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28. Juni 2018 – Ausgabe 27

 

Leserbrief zu „Zeit zu gehen?“ von Bernd Ulrich

Über Ihren Artikel werden wir möglicherweise noch oft nachdenken müssen. Vielen Dank. Ein Teil der Wirklichkeit auf die ich nicht vorbereitet bin, ist der Teil der Gesellschaft möglicherweise auch unter den Lesern der Zeit,  dem man offenbar erklären muss, dass die kursiven Zitate im Text von Matthias Claudius sind. Den Zuschauern von Dieter Hildebrandt musste man das nicht erläutern. – Karlheinz Martin


Leserbrief zu „War also alles vergeblich?“ von Frank Jansen und Özlem Topcu

Ich habe nie verstanden,das eine mittellose Angeklagte wie Frau Tschäpe mehre Verteidiger an ihrer Seite hat.Wer kommt dafür auf?Sie ja nicht.Eine Antwort auf diese Frage dürfte viele Menschen in diesem Land Interessieren. – Dr. Arno-Christian


Leserbrief zu „Zeit zu gehen?“ von Bernd Ulrich

Bernd Ulrich schreibt in seinem unverwechselbaren Journalismusstiel was ist, analysiert warum und zeigt auf, wohin es gehen könnte, wenn… Für diesen Beitrag in der Zeit N’27 hat sich mein Jahresabo für DieZeit alleine schon gelohnt (und es gibt ja mehrere davon!). Und dass er Helmut Schmidt in seine Überlegungen    mitgenommen hat (Der Mond ist aufgegangen…) wunderbar! Danke für den Respekt, den Bernd Ulrich unserer Kanzlerin zollt, weil Sie für unser hohes Ansehen in der Welt ja tatsächlich viel (wie Adenauer, Brandt,Schmidt, Kohl auch) getan hat. Man darf diese Frau für ihren Fleiß, ihre Effizienz und die von ihr vorgelebte Solidität bewundern; ich tue das! Zu den Bösen-Bayern-Buben nur soviel: „Unter den Übermütigen ist immer Streit; aber Weisheit ist bei denen, die sich raten lassen“ *Zitat Salomonis 13,10 (aus Die Zeit) . Schließlich ein Wort von Karl Krauss dazu“Wenn die Sonne der Kultur untergeht, dann werden die Schatten der Zwerge länger“ Danke an DieZeit und herzliche Verbundenheit an Bernd Ulrich für diesen ungewöhnlich sachlich/respektvollen/ menschlich berührenden Beitrag zur Lage unserer Politik und ihrer derzeitigen Protagonisten. – Wolf Dieter Schwarz


Leserbrief zu „Überholt“ von Matthias Krupa

Auch eine Meinungsäußerung sollte auf Fakten basieren. Matthias Krupas Kommentar „Überholt“ entbehrt jedoch fast jeder Begründung in der Realität: Krupa beruft sich auf Emmanuel Macron, Sebastian Kurz, Pedro Sanchez, Alexis Tsipras, Xavier Bettel und Giuseppe Conte. Nichts haben diese „vergleichsweise jungen Männer gemeinsam“ als ein kürzeres Lebensalter, auch nicht die Gegnerschaft zu Angela Merkel (in Emmanuel Macron und Pedro Sanchez hat sie in der Flüchtlingspolitik sogar Verbündete). Deshalb ist es auch falsch zu behaupten, die genannten Sechs würden „für einen dramatischen Umbruch“ in der Politik Europas stehen. So bleiben Krupa am Ende von seinen 6 Kronzeugen nur 2 übrig, Conte und Kurz (die 2 Jahrzehnte Alter voneinander trennen) – mehr als dürftig. Es ist auch falsch, dass zum Brexit „enorme Emotionen“ beigetragen hätten, die die Flüchtlingspolitik Deutschlands oder der EU ausgelöst hätte. Die in der Brexit-Kampagne geschürten niedersten Gefühle richteten sich gegen die nicht-weiße Bevölkerung des eigenen Landes und gegen die Freizügigkeit innerhalb der EU. Es stimmt auch nicht, dass diese Emotionen in Italien und Österreich, Ungarn oder Tschechien Nationalisten an die Macht gebracht hätten. Sebastian Kurz wird sich nicht Nationalist nennen lassen, der Wahlsieg von Lega und 5 Stelle in Italien hat viele Gründe, Tschechien hat (noch) keine im Amt bestätigte Regierung, Viktor Orbán ist nicht erst seit 3 Jahren an der Macht, sondern baut Ungarn seit 8 Jahren zu einem autoritären Staat um. Polen hat Krupa vorsichtshalber weggelassen. In Polen wie Ungarn geht es ja auch um viel mehr als nur die Haltung in der Flüchtlingsfrage: um die Unabhängigkeit der Justiz, die freie Meinungsäußerung, die Rechte von Minderheiten, weshalb nach Polen nun auch Ungarn ein Rechtsstaatsverfahren der EU droht. In der Flüchtlingspolitik gibt es sehr wohl einen Gegensatz zwischen dem Westen und dem Osten Europas. Es sind osteuropäische Mitgliedsländer der EU, die Humanität und Solidarität grundsätzlich ablehnen. Die Tschechische Republik, Ungarn und Polen wurden deswegen Ende letzten Jahres von der EU-Kommission verklagt. Eine gute Analyse des Ost-West-Gegensatzes bietet Ivan Krăstev, Europadämmerung, Berlin 2017. Ich kann bei Angela Merkel auch keinen Paradigmenwechsel feststellen, wenn ich mir ihre viel gescholtenen Aussagen vor dem Ansturm der Flüchtlinge 2015 ansehe. Bei einem Gespräch der Kanzlerin mit Schülern in Rostock sagte Merkel am 15.07.2015 zu dem Flüchtlingsmädchen Reem Sahwil: „Das ist manchmal auch hart (…) du weißt auch, in palästinensischen Flüchtlingslagern im Libanon gibt es noch Tausende und Tausende. Und wenn wir jetzt sagen: Ihr könnt alle kommen und ihr könnt alle aus Afrika kommen (…) Das können wir auch nicht schaffen.” An die Werte von Humanität und Solidarität hat beim jüngsten Treffen Emmanuel Macron erinnert, weshalb der französische Staatspräsident schon gar nicht in Krupas Reihe derer gehört, die Merkels Politik in Frage stellen. – Jürgen Thiede


Leserbrief zu „Türkisches Paradox“ von Michael Thumann

Die Enttäuschung über das Wahlergebnis in der Türkei ist nicht zu übersehen, zu überhören und zu überlesen. In Deutschland gab es wohl selten eine derartige öffentliche Enttäuschung und emotionale Anteilnahme am Wählerwillen. Oder können sie sich daran erinnern, dass wir während und nach den Wahlen in Ungarn, der Slowakei, Polen, Russland oder den USA tagelang über das Wählerverhalten der hier lebenden Wahlberechtigten aus diesen Ländern  und der damit angeblich zusammenhängenden Zugehörigkeit zu Deutschland diskutiert haben?
Anerkennung des Wählerwillens: Die derzeitigen Diskussionen über türkische Staatsbürger, die irgendeinen Politiker aus ihrer Heimat gewählt haben, bestimmen erneut unsere Tagesordnung. Wir scheinen Unpässlichkeiten mit dem Wählerwillen, dem demokratische Recht der geheimen Wahl und dem Selbstbestimmungsrecht von Wahlbürgern zu haben. Wie gelähmt und unsouverän muss unsere Denkweise geworden sein, dass sich Menschen für ihren demokratischen Wählerwillen rechtfertigen müssen? Oder sollen diese Menschen dankbar dafür sein, dass sie überhaupt noch ein geheimes Wahlrecht besitzen? Was für ein Selbstverständnis haben wir von der Demokratie? Wir müssen lernen, Respekt vor dem politischen Willen und der selbstbestimmten Wahlentscheidung von Menschen zu haben. Was jemand wählt, ist seine private Angelegenheit. Wer mit Demokratie argumentiert, der sollte auch demokratisch handeln und dazu gehört die Anerkennung eines Wahlausgangs.
Demokratische Legitimation durch sehr hohe Beteiligung: Die Wahlbeteiligung in der Türkei lag bei 87,5 Prozent. Und ein Präsidentschaftskandidat hat zum wiederholten Male mehr als 50 Prozent der Stimmen erhalten. Das sind Werte, von denen viele Politiker im Westen träumen. Nur zum Vergleich: Die Wahlbeteiligung bei den Bundestagswahlen von 2009 lagen bei gerade mal 70,8 Prozent. 2013 nahmen 71,5 Prozent der Wahlberechtigten bei den Wahlen zum deutschen Parlament teil. 2017 stieg der Wert auf 76,2 Prozent. Bei den Wahlen zum Europaparlament lag die Beteiligung in den letzten 20 Jahren bei etwa 40-45 Prozent. Und noch eine Information: In der Geschichte der Bundesrepublik hat es eine Partei nur ein einziges Mal geschafft, auf mehr als 50 Prozent zu kommen. Das war 1957. Die Union, bestehend aus zwei(!) Parteien schaffte damals 50,2 Prozent. Danach kamen sie nie wieder über die 50-Prozent-Marke. Die Sozialdemokraten schafften noch nie seit 1949 diesen Wert. Ihr bestes Ergebnis lag 1972 bei 45,8 Prozent. Wir sollten also etwas zurückhaltender agieren, wenn wir über die Wahlergebnisse und die demokratische Legitimation von Wahlen in anderen Staaten diskutieren.
Türkei ist keine Kolonie: Unsere belehrende, teilweise auch arrogant daherkommende Art kann nämlich genau das Gegenteil unseres Interesses bewirken und mehr Menschen ausschließen. Möchten wir, dass diese Menschen sich abwenden oder wollen wir sie gewinnen? Wir müssen uns Gedanken über die ausgrenzenden Strategien von Teilen der Medien, Politik und der gesellschaftlichen Ränder, die immer mehr in die Mitte hineinragen, machen. Wir würden einen Fehler begehen, wenn wir meinten, die Türkei sei eine Kolonie eines anderen Landes. Die rechtspopulistischen sowie rechtsextremen Parteien in Deutschland haben auch deshalb so einen Zulauf, weil sich viele unserer Politiker oftmals um fremde Probleme kümmern als um die Baustellen in Deutschland. Eine Landwirtschaftsministerin sollte sich beispielsweise um die Milchquote, Agrarsubventionen, Lebensmittelsicherheit oder Tiergesundheit kümmern als um Kopftücher.
Wir müssen uns um die eigenen Probleme kümmern: Wenn wir meinen, dass Recep Tayyip Erdoğan die Rentenfrage in Deutschland lösen wird, liegen wir falsch. Wenn wir denken, dass Erdoğan einen Mindestlohn bei uns einführt oder Hartz IV abschafft, können wir noch lange warten. Wird Erdoğan das Bildungssystem in Deutschland reformieren? Oder wird Erdoğan, obwohl manche es ihm durchaus zutrauen würden, die Herausforderungen in der Verkehrs- und Infrastrukturpolitik in Deutschland meistern? Wird Erdoğan die Probleme im deutschen Pflegesystem lösen? Wird Erdoğan die Armut und die Arbeitslosigkeit bei uns beenden? Wird er die soziale, gesellschaftliche und politische Spaltung in Deutschland aufheben? Wird er die Wohnungsnot in unseren Städten mildern oder gar beseitigen? Anstatt andere Menschen zu belehren, müssen wir uns mit unseren eigenen Nöten befassen.
Welche Fehler haben wir gemacht? Allein diese Diskussion verdeutlicht um ein weiteres Mal, dass die an der Debatte beteiligten Personen und Medien nichts aber auch gar nichts von früheren Kontroversen gelernt haben. Wir machen es uns zu einfach, in dem wir die Fehler bei den Erdoğan-Wählern suchen. Wir sollten uns eher die Frage stellen, was wir alles falsch gemacht haben. Wir sollten beispielsweise überlegen, ob Diskriminierung im Alltag, auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt etwas mit dem Wahlverhalten zu tun haben könnte. Ebenfalls können wir uns fragen, ob alltäglicher Rassismus, Islamfeindlichkeit, Muslimhass und Xenophobie der in unserer „Mitte“ dazu beiträgt, dass so viele Menschen für die eine oder andere Partei stimmen. : Selbstkritik tut not: Seit Jahresbeginn gab es fast 50 Anschläge seitens PKK-naher Gruppierungen auf muslimische Einrichtungen und Gotteshäuser in Deutschland. Diese Übergriffe wurden bei weitem nicht ausreichend thematisiert. Im Gegenteil, sie wurden nicht selten bagatellisiert. Trotz Bekennerschreiben wurden bislang Schuldige kaum belangt. Nicht nur die distanzierte Berichterstattung, sondern auch die fehlende Anteilnahme wurde von der türkischstämmigen Gesellschaft in Deutschland registriert. Es gab zwar Beistand, jedoch von ganz anderer Seite. Jemand anderes hat die Sorgen der türkischstämmigen Menschen in Deutschland sehr wohl ernst genommen. Zumindest hat er diesen Menschen das Gefühl vermitteln können, dass er ihre Sorgen beachtet und sich um sie kümmert. Allein das genügte schon, die Herzen dieser Menschen zu gewinnen. Dann wundern wir uns, warum diese Menschen den einen oder anderen Politiker in ihrer ersten bzw. zweiten Heimat wählen? Dann wundern wir uns, weshalb wir diese Menschen nicht wie gewünscht erreichen? Dann wundern wir uns über unsere Integrationspolitik? Wo bleibt unsere Selbstkritik?
Den Balken im eigenen Auge sehen: Unsere  Empathielosigkeit trägt schon seit Jahren dazu bei, dass wir immer mehr Menschen emotional verlieren. Dass die Meinungsführerschaft in der Debatte Leuten wie Özdemir, Dağdelen, Ateş, Kelek, Güler, Toprak usw. überlassen wird, die in der türkischstämmigen Gesellschaft überhaupt keine Reputation besitzen – ganz im Gegenteil, jedoch von unseren Medien hofiert werden, ist ein weiteres Dilemma. Und haben wir uns je gefragt, was für ein Licht es auf unsere Glaubwürdigkeit wirft, dass Özdemir und seine Kollegen ebenso wie die Dağdelen-Genossen während des türkischen Wahlkampfs offen für die HDP geworben haben, die nach fester Überzeugung der Mehrheit der Türkeistämmigen als verlängerter, demokratisch anmutender Arm der bewaffneten Terrororganisation PKK gilt? Es ist geradezu ironisch, dass eben jene diese, die in Deutschland die politische Vorfeldorganisation einer terroristischen Vereinigung sind, sich am lautesten über die Anhänger eines demokratisch Gewählten monieren. All denen möchte man laut zurufen: „Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht?“ (Matthäus 7:3)
Zusammenführen anstatt zu spalten – Deutschland ist unsere Heimat:Es ist kein Schöheitsfehler, sondern ein störender Makel, dass wir uns nicht von unserem rechthaberischen und arroganten Blickwinkel lösen können. Wir vergessen immer wieder, dass wir auch die Herzen der Menschen gewinnen müssen. Ganz recht: Es geht um Emotionen und um Herzen. Menschen in Deutschland mit türkischem Pass und Doppelstaatler fühlen sich nicht ernst genommen, nicht angenommen, nicht willkommen. Obwohl sie genauso dazugehören, wie alle anderen Menschen in unserem Land. Obwohl sie genauso ihre Steuern zahlen, die Rechte und Pflichten beachten, die Gesetze einhalten. Die mit dem ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff angestoßene Willkommenskultur driftet uns langsam davon. Und das, nicht erst seit es AfD und Sarrazin gibt. Wir brauchen mehr Menschen, die konstruktiv zusammenführen wollen. Weniger Spalter und deren Sprachrohre. Deutschland ist unsere Heimat. Und das nicht erst seit es ein Heimatsministerium gibt. – Yasin Baş


Leserbrief zu „Zeit zu gehen?“ von Bernd Ulrich

Da hatte Bernd Ulrich in seinem vorhergehenden Beitrag über 100/500 Jahre europäisch westliche Hegemonie und aktuelle gradualistische Flaschenhalspolitik gerade die Hoffnung geweckt, rationale Analyse und nüchterne Bewertung dessen was ist, könnten in der narrativ libertinistisch ausgerichteten Zeit des Lorenzo die Lamento Fuß fassen. Und dann das:  Matthias Claudius der spätbarocke Präromantiker, mit seinem Mondgedicht, selektiv von Bernd Ulrich zitiert. „Der Mond ist aufgegangen“ schon die zweite Zeile „die goldenen Sternlein prangen“ läßt Ulrich weg: „Die goldenen Sternlein prangen“, das wäre doch als assoziativen Verbindung zwischen den Pfarrerskinder Claudius und Merkel allzu kitschig klebrig, zu einfältig. Dafür taugt dann der Schluss „und unsere kranken Nachbarn auch“ wieder Merkel als Barmherzige im weißen Nebel der  Verklärung der Massenmigration erscheinen zu lassen. Der Mond ist allerdings nur der Rahmen für Bernd Ulrichs eigene halb lyrische Prosa, oder sollte man seine Huldigung an Merkel nicht besser mit dem schnell wieder aus der Mode gekommenen Begriff des Narrativ belegen. Das Narrativ entblößte ja schon durch seine Begrifflichkeit den Erzähler (Narr) und sein Sujet die Erzählung ( das Märchen) In Bernd Ulrichs Märchen von Angela Merkel hat sie den Deutschen einen Rosengarten gebaut.Der Botaniker Ulrich weiß natürlich dass ein Rosengarten weit aus edeler und wertvoller ist als die „blühenden Landschaften“ ist, Kanzler Kohl lediglich versprochen hat ohne sie zu liefern. Ulrich ist wahrlich kein Schnelldenker, was er auch eingesteht. Er hat hat hinter dem Mond gelebt . Dafür hält sich Ulrich für einen epochalen Entdecker von Weltneuheiten und Wundern. „Was mir ebenfalls spät auffiel : Es handelt sich bei der Methode Merkel um eine Weltneuheit in der Politik . Frauen an der Macht hatte es schon zuvor gegeben . Aber keine genuin weibliche Politik. Politik wird gewöhnlich mit Eitelkeit und brutalem Machtstreben , mit Besiegenwollen asso ziiert . Bei Merkel konnte man lernen : Es geht auch ( fast ) ohne . Was bleibt ist – reine Politik . Merkel war über ein Vierteljahrhundert lang ein Wunder an politischer Effizienz .“ Zwar kommt Ulrich mit seinen wundersamen Entdeckungen und Wunderbeschreibungen ein Vierteljahrhundert zu spät, aber was soll es. Für eine Verklärung von Merkels „Hyperpolitik“ im „weißen Nebel wunderbar“ a la Ulrich reicht es allemal. „Man muss sich all dies vor Augen führen , um zu verstehen , warum das System Merkel nun kollabiert . Im Nachhinein , und da befinden wir uns wohl schon , ist klar , dass die Kanzlerin ihren Landsleuten mit dieser Hyperpolitik die Wirkungen des Epochenbruchs lange erspart , sie zumindest abgemildert hat . Denn das ist natürlich die Geschichte hinter ihrer Geschichte : In diesen dreizehn Jahren ihrer Macht beginnen der Abstieg und die Auflösung des Westens , in dieser Phase stößt die Menschheit mehr und mehr an ihre ökologischen Grenzen“. Der Abstieg,  Sie hat ihn mit Ihrer Graduellen Politik nicht nur nicht aufgehalten oder „erspart oder abgemildert“ sondern befördert. Merkel hat immer nur dagesessen und abgewartet, wie sich die Dinge entwickeln. In der Finanzkrise, des Natur- Bodenschutzes, Dieselgate, hat Sie sich immer für die Betrüger der Deutschen Banken, der Autoindustrie, der Agrarlobby, nie für die Bürger eingesetzt. Scheinheilig wird Merkel vorgehalten, sie hätte ihre Politik erklären sollen. Sie hat es oft genug getan, in ihrer bescheidenen Art hat sie immer wieder erklärt „ Schaun wir mal“, wir wollen nach vorne schaun, und was alternativlos ist, das schaffen wir schon. Die Ulrichs , di Lorenzos dieser Welt, hatten jedoch nie von der Illusion ablassen wollen, hinter Merkels Hyperpolitik stecke ein überlegener, zumindest überlegter Plan, den dem wohlwollenden Wähler zu erklären Merkel schlicht für überflüssig gehalten habe. Nun da alle Probleme und vermeintlich ausgesessenen Krisen gleichzeitig wieder hochkommen und die Ankündigungen gradueller Politik keinen Kredit mehr bekommen, ist der Konkurs da, wenn er wie im vorliegenden Fall vorsätzlich verschleppt wurde, nennt man das nicht etwa  Hyperpolitik oder Wunder an politischer Effizienz, sondern Bankrott, was eine Straftat ist. Bernd Ulrich, dem Spätmerker und Dichter des Merkel Narrativ sei im Nachhinein ein anderes Mondgedicht zur Lektüre empfohlen, auf dass er weiterhin den deutschen Lesern „groß zu denken“erspart. – Christian Morgenstern


Leserbrief zu „Zeit zu gehen?“ von Bernd Ulrich

Ist dieser lyrische Abgesang an die verschwindende Nanny ernstgemein? Ist er Euch wenigstens ein wenig peinlich? Nanny hat den Kindern bisher den Blick auf die Wirklichkeit und ihre phantasielosen Einscheidungen mit Kollapspotential verstellt und ihr wollt jetzt schnell die nächste haben und zwar Annegret oder Ursula? – Rolf Maschlanka


Leserbrief zu „Über gesudheitsgefährdende Dokumente“ von Harald Martenstein im ZEIT-Magazin

Danke für Ihre Kolumne über Mängel in der Instandhaltung berlinischen Schulen und Behörden (pars pro toto). Ich möchte dies wie folgt kommentieren: Wann hat bei den politisch Verantwortlichen endlich jemand den Mut zuzugeben, dass man ohne Steigerung der Steuereinnahmen nicht beides zugleich haben kann: die Bewahrung der „schwarze Null“ und (!) die Sanierung der maroden Infrastruktur. Eine Rückkehr zum vor-kohlschenSpitzensteuersatz von 53% wäre ein Einstieg. Er muss ja nicht notwendigerweise bereits beim Doppelten des Durchschnittseinkommens greifen. Einen Teil der Mehreinnahmen könnte man zweckdienlich in eine schlagkräftigere Steuerfahndung investieren. – Franz Ulrich Häusler


Leserbrief zu „Sie waren doch keine Idioten“ von Petra Pinzler und Mark Schieritz

Die entsendende Sätze in dem Artikel sind die3  Sätze von Theo Waigel:  „Wo wären wir heute ohne die gemeinsame Währung? Dann hätten wir eine Aufwertung der D-Mark um 25-30 Prozent erlebt. Die deutsche Industrie hätte schwer zu kämpfen, weil ihre Produkte im Ausland teurer geworden wären.“ Das heißt im Umkehrschluss: Die deutsche Industrie hat im Euro-Raum einen Kostenvorsprung von 25-30 Prozent, mit dem sie einige der anderen Volkswirtschaften in Grund und Boden konkurrieren kann, und das auch tut. Aber langsam sind die Verlierer des Spiels bereit, sich aggressiv zu wehren, statt weiter an die Illusion vom „Ewigem Wohlstand und Frieden für alle durch den Euro“ zu glauben. Noch kann diese Illusion aufrecht erhalten werden – auf Kredit. Aber hoffen wir, dass das „Friedenprojekt Europa“ gerettet werden kann, wenn sie endet! Menschen neigen dazu, an große Visionen glauben und dabei widrige Details der Wirklichkeit als unwesentlich zu empfinden.  In diesem Fall waren und sind dies die ungleichen Ökonomien im Euro-Raum. In diesem Sinne waren Sie Herr Waigel, Sie her Regling und Sie Herr Stark für mich damals keine Idioten, sondern nur  Visionäre im Gefolge der Visionäre Helmut Kohl und François Mitterrand. – Günter Hess


Leserbrief zu „Der Dialekt ist mehr als nur Sprache“ von Maria Rossbauer

Die Beherrschung der Dialekte in die Mehrsprachigkeit mit aufzunehmen, wie die Autorin im Einklang mit vielen Experten anregt, ist eine gute Idee und wird ja auch Gott sei Dank regional schon praktiziert. Nur dürfen Dialekte nicht zu Schulsprachen mit zu sanktionierender Grammatik und Lexik eingeengt werden. Dialekte, als kulturelle Gegenpole zur gefräßigen nicht nur ökonomischen Globalisierung, brauchen Luft, Freiheit und Entfaltungsmöglichkeiten. Sie sind in der Tat beileibe nicht zwangsweise nostalgisch. – Gérard Carau


Leserbrief zu „Zeit zu gehen?“ von Bernd Ulrich

Vielen Dank für diese geniale Analyse einer großen Politikerin und Diplomatin! Ihr Umgang mit den bayerischen Möchtegern-Politikern wird von Ihnen treffend beschrieben! Ich hoffe, dass Ihr Artikel, als Folge der deutschen WM-Verweigerung, von besonders vielen Fußballmüden gelesen, und in der ganzen Breite verstanden wurde. AfDler werden nach dem Besuch von Deutschkursen vielleicht irgendwann such mal ZEIT-Artikel lesen! Nochmals vielen Dank! – Klaus W. Müller


Leserbrief zu „Zeit zu gehen?“ von Bernd Ulrich

Nein, ich werde mich nicht nach ihr zurücksehnen! Bernd Ulrich vertritt die These, dass die Kanzlerin ihren Landsleuten mit ihrer „Hyperpolitik“ die Wirkungen des Epochenbruchs lange erspart, sie zumindest abgemildert habe. Sie habe uns dabei mit ihrer Methode, vieles in kleinteilige Prozesse aufzuspalten, geschichtsunwillig und geschichtsunfähig werden lassen. Dennoch habe sie große Veränderungen (Energiewende, Flüchtlingspolitik) durchgesetzt. Meiner Meinung nach kommt in Ulrichs Artikel ein wichtiger Aspekt zu kurz: der Niedergang des Parlaments durch die mangelnde Einbindung bei den wichtigsten Entscheidungen der Kanzlerin. Wo waren die großen Debatten um die Energiewende , die Abschaffung der Wehrpflicht oder die Flüchtlingspolitik im Parlament? Weshalb wird im Parlament keine Diskussion darüber geführt, ob es akzeptabel ist, das selbst gesteckte Ziel der Menge an Treibhausgasen zu überschreiten? Merkels Politikstil des Aussitzens, des Nicht-Erklärens und der kleinteiligen Diskussion komplexer Themen zusammen mit dem Fraktionszwang hat das Parlament in wichtigen Fragen nahezu bedeutungslos gemacht. Grundsatzdiskussionen waren nicht erwünscht. Dadurch entstand der Eindruck in der Öffentlichkeit, dass Politik nicht für die Menschen gemacht wird, denn deren Vertreter wurden oft nicht gehört. Dass es anders geht, zeigte die Debatte um die gleichgeschlechtliche Ehe. Man kann nur hoffen, dass mit einer neuen Regierung auch ein neuer Politikstil einzieht, der das Ringen um gute Politik im Parlament zum Ziel hat. So könnte unsere parlamentarische Demokratie wiederbelebt werden. – Dr. Klaus Spiekermann


Leserbrief zu „War also alles vergeblich?“ von Frank Jansen und Özlem Topcu

Über fünf Jahre währt bereits der NSU-Prozeß in Deutschland, mit Beate Tschäpe, als Beate Tschäpe in der Hauptrolle. War wirklich alles ganz und gar für die „Katz“? Alles auch eine deutsche Geschichte über uns und über unsere Befindlichkeiten, damit eine (fast) deutsche Geschichte über Deutschland. Und in Bayern, da imitiert die CSU („Chaotisches Seehofer Unding“) die AfD auf großer Bühne. Kann eigentlich diese CSU in dieser desolaten „Verfassung“ überhaupt noch richtig „GroKo“? – Klaus P. Jaworek


Leserbrief zu „Letztes Gericht“ von Heinrich Wefing

Rätselhaft genug, dass EU und sogar die Bundesregierung Polen mangelnder Gewaltenteilung bezichtigen. Nun aber rügt auch  DIE ZEIT – die sonst doch besser Bescheid weiß als die Politiker  – , dass in Polen „die Staatsanwaltschaften dem Justizminister unterstellt“ sind, genauso wie in der Bundesrepublik Deutschland, und „die Berufung neuer Richter… unter die Kontrolle der Parlamentsmehrheit gestellt ist“: Sind die Artikel 94 bis 96 des Grundgesetzes in Hamburg gänzlich unbekannt? Jedenfalls nicht in der Hamburger Bürgerschaft, wo sich SPD und Grüne gerade streiten, wessen Kandidat dem Landgericht vorsitzen soll. Folgt man dem ZEIT-Autor Heinrich Wefing, wird da der Rechtsstaat demontiert, weil „niemand mehr so genau hinschaut“. Wer schaut schon in das Grundgesetz? – Fritjof Meyer


Leserbrief zu „Zeit zu gehen?“ von Bernd Ulrich

Hätte Frau Merkel sich im September 15 von ihrem nüchternen Verstand leiten lassen statt – ja, von was? Von ihrer „Wir-schaffen-das-Hybris“? – dann wäre unserer Gesellschaft eine Spaltung erspart geblieben! Andere europäische Regierungen, humanistisch und christlich geprägt wie die deutsche, haben anders entschieden; vielleicht hatte bei ihnen der Schutz ihrer Völker Priorität, vielleicht haben sie einfach nach einer alten politischen Leitlinie gehandelt: was auch immer du tust, tue es überlegt, und bedenke das Ende! – Dr. med. Ulrich Pietsch


Leserbrief zu „Nichts sollte von ihnen bleiben“ von Michael Thumann

In dem oben angeführten Artikel über die Ermordung des letzten russischen Zaren und seiner Familie ist leider ein Fehler. Der letzte deutsche Kaiser Wilhelm II. war kein Neffe, sondern ein angeheirateter Vetter des letzten Zaren Nikolaus II. Dieser war verheiratet mit Alexandra von Hessen-Darmstadt, einer Cousine unseres letzten Kaisers. Beide waren übrigens Enkel der Königin Victoria von England, der „Großmutter Europas“. – Ein solcher Fehler dürfte in einer Zeitung, die sich als Flaggschiff der deutschen Intellektuellen sieht, nicht passieren. – Andreas Grimm


Leserbrief zu „Zeit zu gehen?“ von Bernd Ulrich

Der Mond ist aufgegangen‘ Dank für das lyrische Zitat und ja ‚ Die goldnen Sterne ( Europas ) prangen‘ wenn man der Nachricht vom asylpolitischen Kompromiss glaubt. – Elisabeth Mock-Bieber


Leserbrief zu „Zeit zu gehen?“ von Bernd Ulrich

Gibt es insgeheim schon wieder ein Bundespropagandaministerium, für das Sie schreiben, oder ist das ein verspäteter Ausbruch einer hoffnungslosen Teenagerliebe? Warum ein großer Teil der Deutschen mit „Trainerwechsel“ nicht Jogi Löw sondern Angela Merkel meint, lässt sich mit fortgesetzter Lobhudelei jedenfalls nicht eruieren. – Gilbert Brands


Leserbrief zu „Freie Fahrt“ von Ulrich Stock im ZEIT-Magazin

Um ein einigermaßen sicheres und zügiges Vorankommen für Radfahrer zu gewährleisten, sind meiner Meinung nach folgende Maßnahmen vorrangig: Rückbau der allermeisten innerstädtischen Fahrradwege, Entfernen der gefährlichen Radstreifen-Pflastermalereien und Fahrräder gleichberechtigt auf die Fahrbahn. Und nein, ich besitze kein Auto, fahre im Jahr 10.000 km Fahrrad und fühle mich durch den ADFC fast nie vertreten. – Andreas Kurth


Leserbrief zu „Türkisches Paradox“ von Michael Thumann

„Erdogan räumt in Deutschland ab“Wen wundert´s, dass viele Türken von Erdogan als mächtigen Führer der Türkei schwärmen und ihn wählen? Nur gut die Hälfte der in Deutschland wahlberechtigten Türken gingen zur Wahl, davon wiederum stimmten weniger als 2/3 für ihn. Also lediglich ca. 34 % der hier lebenden Türken sind für Erdogan.Dem großen Rest ist das Thema egal bzw. sind gegen Ihn. Warum wohl? Was Erdogan in der Türkei veranstaltet, das kümmert sie wenig bis gar nicht. Erdogans Türkei ist fern, weit weg. Sie leben in Deutschland, freiwillig und meistens gar nicht so schlecht. Selbst das Drittel seiner Fans würde sicherlich nie wieder in die Erdogan-Türkei zurückkehren und dort dauerhaft leben wollen.Der Weg dorthin stünde ihnen sogar jederzeit frei und weit offen. Jedoch haben sie hier Freiheit, demokratische Rechte und können gegen alles klagen, ohne verfolgt oder in U-Haft genommen zu werden. Sie wissen doch auch, dass dieses Leben in Freiheit und Arbeit Erdogans Politik nicht ist. Warum stimmen sie dann für ihn? Den Erdogan-Fans ist er der große Führer in einem Luxus-Palast, der die Türkei in der Welt, in Europa, in Deutschland wieder zu Ansehen geführt hat. „Der starke Mann vom Bosporus“, geschichtlich: das neue „Osmanische Reich“ Die Türkei ist durch und mit Erdogan wieder wer. Heil Dir, Führer! Der Ruf in der Politik nach mehr Integration und Leistung für unsere Einwanderer sollte sich mehr auf die richten, die integrations- und lernwillig sind. Wie bei der AfD und Pegida gibt’s überall einen Rest von Unbelehrbaren. Damit müssen wir leben. Aber diesen noch mehr Verständnis und Integration andienen zu wollen, ist vergebliche Liebesmüh. – Hans-Karl Ortmann


Leserbrief zu „Zeit zu gehen?“ von Bernd Ulrich

Ich wollte mich eine zeitlang nicht mehr äußern. Bernd Ulrichs große Eloge auf Angela Merkel kann ich aber nicht gänzlich umkommentiert lassen. Ich war nie ein Fan Angela Merkels – so wie es bei Bernd Ulrich der Fall zu sein scheint. Obwohl eher der CSU/CDU nahestehend, hätte ich mir 2005 gewünscht, Schröder macht noch ein paar Jahre. Der unaufgeregten Art Angela Merkels, konnte ich in der ersten Hälfte ihrer Amtszeit allerdings durchaus etwas abgewinnen. 3 Gegenpositionen: Bernd Ulrich vertritt die Ansicht, Merkel mußte 2016 nochmals antreten. Unausweichlich, alles andere wäre einem im Stich lassen der Welt, zumindest Europas gleichgekommen. Dem entgegne ich, niemand ist unersetzlich, niemand sollte sich zu wichtig nehmen. Die USA haben über 200 Jahre Demokratie hinter sich, wechseln aber spätestens nach 8 Jahren den Präsidenten. Dass Merkel aus ihrer Sicht nochmals antreten „musste“, hat lediglich mit einem Versäumnis, ihrem Versäumnis zu tun und ist innerparteilich: Sie hat es verpasst, rechtzeitig einen starken Nachfolger oder Nachfolgerin aufzubauen. Das führt mich zum zweiten Punkt. Bernd Ulrich charakterisiert Merkel als rein sachorientiert, wenig machtbewusst, nicht nachtragend, auf der Suche nach der besten Lösung offen für kontroverse Positionen. Als Beobachter von außen, kann ich das nicht bestätigen. Merkel hat sich über die Jahre all ihrer potentiellen Widersacher entledigt. Den Anfang machte Merz. Eher still und leise, aber eben doch entledigt. Sie hat sich mit ihr bedingungslos Ergebenen umgeben, stellvertretend hier genannt: Altmeier, Kauder, von der Leyen und AKK. Innerparteiliche Widersacher wie Bosbach, hat sie auf Abstand gehalten. Das macht auf mich nicht den Eindruck einer offenen, kontroversen, nicht nachtragenden, an der besten Lösung interessierten Debattenkultur. Eine linksliberale Alternative links von Merkel? Die ist nicht mehr möglich, zumindest keine demokratische. Merkel ist mit ihrer CDU in 13 Jahren soweit nach links gerutscht, dass nur noch ein schmaler demokratischer Streifen links von ihr geblieben ist. SPD und Grüne, zumindest die Realos, stehen Merkels Positionen sehr nahe. Dass die SPD heute bei knapp über 15% krebst, hat auch damit zu tun, dass die Merkel-CDU für viele „konservative“ SPD Anhänger längst wählbar geworden ist. Auf der anderen Seite hat Merkels Politik einer AfD in der heutigen Stärke die Tür geöffnet, sie erst ermöglicht, ein großer Fehler. – Dietmar Baier


Leserbrief zu „Zeit zu gehen?“ von Bernd Ulrich

Verantwortung der etablierten Medien für die politische Krise. Seit einiger Zeit wird in der ZEIT das Narrativ stark gemacht, dass die Welt sich in einem Umbruch befindet durch die zurück gehende Dominanz des Westens. (s. z.B. Bernd Ulrich: Zeit zu gehen?, Zeit 27/2018)Dieser Befund an sich ist aus meiner Sicht plausibel. Nur: Er wird in der ZEIT stark mit einer Unausweichlichkeit, einer Schicksalshaftigkeit verbunden, die die Hintertür offenlässt, das eigene Handeln, den eigenen Beitrag zu dieser Situation nicht allzu kritisch hinterfragen zu müssen. Konkret meine ich den Umgang der etablierten Medien, also Zeitungen und öffentlich-rechtlicher Rundfunk, mit der Flüchtlingskrise. Nicht nur aus meiner Sicht war die Flüchtlingskrise ein Kippschalter in einer sowieso schon schwierigen Gemengelage.
Autoritäre Regimes haben seitdem freie Bahn. Auf der einen Seite wird Opfern von Krieg und politischer Verfolgung ein Ausweg angeboten: Die Flucht in den Westen. Auf der anderen Seite wird genau mit der Drohung von weiteren Flüchtlingsströmen der Westen zum Schweigen gebracht.
Die Kurden sind Hauptleidtragende: Bereits Putin nutzte die europäische Schwäche in der Eurokrise, um gewaltsam seine Interessen in der Ukraine zu vertreten. Erdogan konnte den Kampf gegen die Kurden seit der Flüchtlingskrise ohne Einmischung aus dem Westen angehen. Durch das Türkeiabkommen ist der Westen erpressbar geworden.
Der Westen als unbequemer Mahner, als Sehnsuchtsort, als ewiger, dominanter Musterknabe wird entzaubert. Er kann als Ort von Kontrollverlust dargestellt werden.
Die liberale Demokratie als Idee und Standard ist auch innerhalb der demokratischenc Länder stark unter Druck. Unmut über Migration spielt überall eine große Rolle.
Sowohl im Brexitwahlkampf als auch bei der Wahl Trumps spielte die Flüchtlingskrise eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Beide Abstimmungen gingen sehr knapp aus.
Die EU steckt seitdem in einer noch größeren Krise. Innerhalb der EU konnten sich „illiberale“ Demokratien behaupten mit stetem Verweis auf den Kontrollverlust durch die Flüchtlingskrise. Eine Partei mit fragwürdiger Abgrenzung zum Autoritären wird als einzige Opposition wahrgenommen und kommt in den Bundestag.
Nur noch ein Thema beherrscht die Diskussion. Das heißt andere dringende Themen, Klimawandel z.B., werden irgendwie im Stillen von den üblichen Lobbygruppen okkupiert, und wir haben Stillstand, während der Klimawandel weitergeht und andere Länder das Thema für sich entdecken – und Standards setzen.
Die Flüchtlingskrise verschärft andere Probleme: Kinder – unsere Zukunft – werden unzureichend beschult, weil das Bildungssystem überfordert ist. Städte werden zu Monstern zugebaut, in denen vielleicht demnächst schon keiner mehr wohnen möchte. All das war vorhersehbar. Die Frage ist nur, warum trotzdem die deutsche Politik so lange völlig autistisch in eine falsche Richtung gegangen ist und die Folgen des nationalen Alleingangs auch noch anderen aufbürden wollte. Dass deutsche Herrschaftsansprüche keinen guten Ruf haben, das ist doch Konsens. Und hier sehe ich einen wesentlichen Beitrag der etablierten Medien, die die Rolle einer vierten Gewalt beanspruchen, deren Bedeutung sich bei ihrem Versagen in der Flüchtlingskrise für mich eindrucksvoll gezeigt hat.Politiker nehmen viele Einflüsse von außen auf, sie reden mit Menschen, rezipieren die Medien. Die Frage ist nur, welche Auswahl sie treffen. Von Angela Merkel wird man aufgrund ihrer Biographie schon annehmen dürfen, dass sie im freien Westen nie als ganz normale Privatperson gelebt hat, mithin, wenn es um Stimmungen geht, völlig auf andere angewiesen ist. Und wer sind diese anderen? Vor allem die etablierten Medien und möglicherweise Menschen, die mehrheitlich eins eint: Sie leben im und identifizieren sich mit dem linksliberalen Milieu in Berlin-Mitte, Kreuzberg, Prenzlauer Berg oder Neukölln. Zu diesem Milieu in Berlin und anderen Großstädten wiederum gehören viele Medienschaffende. Hier schließt sich ein ganz kleiner Kreis und schloss sich bisher durch das Bewusstsein, auf der richtigen Seite zu sein, gegen viele Einflüsse ab. Gegenbild war die „Provinz“. (Dass diese bereits in Berlin selbst beginnt, erklärte mir ein Kreuzberger). So las man im ZeitMagazin Reportagen von Journalisten über Stimmungen und Trends in ihrem persönlichen Umfeld des Prenzlauer Bergs sowie ethnologisch anmutenden Studien aus ihren früheren Heimatorten mit deren seltsamen Riten, Gebräuchen und fremdartigen Einstellungen, denen sie – glücklicherweise – entflohen waren. Alles in allem sicherlich sehr preiswert im Rechercheaufwand, aber waren sie auch relevant? Das bedeutet aber auch, dass die Realität schlicht nicht gesehen wird: Verheerend war die Euphorie der etablierten Medien in der Flüchtlingskrise, die kritische Stimmen gleich als rechts oder als „Nazi“ brandmarkten. Damit war die Deutung festgezurrt. Zum einen passierte das, was eben bei beschränkter Meinungsfreiheit der Fall ist: wichtige Fakten und Stimmungen werden ausgeblendet. Es wurden dysfunktionale Entscheidungen getroffen. Zum anderen wurde das Selbstverständnis vieler Menschen beschädigt, in einer freien Demokratie zu leben. Einzelne Bürger haben relativ wenig Macht. Ihr wesentlicher Einflussfaktor ist ihre Meinung, ob privat oder öffentlich geäußert. Dieser Vertrauensverlust wiegt aus meiner Sicht noch wesentlich schwerer als die getroffenen falschen Entscheidungen, weil er die emotionale Verankerung in das demokratische Deutschland als „Heimat“ in Frage stellt! Zugleich aber ist jeder von der Aufnahme von mittlerweile weit über einer Million Migranten als Asylbewerber persönlich in irgendeiner Weise betroffen. Und hier agieren die Medien immer noch zynisch mit Begriffen wie, „es wird doch keinem was weggenommen“. Nun ja, die Mieten steigen, Schulen sind überfordert, das Ganze kostet unglaublich viel Geld und bindet Personal ohne Ende – zum Beispiel im Sicherheitsbereich. „Junge männliche Flüchtlinge sind nicht krimineller als junge Deutsche“. Das nützt dem einzelnen Opfer einer Gewalttat gar nichts. Warum werden besonders Menschen aufgenommen, die schon anthropologisch bedingt zu einer höheren Gewaltbereitschaft neigen? Bisher konnte keiner erklären, warum gerade diese Gruppe besonders stark unter politischer Verfolgung leiden soll, so dass vor allem sie hier Schutz benötigen. Und auch bei anderen Themen sehe ich die deutschen etablierten Medien nicht mehr als Goldstandard für ernsthaften Journalismus an: So passierte es wieder, wie beim Brexit, wie bei Trump: Plötzlich gab es Meldungen, demokratische Kräfte könnten bei den Wahlen in der Türkei zumindest eine Stichwahl erzwingen. Nein, wieder nicht, wieder wurden die Machtmechanismen, die Stimmungen in der Bevölkerung falsch gedeutet – obwohl es so viele Türkeistämmige in Deutschland gibt. Warum spricht man nicht mit den Konservativen, den Erdoganfreunden in Deutschland? Warum redet man es klein, wenn doch ziemlich offensichtliche Anhänger eines autoritären Herrschers sich plötzlich in der deutschen Nationalmannschaft befinden? Das sind doch keine Peanuts. Ebenso wie in der DDR sehe ich ein problematisches Menschenbild als einen Faktor in der verzerrten Wahrnehmung der Medien. Im Sozialismus wurde der Mensch nicht als individuell Glückssuchender und wettbewerbsorientiertes Subjekt wahrgenommen – ein katastrophaler Fehler. Im linksliberalen Milieu wiederum wird unterschätzt, dass die Formierung von Gruppen mit Abgrenzung nach außen und Solidarität nach innen und auch Territorialität zu den anthropologischen Grundkonstanten gehört. Es geht nicht darum, ob Menschen so sind, sondern wie man diese Eigenschaft sozial produktiv einbindet. Linksliberale tendieren dazu, der Entfaltung des Individuums große Bedeutung beizumessen und vernächlässigen, dass ein autonomer Mensch dort entsteht, wo er mit verlässlichen Bindungen und in verlässlichen Strukturen aufwächst – zum Beispiel in der geschmähten Provinz. Schon die Bildung von linksliberalen Milieus zeigt jedoch, dass auch dort gemeinschaftsstiftende und ausgrenzende Strukturen entstanden sind. Und die Stigmatisierung von Kritikern der Willkommenskultur ist ein Hinweis darauf, dass Angehörige dieser Gruppe zur Not bereit sind, zu undemokratischen Mitteln zu greifen, um Gruppenbewusstsein aufrecht zu erhalten, zum Beispiel den Mythos von der eigenen Humanität, die es gilt, gegen Rechte zu verteidigen. Meiner Meinung nach ist die politische Krise, die in Deutschland durch die Flüchtlingskrise entstand, vor allem auf nie demokratisch legitimierte Entscheidungen zur Einwanderung zurückzuführen. Einwanderung wurde durch die Wirtschaft vorangetrieben, die selbstverständlich die sozialen Kosten auf die Gesellschaft abwälzt. So redet vor allem die Bertelsmannstiftung der Einwanderungsgesellschaft das Wort, obwohl völlig unklar ist, wie Erwerbstätigkeit in der Zukunft überhaupt aussehen wird. Das entspricht der Vorgehensweise bei der Einwanderung von Gastarbeitern in den Bergbau der sechziger Jahre, der damals schon defizitär war. Heute stellen die daraus entstandenen, verfestigten Parallelgesellschaften im nördlichen Ruhrgebiet ein Problem für die wirtschaftliche Entwicklung der ganzen Region dar. Dennoch wird Einwanderung besonders im linksliberalen Milieu durch idealistische Vorstellungen getragen von der Wandelbarkeit von Migranten, die nur das Gute der pluralistischen Gesellschaft erkennen müssen, um schon zufriedene Deutsche zu sein. Gerade eine Demokratie benötigt jedoch viel mehr als andere Staatsformen loyale Mitglieder, die sich untereinander verständigen können, was bedeutet, dass sie mit den vorherrschenden kulturellen Gegebenheiten vertraut sein müssen. Gemeinschaftsgefühl ist nötig, denn Demokratie bedeutet Kompromissfindung, und dabei muss jeder an vielen Stellen zurückstecken, darf genau deshalb aber auch auf Solidarität hoffen. Zu viele Mitglieder, die das nicht leisten können oder wollen, bringen das System zum Einsturz. In ZEIT 27/2018 schreibt Matthias Krupa („Überholt“): „Mit ihrem einsamen Entschluss, die deutschen Grenzen im Sommer 2015 offen zu halten, hat sie zu jenen Emotionen beigetragen, die nun ihre Kanzlerschaft bedrohen.“ Auch der schon erwähnte Beitrag von Bernd Ulrich sieht nur Angela Merkel als Akteurin. Aber so einfach können Sie es sich nicht machen. Angela Merkel ist eine demokratisch gewählte Kanzlerin und reagiert auf Stimmungen und Meinungen. Durch die aus meiner Sicht völlig irrationale Euphorie in den etablierten Medien und die unzulässig unfaire Zurückweisung von jeglicher Kritik hat sie von der „vierten Gewalt“ ein verzerrtes Bild erhalten. Meiner Meinung nach reicht ein verschämtes Nachjustieren von Positionen in den Medien nicht aus. Um wirkliche Glaubwürdigkeit herzustellen ist ein echtes und öffentlichkeitswirksames Mea culpa notwendig mit einer Analyse der Fehler und Darstellung und Durchführung von Maßnahmen, wie die Handlungsfähigkeit der Medien wieder hergestellt werden kann. Denn wirksamen Journalismus brauchen wir. Es geht hier um weit mehr als um Rechthaberei im Flüchtlingsstreit. Es geht um die Leistungsfähigkeit unserer Demokratie in politisch unruhigen Zeiten. Weitreichende Entscheidungen müssen von großen Teilen der Bevölkerung mitgetragen werden. Nur so haben wir ausreichend Optionen, um aktiv in der globalisierten Welt mitgestalten zu können. – Susanne Schäfer


Leserbrief zu „Zeit zu gehen?“ von Bernd Ulrich

Ein Artikel dieser Widersprüchlichkeit ist der Würde des Zeit-Lesers unangemessen. Die Hauptfrage, die Sie stellen:“ Wie konnte es eine politikferne Physikerin …zu einer der großen Kanzlerschaften …bringen“?, lassen Sie unbeantwortet. Es wäre besser gewesen, Sie hätten als Journalist Ihre Aufklärungsaufgabe rechtzeitig erfüllt, anstatt ihr 13 Jahre zu erlauben, uns „die Welt vom Halse zu halten“. Der Nebel, der sich über Deutschland und die Berliner Spitzenpolitiker gelegt hat, und ihre Wirklichkeitsverweigerung haben wir zum Teil auch der journalistischen Wirklichkeitsverweigerung und Widersprüchlichkeit zu verdanken. Die Kanzlerin hat uns keinen Rosengarten gepflanzt, eher einen Dornengarten mit gravierenden Umbrüchen und Umwälzungen. Warum Sie Claudius-Gedichte missbrauchen, bleibt mir schleierhaft. Eine klarere Sprache wäre besser verständlich. – G. Bauschlet


Leserbrief zu „Letztes Gericht“ von Heinrich Wefing

Liebe Redaktion, diese Breitseite gegen Polen (ist ja nichts Neues, aber dennoch) bitte ich Sie, in einer der nächsten Ausgaben einmal detailliert zu erläutern. Immerhin hat gerade die ZEIT in mehreren Artikeln nachgewiesen, dass Richter über die Gerichtspräsidenten von den Justizministern massiv beeinflussbar sind und die Bundesanwaltschaft nach der Pfeife des Innenministers tanzt. Es ist auch kein großes Geheimnis, dass in Deutschland einer ermittelnden Stelle jederzeit auf verschiedenen Wegen das Verfahren ohne große Begründung aus der Hand geschlagen werden kann, was in Italien und Frankreich meiner Kenntnis nach nicht so einfach möglich ist. Verfassungsrichter werden hier ebenfalls nach Parteiproporz bestimmt. Diese Überheblichkeit gegenüber den Polen, die kaum etwas anderes als wir hier machen, ist mir schon (seit langem) sehr suspekt. Vielleicht irre ich mich ja auch und Sie können zur Aufklärung beitragen. – Gilbert Brands


Leserbrief zu dem Interview „Jogi Löw ist ein Frontmann“ von Cathrin Gilbert und Hanns-Bruno Kammertöns

Gewiss, Toni Kroos ist ein hervorragender Fußballspieler, aber man sollte in den Elogen über ihn (die z. T. über das hinausgehen, was man über Pelé, Beckenbauer und Maradonna in deren Glanzzeiten lesen konnte) doch die Kirche im Dorf lassen. Mich wundert, dass auch Flick in dieses Horn stößt. 400 Pässe pro Spiel – das klingt gewaltig, vor allem, wenn man es vergleicht mit der Anzahl der Paraden eines Torhüters oder der Schüsse eines Stürmers. Aber wie kommt diese Zahl (unterstellen wir mal, dass sie stimmt) zustande? Kroos hält sich überwiegend in der Nähe der Mittel- und der linken Außenlinie auf, fast immer in großem Abstand zum nächsten Gegenspieler (dass er Zwei- kämpfen aus dem Weg geht und sie z. B. bei Real Madrid gern seinem Helfer Marcelo überlässt, wird meist höflich verschwiegen). Dann kann es innerhalb kurzer Zeit zu einer Passfolge Hector-Kroos-Boateng- Kroos-Hector-Kroos-… mit Zuspielen oft nur über wenige Meter und am Ende womöglich noch mit einem Rückpass zum Torwart kommen – zahlreiche Quer- und Rückpässe in wenigen Sekunden mit einer numerisch beeindruckenden Passgenauigkeit von hundert Prozent, allerdings bei einem Raumgewinn von null. Kroos war bei der WM in Russland direkt an drei Toren beteiligt – eins hat er selbst geschossen, zwei waren Gegentore, bei denen er die „Vorarbeit“ geleistet hat. Er hat die Kunstform des schweißfreien Sports entwickelt, den man bis ins hohe Alter betreiben kann. Ein Team muss sich einen solchen Kroos leisten können und wollen (Bayern München wollte es irgendwann nicht mehr). – Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Heilmann


Leserbrief zu „Der Preis für unseren Geiz“ von Christiane Grefe

Manchmal beneide ich Journalisten, die so leicht über so viele verschiedene Dinge schreiben können, sie verknüpfen, Bilder gebrauchen, Antworten haben. Dies sehe ich natürlich positiv in Bereichen, von denen ich kaum eine Ahnung habe. Nun habe ich vor fast 5 Jahrzehnten Agrarwissenschaft studiert und sehe – nach Ihrem Bild – nur den Rüssel, nicht den ganzen Elefanten. Doch warum haben wir uns schon im Grundstudium auch mit Volkswirtschaftslehre, Soziologie, Politik, Marktlehre, Statistik beschäftigt? Vom Hauptstudium will ich schweigen. Aber einen so Vieles streifenden Artikel könnte ich nicht schreiben, bin halt kein Journalist. Es ist gut, wenn die gegenwärtigen Verhältnisse immer wieder in Frage gestellt werden, ob es nicht bessere Lösungen gibt. Wenn dabei aber zum Beispiel die Mineraldüngung für Übergewicht in Kenia „verantwortlich“ gemacht wird, weil ja Alles mit Allem irgendwie zusammenhängt, so kann man nicht mehr sauber analysieren. – Adolf Ronnenberg


Leserbrief zu „Freie Fahrt“ von Ulrich Stock im ZEIT-Magazin

Das hat ja lang gedauert, bis „Die Zeit“ einen Artikel über das Fahrradfahren gebracht hat, der inhaltlich und rhetorisch nicht aus der Mottenkiste des Weiter-so stammt. Fahrrad fahren tut nicht weh – im Gegenteil, es ist total schön! Ich spüre Wind, Sonne, Regen, fahre so schnell wie es mir passt und stehe vor allem nie im Stau. Das sind Gründe, auf das Auto zu verzichten, die man nicht in irgendeiner Ideologie suchen muss. Klar, billiger ist Fahrrad fahren auch und ökologischer und gesünder. Aber vor allem ist es schön, selbstbestimmt zu sein. Mein Fahrrad kann ich mittlerweile von A bis Z reparieren. Ich fahre überall hin bis vor die Haustür und suche nie einen Parkplatz. Ich habe jetzt schon so lange kein Auto mehr, dass ich auch die Zeit, die ich brauche, um von da nach dort zu kommen, in Fahrradzeit messe, nicht in Autozeit. Es ist ist für mich vollkommen irrelevant, ob irgendjemand mit dem Auto 10, 20, 30 Minuten schneller ist. Die Zeit habe ich, ich geh ja nicht ins Fitnessstudio. Zugegeben es dauert ein Weile, bis man an diesen Punkt kommt. Wenn man wie ich in Kiel unterwegs ist, hadert man lange mit dem Wind und der Feuchtigkeit. Aber das vergeht. Und es bleibt unterm Strich ein reines Gefühl: Rollen ist schön, sich bewegen tut gut, warm ist einem eigentlich immer. (Nie habe ich so gefroren, wie als ich ein Auto hatte.) Nur die Luft ist nicht so frisch, wie sie es sein könnte. Immer noch steigen zu wenig Menschen um. Dass die Politik ihre Verantwortung nicht wahrnimmt, ist das eine, aber wenn auch Zeitungen wie diese nicht ihrer Pflicht zur Meinungsbildung nachkommen, sind wir doch verloren! Wer soll denn dann aufklären, Mut machen, inspirieren? Viel zu lange hat „Die Zeit“ in das Horn der trägen Masse getutet. Endlich ein Artikel, der nicht davon handelt, wie jemand aus schlechtem Gewissen, in einem für die Zeitung unternommenen Selbstversuch oder aufgrund einer abstrusen Variante des Fastens auf das Fahrrad steigt, um dann zu erkennen – wen wundert’s? -, dass es ganz schön war als Fahrradfahrer, man sich aber doch nicht so recht von seinem Auto trennen mag. Noch nicht…, leider…, irgendwann aber sicher, wenn…. Wann schreiben Sie einen Beitrag, der im Ressort Politik erscheint? Als nächstes muss Fahrrad fahren nämlich aus der ‚Lifestyle‘-Ecke verschwinden und zusammen mit neuen ÖPNV-Konzepten als sozial und ökologisch unausweichlich wahrgenomen werden. – Stella Asmus


Leserbrief zu „Zeit zu gehen?“ von Bernd Ulrich

Entspricht das wirklich Ihrer Meinung? Oder wollen Sie die Leser mit einem Paukenschlag zu Beginn Ihres Artikels zum Weiterlesen animieren? Oder ist das, pardon, einfach nur pure Liebedienerei? Da behaupten Sie apodiktisch, Frau Merkel sei „eine starke Frau, eine unvergleichliche Politikerin, eine große Kanzlerin.“ Und nehmen Letzteres später noch einmal auf, indem Sie ihr „eine der großen Kanzlerschaften“ bescheinigen. (Die Pressestelle der CDU ist für diese Formulierungshilfen sicherlich sehr dankbar.) Da wundert man sich schon gar nicht mehr darüber, dass Sie an einer Stelle IHRE und IHREN in Versalien schreiben – das verstärkt nur den Eindruck, man habe es hier mit einer Apotheose zu tun.Glauben Sie wirklich, eine Bewertung dieser Bundeskanzlerin vornehmen zu können, indem Sie die erheblichen Defizite, die großen objektiven Fehler und Versäumnisse ihrer(IHRER?) Kanzlerschaft weitgehend unter den Tisch fallen lassen? Ist das wirklich der Stil, das Niveau einer unabhängigen, überparteilichen Zeitung? Es tut mir leid, zu einem drastischen Vergleich greifen zu müssen – aber Herr Putin wäre mit einer solch einseitigen Eloge vermutlich sehr glücklich. – Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Heilmann


Leserbrief zu „Zeit zu gehen?“ von Bernd Ulrich

„Genuin weibliche Politik“ ist es also, was Angela Merkel ausmacht. Da frage ich mich: Ist das noch gender, oder ist das schon sex? Feminismus war irgendwann einmal eine fortschrittliche Sache. Solange die älteste Partei Deutschlands (vielleicht auch die konservativste, jedenfalls die, mit der die neue Zeit zieht) keine Kanzlerkandidatin aufstellt, bleibt es für Deutschland wohl bei der Alternative: Stabat Mutti oder Feschismus aus dem Alpenland. – Peter Häußermann


Leserbrief zu „Zeit zu gehen?“ von Bernd Ulrich

Es kleben sozusagen noch Druckfarbenpartikel an meinen Fingern: eben habe ich Ihren Artikel gelesen: DANKE HERZLICH FÜR DIESEN GROSSARTIGEN, ERHELLENDEN BEITRAG! Als Schweizerin kenne ich mich in der deutschen Politik nicht aus – blicke aber mit Interesse und ja, auch Anteilnahme über den schweizerischen Tellerrand…. (dank ZEIT wöchentlich mit fundierten Infos „gefüttert“). Eine grosse, nicht leicht verdauliche Mahlzeit haben Sie den ZEIT-Fans zubereitet; danke für diesen meisterlich verfassten Artikel! – Lisbeth Vontobel


Leserbrief zu „Natural Born Schlaumeier“ von Ulrich Bahnsen

Unterschiede im IQ sind angeboren. Na und? Was sollte daraus folgen? Entsprechendes  Bemühen und Zeit, damit alle was lernen? Nein, so hat es diese Art von Forschung natürlich nicht gemeint! In einem „Bildungs“system, das ohnehin vorhat, Kinder für die Hierarchie der Berufe zu sortieren, sie also lieber nicht mit Bildung zu „überfrachten“, da kommt die Rechtfertigung mit dem IQ gerade recht: Wenn einer nichts lernt, liegt es nicht daran, dass man ihm nichts beigebracht hat, sondern fehlende Bildung ist seine Natur. In der Gesellschaft geht es um Rentabilität, um optimale Verwertung des eingesetzten Kapitals. Da kann sich das Schulsystem als Sortieranstalt bewähren, da können in einer noch effektiveren Zukunft Intelligenzforscher womöglich helfen „hochbegabte Kinder schon bei der Einschulung zu identifizieren“, so dass kein Euro zu viel auf diejenigen verschwendet wird, die für den Verschleiß in niederen Tätigkeiten gebraucht werden. – Inge Graf


Leserbrief zu „Zeit zu gehen?“ von Bernd Ulrich

Wow – was für eine messerscharfe und glasklare Analyse der Kanzlerschaft Merkel! Da werden sauber Pro und Contra gegeneinander abgewogen, aber eine Botschaft bleibt: Was für ein Glück die Deutschen mit dieser unaufgeregten (Noch-)kanzlerin bei aller berechtigten Kritik doch hatten! Das Ganze gewürzt mit solch traumhaften Wortschöpfungen wie Steinbrücks „Eitelkeitsabrieb“ oder der „Neoburschikosität“ der Machos aus München! Und eingebettet in die melancholischen Verse von Matthias Claudius – was für eine journalistische Meisterleistung! Jetzt weiß ich (wieder), warum es kein Fehler war, die ZEIT seit 50 Jahren zu lesen! Allein vor dem „schwarzen Wald, der schweiget“ wird mir bang – ich frage mich, was auf unser Land demnächst zukommt, wenn wir diese besonnene Frau nicht mehr am Küchentisch haben, wo sie alle großen Probleme kleinhackt und in mundgerechte Portionen zubereitet! Wenn dann der böse Mann mit der Hundekrawatte bald das Sagen hat, dann „Gute Nacht Deutschland“! Wie schreibt ein italienischer Blog dieser Tage: „Die Deutschen werden in Russland gejagt, in Italien sind Faschisten an der Macht – wilkommen im Jahre 1943! (übersetzt). – Franz Schneider


Leserbrief zu „War also alles vergeblich?“ von Frank Jansen und Özlem Topcu

Nein, sicherlich nicht!Es gibt ja auch noch die moeglichkeit im eigenen stall mal aufzuraemen. Denn ohne die stillen helfer in der geselschaft und erst recht bei pilizei, justitz haette das trio nicht So lange ueberleben koennen. Auch unser alter milchmann aus lage wo wir unseren taglichen bedarf an molkereiproduckte dekten konnte sich jahrzehnte auf das netzeerk der alten kammeraden verlassen ohne die er nicht so lange undehaeligt ueberleben konnte.Und es gibt sie auch noch heute, die mit iheren verdrehten rechtsenpfinden die politick, justiz,verwaltung alles nutzen um die herrenrasse am ueberleben halten.Wie die macher und verfechter der hartz 4 gesetze, die nix anderes sind als die gesetze der ex natzi.Wer nicht arbeitet braucht keinvgeld. Ohne geld kann die person nicht zum arzt.wer krank ist stirbt schneller. Ach ja da gibts doch noch die tafeln mitt essen aus der muelltonne. – Christian Knaut


Leserbrief zu dem Interview „Jogi Löw ist ein Frontmann“ von Cathrin Gilbert und Hanns-Bruno Selten wird ein Interview so schnell von der Wahrheit überholt, wie die Einschätzung von Hansi Flick. Selbst der Einwand der Fragesteller, dass Kritik berechtigt war, muss ich eher sagen, dass Hansi Flick es war, der mich mit seinem Schwarz-Weiß-Denken überrascht hat. Seine Prognose, dass wir spätestens im Achtelfinale die vorhandene Qualität der Mannschaft beobachten können, ist nicht mehr nachweisbar. Mit der Beurteilung einiger Spitzenspieler anderer Nationalmannschaften hat Hansi Flick schon eher den Nagel auf den Kopf getroffen, damit aber gleichzeitig die Schwächen unserer Leistungsträger offen gelegt. Lionel Messi spielt grundsätzlich dann gut, wenn er sich in seiner Mannschaft wohl fühlt, betont Hansi Flick und stellt diese Voraussetzung klar in den Vordergrund. Zur WM in Brasilien hat man sich daher auch sehr bemüht, alles Störende und Negative von den Spielern fernzuhalten! Das wäre natürlich auch 2018 ein guter Ansatz gewesen. Auf die Frage  zu der Leistung von Christiano Ronaldo kommt die überraschende Antwort, dass dieser Spieler nicht verlieren möchte. Fast am Schluss des Interviews habe ich jetzt doch vieles verstanden, dagegen konnten  Hansi Flick und seine Familie keinen guten Urlaubsabschluss genießen. – Edgar Scholz


Leserbrief zu „Freie Fahrt“ von Ulrich Stock im ZEIT-Magazin

Ich fahre seit acht Jahren ca. 2000 km pro Jahr mit dem Rad durch Köln. Weil ich preiswert zur Arbeit kommen und dabei schnell sein möchte, weil ich fit bleiben und etwas für die Umwelt tun möchte. Und weil ich Freude daran habe. Der Artikel von Ulrich Stock zeigt auf welch verblüffend einfache Art und Weise eine Menge Probleme der Städte und der Menschen, die in diesen Städten verkehren, gelöst werden könnten: durch Mut der Verantwortlichen und durch Geld. In der Regel fehlt es an beidem. Jedoch lässt es sich mittel- bis langfristig nicht mehr vemeiden, das Fahrrad (E-Bike, Lastenfahrrad, Rikscha, …) und den öffentlichen Verkehr ins Zentrum der Verkehrsplanung zu rücken. Das wissen eigentlich schon alle. Daher ein preiswerter und einfacher Vorschlag, der diesen Prozess kurzfristig in Gang bringen wird: Tempolimit 30 für Autos auf Hauptstraßen, 20 in Wohngebieten. Das entspannt alle Verkehrsteilnehmer und das Auto verliert an Bedeutung. Nur auf dieser Grundlage kann die fahrradfreundliche Stadt geplant und auch umgesetzt werden. – Johannes Röttgen


Leserbrief zu „Der Aufruhr nach dem Sturm“ von Oliver Hollenstein und Sebastian Kempkens

Der Untertitel „Bilanz eines Desasters“ klingt vielversprechend und weckt hohe Erwartungen: Vieles ist währenddessen und seitdem in verschiedenen Medien gesagt, gezeigt und thematisiert worden, diverse Akteure haben sich zu Wort gemeldet bzw. diskutieren bis heute und das Ereignis wird von verschiedenen Interessenten instrumentalisiert. Von Der ZEIT erwartete ich daher einen entsprechend reflektierten und umfassenden Beitrag. Stattdessen muss man sagen: Jeder 08/15-Medienkonsument scheint durch TV, Radio und Zeitung besser informiert, als das Autoren-Duo das hier bilanziert. Fakten werden stiefmütterlich behandelt bzw. gar nicht erst erwähnt, der Beitrag ist geprägt von Stimmungsmache und Plattitüden, skizziert die Interviewten mit plattesten Vorurteilen und referiert über Altbekanntes: Überforderung der Verantwortlichen. Nur ein konkretes Beispiel: Die deutlich sichtbare und dokumentierte Polizeigewalt während des G20 Gipfels (der NDR berichtete im August und September 2017 von knapp 100 Ermittlungsverfahren und weiteren 100 Prüffällen) wird in dem Beitrag nur in einem Nebensatz erwähnt – als rein Linkes Streitthema abgetan – und in Frage gestellt: „Während die Linke die angebliche Polizeigewalt aufdecken will,…“. Immerhin wird die beschlossene Kennzeichnungspflicht von Polizisten genannt – diese wurde nämlich nicht ohne Grund eingeführt: „um Übergriffe der Beamten besser zuordnen zu können.“ Genau. Die kürzlich bekanntgewordene Tatsache, dass Polizisten als verdeckte Ermittler vermummt (!) bei der linksautonomen Demonstration „Welcome to Hell“ mitliefen und so vermutlich zur Eskalation beitrugen – die Hamburger Staatsanwaltschaft aber keinen Grund sieht, hierzu zu ermitteln, wäre auch ein im Rahmen des Artikels erwähnenswerter Punkt gewesen. Um den Lesern ein detailliertes Bild zu vermitteln, wie man (in Hamburg) bis heute an einer aufrichtigen Aufarbeitung der Ereignisse rund um den G20-Gipfel scheitert. Ihr Autor Herr Hollenstein stellt sich mit folgendem Werteverständnis seiner Arbeit vor: „Journalismus ist für mich das Privileg, Zeit zu bekommen, mich in komplexe Sachverhalte einzuarbeiten – um die Sachverhalte Menschen zu erklären, die diese Zeit nicht haben.“ Da hat ihm bei dieser Thematik offensichtlich viel, viel Zeit gefehlt. Dieser Beitrag ist absolut unter dem Niveau Ihrer Zeitung und reine Zeitverschwendung für Ihre Leser. – Anne-K. Davids


Leserbrief zu „Überholt“ von Matthias Krupa

Hoffe sehr, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel standhält und durchhält. Nicht, weil sie alles richtig gemacht hat, gewiss nicht. Aber sie steht eindeutig für ein souveräneres, weil menschenrechtliches Ansinnen der EU; das ist nicht nur alternativlos, sondern schlichtweg ein Gebot jeder rechtsstaatlichen Gemeinschaft. Die Art und Weise hingegen, wie etwa die CSU und die AfD in Deutschland ohne humanistische Werteorientierung  und Vernunft das Politische, derzeit besonders die Flüchtlings- und Asylpolitik, destruktivieren und polemisieren, ist unsäglich schamlos und perfide. – Matthias Bartsch


Leserbrief zu „Türkisches Paradox“ von Michael Thumann

Michael Thumann zeigt sich irritiert darüber, dass im Wahlergebnis Erdogan in Deutschland ein besseres Ergebnis erzielt habe als in der Türkei selbst. Bezogen auf diejenigen, die sich an der Wahl beteiligt haben, ist das zwar richtig. Den von manchen gezogenen Schluss, dass die Integration der türkischen Einwanderer nicht funktioniert habe, lässt sich daraus aber nicht ableiten. Dies zeigt ein Blick auf die sehr unterschiedliche Wahlbeteiligung – in der Türkei über 87 %, in Deutschland unter 50 %.  Somit haben in der Türkei 46 % der Wahlberechtigten für Erdogan gestimmt, in Deutschland nur 32 %. Warum? Von einigen der Wahlberechtigten weiß ich, dass sie Erdogans Auftreten nicht gut fanden, aber sie sich bewusst nicht an der Wahl beteiligt haben, da ihr Lebensmittelpunkt Deutschland sei und nicht mehr die Türkei. Berücksichtigt man noch, dass mehr als 50 % der Türkischstämmigen gar nicht mehr an Türkeiwahlen teilnehmen können, da sie sich für einen deutschen Pass entschieden haben und doppelte Staatsangehörigkeit deutscherseits nicht erwünscht war, sinkt der Anteil der Erdoganwähler bei den türkischstämmigen Mitbürgern auf unter 16 %. – Die Quote der nationalistisch-chauvinistischen Wähler bei ihnen ist also vergleichbar mit den Wählerstimmen für die AfD bei den sonstigen Einwohnern Deutschlands. Es gibt also keinen Anlass, mit dem Finger zu zeigen, auch wenn man den nationalistischen Chauvinismus für ein Unglück hält. – Ulrich Waas


Leserbrief zu „Mut zum Träumen“ von Thomas Beschorner und Miriam Meckel

Mut zu träumen? Bereits bei den Kernreaktoren hat man am Anfang versprochen, dass der Strom so billig sein wird, dass man keine Stromzähler brauchen wird. Das Versprechen war fern jeglicher Realität. Es war ein Versprechen, auf sauberen Strom in unendlichen Mengen – und fast zum Nulltarif… Es wurde systematisch verschleiert, dass es nicht machbar ist. Über Risiken sprach bis Tschernobyl und Fukushima kein Mensch! Nick Bostrom im “Future of Humanity Institute” an der Uni. Oxford meinte zum Thema künstliche Intelligenz: „Es ist radikal und vielleicht erschreckend, aber unser Versagen, das Ausmaß der Risiken zu verstehen, mit denen wir gerade konfrontiert werden, wäre ein schwerer Fehler, unter den Umständen, dass, sobald Super-intelligenz beginnt sich selbst zu manifestieren und zu handeln, die Veränderung extrem schnell sein könnte, und uns könnte keine zweite Chance gewährt wird.“ Was die Robotisierung betrifft, hier ist ein Beispiel: Die Fa. Foxconn, die die Elektronik- und Computerteile etwa für Apple, Microsoft, Nintendo oder Samsung herstellt und schon länger auf Automatisierung der Produktion setzt, hat in einer ihrer Fabriken in Kushan angeblich 60.000 von 110.000 Arbeitern entlassen und durch Roboter ersetzt. In Chinas Kunshan sollen Hunderte von Unternehmen den vermehrten Einsatz von Robotern planen und viel Geld in KI investieren. Die erste Nur-Roboter-Fabrik wird in Chinas Dongguan gebaut. Seit September 2014 haben insgesamt 505 Fabriken in Roboter investiert, mit dem Ziel, mehr als 30.000 Arbeiter zu ersetzen. Bis 2017 wird China über 400.000 industrielle Roboter haben und damit Nord-Amerika und die Europäische Union in der Anzahl der Roboter, die in Fabriken operieren, überholen. Die Provinz Guangdong in Südchina, wo sich auch die Fa. Midea befindet, die KUKA kaufte, plant $152 Mio. auszugeben, um menschliche Arbeiter in ca. 2.000 Fabriken zu ersetzen, schrieb Robotics Business Review vom 14.10.2015. Und dies ist nur der Anfang… Was hat die Computerisierung und Digitalisierung bis jetzt gebracht? Der U.S. Sozialkritiker Theodore Roszak hat in dem U.S. Magazin Digital Media vom 05.06.1995 einen Artikel „The virtual duck and the endangered nightingale“ geschrieben: „In einer Kultur, die sich sehr rapide zu einem dekonstruierten Chaos von Pixels und Soundbytes verwandelt, ist die einfache Fähigkeit, sich auf etwas zu konzentrieren, was länger als ein paar Sekunden dauert – einen Satz nach dem anderen zu verfolgen, den Anfang mit dem Ende eines Arguments zu vergleichen, zwischen einem Fakt, einer Meinung und einer Interpretation zu unterscheiden – diese fundamentalen intellektuellen Fähigkeiten können eine tödliche Degradierung erleiden.“ Dann werden wir so enden wie der ehem. Wirtschafts-Professor an der London School of Economics, Ezra Mishan, in seinem Buch „The Cost of Economic Growth“ (Die Kosten des Wirtschaftswachstums) beschrieb: „Durch allmähliche Verschiebung der menschlichen Anstrengung von jedem Aspekt menschlichen Lebens, wird die Technologie uns ermöglichen, reibungslos und störungsfrei schnell durch unsere zugeteilten Jahre durchzurutschen, mit spärlichen Empfinden für körperliche und geistige Reibung, um sicher zu sein, dass wir noch am Leben sind.“ Dazu fällt mir ein Spruch des australischen Science-Fiction-Autors der Romanvorlage des Stanley Kubricks Film 2001: Space Odyssey, Arthur C. Clarke, ein, der ultra-intelligente Computer prophezeite: „Die Frage ist nicht, was wir ohne Arbeit machen werden – sondern wozu leben wir eigentlich?“  Wenn alles so positiv und harmlos ist wie Thomas Beschorner und Miriam Meckel schreiben, warum gibt es denn das Institute for existential risk in Cambridge, das Future of humanity institute in Oxford und Future of life institute in den USA? Warum machen sich Leute wie Nick Bostrom, Jaan Tallinn und Max Tegmark Gedanken über unsere Zukunft? – Igor Fodor


Leserbrief zu „Wir brauchen einen afrikanischen Frühling“ von Bastian Berbner et. Al

Solange Konzerne das niedrige Lohnniveau missbrauchen, die Rohstoffpreise drücken und sogar im Tourismus die Gewinne mehrheitlich mitnehmen, wird sich an der Situation in großen Teilen Afrikas nichts ändern. Aber das Hauptproblem ist die über dem Wirtschaftswachstum liegende Bevölkerungszunahme in den meisten Sub-Sahara-Regionen, wodurch die individuelle Verarmung zunimmt. Migration wird die Probleme in den Herkunftsstaaten nicht lösen, aber zunehmend Schwierigkeiten in den Zielländern schaffen. – Martin Behrens


Leserbrief zu „Überholt“ von Matthias Krupa

Es ist nicht mehr gerade zu biegen. Ihr fundamentaler Fehler in der Flüchtlingspolitik hatte schon DDR Charakter. Sie wird nicht zurücktreten. Sondern aus Ihrem Büro herausgetragen werden müssen. Aus Erschöpfung und Sturheit. – Gunter Knauer


Leserbrief zu „Türkisches Paradox“ von Michael Thumann

Ihr Autor widerspricht sich. Klarer kann eine Partei nichtgewinnen als die von Erdogàn. Die europäischen Staaten träumen von so einem Ergebnis. Hören sie auf, den Teufel an die Wand zu malen. Erdogàn ist kein Diktatur und auch kein Despot. Der will nur Ordnung in seinem Staat und eine Religion die nicht solche Zustände wie in Deutschland zulässt. Unsere Demokratie ist nicht zu empfehlen, die hinterlässt zu viele Baustellen. – Gunter Knauer


Leserbrief zu „Zeit zu gehen?“ von Bernd Ulrich

Bernd Ullrich, Sie haben Angela Merkel mit Ihrem Beitrag noch zu Lebzeiten ein würdiges und mehrdimensionales Denkmal gesetzt. Der rote Faden, die letzte Strophe des schönsten deutschen Abendliedes von Matthias Claudius ist dem Herannahenden Ende ihrer Ära würdig und angemessen. Erst die Geschichtsschreibung wird belegen, wie groß sie war, was sie uns war und wieviel Würde sie unserem belasteten Namen zurückgegeben hat. Ich bin stolz auf die Merkel-Ära und auch ich habe Angst vor der Nachfolge. – Uwe-Carsten Edeler


Leserbrief zu „Freie Fahrt“ von Ulrich Stock im ZEIT-Magazin

Ich fahre in Hamburg seit 1984 viele Zehntausend Kilometer Fahrrad (und ein paar Tausend mit dem Auto). Und deswegen kann ich sagen, dass Ihr Artikel sehr zutreffend ist, weil neutral und vorurteilsfrei geschrieben. Nur eine Frage haben Sie nicht beantwortet: Warum ist in Hamburg, im Gegensatz zu so vielen anderen Städten, die Mehrheit gegen Radfahrer? Und das ist keine unzulässige Verallgemeinerung, die Summe meiner schlechten Erfahrungen und Beobachtungen belegt, das diese Aussage eine Tatsache ist. Der Senat ist auf dem Holzweg, wenn er glaubt, er könne das nur dadurch ändern, dass er viele Millionen für Radwege ausgibt. Die auf den Straßen aufgemalten Fahrradstreifen belegen das: ich fühle mich da nicht sicher wenn rechts die Türen von parkenden Autos aufgehen und links Autos mit überhöhter Geschwindigkeit genau an der Linie entlang fahren; außerdem wird er gerne von Bussen, Lieferfahrzeugen etc. benutzt. All diese Maßnahmen könnte man sich sparen, wenn die Autofahrer ein Minimum an Rücksicht walten lassen würden. Dazu ist die Mehrheit der Autofahrer in Hamburg aber nicht bereit. Hinweis: wenn ich „Autofahrer“ kritisiere, dann schließe ich Frauen ausdrücklich mit ein. Meiner Erfahrung nach gibt auch viele Frauen, die rücksichtslos fahren, nur sind Männer als Autofahrer wahrscheinlich in der Mehrheit, daher kommt wohl das Vorurteil, dass Frauen die besseren Fahrer sind. Vielleicht ändert sich der beschriebene Zustand, wenn es mehr Artikel wie der Ihrige gäbe. – Uwe Dieckmann


Leserbrief zu „Überholt“ von Matthias Krupa

Die Karawane der Flüchtlinge war doch das ultimative Gegenbild zu den Karawanen der KL-Häftlinge, die die SS am Ende des Kriegs durchs Reich hetzte, um die Rettung dieser armen Menschen durch die Rote Armee zu verhindern. In jedem Land der Welt gibt es wohl solche Bilder, die den letzten Grund der nationalen Existenz versinnbildlichen – und so den Nachgeborenen Kraft zum Leben geben oder nehmen. Für dieses Gegenbild muss Deutschland der Kanzlerin dankbar sein. Dieses Gegenbild bleibt, Gott sei Dank, die Politik mag sich ändern. Am Rande beeindruckt die Bescheidenheit der Aktion: Die Bundeskanzlerin hat nicht wie Moses ein göttliches Gebot auf dem Berg Sinai (oder auf dem Teufelsberg) empfangen, sie hat einfach auf Volkes Stimme gehört. Auch das lässt hoffen. – Klaus E. Margraf


Leserbrief zu „Führen wie ein Baulöwe“ von Heike Buchter

In 2. Spalte, Z. 3 führen Sie den Namen Roy Cohn ein; in der Folge wird Cohn noch elfmal erwähnt, bevor im drittletzten Absatz unvermittelt von einem Cohen die Rede ist. Aus dem Kontext erschließt sich zwanglos, dass dies eigentlich ein Druckfehler sein müsste und der bisherige Cohn weiter gemeint ist. Aber: In Spalte 3, Ende des drittletzten Absatzes führen Sie einen Michael Cohen als Anwalt Trumps ein, sodass ich meine Druckfehlervermutung bezweifle. Meinten Sie also in Sp. 2 auch schon diesen Anwalt? Dann hätten Sie aber ein paar gegenüber Cohn unterscheidende Wörter hinzufügen sollen.  Aufklärung tut also not, eventuell sogar in der nächsten Nummer. – Volker Morstadt


Leserbrief zu „Host mi?“ von Maria Rossbauer

Es ist richtig, wie Frau Rossbauer schreibt, dass es beim Dialekt darum geht,zu reden, wie einem der Schnabel gewachsen ist und wie man es in der Umgebung gehört hat, um etwas Bestimmtes auszudrücken, wie man es will, unter seinesgleichen. Es kann auch charmant sein, durch seinen Dialekt einer Region zugeordnet zu werden. Als Politiker sollte man seinen Dialekt aber so weit zurückfahren können, dass die Menschen ohne abgelenkt zu werden, den Inhalt erfassen, was besonders Politiker aus Bayern meiner Meinung nach zu wenig können, Beispiel: Ilse Aigner. In Großbritannien kann, so weit ich weiß, kein Mensch, der eine lokalen Akzent hat, in der Politik etwas Bedeutendes werden. Trotzdem ist es gut, wenn Dialekte gepflegt werden. Meine Freundin ist kölsche Sängerin. Sie geht in Schulen, um mit den Kindern den Dialekt spielerisch und gesanglich zu pflegen. Man kann, besonders im Dialekt, kurz und auf den Punkt gebracht Dinge liebevoll oder kritisch äußern. Aber in der öffentlichen Debatte sollten leise Anklänge an die Herkunft genug sein. – Eleonore Dedring


Leserbrief zu „Überholt“ von Matthias Krupa

Den jungen Politikern und v.a. ihren Wählern, die Kanzlerin Merkel überholt haben, fehlen die entscheidenden Erfahrungen von Krieg und Diktatur und damit der prinzipielle Wert der Europäischen Union! Der Frieden, den die EU garantiert hat, ist so selbstverständlich geworden, dass  ihn Kurz, Conte und Co. als gegeben glauben, obwohl mit dem Zerbrechen der Einheit am Horizont Konflikte auftauchen werden, die Trump, Putin und Erdogan nutzen werden. Divide et impera! Grundrechte, für die die EU stehen wollte, werden dann nur noch für den jeweiligen Staatsbürger gelten, wenn überhaupt, nicht nur in den Visegrad Staaten steht die Pressefreiheit zur Disposition. Dazu kommt der unbedingte und skrupellose Wille zur Macht, der den einst moderaten Kurz auf FPÖ-Kurs gebracht, der die Koalition zwischen Lega Nord und Fünf-Sterne-Bewegung in Italien möglich gemacht hat und die CSU Söders  ohne Rücksicht auf Verluste agieren lässt. – Tilli Isemann


Leserbrief zu „Wir brauchen einen afrikanischen Frühling“ von Bastian Berbner et. Al

Dazu möchte ich ein paar Anmerkungen machen. Meine erste Dienstreise nach Westafrika in Rahmen der Entwicklungshilfe war 1971, meine letzte Tätigkeit als Landesdirektorin des ded endete 2006 in Kamerun.Ich hatte in meiner Tätigkeit in der Entwicklungszusammenarbeit auch mit Kontrastprogrammen wie Südkorea oder Menschenrechtsfragen in Lateinamerika zu tun.  20 Jahre jedoch in verschiedenen Funktionen im oder für das französischsprachige Afrika, dies zum Hintergrund. Zu dem ersten Artikel kann ich nur beglückwünschen. Er ist glänzend geschrieben und zeigt in kondensierter Form die zentralen Probleme auf. Er trägt damit hoffentlich zu einem qualifizierteren Verständnis der heutigen Lage bei. Natürlich möchte man als Experte noch vieles verfeinern und ergänzen. Wirklich notwendig erscheint es mir nur in einem Punkt: Botswana. Es wurde von einem Regierungschef regiert, der das Gemeinwohl im Sinn hatte, heisst es da. So einfach ist es nicht und diese Darstellung leitet irre. Es erscheint nun so, als ob die böse Entwicklung nur von den bösen Buben da oben herkommen. Es gab im Zuge der Unabhängigkeitsphase viele Versuche, für das Gemeinwohl eine Regierung aufzubauen. Die meisten scheiterten, weil das Gemeinwohl, d.h. der Staat nicht stabil definiert war und die ausländischen Interessen, ob kommunistisch, kapitalistisch und kolonial, damit ein leichtes Spiel hatten, Verräter am Gemeinwohl zu finden. Was heute Botswana ist, hatte schon vor der Kolonialzeit eine Sprache, eine Kultur, eine Staatlichkeit und einen Herrscher, Seretse Khama, der im System der Kolonialmacht erzogen war und sich damit durchsetzen konnte. Die Konflikte mit England waren hart. Auch heute zeigt sich, dass vielversprechende Staaten mit einer guten Entwicklung auf vorkolonialer Staatlichkeit beruhen, z.B. Ghana oder Ruanda. Diese kolonialen Gebilde, die die meisten afrikanischen Staaten sind, mit teilweise abstrusen Grenzziehungen, sind ein zentrales Problem. Das erfährt in dem sonst glänzenden Artikel zu wenig Beachtung. Der zweite Artikel ist altbekanntes. Achille Mbembe wäre sicherlich interessanter gewesen .Der spricht halt kein deutsch. Machen Sie weiter mit Artikel zu Afrika, denn diese Kulturkonfrontation wird uns in Europa notgedrungen weiter beschäftigen. – Herta Friede


Leserbrief zu „Zeit zu gehen?“ von Bernd Ulrich

Die ZEIT ist meine liebste Informationsquelle aus der Erkenntnis heraus, dass Sie klug und verantwortungsvoll recherchieren und vor allem liberal Meinungen zulassen.Bernd Ulrichs Artikel „Zeit zu gehen? Oder Zeit zu bleiben?“ ist das Beste, was ich seit langem gelesen habe. Der Abgeordneten-Polemik im Bundestag zuzuhören ist meist nicht nur langweilig, sondern in höchstem Maße enervierend wegen einseitiger ketzerischer Diffamierungen ohne irgendwelche positiven politischen Vorschläge. Der primitive Schlagabtausch gegen Merkel wird immer mehr zur Farce. Bernd Ulrich hat die Kanzlerin in ihren Qualitäten und ebenso ihren augenscheinlich schwachen Momenten ihrer Entscheidungen, sprich nachhaltigen Abwägungen, gut beobachtet, und er befragt auch eventuelle Alternativen. Dem Leser ist obliegt nun, die politische Wirksamkeit der Kanzlerin Merkel selbst nachzuvollziehen. Mir gefällt diese Draufsicht. – Renate Schwengers


Leserbrief zu „Zeit zu gehen?“ von Bernd Ulrich

Die Titelgeschichte ist Hofberichterstattung vom Feinsten. Stelle mir die Frage, welche Drogen der Verfasser dieses Nachrufes auf Merkel oder vielleicht auch Appell an das deutsche Volk, konsumiert hat. Der Untertitel „das Drama der Angela Merkel“ sollte richtigerweise das Drama Europas lauten. Menschen, vor allem Politiker sind austauschbar und sollten nicht nur alle 16 Jahre (Kohl) die politische Bühne verlassen. Der deutsche Michel lernt nicht oder vergisst schnell. Auf Seite 6 derselben „ZEIT“-Ausgabe steht das wirkliche Problem vor dem wir alle stehen und die Augen verschließen. Dort heißt es, dass im Zusammenhang mit den Anschlägen des NSU der Fremdenhass in diesem Land nicht kleiner geworden ist, sondern sich eine radikalisierende Gesellschaft entwickelt. Und das haben wir seit Jahrzehnten vor allem den „christlichen“ Parteien und neuerdings auch der AFDzu verdanken, die, nicht nur aus wahltaktischen Gründen, nationalistische und daraus folgend separatistische Tendenzen verfolgen, obwohl wir alle wissen (sollten), dass Friede und Zusammenarbeit in Europa hohe, unbezahlbare Güter sind. – Manfred Trinkhaus

Leserbrief zu „Host mi?“ von Maria Rossbauer

Dialekt ist mehr als nur Herkunft. Er ist auch Geschichte. Der Dialekt den ich spreche, kommt nur in einem kleinem Gebiet vor. Es ist eine Mischung aus Nordthüringisch und älteren niederdeutschen Einsprengseln. Da das Mansfelder Land über Jahrhunderte vom Bergbau geprägt wurde, haben Zugezogene ihren „Senf“ auch noch mit dazu gegeben. Der Bergbau und der „Mischmasch“ der Fremden haben einen derben, direkten Dialekt entstehen lassen, der so nur im Mansfelder Revier gesprochen wird. Oft muß man sich anhören, unser Dialekt sei unverständlich und primitiv.Dabei klingt er einfach nur nach Schewwern und Wacken ( Schiefer und Gestein). Es schwingt immer noch ein bischen der Stolz des Bergmanns mit. Versuchen Sie mal unter Tage ( offem Schacht) bei hoher Luftfeuchtigkeit, Staub, Dreck und Lärm Hochdeutsch zu reden. jeht jar nich ( das geht überhaupt nicht) Ich hoffe, nach den Versuchen der DDR Dialekte verschwinden zu lassen und den überheblichen Bemerkungen der „Wessis“ das der Dialekt nicht ganz ausstirbt. Bairisch ist eben schützenswertes Brauchtum, „Sächsisch“ oder was der „Wessi“ dafür hält kann weg. – Olaf Goldschmidt


Leserbrief zu „Freie Fahrt“ von Ulrich Stock im ZEIT-Magazin

Ihren verdienstvollen Artikel habe ich mit großem Interesse gelesen. Ich selbst bin Fußgänger und benutze häufig die öffentlichen Verkehrsmittel in Hamburg. Die Reduzierung des Autoverkehrs und ein größerer Anteil Fahrradverkehr ist sicher der einzige z. Zt. erkennbare Ausweg aus den zunehmenden Überlastung  der Städte durch Verkehrsdichte, Lärm, Gefahren und Schadstoffe. Erlauben Sie mir bitte aber eine Bemerkung: es gibt ein Problem, daß Sie in Ihrem ausführlichen Artikel nicht wahrgenommen haben (oder verdrängen?) Es geht mir um die Disziplin der Radfahrer. Hier kommt nach meinem Eindruck die Psychologie ins Spiel: Radfahrer halten sich generell für die besseren Menschen. Sie fahren ökologisch und machen wenig Lärm. Und jetzt kommt es: wenn sie schon so gut sind, brauchen sie sich aber auch nicht an die Verkehrsregeln und Rücksichtnahmen zu halten. Ich wohne im Bereich „Eppendorferbaum“ und mache fast täglich irgendwelche Besorgungen oder gehe zur U-Bahn. Schon nach gut fünf Minuten könnte ich fünf bis zehn Verkehrsübertretungen der Radfahrer zählen: Fahren bei roter Ampel, Fahren gegen die Fahrtrichtung usw. Meine These: Es müsste mehr durch Behörden, Schulen, Presse auf die geltenden Regeln und die Notwendigkeit der gegenseitigen Rücksichtnahme hingewiesen werden. Eine massive Kampagne ist erforderlich, damit die Radfahrer erfahren, welche Verpflichtungen auch sie  haben. Ich wünsche Ihnen weiter viel Erfolg bei Ihrer Arbeit. – Werner Jantzen


Leserbrief zu „Über die Möblierung des Gartens“ von Hanno Rauterberg

Man hielte Herrn Rautenbergs Szenario für eine satirische Zukunftsvision, würde der Blick in die Gärten der Mitbürger/innen einem nicht vor Augen führen, dass es sich um die Wirklichkeit handelt und es nicht mehr um säen, jäten und ernten geht, sondern der Mensch „zum eigentlichen Ziel und Zweck des Gartens“ geworden und sich selbst „sein wichtigstes Gewächs“ sei. Es schockiert mich, zu sehen, zu welcher Blüte der Mensch gedeiht, wenn er statt „Verwurzelung […] [und] Bodennähe anzustreben, einen naturfernen, künstlichen und hochtechnisierten Ort aus seinem Garten macht, „in dem Mähroboter den Rasen kurz halten [sofern er noch nicht aus Plastik ist] und die Bewässerung per App gesteuert wird“: zu einer von der Natur und letztlich auch von sich selbst entfremdeten Plastikblume, die unkompliziert entsorgt und austauschbar ist. – Denise Rüller


Leserbrief zu „Zeit zu gehen?“ von Bernd Ulrich

Ehe wir uns nach Frau Merkel zurücksehnen, sollten wir uns erst noch einmal die grundsätzlichen Widersprüche ihrer Kanzlerschaft vor Augen halten. Sie hat nicht – wie verbreitet wurde – als Physikerin die Dinge vom Ende her betrachtet, sondern immer pragmatisch auf Entwicklungen reagiert – von strategischem Denken hat der interessierte Bürger nichts bemerkt. Sie hat außerdem – und dies ist nach meiner Meinung noch schwerwiegender – uns Bürger als unmündig betrachtet, unfähig, politische Vorgänge und Schwierigkeiten zu begreifen und zu bewerten. Der letzte Wahlslogan „Deutschland, ein Land in dem wir gut und gerne leben“ sagt alles. Sie hat auch aus der Erfahrung mit ihrem „Ziehvater“ Kohl, der „es noch einmal wissen wollte“, offenbar nichts gelernt. Im Gegenteil: vor der letzten Wahl ist sie – nach eigener Aussage – mit sich selbst zu Rate gegangen und ist „nach langem inneren Kampf“ zu dem Ergebnis gekommen, dass „sie dem Land noch einmal dienen wolle.“ Jetzt haben wir das Ergebnis dieser Selbstbefragung:  Das politische Establishment ist dabei, sich selbst zu zerlegen. Warten wir also noch etwas ab mit dem „Zurücksehnen“. – Klaus Grieshaber


Leserbrief zu „Wir brauchen einen afrikanischen Frühling“ von Bastian Berbner et. Al

1) Die Widergabe der Diskussion mit und zwischen den vier Afrika-Experten umfasst zweieinhalb Seiten. Die erste ist mit Diagrammen zur Europäischen Union (EU) und zu Afrika südlich der Sahara (SSA) geschmückt. Ende Juni gab die Weltbank beim Bruttonationalprodukt pro Kopf (in US-Dollar) die Werte von 2017 bekannt; dabei hat sie frühere Werte leicht korrigiert. – Nun die Befunde zu den beiden Regionen: In SSA wuchs die Bevölkerung von 1970 bis 2017 um den Faktor: 1061/ 292,6 = 3,626 und das Bruttonationalprodukt pro Kopf um den Faktor: 1454$/203,4$ = 7,13; in der EU wuchs die Bevölkerung viel langsamer, nämlich um den Faktor: 512,5/ 442,1 = 1,159; dafür legte sie beim Bruttonationalprodukt pro Kopf erheblich mehr zu: 32777$/1954$ = 16,77. Dass heftiges Bevölkerungswachstum das Wirtschaftswachstum bremst, äußert keiner der Experten und keiner der Autoren. Kann man denn gar nichts dagegen machen? 2) Das Bevölkerungswachstum spielt auch auf zwei anderen Feldern eine Rolle. Im Zeitraum von 1968 bis 2015 – die Zahlen für 2016 und 2017 fehlen noch – fiel die Ackerfläche pro Kopf in SSA um (0,213 ha/0,529 h) -1 = 59,7% und in der EU um (0,211 ha/0,254 ha)-1 = 28,3%. Dafür stieg der Waldbestand in der EU von 1990 bis 2015 von 34,961% auf 38,009% der Landfläche, während er in SSA im gleichen Zeitraum von 29,529% auf 25,710% fiel. Doch sollen diese Zahlen nicht nur negativ betrachtet werden: Es ist positiv, wenn sich in SSA die Leute nicht jede Sekunde mit den Kopf einem Baum stoßen. Und wie sollen all die Häuptlinge, Könige, Präsidenten und Autokraten ihre besonderen Fähigkeiten unter Beweis stellen, wenn sie nicht unter Millionen von Arbeitslosen den Nachschub für ihre Krieger aussuchen können?? Mit den Nachrichten über die diversen Schlächtereien kommt außerdem etwas Spannung in mein langweiliges Leben. 3) Es gibt eine weitere Größe, die alle Gutmenschen bedenken sollten: die Zahl der Patentanträge, die für die Welt und die meisten Länder seit 1996 notiert werden. Aus irgendeinem Grunde gibt die Weltbank nur die Gesamtzahlen an, die relativen Größen muss man sich ausrechnen. Und für SSA und die EU fehlen die Angaben ganz. Weichen wir also auf die Zahl der „Researchers in R and D (per million)“ aus, dann finden wir in der Ländergruppe „Low Income“ 1996: 105 Forscher und 2015: 162. Wie sieht es in der Ländergruppe „High Income“, zu der die meisten EU-Staaten gehören? 1996: 2722 – 2015: 4151. Alle Menschen in Afrika haben das Recht, so dumm zu bleiben, wie ich es bin. Doch ginge es ihnen besser, wenn sie sich an den Naturwissenschaftlern und Technikern der asiatischen Tigerstaaten orientieren wollten. 4) Mit ihren Bevölkerungszahlen hat die ZEIT uns Lesern außerdem eine hübsche Überlegung untergejubelt. Ihr größeres Europa hatte 1960: 529 Millionen und 2016: 655,7 Mill. Einwohner. Sie macht also der Rus-sischen Föderation und anderen osteuropäischen Staaten den Vorschlag, die nächsten 20, 30 Millionen afrikanischer Migranten aufzunehmen. Den Flug, den Sprachunterricht, die Unterkünfte und den Unterhalt während der Ausbildung dürfen die überreichen Staaten der EU bezahlen. Also, das ist wirklich eine bezaubernde Idee. Was sagen die Osteuropäer und die Russen dazu? Und: Auf wieviel Prozent Afrika-Soli haben sich die Herausgeber(innen) der ZEIT geeinigt? – Armin Amrhein


Leserbrief zu „Sie waren doch keine Idioten“ von Petra Pinzler und Mark Schieritz

Die Einführung des EURO vor 20 Jahren durch die beteiligten Europäischen Staats- und Regierungs-chefs war ein Gewinn für die Europäische Union. Der ehemaligen Finanzminister Teo Waigel sagt in dem Zeit-Interview, dass man in der damaligen Zeit das Bestmögliche getan habe. Recht hat er!! Schauen wir zurück in die Zeit vor der Einführung des EURO, so sollte man sich erinnern, dass die Angst der Deutschen damals nicht die Transfer-Union war, sondern die Inflations-Übertragung. Frankreich, Italien usw. hatten ja zumeist sehr viel höhere Inflationsraten als Deutschland! Diese höheren Inflationsraten würden bei Einführung des Euro auf die Bundesrepublik übertragen werden, so die Befürchtung. Das war dann das vermeintlich schlagende Argument aller Kritiker. Diese Angst hat sich aber in keinster Weise bestätigt, ganz im Gegenteil! Deutschland bzw. die Eurostaaten haben seit Einführung des Euro so geringe Inflationsraten, wie es sie zu DM-Zeiten fast nie gegeben hatte. Der EURO ist somit wertbeständiger als die DM! Auch die befürchtet Transfer-Union wird im Moment Lügen gestraft.  2,9 Mrd Euro Zinsen seit 2010 hat die Bundesbank an der Griechenland-Rettung durch Kreditvergabe verdient. Dieser Gewinn wird dem  deutschen Bundeshaushalt zugeführt werden, zur Freude der Steuerzahler, die es nur gar nicht bemerken!!! – Karl Feldmann


Leserbrief zu „Ein Mann will Lehrer werden“ von Rudi Novotny

Der Betriebswirt Omid Aleyasin hat in der Wirtschaft keinen Job gefunden und möchte nun gerne Lehrer werden. Was aus Ihrer Sicht für ihn spricht: Er ist sympathisch, motiviert und hat Migrationshintergrund. Dagegen spricht: Er hat die Fächer, die er unterrichten soll, nicht studiert und kann keine pädagogische Ausbildung vorweisen. Aus diesem Grund bleibt ihm der Zugang zum Klassenzimmer verwehrt. Doch die Lage ist nicht aussichtslos. Praxen und Krankenhäuser suchen händeringend nach medizinischem Nachwuchs, außerdem sind unsere Gerichte seit Jahren unterbesetzt und überlastet. Vielleicht also könnte sich Herr Aleyasin dort um eine Stelle bewerben. „Der Betriebswirt aus dem Ghetto“ wäre durch seine neue Karriere als Richter ein Vorbild für so manchen Straftäter, und Fachidioten gibt es unter der Ärzteschaft wahrlich genug. – Thorsten Müller-Beck


Leserbrief zu „Freie Fahrt“ von Ulrich Stock im ZEIT-Magazin

So ein wunderbarer Artikel über das „Radl“! Als begeisterte „Immer-Radlerin“ in München, im Gebirge und im flachen Land habe ich Ihren Artikel mit großer Freude gelesen! Ich finde es beachtenswert, dass die „Zeit“ dem Fahrrad so viel Platz einräumt und hoffe sehr, dass Sie an diesem wichtigen Thema dranbleiben. Wir wohnen in München am Luise-Kiesselbach-Platz, wo gerade vor zwei Jahren ein neuer Autotunnel eröffnet hat. Über die trotzdem noch vielbefahrene Kreuzung müssen wir mit zwei kleinen Kindern (per Rad!) jeden Tag, es ist ein Graus. Anschließend geht es weiter per Rad (und ÖPNV) zur Arbeit. Mit großem Interesse verfolge ich daher gerade die Diskussionen um Plaketten, Pendlerparkplätze usw. und hoffe sehr, dass die Stadt München bald das Geld, das bisher für die Autos ausgegeben wurde, in gute Radwege investiert. Es geht – wie Sie schreiben – und wie ich auch selbst in Amsterdam schon erleben durfte. Bitte machen Sie weiterhin „Werbung“ für das Rad – es ist so ein perfektes Verkehrsmittel für die Städte – die damit gerettet und wiederaufgewertet werden könnten! – Stefanie Benker


Leserbrief zu „Freie Fahrt“ von Ulrich Stock im ZEIT-Magazin

Zu Fuß zu gehen ist die natürliche Fortbewegungsart des Menschen – die erste, die er mühsam erlernt und seine letzte, für die dann eventuell eine Hilfe benötigt wird. Die Vision der fahrradgerechten Stadt, die hier entworfen wird, ergänzt den Horror der autogerechten Stadt zu einem öffentlichen Raum, in dem  Fußgänger nicht mehr vorgesehen sind, buchstäblich keinen Platz haben. Nein, nicht ganz: ihnen wird ein 2m breiter Streifen zugebilligt, auf dem sie dann im Gänsemarsch marschieren dürfen. Aber: welcher Radler wird sich von einem aufgemalten Strich abhalten lassen, zu fahren wo es ihm gerade gefällt!? Herrscht nicht grundsätzlich ‚Lebensgefahr‘? ADAC plus ADFC: freie Fahrt für freie Bürger! Damals wie heute: Nein, danke. – Elke Nowak


Leserbrief zu „Host mi?“ von Maria Rossbauer

Mit großem Interesse habe ich Ihren Artikel „Host mi?“ gesehen und möchte folgendes anmerken Bravo, dieses Statement war längst überfällig in der „Zeit“. 1954 in Freising geboren und aufgewachsen, schlage ich mich seither mehr oder weniger erfolgreich mit dem bairischen Dialekt durch das Geschäftsleben. Da ich seit Mitte zwanzig bundesweit in verschiedenen deutschen Vertriebsunternehmen tätig war, konnte ich eine deutliche Veränderung deutscher Mitbürger auf unseren Dialekt feststellen. Denn interessanterweise wuchs analog zum zunehmenden wirtschaftlichen Erfolg Bayerns auch die Akzeptanz zur bairischen Sprache. Leider ruinieren derzeit aktuelle politische und unsägliche Diskussionen von Seehofer, Söder & Co. vieles und lenken so negative Signale auf Bayern und alles was damit zusammenhängt, also auch unsere Sprache, aber das ist ein anderes Thema. Unsere drei Enkel gehen in München in den Kindergarten und Schule. Kein einziges Kind in der Klasse spricht Dialekt, im besten Fall verstehen sie einige Wörter. Ein Armutszeugnis, dem entschieden entgegengewirkt werden muss! Umso mehr freue ich mich, dass mit Ihnen in der primär hanseatisch geprägten „Zeit“ ein waschechtes bairisches Gewächs unsere weißblaue Fahre aufrecht (er)hält! Sitzen Sie eigentlich in der Hamburger Redaktion oder im sicheren Habitat Ihres nach allen Seiten abgesicherten Wohnortes im tiefen Niederbayern? Bin mal gespannt, wie die Reaktion der Leser auf Ihren Artikel ausfällt! Sicher hat ein Großteil der Leser nach wenigen Absätzen zwengs intellektueller Überforderung das Lesen eingestellt. Mein Mutter stammt aus Dingolfing, eine regionale Spezialität waren hier die sogenannten „Bruckbriegel“, das dürfte das Pedant zu Ihren „außerbachernen Kellerstaffe“ sein. Aus Kartoffelteig geformte, prügelähnliche, längliche Stangerl, die bevorzugt mit Gselchten und Sauerkraut gereicht wurden. Bleiben Sie stark und erziehen Sie Ihre Tochter im Sinne unserer herrlichen Sprache! Denn eines haben wir den anderen voraus: Wir können, im Gegensatz zu den Baden-Württembergern alles, auch hochdeutsch! Eine gute Anregung war das „Pfia God“, „pfia di“ wird eher im Duzbereich verwendet. Übrigens habe ich grad mein erstes Buch, die „Freisinger Lausbuamgschichten“ drucken lassen, in dem ich einige meiner unzähligen Streiche niedergeschrieben habe. Leider hat sich bisher kein Verlag gefunden, daher habe ich das Buch selber drucken lassen. Im Anhang befindet sich eine „Bairisch-Deutsches“ Wörterbuch, in  dem einige typisch bairische (Kraft-)Ausdrücke ins Hochdeutsche übersetzt sind (Anlage). Vielleicht kann Ihnen dieses Wörterbuch bei Ihrem täglichen Kampf in HH von Nutzen sein. Wenn Sie mir Ihre Kontaktadresse zukommen lassen, spendiere ich Ihnen gerne ein kostenloses Exemplar. Alles Gute und bleiben Sie stark, liebe Frau Rossbauer! – Franz Xaver Brunngartner


Leserbrief zu „Nehmt das Tempo raus“ von Ulrike Gastmann

„Nicht so schnell“ haben einige (viele?) Lehrer inzwischen verinnerlicht. In unserer Stadt z.B.  gibt es die  Iniative in einer Schule , gemeinsam  und freiwillig zwischen Lehrern und Schülern mit Migrationshintergrund  vereinbart, in den ersten  beiden Wochen der Ferien die Schule für das Fach Deutsch fortzusetzen. In lockerer Atmosphäre, gemeinsam frühstücken, mittagessen, dazwischen eingestreut Stunden des zwanglosen Lernens.  Dazu kleinere Ausflüge in die nähere Umgebung . Selbst auferlegte Verpflichtung,  auch untereinander so viel wie möglich Deutsch zu sprechen. – Hartmut Wagener


Leserbrief zu „Zeit zu gehen?“ von Bernd Ulrich

Da der Artikel ja gewissermaßen einen Nachruf auf Merkel darstellt, ist eine positive Porträtierung verständlich. Angela Merkels einmalige persönliche und charakterliche Eigenschaften verdienen ja auch zu Recht eine Würdigung, nicht zuletzt ihre Ausdauer ! Ihre Politik aber – mit Verlaub – fällt dahinter weit zurück. Ulrich schreibt: „Noch nie hat ein mächtiger Mensch eine vergleichbare Menge an Problemen in Lösungen verwandelt“. Das ist nun wirklich eine peinliche Lobhudelei. Ihre „Lösungen“ waren immer vom Stil der jetzt angeblich erzielten „europäischen Lösung“ der Asylfrage, also wackelig zusammengezimmerte Hütten oder gar reine Fiktion. Merkels Wendemanöver waren nie von ihrer eigenen Kreativität gezeichnet und ihren eigenen Überzeugungen, sondern im Grunde nur Ergebnis ihres Machtinstinkts: Ein Weiter-So hätte ihre Macht gefährdet, sei es bei der Energiewende – die sie im Grunde nie wollte, sei es bei der Europapolitik, die ihr nie am Herzen lag. Ja, sie hat uns Deutschen die Geschichte vom Leib gehalten, das stimmt – doch auch sich selbst! Ihre Haltung war nie die einer altruistischen Mutti, die ihren Kindern die Realität nicht zumuten möchte – wie der Autor suggeriert –  sondern die einer knallharten strukturkonservativen Politkerni, die Änderungen mit aller Macht verhindern will. Jede ihrer „Lösungen“ darf nichts kosten (die heilige Schwarze Null!) und darf Machtverhältnisse nicht in Frage stellen (daher ihre Weigerung, die Automobilkonzerne  in die Schranken zu weisen oder die Banken). Werte führte sie zwar stets im Mund, aber was damit gemeint war, hat sie bewusst nie erklärt. So schafft sie es tatsächlich, ohne rot zu werden, den jetzigen Asylkompromiss als „in ihrem Geist“ zu titulieren, womit sie wahrscheinlich der Wahrheit näher kommt, als sie sich bewusst ist. Auch wenn für Angela Merkel nirgendwo ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin in Sicht ist – je eher sie zurücktritt, desto besser ist es für Deutschland. – Dr. Dirk Kerber


Leserbrief zu „Mut zum Träumen“ von Thomas Beschorner und Miriam Meckel

Der Artikel plädiert für einen offenen und interdiisziplinären Umgang mit künstlicher Intelligenz, um deren positive Potenziale gesellschaftlich nutzbar zu machen. Dagegen ist nichts zu sagen, nur zwei Dinge machen mich misstrauisch: 1. Beide AutorInnen sind Wirtschaftswissenschaftler. Ein Philosoph unter ihnen hätte für mich den Anspruch der Interdisziplinarität glaubwürdiger gemacht. 2. Einerseits soll Digitalisierung zu einem selbstbestimmen Leben beitragen – andererseits heißt es : Künstliche Intelligenz wird sich zum allumfassenden Werte (sic!!)- und Regelsystem unserer zivilisatorischen Infrastruktur entwickeln. Das passt nicht zusammen. Wenn schon feststeht, dass KI alternativlos ist, gibt es keine Selbstbestimmung. Und es wäre schon mal interessant zu hören, was für Werte und vor allem – wessen Werte – sie denn durchsetzen soll. – Dr. Dirk Kerber


Leserbrief zu „Wo ist Europa, während in Italien der Teufel los ist?“ von Roberto Saviano

ich danke Ihnen für die Begletung unserer deutschen bayrisch bestimmten Regierungskrise in den letzten Ausgaben der ZEIT. Immer noch gilt, wer zu letzt „lacht“, gewinnt. Die Kanzlerin war gut beraten, nicht als Begründung für eine fehlerhafte bayerisch bestimmte Politik und dem Wahlausgang der Landesreigiereung zu diesen. Die Flüchtlinge sind ganz sicher nicht das Thema, mit dem Deutschland und Europa scheitern. Es sind die Wohnungs- Bildungs- und Wirtschaftspolitik, an der sich eine Regierung messen lassen muß, die wiedergewählt werden will. Zurück zu Sachfragen, bedeutet zurück zu solchen Fragen. Völlig uninteressant ist die Frage, ob sich unsere Parteienlandschaft verändert. Bei einer erfolgreichen Poltik wird sie sich nicht ändern. Aber, wer immer noch glaubt, es gäbe noch so etwas wie Volksparteien, die bewahrt werden müssen, ist zum Scheitern verurteilt. Mir fehlt die Präsenz der Kanzlerin, die in der  Öffentlichkeit nicht Ihre Poltik darstellt. So öffnet man dem Populismus  Tor und Tor. Man darf sich nicht wundern, wenn dadurch einfach Antworten zu Überzeugungen werden. Beim Lesen des obigen Artikels habe ich mich gefragt, ob man nicht nur ein paar Namen austauschen muss, um statt Italien Deutschland beschrieben zu sehen – unserem Heimatminister sei Dank! – Dipl. Kfm. Johannes Barth


Leserbrief zu „Zeit zu gehen?“ von Bernd Ulrich

Auch bei den halbherzigen EU-Beschluessen werden uns die Fakten immer wieder einholen ! Es werden weiterhin tausende von afrikanischen Scheinasylanten Gelder an kriminelle Schleuser zahlen , um ueber das Mittelmeer ins “ gelobte Land Europa “ zu gelangen . Wie waere es mal mit einem “ Masterplan “ , um wirklich verfoglte Kriegs – und Folteropfer in unser Land zu bringen ? Ja – hierzu bedarf es aber effektiver Einsaetze von Geheimdiensten , speziellen Sondereinsatz-Kommandos sowie kreativen , ideen-reichen “ noblen Schleusern “ fuer die Menschlichkeit ! Israel hat sowas schon mehrmals praktiziert. – Erwin Chudaska


Leserbrief zu „Über die Möblierung des Gartens“ von Hanno Rauterberg

Vielen Dank für diesen Artikel, besser kann man diese im Trend befindliche Gartenunkultur  mit ihren Möblierungen und Versteinerungen (Kiesgarten, Gabionenwände), ihren Hochbeeten (gern auch aus Sibirischer Lärche mit Edelstahlgittern, V2A-Edelstahlschrauben und Folienauskleidungen, „Landlust“ vom Mai-Juni 2018 ) und den Kontrollwahn gegenüber der Natur  nicht beschreiben. Allerdings tragen die Gartenschauen auch ihren Beitrag zu naturfernen Ausstattungen bei und zeigen zunehmend Kunstrasen, Gabionenwände, materialaufwändige Beeteinfassungen und Bodenbelege, „Möbel“ und Pflanzgefäße aus Paletten und dergleichen mehr. Man denkt  unwillkürlich an Sponsoring der Baumärkte und Hersteller dieser Produkte, aber vielleicht läuft auch etwas bei der Ausbildung der Designer und Gartengestalter schief? – Gisela Hoke


Leserbrief zu „Wir brauchen einen afrikanischen Frühling“ von Bastian Berbner et. Al

Wir? brauchen? einen afrikanischen Frühling? Genau das ist die Perspektive der Europäer, die stets vor allem an ihren eigenen Vorteil denken. Sinn und Zweck ihrer „Hilfe vor Ort“ ist für sie, die Flüchtlinge fernzuhalten. Sie merken nicht einmal, wie schäbig das ist. Einmal mehr sei Bruno Kreisky zitiert: „Lernen Sie Geschichte!“ Vorzeigen war Afrika durchaus wohlhabend und kulturell hochstehend. Es waren unsere europäischen Vorfahren, die ihnen – ethisch weit abgeschlagen – ihr Land samt ihren kulturellen Schätzen raubten, sie ausbeuteten und unterdrückten. Nach 1950 wurden die Kolonien frei, politisch – wirtschaftlich nicht. Den Zugriff auf die Rohstoffe zum Billigstpreis haben die Europäer behalten, und zwar unter der Bedingung, ihre Fertigprodukte weiter dort teuer absetzen zu können. Ja, man hat dort Schulen errichtet, die bis zur Uni-Reife führen, aber die Vermittlung technischer und chemischer Kenntnisse, um die Rohstoffe selbst verarbeiten zu können, tunlichst vermeiden. Wer erzählt von Schell & Co, die Nigeria nicht nur das Rohöl rauben, sondern dabei das ganze Land zerstören, für immer unfruchtbar machen? Den Billigpreis stecken die korrupten Machthaber ein. Siehe, genau so erzeugt man „Wirtschaftsflüchtlinge“! Wer erzählt von den harmlosen Besuchern aus den USA, die bei Ihren Spaziergängen an noch fruchtbaren Feldern entlang, da und dort nur einzelne Halme mitnehmen, die dann in den USA so genetisch verändert werden, dass deren Früchte für die Neuaussaat unfruchtbar sind, die seit jeher ein Grundnahrungsmittel waren. So werden die Afrikaner gezwungen, fortan alles Saatgut in den USA zu kaufen oder hohe Strafzahlungen an das Patentamt zu riskieren. Dort sitzen nämlich die Nachkommen unserer ach so christlichen Vorfahren, die einst Amerika so heldenhaft erobert und die Urbevölkerung so gut wie ausgerottet haben. Die wurden dann durch versklavte Afrikaner ersetzt. Europäer und Amerikaner hätten jede Veranlassung, auch die Afrikaner für die Verbrechen unserer Väter – und die heutigen eigenen!! – um Vergebung zu bitten und wenigstens ansatzweise Wiedergutmachung zu leisten! Dann!! könnten wir von Frühling in Afrika reden. – Christine Preyer


Leserbrief zu „Zeit zu gehen?“ von Bernd Ulrich

In dem Artikel „Zeit zu gehen“ in der Zeit vom 28.6.2018 von Bernd Ulrich wird Angela Merkel als „große“ Kanzlerin, durchaus auf einer Höhe mit Helmut Kohl , bezeichnet. Dem möchte ich entschieden wiedersprechen : Frau Dr. Merkel war die schlechteste Kanzler*in die Deutschland in der Nachkriegszeit hatte:Adenauer, der Gründungsvater der Bundesrepublik ,steht für  Deutschland Verankerung im Westen , für das Wiedergutmachungsabkommen mit Israel , die Aussöhnung mit Frankreich , für Europa. Erhard war vielleicht kein großer Kanzler , aber er steht für das deutsche „Wirtschaftswunder“. Kiesinger schaffte trotz seiner Vergangenheit den Spagat zwischen CDU und SPD und leitete die volle politische Teilhabe der SPD ein. Willy Brandt schaffte Vertrauen im gegnerischen Lager während des Kalten Krieges , räumte mit deutschen Lebenslügen bezüglich der Ostgrenzen auf , schaffte mehr Demokratie nach Innen , begann gesellschaftliche Reformen. Helmut Schmidt wurde eigentlich zum großen Kanzler erst nach seiner Regierungszeit , für welchen Politiker hatte die deutsche Bevölkerung mehr Bewunderung und Sympathie ? Er war ein tüchtiger Senator in Hamburg, ein guter Verteidigungsminister und hat den „Deutschen Herbst“ hervorragend gemanagt. Helmut Kohl ist der “ Kanzler der Einheit“ , der ein kurzes Zeitfenster zur  friedlichen Wiedererlangung der Einheit unseres Landes zu nutzen verstand. Gerhard Schröder modernisierte die Republik und schaffte mit seinen Reformen den Abbau der hohen Arbeitslosigkeit und ein zweites „Wirtschaftswunder“. Worin bestehen die Verdienste von Frau Dr. Merkel ? Sie steht für: eine überstürzte Energiewende , die enorm teuer ist und wird. die Zerstrümmerung der Bundeswehr in eine Armee, die kaum zur Landesverteidigung geeignet ist ; die Abschaffung der Wehrpficht in brisanten Zeiten; eine notorische Unterfinanzierung der Bundeswehr, die nicht nur in den USA, sondern auch bei anderen Natopartner Ärger bereitet. eine ungelöste Eurorettung mit wirtschaftlicher Not in ganz Südeuropa und enormen Haftungsrisiko für die Deutsche Bundesbank bei der EZB. eine Migrationspolitik , die Deutschland in fast ganz Europa isoliert hat und eine bisher nie dagewesene Polarisierung der deutschen Gesellschaft bewirkt hat. (Waren Sie einmal auf einer Merkelschen Wahlverstaltung während des Bundestagswahlkampfes ? So etwas an Hass habe ich in diesem Land noch nicht erlebt, höchstens im Ansatz beim „Willy“- Wahlkampf 1972 ) und sie steht für das Aufkommen der AfD , die sie mit ihrer Sturheit und Unbeweglichkeit weiter nährt. Aber Frau Dr.Merkel ist ja auch Parteivorsitzende der CDU. Selten wurden in Folge ,mit Ausnahme von 2013 , so schlechte Ergebnisse eingefahren, ihre Vorgänger von der CDU lagen mit Ausnahme der Wahlen von 1949 und 1998  immer deutlich über 40% , der CDU sind durch den „Linksruck“ von Frau Dr.Merkel die konservativen Wähler abhanden gekommen , in der Fraktion und in der Fraktionsgemeinschaft mit der CSU brodelt es ; die Möglichkeit einer „Jamaica“-Koalition hat sie durch sehr einseitige Bevorzugung der GRÜNEN vergeigt , der 20% Partei SPD musste sie große Zugeständnisse bei den Kabinettsposten machen. Ich vermag nicht zu erkennen, welche Lebensleistung als Politikerin Frau Dr. Merkel zu einer „großen“ Kanzlerin machen ! – Peter Barthelmes


Leserbrief zu „Zeit zu gehen?“ von Bernd Ulrich

Der Abgesang von Bernd Ullrich auf Angela Merkel ist nicht nachvollziehbar. Eine mehr als schwache CSU muss vor den bayrischen Landtagswahlen zittern da die Parteiführung sich in der Flüchtlingsfrage total verkalkuliert hat. Inzwischen sinkt nämlich die Zustimmung der Bayern für die CSU, da die verzweifelten Versuche der Partei, der AfD Paroli zu bieten, ins Leere laufen. Söder, Dobrindt und ihr CDU-Verbündeter Spahn (der still wurde) und der von ihnen getriebene Seehofer wirken nur noch wie dilettantische Provinzpolitiker die glaubten, Merkel mit europäischen Verbündeten im Geiste, wie Orban, Kurz oder der neuen italienischen Regierung in der Flüchtlingsfrage erpressen zu können. Da scheint wieder auf, wie überlegen Merkel ihren männlichen Konkurrenten immer noch ist und im Moment gibt es auch keinen Hoffnungschimmer am Horizont der Politik für eine Art deutschen Macron. Merkel hat zweifelsohne grosse Schwächen wenn es um politische Strategien oder gar europäische Visionen geht. Leider gehört aber dazu auch die Erkenntnis, dass die Deutschen für so etwas immer noch nicht reif sind. Ihre jahrzehntelange Einhegung und Kontrolle durch die Allierten und -später- Verbündete und die ständig wachsende Wirtschaftskraft haben nie zu einer nennenswerten politischen Identität geführt. Das war und ist die Basis der Politik von Merkel und der früheren Kanzler. Vielleicht ist da ein Vakuum entstanden und zusammen mit der Flüchtlingsfrage ist deshalb eine Partei wie die AfD entstanden. Aber ob das reicht, die Deutschen ins politische Abseits zu führen, darf bezweifelt werden. – Klaus Reisdorf


Leserbrief zu „Zeit zu gehen?“ von Bernd Ulrich

In dem Artikel „Zeit zu gehen“ in der Zeit vom 28.6.2018 von Ihnen wird Angela Merkel als „große“ Kanzlerin, durchaus auf einer Höhe mit Helmut Kohl , bezeichnet. Dem möchte ich entschieden widersprechen : Frau Dr. Merkel war die schlechteste Kanzler*in die Deutschland in der Nachkriegszeit hatte: Adenauer, der Gründungsvater der Bundesrepublik ,steht für  Deutschland Verankerung im Westen , für das Wiedergutmachungsabkommen mit Israel , die Aussöhnung mit Frankreich , für Europa. Erhard war vielleicht kein großer Kanzler , aber er steht für das deutsche „Wirtschaftswunder“. Kiesinger schaffte trotz seiner Vergangenheit den Spagat zwischen CDU und SPD und leitete die volle politische Teilhabe der SPD ein. Willy Brandt schaffte Vertrauen im gegnerischen Lager während des Kalten Krieges , räumte mit deutschen Lebenslügen bezüglich der Ostgrenzen auf , schaffte mehr Demokratie nach Innen ,begann gesellschaftliche Reformen. Helmut Schmidt wurde eigentlich zum großen Kanzler erst nach seiner Regierungszeit , für welchen Politiker hatte die deutsche Bevölkerung mehr Bewunderung und Sympathie ?Er war ein tüchtiger Senator in Hamburg, ein guter Verteidigungsminister und hat den „Deutschen Herbst“ hervorragend gemanagt. Helmut Kohl ist der “ Kanzler der Einheit“ , der ein kurzes Zeitfenster zur  friedlichen Wiedererlangung der Einheit unseres Landes zu nutzen verstand. Gerhard Schröder modernisierte die Republik und schaffte mit seinen Reformen den Abbau der hohen Arbeitslosigkeit und ein zweites „Wirtschaftswunder“. Worin bestehen die Verdienste von Frau Dr. Merkel ?Sie steht für: eine überstürzte Energiewende , die enorm teuer ist und wird. die Zerstrümmerung der Bundeswehr in eine Armee, die kaum zur Landesverteidigung geeignet ist ; die Abschaffung der Wehrpficht in brisanten Zeiten; eine notorische Unterfinanzierung der Bundeswehr, die nicht nur in den USA, sondern auch bei anderen Natopartner Ärger bereitet. eine ungelöste Eurorettung mit wirtschaftlicher Not in ganz Südeuropa und enormen Haftungsrisiko für die Deutsche Bundesbank bei der EZB. eine Migrationspolitik , die Deutschland in fast ganz Europa isoliert hat und eine bisher nie dagewesene Polarisierung der deutschen Gesellschaft bewirkt hat. (Waren Sie einmal auf einer Merkelschen Wahlverstaltung während des Bundestagswahlkampfes ? So etwas an Hass habe ich in diesem Land noch nicht erlebt, höchstens im Ansatz beim „Willy“- Wahlkampf 1972 ) und sie steht für das Aufkommen der AfD , die sie mit ihrer Sturheit und Unbeweglichkeit weiter nährt. Aber Frau Dr.Merkel ist ja auch Parteivorsitzende der CDU. Selten wurden in Folge ,mit Ausnahme von 2013 , so schlechte Ergebnisse eingefahren, ihre Vorgänger von der CDU lagen mit Ausnahme der Wahlen von 1949 und 1998  immer deutlich über 40% , der CDU sind durch den „Linksruck“ von Frau Dr.Merkel die konservativen Wähler abhanden gekommen , in der Fraktion und in der Fraktionsgemeinschaft mit der CSU brodelt es ; die Möglichkeit einer „Jamaica“-Koalition hat sie durch sehr einseitige Bevorzugung der GRÜNEN vergeigt , der 20% Partei SPD musste sie große Zugeständnisse bei den Kabinettsposten machen. Ich vermag nicht zu erkennen, welche Lebensleistung als Politikerin Frau Dr. Merkel zu einer „großen“ Kanzlerin machen ! – Peter Barthelmes


Leserbrief zu „Türkisches Paradox“ von Michael Thumann

Sie schreiben sinngemäß: 12% mehr Türken haben in Deutschland Erdogan gewählt als in der Türkei. Ohne die Zahl der Wähler relativieren zu wollen, sollte sie aber doch richtig interpretiert werden. Wahlberechtigt waren in Deutschland 1,4 Millionen, davon haben ca 46% (650 000) gewählt und ca 65% (429 000) haben dabei für Erdogan gestimmt. Das sind bezogen auf alle Wahlberechtigten ca 30%. Es ist wohl kaum anzunehmen, dass wer Erdogan unterstützen wollte nicht zur Wahl ging. In der Türkei lag die Zustimmung bezogen auf alle Wahlberechtigten bei ca. 46%. Demnach fiel in Deutschland die Zustimmung für Erdogan um 16% geringer aus, als in der Türkei. Ich finde es enttäuschend, dass auch die Zeit diese Zahlen falsch interpretiert (bewusst oder unwissend) und dazu benützt, um politische Stimmungsmache zu betreiben und voller Überzeugung genau weiß, welchen Parolen diese Wähler „verfallen“ sind. Seriöser Journalismus, der sich von fake news abgrenzen will, sollte doch zu einer genaueren und differenzierteren Betrachtung kommen. – Reiner Schumacher


Leserbrief zu „Mut zum Träumen“ von Thomas Beschorner und Miriam Meckel

Freies Nachdenken über künstliche Intelligenz? Frisch begonnen! Fantasien für das Übermorgen? Her damit! Nur – wo findet dieser öffentliche Diskurs eigentlich statt und wo Resonanz? Nirgendwo, denn er spielt keine Rolle. Und die Autoren bekennen es am Ende unfreiwillig selbst, allen blumigen Beschwörungen eines angeblich offenen Prozesses zum Trotz. Apodiktisch heißt es da: „… künstliche Intelligenz wird kein Werkzeug in unserem Leben sein. Sie wird sich zum allumfassenden Werte- und Regelsystem unserer zivilisatorischen Infrastruktur entwickeln.“ Heißt im Klartext: Was technologisch machbar ist, wird auch gemacht (sonst machen es die anderen). Ende der Diskussion. Basta. Den Tenor dieses scheinkritischen Artikels hat die FDP in einem Wahlkampfslogan übrigens direkter auf den Punkt gebracht: „Digital first. Bedenken second.“ So bequemt sich das Denken der Schwerkraft des Faktischen an, dem systemimmanenten Zwang zum Immer-höher-schneller-weiter – und hört auf, Denken zu sein. Wahrhaft offenes Denken aber ließe sich von den totgesagten Philosophen lernen. Die könnten vielleicht auch den Autoren helfen, die „natürliche Dummheit der Menschen“ zu überwinden, ohne sich dem Diktat empathieloser Rechenmaschinen zu beugen. – Dr. Joachim Strelis


Leserbrief zu „Türkisches Paradox“ von Michael Thumann

Vielleicht ist es schwer in der Sommerzeit zu recherchieren und zu verschiedenen Themen gleichzeitig zu arbeiten. Aber auf der Titelseite zu einem so wichtigen Thema wie die Wahl in der Türkei darf man nicht aus dem hohlen Bauch schreiben. Von mehr als 3 Millionen Türkeistämmigen in Deutschland waren 1,4 Millionen wahlberechtigt. Davon sind die Hälfte zur Wahl gegangen, 700 Tausend, und haben zu 64 % für Erdogan gestimmt. Anders gesagt: 32 % oder nicht einmal ein halbe Million waren pro Erdogan. Jeder sechste oder siebte Türkeistämmige in Deutschland hat sich pro Erdogan entschieden (oder gegen seine Gegner). Mehr nicht! Den Türkeistämmige in Deutschland zu sagen, sie würden „in der besten aller Welten“ leben, ist gelinde gesagt chauvinistisch. – Gerd Stange


Leserbrief zu „Zeit zu gehen?“ von Bernd Ulrich

Der ganzseitige Artikel aus der Feder von Bernd Ulrich auf Seite 3 der ZEIT vom 28. Juni 2018 ist geradezu genial. Es gibt wenige Journalisten in unserem Land, die dieses hohe Niveau der Formulierungskunst beherrschen. Am Ende der atemberaubenden Analyse heißt es: „Wenn Merkel demnächst geht, steht nichts mehr zwischen den Deutschen und der Wirklichkeit. Und darauf sind sie nicht vorbereitet. Die Kanzlerin wird gewiss eine neue Aufgabe finden, wie man hört, hat sie schon ziemlich genaue Vorstellungen. Das Land ohne Merkel aber noch nicht.“ In der Juli-Ausabe von „CICERO – Magazin für politische Kultur“, betitelt Chefredakteur Christoph Schwennicke seinen Artikel über Angela Merkel: „Die Gescheiterte“. Am Ende liest man: „So kann Merkel im 13. Jahr ihrer Kanzlerschaft auf einen imposanten Trümmerhaufen blicken. Das ist die Bilanz einer Bundeskanzlerin, die als Abwrackerin in die Geschichte eingehen wird.“ Nun plötzlich wachen die Meinungsmacher unserer führenden Medien endlich auf. Viel früher hätte man Angela Merkel entlarven können und müssen. Spätestens bei der Rettung von großkriminellen Finanzongleuren im Spätsommer 2008 hätten alle Alarmglocken klingeln müssen. Mit den absurd hohen Milliardenbeträgen hätte man sehr schnell viel Elend auf der Welt massiv reduzieren können. Mit schwachsinniger Wortakrobatik wird an faulen Kompromissen herumgewerkelt. Das Volk kann in die derzeitige politische Führung kein Vertrauen mehr haben. Angela Merkel steht u.a. für den kultur-geistigen Verfall Deutschlands. – Roland Ropers


Leserbrief zu „Der Preis für unseren Geiz“ von Christiane Grefe

Dies ist ein sehr guter Artikel, der endlich mal viele Dinge und Disziplinen, Wissenschaften, Teile der Realität, im Zusammenhang betrachtet ‒ genau wie die genannte Studie. Es ist erfreulich, dass dieses Argument benutzt und inzwischen immerhin an der berichteten Stelle angekommen ist. Ich habe mit ein paar anderen Mitstreitern 1989 dieses Argument selbst in einer politischen Diskussion im Zusammenhang mit einer Demonstration von GeographieStudentinnen/-en in Stuttgart verwendet. Wir wurden von Landtagsabgeordneten fast aller im Landtag vertretenen Parteien empfangen, um unsere Forderungen zu präsentieren, und final an den Staatssekretär Gundolf F. verwiesen, der sich anfangs weigerte, unsere Forderungen als berechtigt anzuerkennen, bis ich ihn mit dem Argument überzeugte, dass die Geographie die einzige noch an Universitäten gelehrte Wissenschaft ist, die immerhin versucht, in dieser zersplitterten und sektoralen Welt mit fast nur noch Spezialisten, die in die Tiefe gehen, möglichst viele Wissenschaften und Disziplinen in einer Gesamtschau, ganzheitlich, in der Breite, zu betrachten. Diese Sichtweise verdient unbedingt die weitere Verbreitung und vollständige Durchdringung des Denkens und Handelns aller Menschen auf der Welt. Dass die Ökonomie das Handeln in der Welt dominiert, hat sich die Ökonomie nicht verdient. Allerdings fehlt im Artikel noch der dringend zu machende Bezug zu Religion (Geburtenkontrolle!?), Bevölkerungswachstum und Migration. Denn unser Leben, Handeln, Denken und Wirtschaften verursacht auch immense Folge-„Kosten“ durch das Auftreten und Verhindern-Wollen von Migration, bis hin zum Entstehen antidemokratischer Parteien und zur Gefährdung der freiheitlich-liberalen und sozialen Demokratie, die wir dringend verteidigen müssen, da sie die wohl beste Gesellschafts- und Regierungsform ist, die es bisher gegeben hat. Jedweder Fortschritt im Sinne der genannten Studie wird durch zu starkes Bevölkerungswachstum wieder pulverisiert. Für mich ist dies das größte Problem der Menschheit. Aus dieser Denkweise und Betrachtung des Problems und aus der genannten Studie die notwendigen Schlussfolgerungen und die Überzeugung zu ziehen, dass das Bevölkerungswachstum begrenzt werden muss, wäre m. E. der wichtigste, aber schwierige, Schritt zur Lösung der Zukunftsprobleme der Erde. Hätten wir das Bevölkerungswachstum im Griff, hätten wir wahrscheinlich die nötige Zeit, die richtigen Maßnahmen zu ergreifen. Sonst gehen wir gefährlichen Zeiten entgegen. – Jürgen Kühn


Leserbrief zu „Zeit zu gehen?“ von Bernd Ulrich

Leider beweist Ulrichs Loblied auf die Kanzlerin nur eines: den Verlust jeglicher Distanz dieses Journalisten gegenüber einer eiskalten Machtpolitikerin. Ich erkenne bei Frau Merkel vor allem die Methode Kohl: Schnur, Merz, Röttgen als einige ihrer Opfer dürften sie auch gespürt haben. – Dr. Andreas Schäfer


Leserbrief zu „Wir brauchen einen afrikanischen Frühling“ von Bastian Berbner et. Al

Die ganze Ohnmacht der  „Europäer“, die da so einhellig miteinander sich austauschten, zeigt sich am nicht besprochenen Beispiel Südsudan. Der neue Staat, als 147. Mitglied der UN  mit großem Pomp in die Unabhängigkeit vom „bösen“ Norden abgetrennt, hat nach extrem kurzen „demokratischen Moment“ einen furchtbaren Bürgerkrieg zwischen zwei „demokratischen“ Führern und ihren Stämmen mit Tausenden Flüchtlingen im Land und im benachbarten Uganda. Die gesamte Staatenwelt inklusive der Weltorganisation UNO schaut dabei zu. Sie hat ja auch kein Instrument.  Der „zahnlose“ Tiger Weltsicherheitsrat, durch die Vetomächte blockiert, kann nicht mal zur Befriedung UNO-Truppen entsenden, von einer Staatenbildung mit echter Gewaltenteilung ganz zu schweigen. Dabei hat doch Montesquieu, ein Europäer, die für ein echtes Gelingen eines Staatswesens notwendige Teilung der Staatsgewalt erfunden. Das wäre doch ein echter europäischer „Exportartikel“. Der wäre auch viel besser, als der Export von Restteilen  von Hähnchen, denen vorher Schlegel und Brustteile für uns Europäer zum Verzehr, vor dem Versand nach Afrika  weggenommen wurden. – Georg Obieglo


Leserbrief zu „Wir brauchen einen afrikanischen Frühling“ von Bastian Berbner et. Al

Das Erschütternde an Ihrem Dossier ist die Tatsache, dass kein einziges Mal der Begriff Panafrikanismus auftaucht, weder bei den Interviewern der ZEIT noch bei den sogenannten Experten. Stattdessen die Phrase „jedes Land hat seine eigene Geschichte“. Wie geistreich – das gilt auch für jedes Dorf. Und natürlich für Europa, und dennoch will kein Europäer von Verstand auf die Idee Europa verzichten. – Falk Häckel


Leserbrief zu „Zeit zu gehen?“ von Bernd Ulrich

Immer wieder legen Sie Ihre Weltsicht mit einer westlichen Brille dar, die ich nicht teile. Auch bei einem Artikel, der nur über Angela Merkels Kanzlerschaft sprechen will, sagen Sie welche internationale Politik die richtige sei. Sie schreiben  „Putins Offensive an der Ostgrenze der NATO“ und „ohne richtig teure Aufrüstung  (Deutschlands) geht es nicht.“ Sie wissen, dass man die Dinge umgekehrt sehen muss, wenn man sie aus russischer Perspektive seit 1991 betrachtet… Ich sehe überhaupt nicht wie zur Befriedung dieser unterschiedlichen Machtinteressen eine  deutsche Aufrüstung helfen soll? Ihre rein westliche Ideologie empfinde ich hingegen als einem „Intellektuellen-Magazin“unangemessen. Idealerweise sollte man aus wirtschaftlichen Gründen Russland in die EU aufnehmen. Dies wäre aus demokratischer und rechtsstaatlicher Hinsicht für die EU kein Problem, was Ungarn zeigt. – Theo Sarikas


Leserbrief zu „Host mi?“ von Maria Rossbauer

Allein schon dieses kalt-sachliche „sehr geehrte Damen und Herren“macht mir Unbehagen ! Also dann: „Servus mitenand“, so lebt sich’s doch gemütlicher. Dieses „Servus mitenand“ versteht in seiner Schlichtheit auch jeder Zeitgenosse nördlich des Weißwurstäquators… Der Artikel von Maria Rossbauer spricht mir aus der Seele!  Wer viel von der Welt gesehen hat, weiß den Wert des Heimatlichen zu schätzen und erlebt innere Freude, wenn er zu Hause den Dialekt der Kindheit wieder zu hören bekommt. Ein schönes Beispiel für die wortmalerische Vielfalt des Dialekts ist das „nemme ganz bacha“ des schwäbischen Dialekts. Hochdeutsch lässt sich das wohl mit:   „der ist nicht mehr ganz gebacken“ übersetzen… Je nach Gesprächsituation kann das heißen: „der spinnt vor sich hin“ oder „der hat den Bezug zur Wirklichkeit verloren“ oder „der übertreibt maßlos“, oder „das ist ja absurd“  oder, oder, oder…. Ja, ich behaupte, dass alle Dialekte mit einfacher Wortwahl treffsicher – zuweilen auch deftig –  charakterisieren, was die Hochsprache nur mühsam und umständlich zu umschreiben versucht. – Johannes Barth