichts ausmachen, wenn Frau Merkel oder Herr Müller mir diesbezüglich mit Taten zuvorkommen. Oder die Herren Willeke und Tatje mit brauchbaren Antworten. – Peter Jungwirth


Leserbrief zu „Eine Woche im Lehrerzimmer einer Brennpunktschule“ von Björn Stephan

Zustände wie die geschilderten finden sich nicht nur in den sog. Brennpunktschulen, sondern auch in Schulen, die immer noch Gymnasien genannt werden. In einer solchen in Bergheim (NRW) schlief ein Schüler der elften Klasse am Montag in meinem Mathematikunterricht regelmäßig seinen Rausch vom Wochenende aus. Nachdem ich ihm seine „Leistung“ im Zeugnis mit mangelhaft testiert hatte (was er von meinen Vorgängern nicht gewohnt war), beschwerte er sich bei der Bezirksregierung Köln über mich: ich könne nicht erklären und ihn nicht motivieren. Obwohl alle Klassenkameraden das Gegenteil bestätigten, erhielt er mit seiner Beschwerde Recht. Als ich kurz darauf, u.a. wegen seiner Beschwerde an eine andere Schule versetzt wurde, kam er nach der letzten Unterrichtsstunde zu mir und bedankte sich: ich sei der beste Mathematiklehrer gewesen, den er in seiner Schulzeit gehabt habe. An der nächsten Schule tat der Schulleiter eines Gymnasiums in einer Konferenz kund, das Leistung für ihn ein Schimpfwort sei. An der übernächsten(!) Schule in Bergisch-Gladbach ordnete der Schulleiter in der Jahreszeugniskonferenz an, dass keine der von mir erteilten Zeugnisnoten auf den Zeugnissen erscheinen dürfe. Dies lag eindeutig nicht in seiner Kompetenz. Meine Notengebung entspräche nicht den hier üblichen Gepflogenheiten. Nur ein Kollege wagte es, ihm zu widersprechen. Ihm wurde das Wort verboten. Meine Dienstaufsichtsbeschwerde wurde, ohne in geringster Weise auf Begründungen und Unterlagen einzugehen, abgelehnt: der Schulleiter habe pädagogisch verantwortungsbewusst gehandelt. – Das Kultusministerium lehnte es ab, Maßnahmen der Bezirksregierung zu kommentieren. Wie heißt es doch: Der Fisch stinkt vom Kopf her. – Die Leidtragenden sind leider die Schülerinnen und Schüler. – Rudolf Spiegel


Leserbrief zu „Den Kindern diese Freiheit lassen“ von Jeannette Otto

das Interview zeigt mir, wie verdorben unsere Gesellschaft geworden ist. Mir graut vor einer Kindergärtnerin, die die Bildung der sexuellen Vielfalt nicht verhandelbar ist. Viele Eltern, die nicht mehr unter uns sind, würden sich im Grabe umdrehen. Mir geht es nicht um die verschiedenen Geschlechterrollen, die heute nicht mehr diskriminiert werden sollten, sondern wie man in den Lehranstalten und Kitas damit umgeht. Das Thema gehört in keine Kita, weil ein Kind dafür noch nicht die Reife hat, das richtig einzuordnen. Wenn ich Ihren Artikel „Wattiertes Denken“ über den desolaten Zustand der deutschsprachigen Philosophie lese, dann bringe ich den desolaten Zustand der Kitas damit in Verbindung. – Gunter Knauer


Leserbrief zu „Wattiertes Denken“ von Wolfram Eilenberger

Auch ohne vom Fach zu sein, darf man den Blick des Autors auf die gegenwärtige Philosophie korrigieren. Man kann sich dabei an seine eigenen Worte halten. Das öffentliche Interesse an Philosophie ist groß in den Medien, und es gibt eine Vielzahl sehr gut ausgebildeter Philosophen. Ist doch super. Und dass der akademische Lehrbetrieb sich der Vermittlung und Weitergabe der großen Denktraditionen an die Jugend widmet, ist auch verdienstvoll und keine „irrelevante Selbstbespiegelung“. So entstehen Selbstdenker. Dass die namentlich zitierten „Granden“ keine unmittelbaren Nachfolger finden – na und? Our feet are just too big, hat Jimi Hendrix mal gesagt. Auch in der Vergangenheit sind nicht in jeder Generation große Dinge passiert, ein Paradigmenwechsel, eine kopernikanische Wende. Die große geistigen Anreger waren oft Außenseiter (Nietzsche, Wittgenstein, Benjamin..). Mit keinem Studienplan kann man Vergleichbares heranzüchten. Das muss man dem Weltgeist überlassen. Überhaupt ist die Philosophie heutzutage zunehmend in der Rolle, dass sie Forschungsergebnisse anderer Fächer reflektiert und moderiert. Sie dreht nicht mehr das große Rad. – Ernst Hofmann


Leserbrief zu „Wir müssen draußen bleiben“ von Claas Tatje

Bei aller teils berechtigten Kritik an der Autoindustrie oder der Politik kommt aus meiner Sicht ein Aspekt in der Debatte über ein Fahrverbot für Dieselautos immer noch zu kurz. Es geht nämlich nicht nur um die Qualität eines Autos, sondern mindestens genauso um die Quantität der Fahrzeuge auf unseren Straßen. Und ich rede vom Regelfall, von den gesunden, vitalen, erwachsenen Menschen, die zu etwa 50% (ich erinnere mich an Zahlen, die in den 90er Jahren unser damaliger Bundespräsident Roman Herzog genannt hat) auf Autofahrten verzichten könnten, weil die anstehenden Erledigungen zu Fuß oder mit dem Rad gut machbar wären. Ist uns nicht oft der Weg zum 500 m entfernten Bäcker zu Fuß zu mühsam? Können oder wollen wir der Bequemlichkeit wegen nicht auf das Auto verzichten, wenn wir täglich zum 3 km entfernten Arbeitsplatz mit dem Auto fahren. Muss, nur weil es der Geldbeutel erlaubt, es ein tonnenschweres SUV-Fahrzeug sein, mit dem wir durch die Ortschaften und Städte fahren? Diese Autos haben einen enormen Spritverbrauch und transportieren nicht selten eine „Nutzlast“ von nur 10% (Verhältnis Fahrergewicht zu Autogewicht). Wie steht es mit Fahrgemeinschaften? Schauen wir auf die Wagenkolonnen, die morgens Tag für Tag in unsere Städte fahren. Sitzt da nicht meistens der Fahrer allein im Fahrzeug? Ist es zu viel verlangt, sich mit dem Nachbarn oder einem Arbeitskollegegen abzusprechen, der eine ähnliche Fahrroute hat – und das bei den modernen Kommunikationsmitteln heutzutage? Prüfen wir sorgfältig genug, ob unsere erwünschte, oft notwendige Mobilität nicht auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln machbar ist? Es geht bei dieser Verkehrsdiskussion doch nicht nur um eine saubere Luft in unseren Städten und Gemeinden (das muss ein Menschenrecht sein wie sauberes Wasser), sondern auch um verstopfte Straßen, um Lärmbelästigung und um Unfallgefahr – alles was wohl H. Janecek stört. Wir Bürger sind nicht nur Opfer des starken und stinkenden Verkehrs, sondern meist auch Täter. „Meist“ deswegen, weil es viele vorbildliche Zeitgenossen gibt, die sich ökologisch bewegen und das Autofahren auf ein notwendiges Minimum reduzieren. Diese Bewohner an verkehrsreichen Straßen, diese Fußgänger oder Radfahrer sind es, die unverschuldet den Gestank oder den Lärm der anderen „konsumieren“. Vielleicht kommen wir ohne Fahrverbote, ohne weitere Gesetze und Vorschriften aus, wenn wir das örtliche Verkehrsaufkommen um die Hälfte vermindern könnten? Die ökologische Art der Fortbewegung muss auch beworben werden im Fernsehen, im Radio, an den Straßen mit ansprechenden Tafeln. Jetzt im Zuge eines drohenden Fahrverbotes für Dieselfahrzeuge ist das ein günstiger Zeitpunkt. Auch können städtebauliche Anreize (überdachte Stellplätze für Fahrräder, breite und sichere Radwege, günstiger, schneller öffentlicher Nahverkehr) den Umstieg vom Auto zum Rad oder zu öffentlichen Verkehrsmitteln erleichtern. Wenn wir dies schaffen könnten (einige Städte in Nordeuropa zeigen, dass das möglich ist), dann kann der Handwerker weiterhin seine Arbeit ausführen, dann kann der Stadtbewohner weiterhin seine seltenen, notwendigen(!) Fahrten auch mit dem Diesel machen – und H. Janecek kann in der Münchner Wohnung an der Landshuter Allee alt werden. – Franz Großmann


Leserbrief zu „Europas zögerliche Liebhaber“ von Jürgen Habermas

Wo Habermas richtig liegt, ist seine Interpretation des Erfolgs von Emmanuel Macron: Mit dem Thema Europa und der EU lassen sich durchaus Wahlen gewinnen, wenn dabei das Ziel, politische Handlungsfähigkeiten gegenüber Märkten und großen Wirtschaftsblöcken zurückzugewinnen, im Blickfeld bleibt. Was ich allerdings völlig rätselhaft finde, ist sein Engagement für Sigmar Gabriel als Außenminister. Dieser hat sowohl während der Griechenland-Krise als auch im Umgang mit Flüchtlingen im Trüben gefischt und Angela Merkel vergleichsweise links aussehen lassen – anstatt sie, wie es seine Aufgabe als SPD-Chef gewesen wäre, sie von links zu kritisieren. Für mich zeigt dies, dass Habermas alt wird und nicht mehr klar zwischen persönlichen Loyalitäten und sachlich begründeten Entscheidungen unterscheiden kann. – Dr. Dirk Kerber


Leserbrief zu „Arme gegen Arme“ von Caterina Lobenstein

Im Artikel “ Arme gegen Arme“ von Caterina Lobenstein auf der Titelseite wird behauptet, der Leiter der Essener Tafel Herr Sartor hätte sich entschieden „nur Deutsche zu versorgen“. Das ist so nicht korrekt. An der Essener Tafel werden nach wie vor auch Flüchtlinge versorgt. Es sollen nur keine weiteren Flüchtlinge als Mitglieder aufgenommen werden. Der Satz „Sartors Entscheidung nur Deutsche zu versorgen“ ist also falsch! Frage: Schlamperei oder bewusste Stimmungsmache (Keule Ausländerfeindlichkeit)? Solche Aussagen sind unredlich und unter dem Niveau der Zeit. – Dr. Armin Boebel


Leserbrief zu „Der Blockchain-Code“ von Lisa Nienhaus et al.

Sie beschreiben in Ihrem Artikel einige Vorteile der Blockchaintechnologie, die die Basis für viele Kryptowäheungssysteme ist. Dazu einige Anmerkungen:Für die Revolution sorgt nicht die Technologie, sondern die neuartige Anwendung von lange bekannten technologischen Ansätzen. Bitcoin und Ether (bei Ethereum) sind nur zwei von über 1400 Kryptowährungen und die meisten Systeme sammeln schlicht reales Geld für diese Spekulationsobjekte ein. Die beschriebene Sicherheit dieser Systeme fällt nicht vom Himmel, sondern muss nach wie vor kritisch überwacht werden, denn im Zentrum steht von Menschen entwickelte und veränderbare Software. Ohne entsprechende Kontrollmechanismen können auch Blockchainsysteme korumpiert werden. Dies ist in der Vergangenheit geschehen und wird auch in Zukunft nicht auszuschliessen sein. Blindes Vertauen ist also nicht angebracht! – Norbert Schädler


Leserbrief zu „Ich spiele nicht mit Sehnsüchten“ von Götz Hamann

Wenn hochqualifizierte Mitarbeiterinnen von Google und Facebook von den Konzernen auch noch finanziell bei ihrer nachwuchsplanungsoptimierung unterstützt werden, so kann man nur hoffen, dass die Sponsoren nicht gleich noch die Rechte am Kind verbrieft bekommen. Für Deutschland gibt es hoffentlich eine sehr weise und finanziell unabhängige Ethikkommission dazu. – Steffen Kaufmann


Leserbrief zu „Der Blockchain-Code“ von Lisa Nienhaus et al.

Das ist eine gut recherchierte Zusammenfassung zu diesem Thema. Vielen Dank dafür. Einen wesentlichen Aspekt behandeln Sie meiner Meinung nach jedoch nicht ausreichend. Die Vertrauenswürdigkeit von Blockchain-„Währungen“ ist für mich der entscheidende Knackpunkt. Überzeugend ist für mich das Projekt des Welternährungsprogramms. Als Emittent der Blockchain-Währung garantiert das Welternährungsprogramm dafür, dass man sein Guthaben am Ende zu definierten Konditionen in „echtes“ Geld umtauschen kann. Bei Unternehmensanleihen über Blockchain hat man ein vergleichbares Risiko wie bei klassischen Unternehmensanleihen. Der Wert des Blockchains steht und fällt mit dem Wert des Unternehmens. Bei Bitcoins garantiert niemand, ist der Emittent ein Staat wie Venezuela, so ist das Risiko genauso groß, als wenn man in frisch gedruckte Bolivar investiert. Und wenn Privatunternehmen oder gar Privatpersonen eine neue Blockchain-Währung in die Welt setzen, ist das zunächst nichts anderes, als wenn ich mir zuhause eine Fantasie-Währung ausdrucke. Ich muss nur genügend Leute davon überzeugen, dass diese bunten Papierzettel einen echten Wert haben. Ich habe den Eindruck, dass sich viele durch durch die technologisch gewährleistete Sicherheit täuschen lassen. Vertrauen in die Technologie ersetzt auf keinen Fall das Vertrauen zu dem Emittenten. Sonst hat man am Ende sichere aber wertlose Blockchains. – Rainer Funke


Leserbrief zu „Ich spiele nicht mit Sehnsüchten“ von Götz Hamann

Befremdet habe ich diesen Artikel gelesen. Mit einem einzigen Satz erwähnt Herr Varsavsky neben seiner Tochter die derart “ produzierten“ Kinder: „aber es gibt dazu keine Erkenntnisse“ – es geht nur um die Bedürfnisse der Eltern. Sehr wohl gibt es seit 50-60 Jahren Ärzte, Psychologen, Psychotherapeuten, Körperpsychotherapeuten, die sich mit diesen frühen Stadien der Menschwerdung beschäftigen, auch der Epigenetik ( u. a. Chamberlain D; Emerson W; Janus L; Laing  RD; Nilsson L; Terry K; Verny T u.a.m.). Studien dazu sind aus verschiedenen einsehbaren, auch ethischen, Gründen (Einwilligung der Kinder) schwierig zu machen, und so fehlt freilich der „Segen der Wissenschaft“. Die Zahl der behandelten/untersuchten Kinder, die aus der Retorte entstanden sind, ist noch klein, doch es gibt sie – und es gibt Hinweise auf das Nachwirken der Kälte, der Gerätschaften, der Geräusche. Donald Laing schrieb vor vielen Jahren: „Ich nehme meine Umgebung von Beginn des Lebens an wahr, mit der ersten meiner Zellen. Was den ersten ein oder zwei meiner Zellen widerfährt, vibriert durch alle nachfolgenden Zellgenerationen“. Es würde sich lohnen, bei den oben genannten sorgfältig zu recherchieren, um zumindest eine Vorstellung davon zu entwickeln, was wir mit dieser Vermarktung uns Menschheit bescheren. – Rose Drescher Schwarz


Leserbrief zu „Wir müssen draußen bleiben“ von Claas Tatje

Diese ganze Diskussion und Diesel PKW ist ein riesiger Hype, der wichtige Fakten ignoriert. Das betrifft leider auch Ihren Bericht! Sie schreiben, „Im Labor erzielten die Autos tolle Ergebnisse, doch die Luft in den Städten wurde schlechter“ und „ Im März könnte die EU-Kommission…, weil die Luft in den Städten nicht besser, sondern immer schlechter geworden ist“. Beides ist absolut falsch! Die Gesamt-Emission von NOx in Deutschland ist von 1990 bis 2015 um ca. 59% gesunken, insbesondere auch der Anteil durch Verkehr und die durchschnittliche Belastung mit NOx in den Ballungszentren sinkt seit 2006 kontinuierlich. Und das, obwohl der Straßenverkehr erheblich zugenommen hat! Somit wäre die logische und wirtschaftlich sinnvolle Vorgehensweise, die Autoindustrie durch endlich strenge Zulassungsbedingungen dazu zu zwingen, nur noch „saubere“ neue Autos zu verkaufen und so Jahr für Jahr die Luftqualität in den Städten zu verbessern. Die aktuelle Kampagne hat nur zum Ergebnis, dass die Dieselautos im Wert verfallen und die Autoindustrie super Geschäfte macht, indem sie in großen Umfang neue Autos verkauft, die auch nicht sauber sind und der Schaden bleibt bei den Bürgern! Ich werde mir jedenfalls gerade wegen des Wertverfalls meines Diesel PKWs auf lange Sicht kein neueres Auto leisten können! Mein Fahrverhalten werde deswegen aber nicht ändern (können). – Rainer Funke


Leserbrief zu „Herrlich resistent“ von Bernd Ulrich

Werter Bernd Ulrich, ist es ernsthaft herrlich resistent, wenn sich die vermeintliche Stärke einer Parteivorsitzenden und Bundeskanzlerin aus der personellen und programmatischen Schwäche bzw. Angepasstheit ihrer Partei und gewiss auch der aus Verzagtheit und Zwergenhaftigkeit der politischen Konkurrenz nährt? Wenn der ganz und gar nicht neue Vorwurf, die CDU sei ein inhaltsleerer Kanzler(in)wahlverein, immer mehr wesentliche Berechtigung findet? Ist es ernsthaft ungemein beruhigend, wenn die Probleme und somit die Aufgaben der Politik in dem wirtschaftlich bedeutendsten EU-Land überwiegend reaktiv denn normativ und zielsetzend angegangen werden, dafür mit umso beliebigeren Wertstellungen? Für mich sind diese Fragen freilich rhetorisch und nicht reaktiv. Denn die merkelsche Art, Politik nicht zu gestalten, begann heimlich, still und leise im Jahr 2005, leider mit zunehmender Maß-Losigkeit. – Matthias Bartsch


Leserbrief zu „Europas zögerliche Liebhaber“ von Jürgen Habermas

In der Ausgabe vom 1.März 2018 „Die Zeit“ erdreisten Sie sich, Herr Habermas, auf  Seite 41 über „Europas zögerliche Liebhaber“  nach der bezeichnenden Voranstellung „Uns muss interessieren, …..“ Herrn Sigmar Gabriel für die künftige Regierung anzupreisen. Sie trauen weder anderen Personen der GroKo noch sonst den Vereinbarungen. Mit letzterem stimme ich Ihnen zu. Die Wiederauflage ist wohl ein historischer Fehler. Ein Politiker aber, der gerade noch rechtzeitig das sinkende Schiff der SPD verlassen hat, um sich seinen Pelz als  Aussenminister zu sichern und dies auch für die Zukunft betreibt, in dem er  ausgerechnet Deniz Yücel nach Deutschland holt. Damit will er bei „Linken“ der SPD punkten. Zum medialen Auftritt unterbrach er sogar die Sicherheitskonferenz in München, flog nach Berlin und wieder zurück. Der „deal“ wurde mit dem türkischen Aussenminister in Goslar eingefädelt, wo sich S. Gabriel als Geschichtsfälscher einschleimte und behauptete, „…diese Menschen aus der Türkei, oder ihre Eltern, türkischstämmig, sind für unser Land ungeheuer wichtig. Sie haben das Land aufgebaut, sie haben das Land mitgestaltet, sie sind für den kulturellen Reichtum dieses Landes mitverantwortlich…“ . Diese Version wird bekanntlich bei sogenannten Linken Kreisen immer noch verbreitet. Dazu stelle ich als Zeitzeuge fest: Als Adenauer an unserer Baustelle -eine der letzen Baulücken in Köln 1960- vorbeifuhr, gab es noch kein Abwerbeabkommen mit der Türkei (Nv. 1961 auf Betreiben der USA/Nato), Deutschland war längst trümmerfrei, wieder aufgebaut und Türken integrierten sich, wenn überhaupt, bis heute vornehmlich im Gemüsehandel, in der Gastronomie und als Industriearbeiter. Wir hatten Vollbeschäftigung! Wenn sich Herr S. Gabriel hervorgetan hat, dann in der Beförderung des Waffenhandels z.B. für Saudi Arabien und für die Türkei, was wohl auch zum „deal Yücel“ gehört. Makaber, wenn nun wie beschlossen, mit deutscher Hilfe Panzer in der Türkei repariert werden zum Völkermord an Kurden. Ein Deutschenhasser Yucel gegen tausende tote Kurden. Das ist die Realität, Herr Habermas, die es nach Hegel zu erkennen gilt als wesentliche Aufgabe der Philosophie. „Im reichen Deutschland wächst die soziale Ungerechtigkeit“, schreiben Sie richtig, es wächst auch das Kapital und mit S. Gabriels Hilfe die Waffenindustrie für  „…noch mehr Wohlstand…“ (!?), wie im Leitantrag zum Parteitag der SPD (Nov. 2016) zur Irreführung der Genossen zu lesen war, um auf kaltem Wege TTIP  (CETA verschwiegen) durchzusetzen. Herr S. Gabriel will nicht Europa, sondern die Bevorteilung von Konzernen mittels Einschränkung gegenwärtiger Demokratie. Private „Handelsgerichtshöfe“ sollten die Judikative ersetzen. Auch mit der Einschätzung von Herrn Martin Schulz liegen Sie falsch, den Sie als „bekennende(n) Europäer und leidenschaftlichen Rhetoriker“… darstellen. Er zitierte als Kanzlerkandidat treffender seine Mami : „Deine Klappe muss man extra zu Bett bringen“. Reden ist eine Sache, Handeln eine andere. Schliesslich hat Martin Schulz die EU eher an die Wand gefahren mit Brexit, Griechenlandrettung, Haftungsgemeinschaft, Eurodesaster, Beförderung der Masseneinwanderung usw. Und zuletzt: Mit „liberal“ verbinden Sie „Weltoffenheit“ und mit „identitär … den Wunsch nach Abschottung“. In Wirklichkeit gebärdet sich liberal aber eher als Raubtierkapitalismus. Der Markt hat Recht.  Und mit identitär  ist doch die Eigernart eines jeden Menschen oder Staates gemeint. Wie will ein „Mann ohne Eigenschaften“, ein Hohlkopf, der bereit ist seine Eigenart seine Selbstbestimmung aufzugeben, ein gewünschtes Europa aufbauen oder überhaupt als Gesprächspartner ernst genommen werden? Kann es sein, Herr Habermas, dass auch Sie oftmals die Realität oder Geschichte, wie im Historikerstreit (Die Zeit am 11.07.1986 u.ff.) falsch interpretieren? „Uns muss interessieren, …..“ – Hartwig Brettschneider


Leserbrief zu „Arme gegen Arme“ von Caterina Lobenstein

Essener Tafel: Gelegenheit zur Integration verpasst! Der Unmut über drängelnde junge männliche Ausländer in den Schlangen der Essener Tafel ist verständlich, die Reaktion der Organisation nicht. Das Problem sind nicht Alter, Gender oder Nationalität, sondern das Verhalten der Betreffenden. Die Essener Tafel sollte jeden der Mitglied werden möchte, einen Verhaltenskodex unterschreiben lassen. Wer sich nicht dran hält wird ausgeschlossen. Kodex (in der Sprache des Antragstellers):

  • Wir behandeln einander jederzeit mit Respekt, Hilfsbereitschaft und Geduld

o   dies gilt gegenüber anderen Mitgliedern als auch Mitarbeitern;

  • Respektvolles Verhalten heisst:

o   Den Schwächeren wird immer der Vortritt gelassen:

  • Kinder, Frauen mit Kindern, ältere Menschen, solche die aufgrund von Behinderungen oder Krankheit nicht lange stehen/warten können und Frauen, werden in der Schlange nach vorne gebeten;

o   Geduldiges Anstehen:

  • bei einer Schlange das Ende suchen und sich dort einreihen;
  • Schwächere nach vorne bitten;
  • ruhig warten bis man dran ist;
  • andere nicht durch lautes Reden belästigen oder einschüchtern;

o   Höflicher Umgangston zu jeder Zeit;

o   Anweisungen von Mitarbeitern folge leisten;

Im Gegenzug verpflichtet sich die Essener Tafel respektvolles Verhalten zu belohnen und allen Mitgliedern gleichermassen zu helfen. Dies scheint mir ein sinnvollerer Beitrag zur Integration da dies nicht bestimmte Gruppen pauschal verurteilt (und isoliert), sondern sie in die Pflicht nimmt und erklärt welches Verhalten in Deutschland von allen Mitbürgern erwartet wird.  Hier könnten auch die im Artikel erwähnten arabisch sprechenden Vermittler sehr hilfreich sein. Ferner ist zu bedenken:

  • Die in Deutschland aufgenommen Flüchtlinge haben es zum Großteil aus eigener Kraft nach Deutschland geschafft. Das heißt, es handelt sich in der Mehrzahl um Menschen die ihre körperliche oder finanzielle Überlegenheit gezielt eingesetzt haben, und denen ‘Drängeln’ und ‘Schubsen’ möglicherwiese das Leben gerettet haben; dass dies nicht mehr nötig ist muss neu gelernt werden.
  • Ob es kulturelle Gründe für das beklagte Verhalten der jungen Männer gibt kann diskutiert werden, fest steht jedoch, ein zu unterschreibender Verhaltenskodex mit klarer Ansage hat einen direkten Lehr- und Lerneffekt: so sieht respektvolles Verhalten in Deutschland aus, wer Teil dieser Gesellschaft sein will muss sich daran halten. – Johanna Motzkau

Leserbrief zu „Arme gegen Arme“ von Caterina Lobenstein

Zumindest verkneift es sich Frau Lobenstein, Harrn Sator direkt als Rassisten zu bezeichnen. Allerdings stellt sie die Frage und läßt diese dann unbeantwortet. Das ist auch ein Aussage. Die Sakrosankt-Sprechung von allem, was mit Flüchtlingen zu tun hat, ist unerträglich. Es mag Probleme, ungelöste Aufgaben, Missstände und Versäumnisse in Deutschland geben, aber auf gar keinen Fall haben die knapp. 1,5 Millionen Flüchtlinge – die in den letzten 3 Jahren zu uns kamen – deren Integration oder die damit verbundenen Kosten etwas damit zu tun. Es wird so getan, als würden die 30-40 Milliarden Euro an jährlichen Kosten aus einem vollkommen unabhängigen Topf bezahlt, der z.B. nichts zu tun hat, mit notwendigen Investitionen in Schulen, Hochschulen, Schiene, Straße, Netzausbau. Diese angeblich alternativlose Politik hat eine AfD mit 13-14% überhaupt erst ermöglicht. 2016 haben ca. 1 Million Menschen in Deutschland Grundsicherung bezogen (Quelle: Zeit). Geben sie jedem 100€ mehr im Monat kostet das lediglich ca 2,5 Milliarden Euro im Jahr. Und diese Menschen können dann großenteils auf die Tafel verzichten. Es mag nicht in das Weltbild derer passen, die Angela Merkels Flüchtlingspolitik vorbehaltlos und bedingungslos unterstützen, aber die alte Weisheit, das sie jeden Cent nur einmal ausgeben können, ist unumstößlich. Sie gilt einfach. Augen zu und durch, ändert daran nichts. – Dietmar Baier


Leserbrief zu „Europas zögerliche Liebhaber“ von Jürgen Habermas

Seit nun mehr über 200 Jahren warten die Beschäftigten auf einen Aufbruch, ein Zeichnen durch die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft, dem Kapitalismus endlich Reformen auf dem Gebiet der Einkommen- und Vermögensverteilung zu entlocken und damit einem Menschheitstraum zu entsprechen, der seit der Französischen Revolution, über das Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft bis zu Ludwig Erhards „Wohlstand für alle“, darauf wartet, Wirklichkeit zu werden. Philosophen, Kirchenfürsten, Schriftsteller, Dichter, Intellektuelle haben sich über die Jahrhunderte an diesem Thema abgearbeitet, sich die Finger wund geschrieben, von Kanzeln und Kathedern die Münder fransig gepredigt und doziert und fast um den Verstand gebracht, gegen die Mauer eines Manchaster Kapitalismus, heute nennt man es geschmeidig Ordoliberlismus, angereimt und angedichtet, alles vergeblich, noch hält die Mauer Stand. Die Blockierer, vergleichbar monotheistisch, indogtrinierter Glaubensfanatiker oder unter einer Paralyse, einer Denklähmung Leidenden. Unzählige Male aufgefordert von Experten und Beobachtern, wie etwa dem Nobelpreisträger Joseph Stiglitz, dem schweizer Soziologen, ehemaligen UN-Sonderberichterstatter und Globalisierungskritiker Jean Ziegler, dem Volkswirtschaftler Thomas Straubhaar Uni Hamburg, dem Politikwissenschaftler Christoph Butterwegge oder dem Chefökonom der UN-Organisation Unctad Heiner Flassbeck und internationalen Institutionen wie OECD, Oxfam, IWF, Hans Böckler Stiftung, um nur einige zu nennen, mit diesem Verteilungsdogma des ausgehenden 19. Jahrhunderts endlich zu brechen und eine neue Verteilungssymmetrie zu kreieren, die ins 21. Jahrhundert paßt. Doch herausgekommen ist bisher Null. Wie der Teufel das Weihwasser scheut die Politik eine Neuverteilung der Erträge, einer wohlgemerkt freiheitlichen Gesellschaft. Die Argumente für eine derartige Reform sind mittlerweile so erdrückend und gehen von Wachstumsschüben, Bildungsoffensiven, der Mobilisierung von Kunst- und Kulturreserven aus, bis zur persönlichen Befreiung des Individuums von existenziellen Nöten, Selbstzweifeln, Demütigungen und Erniedrigungen, und prognostizieren den Menschen eine neue Chemie, aus gestärktem Selbstbewußtsein, Selbstachtung und Selbstaufwertung. Wie lange fragt man sich, soll der Satz noch Geltung haben, daß „die Starken tun, was sie wollen, und die Schwachen ertragen, was sie müssen“, der dem Athener Historiker Thukydides (454 – 399/396 v. Chr.) zugeschrieben wird oder wie es der ehemalige Finanzminister Griechenlands Yanis Varoufakis in seinem Buch „Das Euro-Paradox“ formuliert hat: „Wann endlich erfolgt die Einsicht, daß das Reich der Mächtigen nur dann eine Chance hat fortzubestehen, wenn die Schwachen gute Gründe haben, das System zu verteidigen, das ihre Untertanenrolle befördert?“ Wir benötigen die Wiederaufstehung eines donnernden, feurigen, kämpferischen Idealismus. Bevor wir eindösen, dahindämmern und uns von Politik und Wirtschaft am Nasenring durch die Arena ziehen lassen. Damit die Politik wieder an Glaubwürdigkeit gewinnt und gegenüber entfesselten Weltmärkten ihre politische Handlungsfähigkeit zurückgewinnt, ist es wichtig, daß Europa mit einer Stimme gegen die weltweite Phalanx geballter Wirtschaftskraft auftritt. Das setzt aber voraus, daß notwendigen Weichen auf nationaler Ebene gestellt werden und man sich nicht um die heikle Verteilungsproblematik herumdrückt, sondern eine öffentliche Debatte über die haarsträubende Ungleichverteilung von Einkommen und Vermögen in Deutschland führt (45 Deutsche!! besitzen so viel wie die ärmere Hälfte der Bevölkerung, wie Spiegel Online neulich berichtete, da bleibt einem die Spucke weg! ) und sich nicht wegduckt, in der Hoffnung die Diskussion werde sich schon verflüchtigen, je länger man sie hinausschiebt, und irgendwann einmal dünner und abstrakter auf der europäischen Ebene ankommen. Man wird sehen, ob Frankreich bereit ist mit Deutschland hier eine Vorreiterrolle zu übernehmen, und der mit vielen Vorschußlorbeeren versehene, bisweilen allzu naßforsch auftretende französische Präsident Macron Ernst macht mit einer Agenda für mehr Verteilungsgerechtigkeit? Nach dem Mitgliedervotum der SPD für eine GroKo, darf man sich allerding nicht allzu große Hoffnungen machen, daß auf diesem Gebiet neue Akzente gesetzt werden. Manchmal jedoch hegt man den Verdacht, es handele sich bei Macron doch wieder nur um einen mit jugendlichem Elan ausgestattenden Blender, wenn er beispielsweise bei einem seiner Auftritte davon spricht, es müsse mehr Milliardäre geben. Da fragt man sich natürlich im nächsten Augenblick wie viele Heerscharen ausgebeuteter Arbeitnehmer dazu wieder erforderlich sein mögen? Allein in hegelscher Geschichtsphilosophie fit zu sein und Eindruck zu machen, wie Le président sich von Jürgen Habermas bescheinigen lassen dürfte (Spiegel 43/2017), reicht jedenfalls nicht. Bleibt also abzuwarten, was er sonst noch zu bieten hat? – Wolfgang Gerhards


Leserbrief zu „Eine Woche im Lehrerzimmer einer Brennpunktschule“ von Björn Stephan

Ich habe selbst auch schon in einer Mittelschulklasse mit hohem Migrantenanteil unterrichtet – im Rahmen eines Schreibprojekts. Und ich habe beruflich mit Kindern aus sog. bildungsfernen Schichten zu tun. Die Situation in vielen Schulen ist absurd. Die Schüler verhalten sich nicht wie Menschen, die kostenlos etwas Kostbares – nämlich Wissen – vermittelt bekommen, sondern wie stundenweise Internierte, die Eltern und Lehrern einen sinnlosen Gefallen tun sollen, der mit viel Langweile und ein bisschen Mühe zu tun hat. Gut, das war vielleicht immer schon so, trotzdem ist es falsch; und wir dürfen nicht vergessen: Es gibt Länder, in denen Kinder glücklich und dankbar sind, wenn sie eine Schule besuchen dürfen und nicht arbeiten müssen. In den meisten Klassen der Haupt- und Mittelschulen hierzulande herrscht ein Klima, in dem keiner lernen kann. Der Lärmpegel ist oft unerträglich, die Lehrkraft ähnelt mehr einem Dompteur als einem Wissensvermittler. Jungs stehen unter negativem Profilierungsdruck: nicht, wer was kann, gilt was – sondern wer es am besten draufhat, den Lehrer zu provozieren. Daraus resultiert eine unglaubliche Verschwendung von Zeit und Geld. Jahre gehen ins Land, und beim Abschluss können viele nicht einmal das, was sie in einem einzigen Jahr bei genug Konzentration und Fleiß nachholen könnten: die Grundrechenarten und flüssiges Lesen. Eine Zeitlang holte ich einen Schüler der vierten Klasse im Auto von der Schule ab; wir fuhren jeweils 15 Minuten. Er hatte Vor- und Nachmittagsunterricht, war in allen Fächern schlecht, und das Einmaleins beherrschte er so gut wie gar nicht – nicht in anderthalb Jahren Ganztagsschule. Bei mir im Auto lernte er es unterwegs innerhalb von drei Wochen. Was läuft da schief? – Ihr Artikel zeigt es deutlich. Wie kann man das ändern? Hier ein paar (zugegeben radikale) alternative Vorschläge:

  1. Weniger Unterricht mit weniger Schülern: für konzentrierteres Lernen: Ich bin überzeugt, dass 3 Stunden konzentrierter Unterricht mit 15 Schülern mehr bringt, als 6 Stunden Unterricht mit 30 Schülern. Man unterrichtet einfach jeweils die Hälfte einer Klasse. Die andere Hälfte wird lediglich beaufsichtigt – dies können Eltern oder Ehrenamtliche übernehmen, dazu braucht man keine ausgebildeten Lehrer. Während der Aufsicht können sie Hausaufgaben machen, spielen, turnen, schlafen usw. Oder sie bleiben in der unterrichtsfreien Zeit zuhause und man beaufsichtigt nur die, die beaufsichtigt werden müssen und etwa wegen der Berufstätigkeit der Eltern nicht zuhause bleiben können. Bei diesem Schichtunterricht sollte täglich gewechselt werden, damit sich die einzelnen Gruppen jeden zweiten Tag ausschlafen können. Oft fehlt den Schülern einfach Schlaf. Gruppe 1 hat am Montag vor der Pause Unterricht – Gruppe 2 danach; am nächsten Tag umgekehrt usw.
  2. Einführung von „Superklassen“, die später Klassen für alle werden sollen: für mehr Motivation: Bei einem Schüler- und Elternabend und per Handzettel informiert man alle über die sog. Superklassen: In jeder Jahrgangsstufe gibt es eine Superklasse. Die Teilnahme wird zunächst unter den Bewerbern ausgelost und sie hängt danach davon ab, wie sich der betreffende Schüler/die betreffende Schülerin verhält. Ich würde tatsächlich mit einem einzigen Kind pro Superklasse anfangen. Durch bestimmte Auszeichnungen sollte die Attraktivität dieser Superklassen gesteigert werden. Innerhalb von ein bis zwei Monaten könnte so die Klasse mit 30 Schülern gefüllt werden – wenn täglich einer/eine dazu kommt.

Wer nicht aufpasst und konzentriert mitmacht, fliegt beim geringsten Anlass raus und muss wieder in die normale Klasse. Am ersten Tag gibt es nur die Lehrkraft und 1 Schüler/Schülerin. Die negative Gruppendynamik fällt komplett weg. Das Kind kann nicht aus; es sollte ständig gefragt werden, ob es das verstanden hat, was der Lehrer sagte, sollte es in eigenen Worten wiederholen können und selbst Fragen stellen können. Für Fragen sollte es Punkte geben, wenn sie ernst gemeint sind. Positive Verstärkung ist sehr wichtig, aber man sollte in dieser Anfangsphase nichts voraussetzen. Am nächsten Tag kommt der/die nächste ausgeloste Schüler/Schülerin dazu. Der/die erste Schüler/Schülerin erklärt, wie es abläuft. Ich bin überzeugt, dass man auf diese Weise nach und nach immer mehr Superklassen schaffen kann und die normalen Klassen bald in der Minderheit sind. Denn alle, die sich dafür interessieren, sollten per Losverfahren zugelassen werden. Es geht hier nicht um Talent, sondern um Lernbereitschaft und die Erfahrung, dass Wissenserwerb Spaß machen kann. Dazu muss die negative Dynamik, die heute in vielen Klassen herrscht, gebrochen werden. Verschiedene Klassen sollten miteinander in Wettbewerb treten; dieser Wettbewerb sollte so gestaltet werden, dass es auf jeden Einzelnen ankommt. Das kann z. B. durch ein Punktesystem geschehen, bei dem schon die Teilnahme eines Schülers/einer Schülerin allein Punkte schafft usw. Die Bedeutung jedes Einzelnen wirkt als Prävention gegen Mobbingtendenzen. – Karin Strauß


Leserbrief zu „Über Zivilität und Umgangsformen“ von Peer Steinbrück

Ich habe Peer Steinbrück immer geschätzt, als Querdenker mit Mut zur Zuspitzung. Seinem Beitrag zur deutschen Leitkultur jedoch möchte ich an einem entscheidenden Punkt widersprechen. Er bezieht sich auf Thomas de Maizieres Beitrag und definiert Leitkultur u.a. als etwas was über unsere Verfassung hinausgeht und uns von anderen unterscheidet. Dann folgen jedoch Beispiele wie Steuerbetrug, Gewalt von Hooligans und Übergriffe gegen Rettungskräfte. Fast alle Beispiele sind Straftatbestände und somit durch Verfassung und Rechtsordnung abgedeckt. Da braucht man nicht den Kulturbegriff! Und schließlich stellt sich die Frage was davon uns von anderen Ländern abheben soll. Die genannten Beispiele jedenfalls nicht, denn die stellen in jedem zivilisierten Rechtsstaat eine Straftat dar! Für mich gibt es daher jenseits von Sprache und der je eigenen Geschichte, die man in Grundzügen kennen sollte, keine Leitkultur, die andere ausschließt oder uns von anderen unterscheidet. Wenn es eine sinnvolle Debatte in diesem Zusammenhang braucht, dann ist dies eine über Werte in der heutigen Zeit. Das sind dann aber Werte, die nicht nur in Deutschland ihren Wert haben! – Stefan Stegbauer


Leserbrief zu „Ein Turm in Schieflage“ von Cathrin Gilbert

Ein gelungener, doch etwas langatmiger und zu weit rückwärts gerichteter Artikel, der etwas „Kleines“ Aktuelles unerwähnt lässt: Der von Ihnen erwähnte „Refugees- welcome-Kurs“ erregte zwar Aufmerksamkeit, aber beim 1,5 Mio Rest- Klientel nur skeptische Akzeptanz, kaum Zustimmung! Er basierte halt weniger auf nachprüfbaren Fakten, sondern mehr auf Glaubenssätzen – und musste gegen Altersarmut ankämpfen… Die Titanic- Affäre entzieht nun rückwirkend die eh schon lädierte Glaubwürdigkeit – und macht die ganze Redaktion nervös. Diekmann hat da längst nix mehr mit zu tun – wenn er nicht Koch zu diesem Kurs angeleitet hat…. – Franz Berger


Leserbrief zu „Wir müssen draußen bleiben“ von Claas Tatje

Das ist eine leicht verständliche Rekonstruktion. Gut! Und doch steht an Anfang eine zuu leichtgläubige Annahme: Kein Automanager konnte ernsthaft glauben, dass alleine höhere Stückzahlen die Schadstoff-problematik lösen könnten, denn diese wussten ja, wie die realen Emissionswerte lagen. Nicht aus reinem Zufall wurden Hintertürchen formuliert, und Regelungssoftware in Auftrag gegeben. Ausserden wussten sie (und arbeiteten heftig daran), dass bei Einbeziehung von Bussen und LKWs bei deren 400-l- Tankfüllungen die ganze Diskussion eine aggressive Richtung einschlagen würde. Vielleicht können Sie ja recherchieren, WER und WANN mit WELCHER Begründung in WELCHER Sprache die Ausnahme „Abschalteinrichtungen sind erlaubt, um den Motor vor Beschädigung oder Unfall zu schützen“ in das Brüsseler Verfahren eingebracht hat? Vielleicht auch, wann der Verkehrs- und der Umweltausschuss des Bundestages die deutsche Zustimmung zur 715/2007 behandelt haben? Das könnte Sie überraschen… – Franz Berger


Leserbrief zu „Wattiertes Denken“ von Wolfram Eilenberger

Wolfram Eilenberger geht es „um mögliche Auswege aus dem vorherrschenden Zustand der lustlosen Totalstagnation“ der deutschen Philosophie. Die „universitären Protagonisten fristen … ein Leben in stiller Verzweiflung“, und doch erwächst der „Mut, diesen durch und durch enttäuschenden Anblick auszuhalten und gleichzeitig als Imperativ zu verstehen,…um das Denken auf einen neuen Weg zu führen.“ Geht´s noch? Was ist mit Ihnen los, Herr Eilenberger? Haben Sie vor lauter Verzweiflung Ihr neues Buch „Zeit der Zauberer“ beworben, das ja eigentlich konsequenterweise „Zeit der Zauderer“ heissen müsste, wenn es sich auf heute bezöge? Natürlich sind alle popularphilosophischen Anstrengungen (z.B. R.D.Precht, den man ja keineswegs lieben muss) genauso unberücksichtigt wie die zunehmenden Zahl  philosophischer Praxen, die Lebensberatung bieten. Und wenn in einer bleiernen, unter Mehltau dahindämmerneden Gesellschaft die akademische Philosophie es nicht hinkriegt – so what! Fangen Sie doch mal an, Herr Eilenberger, hören Sie auf zu lamentieren. Und nehmen Sie Ihren eigenen Imperativ ernst und hauen Sie mal ein Denken raus, das auf neue Wege führt. – Thomas Vehoff


Leserbrief zu „Nachhilfe in Skepsis“ von Martin Spiewak

Wie treffend ist doch die Analyse der Nachrichtenkompetenz der jüngeren Generation heute, die Martin Spiewak in „Nachhilfe in Skepsis“ (ZEIT No 10) vornimmt. Aber Spiewak wäre nicht Spiewak, wenn er die Studie der TU Dresden nicht wieder einmal für einen Seitenhieb auf die Lehrerschaft ausnutzen würde. Gerade einmal 83 Studierende haben an der Studie teilgenommen, was ihn aber nicht daran hindert, in einem Balkendiagramm darzustellen „Woher angehende Lehrer in Deutschland Ihre Informationen über das politische Zeitgeschehen beziehen“ und sich damit just jenes graphischen Mittels bedient, um die Glaubwürdigkeit seiner Aussage, die auf wenig validen Daten basiert, Überzeugungskraft zu verleihen, ein Mittel, welches er in seinem Artikel selbst als manipulativ anprangert. – Eberhard Haiß


Leserbrief zu „Eine Woche im Lehrerzimmer einer Brennpunktschule“ von Björn Stephan

Ihre Zusammenfassung über eine Woche Schulalltag in Essen ist hervorragend, 1+ mit Sternchen. Wow! Ich selbst unterrichte an einer bayerischen Realschule und dort gibt es natürlich viel mehr Schüler, die unproblematisch sind sowie die „Überbehüteten“, aber eben auch einige dieser zehrenden Einzelfälle, die absolut identisch sind und einem oft nur leid tun können. Und in unserem Fachlehrerprinzip ist es ja zeitlich noch viel aufwändiger, sich um auffällige SchülerInnen zu kümmern, da man nicht nur eine Klasse hat und die eigene nur wenige Stunden pro Woche. Jedem Menschen, dem man wünscht, selbst einmal den Schulalltag zu erleben bzw. nachvollziehen zu können, wird und würde mit diesem Artikel vieles klar werden. Angehende Lehrer sollten ihn vermutlich lieber nicht lesen, sonst würde der Beruf evtl. völlig aussterben?!? Sie haben in Ihrer tollen Darstellung die Dinge recht direkt dargestellt, ohne jemanden bloß zu stellen, einfach die Situationen beschreibend. Man (vor allem Lehrer) kann sich sehr gut vorstellen, wie die einzelnen Typen vor einem stehen und welche Dynamik sich entwickelt, wenn die Anwesenden im Unterrichtsraum loslegen. Trotzdem würden die meisten auf die Frage, ob sie was anderes machen wollten, schon wirklich überlegen und wahrscheindlich trotzdem mit „Nein“ antworten. – Marlies Birner


Leserbrief zu „Wir müssen draußen bleiben“ von Claas Tatje

Hervorragend und umfassend Ihr Artikel. Danke ! Sie fragen : „Wie kann es sein, dass … der Dieselmotor … schon bald die ein oder andere deutsche Großstadt umfahren muss ?“ Man kann die Gründe bei den Automanagern suchen. Aber ich sehe einen anderen Grund : Der Durchschnitts-Privatautofahrer wusste seit Jahrzehnten, dass der Motor seines Autos Partikel, Giftgase und Klimagase emittiert. Er hatte sich trotzdem freiwillig vom Auto abhängig gemacht und Bahnen und Busse verlassen. Daraus folgte, dass die Netzdichte und Fahrplandichte der öffentlichen Verkehrssysteme seit etwa 1955 zunehmend unattraktiver wurden. Insbesondere in der Region. Man lässt keine leeren Bahnen und Busse fahren. Jetzt meckert der Privatautofahrer über das, was er selbst verursacht hat. Mit konsequenter Nutzung von „Bahn-Bus-Fahrrad-notfalls Taxi“ und nur zwingend notwendiger Privatauto-Nutzung hätten wir immer ausreichend saubere Luft in den Städten gehabt. Warum die Umwelt-Folgen des eigenen Mobilitäts-Verhaltens den Autoherstellern und der Politik anlasten ? Das Fahrverbot trifft die Richtigen, die Verursacher ! – Volker Freiesleben


Leserbrief zu „Herrlich resistent“ von Bernd Ulrich

Es ist schon erstaunlich, wie man einen guten Leitartikel durch einen einzigen Satz ruinieren kann. Über die katholische Kirche heißt es: „ … sie ist nun in weiten Teilen eine links-grüne Veranstaltung mit einem flüchtlingsbewegten Drittweltler an der Spitze“. Man muss nicht katholisch und auch kein CDU-Anhänger sein, um diesen Satz weder witzig noch ironisch sondern nur dumm und herabsetzend zu finden. In einer Zeit, in der Mitmenschlichkeit (die Christen sprechen von Barmherzigkeit) eine eher seltene Eigenschaft von in der Öffentlichkeit handelnden Personen ist, ragt jemand wie Papst Franziskus mit eben dieser Eigenschaft sichtbar heraus. An einer solchen Leitfigur „aus der dritten Welt kann“ kann sich sicher auch ein verunsicherter CDU-Anhänger orientieren, vielleicht sogar Handlungsempfehlungen für das Tagesgeschäft ableiten. – Christina und Bernd Sassenrath


Leserbrief zu „Was ist eigentlich Freude?“ von Walter Kasper

Wie die Seite aussieht, ist Freude Freikörperkultur, sich wie nackte griechische Grazien bewegen, und, wie die Untertitel erläutern, Lust, Jubel, Heiterkeit. Das deckt sich mit unserer Spaßkultur. Ein Kardinal lächelt dazu und bestätigt dieses Freudenleben mit den beiden Eingangs-Sätzen: „Alle Menschen wollen glücklich sein. Denn der Mensch ist für die Freude geschaffen“. – Wo steht das in der Bibel? Adam und Eva waren Angestellte in einer Plantage zum Arbeiten und Aufpassen, bei freier Station und Kost, mit Gelingen und Scheitern. Das ist im Grunde noch heute unser Status. Was Kasper aber vorträgt, ist genau dasselbe wie die Wohlfühlreligion von Franz Alt, diesmal heißt sie Glücks-Religion. Das Ganze ist ein dünner Aufguß – oder ist es ein Nachruf? – für das fulminante und rege diskutierte Dokument „Amoris Laetitia“ von Papst Franziskus über „Die Freude der Liebe“, wohlgemerkt der Liebe, „die in den Familien gelebt wird“. – Henning Gloege


Leserbrief zu „Wattiertes Denken“ von Wolfram Eilenberger

Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Dass Wolfram Eilenberger das große Jahrzehnt der Philosophie in Deutschland auf die Jahre 1919 bis 1929 legt, ist legitim, begründet und nachvollziehbar. Dass er aber in einem einseitigen [sic!] ZEIT-Artikel alle nachfolgenden Jahrzehnte und die jetzige Zeit als nahezu belanglos dagegen konturiert, ist fast schon skandalös. Man muss dazu nicht nur auf Markus Gabriel verweisen, sondern darf auch Werke wie Wolfgang Welsch Transversale Vernunft, Lenz Prüttings grandiosen Dreibänder Homo Ridens oder alles von Hans Joas, der den Pragmatismus mit traditioneller Tuchfühlung neu koloriert, entgegenhalten. Ist es nicht viel mehr so, dass in Zeiten der Beschleunigung auch im akademischen (wie im Übrigen auch im feuilletonistischen) Betrieb Höchstleistungen einfach nicht mehr genügend gewürdigt werden, da ein Trend dem anderen folgt? Dies scheint zwar Eilenbergers These zu befeuern, doch liegt das Problem viel tiefer. Nicht in der Qualität der Philosophie, sondern in der Erosion der Bildung muss man suchen und darüber muss man sich beklagen – und (nebst berechtigter Kritik) auch kreative Lösungen schaffen. Diese stellt Eilenberger sogar versehentlich vor, aber nicht als Lösungen, sondern als Phänomene. Precht, auch Sloterdijk, die populären Philosophiemagazine, welche durchaus auf dem Markt reüssieren, gut besuchte Veranstaltungen wie die phil.cologne: All das zeigt auf, dass die Philosophie wieder auf den öffentlichen Plätzen ausbreitet, dass eine Sehnsucht nach Reflexion besteht – und da ist die Qualität als Grundstein zu legen. Dies fängt eigentlich schon im Kindergarten an und hat spätestens mit der Grundschule zu beginnen. Warum ist die Frage Religion/Ethik als Unterrichtsfächer eine „entweder-oder“-Frage? Philosophieren mit Kindern ist lehrreicher als so manches Oberseminar und zwar für beide Seiten. Philosophische Praxis, welche Bildungs- und Beratungs- wie Reflexionsangebote für alle Menschen andient, kommt auch in diesem Artikel gar nicht vor. Aus eigener Erfahrung weiß ich aus vielen Gesprächen mit bildungshungrigen Leuten, dass auch unbelesene Mitmenschen sich des eigenen Verstandes bestens bedienen können, ohne zu verbildet den Zitathöllen dieser Welt zu unterliegen. All dies kommt in diesem Artikel nicht vor; einmal mehr geht der Spot zu den „Eliten“. Den Kantischen vier berühmten Fragen „Was kann ich wissen?, „Was darf ich hoffen?“, „Was soll ich tun?“ und „Was ist der Mensch?“ ist als fünfte Frage „Was will ich?“ beizustellen. Was wollte Eilenberger? Sein Buch promoten? Ein Schelm, der Böses dabei denkt. – Jochen König


Leserbrief zu „Wattiertes Denken“ von Wolfram Eilenberger

Die Aussagen von Herrn Eilenberger in seinem Artikel „Wattiertes Denken“ kann ich nicht unwidersprochen stehen lassen. Herr Eilenberger behauptet, die deutschsprachige Philosophie sei in einem desolaten Zustand. Dabei räumt er selbst ein, dieses Urteil sei ungerecht und bis an die Grenze des Verantwortbaren undifferenziert. Stimmt. Und es ist von der ZEIT unverantwortlich, einen Artikel abzudrucken, der eine wissenschaftliche Disziplin und deren Vertreter*innen in ein derart schlechtes Licht rückt. Denn entweder die deutschsprachige Philosophie hat gar kein Problem – dann war es völlig daneben, diesen Artikel zu veröffentlichen. Oder sie hat manche der unterstellten Probleme – dann braucht es eine differenzierte Analyse, nicht den Vorschlaghammer. Letzteres ist der Fall: In Herrn Eilenbergers Artikel finden sich ein paar Körnchen Wahrheit, leider so verzerrt, dass seine Problemanalyse ins Leere läuft. 1. Es stimmt, Genies wie Wittgenstein und andere Granden machen sich heute rar, übrigens auch in der englischsprachigen Philosophie. Einerseits wollen Philosoph*innen gut begründete Thesen verteidigen anstatt im Geniestreich Unhaltbares zu behaupten. Dabei bebt eben nicht jedes Mal die Erde. Dennoch kann es zu einem tieferen Verständnis der Welt führen. Anderserseits zeigen Studien, dass die Assoziation von „Philosoph“ und „Genie“ zulasten der Frauen geht, denen der Geniestatus oft nicht zugetraut wird. Sie werden dann auch als Philosophinnen unterschätzt. Also: Es fehlt an Genies, und das ist gut so! 2. Deutsche Philosoph*innen beantworten drängende Fragen wie diese: In welchem Umfang sind wir verpflichtet, Flüchtlingen zu helfen? Was sollen wir angesichts des menschengemachten Klimawandels tun? Wie sollen wir mit Tieren umgehen? Wie mit künstlichen Intelligenzen? Wie können Expert*innen Laien Wissen vermitteln? Gibt es „alternative Fakten“? Generell kennen sie sich mit ethischen Fragen aus, aber auch damit, wie wir gute Argumente aufstellen und schlechte Argumente entlarven können. Doch diese Expertise wird von der Öffentlichkeit kaum genutzt. Ethikkommissionen an Krankenhäusern kommen ohne Ethiker*innen aus, der Ethikunterricht an Schulen ohne ausgebildete Ethiklehrer*innen. Die Philosophie hat also ein Kommunikationsproblem. Es wäre schön zu klären, wieso – und was dagegen zu tun ist. Herr Eilenbergers Artikel ist Teil des Problems, anstatt es auf den Punkt zu bringen. 3. In den letzten Jahrzehnten veröffentlichen (zumindest analytische) Philosoph*innen zunehmend auf Englisch und in internationalen Zeitschriften. Sie mischen sich in Debatten ein, die im englischsprachigen Raum geführt werden. Das ist schön, denn dadurch können sie sich mit mehr Wissenschaftler*innen auf der ganzen Welt austauschen. Lingua franca statt Provinzialität. Andererseits werden so verstärkt Autor*innen aus dem englischsprachigen Raum gelesen und diskutiert, zu Lasten der deutschsprachigen Kolleg*innen. Deren großartige Ideen werden vielleicht gar nicht wahrgenommen. Wie kann die deutschsprachige Philosophie von der Internationalisierung profitieren, ohne dadurch ihren eigenen Gewichtsverlust zu riskieren? Nochmal: Herr Eilenberger hat keine Antwort, er stößt nicht einmal auf das Problem. – Dr. Eva Schmidt


Leserbrief zu „Haben sie das verdient?“ von Susan Djahangard

Ihren Kommentar zum „Wahrheitscheck in der WIRTSCHAFT“ habe ich mit Interesse gelesen, wundere mich aber schon, dass auch Sie dem alten Fehler in der Betrachtung des Unterschieds zwischen Gewerblicher Wirtchaft und Öffentlichem Dienst verfallen: Es kommt wirklich nicht mehr in erster Linie auf den Unterschied der LÖHNE resp. der GEHÄLTER an. Das wohl viel dringendere Problem ist die ALTERSVERSORGUNG, nämlich die  „quasi normale“ RENTE einerseits und die PENSIONEN und RENTEN im Öffentlichen Dienst andererseits. Ich erlaube mir, Ihnen ein „Arbeitspapier“ zum Thema insgesamt und einen Auszug aus den Tarifverhandlungen von 2016 zu übermitteln. Und wenn man die Sache wirklich ernsthaft betrachten will, so darf man nicht vergessen, auch die viel gravierenderen Unterschiede in der Entwicklung der Einkommen seit Ende der 60er Jahre zu berücksichtigen. Nich umsonst hat der seinerzeitige Bundespräsident HEINEMANN dem Öffentlichen Dienst eine gewisse SELBSTBEDIENUNGSMENTALITÄT vorgehalten, um nicht zu sagen vorgeworfen. – Roland Zahn


Leserbrief zu „Wie fühlt sich mein Derivatehändler“ von Lars Weisbrod

die von Ihnen beschriebene Serie „Bad Banks“ habe ich leider nicht gesehen. Kann mir jedoch auch ohne dies sofort vorstellen, in welcher Form dort Komplexität vereinfacht wird. Gerade mathematische Komplexität. Aber natürlich immer auch psychologische sowohl als auch soziologische. Beim Fernsehen möchte man ja unterhalten werden und sein Gehirn nicht über die Maßen strapaziert wissen. Oder vielleicht doch gerade so, dass man meint etwas verstanden zu haben. Etwas, dass einem eine kleine Information liefert, mit der man sich über die realen Nachrichten stellen kann mit dem Gefühl, dass man die Hintergründe kennt. Man hat hinter die Kulissen geschaut. Man weiß mehr und kann sich über die Dinge stellen.Wenn das nächste Mal irgendeine Immobilien- oder Sonstwasblase platzt, dann ist es mir persönlich in dem Moment allerdings völlig egal, wie die Derivategeschäfte funktionieren. Denn was nützt es?Sie schreiben: „Wer über seelische Motive spricht, verschweigt Strukturen.“ Liegt denn nicht gerade hier ein Dilemma? Strukturen entstehen ja nicht aus der Ursuppe, Sauerstoff und Sonnenlicht. Sie entstehen aus der menschlichen Gesellschaft heraus. Und diese wiederum besteht aus einzelnen Individuen, die sich gemäß ihrer individuellen Psychologie verhalten. Die wiederum geprägt wird aus den Strukturen, in denen sich diese Individuen bewegen. Meines Erachtens ist das eine nicht ohne das andere zu betrachten. Wenn man es verstehen will. Das ist es, was ich gerne verstehen möchte, wenn das nächste Mal eine …Blase platzt. Und dann vor allen Dingen, was man tun kann, um diese Strukturen zu verändern. Und dafür muss ich wissen, welche psychologischen Motive den Einzelnen bewegen, der damit diese Strukturen ernährt. Denn es bleibt ja immer wahr, dass Wohlstand, Status, Anerkennung, Sucht usw. den Einzelnen antreibt. Dies sind starke Treiber. Die Strukturen erschaffen und erhalten. Möchte ich die Strukturen verändern, muss ich entweder die Richtung verändern, in der diese Treiber wirken, ober alternative Treiber schaffen, die Strukturen aufbrechen und verändern können. Nun, ich bin weder Psychologe noch Soziologe. Ich denke nur, dass Antworten auf komplexe Probleme in der Regel niemals einfach sind. Sie sind komplex. Eine Fernsehserie kann diese Antworten niemals geben. Denn Komplexität vermeiden wir, wo es nur geht. Da würden wir zuviel Energie für verbrauchen (s. Anteil der Gehirnaktivität am Energieverbrauch unseres Körpers). Und die Gefahr dabei zu versagen ist zu groß. Wenn man beim Dreisatz schon Probleme hat…. In meinem Beruf habe ich es mit sehr komplexen Problemen zu tun. Und die Anzahl der Kollegen, Kunden, Bekannten oder irgendwem, der bereit ist einem in die Komplexität zu folgen, geht gegen Null. Ich wage die kühne These, dass dies im Medienbetrieb nicht besser ist. Hinzu kommt die Anforderung, dass eine Fernsehsendung von möglichst vielen Menschen geschaut und verstanden werden soll. Dies sind zwei Dinge, die die Wahrscheinlichkeit für das Entstehen einer komplexen Sendung sehr, sehr, sehr gering machen. Sehr, sehr, sehr, sehr, sehr gering. Dabei wäre gerade dies so wichtig, wenn man wirklich Dinge, wie die verkrusteten Strukturen unseres globalen, erdvernichtenden Kapitalismus verändern möchte: Zu verstehen. Denn nur wenn man Dinge versteht, kann man sie auch vereinfacht vermitteln. Und die genannten psychologischen Motive sind meines Erachtens nicht als Psychologisierung abzulehnen. Sie sind ja da und wirken. Es ist halt nur zu einfach (und dadurch natürlich schon irgendwo falsch), das Dilemma des Finanzmarktes alleine darauf zurückzuführen. Vielen Dank für Ihren Artikel und die damit verbundene geistige Anregung
und natürlich noch größeren Dank für das Lesen meiner Zeilen! – Mirko Strick


Leserbrief zu „Wattiertes Denken“ von Wolfram Eilenberger

Es wird der angeblich desolate Zustand der derzeitigen deutschsprachigen Philosophie beklagt, ohne die (meiner Meinung nach bedeutendsten) Beiträge der letzten Jahre von Thomas Metzinger auch nur zu erwähnen. In seinen Artikeln und Büchern werden unter Beachtung der neuesten Ergebnisse der neuronalen Forschung die grundlegenden Fragen der Philosophie neu diskutiert. Ohne diese Werke zu berücksichtigen, muss der vorliegende Zeitungsartikel leider als nicht auf der Höhe der Zeit eingestuft werden. – Ernst D. Dickmanns


Leserbrief zu „Nachhilfe in Skepsis“ von Martin Spiewak

Den Gedankengängen des Autors und seinen Vorschlägen zur Steigerung der Medienkompetenz in der Schule stimme ich unter den derzeitigen Bildungsverhältnissen zu, und sehe den Bedarf ebenso wie er, SchülerInnen über Internet, Datenspeicherung, personalisierte Werbung und mehr aufzuklären. Dem hinzufügen möchte ich, dass die Vielfalt der Meinungen sich entwickelt über die Entfaltung und Achtung des einzelnen Individuums. Kann sich dieses Individuum denn in der derzeitigen Bildungslandschaft entwickeln und so sein Urteilsvermögen bilden? Ich vermisse dabei eine grundlegende Diskussion der aktuellen Bildungspolitik und die Frage, ob unser Bildungssystem diesem Anspruch überhaupt gerecht werden (will) und ob unter diesem Gesichtspunkt das Hinzufügen dieses oder jenes Unterrichtsinhaltes an ein schon lange kränkelndes (und krankmachendes) System nicht eher Kosmetik oderVerhinderung des Schlimmsten ist. Bildung ist die Stellschraube für unsere Gesellschaft. Eine Bildung, die darauf zielt, dass Kinder und Jugendliche sich zu eigenständig denkenden, selbstbewussten und selbstbestimmten, verantwortlich und sozial handelnden Menschen entwickeln, muss andere Faktoren als die derzeitig vorherrschenden anbieten. Hält die Bildungspolitik weiterhin an normativen Erwartungen, an vollgestopften – von Wirtschaftsverbänden diktierten Lehrplänen, an extrinsisch orientiertem Lernen fest,so können wir kaum erwarten, dass junge Menschen dadurch die Fähigkeit entwickeln, den Wahrheitsgehalt einer Nachricht einzuschätzen. Sie werden immer eine Bedienungsanleitung benötigen. 5 Mrd.€ für die Digitalisierung der Schulen, 2 Mrd.€ für den Ausbau der Schulkindbetreuung, wer kommt da nicht ins Grübeln. Was haben wir davon, wenn ein 7 jähriges Kind einen Computer bedienen kann, in der Entwicklung aber verzögert ist, weil es keine ausreichende Bewegungskompetenz und Feinmotorik entwickelt hat. Und rund ein Viertel der Einschulungskinder weisen grobe Defizite in diesen Bereichen auf. Nachdem es auch andere Bildungsangebote gibt, bspw. an den Freien Waldorfschulen, welche leider in der Regel bei Diskussionen um Bildung verschwiegen werden, möchte ich meine Erfahrung mitteilen. Eine detaillierte Auseinandersetzung mit den Lehrplänen an Waldorfschulen würde hier den Rahmen sprengen, doch soweit ist auch wissenschaftlich belegt, dass die praktische Betätigung wie z.B. beim Korbflechten, Schreinern oder im Landwirtschaftspraktikum, die künstlerischen Disziplinen (s. Zeit online 5. Juli 2016, Waldorfschulen „Künstlerischer Unterricht ist kein beliebiges Add-on“) Entwicklung tiefgreifend unterstützt. Und mehr noch –  das notenfreie Erlernen weniger von Inhalten denn von Fähigkeiten, das Erleben einer tragfähigen sozialen Gemeinschaft wie sie die 12 jährige Klassengemeinschaft bietet, zielführende Projektarbeiten wie die 8. Klassarbeit verhelfen dazu, dass junge Menschen ihre eigenen Fähigkeiten und Grenzen einschätzen lernen. Ist nicht das zur Urteilsbildung gerade notwendig? In der Schule die eigenen Fähigkeiten und Grenzen kennenlernen, die eigene Persönlichkeit und Interessen entwickeln würde bedeuten, dass sich auch Urteilsfähigkeit und Skepsis entwickelt. Nicht die Schule muss fragen, was die Digitalisierung für unser Leben bedeutet, sondern die ins Leben gehenden jungen SchulabsolventInnen. So betrachtet bin ich die Diskussionen darüber müde, wie den im Artikel genannten Sachverhalten begegnet werden kann, solange nicht endlich unser Bildungswesen grundlegend in Frage gestellt und reformiert wird. – Viola Maier


Leserbrief zu „Ich bin keine Flüchtlingshilfe“ von Olivia Kortas

Ich liege wohl nicht falsch, wenn ich annehme, dass die ZEIT sich als Lieferant von Qualitätsjournalismus sieht. Wie kann es da sein, dass als erste Zeugin für die Zustände bei der Essener Tafel eine „blonde Essenerin“ zu Wort kommt, die „noch nie Schubsen und Gerangel“ gesehen haben will. Diese Dame muss es ja wissen, denn sie kommt seit „August wöchentlich zur Ausgabestelle“. Was soll der Leser daraus schließen? Die Leiter der Essener Tafel sind doch stramme Nazis, obwohl sie das vehement bestreiten. Die Entscheidung, vorerst an Ausländer keine Mitgliedsbescheinigungen mehr auszugeben, ist pure Willkür und rassistisch getrieben? Das ist Meinungsmache und das Gegenteil von Qualitätsjournalismus! Fakten bitte! Keine Vorschriften, was ich als Leser für richtig und für falsch zu halten habe! Warum hat der ZEIT-Autor nicht auch andere befragt, z. B. Rentner und Rentnerinnen? Und warum hat er niemanden von denen zur Rede gestellt (oder zumindest den Versuch unternommen), die die Tafelmitarbeiter als Nazis und Rassisten beschimpft haben? – Dr. Uwe Cardaun


Leserbrief zu „Arme gegen Arme“ von Caterina Lobenstein

Habe den Artikel aufmerksam verfolgt. Ich habe selbst fast 8 Jahre in einer ähnlichen Einrichtung als Ehrenamtlicher Helfer verbracht. Es geht hier meines Erachtens nicht mehr um Rassismus und Bedürftigkeit sondern um das Verhalten und das Benehmen der Gruppen, Deutsche zu Ausländern sowie Speziell auch ausländischer Männer aus dem Arabischen Raum (erst kommt der Mann und dann kommt lange Zeit nichts).  Die Problematik liegt aber mit in der Vorbereitung der Ehrenamtlichen Helfer auf ihre Aufgaben, sowohl Kulturell wie auch im Verhalten und im Mentalen. Was mir aber Bauchschmerzen bereitet hat ist “ sie sprechen hier über Sozial schwache und bedürftige und bringen 3 Seiten weiter eine Anzeige von Dolce & Gabbana “ Kann man da nicht etwas dezenter vorgehen? Das die Zeit auch von Anzeigen lebt ist mir Klar. – Bernd Kupferer


Leserbrief zu „Wir müssen draußen bleiben“ von Claas Tatje

Eine hervorragende Rekonstruktion der Symbiose zwischen Regierung und Automobilindustrie zur Manipulation der Abgaswerte. Aber wie sollte jetzt die Regierung gegen die Autoindustrie klagen, nachdem sie über 10 Jahre die ihr bekannten Prüfverfahren und deren Manipulationen gebilligt hat? Vielleicht kann sie ja die Kronzeugenregelung für sich beanspruchen? Bei der jetzt einsetzenden Fahrverbotshysterie ist leider völlig untergegangen, dass lt. Umweltbundesamt die gesamten Stickoxid- Emissionswerte in Deutschland von 1990 bis heute um fast 60% zurückgegangen sind (bei Dieselfeinstaub beträgt der Rückgang sogar 97%). Weiterhin: Der Diesel- Pkw ist mit 25% Anteil nicht der Hauptverursacher an der gesamten NOx- Emission. Dennoch halte ich eine „Erfolgskontrolle“ von Fahrverboten für ältere Dieselfahrzeuge bis EURO 5 für sinnvoll: Messungen sollten an signifikanten Punkten (Hotspots) nach Einführung des Fahrverbots für ein Jahr durchgeführt und dann mit den Ergebnissen vor dem Fahrverbot verglichen werden. Dann wird sich an der fehlenden Wirksamkeit zeigen, dass der ganze Fahrverbotszirkus nichts weiter ist als blinder Umweltaktionismus. – Dipl. Ing. Michael Deil


Leserbrief zu „Ich bin keine Flüchtlingshilfe“ von Olivia Kortas

Zuerst wüsste ich gern, wie ich den Satz „Von den knapp 600 000 Einwohnern beziehen etwa 100 000 Essener Hartz IV oder…“ verstehen soll. Hat Essen nicht mehr Einwohner? Ich bin in der Angelegenheit der Entscheidung der Essener Tafel zwiegespalten, kann eigentlich beide Seiten verstehen. Was mich aber an Ihrem Artikel stört, ist z. B. die Beschreibung „Sartor thront breitbeinig in seinem Bürostuhl,…“ Objektiv ist das gerade nicht, oder? – Editha Rochow


Leserbrief zu „Arme gegen Arme“ von Caterina Lobenstein

Was für ein unsäglicher Artikel, wenig informativ und Unrichtigkeiten. Der Hartz IV und der Sozialhilfesatz werden von Experten berechnet. Der Zugang zu kostenlosen Lebensmitteln ist hierbei nicht einkalkuliert. Die Tafeln wurden gegründet, um das wegwerfen von Lebensmitteln zu vermeiden und gleichzeitig armen Mitbürgern ein gewisses Mehr an Lebensqualität zu ermöglichen und ihren Kindern mehr bieten zu können. Außerdem richtet sie sich an Rentnerinnen, die nicht zum Sozialamt gehen wollen und Obdachlose. Gerade bei den Letztgenannten ist auch mit mehr staatlichem Geld wenig auszurichten. Die Tafeln waren aber nicht für junge Männer gedacht, die sich gern ein Auto ersparen wollen, oder, edleres Motiv, Geld in die Heimat schicken möchten. Für beides ist weder der deutsche Staat und noch viel weniger die Essener Tafel zuständig. Ich frage mich, wie die Autorin behaupten kann:“ Viel mehr Bedürftige haben einen deutschen Pass“, wo doch auf Seite drei zu lesen ist, dass inzwischen 75% der Kunden der Essener Tafel Ausländer sind. Und ob „ Rentner auf gespendetes Essen zum Überleben angewiesen sind“, darf doch sehr bezweifelt werden. Man sollte vielleicht auch mal mit den Leuten reden. Über die „falsche Verteilung der Sozialausgaben“ hätte ich dagegen gern mehr gewusst. Die meisten Rentner konnten übrigens noch nie ihren Platz im Heim aus eigenen Mitteln bestreiten, dafür sind die Heime viel zu teuer. Trotzdem werden sie dort mit staatlicher Unterstützung aufgenommen und genauso gut betreut wie die Selbstzahler. Der Absatz über Deregulierungswellen hat in diesem Zusammenhang auch nichts zu suchen. Die Finanzmisere vieler Kommunen hat höchst unterschiedliche Ursachen. Verschonen Sie uns also bitte in Zukunft mit derartigen Artikeln und ihrem „Skandal“ Geschrei. Das ist ja fast so, wie im von Ihnen zu Recht kritisierten Internet. – Hans-Jürgen Eißing


Leserbrief zu „Über Zivilität und Umgangsformen“ von Peer Steinbrück

Erstmal ein großes Lob für den herausragenden, seriösen Journalismus der ZEIT – in Zeiten, in denen die Glaubwürdigkeit der Medien mehr und mehr in Frage gestellt wird und so mancher seine Informationen, seine Meinung bzw. sein „Wissen“ lieber (kostenlos) aus Social Media bezieht, wo es von Propaganda, Tatsachenverfälschung, fake news und Hetze nur so wimmelt… Steinbrück mag zwar nicht „meine Partei“ sein – ein kluger Kopf ist er allemal. Und scheint 33 Finger zu haben, die er in die zahlreichen Wunden unserer Gesellschaft steckt – nein 34, denn einer ist der mahnend erhobene Zeigefinger. Indes: seine Partei, die SPD, regierte ja in den beiden vorausgegangenen GROKOs (und in Kürze auch in der dritten) mit und trägt folglich Mitveranwortung für das, was in unserer Gesellschaft schief lief und läuft – wirtschaftliche Erfolge unter „Mutti Merkel“ einerseits, aber auch eine Erosiion der Werte und des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Zum Eingangs des Artikels thematisierten Begriffs der „Leitkultur“: in meiner Dissertation „Unternehmensidentität und unternehmenspolitische Rahmenplanung“ (1985) habe ich (wildernd in Kulturanthropologie, Ethno(methodo)logie, Sprachwissenschaften, Soziologie, bei Habermas, Chomsky und anderen), den Versuch unternommen herauszuarbeiten, was eine „Unternehmenskultur“ bzw. „Unternehmensidentität“ (nicht zu verwechseln mit Corporate Image) ausmacht, was in Unternehmen identitätsstiftend wirkt – ungeschriebene Gesetze/Regeln, gemeinsame Werte und Überzeugungen, Rituale und Mythen, ein gemeinsames Sprachspiel… In Analogie hierzu könnte man, so denke ich, auch an das Konstrukt einer „deutschen Leitkultur“ herangehen. Die Politik läßt sich ja gern von Fachleuten, Wissenschaftlern, Instituten beraten – warum nicht eine interdisziplinäre Kommission, Arbeitsgruppe schaffen, die den Begriff Leitkultur“ ausdefiniert? Gerade in dieser krisengeschüttelten Gegenwart, in welcher viele die Orientierung und Zuversicht verlieren und sich extremen Ideen (und Parteien) öffnen, besteht doch ein „gefühltes Defizit“ an Sinnstiftung und Identitätsbildung. Auch ich würde gern verstehen, warum ich mich „deutsch fühle“. – Dr.Johannes Weber