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17. Oktober 2019 – Ausgabe 43

 

Leserbriefe zu „»Diese lächerlichen Mahnwachen vor Synagogen«“ von Richard C. Schneider

 

Einen schönen Gruß an den Autoren. In Deutschland ist heute alles möglich. Daran sollte man sich (nicht) gewöhnen. Die Verantwortlichen sind kein Geld der Welt mehr wert. Die Schwergewichte unserer Politiker leben heute zum Teil im Ausland und andere verdienen sich ihr Geld in der Wirtschaft. Die zweite Klasse, wenn nicht gar die dritte Klasse, bestimmen heutzutage die Politik.Die Gesellschaft ist fast aus dem gleichen Holz geschnitzt.

Der Autor nennt keine Namen – ich tue es. Die Hauptschuld trägt unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel. Schon in den Lehranstalten (ich habe selbst 3 Söhne) konnte man erkennen, wie die Schüler verblödet worden. Brauchbares wurde nicht gelehrt. Aber dafür politisch auf die linke Spur gebracht. Und das haben wiederum die Grünen zu verantworten. Diese Partei speist ihr Wählerpotenzial vorwiegend aus Beamten. Ich kannte Herrn Spiegel aus Düsseldorf ganz gut. Der hat mir schon vor 30 Jahren gesagt: „Die Juden werden immer gehaßt werden“. –Gunter Knauer

 

Ihr Artikel in der heutigen Ausgabe der „Zeit“ hat mich betroffen gemacht. Ich habe dazu 3 Fragen:

  1. Welche konkretenMaßnahmen sollte die deutsche Politik ergreifen, um den wachsenden Antisemitismus zu verhindern?
  2. Sind Sie der Meinung, dass der Antisemitismus in Deutschland weiter verbreitet ist als in anderen Ländern?
  3. Ist jemand, der die israelische Politik kritisiert, nach Ihrer Auffassung auch ein Antisemit?

Ich würde mich freuen, wenn Sie trotz Ihrer knappen Zeit meine Fragen beantworten würden. – Rolf Garber

 

Richard C. Schneider erklärt, warum er als Judenicht mehr in Deutschland leben will: Warum „als Jude“, als Moslem, als Buddhist, als Mormone, als Baptist …. Warum nicht „als Deutscher“? Als Israeli, als Kanadier, als Japaner? Ich fahre auch nicht durch die Welt als Christ, sondern als Deutsche … – S. Reinhardt

 

Es ist absolut verständlich, dass nach den Anschlägen in Halle Deutsche mit jüdischem Glauben Angst um ihr Leben haben, wütend sind oder auch dringend den Staat und die Gesellschaft in die Pflicht nehmen, gegen antisemitisches Verhalten vorzugehen. In dieser Hinsicht haben die Empfindungen des ARD-Korrespondenten Richard C. Schneider von Seite zwei natürlich ihren unzweifelhaften berechtigten Platz. Allerdings sollte die ZEIT es gleichzeitig nicht versäumen, die Aussagen von Herrn Schneider in ein richtiges Licht zu rücken. 2017 wurden 29 antisemitische Gewalttaten in Deutschland vom Innenministerium registriert. 2016 waren es 32. In denselben Jahren gab es jedoch fremdenfeindliche Gewalttaten von 794 (2017) bzw. 1.213 (2016).

Wenn von Halle abgesehen wird, dann ist der Mord an Blanka Zmigrod in 1991 der letzte mir bekannte antisemitisch begründete in Deutschland (der von einem Schweden begangen wurde). Aus fremdenfeindlichen Gründen wurden seit 1990 83 Menschen in Deutschland getötet. Und noch eine Zahl, die die Dimension vielleicht besonders verdeutlicht, wenn auch nicht auf den ersten Blick. 2018 verunglückten 88.850 Radfahrer in Deutschland, davon starben 445. Fast alle wurden durch Fremdeinwirkung (durch Autos oder LKW) verletzt oder getötet.

Wenn jetzt davon gesprochen wird, man kann als Jude nicht mehr in Deutschland leben, weil es lebensgefährlich geworden sei, dann muss man dem zustimmen, ja, es gibt eine gewisse Gefahr. Sie ist allerdings verschwindend klein. Eine deutlich größere Lebensgefahr besteht, wenn man anderen Gruppen angehört, z.B. Ausländer oder Radfahrer ist. Herr Schneider kann bestimmt nichts für sein subjektives Empfinden (insbesondere nach Halle), aber die ZEIT sollte so verantwortlich sein und nicht das Bild eines antisemitischen Deutschlands entstehen lassen, das es so nicht gibt. – Christian v.Appen

 

Jeder Gläubige -egal welchen Glaubens- kann sich vor Übergriffen in der Öffentlichkeit dadurch schützen, wenn er auf das offene Tragen am Körper von Glaubenszugehörigkeits-Symbolen verzichten würde. Jede Glaubensgemeinschafft muß einen Wachdienst vor ihrer Synagoge/Kirche u.ä. selbst bezahlen, wenn sie derart Angst haben sollten – schließlich werden auch andere Menschen oft unverhofft Opfer von Straftaten, und man kann schließlich nicht jede Person durch die Polizei schützen lassen in einer Demokratie. – Bernd Tschauder

 

Daß Herr Schneider die Nase von Deutschland voll hat und nach Israel zieht ist seine persönliche Entscheidung. Ja, wir Deutschen haben Nazi-Vorfahren, aber sind wir deshalb in unserer Mehrheit immer noch Nazis oder Neo-Nazis? Sind die Angriffe gegen Juden in Deutschland wieder singulär oder ist es nicht so, daß gerade in Deutschland solche Angriffe – vielleicht etwas spät, aber nicht zu spät- nicht nur ernst genommen werden, sondern auch alle von uns alamiert und die Politik ( siehe Bundespräsident Steinmeier u.a.) reagiert und handelt?

Jedenfalls sind die Mahnwachen vor Synagogen nicht wie Herr Schneider meint „lächerlich“, sondern Ausdruck von Solidaritärt mit unseren Jüdischen Mitbürgern Auch in Israel wird Herr Schneider, wenn er sich dort wirklich dauerhaft wohlfühlt, mutig gegen Tendenzen eines neuen rassistischen Arpartheidregimes einsetzen könnnen. Vielleicht wird er auch entdecken, daß nicht alle seine politischen Repräsentanten in Israel korruptionsfrei sind und einige von ihnen einen dominanten Jüdischen Staat schaffen wollen, auf Kosten von vermeintlichen Minderheiten, der Palästinenser.

Herr Schneider hält Deutschland offenbar für ein vom Antisemitismus verseuchtes Land, das kann er so sehen. Nur ein Beispiel aus seiner Tirade: Auschwitz sei zum Maßstab des deutschen Judenhasses geworden, alles was darunter sei, könne in Deutschland „unten durchspazieren“, also sei tolerierbar. Hier Herr Schneider werden Sie gehässig,(wie an anderen Stellen auch), Sie verkennen, daß Judenhaß und Volksverhetzung in Deutschland rechtlich verfolgt und geahndet werden. Ich hoffe, Ihr neues Land Israel wird gegen Minderheiten ähnliche menschenrechtliche Maßstäbe anlegen wie das Land, in dem Sie nicht mehr leben wollen . – Dr. Herwig Schlögl

 

Dieser Artikel ist eine einzige arrogante Unverschämtheit. Einen solchen Schwachsinn zu behaupten, dass der Antisemitismus in der Mitte der Gesellschaft angekommen sei. Ist die FAZ zum Stürmer umbenannt worden? Gibt es judenfeindliche Karikaturen in der ZEIT? Warum bietet die ZEIT diesem umgekehrten Bernd Höcke für seine hanebüchenen Thesen ein Forum? Die übliche Scham wegen eines Anschlages? Vorauseilende Demut? Hat sich die ZEIT etwas vorzuwerfen? Wo sie doch sogar eine literarische Nullnummer wie einen Maxim Biller gemeinsam mit richtigen Schriftstellern abdruckt. Schlimmer geht’s kaum noch.

Herr Schneider scheint, wie viele andere Menschen auch, in seiner eigenen Blase zu leben und schreibt deshalb realitätsfernen Unfug. Offensichtlich gibt es mittlerweile viele verschiedene Blasen für jede politische Meinung und jeden religiösen Unsinn und manchmal drehen die Blasenbewohner dann durch. Es wird auch via Helmkamera und „soziale Medien“ immer einfacher. Nun kann man verschiedene Meinungen haben, wie man da vorgehen sollte und könnte, aber zu behaupten, daß die antisemitische Blase den Diskurs majorisiert oder auch nur die Stammtische beherrscht, ist einfach nur verunglimpfend. Juden haben in Deutschland die gleichen Rechte und Pflichten wie Veganer oder Sozialversicherungspflichtige und wenn schon Mahnwachen, dann unterschiedslos vor Synagogen und Dönerbuden! – Achim Hauck

 

Selten über so einen selbstgerechten Menschen wie Hern Schneider lesen dürfen. Vielleicht denkt Herr Schneider auch an die beiden Opfer, Jana L. und Kevin S., die keine Juden waren und die sich vielleicht Mahnwachen ihnen zum Gedenken gewünscht hätten. Und deshalb macht es auch sehr viel Sinn, Kirchengesänge anzustimmen. Ganz absurd wird es bei Herrn Schneider dann, wenn er bei Twitter bemängelt, dass in Halle nur um die 10.000 Menschen zu Mahnwachen und Lichterketten kamen und in Paris, 1990, als ein jüdischer Friedhof geschändet wurde, es 200.000 waren.

Es ist sehr ärgerlich, wie die ZEIT durch das Einräumen von einer ganzen Seite Kommentar eher Wut auf den Kommentator produziert, aufgrund seiner wenig ausdifferenzierten Schreibe, als Mitgefühl mit den Opfern hervorbringt. Bitte suchen Sie sich in Zukunft Ihre Kommentatoren etwas genauer aus. – Sandra Pöhl

 

Dieser Artikel hat mich traurig und wütend gemacht! Es stimmt einfach nicht, was H. Schneider behauptet, auch wenn es Viele nachbeten. Juden können in Deutschland in aller Regel unbehelligt leben, auch wenn es immer wieder einige Ewiggestrige und Verrückte geben wird. Die attackieren aber genauso Nichtjuden. Der (offenbar antisemitische) Attentäter von Halle hat zwei Nichtjuden erschossen – ein Beweis für seine Verrücktheit! Ich verwahre mich gegen die Generalisierung von H. Schneider, der im Prinzip den meisten Deutschen Antisemitismus unterstellt.

Zitate von H. Schneider: “Der Antisemitismus ist überall präsent…”, “Bildungsbürger… glauben und reden denselben Unsinn wie der Attentäter von Halle” (eine böse Unterstellung in dieser Verallgemeinerung!), “Wie viele Juden müssen angegriffen, geprügelt oder gar getötet werden…” (Wie viele waren es denn tatsächlich in den letzten 10 Jahren ??), “ Niemand will hingucken und womöglich den kleinen Antisemiten in sich entdecken”. “ Es ist nicht mehr möglich, als Jude in Deutschland frei leben und atmen zu können”. Und so geht es bei H. Schneider munter weiter!

Ich habe von keinem Angriff, auch nicht verbal, auf Juden in meiner Stadt in den letzten Jahren gehört. Das einzige “Beispiel aus dem Alltag”(Goethe), das H. Schneider anführt, wirkt ziemlich bemüht. H. Schneider muß sich fragen lassen, ob er sich der Verantwortung bewußt ist, was er da herbeiredet und ob nicht er selbst zur Spaltung beiträgt. – Heinz Hackenberg

 

Ich habe mich sehr über Ihren Beitrag und die enthaltene „angreifende Verhaltensweise zur potenziellen Bewältigung dieser gefährlichen Situation“ (Definition Aggression in Auszügen) gefreut. Gerade lese ich mit Erschrecken und Entsetzen die Tagebücher von Victor Klemperer und stelle nach der Lektüre Ihres Artikels fest, wie sich Bilder gleichen. Da gilt: nicht noch einmal Zurückhaltung, nicht noch einmal leise sein. Sagen, nein, herausschreien, was passiert und Konsequenzen ziehen. Vielen Dank für Ihre klaren Worte. – Lutz Jäger

 

Seit fast 2000 Jahren wird die europäische Geschichte von dem Monster Antisemitismus verunstaltet. Nichts hat der Volksgruppe der Juden im europäischen Vielvölkerstaat mehr geschadet als diese schlimmen Vorurteile und gefährlichen Lügen. Der furchtbare Höhepunkt war die Ermordung von 6 Millionen europäischer Juden in Deutschland unter Hitler. Wenn heute AfD Politiker wie Gauland und Höcke die Verbrechen unter Hitler verharmlosen oder Mahnmale für ermordete Juden als unzumutbar für die Deutschen bezeichnen wundert es nicht, wenn der latente Antisemitismus wieder an die Oberfläche kommt. Mittlerweile ist leider zu vermuten, dass AfD Politiker den Antisemitismus als lohnendes Geschäftsmodell politisch auschlachten um an die Stimmen der Unbelehrbaren zu kommen.

Die Nazis waren nicht viel schlimmer, auch wenn es dort mit Sicherheit mehr überzeugte Antisemiten gab -was zu der Katastrophe der Judenvernichtung führte. Als Deutscher verstehe ich kaum, wie sich Deutsche bei der letzten Bundestagswahl dazu hinreissen liessen die AfD zur drittstärksten Partei zu machen. Die Politik Merkels in der Flüchtlingsfrage kann nicht der einzige Grund gewesen sein. Mehr als peinlich auch die fast opportunistische Zurückhaltung der anderen Parteien gegenüber der AfD und ihren Wählern. Ich empfinde Mitgefühl und Scham gegenüber Richard C. Schneider der als deutscher Jude mir viel näher ist als manch anderer Deutsche. – Klaus Reisdorf

 

Herr Schneider spricht von Juden und Nichtjuden und ist sich offenbar nicht bewusst, dass er dasselbe Denken vertritt wie jemand, der von Deutschen und Nichtdeutschen redet. Merkt er denn nicht, dass dieses Wir- die Anderen – Denken daher kommt, dass Selbstbilder wie Jude und Deutscher wie alle Selbstbilder ausschließlich von einem Gegenbild leben – die Vorstellung eines Jüdischseins nur dank der Idee eines Nicht – Jüdischseins und die des Deutschseins nur dank der Idee eines Nicht – Deutschseins überhaupt existieren – , und dieses Wir – die Anderen – Denken die Grundlage für Attentate bildet? Schließlich sind die Opfer von Attentaten stets diejenigen Menschen, die als „die Anderen“ betrachtet werden, und diese Betrachtungsweise ist nur auf Grund eines Wir- die Anderen – Denkens möglich. – Dr. Jens Lipski

 

Bei dem Jammer über das Wachsen des Antisemitismus fehlt mir der Versuch die Gründe zu finden. Dem Autor scheint klar, es sind die Deutschen, mal wieder die Deutschen. Dabei gibt es zwei wichtige Gründe, welche das Wachstum des Antisemitismus in den letzten Jahren befördert haben: 1. Weit über eine Million Muslime sind neu im Land. Die türkischen Muslime mitgerechnet leben wohl sechs Millionen Muslime in Deutschland. Aber, ich weiß, diese als Grund zu nennen, wäre rassistisch, nicht wahr. Die weltoffene multikulti Gesellschaft hat auch ihre Schattenseiten. 2. Seit den 90er Jahren sind über 200 000 Ostjuden in Deutschland eingewandert. 80% von ihnen direkt in die Sozialhilfe. Wie überhaupt, nach dem 3. Reich, noch ein Jude nach Deutschland einwandern konnte, wird mir auf ewig unergründlich sein. Oder ist das purer Masochismus? – Cornel Muth

 

Ich kann die Äußerungen und Erfahrungen des Autor voll nachvollziehen , möchte aber zum Sachverhalt folgende Aspekte zur Diskussion stellen: Öffentliche Aktionen und Rituale der Trauer und der Solidarität sind nach Gewalttaten gegen jüdische, aber auch muslimische Mitbürgerinnen und Mitbürger unverzichtbar, ebenso vorbeugende Sicherheitsmaßnahmen. Doch dem historisch tief verwurzelten Antisemitismus in unserer Gesellschaft, aber auch dem Fremdenhass ist allein mit Protest und Aufklärung nicht beizukommen.

So lange Kirchen, Gemeinden und konfessionelle Verbände sich aus falsch verstandenen Wahrheitsansprüchen gegen Andersgläubige eher abschotten als zu öffnen und sich interkonfessionell im Wesentlichen auf mehr oder weniger formale Kontakte und Kooperationen beschränken, zwängen sie jede religiöse Praxis in die bestehenden „konfessionellen Parallelgesellschaften“und verfestigen diese für jede Zukunft.

Stattdessen brauchen wir ein breites und vielgestaltiges „gemeinsames Lernen, Unterrichten und Erleben“ der Religionen in ihrer berechtigten Vielfalt und jeweiligen Besonderheit. Nur im selbstverständlich praktizierten Miteinander in Bildung, Politik und religiöser Kultur und in der direkten Begegnung und Teilhabe an der Glaubenspraxis der Menschen sog. fremder Bekenntnisse können Barrieren und Vorurteile nachhaltig gemindert werden und die Mehrheit der Menschen Gelassenheit, Vertrautheit und Respekt gegenüber Andersgläubigen einüben und praktizieren.

Kirchen und Politik stehen hier in der besonderen Verantwortung, Gottesdienste und Gemeindeveranstaltung viel stärker als bisher interreligiös zu öffnen, die getrennten Religionsunterrichte (!) in den öffentlichen Schulen in gemeinsamer Verantwortung intensiver miteinander zu verknüpfen und u.a. gemeinsame Formen interkonfessioneller Jugendarbeit zu entwickeln. Nur dann habe ich die Hoffnung, dass dem andauernden Antisemitismus und aggressiver Gewalt gegen vermeintlich fremde Glaubenshaltungen langfristig der Nährboden entzogen werden kann. – Dr. Eckart Gottwald

 

Herr Schneider zeichnet ein merkwürdig fremdes Bild von der Realität in Deutschland. Er behauptet, dass man im Alltag fast an jeder Ecke antijüdische Äußerungen hörte und der Antisemitismus wieder in der Mitte der Gesellschaftangekommen sei. Vielleicht lebe ich ja in einer Blase, aber in meinem privaten und beruflichen Umfeld sind mir in meinen 65 Lebensjahren bisher keine antijüdischen Äußerungen zu Ohren gekommen. Und ich glaube ein äußerst sensibles Gehör zu besitzen, was Toleranz, Liberalismus und Rassismus anbelangt.

Ja, es gibt mit Sicherheit in manchen Kreisen, vor allem am rechten Flügel unserer Gesellschaft, rassistisch denkende, antisemitische Verschwörungstheoretiker, aber die bewegen sich doch nicht in der Mitte der Gesellschaft. Deutschland ist – bei aller Fremdenfeindlichkeit einzelner Unverbesserlicher oder sagen wir besser ungebildeter Ignoranten – ein Land, in dem man so freizügig leben kann, wie vermutlich nie zuvor. Und das trotz einer – vor allem in Städten – schon teilweise bis an die Grenzen gehenden Belastung durch Zuzug von Menschen fremder Herkunft. Dass Herr Schneider aber genau diejenigen der Bevölkerung verunglimpft (…lächerlichen Mahnwachen vor Synagogen), die sich aktiv für eine freie Gesellschaft und gegen Antisemitismus engagieren, ist beschämend! – Dipl.-Ing.Peter Breuninger

 

Mein Name ist Benjamin Leins, ich wohne in Halle/Saale in der Humboldtstraße, schräg gegenüber der Synagoge. Ich bin einer derjenigen, die am Donnerstag und am Freitag nach dem Attentat so „lächerlich“ mit der Kerze in der Hand, singend vor der Synagoge stand. Irgendwo kann ich Ihre Wut ja verstehen: Glauben diese Leute etwa wirklich, dass Ihr hilfloses Gehabe irgendetwas rückgängig machen oder schönfärben kann? Nein, das glaube ich nicht. Hätten Sie es aber angemessener gefunden, die Humboldtstraße wäre am Donnerstag und Freitag nach dem Attentat leer geblieben? Auch Ihre Besorgnis über den Antisemitismus, der aus allen Ecken der Gesellschaft emporsteigt, kann ich nur zu gut verstehen – er ist mir ja genau so offensichtlich, wie Ihnen und alle anderen in Deutschland, die noch nicht ganz blind und taub sind.

Als Journalist ist es ohne Zweifel Ihre Aufgabe, Missstände beim Namen zu nennen, auch in drastischen Worten. Es schmerzt mich trotzdem, in all meiner Entschlossenheit der grausamen Symbolik dieser Schreckenstat etwas entgegensetzen zu wollen, umso mehr, von Ihnen als „lächerlich“ bezeichnet zu werden. Der Schrecken, dass statt Jana L. ich oder gar jemand aus meiner Familie oder Nachbarschaft auf dem Bürgersteig hätte liegen können, steckt mir noch in den Knochen. Unsere Anteilnahme ist also alles andere, als aufgesetzt oder gar geheuchelt.

Im Gegenteil, ich habe auch weiterhin vor, für eine offene Gesellschaft ohne Fremdenhass und vor allem ohne Antisemitismus zu streiten, Gesicht zeigen und nach Gleichgesinnten werben – so gut es mir möglich ist. Das mag Ihnen aufgrund Ihrer jahrelangen Erfahrung als naiv und hoffnungslos – eben als „lächerlich“ – erscheinen. Mir scheint es jedoch das einzig wirksame Mittel zu sein, das ich auf der alltäglichen, individuellen Ebene besitze. – Benjamin Leins

 

Herr Schneider schreibt sich seinen Frust, seine Enttäuschung von der Seele, möglicherweise in der Hoffnung, dass nun ein Ruck durch den Politikbetrieb geht. Ich fürchte, Herr Schneider schüttet das Kind mit dem Bade aus. Herr Schneider beklagt, dass die deutsche Gesellschaft nicht in den Spiegel gucken mag womöglich aus Sorge, dort den kleinen Antisemiten in sich zu entdecken. „Starker Tobak“ könnte man dazu sagen. Die Menschen, die bei einer Mahnwache ihr Mitgefühl, ihre Solidarität mit den Bürgerinnen und Bürgern jüdischen Glaubens bekunden, tun dies aus ganzem Herzen. Sie tun, was sie können. Aus berufenem Munde wird ihr Verhalten nun als lächerlich klassifiziert mit dem Hinweis „spart euch eure Rituale“. Das tut weh. Was helfen könnte erfahren wir ansatzweise im Bericht „Gefährliche Verlierer“ (Dossier, Seite 19), nicht aber von Herrn Schneider. Ob eine Busfahrt in Tel Aviv grundsätzlich sicherer ist als ein Weihnachtsmarktbesuch in Berlin, auch darüber lässt sich streiten. – Reinhold Biggeleben

 

Es ist schon sehr traurig, wenn Richard Chaim Schneider Mahnwachen vor Synagogen „lächerlich“ nennt und allen denen, die an ihnen teilnehmen, darunter bestimmt auch vielen jungen Menschen, unterstellt, sie täten das nur, um sich selbst „wohlzufühlen“ und um das eigene Gewissen zu beruhigen. Antisemitismus im heutigen Deutschland ist ein großes, beschämendes Problem. Dass er zunimmt, ist umso schlimmer. Dagegen zu protestieren, zum Beispiel mit Mahnwachen, ist eines der Mittel, die einem als Privatperson zur Verfügung stehen. Wenn Menschen sich vor Synagogen versammeln und ihre Solidarität mit ihren jüdischen Mitbürgern bekunden, muss man ihre Betroffenheit nicht in Anführungsstriche setzen.

Wäre es Richard Chaim Schneider lieber, es käme keiner? Möchte er, dass die deutsche Zivilgesellschaft Anschläge wie in Halle achselzuckend hinnimmt? Warum kann er nicht das Mitgefühl schätzen, das seine nicht-jüdischen Mitbürger ihm entgegenbringen? Wie hätte man es sich gewünscht, dass es 1933 massiven Protest gegeben hätte, nach dem „Judenboykott“ vom 1. April zum Beispiel – Mahnwachen vor Synagogen wären ein gutes Zeichen gewesen. Zeigt die deutsche Gesellschaft heute nicht ein anderes Gesicht? Nein, für Richard Chaim Schneider sind die Deutschen das, was sie immer waren – verbockte, verlogene Antisemiten. Wir sollen „in den Spiegel schauen“, rät er uns, und den „kleinen Antisemiten“ in uns suchen. Was tun, wenn wir keinen finden? Weitersuchen? Denn irgendwo muss er ja sein, meint Richard Chaim Schneider, und zwar in allen von uns.

Unsere Solidarität sollen wir uns an den Hut stecken. Sehr traurig, das. Sehr traurig auch, dass er hinter jeder Israel-Kritik „Hass auf Israel“ vermutet. Es gibt viele Menschen, die Israels Politik kritisieren, weil sie Israel lieben und ihm Gutes wünschen und gerade deshalb gewisse Entwicklungen mit Sorge beobachten. Ich zähle mich zu ihnen und weiß mich nicht allein – in Deutschland nicht und in Teilen der israelischen Zivilgesellschaft auch nicht. Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit gemeinsam und entschlossen entgegenzutreten, durch Erziehung, Aufklärung, Gespräch und öffentliche Demonstration, ist nötig, sinnvoll, vernünftig und dem modernen Deutschland angemessen. Das Bemühen dazu lächerlich zu machen und zu verhöhnen, ist es nicht. – Anatol Regnier

 

Ihr ganzseitiger Beitrag in ‚Die Zeit‘ vom 17.10.2019 auf Seite 2 ist bemerkenswert. Es braucht Chuzpe, Situationen so zu verallgemeinern in einem Land, das Sie Heimat nennen. Wenn ‚alle‘ Methodisten, Baptisten, Lutheraner ihren Glauben so vor sich hertragen würden, könnten Sie in Bayern, Österreich und anderen katholischen Ländern interessante Diskussionen zum ketzerischen, glaubenszerstörenden Aktivismus hören. Ihrem Beispiel folgend, kann ich berichten über das ‚Kidnappen‘ einer ganzen Kongregation einer Synagoge durch einen israelischen Juden. Am Ende dürfen Sie urteilen, ob hier verallgemeinern der Methoden ‚der Juden Israels‘ angebracht ist.

Meine jüdische Freundin in Chicago ist tiefgläubiges Mitglied einer Synagoge, die ich oft mit ihr Freitags besucht habe. Vor einiger Zeit war ein israelischer Jude ständiger Begleiter des Rabbiners, mit dem er Religionsunterricht erteilte. Im Laufe eines Jahres wurde die Kongregation überzeugt von der Notwendigkeit, das Leben in den antisemitischen USA aufzugeben und nach Israel ins gelobte Land umzusiedeln. Meine 70jährige Freundin wurde genötigt, ihre elegante Eigentumswohnung zu verkaufen, mit den protestierenden Kindern zu brechen und ein Haus in den neuen israelischen Siedlungen (auf palästinensischem Gebiet) zu kaufen.

Meine Fragen an den Rabbi, wer ihr im Krankheitsfalle beistehen würde (Medicare ist nur bedingt abrufbar) und wer ihr Unterschlupf bietet, wenn Raketen ihr Haus zerstören, wurden erstaunt abgewehrt. Anmerkung ‚ sie könne ja in die USA zurückkehren‘. Ohne Wohnung, ohne Familie? Ich habe ihr Sicherheit angeboten, in Deutschland. Ihre Töchter und ich haben sie nur mit professioneller Hilfe der ‚Mind Control Methode‘ (Gehirnwäsche) von Steven Hassan aus dieser Trance holen können. Herr Schneider, meine Empfehlung: beschützen Sie Ihre jüdischen Glaubensschwestern und -brüder vor einer in dieser Form betriebenen Methode (‚Kidnapping‘) und schauen Sie über Ihren Tellerrand hinaus. – Frauke Rademacher-Heidemann

 

Der gescheiterte Angriff auf die Hallenser Synagoge und die Ermordung von zwei Nichtjuden durch einen von der Netz-Internationale verdorbenen Psychopathen lässt Regierende und Medien – so auch den Journalisten Richard C, Schneider (Die Zeit v, 12.10.) folgern, ein stets präsenter Antisemitismus habe sich wieder offenbart, und zwar gleich auch noch in den etablierten Parteien, nicht nur in der konservativen AfD (deren Quote „Denkmal der Schande“ in „Schande eines Denkmals“ umgedeutet, die tausendjährige deutsche Geschichte als das NS-Tausendjährige Reich verstanden wird). Nazis müssen bekämpft werden, aber doch nicht die deutsche Mehrheitsgesellschaft!

Schneider jedoch meint, derselbe Unsinn, wie ihn der Attentäter von Halle vortrug, werde dort wieder laut und ohne Bedenken geäußert – in der Bahn, im Restaurant, im Buchladen. „Ich habe das in den letzten Monaten und Jahren immer wieder hören müssen.“ Und er sah Karikaturen, Klischeefotos, Verschwörungstheorien. Weil Schneider, der sich mit Deutschland „sehr verbunden“ fühlt, sich nicht länger „demütigen“ lassen wollte, nicht mehr „frei leben und atmen“ konnte, flüchtete er vor zwei Jahren nach Israel. Leider nennt er nur einen konkreten Fall: In einem vornehmen Münchener Lokal habe er mitgehört, wie ein elegant gekleideter Herr seinen Freunden etwas erzählte von einer jüdischen Intervention gegen Goethes Vorhaben, im „Faust“ etwas Judenfeindliches zu schreiben.

Das ist ein altes Thema, ähnlich dem Luther-Problem: Der Kosmopolit Goethe, Kritiker des Philosophen Moses Mendelsohn und Bewunderer von dessen Enkel Felix Mendelsohn-Bartholdy, den er küsste, opponierte einer Großtat Preußens, der Juden-Emanzipation 1812, welche nicht nur dem verlorenen Stamm der Askenasen mit ihrem mittelhochdeutschen Dialekt Jiddisch (ein Ausschuß der 1848er Nationalversammlung stufte sie vorbehaltlos als Deutsche ein, während Walter Rathenau sich noch von ihnen brutal distanzierte), sondern allen ihren Glaubensbrüdern, die sich Deutschland verbunden fühlten, die volle staatsbürgerliche Gleichberechtigung verschaffte.

In Faust II – Erster Akt lässt Goethe den Marschall seinem Kaiser klagen: „Nun soll ich zahlen, allen Lohn; der Jude wird mich nicht verschonen, der schafft Antizipationen, die speisen Jahr um Jahr voraus.“ 1937 erschien in München eine Schrift „Goethe und die Juden“ von Franz Koch, der – regimetreu – Goethens Aversion gegen „“Pfaffen und Juden“ konstatierte, aber resümieren musste: „Goethe hasste die Juden nicht.“ 1934 war in New York zum selben Thema ein Buch von Mark Waldmann erschienen, mit der Bilanz (laut Koch), im „heutigen Deutschland“ wäre Goethe wahrscheinlich im KZ oder im Exil gelandet.

Ungeachtet der antijüdischen Regierungspropaganda – deren Erfolglosigkeit Goebbels und Himmler protokollierten – und der NS-Megaverbrechen, die vor dem Volk freilich geheimgehalten wurden, meldete Franz Neumann, der Chef-Analytiker des US-Geheimdienstes, in seinem 1942 in New York erschienenen Rapport „Behemoth“, die Deutschen seien überraschenderweise „das am wenigsten antisemitische Volk“. Was soll sich nach der Befreiung von den Nazis daran geändert haben? Laut der aktuellen Leipziger Autoritarismus-Studie wiesen 2002 noch 9,3 Prozent der Befragten „manifest antisemitische Einstellungen“ (weniger als andernorts) auf, 2018 gar 4,4 Prozent.

Hetze im Netz und geschmierte Parolen taugen nicht als Belege für deutschen Antisemitismus, solange die Täter nicht identifiziert sind, anonym bleiben: Die können Muslime sein, Ausländer, auch subversive Kräfte, welche nur die von deutschen Medien betriebene Propaganda gegen das eigene „Land der Täter“ stützen, welche beispielsweise verschweigen, dass jedes Jahe eine Uno-Umfrage in allen Mitgliedstaaten die Deutschen (aus unerklärlichen Gründen und gewiß auch unbekömmlich) als beliebtestes Volk ermittelt. Es darf nicht wahr sein, dass die Sieger des Zweiten Weltkriegs ihre Imperien verloren haben, das zerstörte, zerteilte Deutschland mit Millionen Vertriebenen, Vergewaltigten, Bombenopfern und Hungertoten aber nach zwei Generationen Export-Weltmeister ist, mit einem einklagbaren Rechtsanspruch seiner Bürger auf Grundeinkommen bei Bedarf (Sozialhilfe).

Schon einmal brach eine Verallgemeinerung in Sachen deutschem Antisemitismus los, weltweit, als 1959 an die Düsseldorfer Synagoge Hakenkreuze geschmiert worden waren. Die beiden deutschen Täter (mit DDR-Kontakten), denen der Begriff „Synagoge“ unbekannt war, wurden ermittelt und verurteilt. Jahre später enthüllten Überläufer wie der tschechische Geheimdienstler Ladislas Bittman den Drahtzieher: NKWD-General Iwan Aganjanz. 1960 versuchten zwei Muslime, die Düsseldorfer Synagoge anzuzünden .Doch über hunderttausend russische Juden emigrierten nach der Wende nach Deutschland.

Schneider beruft sich auf die Brandstiftung an der Lübecker Synagoge 1984. Wegen der darauf geübten Solidarität aus der Mitte der Lübecker Gesellschaft befand der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde am Ort, Alexander Olscheskij, es sei kein Fehler gewesen, nach Deutschland zu ziehen – für ihn ein „Zuhause“, für die Kinder und Enkel eine „echte Heimat“. – Fritjof Meyer

 

Auch ich bin wütend, lieber Herr Schneider, über den Antisemitismus in Deutschland. Nehmen Sie mir das ab? Und ich möchte nichts schönreden. Ich bin wütend auf die, die Juden durch die Jahrhunderte hindurch in diesem Land ausgegrenzt, verfolgt und schließlich in unvorstellbarer Zahl ermordet haben. Ich bin wütend darüber, dass es nicht genug aufrechte Menschen gegeben hat, um diesem Hass auf alles Jüdische Einhalt zu gebieten. Und ich verstehe es erst recht nicht unter dem Vorzeichen eines christlichen Glaubens, der ohne Judentum nicht denkbar war und ist. Und ich bin wütend darüber, dass es auch heute noch in Deutschland unbelehrbare Menschen gibt, die die abenteuerlichsten Verschwörungstheorien über Juden weiterspinnen.

Und ich bin auch aus einem egoistischen Grund wütend, weil ich nämlich tun kann, was ich will um diesen Antisemitismus zu bekämpfen, dass ich als nichtjüdischer „Biodeutscher“ in der Mithaftung gefangen bleibe für all das, was meine Vorfahren und heutige Mitglieder dieses Volkes an Verbrechen verübt haben und verüben. Denn ich begehre – mit Matthias Claudius gesprochen – nicht schuldig dafür zu sein. Ich will dagegen alles in meiner Macht stehende tun, um gegen Antisemitismus aufzustehen, Juden zu schützen und zu verteidigen.

Ja ich will gerade auch auf all die deutschen Schriftsteller, Künstler, Wissenschaftler jüdischen Glaubens in der Geschichte dieses Landes ganz naiv stolz sein, weil sie soviel zu seiner reichen Kultur beigetragen haben, und ich traure unendlich darüber, was wir durch diese elende Nazizeit verloren haben. Bitte geben Sie deshalb mir und der Mehrheit der Deutschen heute die Chance, das zeigen und leben zu können und gegen den Hass für ein glückliches Zusammenleben von Menschen verschiedener Religionzugehörigkeit und Herkunft einzutreten. – Reinhardt Seibert

 

Am erschütterndsten an Schneiders Artikel finde ich seine traurige Diagnose am Schluss : Deutschland ist für ihn kein Land mehr, in dem man als Jude frei leben und atmen kann. Am meisten gibt mir dabei dabei das „mehr“ zu denken – also der Befund, dass trotz aller Mahnwachen, Gedenktage und Yad-Vaschem-Besuche von Politikern und Künstlern das Alltagsleben für Juden in den letzten Jahrten nicht nur nicht besser, sondern sogar unfreier geworden ist.

Als schwuler Mann ist mir die falsche Toleranz einer Gesellschaft durchaus geläufig, die solange besteht, solange diejenigen, die sie fordern, nicht allzu sichtbar sind und möglichst angepasst. Ich habe aber auch den Fortschritt an Toleranz erlebt, der in relativ kurzer geschichtlicher Zeit enorm ist: Sahen viele deutschen Politiker vor 30 Jahren in der AIDS-Krise Homosexuelle vor allem als „Riskoträger“, steht gleichgeschlechtlich Liebenden inzwischen sogar die Institution der Ehe offen. Warum gibt es solch einen Fortschritt auch nach 2000 Jahren Koexistenz mit den Juden nicht, frage ich mich.

Vielleicht deshalb nicht, weil ein Mann mit Kippa auch von offizieller Seite immer zuerst als Jude gesehen wird und auf das religiöse Symbol reduziert wird. Echte Toleranz wird es erst geben, wenn dieser Mann in den Medien nicht nur als Experte für Antisemitismus, sondern auch – je nach Beruf und Interesse – als Filmschaffender, Arzt, Klimaforscher oder Psychologe präsentiert und befragt wird. Gleiches gilt dann aber auch für Kopftuchträgerinnen oder andere Menschen, die ihre Zugehörigkeit zu einer Minderheit nicht verstecken wollen oder können. Denn echte Toleranz ist unteilbar und die Intoleranz in all ihren Formen gleichermaßen bedrückend – auch für diejenigen, die keiner sichtbaren Minderheit angehören. – Dr. Dirk Kerber

 

Nach der Lektüre Ihres Artikels in der letzten ZEIT habe ich mich einen Moment gefragt, wie ich wohl darauf reagieren soll. Dabei hatte ich innerlich längst reagiert, nämlich wütend und verärgert. So sehr, dass ich mehrere Anläufe gebraucht habe, den Artikel zu Ende zu lesen. Erst später wurde mir klar, dass die eigentliche Frage nicht lautet, wie ich darauf reagieren soll, sondern wie ich darauf reagieren darf. Denn das Thema, wie das Verhältnis zwischen Juden und Nichtjuden in Deutschland ist, gleicht einem Minenfeld. Zeige ich mich als Nichtjude etwa betroffen ob des Anschlags auf die Synagoge in Halle, halten Sie das für heuchlerisch, nimmt man es schulterzuckend zur Kenntnis, wirkt es kaltherzig, geradezu menschenverachtend. Wie reagiert man also angemessen? Bei diesem hochsensiblen Thema ist es schwierig wie bei wenig anderen.

Neben Ihrem despektierlichen Ton macht mit gerade das so wütend, dass sie so tun, als sei es kein hochsensibles Thema und alles ganz einfach: Ihr deutschen Nichtjuden, nun gebt endlich zu, dass ganz viele von Euch einen antisemitischen Kern haben, und tut endlich etwas dagegen und ergeht euch nicht in leeren Worthülsen. Dabei liegen die Dinge eben nicht so einfach. Ja, wir Deutschen geben uns hier vielfach verkrampft. Was können wir aber tun, um diese gesellschaftliche Verkrampfung zu lösen und wieder zu einem normalen Verhältnis zu kommen, was doch das Ziel sein sollte?

Meinen Sie wirklich, draufhauen hilft hier weiter? Ihr Artikel liest sich wie ein persönlicher Wutausbruch, eine Schimpftirade unter emotionaler Höchstspannung (und wäre als solcher deklariert verständlich und legitim, wenn auch nicht unbedingt an derart prominenter Stelle wie auf Seite 2 der ZEIT). Daneben kommt er aber im Gewand von Analyse und Argumentation daher, die zu drastischen und überzogenen Aussagen führen, wie z.B. die, dass die Messlatte für Judenhass in Deutschland Auschwitz sei und alles, was weniger schlimm sei, einfach unten durchspazieren könne.

Lassen Sie uns doch bitte auf Augenhöhe miteinander sprechen und alle gemeinsam für eine Welt einstehen, in der es keine Rolle mehr spielt, ob jemand Jude oder Nichtjude, Christin oder Nichtchristin, Muslim oder Nichtmuslim usw. ist. Jeder darf sein, was er will, solange er anderen dasselbe Recht zugesteht. Diejenigen, die sich nicht daran halten, gehören zur Rede gestellt, belangt und verurteilt, allen voran die völlig Verirrten wie der Attentäter von Halle. – Berthold Heymann

 

Was bringt „DIE ZEIT“ dazu, so etwas abzudrucken? Hat die Person, die das entschieden hat, den Text vorher gelesen und zugelassen, dass ein Herr Richard C. Schneider unwidersprochen behaupten kann, dass „Der Antisemitismus ist längst in der Mitte der (gemeint ist die deutsche) Gesellschaft……wieder hervorgekrochen…..er ist überall präsent….“, „Bildungsbürger, Intellektuelle, Lehrer….. glauben und reden den selben Unsinn wie der Attentäter von Halle“, „So war es immer in der Bundesrepublik….“, „niemand will hingucken und den womöglich kleinen Antisemiten in sich entdecken“, “ Die Schamlosigkeit hat sich breitgemacht“. Weitere Zitate machen nur noch wütender. Hass und Hetze jetzt auch in der Zeitschrift „DIE ZEIT“ ?

Versuchen wir es sachlich: richtig, es gibt in Deutschland ( wie übrigens in vielen anderen demokratisch geführten Ländern) eine Rechtsradikalismus ( wie auch einen Linksradikalismus), der mit 13 bis 15 % eingeschätzt werden kann. Das hat schon die „Sinus“- Studie, die von Bundeskanzler Helmut Schmidt, die 1980 in Auftrag gegeben wurde, aufgezeigt. Aber dieses „geschlossene rechtsextreme Weltbild“ richtet sich nicht nur (aber auch) gegen Juden ( z.B. NSU-Morde, Oktoberfestattentat 1980, Überfälle auf Flüchtlingsunterkünfte usw. usw.). Der Hass der Extremisten richtet sich auch gegen Muslime, Homosexuelle, gegen alle, die „anders sind“ und nicht der wirren Vorstellung von „deutsch sein“ entsprechen.. Dazu kommt, dass Minderheiten verantwortlich gemacht werden für eigene, persönliche Probleme.

Noch einmal: Was bringt „DIE ZEIT“ dazu, so etwas abzudrucken? Meinungsfreiheit? (Dahinter verstecken sich auch AFD-Politiker nach perfiden Behauptungen). Hat sie sich blenden lassen von der Person Richard C. Schneider und seinem bisherigen Lebens- und Berufsweg und anerkannten Leistungen (z.B. bei derARD etc.), hat „DIE ZEIT“ ihm so vertraut wie einst einem Herrn Relotius?

Müssen wir „in der Mitte Deutschlands“ uns das gefallen lassen, unwidersprochen lassen? Nein, aber nicht auf diesem Niveau. Die Einstellung diese Mannes ist nicht diskussionsfähig. Sie ist maßlos und wirkt hasserfüllt, zu keinem Kompromiss bereit. Dass er in Tel Aviv wohnt, ist schlüssig. Ihn werden andere, positive Erfahrung von Israelis mit den Deutschen nicht erreichen, weil er nicht erreicht werden will. Aber im Sinne der Aufklärung, der ethischen, moralischen und christlichen Einstellung der 87 bis 85 % der Deutschen auf der Basis unseres Grundgesetzes sagen wir Ihnen, Herr Schneider: auf Wiedersehen in Deutschland. Wir hier in Deutschland, wir können vergeben ( auch der Zeitschrift „DIE ZEIT“). – Udo Bauer

 

„Die lächerlichen Mahnwachen vor Synagogen“. Dieser Titel ist provokativ und zielt leider auf die Falschen; er verhöhnt eine Gruppe integerer Bürger, die gegen Rassismus aktiv sein wollen. Wer als Mitfühlender nach einem Verbrechen, wie neulich in Halle, vor einer Synagoge eine Kerze aufstellt ist anständig und keine lächerliche Mahnwache. Wenn er dabei ein christliches Lied singt, vermutlich aus Unkenntnis eines jüdischen, will er bestimmt nicht sein etwaig verborgenes rassistisches Gefühl ausleben oder verschleiern. Eher schon gibt er ein unschuldiges Zeichen des Mitleids, der Ratlosigkeit, der Scham, des ehrlichen Bedauerns, der Solidarität gegenüber den Opfern und deren Angehörigen.

Der Autor beschuldigt im weiteren Verlauf pauschal Politiker, Journalisten und Lehrer. Ihr Versagen und ihre Hetze trügen wesentlich dazu bei, dass man als jüdischer deutscher Bürger heute nicht mehr sicher in Deutschland leben könne. Analytische Auseinandersetzung mit den Ursachen von zunehmendem Rassimus und Antisemitismus in Deutschland sieht anders aus. Ich habe als in Israel arbeitender Deutscher die engagierte Arbeit des ARD-Korrespondenten R.Schneider sehr schätzen gelernt. Diesmal hat er seiner berechtigten Wut über das Verbrechen in Halle leider zu sehr freien Lauf gelassen, um der komplexen Thematik gerecht zu werden. – Karl Kronthaler

 

Haben viele von uns die aus den millionenfach lebensvernichtenden Eskalationen von Diskriminierungen, Pogromen und der Shoah erwachsenen historischen Verpflichtungen schon wieder verdrängt? Wie endlos indes sind niederträchtigste Vorurteile und Vorwände, und wie kurz indes ist der Weg vom gehässigen Wort zur hasserfüllten Tat? Was etwa ist in diesem Zusammenhang los in vielen deutschen Gerichten?

Seit geraumer Zeit stellen Beleidigungen und Erniedrigungen, Hetze und Rassismus in der analogen wie in der digitalen Welt anhaltend gefährliche Tendenzen für unsere freiheitlich demokratische Grundordnung dar, Urteile jedoch werden diesen Verhältnissen in einem eher zunehmenden Maße nicht mehr annähernd gerecht. Mit Verlaub, wer das nicht (an)erkennt, ist/bleibt auf dem rechten Auge blind. Dabei sind unserem Grundgesetz die geschichtliche Verantwortung und das „Wehret-den-Anfängen“ sehr wohl immanent, sind Gesellschaft und Demokratie zu ebendieser Verfasstheit fortwährend aufgefordert. Klar muss sein, dass es Liberalität, zu oft verwechselt mit Toleranz, und (rechtliche) Liberalisierung nicht auf Kosten des gesellschaftlichen Friedens geben kann. – Matthias Bartsch

 

Ja, es ist schon wieder soweit in Deutschland. Juden müssen um ihr Leben bangen. Nur eine schussfeste Spezialtür in Halle hat die über 500 Juden bei ihrem Jom Kippur-Abend beschützt. Eine Ursache unter vielen wie Erziehung, Bildung und Aufklärung ist sicher auch die fehlende echte Aufarbeitung des Holocaust in den Anfangsjahrzehnten der Bundesrepublik; erst zur Wahl von Willy Brandt 1969 wurde vorsichtig begonnen, den Staatsapparat von Nazis und deren Ideen systematisch zu säubern, gelungen ist es bis heute nicht. In der DDR wurde der Holocaust zur Staatsdoktrin erhoben, sicher auch nicht besonders ehrlich und effektiv, da oft nur ein allzu sichtbares Element, um den „Klassenfeind zu diffamieren“. Aufarbeitung kann so nicht funktionieren.

Ich kann Herrn Schneider nur zustimmen. Die Politik schaut geflissentlich weg, nur wenn die „Luft brennt“, wird „ ganze Betroffenheitsmaschinerie“ in Schwung gesetzt, aber dann mit aller Macht und Energie. Kunst, Künstler, Kirchen, Kinder und Kinder werden massiv aktiviert und mobilisiert. Aber anschließend zieht die Karawane weiter, der Politiker kümmert sich wieder um Sicherung von Listenplätzen, Netzwerken und die nächste anstehende Wahl. – Nein, so wird es nichts, mit einer ehrlichen Aufarbeitung, es wird ein langer schmerzhafter Weg werden, auf die sich nicht nur die sogenannten, im bundesdeutschen Sprachjargon „bildungsfernen Schichten“ sondern gerade auch im Besonderen die Etablierten begeben müssen. Und hier sind „wahre“ Erzieher notwendig, gleich den wahren Ärzten, wie in der Pest von Camus beschrieben. Unser Tun und Handeln sollte nicht dem Recht verpflichtet sein sondern der Wahrheit. – Dr. Bernhard Borchers

 

Ihr Artikel hat mich tief berührt und auch traurig gemacht, weil auch ich von der unterschätzten Gefahr überzeugt bin. Ich bin in den alten Bundesländern groß geworden und glücklich, in einem freien Land wohnen zu können. Doch unsere Politiker hören uns nicht zu. Und Deutschland erstickt an Gleichgültigkeit – in jeder Hinsicht. Das finde ich schlimm. Vor einiger Zeit war ich mit der Wandergruppe in einem Bus unterwegs. Draußen fand eine Demo von Rechtsradikalen statt, die aufmarschierten. Sie waren unsagbar aggressiv und drohten uns von außen. Wir hatten Angst, dass sie sich über den Bus hermachen würden und Angst vor diesem Haß in den Augen. Sie greifen alles an,nur aus Lust an der Gewalt. Die Menschen haben nichts gelernt. – Karin Lutter

 

Normalerweise lese ich die meisten Artikel in einer meiner Meinung nach nenutralen Betrachtungsweise. Selten lösen niedergeschriebene Dinge, wie eben jener Artikel, eine solches Entsetzen ja fast schon Wut in mir aus. Der Autor dieses Artikels beklagt die antisemitische Neigung, die seit Jahren in der BRD vorhanden sei und wächst und laut ihm prächtig gedeiht. Deshalb sieht er die erwähnten antisemitischen Anschläge in unserem Land nicht als verwunderlichen, sondern als logische Konsequenz aus einer Ignoranz gegenüber des nie fort gewesenem Judenhasses.

Er beschreibt die Gedenkmomente seien wie ein kleines Pflaster auf einer offenen Fleischwunde (also sinnlos). Er beschriebt sie schon fast angewiedert, weil die Menschen immer wieder geschockt sind aber nie eine Verbesserung herbeiführen. Was mich wie anfangs erwähnt so schockiert ist die Hoffnungslosigkeit, die er unserer Gesellschaft zuschreibt. Er beschreibt die derzeit in Deutschland vorzufindende Gesellschaft, die er lange als sein Zuhause ansah, als unterlaufene und regungslose Gruppierung die Antisemitismus längst als salonfähig abgestempelt hat. Aber das ist definitiv nicht so.

Ich bin der festen Überzeugung, dass dies ein Irrtum des Autors dieses Artikels ist. Ich möchte mich nicht erdreisten ihm vorzuschreiben, was er zu fühlen hat oder wie es ist als religiöse Minderheit in diesem Land aufzuwachsen. Ich selbst bin deutscher und musste nie erfahren, wie schrecklich sich der Hass anfühlen muss den man aufgrund seiner Religion oder Herkunft spüren muss. Was ich aber als Teil dieses wunderbaren Landes und Gesellschaft niemals zulassen will ist, dass politisch extrem gesinnte dieses Land und unsere Gesellschaft unterwandern und die Werte, für die so hart gekämpft wurden zerstören. Deutschland ist ein multikulturelles Land und das ist wunderbar so, weil das unsere Gesellschaft so außergewöhnlich formt wie sie heute vorzufinden ist.

Es ist also die Aufgabe jedes einzelnen, dies aufrecht zu erhalten durch die sofortige Erstickung im Keim jeder Art und Form von Rassismus und Fremdenhass. Ich habe mich wirklich sehr getroffen gefühlt, als ich las dass sich Richard C. Schneider so unwohl und nicht willkommen in Deutschland fühlte, dass er sich gezwungen sah auszuwandern. Ich finde um es auf den Punkt zu bringen Herr Schneider hat aufgegeben. Er hat aufgegeben an uns und dieses wunderbare Land zu glauben. Wie schon in ein paar Absätzen vorher erwähnt möchte ich mir nicht herausnehmen über ihn und seine Gefühlswelt in seiner Situation zu urteilen. Aber WIR sind mehr. Diejenigen die jeden Menschen offen empfangen und ihn niemals aufgrund seiner Herkunft, Religion oder Ethnie verurteilen. Ich wünsche Herr Richard C. Schneider alles gute aber die falsche Tatsache, dass die Juden in unserem Land lediglich Albi sind ist absoluter Schwachsinn. – Tim-Alexander Kötter

 

Das Sicherheitssystem der Synagoge in Halle, das hat anscheinend bestens funktioniert, trotzdem sollen jetzt, nicht nur sämtliche jüdische Institutionen in Deutschland, sicherheitsmäßig noch weiter nach- und aufgerüstet werden. Macht sich Deutschland langsam wieder auf dem Weg zum „Rund-um-die-Uhr-Überwachungsstaat“? Der TV-Film in der ARD: „Die Ungewollten – Die Irrfahrt der St. Louis“ vom 21.Oktober 2019, der zeigte den furchtbaren Zustand der Welt im Jahre 1939 auf. Hat sich an diesem „furchtbaren Zustand“, jetzt im Jahre 2019, nach 80 Jahren, eigentlich irgendetwas zum Besseren verändert? – Riggi Schwarz

 


 

 

Leserbriefe zu „Ihr habt mehr verdient“ von Katrin Wilkens

 

Das Bild der Geldbörse hat Jacinta Nandi einmal auf ihrem Buchcover verwendet (dort passenderweise). Selbst im ‘Playboy’ wäre es im Zusammenhang eines Textes zur Emanzipazion der Frau heute nur mehr halblustig. Aber als Titelbild eines Artikels zum Thema Gleichberechtigung in der ZEIT… Da war hatte die Bildredaktion wohl schon einen langen Tag hinter sich! – Stefan Heptner

 

Wunderbar, mehr von Ihnen und diesem Thema!! Ich teile Ihre Beobachtungen. Die Verteilung der Ressourcen zwischen den Partnern ist mit Start der Familienphase ungerecht und ungerechtfertigt – und völlig unreflektiert verinnerlicht (wie ich auch an mir selbst feststellen durfte). Da irgendwie rauszukommen, erfordert so viel Kraft. Warum empfand ich es als derart demütigend mit meinem Mann über eine Art „Bezahlung“ für die Elternarbeit zu diskutieren?

Wir haben eine Lösung gefunden (vorerst …), aber bitte berichten Sie mehr und weiter. Eine Diskussion darüber wie weit unsere Solidaritäten und gegenseite Verantwortung als Eltern und Paare für einander reichen ist dringend notwendig. Als hochindividualisierte Einzelkämpfer fällt es schwer , Hilfe und Solidarität einzufordern oder anzubieten. – Nina Hoferichter

 

Große Empörung und ungläubiges Entsetzen beim Anblick diese „Aufmachers“… HOW DARE YOU? Habt ihr denn garnichts begriffen?- Eva Lüssem und Marlies Oltmanns

 

Die Verfasserin des Artikels Seite 70: “ Luter, Hitler, Ludwig Erhard…“ hat wohl nicht viel über Luther gehört: gerade Luther hat seiner Frau Käthe alles, was den Haushalt betraf, von Finanzen, Gelddingen, Haushalt und den landwirtschaftlichen Betrieb führen, Bier brauen usw. überlassen. Er sollte (auch Ludwig Erhard nicht) mit Hitler in einen Topf geworfen werden! Vielleicht sollte sich die Verfassserin des Artikels erst einmal genau informieren, und einmal die Biografie über Katharina von Bora bzw. Käthe Luther lesen! – Ute Pechtold

 

Das ist mein erster Leserbrief. Ich bin seit 27 Jahren Abonnent und eigentlich ein begeisterter Zeitleser, wenn auch nicht immer dergleichen Meinung, was auch gut ist, um nicht im eigenen Saft zu garen. Aber jetzt muss ich mal Protest einlegen: Mit Ihrer Illustration zum Artikel „Ihr habt mehr verdient“ ziehen Sie den inhaltlich wichtigen Artikel über Wege in und aus finanzieller Abhängigkeit von Müttern auf das Niveau von Sex Sells. Welches Frauenbild haben denn die Entscheider der Zeit, die sich für dieses Bild entschieden haben? Und ich dachte, die Highheel- Bilder vor einigen Wochen zur Illustration von Frauen in Chefetagen wären schon nicht mehr zu übertreffen. Bedenken Sie bitte die Macht der Bilder. Der Autorin haben Sie damit wahrlich einen Bärendienst getan. Ich denke, eine Entschuldigung wäre hier angebracht. – Ingrid Gräber

 

Die bloße Darstellung eines Gebrauchsgegenstands erinnert nach Form und Farbe an eine Vagina. Der weitere Hinweis auf einen finanziellen Mehrverdienst verweist auf eine Vermarktungsmöglichkeit. Ist eine solche Präsentation noch Ausdruck von Kunst oder schon eine Beleidigung der Frau? Die Grenze ist eindeutig überschritten. – Winfried Grabitz

 

Ihr Artikel über die Zuständigkeit von Frauen über Gelddinge hat mir direkt aus dem Herzen gesprochen. Mein Vater , geb. 1899!!!, wollte uns beim Hausbau finanziell unterstützen. Er überwies uns einen DM-Betrag auf unser Bankkonto. Ich gehe zur Bank und mir wurde der Zugriff auf den Betrag verweigert. Die Summe war speziell nur für meinen Mann zugänglich!!

Ich habe Wirtschaftspädagogik studiert, an kfm. Schulen unterrichtet – aber – von finanziellen Dingen – „da hat sie keine „Ahnung!!“ Mein Mann war entsetzt – bei uns gab es nie Streit um Geld usw. auch in den 10 Iahren, wo ich wegen unserer Kinder nicht berufstätig war. Meiner Mutter wurde die Steuererklärung von meinem Vaster vorgelegt zwecks Unterschrift ohne jegliche Erklärung!!! Das waren Zeiten!!! – Christel Füge

 

Schon der bildliche Aufmacher (großformatiges, geöffnetes, beerenfarbiges, von oben fotografiertes Portemonnaie) ist ein Affront. Was haben sich die Redakteure bei diesem Bild gedacht? Das ist Sexismus pur. Und der darauf folgende Textinhalt ist nicht niveaureicher. Sicher hat die Autorin mit ihrer zentralen Aussage, dass Frauen häufig nicht ausreichend an ihre Altersvorsorge denken, recht.

Doch verkennt sie dabei, dass es sich viele vollererwerbsfähige Frauen gar nicht leisten können, 200 Euro im Monat für die Alterssicherung zur Seite zu legen, da ihr Gehalt für die Grundversorung eben so ausreicht. Frau Wilkens hat lediglich die gut ausgebildeten, gut verdienenden Frauen im Blick (und wahrscheinlich auch als Klientinnen – wer sonst kann sich so eine „Beratung“ leisten?). Dieses Thema hat mehr Einfühlungsvermögen und Sachlichkeit verdient. – Ursula Hoffmann

 

Vielen Dank für Ihren Artikel, der mich bestärkt. Vor 3 Jahren, nachdem ich 13 Jahre lang studierte, 5 Kinder bekam, mich in der Selbständigkeit versuchte und im StartUp meines Mannes aushalf, wollte ich endlich Geld haben und außerdem dazu gehören. Ich habe inzwischen eine Stelle gefunden, musste mir aber von meinem Mann anhören, dass es mir vielleicht nicht das bringen würde, was ich mir erhoffe. Stimmte nicht, ich war mir sehr klar in Erwartungen und diese haben sich voll bestätigt.

Es ist mir außerdem schon immer klar gewesen, dass ich alt werde und dass ich mich um die Rente kümmern muss. Mein mann aber meint, dass es die mürrische Laune im Vorwege der Wechseljahre sei. Stimmt also auch nicht. Und wenn ich meinen Mann darum bitte, die Finanzen seiner Firma für mich offen zu legen, will ich nicht der ganzen Familie das Leben schwer machen, sondern versuche, die Verantwortung für meine Altersvorsorge in die Hand zu nehmen. Also, wie Sie sehen, es ist ein täglicher Kampf. Daher danke ich Ihnen dafür, dass ich Recht habe. Perfekt bin aber dadurch auch nicht. – Eine Leserin

 

Vielen Dank für die Provokation einer ganzen Seite dem Portmonai als Vagina dargestellt! Es hat mich dazu alamiert meinen ersten Leserbrief überhaupt an eine deutsche Zeitung zu schreiben. Für mich ist das bereits Sexistisch! Gut mir fehlen Vergleiche was das Bewußtsein meiner deutschen Mitbürgerinnen und Bürger betrifft,ich fühle mich als Mann der froh ist in einer Partnerschaft zu leben inder ich schon immer dem nachgehen konnte, was sie als einen weiblichen Aspekt hinstellen: lieber etwas mit Menschen machen(zu) wollen.

Wer glaubt denn noch wirklich das junge Generationen von Luther,Hitler und Ludwig Erhard als alleinige Beeinflussung deutscher Geschichte und Politik unfrei agieren?Und wenn sie als Autorin, die Frage anführen: Was ihnen zuletzt mal so richtig gelungen ist und sie in ihren Gegenüberinnen nichts hören, so vielleicht deshalb, weil sie Ihnen nicht das Gefühl gegeben haben, das all die nicht zu zählenden Gesten aus Mitgefühl, sei es in der Behütung von Kindern oder der Aufmerksamkeit denen Frauen dem Duin jeglicher Form schenken, einen menschlichen Wert darstellt und welcher auch zunehmenst mehr gesehen wird und Männer sich durchaus wünschen von starken geschäftstüchtigen Frauen deren Ehepartner sie sind, versorgt zu werden wünschen. Liebe,Basis jeder Beziehung fühlt mit und schaft „das Gegenüber“ ab und erkennt beide Partner als Einheit an, in der es immer um Glück auf beiden Seiten geht.Allerdings gebe ich zu, das bei fehlendem Mitgefühl,Liebe beide Partner mehr, auf ihre, auch finanzielle Souveränität, pochen müssen, um nicht ausgenutzt zu werden und die Frau immer noch aufgrund der erwähnten Geschichte die immer von Männern gemacht wurde, leider schlechtere Bedingungen in ihren Umfeldern vorfindet.Ihr Schlußplädoyer ab:

Mein Vorschlag: Paare die ein Kind erwarten,treffen eine Vereinbahrung. Usw….. trägt mein volles Verständnis und ich achte und schätze es sehr das sie es geschrieben haben bis zum letzten Satz.Ich hoffe (genau wie die Aufmachung ihres Artikels mich getroffen hat) sie nicht verletzt zu haben, idem ich das starke Wort „Sexistisch“ für denAufreiserihrer Geschichte nannte. Da ich selber Künstler und Anarchist bin habe ich durchaus eine Hassliebe für diese Art der Provokation!Mit freundlichen Grüßen auf die Gleichberechtigung aller menschlichen Wesen!UND NATÜRLICH WÜRDE ICH MICH AUCH ÜBER EINE ANTWORT auf meinen Brief freuen,sowie ich es verstehe das wegen großer Leserbriefezahl keine großen Hoffnungen zu erwarten sind,bleibe aber trotzdem in einer freudigen Spannung das DIESES kein Einseitiges bleiben muß! – divyo

 

Ich stimme der Autorin und „Jobwechsel-Beraterin“ Katrin Wilkens absolut zu: Finanzielle Eigenständigkeit ist für Frauen, die im Kommentar vornehmlich Mütter sind, äußerst wichtig. Sich über die mit veganem Zitronenkuchen, Instagram und ihrer Fuckability beschäftigten Akademiker-Kundinnen ironisch zu erheben finde ich mutig. Und zugleich paradox: Sind es nicht die ökonomisch aktuell sorgenfreien, urbanen Mütter (oder der Logik des Beitrags folgend: deren Männer), die ein durchschnittliches monatliches Teilzeitgehalt in Wilkens´ Tagescoaching investieren – um somit die finanzielle Unabhängigkeit der Autorin zu gewährleisten? – Dr. Dorothee Corinne Krauss

 

Frau Wilkens ignoriert in ihrem Artikel leider folgendes: Die schlechte Kinderbetreuung für Kinder deren Eltern arbeiten müssen. In BW bspw sind Kita Plätze rar, von einer Ganztagsbetreuung ganz zu schweigen. Und sie sind sehr teuer. Eltern, in den meisten fällen die Mütter, sind gezwungen halbe Tage zu arbeiten. Solange es keine einheitliche, familienfreundliche Regelung der Kinderbetreuung auf Bundesebene gibt, wird sich daran auch nichts ändern. – Mario Stückle

 

Eine so geschmacklose, sexistische Illustration wie in dem Artikel “Ihr habt mehr verdient” von Katrin Wilkens ist enttäuschend und absolut unter dem Niveau der Zeit.- Sabine Oberer Cetto

 

Au weia, liebe Zeit-Redaktion, was habt ihr euch denn beim Foto zu diesem Thema gedacht? Ha, ha, soo witzig, ein pinkes geöffnetes Portemonnaie, das auch den dümmsten Betrachter an eine weibliche Vulva erinnert! Das geht gar nicht!!! Mit welchem Redaktionsmitglied ist denn da die Altherren-Phantasie durchgegangen? Ich hätte ein höheres Niveau von Ihnen erwartet! – Eva Meyer

 

Eine ganze Seite mit einem geöffneten rosaroten Portemonnaie so aufgenommen, dass eine plumppornographische Anspielung auf das weibliche Geschlecht offenischtlich ist, als Intro zu einem Text, der Gleichberechtigung der Frauen gewidmet werden soll ? Haben Frauen keinen Kopf ? Ist unsere Denkzentrum – wie bei den meisten Herren – auch zwischen den Beinen angesiedelt ? .. sorry .. Das war jetzt etwa auf dem Niveau ihrer Illustration ? Und das zweite Bild zeigt dann in der Tat ein altmodisches kleines rosarotes Portemonnaie aus einer Spielkiste. In ihrem ersten Satz warnen Sie dann die lieben Leserinnen davor, dass sie gleich erschüttert sein werden von ihren Mitteilungen ?

Als wüssten und spürten wir nicht täglich, wie benachteiligt wir sind, wenn wir z.B. als alleinerziehende Mütter oder oder versuchen die beiden Enden zusammen zu bekommen, dann hantieren wir gewiss nicht mit so einem niedlichen Spielobjekt. Der ganze Ton ihres Artikels ist so paternalistisch, dass er nahezu beleidigend ist und nach dem ersten verherenden Eindruck den die ausgesuchte Bebilderung (der beinahe mehr Platz eingeräumt wurde als ihrem Text ) generiert ein schlechter ‘Einstieg’.

Die ganze Seite mit ‘dem’ Bild hat mich wirklich wütend gemacht und ich habe dann verschiedenen Frauen in meinem Umfeld (von Studierenden bis älteren nicht akademischen Freundinnen) gefragt, ob ich überreagiere und sie waren ALLE meiner Meinung. In der Hoffnung auf etwas mehr Feingefühl beim Layouten und vermitteln Ihrer Inhalte in der Zukunft. – Anne-Marie Bonnet

 

An dieser ganzen Ost – West Diskussion möchte ich mich nicht beteiligen aber ein Erlebnis passt so gut zu ihrem Beitrag. Wir Frauen im Osten sind alle zur Arbeit gegangen,haben unsere Kinder mit Erfolg groß gezogen. Nur – Hausfrauen waren die Ausnahme und meistens Außenseiter. Als die Treuhand zu wüten begann, traf es natürlich zuerst die Frauen. Ich hatte Glück, anders kann man das nicht nennen, behielt meine Arbeit. Eine sehr gute Kollegin hatte kein Glück und wurde zu einem Gespräch bestellt. Diese Gespräche wurden sehr gern während des Urlaubes der Betroffenen gemacht.

Und da bekam sie dann von so einem “ Besser – Wessi – Schnösel“ die Frage gestellt: „Warum lassen sie sich eigentlich nicht von ihrem versorgen.“ Sie ließ sich nicht einschüchtern und bekommt heute ihre eigene Rente. Von Vorteil war auch, das wir in der Kleinstadt zusammengehalten haben und solche Erlebnisse sofort weitergegeben haben um andere zu warnen. Ich bin der Meinung, das berufstätige Frauen (Eltern) bei den Kindern mehr die Großeltern einbeziehen sollten. Aus Erfahrung weiß ich , das diese mehr Geduld haben z.B. beim Lesen lernen, basteln und ähnlichen Sachen. Während dieser Zeit kann die Mutter (Eltern) etwas für sich tun. Manche Großeltern wollen aber gefragt werden. Ich kenne kein Erwachsenes Kind, das durch so eine Betreuung Schaden erlitten hat. – Liane Hampel

 

Ich habe nur einen klitzekleinen – aber wichtigen – Verbesserungsvorschlag: die von Ihnen in der rechten Spalte angeregte Vereinbarung muss das Paar treffen schon in dem Moment, in dem es sich für eine „länger angelegte“ Beziehung miteinander entscheidet, keine müde Sekunde später. Denn: in dem Moment, in dem das Kind unterwegs ist, ist es schon zu spät. Da ist ja (aus zwingenden biologisch-hormonellen-neuronalen-nenns-doch-wie-Du-willst Gründen) schon keine „Verhandlungsparität“ mehr gegeben – da HAT der Organismus der Frau schon auf „Mutter“ umgestellt.

Nein, es muss Klartext über Lebensrollen geredet werden BEVOR frau Mutter – und das heißt: schwanger – wird. Meint ein Leser, der weiß wovon er redet, weil seine Freundin vor fast auf den Tag 30 Jahren genau dies tat, das Paar seither (zumindest in der Eigen-, ich hoff aber doch auch in überwiegender Außen-Wahrnehmung) sehr gut damit gefahren ist und der männliche Teil des Paares :-) schon vor vierund-, dreiund- und zweiundzwanzig Jahren aus dem Staunen über die Selbstverzwergung hoch ausgebildeter Frauen (so wie Sie das auch sehr wunderbar beschreiben) gar nicht mehr rauskam (ich sage nur: Krabbelgruppen, Kinderturnen, musikalische Früherziehung, …), sie aber schon damals genau darauf zurückführen konnte: die Frauen WOLLTEN im Grunde ihres Herzens gar nichts anderes als den Deal „Du fickst mich – dafür versorgst Du mich“ mit ihren Partnern. Wie Sie das so treffend beschreiben.

Bitte recht zu verstehen: das ist KEIN Vorwurf, sondern eine Feststellung – Beobachtung. Und so versteh ich auch Ihre Ausführungen. Ist das aber so, ist es im Grunde nicht gerecht, das ständig als „Missstand“ anzuprangern, für den „die Gesellschaft“ verantwortlich ist. Wenn die Frau primär „fuckable“ sein will, so be it – und wenn sie primär autonom sein will, so be that. Es ist ein freies Land – nur, auch in einem freien Land bekommt man nicht „alles“, sondern muss sich entscheiden.

Zwei Vollzeitjobs UND eine gelingende Zweierbeziehung UND ein tolles Familienleben mit mehreren glücklichen und gesunden Kindern UND eine Super-Beziehung zur eigenen Herkunfts- und zur Schwiegerfamilie UND selber fit und gesund bleiben GEHT eben einfach nicht ALLES AUF EINMAL; sondern jede*r muss da Prioritäten setzen und als Paar idealerweise gemeinsam. Einiges davon lässt sich im übrigen ganz gut zeitlich hintereinander staffeln, bzw. rauf- oder runter-gewichten. Works for us, anyway – und ja, ich bin zuversichtlich, dass meine Tochter mir wenn’s dazu kommen sollte den Treppenlift einbauen lässt. – Dr. Christian Naundorf

 

Schon der bildliche Aufmacher (großformatiges, geöffnetes, beerenfarbiges, von oben fotografiertes Portemonnaie) ist ein Affront. Was haben sich die Redakteure bei diesem Bild gedacht? Das ist Sexismus pur. Und der darauf folgende Textinhalt ist nicht niveaureicher. Sicher hat die Autorin mit ihrer zentralen Aussage, dass Frauen häufig nicht ausreichend an ihre Altersvorsorge denken, recht.

Doch verkennt sie dabei, dass es sich viele vollererwerbsfähige Frauen gar nicht leisten können, 200 Euro im Monat für die Alterssicherung zur Seite zu legen, da ihr Gehalt für die Grundversorung eben so ausreicht. Frau Wilkens hat lediglich die gut ausgebildeten, gut verdienenden Frauen im Blick (und wahrscheinlich auch als Klientinnen – wer sonst kann sich so eine „Beratung“ leisten?). Dieses Thema hat mehr Einfühlungsvermögen und Sachlichkeit verdient. – Ursula Hoffmann

 

Mit Ihrem Artikel sprechen Sie mir aus der Seele. Ich – Jahrgang 1968 – gehöre wohl zu den eher wenigen Frauen, die sich den Haushalt und die Kinder wie von Ihnen gefordert 50:50 mit ihrem Partner geteilt haben. Das ist nun schon 15 Jahre her und ich darf behaupten, dass mein Mann und ich mit diesem Modell damals (in Hamburg) wohl zu einer seltenen Spezies gehört haben, was man an den Reaktionen der Umwelt ablesen konnte.

Warum war das bei uns so selbstverständlich? Aber noch viel wichtiger, warum sind die jungen Frauen von heute immer noch nicht so weit, mit aller Konsequenz für ihre (finanzielle) Unabhängigkeit zu kämpfen? Sie haben zwar die Historie dazu überzeugend beschrieben, aber es leuchtet mir nach wie vor nicht ein, warum sich die Frauen auch heute noch in einem in dieser Hinsicht viel offeneren, gesellschaftlichen Umfeld immer noch freiwillig (finanziell) unterordnen.

Seit meinem Studium der Ingenieurwissenschaften war die gesellschaftliche, familiäre und finanzielle Unabhängigkeit bzw. Gleichberechtigung der Frauen eine Herzensangelegenheit von mir. Diese Einstellung verdanke ich meinen Eltern, die uns Geschwistern diese Idee bereits vorlebten, sowie meinem ostdeutschen Mann, für den die gleichberechtigte Teilhabe am Haushalt Normalität ist. Mit meiner heute 17jährige Tochter diskutiere ich bereits seit längerer Zeit dieses Thema, so dass sie schon ohne mein Zutun begonnen hat, auf Instagramm feministischen Seiten zu folgen.

Ich stimme Ihnen vollständig zu, dass der Impuls für Änderung nur von uns Frauen selbst kommen kann. Insofern ist Ihr Aufruf ein wichtiger Weckruf, der nicht oft genug wiederholt werden kann. Ein Aspekt ist mir jedoch noch wichtig: diese von Ihnen beschriebene Haltung junger, gut ausgebildeter Frauen, die sich freiwillig in die finanzielle Abhängigkeit des Partners begeben, ist aus meiner Sicht ein typisch westdeutsches Phänomen der letzten Jahrzehnte. Insofern rufe ich alle ostdeutschen Frauen auf, uns bei der Bewältigung dieses entscheidenden Schrittes in die finanzielle Unabhängigkeit durch bewusstes Vorleben eines gleichberechtigten Familien- und Arbeitsmodells endlich in die richtige Spur zu verhelfen. – Dr.-Ing. Kira Holtzendorff

 

Dass Frauen in Deutschland finanziell so viel schlechter abgesichert sind als Männer, ist sicher bedauerlich. Ich sähe jedoch viel lieber eine Emanzipation auf Seiten der Männer als auf Seiten der Frauen. Nicht die Frauen sollten sich das Arbeitsweltverhalten der Männer abgucken, sondern die Männer sollten ihres lockern und sich mehr an häuslichen statt an erwerbstätigen Arbeiten beteiligen. Es würde ihnen nur guttun, denn am Ende des Lebens gibt es wohl kaum einen Mann, der auf seinem Totenbett sagt, „Ich wünschte, ich hätte in meinem Leben mehr gearbeitet …“

Regelrecht traurig gemacht hat mich in dieser Hinsicht auch Frau Wilkens‘ belächelnder Bericht über die Antworten auf ihre Frage „Was ist Ihnen zuletzt mal so richtig gut gelungen?“ Ich hoffe inständig, dass jeder halbwegs emotional gesunde Berufstätige darauf keine zweifelhafte Heldengeschichte von seiner Jagd nach Geld und dem Hauen und Stechen auf der Karriereleiter erzählen würde – wie Frau Wilkens es aber erwartet. Ich hoffe, die Mehrzahl der Gefragten würde von Dingen erzählen, die sie für die Menschen gemacht haben, die ihnen wichtig sind, z.B. (wie mein Mann es tun würde) davon, wie sie es geschafft haben, die Brummstimme eines Teddybären zu reparieren, oder wie sie eine wahnsinnig gute Rehhaxe zubereitet haben, obwohl der Fleischer sie gewarnt hat, die würde leicht zäh.

Im Kern ist der Wunsch, Frauen mögen finanziell besser abgesichert sein, sicher gut und richtig. In Frau Wilkens‘ Beitrag geht aber der Blick für die wirklich wichtigen Dinge im Leben verloren, und es wird auf sie herabgeblickt. (P.S.: Wenn Sie wollen, schreibe ich eine Replik für Sie, wie es öfter mal im Z-Teil der ZEIT gemacht wird :)) – Dr. Sarah Thelen

 

Danke für den sehr gelungenen Weck- und Aufruf, Frau Wilkins. Ihre Beschreibungen und Erfahrungen kann ich nur bestätigen. Frauen werden älter. Ja, wie und wovon? Frau selbst, Gesellschaft und Arbeitswelt verkümmern, wenn all das Wissen, die Erfahrungen von gut ausgebildeten klugen Frauen nicht gelebt wird-und die weibliche Seite fehlt. Ermuntern, ermutigen, motivieren und mit Begeisterung Arbeits-Leben gestalten. Wie das gelingt zeigen die Erfahrungen von Frauen im ESF-Bundesprogramms „Perspektive Wiedereinstieg – Potenziale erschließen“. Gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, und in lokalen und regionalen Kooperationen, Frauen mit Familienpause und oder Pflegeaufgaben hinsichtlich ihres Wiedereinstiegs gut unterstützt und begleitet. Das ZIBB (Zentrum Information Beratung Bildung)Frauen für Frauen e.V. im südhessischen Groß-Umstadt ist z.B. ein solcher erfolgreicher Modellstandort im ländlichen Raum.

Die Nachfrage ist groß, da alle Teilnehmerinnen nach Bedarfsklärung mit ihrem Coach passgenau ihren beruflichen Wiedereinstieg planen und bedürfnisgerecht umsetzen können. Webinare und Selbstlernmodulen ermöglichen sich fachlich und persönlich weiterzubilden. Einzel- und Gruppencoachings vor Ort schärfen das Kompetenzprofil und stärken ein gesundes Selbstbewusstsein. Im Kommen sind auch die Partnercoachings, in denen Paaren ihre zukünftigen Rollen definieren und sich für die Wünsche und Erwartungen des Anderen sensibilisieren. Dicke Bretter lassen sich gemeinsam besser bohren. – Ruth Werbeck

 

Wir haben mal für den Feminismus gekämpft (Jahrgang 1958), die heutigen jungen Frauen haben oft gar keine Sehnsucht nach Gleichberechtigung… Da hat man studiert und verkommt zuhause zum Dummchen (das merkt man massiv ab dem 3. Jahr…) bei dadada und tralala. Kinder dürfen nicht mehr Kind sein, sondern sind ein Projekt, das man niemand anderem anvertrauen kann, nicht mal dem Vater… Arme Kinder! Der Vorschlag der Autorin ist super! (nach dem ersten Kind meinte mein Partner zur Tagesmutter bei meinem Wiedereinstieg: er wolle nicht, dass sein Sohn zu einer anderen Frau Mama sage. Ich antwortete: ich habe kein Problem damit, wenn Du zuhause bleibst, mein Gehalt reicht für uns… . Wir haben uns dann für Tagesmutter entschieden)

Ich habe von 1979 bis 1981 in Frankreich studiert. Schon damals fand eine französische Mutter es normal, das Kind in eine Krippe bzw einen Ganztageskindergarten zu geben. Die Schule war eh an 4 Tagen bis später Nachmittag. Mal raten, wieso französische Akademierinnen oft mehrere Kinder haben und trotzdem arbeiten. In Deutschland lebt noch die Nazi-Ideologie (Rabenmutter), deshalb gibt es promovierte Hausfrau-Mütter oder kinderlose „Karrierefrauen“(ich glaube das zählt schon zu den Schimpfworten), wie kann eine Frau nur.

Ich selbst bin Ärztin in eigener Praxis. Damit habe ich mir meinen Traum verwirklicht, aber es war auch für die Familie gut: Mein Partner verstarb 2010. Meine Kinder konnten trotzdem zeitgleich studieren, den Lebensstandard weiterführen… Beruflicher Erfolg und Muttersein sind vereinbar! Ich habe drei Kinder und würde es wieder genauso machen. es war gut so. – B.Hörger

 

„Luther, Hitler, Ludwig Erhard: Jeder auf seine Art brachte den deutschen Frauen bei, dass Gelddinge nicht ihre Zuständigkeit sind“. Eine große Überschrift, die in die Irre führt und leer bleibt. Mit Spannung beginnt die Leserin und der Leser, nach dem in der Überschrift groß angekündigten Bogen zwischen Luther, Hitler und Erhard fragend, mit der Lektüre des Aufsatzes und findet dazu bis zu seinem Ende – nichts. Allein die wortwörtliche Wiederholung der Überschrift irgendwo im Text gibt keine Begründung für ihren assoziativ geschlagenen Bogen. Der Inhalt des Aufsatzes mag noch so richtig sein, mit der großen Überschrift hat er rein gar nichts zu tun. Diese weckt aber Assoziationen über einen braunen Luther und einen braunen Erhard.

Letzterer hatte zwar mit den Nazi-Behörden zusammengearbeitet und Luther war so antisemitisch, dass sich die Nationalsozialisten auf ihn berufen konnten. Aber was sie alle über das Verhältnis von Frauen und Gelddingen gesagt haben, darüber schweigt sich die Autorin aus. Was Martin Luther angeht, ist ihre Behauptung einfach falsch. Käthe Luther war die selbstständige Bewirtschafterin des großen international besuchten lutherschen Anwesens. Martin Luther vererbte seiner Frau sehr viel mehr als nach dem Gesetz möglich und üblich war. So bleibt es bedauerlich, dass die Überschrift des Artikels Behauptungen aufstellt, die ohne Belege leer bleiben und u.U. bestehende verallgemeinernde Vorurteile ungewollt unterstützen. – Klaus-Peter Lehmann

 

Neulich ging es mal darum, daß der Faust nicht mehr unbedingt in der Schule gelesen werden müßte. Dieser Artikel müßte auf jeden Fall gelesen und diskutiert werden! Von allen! Laut in der Klasse. Vielleicht ändert sich dann ja mal was… – Wolfgang Michel

 

Ihr Artikel hat nicht mein Selbstbild erschuettert sondern das Bild, das ich von anderen Frauen habe. Ich hoffe, dass Ihre Kundinnen nicht repraesentativ sind fuer die heutigen Frauen zwischen 30 und 50. Die Frauen, die da einen Beruf suchen, fuer den sie „brennen“ koennen und der bitte nicht fremdbestimmt sein soll, ruhen sich auf der oekomischen Potenz ihrer Maenner aus. Sie sind damit nicht bereit Verantwortung fuer ihre eigene finanzielle Sicherheit (und die der Kinder) zu uebernehmen. Dass eine solche Haltung vielleicht dazu beitraegt, dass frau vom eignen Mann in Geldfragen nicht ernst genommen wird, scheint kein Thema zu sein. Vielleicht haben ja auch nicht alle Maenner ihren Traumberuf – aber den meisten ist klar, dass irgendwoher das Geld kommen muss, um z.B. Frau und Kinder zu versorgen. Insofern ist mir Ihre Schlussbemerkung „Beides steht Frauen zu“ etwas unklar – wenn frau sich nicht dafuer einsetzt, soll es der Mann ihr auf dem Silbertablett servieren?

Mir fiel bei Ihre Beschreibungen der Fall einer Kollegin ein, die bei den Schwangerschaftsvorbereitungskursen erwaehnte, dass sie gleich nach dem Mutterschutz wieder arbeiten wolle. Unisono erwiderten die anderen Frauen, dass das nicht richtig sei, dass sie doch bei ihrem Kind sein wolle, dass sie das bestimmt bereuen werde etc. Nicht nur Maennern halten Frauen klein. Die Frau meines Neffen geht fuer zwei Jahre in Elternzeit, und freut sich endlich einmal Zeit fuer sich zu haben. Sei‘ ihr gegoennt (auch wenn sie vielleicht die Belastung durch ein Kleinkind unetrschaetzt). Aber was ist wenn mein Neffe vielleicht das auch moechte und erwartet, dass seine Frau Vollzeit arbeitet?

Ich habe den Eindruck, dass sich die von Ihnen beschriebenen Frauen in eine weitgehend selbstverschuldete wirtschaftliche und geistige Abhaengigkeit begeben und dann klagen, wenn die Wirklichkeit sie einholt. Viel Erfolg beim Plan, diese Frauen rechtzeitig auf den Boden der Tatsachen zu holen! – Sabine Moehler

 

„Achtung, liebe Leserinnen, dieser Text könnte ihr Selbstbild erschüttern“, schreibt Frau Wilkens und tatsächlich haben mich ihre Worte tief erschüttert, allerdings in anderer Hinsicht, als es sich Frau Wilkens vermutlich erwartet hätte. Die freiberufliche Autorin, die für eine Reihe namhafter Zeitungen (u.a. DIE ZEIT) und Zeitschriften schreibt und bereits ein Buch zum Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie mit dem schmissigen Titel „Mutter schafft! – Es ist nicht das Kind, das nervt, es ist der Job, der fehlt“ geschrieben hat, ist selbst berufstätige Mutter und weiß also, wovon sie spricht. Sie berät Frauen zum Thema Wiedereinstieg und hat zahlreichen Müttern geholfen, diesen zu meistern. Presse- und LeserInnenstimmen attestieren ihrem Buch, das ich (noch) nicht gelesen habe, es sei provozierend, ein ‚wütender Aufschrei‘, ein ‚wütendes Buch‘, das Frauen Mut machen soll.

So weit so gut und alles, was Frauen (oder Menschen generell) hilft, ihre Ziele zu erreichen ist begrüßenswert und es ist gut, wenn Frau Wilkens Frauen unterstützten will und kann, sich wirtschaftlich unabhängig zu machen. Tatsächlich sind die Zahlen, die Frau Wilkens am Anfang des Artikels nennt und die sich auf die finanzielle Situation von Müttern und den Auswirkungen auf deren zukünftigen Pensionsanspruch beziehen, erschütternd und tatsächlich machen sie wütend. Sie schreibt in weiterer Folge, dass die klassische Frauenfalle, nämlich die Bereitschaft, sich um das Wohlergehen der Kinder und das der Familien zu kümmern, keineswegs nur Frauen aus bildungsfernen Schichten betrifft, sondern überraschenderweise auch intelligente, hochgebildete Akademikerinnen. Frauen, die vor der Mutterschaft gut dotierte Stellen bekleideten und die all das waren, was Männer sich gerne unter einer attraktiven Frau vorstellen.

Frau Wilkens beschreibt das mit den Worten: „Viele Frauen verströmen beim ersten Treffen den Duft internationaler Konzerne: dezent, aber elegant gekleidet, schlank, lustig und schlagfertig, gebildet und vor allem: in Top-Positionen – vor dem ersten Kind.“ Dieser Eindruck fiele dann „souffléartig in sich zusammen“, wenn sie frage: „Was ist Ihnen zuletzt mal so richtig gelungen?“ Worauf eine Frau, ein ehemaliges Vorstandsmitglied eines Kosmetikkonzerns angeblich den gelungenen, glutenfreien Zitronenkuchen genannt hätte, den sie neulich gebacken hat. Frau Wilkens kritisiert zu Recht unser Gesellschaftssystem, das höchstens in rudimentärer Weise die finanzielle Existenz einer Frau unterstützt und auch dies nur vorausgesetzt, sie lebt in einer funktionierenden Beziehung (sie nennt das die ‚Versorger-Ehe‘), indem der Staat 12-36 Monate Erziehungszeit auf die Rente anrechnet, bzw. das Ehegatten-Splitting eingeführt hat, wobei auch hier die Frauen in ständiger Abhängigkeit ihres Mannes bzw. einer funktionierenden Beziehung leben.

Wehe, wenn diese scheitert. Dann sieht es für die Frauen düster aus. Und hier, meint Frau Wilkens, sollten diese Frauen endlich anfangen zu rechnen. Sie sollten endlich an das denken, was in unserer Gesellschaft zurzeit das Wichtigste ist: das Geld. Es ist gut, dass endlich öffentlich über Vorschläge wie jene von Frau Wilkens nachgedacht wird, dass Frauen zum Beispiel zu Beginn einer Beziehung schriftlich vereinbaren sollten, dass Mutter und Vater sich zu gleichen Teilen um das Kind kümmern – „und zwar 50:50“. Oder schriftlich festgelegt wird, dass der verdienende Gatte monatlich einen fix vereinbarten Mindestbetrag für die Pension der Frau anlegt. Alle Einnahmen sollten geteilt werden und so die Rente der Frau sichergestellt werden. Schön, wenn das funktionieren würde.

Nun ist es aber leider so, dass sich in der Vergangenheit gezeigt hat, dass selbst in jenen Fällen, in denen die Väter Karenzzeit, Papa-Monat oder Familienzeit oder wie auch immer die Modelle heißen, in Anspruch genommen haben, der Löwenanteil der Hausarbeit oder auch jener der Kinderbetreuung und -Erziehung nach wie vor den Frauen überlassen bleibt. Teilzeitarbeitende Frauen haben dann nicht ein bisschen ‚kinderfrei‘ und mehr Geld, sondern meist nur die doppelte Arbeit und den doppelten Stress zum halben Gehalt oder meist sogar deutlich weniger, da Teilzeitjobs schlechter dotiert sind als Vollzeitanstellungen. Und wer bleibt zu Hause, wenn das Kind krank wird? Wohl kaum der vollzeit-arbeitende Vater.

Die Armutsfalle in der Pension bleibt diesen ‚arbeitenden Frauen‘ auch bei diesem Model erhalten. Wir sollten uns also endlich fragen, worum es wirklich geht. Und es ist höchste Zeit, neue Modelle und Lösungsansätze zu bedenken, die endlich auch jene Aspekte berücksichtigen, die bisher in dieser Diskussion meist außer Acht gelassen werden: Nämlich an erster Stelle die immens wichtige Bedeutung einer gesunden Kindesentwicklung, von der wir wissen, dass sie in einem gut funktionierenden Familienverband am besten gewährleistet ist. Ein guter Beziehungsaufbau in den frühen Jahren der Kindesentwicklung ist die beste Zukunftsvorsorge, in die ein Staat investieren kann.

Es ist an der höchsten Zeit, über die Bedeutung von funktionierenden Familiensystemen für die gesellschaftliche Entwicklung nachzudenken. Wir sollten uns endlich fragen, warum wir ständig versuchen, die Frauen den Männern gleich zu machen (was nicht gelingen wird) und sie ständig, mal mehr mal weniger provokativ, dazu auffordern, endlich auch das zu tun, was viele Männer machen: Karriere und Geld verdienen. Wir sollten uns auch dringend fragen, was der ‚Wert‘ von Arbeit ist. Denn nach wie vor gilt das, was viele Frauen zu Hause leisten, nicht als ‚Arbeit‘, egal ob es sich um die Versorgung der Kinder oder jener von Alten und Kranken Menschen handelt.

Und wir sollten uns auch fragen, wieso die Frauen immer wieder in diese ‚Falle‘ tappen. Wieso sie lieber Zitronenkuchen backen, als im adretten Kostümchen gut-aussehend im Aufsichtsrat zu stehen um dabei (fast) so gut zu verdienen, wie ein Mann. Möglicherweise hat es die Natur ja gut eingerichtet, dass jene Menschen, die die körperlichen Voraussetzungen haben, Kinder zu gebären (ja, ich meine die Frauen), auch meist die Voraussetzungen mitbringen, die notwendig sind, um diesen Kindern auch eine gute Entwicklung zu ermöglichen. Dazu gehört die Bereitschaft zur Hingabe (Frau Wilkens beschreibt dies als ‚Identitätsauflösung‘) und ja, die Bereitschaft zur Hingabe und zur Versorgung eines Säuglings und Kleinkindes verlangt erstmal, dass ich meine eigenen Bedürfnisse bis zu einem gewissen Grad und für eine Zeit lang hintenanstellen kann. Diese Fähigkeit und diese Bereitschaft haben sehr viele Frauen und zwar nicht nur in der Zeit der Mutterschaft, in der, laut Frau Wilkens, eine „gigantische, von Glückshormonen abgepufferte Entfremdung einsetzt“.

Wie sonst lässt es sich erklären, dass Frauen auch lange nach der Baby- und Kleinkindzeit ihrer eigenen Kinder bereit sind, sich um älter werdende oder kranke Familienmitglieder zu kümmern. Der gesellschaftliche Nutzen und der volkswirtschaftliche Vorteil eines Staates, der hier auf dem Rücken dieser Frauen ausgetragen wird, ist enorm. Aber anstatt dies zu würdigen, indem den, die diese wichtigen Aufgaben übernehmen, ein Gehalt z.B. vom Staat, ein durchgehender Pensionsanspruch, wie es in der Schweiz oder in Schweden bereits umgesetzt ist, inklusive Urlaubs- oder Krankenstandsansprüchen zugestanden wird, fällt uns nichts anderes ein, als die Frauen provokant aufzufordern, endlich mal ihre Intelligenz dahingehend zu nutzen, Geld zu verdienen. Endlich mal ‚zu arbeiten‘. Außerhalb der Familie.

Wir sollten auch berücksichtigen, dass dieses Problem nicht nur kluge, hochgebildete Frauen betrifft, sondern auch Frauen, die aus bildungsfernen Schichten kommen oder Frauen, die in einer Beziehung gefangen sind, in der sie Gewalt erfahren, all jene Frauen also, für die sich nicht die Frage stellt, ob sie sich zwischen glutenfreiem Zitronenkuchen und fotogenen Outdoorklamotten der Kids auf der einen Seite inklusive Abhängigkeit vom verdienenden Ehemann oder der gut dotierten Top-Position eines internationalen Konzerns auf der anderen entscheiden sollen. Und ja, auch diese Frauen, die einen schlechten finanziellen Hintergrund haben oder eine niedrige Schulbildung genossen haben, können gute Mütter sein. Und zwar in den meisten Fällen die besseren Mütter, als ausgebildete Tagesmütter und Kita-Angestellte.

Natürlich sind nicht alle Mütter gute Mütter. Aber möglicherweise könnten viele Mütter ihre Aufgaben besser meistern, wenn sie wüssten, dass das, was sie tun, auch wertgeschätzt wird und ihnen auch eine finanzielle Absicherung bietet. Die Erziehung der Kinder wird hingegen professionellen Hilfskräften überlassen, die der Staat seltsamerweise dann doch finanziert, wenn auch nicht sehr gut. Wenig überraschend werden diese schlecht bezahlten Stellen in Kleinkind- und Kinderbereuungseinrichtungen wieder von Frauen besetzt. Und etwas ganz Wesentliches ist in dieser Diskussion noch überhaupt nicht zur Sprache gekommen: Was macht dann noch eine Familie aus?

Wir sollten uns fragen, wie lange es sich ein Staat nicht nur auf gesellschaftspolitischer Ebene, sondern auch in finanzieller Hinsicht leisten kann, die Familien- und Erziehungsarbeit an externe Kräfte auszulagern, anstatt sie jenen zu überlassen, die sie gerne übernähmen und dafür auch die besten Voraussetzungen mitbrächten – nämlich die Mütter oder – um bei der Gleichberechtigung zu bleiben – auch die Väter. Stattdessen bringt unser gesellschaftliches System, jene, die die Erziehungsarbeit leisten, in große Existenznot. Wann werden wir endlich hellhörig und stellen die Frage nach möglichen Zusammenhängen von der Zunahme von Herz-Kreislauferkrankungen bei Frauen und der Notwendigkeit der Frauen, neben der Familienarbeit auch einer Erwerbstätigkeit nachzugehen? Oder dem Zusammenhang zwischen der Zunahme an Burnout-Fällen (bei Männern und Frauen) und der Zunahme an gescheiterten Ehen und Familiensystemen? Oder der Zunahme von psychischen Auffälligkeiten bei Kindern und dem fehlenden familiären Rückhalt?

Und wenn wir schon von Gleichberechtigung sprechen, dann sollten wir darüber reden, dass diese Möglichkeit einer vom Staat abgesicherten Arbeit im familiären Bereich nicht nur den Frauen vorbehalten bleibt, sondern auch von einem Mann in Anspruch genommen werden kann, wenn er diese Aufgabe übernimmt. Wir brauchen endlich das politische und gesellschaftliche Verständnis, dass Maßnahmen, die es Frauen ermöglichen, notwendige Aufgaben in der Familie, wie die Versorgung der Kinder, Familienarbeit und Alten- bzw. Krankenbetreuung, zu übernehmen, ohne dadurch später in die Altersarmut zu geraten, keine frauenfördernden Maßnahmen sind, sondern familienfördernde und somit auch gesellschaftsfördernde Maßnahmen, die wiederum notwendig sind, um die gesunde Entwicklung von Kindern auf der einen Seite und den sozialen Zusammenhalt einer Gesellschaft auf der anderen zu gewährleisten. Darüber sollten wir endlich nachdenken und reden!

P.S.: Darüber, dass auf dem Titelbild eine geöffnete (leere!) Geldtasche abgebildet ist, die den geöffneten Geschlechtsorganen einer Frau ähnelt, möchte ich mich an dieser Stelle nicht weiter äußern, abgesehen davon, dass ich diese Art der Assoziation zumal in Kombination mit dem Grundtenor des Artikels (dass die Frauen auch noch zu blöd sind diese Geldtasche zu füllen) für sehr bedenklich halte. Darüber hinaus habe DIE ZEIT bisher als namhaftes, seriöses Nachrichtenmedium angesehen, das sich nicht fragwürdiger Methoden wie ‚Sex sells‘ bedienen müsse. – Chiona Gehmacher

 


 

 

Leserbriefe zum Titelthema „Verehrt und verdammt. Nobelpreisträger Peter Handke“ von Thomas Assheuer et al.

 

Nun hat die Jury bei der Verleihung des Literaturnobelpreises für 2019 an Peter Handke Mut zur Entscheidung bewiesen; ihm den Preis endlich zu verleihen. Dies war eine ebenso kontroverse Entscheidung wie den Literaturnobelpreis weiland an Bob Dylan zu vergeben. Also nicht dem Mainstream zu folgen. Peter Handke war und ist ein genialer und widersprüchlicher Erzähler des Alltags in allen erspürbaren Details sowie menschlicher Hinter -und Abgründe. Ob seine frühen und/oder späten Theaterstücke immer provokant das jeweilige Zeitgeschehen refflektieren oder seine ausufernden Erzählungen das eigene Innen und/oder Aussenleben auf den Punkt bringen ist immer wieder und immer noch ein Leseerlebnis.

Wenn man sich auf das lange lesen mit kurzen Abschnitten einlässt. Muss ein solch grosser Literat nicht anders, verrückt, abgehoben und Faktenverkennend sein? Der Mensch Peter Handke und der Schriftsteller können oder müssen sogar getrennt betrachtet und bewertet werden. Glückwunsch an Peter Handke, der selbst schreibt: „Was ist deine Naturbegabung? – Mangel und Sehnsucht.“ „Niemand hat ein Recht, mit sich selbst zufrieden zu sein.“ – Felix Bicker

 

Heute habe ich, Ihre seit meinen Studentenzeiten hochgeschätzte Ausgabe, wegen des Aufmacherbildes eines Peter Handke nicht zu kaufen vermocht. Ich kann meinen internationalen Wartezimmerbesuchern dieses Gesicht eines selbstzufriedenen, aber eigentlich seelisch zwielichtigen Peter Handkes nicht zumuten.

Ich selbst vermag es nicht zu ertragen. Man kann eine echte Persönlichkeit nicht teilen in den guten Literaten und den mit Verbrechern kooperierende. Ein Mensch ist eine Einheit, so er nicht schizophren ist. Er nimmt einen Preis entgegen, für dessen Abschaffung er sich 2014 vehement einsetzte. Zu sehr drängen sich die authentischen, von HP angezweifelten Beweise (lässt Holocaust grüßen?) der 8000 ermordeten Männer und Jungen auf. Erinnerlich sind die Lobeshymnen P.Hs. über die Hauptverantwortlichen, als Kriegsverbrecher durch ein internationales Gericht verurteilten Karadzic, bzw. den vorher gestorbenen Milosevic. Der wurde am Grab geehrt mit einer serbisch gehaltenen Rede von PH (seine Mutter ist Slowenin). Sein Verhalten ist keine Künstlerskurrilität. Er steht jetzt noch zu den Verbrechern.

So ein Mensch, hier ein (großer) Dichter, auf diesem Titel besteht er, so genannt zu werden und dort der Verbrecher Verehrende, mag, je nach „Geschmack“ hohe Ehrungen, auch in DER ZEIT“ erfahren. Das sollte aber wenigstens nicht mit der Ehrung als Aufmacher – und wohl noch im Inneren – eines Weltblattes geschehen. Da gibt es in diesen turbulenten Zeiten wahrlich andere Möglichkeiten. – Dr. Claus Richter-Haffelder

 

Handkes Engagement für die serbische Schurkenriege ist mir bis heute schleierhaft geblieben. Dass man ihm in Stockholm den Nobelpreis verliehen hat, zeugt nicht gerade von einer der Zukunft zugewandten Jury – eher von ihrer Besinnung auf „olle Kamellen“. – Andreas Jacobsen

 

Schriftsteller mögen noch so kluge Bücher schreiben, wenn es jedoch um die eigene Identität geht bzw. das, womit sie sich identifizieren, sind auch sie von allen guten Geistern verlassen. Dies zeigt sich auch im Fall von Peter Handke. Da die Identität bzw. das, womit man sich identifiziert, nur eine Vorstellung im Kopf ist, die ausschließlich von einer gegenteiligen Idee lebt, in diesem Fall die Vorstellung eines Serbentums von der Idee eines Nicht – Serbentums, teilt auch Peter Handke offenbar das allgemein verbreitete Wir – die Anderen – Denken.

Wahrscheinlich ist er sich nicht einmal bewusst, dass nicht nur der damalige Krieg auf dem Balkan, sondern überhaupt alle Kriege und Attentate auf das Konto dieses Denkens gehen. Schließlich sind die Opfer von Kriegen und Terroristen immer die Menschen, die als „die Anderen“ betrachtet werden, und diese Betrachtungsweise ist nur auf Grund eines solchen Denkens möglich. – Dr. Jens Lipski

 

Hätte es nicht „verehrt und umstritten“ auch getan? und gab es nicht ZWEI Preise? Diese Titelseite ist peinlich. – Rosemarie Hackmann

 

Zu Ihren Beiträgen zum Nobelpreis an P. Handke … das ist der Weisheit letzter Schluss: P. Handke gebühret der Nobelpreis unbedingt; das konstatieren wir gerne ohne jeglichen Verdruss… – Uwe Büssing

 

Es wäre ein deutlicher Akt menschlicher Größe, wenn Peter Handke in seiner Dankesrede für den Nobelpreis die Hinterbliebenen der Verbrechen von Srebrenica um Vergebung bitten und sein Preisgeld ihnen zur Verfügung stellen würde.- Norbert Scholl

 

Die Ungleichbehandlung von Mann und Frau -sogar bei der Berichterstattung der Nobelpreisträger. Die Ungleichbehandlung, ja die jahrhundertelange Diskriminierung der Frauen ist ein für meine Begriffe auch in unserem Land bis heute nicht wirklich aufgearbeitetes Thema. Es fehlt hierzu u. a. ein Mahnmal, welches ich bisher nicht nur in Deutschland, sondern nirgends auf der ganzen Welt gefunden habe. Es fehlt aber nicht nur an einer Erinnerungsstätte, sondern insbesondere an einem Bewusstsein, an einer Erinnerungskultur, dass den Frauen erst seit kurzem die gleichen Rechte zustehen, wie seit Anbeginn den Männern. Und diese gesamtgesellschaftliche Denkweise, dass Männer und deren Erfolge immer noch mehr gelten, als die (der) Frauen scheint auf irgendeine subtile Weise auch in den Köpfen der Redakteurinnen und Redakteure der Zeitungsmacher „Die Zeit“ tief verankert zu sein. Ansonsten kann ich es mir nicht erklären, warum „Die Zeit“ über die Vergabe des Literaturnobelpreises an die Schriftstellerin Olga Tokarczuk mit nur einer halben Seite und einem Foto berichtet.

Im Gegensatz hierzu jedoch der Vergabe des Literaturnobelpreises an den Schriftsteller Peter Handke die Titelseite, sowie 3 weitere Seiten mit insgesamt 4 Fotos widmet. Als Zumutung gegenüber der polnischen Literaturnobelpreisträgerin empfinde ich Ihren Zusatz im Lead unter der Schlagzeile auf der Titelseite: „Dazu: Iris Radisch über die Literaturnobelpreisträgerin Olga Tokarczuk“. Hier wird die Frau wieder einmal lediglich zur Garnitur des Mannes degradiert, die es „dazu“ gibt. Gleichzeitig berichten Sie im Wirtschaftsteil in gleicher Ausgabe, dass es nun die erste Frau an die Spitze eines Dax-Konzerns geschafft hat. Warum erst so spät? Wahrscheinlich liegt es an unserer gesamtgesellschaftlichen Denkweise. – Jan Picman jun.

 

M. E. war Handke der einzige, der die Ermordung der Staats Präsidenten Gaddafi, Hussein und vermutlich auch Milosevic ansprach. Und die damals agierenden Staaten sind jene, wie PEN Zentrum aus USA, diene heute kritisieren. Ihn Auf dem Titel Bild für einen verfälscher d. Geschichte zu titulieren zeigt von Voreingenommenheit. Keine einzige westliche Presse hat dies aufgegriffen. – Dr.Hermann Leitner

 

Immer, wenn jährlich der Literatur-Nobelpreis verkündet wird, fällt mir dieses Gedicht von Reiner Kunze ein: „Sie wollen/nicht deinen Flug/sie wollen/die Federn“ – Winfried Kretschmer

 

Es ist gut, dass die ZEIT zwei sehr unterschiedliche Kritiken zu Peter Handtke abgebildet hat. Der Grundansicht von Thomas Assheuer vermag ich dabei zu folgen. Eva Menasse hingegen versucht sich in der schlüssigen Beweisaufnahme des Implausiblen, sie verlangt letztlich, unbesonnen über die Schatten des österreichischen Schriftstellers zu springen. Zuzustimmen ist gewiss darin, dass der Literaturnobelpreis für Handtkes Reputation ein Danaergeschenk ist, mehr als für viele gezeichnete Preisträger vor ihm. Denn im fragwürdigen Glanz der noblen Auszeichnung wird eine Ombrage zwar nicht wirklich größer, aber zweifellos bedeutend sichtbarer. – Matthias Bartsch

 

Zunächst einmal herzlichen Dank für die tiefgründige Auseinandersetzung mit der Verleihung des Literaturnobelpreises an Peter Handke. Herausheben möchte ich dabei die Beiträge von Thomas Assheuer und vor allem von Eva Menasse. Der Widerspruch, den die Beleuchtung der Persönlichkeit von manchen Preisträgern erzeugt, ist nicht neu. Zunächst einmal ist dem schwedischen König zu danken, dass er den weltweit bedeutesten Literaturpreis mit neuer Besetzung der Jury wieder zum Leben verholfen hat.

Thomas Assheuer analysiert das Werk Handkes und seine Person, besonders im Hinblick auf dessen sich nur an sich selbst orientierenden Weltblick, der in den Augen des Verfassers am Ende zu einer verfehlt skandalösen Sicht auf die Ereignisse rund um den Verfall des jugoslawischen Staates führt. Handkes Gesellschaftskritik nach dem Mauerfall, besonders seine Serbien Texte markierten keine Episode sondern werfe nachträglich einen bleibenden Schatten über sein Werk.

Wie beispielweise schon im Fall Günter Grass wird hier Persönlichkeitsprofil und Werk übereinander gelegt, als nicht voneinander trennbar beschrieben und die festgestellte Schnittmenge wird zum absoluten Wertungsmaßstab. Bei Günter Grass war der Jubel bei der Preisverleihung vor 20 Jahren groß, der Aufschrei der Kritiker erfolgte erst viele Jahre später, als seine verschwiegene Zugehörigkeit zur Waffen-SS aufgedeckt und ausgerechnet er im zweifelhaften Gewand eines Gedichtes Israel kritisierte und später auch Griechenland angriff.

Ich habe seinerzeit im Namen der Hamburger Autorenvereinigung gefordert, Grass auch missglückten Schritt in die Politik als solchen abzuhaken und die Diskussion auf die literarische Ebene zurückzuführen. Die Weltgeltung der Frühwerke wie die Danziger Trilogie war und ist unbestritten. Den gleichen Blick forderte ich 2012 als der Nobelpreis an den Chinesen Mo You ging, dessen Werk keinen Bezug auf die politischen Verhältnisse in der Volksrepublik zuließ, er aber deswegen von Ai Weiwei heftig angegangen wurde. Und welche Parallele zu heute: ein weiterer Dissident, der Schriftsteller Liao Yiwu, nutzte die Verleihung des Friedenspreis des Deutschen Buchhandels auf der Frankfurter Buchmesse, um in seiner Dankesrede seine Fassungslosigkeit über diese Entscheidung in Stockholm zu bekunden. Auch in diesem Fall konnte man das am Beispiel des Unterschieds im Anforderungsprofil zwischen dem Literatur- und Friedensnobelpreis zurückweisen. Dass der diesjährige Träger des deutschen Buchpreises seine Ansprache mit einem Frontalangriff auf Peter Handke verband, befreit nicht vom Verdacht, dass die Auswahl von Sasa Stanisic aus dem Kreis der Nominierten am Ende auch ein auf Aufmerksamkeit zielender Reflex gewesen sein könnte. Man bezeichnet das als parasitäre Publizität.

Dieses kritisiert Eva Menasse zu Recht. Dass fassungslose Erstaunen hänge mit der Wirkung der Werke von Peter Handke zusammen. Mittelmaß hätte nie das Ausmaß dieser Kritik erzeugt. Menasses blendend geschriebene Analyse ist Punkt für Punkt zutreffend. Auch sie unterschreibt mitnichten Handkes politische Einstellung im Fall Serbien und konstituiert, dass diese besonders seine exzellenten früheren Werke „übergraut“. Menasse plädiert aber für die strikte Trennung von Persönlichkeit und Werk. Denn gerade die Akzeptanz von Schriftstellern als Menschen mit vielschichtiger Persönlichkeit und auch mit dem, was wir als Schwächen bezeichnen, erzeugt seit jeher oft sehr interessante Ergebnisse, die, zunehmend losgelöst vom Literaten, Teil des internationalen Kunstschatzes werden. – Peter Schmidt

 

Peter Handke hat den Nobelpreis für sein literarisches Werk bekommen – und ihn auch verdient! Sein Eintreten für den Serbenführer Milosevic kann ich nicht nachvollziehen, aber das ist seine Privatsache und hat mit seiner literarischen Leistung nichts zu tun. Punkt! Was der Aufmacher zu Richard C. Schneiders Artikel nach Halle „Rituale“ nennt (Schneider selbst tut es nicht), sind spontane Reaktionen von Individuen auf furchtbare Ereignisse – nicht nur vor Synagogen, auch auf Weihnachtsmärkten. Keine „Rituale“, sondern Mitgefühl und Ablehnung der Tat. Sorgen sollte man sich machen, wenn das aufhört! – Helmut Andres

 


 

 

Leserbriefe zu „Sieh an: Der kleine Mann!“ von Robert Pausch

 

Vielen Dank für diesen notwendigen Artikel über die „neue soziale Bewegung“ in Form von Junger Union, Lindner-FDP und der Frontfrau AKK. Wäre die Lage nicht so ernst, könnte man sich darüber amüsieren. Geben diese doch vor, angesichts des Klimawandels eine neue soziale Frage zu erkennen. In Wirklichkeit handelt es sich um eine geschickte Tarnung des Eigeninteresses, neben den Wählern, die den eigenen ressourcenverbrauchenden Lebensstil nicht ändern wollen, die zum notwendigen Wahlsieg auch weniger betuchten Wähler zu gewinnen.

Den tatsächlichen neuen sozialen Konflikt erkennt man z. Bsp. am Hitzesommer 2003, als in Frankreich in den Spitälern über 10000 ältere Menschen weitgehend an Austrocknung gestorben sind. Man darf davon ausgehen, dass es sich nicht um Menschen handelte, die ein Haus im Grünen besaßen, sich ein komfortables Seniorenzentrum mit bestem Pflegepersonal leisten konnten oder ins Gebirge, an das Meer ausweichen konnten. Der SPD sei dringend geboten, diesen Konflikt zu thematisieren.. Ralf Dahrendorf hat in seinen letzten Jahren darauf hingewiesen, dass die mangelhafte Wahrnehmung der Probleme der ärmeren Schichten diese den Rechtspopulisten in die Arme treibt. – Ekkehard Senn

 

DANKE fuer diesen lange ueberfaelligen Beitrag. Als ich ihn heute morgen als, dachte ich „Endlich schreibt mal jemand auf, wie verlogen die scheinbare Sorge um die sozial Schwachen in der Klimadebatte ist“. Sie haben mir in vielen Punkten aus dem Herzen geschrieben und ihre Zitate haben auf den Punkt gebracht, welche unterschiedlichen Massstaebe an die Sozialvetraeglichkeit von Oekonomie und Oekologie angelegt werden. Ausgezeichnet!! – Sabine Moehler

 

Aus dem Saarland: Bergwerke haben wir keine mehr, seit wir aus der Kohle ausgestiegen sind (haben viele noch nicht bemerkt). Unser letztes Stahlwerk steckt in Schwierigkeiten, auch wegen erhöhter Umweltauflagen. Auf einer diesbezüglichen Demo wurde kürzlich gefragt, was es dem Weltklima nütze, wenn dieses Werk zugunsten eines chinesischen Pleite mache. – Werner Koetz

 

Nun wird also wieder der sog. „kleine Mann“ (wo bleibt übrigens „die kleine Frau“?) entdeckt. Die Weltbevölkerung ist von 2,5 Milliarden 1950 auf jetzt 7,7 Milliarden gestiegen. Zu viel für die Ressourcen unseres Planeten sagen WissenschaftlerInnen, die darin das größte ökologische Problem sehen, vor allem bei dem Lebenswandel, den wir in den Industrieländern führen und die meisten nach Möglichkeit kopieren.

Schon 1950 gab es eine wohlhabende Oberschicht, die Autofahren, Urlaub, um die Welt fliegen und andere Annehmlichkeiten bzw. Luxus genießen konnte. Und weil es schon damals im Verhältnis nur wenige waren, fiel es nicht so sehr ins Gewicht. Luxus ist per Definition, etwas das nicht alle haben (können). Sobald etwas davon in die Masse übergeht (auch die technische Entwicklung macht´s möglich), kehren sich die Vorteile ins Gegenteil: anstatt Freiheit am Steuer, Staus; anstatt grüne Wiese, Trampelfade; anstatt Städtereise, Gedränge; Massentourismus statt Idylle, Beton statt Natur.

Nichts hat die Landschaft und die Städte so nachhaltig geschädigt wie der massenhafte Autoverkehr: breitere Straßen, mehr Parkflächen, Bodenversiegelung, und es ist nie genug; vom Lärm und den Abgasen einmal abgesehen. Meine Großeltern besaßen kein Auto wie ihre Nachbarn auch. Sie fuhren allenfalls mal mit dem Bus ins Allgäu oder zum Papst nach Rom. Sie hatten ein bescheidenes Haus, Hühner, einen Obst-und Gemüsegarten (Ackerchemie von BASF und Monsanto gab es noch nicht) und gingen in der freien Zeit mit dem Hund spazieren.

Sie aßen weder Lachs noch Schrimps, noch kannten sie Sushi (wie damals nur die reichen Leute). Im Dorf gab es einen Lebensmittelladen, eine Metzgerei, ein Bäcker, ein Textilgeschäft, der Bus fuhr regelmäßig und auch der Zug, ansonsten ging man zu Fuß oder fuhr mit dem Rad zur Arbeit. Meine Großeltern waren wie ihre Nachbarn ohne es zu wissen, fahrradfahrende Ökos, und niemand machte sich über sie lustig, nicht einmal Herr Lindner. Die Luft, der Boden und das Wasser waren gut, der Wald gesund. Die Pflanzen und Tiere (Bienen, Vögel,…) hatten genug Platz und Nahrung und starben nicht aus. Meine Großeltern wussten, dass es „Reiche“ gab, die sich mehr leisten konnten, die illustrierten, die beim Frisör auslagen berichteten davon, aber es war ihnen egal. Sie wurden alt wie ihre Nachbarn (keine Cholesterin verstopften Adern, keine Krebstoten). Es war ihnen genug. Heute würde man es Verzicht nennen.

Wie das Bürgertum einst nach den Adeligen, schielen die kleinen Leute heute nach den Reichen. Alle wollen dasselbe und möglichst alles. Der digitale Fortschritt und findige Geschäftemacher machen es möglich, dass 80 – 90 % der Bevölkerung in der Illusion leben, sie könnten es wie die oberen 10 – 20 % haben. Nur dass ein Billigflug-Urlaub in einer all-inklusive Bettenburg auf Malle, an einen überfüllten Strand mit Microplastik-Sand dicht an dicht liegen und in einem leergefischten Meer (in das viele auch noch reinpinkeln) baden nicht dasselbe ist, wie in der eigenen Yacht an einem einsamen Strand zu ankern und abends in einem Sternerestaurant bei Wildlachs und Biogemüse zu tafeln.

Könnte es nicht sein, dass sich nur die Relationen verschoben haben? Heute ist Luxus, was für meine Großeltern selbstverständlich war: Ruhe, Natur, lebendiger Boden (Feldhamster fühlten sic noch darin wohl!), reine Atemluft, sauberes Wasser, Biolandwirtschaft, Holzmöbel, Wollstoffe, Kapokmatratzen,… Sie besaßen nichts im Überfluss, aber es war gesund und so haltbar, dass man es sogar weitervererben konnte. Wer kann sich das heute noch leisten: wieder die Wohlhabenden und Reichen.

In Zeiten von Aldi, Primark, Ikea und anderen werden die kleinen Leute mit Billigware abgespeist – die einzige, die sie sich leisten können (und man ihn gönnen will). Jemand sagte einmal, die Discounter würden dafür sorgen, dass die Löhne hierzulande nicht steigen. Ein interessanter Ansatz. Die „Reichen“ leben weiter auf kosten der kleinen Leute, heißt es, aber heutzutage leben auch die kleinen Leute auf kosten anderer, noch ärmerer: die Armen in der sog. Dritten Welt – das T-Shirt für 5 Euro (vielleicht noch mit getürktem Armani-Logo), Jeans für 20 aus Bangladesch, Plastikwaren aus Taiwan, Hauptsache billig:

Billigflieger (Sozialdumping), Billigschokolade (Kinderarbeit), Billigbrötchen (Backstraßen statt Bäckereien), Billiggemüse vom Pestizide/Kunstdünger-Acker (sog. Konventioneller Anbau), Billigfleisch (Massentierhaltung in Plastik eingeschweißt) – sinnigerweise meinte der Vorgänger von Frau Klöckner, „es müsse so sein, damit nicht nur reiche Leute Fleisch essen könnten, erinnert irgendwie an „damit die Oma aus Euskirchen auch nach Malle fliegen kann“ (muss sie das wirklich?). Früher war Urlaub im Schwarzwald etwas Schönes. Jetzt ist in die Dominikanische Republik fliegen billiger. Und nach dem Abitur geht’s nach Thailand. Könnte man nicht auch hier von Armut (Plastikzeug, Artensterben) und Verzicht (z. B. auf gesunde Lebensmittel, Natur) sprechen.

Um die Umweltkosten und den Abfall kümmern sich andere, bei der Steuer wird es allen in Rechnung gestellt. Ein, zwei Autos pro Familie sind normal. 43 Millionen Autos in Deutschland können nicht alleine von der Oberschicht gefahren werden. Einige können vor Hermes auf der Münchener Maximilianstraße ihre Teslas aufladen, andere müssen stinkenden C02-Verbrenner weiterfahren und das Klima weiter ruinieren. Den Meisten wird es egal sein. Die einfachen Erklärungen für komplexe Probleme von AfD und Co. und die ÜberbringerInnen der schlechten Nachricht an den Pranger stellen, ist allemal bequemer. Die Bequemlichkeit bringt am Ende alle um, nicht nur durch Übersättigung und mangelnde Bewegung.

Und bevor jemand seinen Lebensstil hinterfragen muss oder „böse“ Verzicht (auf was eigentlich?) üben muss, sollen die kleinen Leute, diesmal mit den großen im selben Boot, wie die Lemminge in eine nie dagewesene Katastrophe rennen. Was ist das für eine Logik, den (kleinen) Leuten nichts weiter zumuten zu wollen als ihren eigenen Untergang? Der Kapitalismus braucht heute keine Feinde mehr, er zerstört seine eigenen Geschäftsgrundlagen, den Planeten mitsamt der Kundschaft, die auf ihm lebt. Sicher ein bisschen lang, aber der Artikel hat mir doch zu den gegeben… – Claudia Erb

 

Verkehrte Fronten? Eigentlich ist es doch wie immer: Die „kleinen Leute“ werden benutzt, damit die „großen Leute“ es sich gut gehen lassen können. Und alle dazwischen, die sind starr wie das Kaninchen vor der Schlange. Aus Angst, zu denen „da unten“ abzurutschen. – Susanne Seidel

 

Wo es in der Politik – oder auch im vorsätzlichen Ausbleiben von Politik – um die Herstellung von Massenloyalität geht, wird seit Jahrzehnten immer wieder der Ökonomie-Jargon verwendet und der kleine Mann in den Blick genommen. Oder die Menschen draußen im Lande, unserer Bürgerinnen und Bürger, die hart arbeitende Bevölkerung. Das von Robert Pausch ideologiekritisch so schön aufgearbeitete Ökonomie-Narrativ hat sich bewährt.

Gleichwohl: Das Maß der Zielerreichung ist seit einigen Jahren rückläufig. Die Masse fragmentiert sich immer mehr. Die Reichweite der zynischen Wohlstandsversprechen und der vorgeschobenen Drohkulissen bei ausbleibendem „Wachstum“ nimmt ab. Eigensinnige Themen wie den Klimawandel kann man mit der stringenten Ambivalenz dieser Politikvermarktung nicht mehr einfangen. Und der kleine Mann bricht in Mannschaftsstärke aus und läuft auf die rechtspopulistische Seite über. Ja: Es ist Zeit, mehr Demokratie zu wagen. – Reinhard Koine

 

Robert Pauschs Artikel ist eine messerscharfe Analyse und eine schonungslose Demaskierung der Heuchler auf Seiten der so genannten Oberschicht. Und bei der Gelegenheit kriegen die peinliche JU und die konzeptlose SPD auch ihr Fett weg. Gratulation!! – Sven Herfurth

 

Die CO2-Abgabe auf 10 Euro/Tonne festzusetzen, um den „kleinen Mann“ zu schützen, ist wieder eine Lüge der Politik. Die EEG-Umlage wird ohne Diskussion erhöht. Die CO2- Abgabe müssen alle bezahlen, auch die Firmen die von der EEG- Umlage befreit sind. Noch Fragen? Darüber spricht keiner. – Lothar Kaulbarsch

 

Ich möchte mich erst einmal ganz herzlich bei Robert Pausch für seinen Beitrag „Sieh an: Der kleine Mann!“ bedanken. Endlich entlarvt einmal jemand den Trugschluss, dass Klimaschutz ein elitäres Projekt sei, obwohl das Gegenteil der Fall ist. Wie erfrischend! Hingegen war ich enttäuscht von Jens Jessens Artikel „Klimaschutz ist nicht lieb“, welcher im krassen Gegensatz zu Herrn Pauschs Ausführungen steht. Es schmerzt, wenn ein prominenter Artikel in der Lieblingszeitung, welche bekannt ist für fundierte und durchdachte Beiträge, einen derart schwammigen und umstrittenen Begriff wie „Wohlstand“ komplett unreflektiert verwendet.

Jens Jessen weist in seinem Artikel zwar durchaus auf ein paar gute Punkte hin (zB die fragwürdige Ökobilanz von Elektroautos). Er tappt aber schlussendlich trotzdem in eine sehr offensichtliche Falle: Dass Wohlstand per Definition das ist, was wir hierzulande heute erleben. Immerhin weist er auf einen Widerspruch im politischen Mainstream-Denken hin: Klimaschutz ja, aber nur, wenn unser jetziger Lebensstandard nicht angetastet wird. Wer sich nur mal 30 Sekunden Zeit nimmt, über diese Frage nachzudenken, merkt sofort: Dies ist angesichts unseres Überkonsums und der stetig wachsenden Weltbevölkerung nicht möglich, solange wir auf dieser endlichen Erde leben. Wir verbrauchen ja schon jetzt jedes Jahr ein Vielfaches dessen, was uns gemäss Ressourcenverfügbarkeit zusteht – auch das ein Fakt, welcher längst hinlänglich bekannt ist. Nur scheint das kaum jemanden zu stören.

Der erste Schritt in Richtung Umdenken wäre, einmal zu hinterfragen, was Wohlstand eigentlich ist. Und wer ehrlich ist, muss sich eingestehen, dass der durchschnittliche Lebensstandard in Westeuropa bereits in den 1960er und 1970er Jahren einen Level erreicht hatte, den man getrost mit Wohlstand bezeichnen konnte: genügend Lohn zum Leben, eine gesicherte Rente und obendrauf noch Geld zum Sparen sowie für Urlaub/Fernseher/Auto… Kurz: bereits damals hatten wir ein ziemlich komfortables Leben und weitaus mehr Wohlstand als der Grossteil der Weltbevölkerung. Und was ist seither passiert? Unser Konsum und Mobilitätsverhalten haben stetig zugenommen, die Kaufkraft ebenso. Dinge, die noch vor 40 Jahren eine richtige Investition waren, kaufen sich heutzutage viele, ohne gross darüber nachzudenken. Aber heute reden alle (inkl. Herr Jessen) so, als ob eine Flugreise nach Malle pro Jahr, alle paar Jahre ein neues Auto, jeden Tag Fleisch und zig elektronische Geräte pro Haushalt

unabänderliche Menschenrechte seien. Der absolute Minimalstandard, unter welchen wir auf keinen Fall mehr gehen könnten. Es klingt allenthalben ganz so, als ob das Leben in den 70er Jahren kaum lebenswert gewesen sei.

Wer diese Denkweise einmal hinterfragt, merkt sofort: In Wirklichkeit hat unser Lebensstandard schon längst die Grenze zum Luxus überschritten. Und wer zahlt den Preis dafür? Die Ärmsten der Welt – und die zukünftigen Generationen. Wer jetzt einwendet, dass meine Argumentation die Hartz IV Empfänger-/innen, geringverdienende Migrant/-innen oder alleinerziehenden Eltern ausser Acht lässt, hat Recht. Doch das bringt mich gleich zum nächsten Punkt: Welche Faktoren tragen noch zum

Wohlstand bei, abgesehen von den rein monetären?

Man muss nicht lange suchen, um Antworten zu finden: Laut Volkswirtschaftslehre sind Faktoren wie Frieden, Meinungsfreiheit, eine intakte Umwelt sowie eine möglichst gleichmässige Einkommensverteilung ebenso wichtig wie der BIP. Und genau letzterer Punkt ist ja auch im bestehenden System leider nicht gegeben – im Gegenteil. Der Neoliberalismus der vergangenen Jahre haben dazu geführt, dass die Einkommensschere immer weiter aufgeht. Dies ist ein Effekt, welcher zB eine CO2-Abgabe, welche an die Bevölkerung rückverteilt wird, oder ein auch in Randregionen gut ausgebauter ÖV in Wirklichkeit abschwächen würde.

Vor allem aber muss ganz klar gesagt werden: Die Folgen des Klimawandels sind derart einschneidend, dass in wenigen Jahrzehnten nur noch eine kleine globale Elite wissen wird, was Wohlstand im heutigen Sinne bedeutet. Denn Umweltkatastrophen wie Dürren, Stürme, Überschwemmungen und das Verschwinden der Gletscher werden zu massiver Ressourcenknappheit führen, diese wiederum zu Hungersnöten. Als Folge dessen wird es zu Migrationsströmen nie dagewesenen Aussmasses kommen. Und was resultiert letztendlich aus all diesen Krisen? Krieg. Wer glaubt, dass unter diesen Umständen unser heutiger, von Verschwendung geprägter Lebensstandard noch weitergeführt werden kann, ist naiv. Und was auch klar ist: Wiederum wird es die ärmsten Teile der Weltbevölkerung am härtesten treffen. Es muss uns allen bewusst werden:

wir leben schon Lange auf Kosten der zukünftigen Generationen und der Armen. Jetzt ist es an der Zeit, unser Festhalten am heutigen Leben in Überfluss zu überdenken. Tun wir das nicht, wird die Klimakatastrophe Tatsachen schaffen. In diesem Kontext wünsche ich mir von der ZEIT, dass endlich mal in einem grösseren Rahmen die Grundsatzfrage aufgeworfen wird, das Wohlstand eigentlich bedeutet. Denn von dieser Frage hängt unsere Zukunftsvision ab. – Anita Weber

 

Robert Pausch hat richtig hingeschaut. Und es hat gutgetan, seine Beobachtungen über den Opportunismus und die Verlogenheit derer zu teilen, die pro domo vorgeben, durchaus über ein soziales Gewissen im Sinne der sogenannten kleinen Leute zu verfügen. Der politischen Schamlosigkeit sind eben ganz offensichtlich (auch) keine Grenzen gesetzt, wenn es um „gute Argumente“ gegen zu viel Ökologie geht. – Matthias Bartsch

 

Zuerst muss ich dem Zeitverlag und den Autorinnen und Autoren ein Kompliment aussprechen für das vorbildliche Leserbrief-Management. Vielen Dank für den Artikel, der endlich die Missstände der Klimadebatte aufzeigt. Der Schlusssatz „ Wer von den kleinen Leuten redet, der will allzu oft nur die großen schützen“, der trifft genau auch meine Wahrnehmungen. Leider fällt die Sozialdemokratie bei dieser so wichtigen Thematik komplett aus. Sie vertritt mit Nachdruck (wie die Wirtschaft auch) sogar noch die Meinung, dass z. B. die CO2 Besteuerung richtig wehtun muss.

Nur so werde „die kleine Frau und der kleine Mann“ endlich begreifen, dass sie ihren ausschweifenden Lebensstil ändern müssen“, damit die Wohlhabenden weiter in ihrem Luxus, von Klimaveränderungen verschont, leben können. Wir müssen unsere Sinne wieder für die Gerechtigkeit und Solidarität schärfen, da die Wirtschaft- und Politikelite die kleinen Leute zum Verzicht auffordert. Dieser Artikel müsste zur Pflichtlektüre im Sozialunterricht und bei den Klimaaktivsten werden. – Hubert Klemenjak

 

Bei allen richtigen Feststellungen zum Thema „Entdeckung des kleinen Mannes durch die Politik“ wird mit der Unten-gegen-oben-Karte, die Herr Pausch spielt, einmal mehr an den Grundübeln des Klimawandels vorbei der ewige sozialistische Gleichmacher gegeben. Es ist populistisch, wenn Politiker jetzt so tun, als seien der Urlaub auf Malle und ein tägliches Schnitzel bedingungslos zu erfüllende Grundbedürfnisse, wenn gleichzeitig nichts gegen die Wohnungsnot in Großstädten und die sich vergrößernde Kluft zwischen Stadt und Land (z. B. Nahverkehr, schnelles Internet) unternommen wird.

Das hat jedoch nichts damit zu tun, dass Reiche die Umwelt tatsächlich mehr schädigen als Arme, v. a. nicht im globalen Rahmen. So schreibt Herr Pausch über die Unterschiede des CO2-Abdrucks in Deutschland, weist aber im nächsten Satz darauf hin, dass unter globaler Betrachtung das Problem noch viel stärker ausgeprägt sei. Nur ist derjenige, der in Deutschland als arm gilt, einer der zehn Prozent reichsten im globalen Vergleich.

Hier erkennt man schon das wesentliche Problem, wenn man den Klimawandel auf den einzelnen herunter bricht. Einzelmaßnahmen helfen nichts. Und das ist auch das Problem der Grünen. Wer die Welt retten will, muss den Bürgern viel mehr verbieten als Fleisch und dicke Autos. Hier geht es um die Frage, welche Lebensweise man der ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung zugesteht und wie weit man sich dieser Hälfte annähern möchte. Dabei sollte man einen Blick auf die Hauptverursacher von CO2 in Deutschland werfen: 1. Energieerzeugung, 2. Industrieproduktion, 3. Verkehr, 4. Gebäudewirtschaft, 5. Landwirtschaft.

Energie und Industrie sind für mehr als die Hälfte der CO2-Emissionen verantwortlich, zusammen mit dem Verkehr für etwa 3/4. Dabei ist ein Großteil der Energie wiederum für die Industrieproduktion erforderlich. Letztlich heißt das, dass ein Gutteil der deutschen Industrie und damit ein wesentliches Standbein des Wirtschaftsstandorts, zumindest erheblich verändert, wenn nicht abgeschafft werden müsste, um eine relevante CO2-Senkung herbeizuführen. Dazu kommt das Versagen der Politik bei der Neuausrichtung der Energieerzeugung. Hier ist es völlig unverständlich, dass man nicht in der Lage ist, die europäische Energieerzeugung zu bündeln, beispielsweise durch große Solaranlagen in Südspanien, die genügend Strom erzeugen könnten, um einen Großteil Europas zu versorgen. Hier ist es für den einzelnen Bürger überhaupt nicht möglich, einzugreifen oder durch Ersparnis viel zu erreichen, da der Individualkonsum lediglich einen Anteil von gut 10% an den CO2-Emissionen hat. Da kann man auch noch so viele Sparsteckdosen und LEDs verbauen.

Zum Thema Verkehr ist festzustellen, dass hier auch nur dann Einsparpotential bestünde, würde man im ländlichen Bereich und für die Großstadtvernetzung tragfähige Konzepte durch Bahnverbindungen oder vergleichbare Angebote entwickeln. Auch hier handelt es sich aber um politisches Versagen seit Jahrzehnten. Jemand, der auf dem Land wohnt, kann nur mit dem Auto in die Arbeit. In den Städten könnte man den Individualverkehr durch Maut sicherlich reduzieren, aber das traut sich eben kein Politiker. Zudem wurde in den meisten Städten viel zu wenig in Ausbau und Erhaltung des ÖPNV investiert, sodass es Jahrzehnte dauern würde, hier nachzubessern. Andernfalls hätte man eben einen Kollaps des ÖPNV.

Warum sind Medien wie die ZEIT eigentlich immer noch so zurückhaltend, wenn es um die Verantwortung für das Versagen in wesentlichen Projekten geht? Es liegt doch ausschließlich am Gesetzgeber, wenn zentrale Mobilitätsprojekte wie der Brenner-Basistunnel oder der Ausbau des Oberen Rheintals nicht vorankommen. So geht auch die Diskussion um das Klima in eine falsche Richtung, wenn nach der Verantwortung einer Bevölkerungsgruppe („die Reichen“) gefragt wird, diese aber in ihren individuellen Bedürfnissen völlig legitim und staatlich akzeptiert handeln. Es ist ein völliger Irrglaube, wenn man meint, dass finanzielle Umverteilung oder ausgesuchter Verzicht Einfluss auf den Klimawandel hätten. Hier kann die Lösung nur sein, radikal zu kürzen und umzustrukturieren, und da werden dann wie immer in der Geschichte die kleinen Leute mehr leiden als die am anderen Ende der Gesellschaft.

Hier wäre eben auch zu hinterfragen, ob das Ziel einer möglichst breiten Wohlstandbildung überhaupt sinnvoll ist. Eine auf Konsum ausgerichtete Gesellschaft ohne gemeinsame Zielorientierung muss scheitern. Da muss man dann auch akzeptieren, dass ein bisschen mehr China und ein bisschen wenig Westminster erforderlich sein werden, um tatsächlich etwas in Sachen Klima zu erreichen. Nur wird eine solche Weltsicht heute als reaktionär betrachtet. Das Klimathema kann jetzt abgehakt werden. Jeder hat das Problem verstanden, aber niemand ist bereit, dafür auf zentrale Lebensgewohnheiten zu verzichten. Die Diskussion um einzelne Verhaltensweisen oder bestimmte Bevölkerungsgruppen an den Pranger zu stellen, hilft nicht weiter. Wenn jetzt „die SUV-Fahrer“, „die Reichen“ oder „die Fleischesser“ für gesamtgesellschaftliche Probleme verantwortlich gemacht werden, sollte man immer daran denken, dass man nur mit einem Finger auf den anderen, mit dreien aber auf sich selbst zeigt.

Noch eine kurze Anmerkung zu Herrn Schneider: Er hat mit allem recht. Die Juden sind das Feigenblatt des deutschen Nachkriegsparadieses und dessen Persilschein. Aber niemand ist wirklich bereit, sich schützend vor sie zu stellen. Die Juden sind keine Deutschen, sondern die Übriggebliebenen von der Rückseite des Planeten, von dem die Nazis nach Deutschland kamen. Wenn heute ein Politiker im gleichen Atemzug vor Antisemitismus und Rassismus warnt, hat er die Nazisprache verinnerlicht. Niemand würde bei einem Anschlag auf Protestanten vor Rassismus warnen. Der Rassebegriff im Zusammenhang mit Juden ist eine Nazierfindung, die sich in das deutsche kollektive Gedächtnis eingebrannt hat. So fehlt nie der Hinweis auf die jüdische Familie, wenn über Persönlichkeiten berichtet wird, wohingegen nur sehr selten auf die christliche Herkunft einer Person verwiesen wird.

Juden sollen dem Ausland zeigen, dass das deutsche Kollektiv sich geändert hat und jetzt alles wieder normal ist. Das ist verlogen und zynisch. Es geht hier nicht um Gesten, sondern um Verantwortung. Erst, wenn jeder nichtjüdische Deutsche ohne Wenn und Aber sagen kann: „Deutschland hat ein fürchterliches Verbrechen an einem Teil seiner Bevölkerung begangen und ich werde alles dafür tun, dass so etwas nie mehr geschieht“, wird man den Antisemitismus hinter sich lassen können. – Dr. David Wolff

 


 

 

Leserbriefe zu „Die Maschine, Tekoäly und ich“ von Jenni Roth

 

Wahrscheinlichkeitsrechnung hat ihre Tücken, das weiß auch der Laie spätestens, seitdem sich beim „Ziegenproblem“ selbst Professoren blamiert haben. Im Artikel beschreibt Frau Roth ein Rechenbeispiel aus Teil II des finnischen Lehrgangs zu den „Elements of AI“ und seine Lösung, die offenbar vom Lehrgangsprogramm als richtig eingestuft wird. Allerdings gibt es gar keine Lösung, weil eine Information fehlt: Es galt, die Wahrscheinlichkeit für Regen an einem Tag zu berechnen, an dem der morgendliche Himmel bewölkt ist, mit den Vorgaben der allgemeinen Wahrscheinlichkeit für einen Regentag und der bedingten Wahrscheinlichkeit für morgendliche Bewölkung an einem Regentag.

Es fehlt die Angabe der Wahrscheinlichkeit für das allgemeine Auftreten eines Tages mit morgendlicher Bewölkung! Ein Wert, der ganz sicher deutlich kleiner Eins ist. Die vom Lehrprogramm akzeptierte Lösung muß durch diesen Wert geteilt werden, wird also deutlich größer. Wie sollen Laien Vertrauen in die Wissenschaft entwickeln, wenn solche Patzer gelehrt werden.

PS: Herr Droesser wird die nachfolgenden Formeln nachvollziehen können: R sei das Ereignis „Regentag“, W „morgendliche Bewölkung“. P(R und W) = P(R) x P(W|R)= 206/365 x 9/10 = P(W) x P(R|W) P(W) = ?? P(R|W) = P(R und W) / P(W) = ??. – Jens Höfft

 

Das „Hurraa“ haben Sie wahrscheinlich (sic!) für drei richtige Lösungen von vier Aufgaben bekommen, denn mit den genannten Angaben können Sie die Frage noch nicht beantworten, es fehlt z. B. wieviele sonnige Morgen Ihnen pro Jahr beim Aufstehen in Finnland entgegenlachen oder etwas komplizierter: an wievielen trockenen Tagen es morgens bewölkt war. – Klaus Bickel

 

Bei der Darstellung des Rechenbeispiels mit den Regentagen muss irgendwas schief gegangen sein. Vermutlich haben sich schon sehr viele Mathematiker dazu geäußert, aber ich habe leider keinen Online-Zugang und kann deswegen die Kommentare zu dem Artikel nicht sehen. Die Aufgabe besteht ja darin, aus der Wahrscheinlichkeit P(R) für Regentage und der bedingten Wahrscheinlichkeit P(W|R) für Wolken an Regentagen die bedingte Wahrscheinlichkeit P(R|W) für Regen an Wolkentagen zu berechnen.

Dies ist aber nur möglich, wenn man weitere Informationen hat, z.B. die Wahrscheinlichkeit P(W) für Wolkentage allgemein. Vergleiche z.B. https://de.wikipedia.org/wiki/Wahrscheinlichkeitstheorie#Satz_von_Bayes. Anschaulich wird das klar, wenn man eine bestimmte Blume blühen sieht und im Internet erfährt, dass die nur an 1 von 100 Regentagen blüht. Soll man jetzt die Regenprognose erhöhen oder herabsetzen? Man weiß es nicht, weil man nicht weiß wie häufig sie an Sonnentagen blüht: Wenn „nie“ regnet es auf jeden Fall, wenn „immer“ scheint höchstwahrscheinlich die Sonne.

Bei den Wolken scheint es nur deshalb plausibel die Prognose zu erhöhen, weil man denkt, dass allgemein an weniger als 9 von 10 Tagen Wolken da sind. Die angewendete Rechenregel für die „X : nicht-X“ – Darstellung der Wahrscheinlichkeiten ist mir aus meinem Studium nicht bekannt. Üblicherweise rechnet man ja auch mit Wahrscheinlichkeiten X/Gesamt, also Zahlen von 0 bis 1. Dann macht es natürlich Sinn, Zähler und Nenner zu multiplizieren. In dem Beispiel würde man die Wahrscheinlichkeit erhalten, dass an einem Tag morgens Wolken sind UND es später regnet: P(W und R) = P(R)*P(W|R) = 206/365*9/10 = 0,56 * 0,9 = 0,51 = (206*9)/(365*10). – Volker Bruhn

 

Die Autorin wollte sich Grundwissen über Künstliche Intelligenz zulegen, scheitert aber schon an Grundrechnungen zur Kombinatorik – natürliche Intelligenz. Wenn es an 256 von 365 Tagen im Jahr regnet, ergibt das bei ihr eine Regenwahrscheinlichkeit von 256 : 159, also rund 1,3, d.h. 130 %! Und bei Wolken am Morgen an 9 von 10 Tagen gibt sie die Wahrscheinlichkeit von 9 : 1 an, also 9, d.h. 900%! Regnet es dann mehrfach am Tag, und sind dann vielleicht 9 Wolken da? Über solchen Unsinn sollte auch ein mathematischer Tiefflieger stolpern.

Richtig sind natürlich 256 : 365, also 0,7, d.h. 70% bzw. 9 : 10, also 0,9, d.h. 90 %. Beim zweiten Teil der Fragestellung handelt es sich um eine bedingte Wahrscheinlichkeit. Um diese berechnen zu können, benötigt man zusätzlich die Wahrscheinlichkeit, dass morgens überhaupt Wolken da sind (diese müsste ja größer als 0,9 sein) – aber die fehlt, zumindest im Text. Die Autorin berechnen eine Wahrscheinlichkeit von 1854 : 159, also rund 11,7, d.h. 1170 %!

Sie multipliziert dazu die (falschen) Einzelwahrscheinlichkeiten, was aber nur dann richtig wäre, wenn Wolkenbildung und Regen unabhängige Ereignisse wäre, was sie aber bekanntermaßen nicht sind. Wenn es dafür wirklich ein „Hurraa“ gab kann ich nur sagen: Armes Finnland – Land unter. Ich ärgere mich immer wieder darüber, dass auch in der ZEIT in Texten mit mathematischen oder naturwissenschaftlichen Themen völliger Blödsinn steht. Gibt es denn keine Lektoren mehr, die Texte mit Verstand gegenlesen können? Aber auch im 21. Jahrhundert kann man in Deutschland ja damit kokettieren, das man in Mathe schon in der Schule eine Null war. Das wird auch durch KI nicht besser. –Dr. Rudolf Spiegel

 

Wenn Ihre Autorin für die vorgestellte Lösung der probabilistischen Aufgabe zu Wolken und Regenwahrscheinlichkeiten tatsächlich ein „Hurraa“ bekommen hat, wird es mit der finnischen KI-Strategie nichts. Aber vermutlich hat die Autorin, die in diesem Kurs offenbar das erste Mal in ihrem Leben etwas von Wahrscheinlichkeitsrechnung gehört hat, einfach beim Verfassen des Textes geschludert. Aber warum schaut sich denn niemand ihr Werk vor der Drucklegung an? Sie haben doch Herrn von Randow im Haus, der darüber sogar ein Buch geschrieben hat.

Das wirklich Ärgerliche an dem Vorgang (leider bei weitem nicht dem ersten dieser Art) ist, dass wir Hochschullehrer uns tatsächlich in den Hörsaal stellen und unsere Studierenden davor warnen müssen, der ZEIT Glauben zu schenken – gerade wenn es um Zahlen, Mathematik, Statistik geht. Das darf doch einfach nicht sein! Bitte reißen Sie sich ein bisschen am Riemen! – Wolfgang Ludwig-Mayerhofer

 

Bisher dachte ich immer, die Wahrscheinlichkeit sei eine Zahl zwischen 0 und 1 . Nun wird mir erklärt:“…ergibt das eine Wahrscheinlichkeit von 206:159″ . Das ist laut meinem Tashenrechner ungefähr 1,296 , also rund 130% ? Hat Finnland eine andere Mathematik? – Alois Lienhard

 

Es ist mir absolut schleierhaft, nach welchen Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Frau Roth auf ein Regenrisiko von 1854:159 (=11,66 ! also weit über 1 = 100 %) kommt und dafür ein „Hurraa“ erhält. Könnten Sie mir diese Rechnung nochmal erläutern. – Karl Heinz Ranftl

 

Was Ihre Autorin Jenni Roth zur Wahrscheinlichkeit schreibt, ist so dermaßen unsinnig, dass ich mich erst einmal geweigert habe, weiterzulesen. Nur soviel: die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses bewegt sich immer zwischen 0 und 1. Frau Roth fantasiert, wenn sie für ihr „probabilistisches Denken“ (z.B. Regenwahrscheinlichkeit am Wolkenmorgen gleich 1854:159) die Erfolgsmeldung „Hurraa“ erhalten haben will.

Wenn eine Seite vorher – exemplarisch für die Ausrichtung der ZEIT-Teile Wissen I und II – die Wichtigkeit von „MINT“ vertreten wird, dann konstatiere ich hier auch das Fehlen eines fachlichen redaktionellen Lektorates. – Hans-Peter Rosenthal

 

Uskottavuusosamäärä auf finnisch: 1166% !!Die Wahrscheinlichkeit, dass es an einem beliebigen, wolkigen Tag des Jahres in Finnland auch regnet, liegt nach der Autorin Jenni Roth bei sage und schreibe 1166% (206:159 * 9:1). Da muss entweder beim Schreiben des finnischen Programms („Hurraa“) oder bei der Autorin etwas falsch verstanden worden sein. Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass es an einem beliebigen von 365 Tagen überhaup tregnet, liegt nämlich bei 206:365 = 0,564 = 56,4% (und nicht bei 206 : 159, das ist nur das Verhältnis der Anzahl Regentage zur Anzahl Trockentage).

Die Wahrscheinlichkeit, dass es regnet, wenn Wolken zu sehen sind, liegt bei 9:10 = 0,9 = 90% (und nicht bei 9:1, das ist wiederum nur das zuvor genannte Verhältnis). Wenn beides zusammen kommt – ein beliebiger Tag des Jahres mit Wolken – dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass es regnet, das Produkt aus beiden: 0,564 * 0,9 = 0,508. Das Regenrisiko liegt also bei rund 51 %. Im Übrigen: Eine Wahrscheinlichkeit größer als 100% gibt es nicht, denn dann regnet es sicher, und mehr als sicher geht nicht. Eine Empfehlung an die Autorin: eventuell eine ABI-Mathe-Vorbereitungskurs der ZEIT. Nichts für ungut und mit freundlichen Grüßen eines langjährigen Abonnenten, der die ZEIT sehr schätzt (auch wenn mal was „daneben geht“). –Dipl.Ing. Reinhold Knapp

 

Aufmerksam habe ich Ihren interessanten Artikel gelesen. Bei dem Rechenbeispiel zum probabilistischen Denken musste ich allerdings stutzen. Vermutlich haben Sie uns eine Information aus der Aufgabenstellung vorenthalten. Das vorgetragene Ergebnis stimmt nur, wenn die Wahrscheinlichkeit, dass es an einem „Wolkentag“ (morgens Wolken am Himmel) _nicht_ regnet, 10 % beträgt. Diese Wahrscheinlichkeit wurde vorher aber gar nicht angegeben. Sie ist nicht dasselbe, wie die Wahrscheinlichkeit dafür, dass es an einem Regentag morgens _keine_ Wolke am Himmel gibt. Nur diese Wahrscheinlichkeit ergibt sich direkt aus der Angabe, dass an Regentagen in neun von zehn Fällen morgens auch schon Wolken zu sehen sind.

Meiner Meinung nach ist die Aufgabe so, wie sie geschildert wird, nicht lösbar. Ohne eine dritte Information sind in der Regel Fragen zur Vierfeldertafel/bedingten Wahrscheinlichkeit weder mit Einsicht noch mit künstlicher „Intelligenz“ lösbar. In NRW ist das ein Standardthema im Matheunterricht der Oberstufe. Auch andere Angaben hätten eine Lösung der Aufgabe ermöglicht, z.B. wie viele Wolkentage es in Finnland jährlich gibt, oder dass Morgen-Wolken und Regentage völlig unabhängig voneinander sind (was ich eher nicht glaube). Normalerweise müsste dann aber ein ganz anderer Zahlenwert herausgekommen, weshalb mich das Huraa etwas wundert ;-) – Christian Mascher

 


 

 

Leserbriefe zu „Wem gehört mein Körper?“ von Gero von Randow

 

Ein historischer Vergleich, ob der Staat „früher“ (welche Zeit ist gemeint?) oder heute stärker über die Körper seiner Untertanen/ Bürger verfügte, ist nicht so en passant zu erledigen. 2 Beispiele: Heute hat Deutschland eine kleine Armee, nur wenige Prozent der Soldaten sind in Kriegsgebieten und dort möglichst in weniger gefährlichen Bereichen (zum Beispiel Ausbildung, Luftüberwachung). Ich will das Risiko, dem Soldaten in Deutschland – und Europa – ausgesetzt sind, nicht kleinreden, aber es ist insgesamt doch erheblich geringer als etwa in der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts. „Jede Familie gibt einen Sohn dem Staat“ war so ein Spruch in der „Kaiserzeit“; Hitler verlangte schließlich alle Söhne.

Aber auch die Frauen, Kinder und Greise waren dem Risiko des gegnerischen Angriffs ausgesetzt. Ein Volk, das sich nicht im Kampf bewährt, ist dem Untergang geweiht, intonierten Hitler, Göbbels etc. Frauen hatten Soldaten zu gebären und Mädchen, die wieder Soldaten gebären und so weiter. Der Obrigkeitsstaat griff mit Verordnungen, Strafen in das Sexualleben der Untertanen ein. So regelte zum Beispiel der Kurfürst von Hannover im Jahre 1700 im Detail, wie ein- oder mehrmalige „Hurerei“ zwischen Ledigen und/ oder Verheirateten in der Kirche und vom Gericht zu ahnden ist (1). Nicht definiert ist in der genannten Verfügung, was als Hurerei anzusehen ist. Sie ging auf jeden Fall über die sichtbare Folge, eine Schwangerschaft, hinaus.

Eine Zweisamkeit von zwei Personen unterschiedlichen Geschlechts ausserhalb der Ehe erregte zumindest den Verdacht der Hurerei. (Erwähnt sei, dass damals der Kurfürst eine Mätresse hatte und sich beim Karneval in Venedig mit gewissen Damen vergnügte, der Geliebte der Frau aber ermordet, sie selbst zeitlebens verbannt wurde.) Im Laufe des 18.Jahrhunderts wurden die Strafen zunehmend in Geldbußen „zum frommen Zweck“ umgewandelt (2). Die Polizei hätte heute viel zu tun, wenn sie jede Knutscherei, jeden Geschlechtsverkehr zwischen nicht miteinander Verheirateten protokollieren wollte. Quellen: 1) Kurfürstliche Verfügung betreffs Kirchenzucht (Ehebruch) 1700; veröffentlicht z.B. im „Niedersächsischen Online Archiv“ der „Gottfried August Leibniz Bibliothek“, Stichwort „Ronnenberg“, dort Pfarrarchiv Wiedensahl, Verzeichniß etlicher denkwürdiger Sachen 2) Dispensation von Kirchenbuße 1792; veröffentlicht: siehe unter 1) – Adolf Ronnenberg

 

Ich habe Ihren Artikel „Wem gehört mein Körper?“ in der Zeit Nr. 43/2019 mit großer Bestürzung gelesen. Sowohl aus juristischer (z B. die völlig verquere Darstellung des Verhältnisses von Grundrechten und Staatsgewalt) als auch aus ethisch-philosophischer Sicht (z. B. das Argument gegen die Widerspruchslösung unter Verweis auf mögliche Meinungsänderungen kurz vor dem Tod, das genauso auf die Zustimmungslösung zutrifft) werden Sachverhalte schlicht falsch und nicht ausreichend durchdacht dargestellt. Hinzu kommt eine sehr sprunghafte Argumentation und das Fehlen einer klaren Zielthese bzw. einer Beantwortung der eingangs selbst gestellten Frage „Wer darf über Leib und Leben bestimmen?“.

Ich hoffe inständig, dass in einer kommenden Zeit-Ausgabe dieses so wichtige und aktuelle Thema in einer angemessenen Art und Weise behandelt und dargestellt wird. Der abgedruckte Artikel entspricht jedenfalls in keiner Weise meinen Qualitätsansprüchen an den Wissens-Teil einer Wochenzeitung. – Simon Dröge

 

Sie stellen eine wichtige Frage und beanspruchen, für die dazu gehörige Komplexität, 4 Artikel auf 3 Seiten. Ihr verehrter Kollege, Bernd Ulrich, würde eventuell zu alllen Beiträgen der Seiten 43 bis 45 sagen:“Der Planet verhandelt nicht!“ Sicherlich gibt es viele Details (auch Ethische!?) die eine Rolle spielen, oder einen Einfluß auf den Klimawandel haben. Vieles ist wahrscheinlich, weniges sicher! Wenn ich die unglaublich komplexen kybernetischen Simulationen einfach mal weglasse, denn wir haben ja noch nicht mal ein Klimamodell welches als Simulationsgrundlage dienen könnte, dann bleibt folgendes als SICHER!

Wenn dieser Planet im Jahr 2035 nicht 11 Milliarden Bewohner zählt, sondern 3 Milliarden, dann ist das ein wesentlicher Schritt in die richtige Richtung! (Nicht für die Menschheit, sondern für alles andere auf diesem Planeten!) Sobald Sie sich auf die Frage einlassen; Ethik wem gegenüber? Ihren Mitmenschen, Ihren Kindern, dem Planeten Erde mit allen seinen Arten,…. wird deutlich wie sehr wir bei den von Ihnen genannten (richtigen und wichtigen!) Themen in die falsche Richtung laufen.

Wieso Einschränkungen der aktiven Sterbehilfe? Wieso Geschwindigkeitsbegrenzungen? Wieso Fahrdhelme? Wieso Impfungen? Wieso Krebsforschung? Wieso Welthungerhilfe? Wieso Rauchverbote? Wieso gesunde Ernährung? usw….. All das führt zu mehr Menschen, die länger leben! Lesen Sie die Gegenargumente und Kommentare zu dem ZEIT Artikel: EinKind erzeugt 59 Tonnen CO². Lesen Sie die Gegenargumente und Kommentare zu dem ZEIT Beitrag: Mehr und neue Atomkraftwerke.

Inzwischen haben wir (Greta hat da leider völlig Recht!) zuviel Zeit vertrödelt. Der Club of Rome hat schon vor 40 Jahren Empfehlungen veröffentlicht, bei deren Berücksichtiigung Ihre Seiten 43 bis 45 noch interessant zu diskutieren wären, jetzt nicht mehr! Als intellektuelle Übung zum Thema Ethik, ist es trotzdem lesenswert, aber das war´s auch! – Torsten Heydrich

 

Mit Sicherheit ein sehr lesenswerter Beitrag. M. E. hat Herr von Randow allerdings drei Aspekte nicht berücksichtigt. Wir leben in einem Staat, der seinen Bürgern noch nicht einmal das Recht auf einen eigenen Namen zubilligt. Laut Namensrecht sind unsere Namen Eigentum des Staates. Wie können wir da erwarten, dass die Regierung bei dem Milliardengeschäft Organtransplantation den Wunsch der Menschen nach Selbstbestimmung respektiert?

Zweitens die Kinder. Es darf m. E. nichts ein, dass die Kinder von Geburt an verpflichtet werden ihre Organe zur Verfügung zu stellen. Natürlich werden die Erziehungsberechtigten für die Kinder entscheiden (dürfen). Doch was, wenn die Nachkommen andere Vorstellungen davon haben, was mit ihren Körpern passiert als die Eltern? Wann dürfen sie selber entscheiden? Mit sieben Jahren, wie beim Bonbonkauf? Mit 14, wie bei der Religionswahl? Mit 18?

Wer, wie ich, nicht bereit ist jedem Wildfremden seine Organe zu spenden, sondern im Einzelfall entscheiden möchte, sollte konsequenterweise im Ernstfall selber keine empfangen. Sollte also das Recht fremde Organe zu erhalten an die Bereitschaft gekoppelt werden die eigenen zu spenden? – Horst Schwäbe

 

Herr von Randow sei gedankt für die umfassende Übersicht des Verhältnisses: physische Unversehrtheit und Staat. Zur Diskussion „Organtransplantation“möchte ich ergänzen,daß dabei die Interessen des Spenders ziemlich untergehen.Es wird von interessierter Seite zB von „Organmangel“(der ja gar nicht vorliegt) statt von schwerer Krankheit des Empfängers gesprochen. Dabei ist Knackpunkt der eigens hierfür erfundene Begriff „Hirntod“ der mit dem irreführenden Begriff„Organmangel“ gut harmoniert.

Die Diagnose Hirntod basiert auf phänomenologischen Untersuchungen von außen.Kein Experte kann wissenschaftlich korrekt sagen ,was ein„hirntoter“ Mensch noch empfindet. Von medizinischer Seite wird hier leider nur eine Meinung als der Sachverhalt ausgegeben.So sei daran erinnert,daß der Zellhaufen namens Gehirn zusammen mit seinem Körper ein (Selbst)Bewußtsein entwickelt, aber dieser Zusammenhang im Kern naturwissenschaftlich völlig unverstanden ist. Der Sterbevorgang als definitiv schlechteste Episode eines menschlichen Lebens wird beim „Hirntod“ unmenschlich verlängert(genau das, was Patientenverfügungen immer verhindern sollen), damit ein organentnehmender Chirurg den Sterbenden (im juristischen Sinne) ermorden kann.

Während der Empfänger,völlig zu Recht ,eine fehlende biologische Integrität seines Körpers feststellt,wird diese dem Spender abgesprochen mit dem Hinweis auf die besondere Stellung des Gehirns und dessen fehlender Behandlungsfähigkeit.Die naive Vorstellung aber,daß wir nur Summe unserer Organe und nicht ein integraler Gesamtorganismus sind ,ist frei von jedem Verständnis von Natur ,deren Teil wir doch sind. Bei gleichem Sachverhalt (Nichtfunktion eines Organs bei Spender und Empfänger) wird auch rechtlich ,eine völlig asymmetrische Bewertung vorgenommen:Einer bekommt allen Nutzen und einer allen Schaden.

Es sei folgende hypothetische Frage in den Raum gestellt:wo kämen denn die Spender her ,wenn eine Hirntransplantation möglich wäre?Wir bräuchten dann wohl zur Abhilfe des verschärften „Organmangels“ eine neue Diskriminierung einer Bevölkerungsgruppe die sich möglichst nicht wehrt. Dies alles spricht gegen zB eine Widerspruchslösung,die grundsätzlich auf einer vollständigen Verfügungsgewalt des Staates über seine Bürger besteht und von daher autoritär ist. Die komplexen biologischen Fragestellungen kann man einem Politiker wie Herrn Spahn kaum zumuten aber er könnte vielleicht Wissenschaftler befragen die nicht gerade Lobbyisten sind. PS:obige Ausführungen gelten ausdrücklich nichtfür die Nierentransplantation sofern der Spender gesund ist und noch über eine zweite Niere verfügt. – Dr. Peter Haas

 

Im Datenschutz will unsere Gesellschaft ausdrücklich zustimmen, bevor Daten fließen. Die Meisten von uns lehnen ab, dass erstmal alles übermittelt wird, bis wir dies ausdrücklich abwählen. Und bei der wesentlich sensibleren Organspende soll das anders herum laufen? Ein weiterer Blick über den Tellerrand: Wenn Wirtschaftsunternehmen Fehlverhalten zeigen, fordern Entscheidungsträger in der Politik häufig nur eine „freiwillige Selbstverpflichtung“ – zum Wohl der Unternehmen und zu Lasten unserer Gesellschaft.

Nun gibt es gravierende Unterschiede zwischen Individuen und Unternehmen. Aber gerade deshalb erwarte ich das Umgekehrte: Mehr Rechte für das vom Grundgesetz geschützte Individuum und mehr klare Regeln für Unternehmen. Also auch beim Thema Organspende lediglich die freiwillige Selbstverpflichtung des Einzelnen und keine rechtliche Verpflichtung. Mein Fazit: Wenn ich solche Themen nicht isoliert betrachte, sondern im Kontext mit allen Lebensumständen, fehlt mir häufig die Verhältnismäßigkeit. – Dr. Peter Scheibl

 

Äußerste Vorsicht, diese Begriffe sollte man nicht durcheinanderwerfen. Impfpflicht und Organspende betrifft immer nur eine Person, Sterbehilfe ist eine völlig andere Kategorie und setzt einen Konsens zwischen 2 Personen voraus und Abtreibung betrifft immer mindestens 2 Menschen, einer schutzlos der Entscheidung des anderen ausgeliefert ist. Wenn man Leben nach der Geburt schützt und Verstöße mit hohen Strafen belegt, spricht nichts dagegen, auch Leben vor der Geburt besser zu schützen. – Mag. Martin Behrens

 


 

 

Leserbriefe zu „Der Piks und die Würde“ von Jochen Bittner

 

Zu dem Artikel von Herrn Bittner möchte ich noch einen nicht ganz unwesentlichen Aspekt erwähnen. Es ist eine Impfpflicht für Masern geplant. Über die Sinnhaftigkeit eines Gesetzes kann man sich streiten. Aber wo nehmen wir eine Einzelimpfung her? Es gibt nur noch Kombinationsimpfstoffe mit Röteln und Mumps und eventuell noch Windpocken. Damit hebelt sich der Gesetzgeber selbst aus. Es sei denn er nimmt diese Komponenten mit in die Pflichtimpfung. Damit bekommen die Impfgegner neue Munition. Oder er verpflichtet die Hersteller, Einzelimpfstoffe zu produzieren, was im Hinblick auf die Erwachsenen sinnvoller wäre. Aber das wird die Industrie nicht wollen. Auf jeden Fall machen wir erstmal ein Gesetz! – Ursula Schlenther

 

Jens Spahn wirbt für Masernimpfpflicht. Er hat vergessen zu erwähnen dass die Impfung völlig wirkungslos ist. Oder warum sind von den 500 Masern Erkrankten bereits 450 vorher schon geimpft worden? Außerdem hat er vergessen die Nebenwirkungen zu erwähnen. Das sind : Lokale Reaktionen an der Injektionsstelle: Lokale Reaktionen wie Rötung und Schwel?lung treten nur selten auf. Allgemeine (systemische) Reaktionen: Gelegentlich können, meist in der 2. Woche nach der Impfung, grippeähnliche Symp?tome wie kurz andauerndes Fieber, Schweißausbrüche, Schüttelfrost, Abge?schlagenheit, Kreislaufreaktionen, Kopf?schmerzen und Katarrh sowie gastrointesti?nale Störungen vorkommen.

Ein schwaches, masernähnliches Exanthem kann sich im gleichen Zeitraum ausbilden und ist gewöhnlich nicht generalisiert. In Ein?zelfällen ist Otitis media beobachtet worden. Eine mumpsähnliche Erkrankung mit ver?kürzter Inkubationszeit ist in seltenen Fällen nicht auszuschließen. In Einzelfällen wurde im zeitlichen Zusammenhang mit der Imp?fung das Auftreten einer Pankreatitis beob?achtet. In Einzelfällen trat eine vorübergehen?de schmerzhafte Hodenschwellung auf.

Ähnlich wie bei natürlichen Röteln kann es auch 2 bis 4 Wochen nach der Verabrei?chung von Röteln-Lebendimpfstoffen zu Ar?thralgien oder — in Einzelfällen chronischen — Arthritiden sowie Myalgien, Exanthemen und Lymphknotenschwellungen kommen. Die Häufigkeit von Gelenkaffektionen nimmt mit dem Alter der Impflinge zu. Arthritiden mit Gelenkergüssen sind äußerst selten.(stimmt nicht) In Einzelfällen sind Thrombozytopenien, Pur?pura, Erythema exsudativum multiforme und allergische Reaktionen beobachtet worden, die jedoch nur ausnahmsweise eine Thera?pie erfordern. In äußerst seltenen Fällen ist über anaphylaktische Reaktionen berichtet worden (siehe auch Punkt 12). Neurologische Komplikationen wie Fieber?krämpfe und flüchtige Gangunsicherheiten sind selten.

In Einzelfällen sind Meningo?Enzephalitis (Häufigkeit: 1: 1 Million Impfun?gen), Myelitis, Neuritis und aufsteigende Läh?mungen bis hin zur Atemlähmung, (plötzlicher Kindstod?, ALS?) (Guillain?Barre-Syndrom) berichtet worden. 7. Wechselwirkungen mit anderen Mitteln Während einer immunsuppressiven. – Helmut Trott

 

Herr Bittner verschwendet viele wohlgesetzte Worte auf kompletten Unsinn, und das nur, weil er übersehen hat, daß zunächst und unmittelbar das Kind von der Impfung profitiert, denn es wird diese Krankheit auf Grund der Immunisierung nicht bekommen können. Daß davon auch Andere profitieren, ist nicht mehr, als ein willkommener Nebeneffekt. Dies ist einer vielen Fälle, wo der Staat ermächtigt ist, einen Bürger vor ich selbst zu schützen (in diesem Falle allerdings eher vor seinen Eltern). Das Gleiche gilt beispielsweise für die Helmpflicht für Motorradfahrer. Es liegt also keineswegs eine „Verdinglichung“ oder „Verzweckung“ (scheußliche Wörter) vor. – Fritz Kronberg

 

Vielen Dank für den Artikel. Er hat mir sehr gut gefallen. Nur wo es um die Risiken etc geht ist er mir zu einseitig für die Maserimpfung. Im Einzelnen: „In vielen Fällen treten schwere Komplikationen, im schlimmsten Fall mit Todesfolge, auf.“ Soviel ich weiss sind im Jahr wenige Tote im einstelligen Bereich zu beklagen. Fragen Sie mal nach bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Bei Autos nimmt man es billigend in Kauf, dass Kinder bei einem Frontalzusammenstoss sterben, obwohl es bekannt ist, wie dieses Risiko durch konstruktive Massnahmen am Auto verringert werden könnte.

„gab es weltweit nur „wenige Einzelfälle“, …“ Diese Angabe ist sehr fragwürdig. Niemand hat ein finanzielles Interesse diesen Sachverhalt wirklich zu untersuchen. Wohl aber sind finanzielle Interessen da diese Negativseite der Impfung klein zureden. Gesunde Menschen sterben nicht an Masern, sondern überstehen sie wie eine der vielen Infektionen. Mir kann niemand weissmachen, dass es harmlos ist einem Säugling aktive Viren zu injizieren. Dazu kommt, dass zur Zeit kein einziger Säugling bei einer Impfung gegen Masern nur Viren gegen Masern erhält, denn es gibt auf dem Markt nur Vielfachimpfungen. Ich meine, es ist berechtigt gegen die Masernimpfung zu sein. Die Einführung der Impfpflicht ist reiner Populismus. – Friedrich Clemens

 

Haben Sie die Zielsetzung der Impfpflicht nicht etwa doch völlig missverstanden? Sie finden es nicht zumutbar, dass ihr Kind mit einer Fieberreaktion auf eine Masern-Pflicht-Impfung reagieren könnte. Sie behaupten gar, dass durch diese Impfung „die Gesundheit Einzelner, (hier Ihres Kindes) aufs Spiel gesetzt werde“– obgleich selbst Sie darauf hinweisen, dass es für Gesundheitsschäden durch diese Impfung keinerlei Belege gibt.

Konsequenterweise müssten Sie dann auch eine Schulpflicht für Ihr Kind ablehnen, denn mit einiger nicht Wahrscheinlichkeit, ja Gewissheit wird Ihr Kind im Rahmen dieser durch Mitschüler/ Lehrer mit Krankheiten angesteckt werden, die vielleicht weit Gravierenderes induzieren können, als nur eine passagere Fieberreaktion. Warum aber die Schulpflicht? Diese soll auch Ihrem Kind die Basis schaffen für ein Recht auf Bildung, Wissensvermittlung und diesem manch anderes für Ihr Kind Wichtiges , Nutzbringendes vermitteln.

Auch bei der Impfplicht geht es nicht um Andere, um das Gemeinwohl, sondern primär um die Gesundheit Ihres Kindes. In Deutschland stirbt einer von 500 bis 2000 Masern-Erkrankten! Anhaltende Immunschwäche und gravierende Komplikationen sind regelhaft Folgen dieser hoch ansteckenden Krankheit. Die Impfpflicht soll auch Ihr Kind vor solchen Gefahren bewahren, die mit großer Wahrscheinlichkeit, vielfältig belegt „die Gesundheit Ihres Kindes aufs Spiel setzen“ können. Es geht also um die Abwägung der – in Ihrem Artikel allein dominierenden – Interessen von Eltern gegen die von Kindern. Ob nicht viel dringender die Notwendigkeit des Einfügens solcher Kinderrechte in unser Grundgesetz vor dem Bundesverfassungsgericht behandelt werden sollte? Jedes aufgrund der mangelnden „Impf-Einsicht“ seiner Eltern durch Masern geschädigte oder gar zu Tode gekommene Kind ist eines zu viel, wäre durch eine Impfpflicht sicher zu bewahren. – Dr. Ulrich Enzel

 

Ich lese seit einigen Jahren regelmäßig Ihre Artikel und zum Thema „Masernschutzgesetz“ finde ich Ihre Berichterstattung sehr einseitig. Ich würde mich freuen, wenn Sie zu dem Thema nicht nur auflisten würden, was für eine Impfpflicht spricht, sondern auch, was dagegen spricht und ich spreche nicht von Impfkritikern, die Impfschäden erlitten haben und die Inhaltsstoffe anzweifeln, sondern von der Tatsache, dass eine Impfpflicht ein Eingriff in die freie Marktwirtschaft ist, in der „Egoismus“ an erster Stelle steht; und der anerkannten Evolutionstheorie widerspricht, wo „der Stärkere überlebt“. „Der freie Markt soll sich selbst regulieren und es soll einen offenen Wettbewerb geben“. Hier sehe ich jedoch Vorteile für Pharmakonzerne sowie Ärzte, die daran nachweislich viel Geld verdienen. Vielleicht sollte dieser Ansatzpunkt überdacht werden und da Sie über kompetente Journalisten verfügen, schaffen Sie es sicherlich auch sachlich eine Impfpflicht zu hinterfragen.

Möglicherweise wäre es auch interessant zu wissen, wie viele Menschen jährlich an Masern versterben und damit meine ich Menschen, die mehr oder weniger kerngesund sind und nicht an ihrer Multimorbidität versterben, da sie bereits ein geschwächtes Immunsystem haben und an diversen möglichen Ursachen versterben könnten. Der Leser braucht Daten, Zahlen und Fakten, die einen guten Artikel ausmachen. – Arkadiusz Kornatowski

 


 

 

Leserbriefe zu „Verschärft sich die Ungleichheit?“ von Kolja Rudzio

 

Dieser Beitrag hat durch gute Recherche und keine parteipolitische Färbung, einen Oskar verdient. Alles was man dazu wissen sollte, wurde vorbildlich recherchiert. –Gunter Knauer

 

Der gefühlt (zu gefühlt siehe unten mehr) hundertste Artikel, der die Ungleichheitsstudien in Frage stellt. Wie wäre es mal mit Artikeln, die sich mit Lösungsvorschlägen befassen? Interessant ist, daß viele dieser Studien gerade in Deutschland auf Schätzungen beruhen, da man eben nicht weiß, wieviel Vermögen in den oberen Schichten vorhanden ist. (bei jedem ALG-II Empfänger weiß man es bis zum letzten Cent – gleich?). Ob man das nun durch Erbschafts- oder Vermögenssteuer oder andere Erhebungen herauskriegt, wäre doch etwas für einen Lösungsartikel.

Wenn einerseits Zins-, Miet- und Kapitaleinnahmen mit etwa 25% besteuert werden (eben da wo große Vermögen anlegen) und „einfache“ Arbeit mit teilweise höheren Steuersätzen besteuert wird, ist eine Ungleichheit doch schon angelegt oder? Und zum „gefühlt“. Daß sich 70% gefühlt zur Mittelschicht zählen kann doch nun wirklich nicht als belastbarer Indikator herangezogen werden, hielten sich doch in anderen Studien, in denen gefühlt und aktuell verglichen wurden, Menschen mit hohem Einkommen doch eher zur Mittelschicht gehörig. Understatement ist Trumpf. Es klingt wie im vorherigen Artikel zur Frauenquote, nachdem irgendwann ja mal gut sein muß mit dem Genderzeugs. Hier soll endlich mal gut sein mit dem Ungleichheitszeugs. Nein, NICHTS ist gut. – Wolfgang Michel

 

Danke für den sehr informativen und wichtigen Artikel. Leider hat sich ein kleiner Fehler eingeschlichen: Unter Nr. 6 wird ausgeführt, dass der Anteil der atypischen Jobs von 2000 nach 2018 abgenommen habe. Tatsächlich hat er laut Ihren veröffentlichen Zahlen von 20 % in 2000 auf 22 % in 2018 zugenommen. – Gerhard Honisch

 

Wortreich, in 10 Abschnitten, versucht der Autor Tatsachen zu widerlegen. Und vorneweg stelle ich dazu fest, dass Statistiken nicht immer hilfreich sind. Unvollständig für mich deshalb, weil vollkommen das neoliberale Handeln der Politik darin so gut wie nicht vorkommt. Und hier meine ich die seit den achtziger Jahren betriebene Politik der Privatisierung. Diese findet soeben mit dem Skandal um die PKW-Maut einen neuen Höhepunkt. Alleine mit der Einführung der LKW-Maut, die sich damals (zum 31.08.2003 geplant zum 01.01.2005 gestartet) um fast 2 Jahre verzögerte, entgingen dem Staat vom Betreiber Toll Collect mehrere Milliarden Euro. Die gerichtlich ausgefochtenen Streitigkeiten darüber gingen erst in diesem Jahr mit einem „Superdeal“ des Verkehrsministers Scheuer zu Ende. Nicht einmal die Hälfte der über 7 Milliarden konne der Staat schließlich noch dafür bekommen.

Und was die PKW-Maut angeht, so wissen wir mittlerweile, dass derselbe Herr Scheuer, in voreiligen Verträgen mit eventuellen Betreibern, Zusagen gemacht, die den Steuerzahler mehrere 100 Millionen kosten können. Und ein Blick in den Norden zeigt ebenfalls, was die Beteiligung von ÖPP angeht, dass Projekte egal welcher Art für den Steuerzahler stets sehr teuer sind. Dort werden gegen 700.000 000 für entgangene Einnahmen vom Staat gefordert, weil die erhofften Einnahmen sich nicht einstellten. Sicher gäbe es noch eine endlose Reihe von Beispielen, wie der Staat ausgebeutet wird. Und das alles nur deshalb, weil der Staat als Zinsgarant die Vermögenden weiter füttert (ÖPP u.ä.), während der einfache Sparer auf sein klassisches Sparbüchlein gerade einmal 0,01% Zinsen erhält. Weiß all dies der Autor nicht? Ist er nicht dazu in der Lage Zusammenhänge herzustellen? Von Cum Cum und Cum ex will ich schon gar nicht reden. Doch all dieses Geld, das dem Staat damit fehlt, fehlt letztlich der Bevölkerung. – Friedrich Grimm

 

Man muss Herrn Kudion für das zusammengetragene Material danken, wenngleich der Artikel nur der Start für eine Duiskussion sein kann. Für mich stellt sich die Frage, ob die gleiche Vermögensverteilung wirklich eine Gerechtigkeitsfrage ist, weil eine gleiche Vermögensverteilung nicht erreichbar ist. oder ob wir nicht alle von unserem System profitieren, selbst wenn es ungleich verteilt ist. Für mich gehört die Rentenversicherung zu dieser Betrachtung dazu, weil man den Rentenanspruch kapitalisieren kann. Das gilt auch und gerade für internationale Vergleiche. Man kann nicht fast 10 % (oder mit sogenanntem Arbeitgeberanteil 20% vom Einkommen der Arbeitnehmer zwangsweise vorenthalten und sich wundern, dass niucht noch zusätzlich Vermögen entsteht.

Wenn man das Modell Rente = Vermögen weiter denkt, passiert noch etwas: Stirbt der potentielle Rentenempfänger vor der kalkulierten Lebenserwartung, geht das gesparte „Vermögen“ komplett verloren, die „Erbschaftssteuer“ läge bei 100 %. Hier liegt eine viel gravierende Ungerechtigkeit. So positive das Rentenmodell nach dem Krieg genial war, so sollte es heute umgestellt werden auf die persönlichen Einzahlungen. – Dipl. Kfm. Johannes Barth

 


 

 

Leserbriefe zu „Vertwittert“ von Anja Reschke

 

Bravissima, Anja Reschke! Diesen klaren Worten ist wirklich nichts hinzuzfügen. Es wird allerhöchste Zeit, dass die große schweigende Mehrheit in diesem Land endlich aufsteht und dieses braune Gesoxxe in die Schranken weist! Wer, wenn nicht diese geistigen Brandstifter von der AfD, hat eine solche Schandtat wie die von Halle erst möglich gemacht? Wir brauchen im Land keine neuen Nazis – diese Zeit ist ein- für allemal vorbei! – Franz Schneider

 

Chapeau ! Endlich Klartext, danke Anja Reschke für diese eindeutige Distanzierung. Es war überfällig H. Höcke unmißverständlich in die Schranken zu weisen und den Kontext der Tat zu seiner eigenen Weltanschauung so deutlich heraus zu arbeiten. Der Journalismus geht voran, wann endlich folgt die Politik ? H. Höcke, aber auch weitere, gleichgesinnte Naziversteher und Rassisten, einschließlich deren strategischen Vordenker, haben nicht nur das Recht verwirkt, vorzugeben, fassungslos über den Anschlag von Halle zu sein. Nein, mehr noch, Menschen, die ihrerseits regelmäßig „völlig wahnhafte“ verbale Grausamkeiten an das Publikum richten, oder bereits erfolgte Grausamkeiten verleugnen und/ oder verharmlosen, stehen außerhalb einer Mehrheitsgesellschaft, die den europäischen Leitbildern Humanismus und Universalismus folgt.

Was sind das für Menschen, die regelmäßig verbal die Brücken bauen für solche Taten wie in Halle oder in Kassel. Was sind das für Menschen, die mit ihren eigenen Worten zumindest billigend in Kauf nehmen, daß Taten wie in Halle und Kassel zusätzlich motiviert werden. Was sind das für Menschen, die Seit-an-Seit mit Neonazis durch die Städte ziehen. Von solchen Menschen möchten maximal noch Gleichgesinnte Anteilnahme erfahren, keinesfalls aber die Mehrheitsgesellschaft. Zutreffender hätte man einen Twitter-Tiefpunkt der Woche nicht auswählen und kommentieren können. – Hans-Jörg Glaß

 

Mit Ihrer Reaktion auf den Tweet Björn Höckes treffen den Nagel voll von auf den Kopf! Ein Heuchler vor dem Herrn… Chapeau! – Achim Bothmann

 

Sie haben natürlich recht: Björn Hockes Bestürzung über den Anschlag in Halle ist verlogen und schwer erträglich. Unklar ist mir allerdings, was dieser offene Brief soll. Richtet er sich an Björn Höcke? Wohl kaum. Soll er informieren? Überzeugen? Dazu müsste er Informationen oder neue Gedanken enthalten. Tut er aber nicht. Es ist eine reine Inszenierung moralischer Empörung, die sich an Leserinnen und Leser richtet, von denen Sie annehmen, dass diese die Angelegenheit ebenso sehen wie Sie.

Diese Art Text finde ich auch dann nicht hilfreich, wenn ich die Sichtweise teile. Denn er gibt einen Dialog vor, den er gar nicht führen möchte, um sich des heimlichen Einvernehmens derer zu versichern, die ohnehin schon der gleichen Meinung sind wie man selber. Das ist eine Art des politischen Sprechens, die Gräben vertieft. Mit Björn Höcke zu sprechen lohnt sich nicht – also lasst ihn uns ignorieren oder nüchtern kommentieren. Und uns den Dialog für Menschen aufzuheben, mit denen es sich lohnt zu sprechen – auch und gerade solchen, die anderer Meinung sind als wir. – Dagmar Kumbier

 


 

 

Leserbriefe zu „SPD total“ von Anna Mayr

 

23 Regionalkonferenzen?! – Und auf allen tritt Olaf Scholzauf? Kein Wunder, dass die Grundsteuer in die Grütze geht. Scholz hat ja keineZeit, sich um seine eigentliche Arbeit als Finanzminister zu kümmern. Vielen Dank an Anna Mayr für den informativen Bericht! Und für das Durchhaltevermögen und das genaue Hinsehen bei 23 Regionalkonferenzen. – Eli Schmid

 

Die SPD leidet schon seit der Wände unter Ratlosigkeit. Der Wähler fühlt das. Seit den neunziger Jahren kam ihn die Linken in die Quere, später kamen die Grünen hinzu. Und heute sind es beide. Und die Jugend will auch nichts mehr von SPD wissen, weil es kaum noch die klassischen Arbeiter gibt. Die Jungen streben nach höherem. Da ist die Krux dieser Partei. Auf der anderen Seite, nämlich der Bundesländer, sieht es gar nicht so schlecht aus. Hat man das Mal untersucht warum das so ist.? – Gunter Knauer

 

Das Problem der SPD besteht doch seit Jahren weniger in der Politik, die sie betreibt (der Koalitionsvertrag wird schließlich im Rahmen der Möglichkeiten dieser Koalition solide mit zum Teil guten Ideen abgearbeitet) als vielmehr in der journalistischen Darstellung. Aus irgendwelchen Gründen haben sich die Medien aller politischen Richtungen seit Jahren auf die SPD eingeschossen. Frei nach Berti Vogts würde man ihr vorwerfen nicht mal schwimmen zu können, wenn sie über Wasser läuft.

Aus irgendwelchen anderen Gründen wird die andere Volkspartei im wesentlichen in Ruhe gelassen, obwohl sie ihren letzten revolutionären Gedanken wahrscheinlich in den sechzigern hatte. Nur wenn plötzlich ein blauhaariger Youtuber mal das Wort ergreift wird dies mal kurz debattiert. Ich bin übrigens kein Stamm-SPD-Wähler. – Carsten Wirth

 

Chapeau! Anna Mayr ist ein hervorragender Beitrag zur gegenwärtigen Situation der SPD gelungen. Sensibel beobachtet, klug interpretiert, sehr gut formuliert: Selten hat mich ein Artikel über meine Partei derart amüsiert. Dies schreibt einer, der dem ‚roten Adel‘ entstammt (vier Generationen Sozialdemokratie einschließlich eines Ministerpräsidenten) und der selbst fast 55 Jahre lang Mitglied der SPD ist. Auch der – erfreulich ausführliche – Aufsatz von Anna Mayr macht klar, dass die Sozialdemokraten weiterhin im Keller verharren werden, solange viele ihrer Funktionäre und Mandatsträger billige grüne Sprüche klopfen, sich vor dem Thema Migration drücken und einem Blender wie Kevin Kühnert zujubeln. – Wolfgang Jean Stock

 


 

 

Leserbriefe zu „Die Katastrophe von nebenan“ von Adam Soboczynski

 

In Ergänzung zu Ihrem Artikel „Die Katastrophe von nebenan“ möchte ich festhalten, dass ich nicht der Meinung bin, dass Deutschland hier Druck auf Polen ausüben sollte. Aus der Geschichte wissen wir, dass das oft die Machthaber stärkt. Vor allem scheint in Polen schon jetzt „Einmischung von außen“ bereits ein Thema zu sein, das der PiS eher nützt als sie schwächt.

Wichtiger fände ich es, genau so wie bei Trump, der AfD usw., die Gründe zu verstehen, warum so viele Leute die PiS wählen. Das „Gift einer autoritären Weltanschauung“ klingt gut als Begründung, erklärt aber nur höchst unzureichend die tatsächlichen Motivationen der Wähler und ihre Hintergründe. Ohne diese zu kennen, anzuerkennen, und dann bessere Lösungen vorzuschlagen als die PiS wird das Problem aber schwerlich gelöst werden können.– Wolfgang Kube

 

Ok, einige Kathastrophen – Länder aber auch Dänemark machen es vor: Die Verbindung aus „national“ und „sozial“ ist äußerst atraktiv, ganz egal wie sehr die Deutschen diese Kombination als „Nationalsozialismus“ aufs hässlichste missbraucht haben. Und sie ist wahrscheinlich die derzeit einzig machbare Antwort auf den globalen Turbokapitalismus. Dass dies von den vernünftigen Demokraten (außer in Dänemark) gemieden wird wie der Teufel das Weihwasser meidet, führt leider dazu, dass die „Zu- kurz- gekommenen“ mit ihrer, vom Resentiment getriebenen krankhaften Energie, hier ihre Chance haben. – Dieter Herrmann

 

Sie kommentieren in der letzten ZEIT die Wahlen in Polen. Mit den ersten drei Absätzen und der Schlussfolgerung, dass es sich bei dem Ergebnis um eine Katastrophe handele, stimme ich zu. Das Land von Gieremek, Bartoszewski, Mazowiecki und anderen vorbildlichen Freiheitskämpfern und Demokraten könnte nun tatsächlich verloren gehen. Der letzte Abschnitt aber ist sehr fragwürdig. Wenn Soboczynski schreibt, dass keine Kindergelderhöhung der Welt es wert sei, den Liberalismus zu opfern, so ist das die Meinung eines wohlhabenden Menschen und offenbart eine ziemliche Arroganz gegenüber jenen Polen, die in Armut leben, und das sind auf dem Land und in den tristen Vorstädten, und ganz besonders im östlichen Polen B, ziemlich viele. Wenn man wenige hundert Euro im Monat zum Leben hat, die Preise im Supermarkt aber deutsches Niveau haben, ist einem der Liberalismus vermutlich ziemlich egal, insbesondere, wenn er in 30 Jahren zu keiner maßgeblichen Verbesserung der eigenen Lebensumstände geführt hat. Die PiS hat das leider richtig erkannt, die PO und andere Oppositionsparteien offensichtlich nicht.

Soboczynskis Aussage verdeutlicht ein Grundproblem unserer Zeit. Wie in anderen Ländern, die nun mit illiberalen, antidemokratischen und/oder nationalistischen Politikern zu kämpfen haben, trug die weltoffene städtische und in der Regel wohlhabende (!) Bevölkerung, die nun an der Situation verzweifelt, nämlich maßgeblich zu deren Erfolg bei, indem man sich für die Sorgen und Lebensumstände außerhalb der eigenen Lebenswelt nicht besonders interessierte und die Öffentlichkeit mit Themen dominierte, die dort offensichtlich wenig Relevanz haben oder zumindest anders wahrgenommen werden. Die beleidigende Arroganz mancher PO-Politiker hat den Ruf der Opposition vermutlich auf viele Jahre beschädigt.

Ich bezweifle angesichts des recht ungeschickten außenpolitischen Agieren Deutschlands in letzter Zeit, dass wir maßgeblich zur Stärkung der liberalen Kräfte in Polen beitragen können und ich glaube definitiv nicht, dass der Hinweis auf die Abhängigkeit von der deutschen Wirtschaft zur Lösung des Problems beitragen wird. Die Polen sind ein stolzes Volk, und viele von ihnen mussten sich in den letzten Jahrzehnten von der deutschen Wirtschaft und damit letztlich vom deutschen Verbraucher als billige Arbeitskräfte ausbeuten lassen, um ihren Kindern einen Bruchteil unseres Wohlstandes bieten zu können… – HG Rhein

 


 

 

Leserbriefe zu “»Keine Frau wird einfach so abtreiben«“. Gespräch mit Sarah Diehl geführt von Gero von Randow

 

In Deutschland ist Abtreibung nach wie vor eine Straftat. Die Strafverfolgung wird mit der Fristenregelung lediglich ausgesetzt. In der DDR war die Abtreibung ein medizinischer Eingriff, der wie jede andere Behandlung auch, in der Verantwortung des Arztes lag. Deshalb gehörte die Abtreibung zur Facharztausbildung dazu. Was haben wir in unserem ach so modernen Deutschland ? Das dumme Weibsbild ist eine Kindsmörderin, die in ihrer Beschränktheit nicht begreift was sie da tut. Gottlob greift der beschützende Staat ein.

Die gesetzliche Regelung und die angebliche Beratung sind eine Farce mit dem Ziel die Frauen von ihrem Irrweg abzubringen. Eva, du aus dem Ersatzteilkasten des Mannes geschaffene und ewige Sünderin, höre endlich auf deinen Schöpfer und lass die Finger aus der Obstschale. – Olaf Goldschmidt

 

Frau Diehl erwähnt mit keinem Wort, dass Abtreibung die Tötung eines ungeborenen Menschen bedeutet, dessen Leben mit der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle beginnt. Darüber ist sich die Biologie inzwischen einig. Dieser Mensch hat ein Recht auf Leben wie jeder andere auch. Außerdem werden Frauen zwar mitunter ungewollt schwanger, aber abgesehen von Vergewaltigungen nicht ohne eigenes Mittun. Von mündigen Bürgerinnen und auch Bürgern (der werdende Vater sollte auch zur Rechenschaft gezogen werden!) darf der Staat sehr wohl erwarten, dass sie für die Folgen ihres Tuns Verantwortung übernehmen. Verantwortung zu übernehmen kann und darf jedoch nicht bedeuten, nach eigenem Ermessen über das ungeborene Leben eines Anderen zu verfügen.

Übrigens wird keine Frau in Deutschland zum Schwanger Werden verpflichtet. Wenn sie keine Kinder haben möchte, dann braucht sie ja auch nicht schwanger zu werden. Es gibt übrigens viele vom Staat unabhängige Gesprächs- und Hilfsangebote für schwangere Frauen und auch werdende Väter in Konfliktsituationen wie z.B. die ALfA e.V. oder die Stiftung Ja zum Leben. In einem Aspekt stimme ich Frau Diehl jedoch zu: Frauen leisten unbezahlte Fürsorgearbeit. Diese sollte vom Staat bezüglich des Steuerrechts angemessen berücksichtigt und von der Gesellschaft viel mehr wertgeschätzt werden. – Annette Wiesen

 

Wenn man das Enstehen eines individuellen neuen Menschen mit je eigener , von Mutter und Vater verschiedener Genzusammensetzung, im Verschmelzen der Ei- und Samenzelle sieht, kann man nicht wie die „Aktivistin“ Frau Diehl dieses neue Leben als Teil der Frau mehr sehen. Die Natur hat vorgesehen, dass der neu entstandene Mensch zu seiner Entwicklung den Schutzraum der Gebärmutter benötigt, und die Würde dieses Menschen und sein Lebensrecht kann man schon von der Entstehung her sehen. Dieses Leben ist nicht mehr Teil der Frau, und eigentlich in der Verantwortung zunächst von ihr und dem miterzeugenden Mann zu schützen. Dass es Gründe für einen Schwangerschaftsabbruch geben kann, sieht die Gesetzgebung vor.

Die Gesellschaft muss aber auch das ungeborene Leben schützen, weshalb eine Beratung nicht die Verfügungsgewalt einer Frau über ihren eigenen Körper, wohl aber über das heranwachsende Leben in ihr, das ein anderes Leben ist, tangiert. Eigentlich müssten ja beide beraten werden, die dieses neue Leben erzeugt haben; aber die Natur lässt es nun mal im Körper der Frau heranwachsen. Lebensschutz und Schutz der Würde eines Menschen ist Aufgabe aller , von Beginn und bis zum Ende, und ist in unserem Staat gut geregelt, wenngleich bei der guten Verfügbarkeit von Verhütung und Aufklärung die sechsstelligen Abtreibungszahlen nicht sein müssen. – Alois Lienhard

 


 

 

Leserbriefe zu „»Sogar Trump mag meine Musik«“. Gespräch mit Neil Young geführt von Christoph Dallach

 

Was will ihr Autor damit sagen: „Mögen die Trump-Wähler ihre Musik“! Was ist das für eine dumme Frage. Das kann nur von einem Deutschen kommen. Was hat Musik mit Politik zu tun. Und was hat Trump überhaupt damit zu tun. Der Mann zeigt den Europäern wie es nicht mehr gehen kann. Und schon werden viele Medien verrückt und laden ihren Frust an Trump ab.

Was für eine schamlose denke. An den politischen Ergebnissen sollte man einen Politiker messen. Das erwarte ich besonders von der „Zeit“. Trumps Politik kann sich auf diesem Gebiet sehen lassen. Das Beschäftigungsverhältnis ist die Messlatte jeden Politikers der an der Macht ist. Sie werden die bekannten Zahlen kennen, und trotzdem werden sie entweder verschwiegen oder klein geredet. Die Demokraten müssen schon zu unlauteren Mittel greifen um Trump Schaden zuzuführen. Trump hat alles durchgesetzt was er vor der Wahl den Wählern versprochen hat. Zuletzt die Absperrung gen Mexiko. Alles richtige Maßnahmen. Und in Deutschland wird dieser Mensch ständig in die Pfanne gehauen. Die Deutschen Medien benehmen sich als 4. politische Kraft obwohl sie wissen, daß sie dafür kein Mandant haben. Das stört sie alles nicht. Auf welcher Parteischule war ihr Autor!? – Gunter Knauer

 

Zunächst vielen Dank für die aktuelle Ausgabe, interessante Artikel zu Handke, Greta u.a. Auch das Interview mit Neil Young gefällt. Ich frage mich allerdings, was der Titel („Sogar Trump mag meine Musik“) soll. Erst legen Sie Ihm eine solche Aussage mit der Frage in den Mund, dann titeln Sie das (weil es so schön knallig ist) – keinerlei Bezug zu dem, worum es Young geht. Eine journalistische Unsitte, der man ständig begegnet. Dennoch: Ihre Zeitung ist mit Abstand die beste in Deutschland. – Th. Racky

 

Neil Young (*12.11.1945) ist der „Godfather of Grunge“, dieses „Kompliment“ erspielte er sich mit seiner Band „Crazy Horse“. Neil Young ist auch Solokünstler, und er war ein Teil der Supergruppe „Crosby, Stills, Nash & Young“. Neil Young ist Komponist, Texter, Sänger und Gitarrist. Neil Young war mit seinen Weggefährten David Crosby, Stephen Stills und Graham Nash, vor 50 Jahren mit dabei in Woodstock (1969). Jetzt ist Neil Young 73 Jahre alt, und von einer gewissen „Altersmilde“ ist gar nicht so viel zu spüren, vielleicht dann doch ein „klitzekleines“ bisschen. Er ist und bleibt der unbequeme und ein äußerst kritischer Mensch, und das steht ihm auch besser zu Gesicht!

Unsere Welt, die braucht einfach Menschen, die irgendwie sehr oft dagegen sind, und die alle Finger in alle Wunden legen, die sich gerade auftun, er ist aber auch selbstkritisch und sieht seine Schwächen und Fehler, und er bewundert die „Greta“! – Klaus P. Jaworek

 


 

 

Leserbriefe zu „Lassen sich Rechtspopulisten entzaubern?“ Streit von Sascha Lobo und Laura Zimmermann

 

Für die Verhältnisse in Deutschland hat Sascha Lobo aus meiner Sicht die passende Antwort, für die in der Schweiz Laura Zimmermann. Gemeinsam ist die Notwendigkeit der Entzauberung von Rechtspopulisten. Der Hintergrund ist im Vergleich doch recht unterschiedlich. Wenn in der Schweiz Rechtspopulisten konkrete Inhalte in Form von Initiativen und Referenden im öffentlichen Raum extrem polarisierend platzieren, so ist es mit Blick auf die direktdemokratische Entscheidungssituation geradezu notwendig, den Gegenpol zu den rechtspopulistischen Sichtweisen glasklar zu besetzen.

Während klassische Parteien hier stets taktisch agieren und im Wettbewerb um Wähler sich in ihrer Positionierung eher selbst profilieren wollen, kann Operation Libero den inhaltlichen Gegenpol zu den Rechtspopulisten klar herausarbeiten, geschärft in die Debatte einbringen und auf diese Weise die Aufklärungs- und Entzauberungsarbeit erfolgreich leisten. Um keine Lücken und freien Felder für das Wachstum des Rechtspopulismus zu belassen, hat Laura Zimmermann im Grunde keine andere Wahl als die Debatte zu suchen.

Wenn sich in Deutschland Rechtspopulisten im öffentlichen Raum bemerkbar machen wollen, so nutzen Sie vor allem ihre parlamentarische Oppositionsrolle und die sich daraus ergebenden Möglichkeiten in den Medien. Ziele ihrer Kommunikation sind u.a. die maximale Störwirkung im parlamentarischen Betrieb, das Schüren von Affekten und die Vertiefung der Spaltung in der Gesellschaft. Um diese Wirkungen konstant erreichen bzw. sogar steigern zu können, bleiben die Inhalte unkonkret, diffus, instabil. Für die Guerillataktik ist Beinfreiheit hilfreich, konkrete Inhalte sind ein Klotz am Bein.

Heute treten sie auf im Gewand des Entzauberers, morgen als Agitator und Provokateur, übermorgen in der Rolle des Opfers – immer in der angemaßten Stellvertreterrolle für das Volk. Da eine ernstgemeinte inhaltliche Ebene nicht greifbar ist, besteht auch keine Möglichkeit zur Debatte. Wer die Debatte dennoch sucht, wertet die Diskurszerstörer zu Dialogpartnern auf, wertet ihre wirkungsorientierten Äußerungen zu Inhalten auf. Es bleibt nur die Entlarvung und Demaskierung des rechtspopulistischen Settings durch öffentliche Analyse und Aufklärung: Schaut alle her! Seht genau hin, was hier vor sich geht! Denkt mal darüber nach! – Reinhard Koine

 

Auf Seite 12 der aktuellen Zeit bringen sie das Gespräch zwischen Laura Zimmermann und Sascha Lobo über den Freiraum, der rechtsextremistischen Parolenschwingern eingeräumt werden soll. Dann, auf Seite15, darf Anja Reschke die hinterfotzige Propagandistik eines Herrn Höcke filetieren. Warum, in drei Teufels Namen, durfte dieser brillante Entlarvungstext nicht auf ihre Titelseite? Alles was dort Platz fand, war zweitrangig, gemessen an dem, was vergangene Woche im Inland von Bedeutung war. – karl heinz stoll

 

Vielleicht lassen sich Rechtspopulisten in Diskussionen entzaubern, wenn es wirklich zu einer Diskussion kommt und der Rechtspopulist nicht den anderen Diskussionsteilnehmern das Wort abschneiden und immer wieder seine falsche Thesen wiederholen kann. Überzeugte Verschwörungstheoretiker wie den Attentäter von Halle wird man über Diskussionen aber wohl nicht mehr erreichen. Wichtiger finde ich deshalb, öffentliche Beleidigungen und offensichtliche Lügen gar nicht erst entstehen und Verbreitung finden zu lassen. Früher sorgten für diese Regulierung im Wesentlichen die Zeitungen und Zeitschriften, soweit sie seriös waren. Im Internet müssten meines Erachtens die jeweiligen Websitebetreiber dafür sorgen:

So wie ich auf meiner Website keine Beleidigungen und Lügen verbreite / verbreiten darf und seriöse Online-Magazine nicht auf ihren Webseiten, und zwar auch nicht in den Fremdbeiträgen/Kommentaren von Leser(innen), so sollten auch die angeblichen sozialen Netzwerke, die in Wahrheit ja gewinnorientierte Unternehmen sind, dazu verpflichtet werden, von sich aus Beleidigungen und offensichtliche Lügen nicht zu veröffentlichen oder gar zu verbreiten. Wenn unsere Politiker(innen) das nicht durchsetzen können oder wollen, sollten die Besitzer der angeblichen sozialen Netzwerke unter Androhung milliardenschwerer Bußgelder zumindest die Namen und Anschriften der Beleidiger und Lügenverbreiter erheben und herausgeben müssen, damit eine Strafververfolgung überhaupt erst möglich wird. Das nützt natürlich alles nichts, wenn Richter(innen) die übelsten Beleidigungen und offensichtlichsten Lügen im Web für akzeptabel halten. Der Berliner Richterspruch erfüllt meines Erachtens den Straftatbestand der Rechtsbeugung. – Dr. Ulrich Willmes

 


 

 

Leserbriefe zu „Wie reif sind Erstsemester?“ von Thomas Kerstan

 

Immer mehr Wissenschaftsgebiete sind auf mathematische Fähigkeiten angewiesen, die ein sub¬stan-zielles Verständnis der statistischen Methoden in Fach A oder komplexer Differentialgleichungen im Fach B erfordern. Empirische Sozialforschung oder etwa Analyse der Dynamik „ökologischer Syste-me“ verlangen das. Wie passt das mit dürftigen Abitur-Kenntnissen zusammen? Wenn mehr Abiturienten damit durchkommen, einige Koch¬rezep¬te für den Taschen¬rechner auswendig zu lernen, anstatt die Substanz der Mathema¬tik zu begreifen, wissen sie nur die Hälfte des wichtigen. Wer den Satz des Pythagoras nur als a2 + b2 = c2 kennt, aber nichts über die Winkelfunktionen im recht-winkligen Dreieck weiß, wendet den Taschenrechner an und bekommt prompt Panik, wenn der Zusam-menhang sin(x)2 + cos(x)2 = 1 auftaucht: Dabei ist das genau dasselbe!

In volkswirtschaftlichen Anfängervorlesungen für etwa 900 Studenten bekam ich auf eine Umfrage per E-Mail einen Feedback mit je 33 % mit „Genau richtig. Weiter so!“, „In den Übungen verstehe den Stoff dann zu 90%.“ und schließlich „Ich verstehe schon beim Differenzieren – WAS ist die Quotienten-Regel? – nichts mehr!“ oder gar „Wie haben Sie die Gleichung xy umgeformt?“ Es handelte sich hierbei fast nur um Mittel- und etwas Oberstu¬fenwissen und elementare Kulturtechniken. Die Misere beginnt in der Mittelstufenmathematik, für deren Bestehen die inhaltlich nie verstandenen Kochrezepte ausreichen, was sich dann übel rächt. Früher gab es dafür reichlich auch Text-Übungs¬auf-gaben durch erstklassige und engagierte Lehrer, sowie Eltern, die ihr Kind realistisch einschätzten. Aber wer muss heute noch üben? Man gilt auch ohne stundenlanges Üben als „genial“ – eine perfekte Demonstration des Dunning-Kruger-Effekts mit fatalen Folgen. – Prof. Emeritus Dr. Wolfgang Ströbele

 

Die Universitäten bilden die Lehrer aus. Die Lehrer bilden die Schülerinnen und Schüler aus. Die Schülerinnen und Schüler werden zu Studierenden. Diese Studierenden sind in vielen Fällen nicht studierfähig. Natürlich weiß ich, dass das Problem vielschichtig ist. Trotzdem muss es vor diesem Hintergrund erlaubt sein, zu fragen: Sind vielleicht diejenigen, die sich beschweren, die Ursache? – Benedikt Flurl

 


 

 

Leserbriefe zu „Passt schon“ von Eva Menasse

 

Eva Menasse geht Peter Handke auf den Leim: Sie preist das Werk – und gesteht ihm „eine sentimental verzeihende Liebe zu Serbien“ zu. Das ist dann doch zu naiv. Handke ist zuallererst ein Selbstverliebter und Originalitätssüchtiger. Er inszeniert sich und provoziert, es gefällt ihm, als großer Unverstandener in Sachen Serbien dazustehen. Wobei er nie debattieren würde, sondern sich gegenüber denen, die zu widersprechen wagen, wütend, verächtlich und herrisch gibt.

Ihm, dem Dichter, möge man doch nicht mit so etwas wie Einwänden kommen. Seine von Eva Menasse als „skurril“ bezeichnete Teilnahme am Begräbnis Milosevics ist beispielhaft für Handkes Kalkül, sich ins Gespräch zu bringen. Klappern gehört zum Handwerk, und dass er nun den Nobelpreis für Literatur bekommt, mag Handke bestätigen: er war nie zu überhören. Ja, Frau Menasse hat recht: passt schon. – Eckhard Hooge

 

Was Frau Menasse schreibt, macht mich sprachlos wütend. – Eva Kaiser

 


 

 

Leserbriefe zu „Die Pille gegen alles?“ von Harro Albrecht

 

Ihren Artikel „Die Pille gegen alles?“ möchte ich jetzt nicht bewerten oder kommentieren. Aber ich bitte Sie um Folgendes: Bitte, lesen Sie das Buch des Arztes Gerd Reuther „Der betrogene Patient“ (riva-Verlag 2018). Bitte, be- und überdenken Sie kritisch und mit der erforderlichen Distanz, dass die moderne wissenschaftsbasierte Medizin symptombezogen „behandelt“ und dabei auf den beiden „Säulen“ Suppression und Substitution ruht. Und dass z.B. auch die von Ihnen erwähnte Typ-II-Diabetes ursächlich völlig anders gesehen und angegangen werden könnte.

Bitte, vergegenwärtigen Sie sich, was der durchschnittliche Leser der ZEIT von einem Publikationsorgan erwartet/erwarten darf, nämlich die Vermittlung von kritisch-aufklärerischem Hintergrundwissen und eine Beurteilung gerade medizinischer Medikation, die von einer selbst bestimmten und eigenverantwortlichen Gestaltung des eigenen Lebens ausgeht, besonders im Hinblick auf Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit. Individuelle Eigenverantwortung und Autonomie statt fremdbestimmter „Behandlung“. (Ivan Illichs „Nemesis“ lässt grüßen).Bitte, entscheiden Sie nach dem möglichen Erkenntnisgewinn aus dem Buch von Gerd Reuther, ob Sie Ihren Beitrag in der gebrachten Form dann noch einmal veröffentlichen würden. –Dr. Diethard Mai

 

Ihr Artikel ‚Die Pille gegen alles‘, veröffentlicht in der Zeit Ausgabe vom 17.10.2019, bezieht sich auf die mögliche weitere Verwendung des Antidiabetikums Metformin in der Krebstherapie, aber auch als Prophylaxe für ein Konglomerat an Indikationen. Sehr zu meinem Bedauern habe ich in Ihrem Artikel nichts über die potentiellen Umweltauswirkungen dieses, aus meiner Sicht, höchst problematischen Medikamentes lesen können. Metformin ist mit 1.600 t im Jahr das mit Abstand meinst verschrieben Arzneimittel in Deutschland.[1] Im Körper wird es praktisch nicht metabolisiert und in der Kläranlage nur unzureichend abgebaut, weshalb es in hohen Konzentrationen in Gewässern gefunden wird.[2] Auch im Grund- oder sogar Trinkwasser wurde es bereits nachgewiesen.[3] Besonders besorgniserregend ist, dass es Hinweise darauf gibt, dass Metformin in die Fortpflanzung von Wirbeltieren eingreift.[4,5]

Es ist keine Frage, dass es von großem Nutzen wäre, wenn Metformin auch in der Krebstherapie erfolgreich eingesetzt werden könnte. Aber Metformin auf gut Glück prophylaktisch zu schlucken und damit weiter zu einem erhöhten Umwelteintrag von Arzneimitteln in unsere Gewässer beizutragen, sehe ich sehr kritisch. Erwiesenermaßen effektiv wäre hingegen eine gesunde Lebensweise, mehr Bewegung und bessere Ernährung, aber eine Pille prophylaktisch zu schlucken passt anscheinend besser zum Zeitgeist. Eine kleine Bemerkung zum Schluss, die Gewichtsreduktion könnte auch durch die häufigen, gastrointestinal Nebenwirkungen des Präparates bedingt sein… Quellen: [1] https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikationen/pharmaceuticals_in_the_environment.pdfS.5/6, [2] https://pubs.rsc.org/en/content/articlelanding/2018/EM/C8EM00390D, [3] https://www.umweltbundesamt.de/themen/chemikalien/arzneimittel/die-uba-datenbank-arzneimittel-in-der-umwelt, [4] https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0045653515002830, [5] https://www.karger.com/Article/Abstract/91496Dr. Gunther Speichert


 

 

Leserbriefe zu „Ein starkes Stück“ von Christian Staas

 

Die Sozialdemokratie ist eigentlich gar nicht so verkehrt. Sie wird nur falsch verstanden. Und das hat Willy Brandt wiederum nicht verstanden. Das war immer ein typisches Merkmal der Sozialdemokraten schon so lange wie es sie gibt. Sie waren auch keine Kommunisten, wie ihnen oft unterstellt wurde. Vielleicht, jedenfalls am Anfang unserer Republik, konnte man das Wehner nachsagen.

Die Masse der Menschen, das ist heute noch so, brauchen Leitfiguren, die müssen nicht unbedingt aus der Politik kommen, aber das sehen ich weit und breit nicht. Unsere Bundeskanzlerin hätte es werden können, wenn sie nicht den verhängnisvollen Fehler der unkontrollierten Einwanderung im Alleingang beschlossen hätte. Das wird ein Land zwei, vielleicht auch drei Generation beschäftigen. Wenn sie ihren Fehler eingestanden hätte, wäre sie vielleicht mit einem blauen Auge davon gekommen. Aber selbst diese Chance hat sie vertan. – Gunter Knauer

 

Willy Brandt wollte einst mehr Demokratie wagen. Die SPD von heute, die sollte wieder mehr „Willy Brandt“ wagen, sonst ist die jetzt so sehr mutlose, so sehr unsoziale und total risikoscheue „alte Tante SPD wirklich bald tot“! – Klaus P. Jaworek

 


 

 

Leserbriefe zu „Eine von 31“ von Kerstin Bund, Uwe Jean Heuser, Ann-Kathrin Nezik

 

Ich kann mich gut an ihren Beitrag vor circa 4 Jahren erinnern, der aufgelistet hatte, daß fast alle Frauen in Spitzenpositionen nach etwa einem oder zwei Jahren wieder verschwunden waren – aus unterschiedlichen Gründen. Auch die Quotenregelung halte ich für Unsinn. Wie halten das die Medien? Ich sehe fast nur Männer in der Spitze. Es würde zu weit führen ihnen Erklärungen zu liefern, warum das so ist. – Gunter Knauer

 

Am besten hat mir in Ihrem Artikel die beschriebene Haltung von H. Plattner gefallen, der die Vorstandsposten so besetzt, weil er die beiden für die Besten hält, nicht weil sie Frau oder Mann sind. Ansonsten ist es mir als nicht hierarchisch orientiertem Naturwissenschaftler gleichgültig, ob die Dax-Firmen von Frauen oder Männern geführt werden, solange die Ergebnisse stimmen, und wenn sie bei den dann vielleicht mal mehrheitlich von Frauen geführten Dax-Firmen nicht stimmen sollten, würde mich das nicht aus dem Gleichgewicht bringen.

In der Vergangenheit haben Männer wie Ackermann, Breuer etc., Schremp, Winterkorn usw. genug Unsinn angestellt. Dann dürfen jetzt Frauen auch mal entsprechend dürftige Ergebnisse abliefern. Und in ferner Zukunft werden wir feststellen, daß die Leistung nichts oder wenig mit dem Geschlecht zu tun hat. Dann können wir uns, wenn noch genug Zeit verbleibt, wirklichen Problemen wie dem Klimawandel zuwenden. – Dr. Walter Engel

 


 

 

Leserbriefe zu „Die Frau, die aus dem Himmel kam“ von Alexandra Urisman Otto

 

O.a. Artikel lässt leider die gebotene professionelle Distanz der Reporterin zu ihrem Gegenüber vermissen. Er verklärt Greta und erklärt sie „zu einer der einflussreichsten Personen der Welt“, obwohl weltweit zwar über sie geredet wird, praktische Maßnahmen in ihrem Sinne zur Klimarettung nicht erfolgen. Zudem gibt es keine kritischen Nachfragen, z.B. warum Greta Menschen “ zur Panik treiben will“, obwohl Panik die schlechteste Basis für Entscheidungen ist.

Wissenschaftler haben – wie Politiker auch – keine Patentrezepte, welche Maßnahmen den CO2-Ausstoss sinnvoll reduzieren. Die jetzt so gelobte E-Mobilität ist dafür nicht unbedingt geeignet, solange es nicht genügend sauberen Strom gibt. Darüberhinaus werden dabei auch die Umweltschäden beim Abbau des für Batterien benötigten Kobalt und Lithium völlig außer Acht gelassen.

Es ist ziemlich einfach, bei Demonstrationen zu fordern „die Politik“ müsse die Maßnahmen ergreifen, ohne sich zu überlegen, welche Maßnahmen jetzt schon jedem Einzelnen möglich sind und diese auch umzusetzen. Sicher sind gesamtgesellschaftliche Veränderungen nötig, die aber in Ruhe getroffen und erklärt werden sollten, damit die Menschen folgen können. Es sollte nicht vergessen werden, dass sich in Umfragen zwar viele Menschen für mehr Klimaschutz aussprechen, aber nicht bereit sind, dafür mehr zu zahlen. – Beate Hille

 

„Greta“ schipperte in die US-Staaten, um die Umwelt zu retten, und in Syrien, da „tobt weiterhin der Bär“! Der Zustand der Umwelt, der spielt in Syrien überhaupt keine Rolle mehr. Der „Krieg“, der hat jetzt Vorrang in Syrien, und über den Zustand der Umwelt, da verliert wahrscheinlich niemand ein Wort, die Umwelt, die läuft dort nur noch unter „ferner liefen“. Was die „Tonne CO2“ gerade kostet, das scheint in Syrien auch keinen Menschen so richtig zu interessieren! – Klaus P. Jaworek

 


 

 

Leserbriefe zu „Schnell Geld verdienen mit Greta“ von Magdalena Hamm

 

Ihre Autorin hält eigentlich nichts von den Kinderbüchern. Wenn sie wüßte, wie recht sie hat. Der ganze Kinder- und Jugendwahn geht mir lange schon auf den nerv. Die elektronischen Medien stehen an der Spitze der Verblödung. Es vergeht kaum eine Woche wo nicht ein Kind seine unausgereifte Meinung öffentlich absondern kann. Und zum Thema selbst: Die Forschung ist gefragt. Es gäbe die Möglichkeit den CO2 zu neutralisieren. Das hätte längst geschehen müssen.

Wie genau weiß ich nicht. Das wäre vielleicht eine Aufgabe ihrer Autorin sich damit Mal zu beschäftigen. Die „Zeit“ würde es sehr freuen, wenn bei der Recherche erhellendes dabei herauskommen würde. – Gunter Knauer

 

Bitte, bitte, schreiben Sie, gerade wenn Sie für Kinder formulieren, nicht einen Artikel mit so vielen Fehlern und so viel Unsinn. Und bitte lassen Sie das Verallgemeinern! Warum sollte eine Familie auf ihren Urlaub aufgrund des Klimas zuliebe verzichten müssen? Sie muss ihn nur verträglicher gestalten. Ein paar Superreiche (eben ein paar und nicht die Masse!) werden auch mit einer CO2-Steuer, wie hoch sie auch sein mag, trotzdem ihr Verhalten nicht ändern. Die einzige Möglichkeit wäre, es zu verbieten. Wollten Sie das sagen? Die Politiker sollen Jachten und Privatjets bzw. überhaupt jeden Flugverkehr verbieten?

Die Klimakrise lässt sich nur lösen, schreiben Sie, wenn die Regierungen verbieten CO2 auszustoßen. Das ist natürlich richtig und gleichzeitig so allgemein, dass es großer Quatsch ist. Die Frage, die Sie ihren jungen Lesern damit überhaupt nicht beantworten, wie kommt die Gesellschaft dorthin? Anhand der Gelbwestenbewegung in Frankreich konnte jeder erleben, wenn die Bevölkerung zu einer Veränderung nicht bereit ist, werden Veränderungen durch die Politik auch nicht mittgetragen. Wie kommt es aber dann zu Veränderungen? Heureka, indem sich viele verändern oder es zumindest wollen. Deshalb ist Ihr entweder-oder falsch, sondern es gelingt nur, wenn die Gesellschaft möglichst viel sich verändert (gerade aus moralischen und nicht praktischen Gründen, die Sie aber einer signifikanten Größe absprechen, siehe zweiter Absatz) UND die Politik diesen Veränderungswunsch der Gesellschaft umsetzt. Und – nicht oder!

Wenn Kinder und ihre Eltern in Deutschland klimaschonend leben würden, bringe das fast nichts, schreiben Sie weiter. Da machen Sie ein paar riesen Denkfehler. Sie zielen auf das Konsum-/Kaufverhalten der Deutschen ab, die aber einen weit höheren CO2-Äquivalente-Ausstoß haben als der Wert, der nur in Deutschland ausgestoßen wird. Denn die Produktionsbedingungen in China, Indien usw. für Waren die wir von dort kaufen, müssen Sie miteinberechnen. Auch wenn Sie national denken, sollten Sie das deutsche Gesellschaftsverhalten wenigstens EU-weit beeinflusst sehen. Wenn Sie nun diese beiden Faktoren berücksichtigen, kommen Sie auf einen Wert, von rund einem Viertel der weltweit problematischen CO2-Äquivalente. 1/4 ist also „recht klein“?

Bei einer Verweildauer in der Atmosphäre von CO2 von 120 Jahren ist es tatsächlich geboten, sofort und persönlich (wie es Greta Thunberg versucht), möglichst auf jedes weitere ausgestoßene Gramm CO2 zu verzichten. Denn was bedeutet das, Verweildauer von 120 Jahren? Wenn wir ab morgen weltweit klimaneutral leben würden, dann würden die jetzt schon existierenden Klimaprobleme 120 Jahre weiter existieren. Also es würden weiter die Pole abschmelzen, Gletscher zurückgehen und Permafrostböden auftauen. In dieser klimaneutralen Welt müsste also CO2 zusätzlich aus der Atmosphäre gebunden werden, um ein stabiles Klima zu erhalten. Stattdessen wird aber weltweit weiter, jedes Jahr mehr, CO2 ausgestoßen.

Und zuletzt: Günstig, bequem und schneller ist das Auto gegenüber dem Zug nur noch in den allerwenigsten Fällen. Bei Inlandsverbindungen trifft das fast immer auch auf das Flugzeug zu. Fahren Sie überhaupt Zug oder nehmen Sie Auto und Flugzeug und warten darauf, bis die Politik es Ihnen verbietet? Mit so einem Verhalten bekommen wir dann aber leider eine Politik in Klimafragen wie die jetzige, die ihren Bürgern nicht mehr zutraut. Also meine erneut ausgesprochene Bitte: Vor allem wenn Sie an Kinder adressieren, denken und recherchieren Sie sorgfältiger! – Achim Michael Hasenberg

 


 

 

Leserbriefe zu „Verschont und doch getroffen“ von Mohamed Amjahid et al.

 

Am 21.Oktober 2019 lief in der ARD das Docudrama von 2019: „Die Ungewollten – Die Irrfahrt der St. Louis“, die im Jahre 1939, kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges fast 1000 jüdische Flüchtlinge an Bord von Hamburg nach Kuba bringen sollte. Nicht nur Kuba verweigerte ihnen die Einreise; und die Odyssee in eine sehr unsichere Zukunft, die nahm volle Fahrt auf.

Gustav Schröder, der Kapitän der St. Louis zeigt sich erst machtlos, und entwickelte im Laufe dieser Irrfahrt immer mehr an Zivilcourage und brachte schließlich seine „jüdischen Gäste“ in den Niederlanden, in Belgien, in Frankreich und in Großbritannien sicher an Land, und bewahrte alle vor dem sicheren Tod, in den Konzentrationslagern der Nazis-Schergen. Ob in Halle oder sonst irgendwo auf der Welt, da scheint der Mensch nichts aus der Geschichte lernen zu können oder zu wollen, indem er gegen die „Mittelmeer-Flüchtlinge“ oder gegen unsere jüdischen Mitbürger gewalttätig losschlägt. – Riggi Schwarz

 

Ein ausführlicher, informativer Artikel – der stellenweise doch sehr irritiert. Die Mutter des Täters wird zitiert: „Er hat was gegen die Leute, die hinter der finanziellen Macht stehen – wer hat das nicht?“ Dieser Satz wird als „absurd“ kommentiert, „noch absurder mit Blick auf die jüdische Gemeinde Halle: Deren Mitglieder sind weit von irgendwelchen finanziellen Mächten entfernt. (…) Manuela (eine interviewte Frau aus der Gemeinde) kommt nicht aus einer Schicht, die sich der Attentäter herbei fantasiert hat.(…)“

Es gibt sie also doch, die „finanziellen Mächte“? (Die hauptsächlich jüdisch sind?) Nur „leider“, also „versehentlich“, hat es der Attentäter auf eher ärmere Migranten abgesehen? Soll heißen: Auf die „reichen, mächtigen Finanzjuden“ zu schießen wäre schon eher verständlich gewesen? Nur war der Attentäter nicht richtig informiert über die Zusammensetzung der Gemeinde in Halle?

Hier werden alte Ressentiments und Vorurteile (jüdische Weltverschwörung, Kontrolle über die Finanzwelt) eben nicht ausgeräumt, sondern zementiert. Jüdisch = reich = listig = feindlich…

Manuela, „ist das Kind einer Lehrerin, genau wie der Attentäter auch“. Daraus folgt, dass der Attentäter sicher nicht auf sie – und andere – geschossen hätte, wenn er ihre wahre Herkunft nur gewusst hätte? Vor lauter Empathie?

Auf Menschen zu schießen ist ein verwerfliches Verbrechen, ob sie arm oder reich, Deutsche oder Migranten, Banker oder Lehrerinnen, Christen, Muslime, Juden oder Atheisten sind. Die Irrungen und Fantasien eines Attentäters, wen er „eigentlich“ treffen wollte, dürfen und sollten hier keine Rolle spielen. – Catherine Lustig-Radt

 


 

 

Leserbriefe zu „Die Tatenlosen“ von Özlem Topçu

 

„Und die Europäer schauen zu.“ Egal, ob der Autor oder die Redaktion für diesen Teil des Untertitels verantwortlich ist: ich kann es nicht mehr hören. Denn unabhängig von allen strategischen und diplomatischen Optionen gibt es zwei grundsätzliche Dinge zu bedenken: Erstens könnten die Europäer auch wegschauen, was bedeuten würde, dass man alle, die primär auf Waffengewalt setzen, ihre Angelegenheiten allein austragen lässt. Eventuell bis keiner von denen mehr übrig bleibt, jedenfalls mit unabsehbaren Folgen für die Zivilbevölkerung. Und zweitens sollten sich Verantwortliche und Ausführende dieser Rangeleien um irgendwelche vermeintlichen Vorteile daran erinnern, dass sie doch zum größten Teil Muslime sind.

Sie sollten das damit verbundene Gemeinsame sehen, um positive Lösungen für alle zu finden. Oder haben sie nicht verstanden, was Religion ist? Die ursprünglich als Glaubensbekenntnisse gedachten und mittlerweile zu Schachtrufen verkommenen Äußerungen lassen das jedenfalls vermuten. Ihre eigenen Motive und Ziele sollten alle Beteiligten gründlich hinterfragen, anstatt mit exklusiven Besitzansprüchen und vorweggenommenen Siegesräuschen daherzukommen. Daran zu erinnern bzw. das einzufordern könnte neben allen diplomatischen Bemühungen Aufgabe der Europäer sein. – Christoph Müller-Luckwald

 

In UK spielt man weiter Brexit, Japan gibt für den Tenno eine Stange Geld aus, AKK will ganz alleine nach Syrien ziehen, die Natur sollte sich endlich dem Menschen anpassen, und wir, wir lassen den lieben katholischen Herrgott, weiter einen guten Mann sein, mit oder doch ohne Zölibat! – Klaus P. Jaworek

 


 

 

Leserbriefe zu „13 Jahre Haft – wofür?“ von Ulrich Ladurner

 

Messen wir mit zweierlei Maß? Was sind unsere europäischen, rechtsstaatlichen und demokratischen Maßstäbe, wenn wir die separatistischen Demos der Katalanen (7 Millionen Einwohner) gegen die Spanier (40 Millionen Einwohner ohne Katalonien) für unrecht halten und wir die Demos in Hongkong (7,4 Millionen Einwohner) gegen 1,4 Milliarden Chinesen (ohne Hongkong) befeuern?

Dabei gibt es sowohl in Katalonien als auch in Hongkong sogar viele Menschen, die beim Mutterland verbleiben wollen und bei denen die von Europa inszenierte machtpolitische Entfremdungspolitik nicht gewirkt hat. Katalonien gehört zu Spanien, Hongkong gehört wieder zu China. Nur Mehrheitsentscheidungen aller Bürger wären demokratisch und rechtsstaatlich. –Uwe-Carsten Edeler

 

Würden Sie, Herr Kollege Ladurner behaupten, in Deutschland hätten CDU und SPD im Moment nicht die absolute Mehrheit? Nein? In ihrem Beitrag zu Katalonien schreiben Sie, eine knappe Mehrheit habe sich 2017 bei der verbotenen Volksabstimmung gegen die Abspaltung ausgesprochen. Das ist faktisch falsch.

Sie meinen, etwas mehr als 50% der Stimmberechtigten sei nicht zur Abstimmung gegangen. Das ist nicht dasselbe! Ihr Beitrag ist selbst komödienhaft, unangemessen und wird der nationalen Problematik nicht gerecht. – Johannes Klotz

 


 

 

Leserbriefe zu „»Es geht um Millionen«“. Gespräch mit Hans Woller geführt von Stephan Lebert und Moritz Müller-Wirth

 

Bezugnehmend auf das Buch von Hans Woller über Gerd Müller schreiben Sie, der Autor, Hans Woller, „war über 20 Jahre Chefredakteur der Vierteljahresheftedes renommierten Instituts für Zeitgeschichte in München“. Erlauben Sie mir bitte auf die korrekte Schreibweise dieser angesehenen Zeitschrift aufmerksam machen zu dürfen: Vierteljahrshefte, d.h. ohne das „e“ in der Mitte ist richtig. Übrigens: der typische Fehler in Seminararbeiten im historischen Proseminar. –Dr. Thomas Sarholz

 

Große Aufmachung, wenig dahinter. Um Machtpolitik, Millionen und Steuerhinterziehung geht es von morgens bis abends in dieser speziellen Fußballwelt. Und nicht nur dort, sondern allgegenwärtig im Laufe von Zeit und Geld. Dazu hätte es keines ganzseitigen Interviews mit einem Historiker bedurft. Zumal, wenn dessen spezifischer Beitrag – und damit das ganze Interview – ziemlich dünne ist. – Gernot Henseler

 


 

 

Leserbrief zu „Bohren, bis es heiß wird“ von Heike Buchter

 

Ob mich jemand für seine Sache gewinnen kann, wenn er mich vorher nervt, behindert, schädigt oder mir ähnlich Unangenehmes antut? Kurz: nein. Der Mensch ist die Krone der Schöpfung, aber nicht alle Synapsen scheinen perfekt zugeordnet. Wie erklärt sich sonst der Irrglaube an bessere Zustände durch Zerstörung? In Kriegen alles dem Erdboden gleich gemacht und viele tote Menschen sind ein Erfolg versprechender Start in ein feines Leben? Streikende Airport-Mitarbeiter verursachen Millionenschäden, kippen zehntausende Urlaube und noch mehr Geschäftstermine für persönliche Anliegen? Das turnusmäßige, vermeintlich politisch motivierte Zerlegen von Innenstädten ist der Nachweis dafür, dass radikale Randalierer die klügeren Köpfe sind?

Immer noch: nein. Aktuell reihe ich auch den Extinction-Rebellion-Protest in diese geistige Verwirrung ein. Ich kenne niemanden, der nicht gegen Klimakatastrophen und das Aussterben von Menschen, Tieren und Pflanzen ist. Ich kenne allerdings auch niemanden, der dafür permanent an die Allgemeinheit adressierte Schikanen bejubelt, die nichts mit dem Thema zu tun haben und eben nicht die – mitunter recht großzügig dazu bestimmten – Verantwortlichen berührt. Endlose Staus (vorteilhaft fürs Klima! – Ironie Ende), zu spät zur Arbeit kommen, Kranken- und Einsatzwagen, die Notfälle kaum mehr erreichen, Handwerker und Lieferanten, die neben ihrer Geduld auch Umsatz verlieren, Polizisten, die ebenso pro Umwelt eingestellt sind und sich dennoch von Gleichgesinnten bespucken lassen müssen. Dazu summieren sich ungeheure Kosten als Konsequenz solcher Aufstände, die wir alle bezahlen und die an anderer zweckgebundener Stelle nützlich gewesen wären.

Erschwerend sei vermutet, dass nicht wenige der wochenlang Rebellierenden eher zu den Nehmern als zu den Gebern staatlicher Mittel gehören. Eine ganze Woche lang Großstädte lahmlegen – ich kenne die Zielgruppendefinition von Extinction Rebellion nicht, ich hätte deren löbliche Absichten bereits mit einer guten Aktion verstanden. Liebe Rebellen (unglücklicherweise ist bereits dieses Wort mit einer gewissen Gewaltbereitschaft verbunden), seid kreativ:

Macht Aktionen, die wirklich mit Umwelt zu tun haben, die positiv Aufmerksamkeit und damit auch Zustimmung generieren, engagiert euch in den Gremien, die ihr sonst bepöbelt und bringt die Bevölkerung auf eure Seite, nicht gegen euch auf. Erfolg ist größer, wenn alle mitmachen. Das könnte eure neue Aufgabe sein. Meine Meinung. – Rüdiger Laube

 


 

 

Leserbrief zu „Verrat, aber mit Ansage“ von Jörg Lau

 

Ja richtig, es ist ein Verrat mit Ansage, aber nicht aus politischen, sondern pathologischen Gründen. Die USA hat während der bisherigen Existenz der Nato von Vietnam bis Grenada oft bewiesen, kriegstreiberisch ohne Bündnisfall zu agieren, und kein Bündnispartner hat reagiert. So wird es auch hier sein. Es darf aber angesichts des herannahenden amerikanischen Wahlkampf spekuliert werden, ob wegen der zwischen Trump und Putin verabredeten Einmischung der Russen beim vorherigen Wahlkampf nun die entsprechende Rendite für Putin fällig wird. Ich glaube nicht an eine Neuordnung, sondern an einen primitiven Klüngel von drei Psychopathen zum Nachteil der gesamten Region. – Jürgen Dressler

 


 

 

Leserbrief zu „Öffnet die Inventare!“ von Kader Attia et al.

 

Warum gibt es eigentlich keine generelle Forderung an alle Länder zu diesem Thema? Man stelle sich vor, es wird z.B. alles aufgelistet was in den Museen von Great Britain an Raubkunst vorhanden ist und dann vielleicht auch noch zurückgegeben. Ich vermute mal, in manchen Räumen würde gähnende Leere herrschen. Müssten dann etwa auch die Kronjuwelen zerlegt werden? Da wäre ihre Majestät bestimmt „Not amused“. In Ihrer Auflistung „Erste Unterzeichnende“ ist niemand vom Vereinigten Königreich vorhanden. Welch ein Wunder! – Rudolf Kost

 


 

 

Leserbrief zu „Zeit der reinen Vernunft“ von Maximilian Probst

 

Zwar ist der Tonfall des Artikels vermittelnd. Gut so. Doch von den „Jungen“ und den „Alten“ zu sprechen, gaukelt vor, dass es diese als homogene Gruppen gibt. Vom Ziehen einer Grenze gar nicht zu reden. Dabei würde es zwischen den Generationen besser vermitteln, wenn wir etwa von den Vernünftigen und den Unvernünftigen sprächen. In jedem Fall wäre es vernünftiger. Und beherzte Vernunft brauchen wir dringender denn je. – Stephan Müller

 

 


 

 

Leserbrief zu „»Ich bin altmodisch. Ich bestehe auf Basiswissen«“. Gespräch mit Thomas de Maizière geführt von Manuel J. Hartung

 

Bin auch ein wenig altmodisch. Denke, Hausmeister sollten einen Blick auf das Schulgebäude haben, ein Reinigungsunternehmen die Toilettenanlagen, die Elektriker die Elektrik, UND die Systemadministration übernehme BITTE, BITTE ein Systemadministrator.

LEHRER und MINISTER können alles, es gibt sie aber noch, die WERKER und BERUFE. Schüler können VIELES besser als wir, z.B. Fussballspielen, Lachen, Weinen, Smartphonedaddeln, …. lassen wir sie spielen, der Ernst des Lebens kommt früh genug!!!! P.S. Neue Strategie der Telekom >> Schülerpraktikanten übernehmen das Tagesgeschäft <<?!! –Benno Hubert

 


 

 

Leserbrief zu „Ein Bischof flieht aus dem Amt“ von Evelyn Finger und Wolfgang Thielmann

 

Ich möchte mich für den Beitrag „Ein Bischof flieht aus dem Amt“ bedanken. Evelin Finger und Wolfgang Thielmann gelingt es, mit ihrer fairen und ausgewogenen Darstellung die unklare Situation um den Rücktritt unseres Bischofs zu erhellen. Nicht nur Bischof Carsten Rentzing, sondern auch die Situation in der sächsischen Landeskirche wird sehr gut erfasst. Ich habe selten journalistische Texte über Sachsen gelesen, die ich umfassend so zutreffen fand. – Claudia Knepper

 


 

 

Leserbrief zu „Seid nicht naiv!“ von Ray Wong

 

Sei nicht naiv Ray Wong,auch Demokratien wie die USA haben Gesetze,die die Internetfirmen zwingen,mit den Sicherheitsbehörden zusammen zu arbeiten und als Freunde uns bis zur Kanzelerin abhören.Es geht den USA hauptsächlich um die Ausschaltung eines Konkurrenten mit Argumenten,die für sich selbst nicht gelten. – Claus D. Wulff

 


 

 

Leserbrief zu „Bleibender Schatten“ von Thomas Assheuer

 

Der Dichter Peter Handke hat sich nicht an die Trennung von Dichtung und Reportage gehalten: In seinen winterlichen und sommerlichen Reisen an die Drina war er für einen Dichter sehr genau, was die Örtlichkeiten angeht. Der Dichter war also in Višegrad, der Stadt in Bosnien-Herzegowina nahe der Grenze zu Serbien.
Von Visegrád, einer kleinen Stadt in Ungarn, war bei ihm eigentlich nicht die Rede. Bei Visegrád hat der politisch interessierte Zeitgenosse doch sehr andere Assoziationen als bei Višegrad. Im Schloss von Visegrád trafen sich 1991 bekanntlich die Präsidenten von drei Staaten Mittelosteuropas, um einige Dinge zu besprechen. Daraus sind später die vier Staaten geworden, die derzeit bei uns ein recht schlechtes Image haben. Wenn heute von der Visegrád-Gruppe die Rede ist, sind diese illiberalen Demokraten des Ostens gemeint. Mit Višegrad, der Stadt mit einer berühmten osmanischen Brücke, über die der Vorgänger Handkes, der Jugoslawe Ivo Andrić, seinen Nobelpreis-Roman der Brücke über die Drina geschrieben hat, und in dem im Bosnien-Krieg 1992 schlimme Kriegverbrechen geschehen sind, hat dieses Visegrád nichts zu tun (und dieses Višegrad ist übrigens auch der Ort der Herkunft von Saša Stanišić – siehe Artikel „Eine Frage der Wahrhaftigkeit“).

Diese Schlampigkeit bei der Rechtschreibung ist natürlich angesichts der ansonsten brillanten Formulierungen nur eine Lappalie. Das meiste an dem Artikel leuchtet ja ein – trotz des seltsamen Schlusses („völkische Abstammungsgemeinschaften“?). Aber trotzdem: Immerhin sind die beiden Orte, die hier verwechselt wurden, polit-symbolisch ziemlich aufgeladene Orte. Da zeigt sich dann doch eine etwas arrogante Nachlässigkeit gegenüber den Ländern und Landschaften, über die Handke schreibt. Dazu gehört im Übrigen dann auch die immer unterlassene Unterscheidung zwischen „serbisch“ und „bosnisch-serbisch“ (die Handke sehr wohl macht).
Es geht in dem Artikel natürlich ums ganz Große, Allgemeinmenschliche, aber wenn man vom kleinen Konkreten aufs große Ganze zu schließen können glaubt, kann eine gewisse Ortsgenauigkeit, oder auch nur ein gewisses Gefühl für die Orte, über die man schreibt, doch von Vorteil sein. Weil es auch ein Zeichen dafür ist, dass man sich etwas mit dem beschäftigt hat, was an diesen Orten – und anderswo – passiert ist. Was dann doch wieder ziemlich wichtig wäre. – Hubert Beyerle

 


 

 

Leserbrief zu „Noch nicht verzweifelt“ von Lea Frehse

 

Heute fand ich auf Seite 5 von Nr. 43 neben dem Artikel von Lea Frehse über die Situation und Emanzipation von Kurdinnen in Syrien „Noch nicht verzweifelt“ eine Anzeige von Prada. Sie zeigt ein wohl nur aufgrund von Schminke etwa 16 Jahre alt erscheinendes Mädchen mit sehr tiefem Décolleté, das mit einer Handtasche lasziv schauen und sich verbiegen muss!

Die von Emina Osa gegründete Frauenakademie zur Emanzipation der Frau musste vorübergehend geschlossen werden, heißt es in dem Artikel. Ist das nun Zynismus, daneben diese sexistische Werbung abzudrucken?Denkt sich da jemand etwas? Und wenn ja, was? Emanzipation scheint ein Thema zu sein, über das sich immer wieder gut schreiben lässt, umsetzen ist für „Die Zeit“ wohl sehr viel schwieriger. Oder versteht die Redaktion so ein halbnacktes Fast-Kind mit einem Markenprodukt als emanzipiert? – Kalliope Eberhardt-Rittmann

 


 

 

Leserbrief zu „Er tischt groß auf“ von Johannes Dudziak

 

Muss DIE ZEIT jetzt auch noch für Landwehr / Radzun, Grill Royal u.a. lobhudeln? Als „no names“ sind unsere Erfahrungen mit dem GRILL ROYAL immer schlechter geworden. Wir bezweifeln nicht, das George Clonney, oder auch Bono, Neil Young, Gerhard Schröder und die Berliner In-Crowd dort eines hervorragenden Service geboten bekommen. Otto Normalverbraucher, auch wenn er zu zweit 200, 300 €uro und mehr dort lässt ,oder zu viert 500, 600, leider immer weniger. Vor 6, 8 Jahren haben wir dort noch hervorragend gegessen und getrunken.

Vor 4 Jahren nur mehr noch mittelmäßig. Letztes Jahr im Sommer nur mehr noch ganz schlecht! Aber da wir immer im REGENT wohnen, und der GRILL ROYAL fast um die Ecke liegt… Beispielweise schmeckten die French fries pappig, wie unter einer Wärmelampe warmgehalten. Und auch das Fleisch hatte eine unangenehmen Nachgeschmack. Der Service nach dem Bestellen: unaufmerksam, hektisch bis unfreundlich! Zusätzlich wurde Druck gemacht, dass wir kommend um 18 Uhr, mit Vorspeisen, Hauptgericht, Nachspeisen und viel Wein bis 19.30 Uhr den Tisch wieder räumen! Und das war nicht während der Filmfestspiele oder der Modemesse etc…

Und wir hatten eine Woche vorher reserviert! Aber vielleicht findet es man im GRILL ROYAL ja COOL no names abzukassieren aber nicht zu beachten. Solche In-Läden sollte man regelmäßig anonym testen. Denn sonst werden die Leser, wenn nicht bekannt, nur eine große, teure Enttäuschung erleben. Ähnliches gilt übrigens für das Borchardt. Auch dort sollte man als no name nicht hingehen. Und auch das EINSTEIN Unter den Linden kann mit dem original EINSTEIN in der Kurfürstenstraße was die Qualität der Speisen und des Kaffees angeht nicht mithalten.

Zugegeben: Landwehr / Radzun machen eine hervorragende Pressearbeit. Kaum eine Zeitung, Zeitschrift ohne Lobeshymnen auf das Grill Royal. Aber während mich das beispielsweise in der GQ nicht wundert, erstaunt mich solches in der ZEIT. PSS Da ich in ganz Kerneuropa baue, und viel ausgesucht Essengehe, fehlt es uns wahrlich nicht an Vergleichen. Und wir haben auch schon für Vermögende aus der Liste der 1.000 reichsten Deutschen gebaut. Aber bei uns wird der „kleine“ Handwerker, der ein Ausbauhaus kauft, nicht anders behandelt als der, der eine große Villa in Auftrag gibt. Anders als in den Unternehmungen der Herren Landwehr & Radzun, wo allein der Name des Gastes zählt. – Markus Klein

 


 

 

Leserbrief zu „Erdoğans Hoffnung – oder sein Untergang?“ von Can Dündar

 

Seit langer Zeit lese ich auch die Beiträge von ihrem Kollegen Can Dündar, von dem ich übrigens noch nie eine Antwort erhalten haben – aber das nur am Rande. Der Hass, der gegenüber Erdogàn von ihrem Autor ausgeht, ist fast in jeder Zeile zu spüren. Ob das richtig oder falsch war, daß er wegen seiner Berichterstattung eingesperrt wurde, kann ich nicht beurteilen. Ich kenne die Texte nicht seiner Kritik. Bei den ganzen Streitereien wird ständig unterschlagen, daß die Türkei einen Staatsputsch nur knapp verhindern konnte. Das ist so das schlimmste was einem souveränen Staat widerfahren kann. Welcher Staat würde das auf sich beruhen lassen. Die Regierung muss heute hochsensibel auf alles reagieren, was gefährlich für den Staat sein könnte. Damit will ich nicht den militärischen Angriff in Syrien rechtfertigen.

Amerika hat das mehrfach getan und die Aufregung der Medien war bei weitem nicht so groß wie jetzt mit der Türkei. Ihren Geschichtsunterricht hätten sie sich sparen können, daß ist für Zeitleser alles bekannt. Und außerdem hat das mit der jetzigen Situation nichts, aber auch gar nichts zu tun. Erdogàn hat mehr Flüchtlinge im Land als die gesamten EU-Staaten. Auch das spricht für sich. – Gunter Knauer

 


 

 

Leserbrief zu „Das wilde Auge“ von Hanno Rauterberg

 

Endlich scheint die Moderne vorüber zu sein. Die Moderne war vermutlich der letzte und gleichzeitig gewalttätigste Versuch einen neuen Menschen zu kreieren. Dennoch ist sie entscheidend mitverantwortlich für breiten Wohlstand und die Entmachtung der ästhetischen Elite. Dennoch scheint nicht einmal das MoMa zu wissen wie das weitergehen soll. Die ungebrochene und andauernde Erfolgsgeschichte der Moderne lässt Suffizienz, Ineffizienz und Schrumpfung nicht zu mit ihren Erfolgskonzept des Fortschritts.

Offensichtlich scheint das MoMa die Sprachlosigkeit einer sich bildenden Nachmoderne, die nicht die ideologischen Muster des mitteleuropäischen Westens übernimmt, ganz gut in Szene zu setzen. Vorschläge für eine gute Entwicklung der Gegenwart kann man doch auch nicht erwarten von einer Institution, die selbst den Geist der Moderne nicht nur im Namen trägt. Dafür bräuchte es eine andere Form. Das wäre wirklich spannend. – Andreas Rieger

 


 

 

Leserbrief zu „Als Milch noch Milch hieß“. Gespräch mit Slavoj Žižek geführt von Lars Weisbrod

 

Slavoj Žižek scheut offenbar vor nichts zurück, zum sich ins Gespräch zu bringen. Seine von pseudopsychoanalytischen Bemerkungen strotzende Kolumne über den Nobelpreis für Peter Handke gipfelt am Ende in dem unfassbaren Satz: „Unpolitisches Nachsinnen über die komplizierte Natur der Seele und der Sprache ist der Stoff, aus dem ethnische Säuberungen gemacht sind.“ Vor Jahren hat sich Žižek um das Amt des Präsidenten von Slowenien beworben. Zum Glück vergeblich. Denn wie viele der mit der „komplizierten Natur von Seele und Sprache“ befassten jungen, talentierten Dichterinnen und Dichter seines Landes hätten sich von so einem Präsidenten unter den Verdacht, verborgene Neigungen zur „ethnischen Säuberung“ zu haben, gestellt sehen müssen! – Dr. Norbert Haas

 


 

 

Leserbrief zu „Pilz des Jahres“ von GRN.

 

Als ‚Nachleser‘ erfahre ich, daß die Stinkmorchel zum Pilz des Jahres 2020 gewählt wurde. Die Schlußfolgerung des Artikels gibt mir zu denken. Auch wenn die Morchel einem Phallus ähnelt und in reifem Zustand einen kräftigen Odeur verströmt, ist das Grund genug ihn (den Phallus) mit Acht und Bann zu belegen und ein ganzes Jahr mit einem negativ besetzten Adjektiv zu brandmarken? Sollte ‚die Presse‘ ein mit auffälligen Akteuren besetztes Jahr nicht durch viele Berichte über positive Akteure, -innen und passende Aktionen hervorheben? Im übrigen ist der junge Pilz sehr wohlschmeckend. Wirklich! – Jörg Weickl

 


 

 

Leserbrief zu „Überzuckert“ von Dietmar H. Lamparter

 

Manchmal bin ich „überzuckert“, manchmal bin ich auch „unterzuckert“, doch meist habe ich meine Blutzuckerwerte richtig im Griff. Ich als Diabetikerin führe trotzdem seit Jahrzehnten ein sehr gutes Leben, da ich mittlerweile alles essen und alles trinken darf. Ich überwache mich selbst mit (m)einem Sensor, denn ich am Oberarm trage, dazu habe ich ein Auslesegerät, und so weiß ich immer sofort, wie meine Blutzuckerwerte sind. Ich esse z.B sehr gerne Marmelade zum Frühstück, Orangen-, Zitronen- oder auch Grapefruitaufstriche, leider enthalten diese oft „tonnenweise“ Zucker, und der orginäre Geschmack geht total verloren. Warum muss alles so überzuckert sein? Ich verstehe das einfach nicht; deshalb bin ich wieder dazu übergegangen, selbst Marmeladen einzukochen, natürlich nur mit einem Hauch an Zucker. – Riggi Schwarz

 


 

 

Leserbrief zum Politischen Fragebogen „»Büdenbender, du bist Richterin!«“. Gespräch mit Elke Büdenbender geführt von Tina Hildebrandt

 

Ich frage mich, was die lächerliche Seite 10 in der Zeit soll. Wegen derartiger journalistischer Taten habe ich die Zeit nicht abonniert. – Dr. Walter Engel

 


 

 

Leserbriefe zum Wochenmarkt „Von Speck und Südfrüchten“ von Elisabeth Raether im ZEIT Magazin

 

Ich war Ihnen mal sehr gram: als Sie in einen Rezepttext die Kinderlosen reingemischt hatten…und ich – unfreiwillig dieser Herrschar angehörend – dachte: „Herrjehhh. Nichtmal beim Rezepte-Lesen wird man verschont.“ Der „Wochenmarkt“ ließ sich dann nicht so meiden, wie ich es vorhatte – Ihre Rezepte sind nicht nur sehr sehr fein, sondern mit Wonne zu lesen und werden aus dem Magazin rausgerupft und fettbefleckt gesammelt.

Anlässlich des „Liselott’schen Specksalats“ eine bezeugende Anmerkung: es gibt nicht nur Feigen in der Kurp(f)alz, sondern auch allerbeste Charentais-Melonen, die mir schon oft das Auto beduftet haben, wenn ich aus meiner Heimatstadt Heidelberg ins Rheinland geknattert bin. Diese kurpfälzer Melonen können es mit den berühmten Melone mantovane IGT locker aufnehmen – gerade mal wieder im Land, wo die Zitronen wirklich blühen, verspeist. Elisabeth Lieselotte war übrigens nicht immer dick, aber immer klug. Und schön war sie auch mal. – Simone Widhalm

 

Ich lese ihre schöne Koch-Kolumne jede Woche mit Vergnügen und ab und zu koche ich auch was nach, meist mit Erfolg. Bei Ihrem Vorgänger Siebeck habe ich zwar mehr über die „feine“ Küche gelernt, aber nur selten Erfolg beim Nachkochen gehabt.

Auch meine Mutter Elisabeth war nach der berühmten Elisabeth von der Pfalz benannt, und eine meiner ersten Kindheitserinnerungen war das Elisabethen Tor im Heidelberger Schloss. Meine Mutter hat mir die Geschichte so erzählt, als ob es für Sie gebaut worden wäre, später habe ich natürlich die Wahrheit erfahren, war trotzdem lustig. Meine Mutter wurde übrigens Liesel genannt, die Pfälzer sind eher bodenständige Leute, aber das war die berühmte Elisabeth ja auch. Ich freue mich über viele weiter Artikel von Ihnen. – Peter Pielmeier

 

Herzlichen Dank für Ihre pfiffigen Rezepte im Zeitmagazin, die ich oft nachkoche und die Familie begeistere. In dieser Woche musste ich doch schmunzeln, da Sie Mühe hatten, Ihre Kollegen davon zu überzeugen, dass im Süden Deutschlands Zitronen und Feigen wachsen. Also, diese Woche haben wir bereits 15 kg Feigen geerntet und die Sache mit den Zitronen können sie mit den von mir angehängten Fotos beweisen. Zitronen gedeihen wunderbar in unserem Garten. – Birgitta Manz

 


 

 

Leserbriefe zur Fotokolumne „Wer bist du?“ von Florian Jaenicke im ZEIT Magazin

 

Ihre bilder von friedrich haben mir schon oft geholfen. sie erleichtern die schwere des (eigenen) leidens und vertiefen das glück des augenblicks. 10000000000000000 dank!!!! – elisabeth schnürer

 

Vielen Dank für die Bilder von Florian Jaenicke über seinen Sohn Friedrich. Mit großer Hochachtung vor den Eltern sehe ich diese Bilder an. Was für eine gewaltige Aufgabe ist es, angesichts solch einer schweren Behinderung nicht zu verzweifeln. Hochachtung auch dafür, uns als Leser an dieser Aufgabe teilhaben zu lassen. – Johannes Kiuntke

 


 

 

Leserbriefe zu „Prüfers Töchter“ von Tillmann Prüfer im ZEIT Magazin

 

Es reicht: die wöchentlichen Geschichten über Prüfers Töchter. Ist es für die psychisch und charakterliche Entwicklung der Kinder sinnvoll ein solches Podium zu bereiten. – D. Voigt

 

Ich kann die Glossen über Tilman Prüfers Töchter nicht mehr sehen, hab mich immer schon gewundert, warum die das mit sich machen lassen. Das Persönliche wird nach vorne geschoben zur Unterhaltung der Leute, und auch noch jahrelang. Bitte einstellen. – Thomas Racky

 


 

 

Leserbriefe zu „Der Aufzeichner“. Bilder von Tomi Ungerer im ZEIT Magazin

 

Großen Dank an die Redaktion des Zeitmagazins für Tomi Ungerer und seine letzten Werke. Da können nun die Engel schmunzeln oder lachen. – Johannes Hoffmann

 

Die kleinen Objekte und die Skulpturen von Tomi Ungerer (1931-2019), die haben es mir angetan. Er hauchte den alten, zum Wegwerfen bereiten Objekten, wieder neues Leben ein. Zwei Draht-Kleiderbügel, haben menschliche Züge angenommen, und sie sind auf Holz, im zwischenmenschlichen Dialog, Mann und Frau, oder die alte rote Schraube, die sich als Temperaturanzeiger im Thermometergehäuse auf- und abschraubt! Joseph Beuys, der Allrounder grüßt aus der Ferne, und vielleicht arbeiten beide, der Beuys und der Ungerer, in der „anderen Dimension“ zusammen, und erwecken altes „Gelumpe“ zu neuem göttlichen Glanz! Wer weiß das schon? – Klaus P. Jaworek

 


 

 

Leserbrief zu „Über das Beantworten unbequemer Kinderfragen und den Umgang mit frühkindlicher Kriegsbegeisterung“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

 

Heute Morgen las ich ausnahmsweise zunächst die Regionalzeitung mit dem kurzen Bericht über den ehemaligen Wachmann – heute 93, damals 17 Jahre alt -, dem „Beihilfe zum Mord an 5230 Menschen“ zur Last gelegt wird, und dann erst von Ihren Schwierigkeiten, Ihrem Sohn ein positives Verhältnis zu seiner Vergangenheit zu ermöglichen. Da nach Clemens Brentano „alles ewig im Innern verwandt (ist)“, kann ich mich der Frage nicht entziehen, wie Sie Ihrem Sohn erklären werden, dass ein Siebzehnjähriger, der die Wahl hatte zwischen Tod an der Ostfront, Erschießen durch die SS und Wache in einem Konzentrationslager, sich für sein Leben entschied und dafür 74 Jahre später zur Rechenschaft gezogen wird, und zwar nach dem Jugendstrafrecht, in dem es vornehmlich um Erziehung und (Re)sozialisierung und nicht um Sühne, Vergeltung oder Abschreckung geht. – Johannes Kettlack

 


 

 

Leserbriefe zu „Scham“ von Jana Hensel in der Regionalausgabe ZEIT im Osten

 

Haaalloooo ! Ich (*1971) bin auch Ostdeutschland. Ich bin auch ein Stück ostdeutsche Gesellschaft. Ich lebe seit 1997 in Rostock. Meine Heimat liegt in Baden-Württemberg. Ich lade Sie sehr gerne auf einen Kaffee bei uns ein, in Papendorf bei Rostock. Meine Frau und unsere drei Kinder heißen Sie willkommen, wir sind sehr tolerante und offene Menschen und haben Freunde aus vielen Ländern. Ich lebe seit nunmehr 22 Jahren hier. Meine Heimat besuche ich ca. zweimal pro Jahr.

Hier (im Osten) habe ich noch nie eine Gewalterfahrung gemacht. Hingegen in meiner Heimat wurde ich in Wendlingen am Neckar Opfer einer gewaltsamen räuberischen Erpressung. Ich besuche diese Kleinstadt nur noch mit Beklemmungen. Ich bin Lehrer und habe mit Schülern schon mehrfach die Ausschreitungen von Lichtenhagen im Unterricht thematisiert. Ich hoffe, dass ich damit sensibilisieren und die Jugendlichen vor Populismus und Extremismus warnen konnte. Aber meine alten Freunde in Süddeutschland wurden (in Metzingen und am Bodensee) Opfer von Skinhead-Attacken.

Also, was soll diese Stigmatisierung des Ostens ? Wie lange wollen die Medien unser geeintes Land noch trennen, erneut und immer wieder ? Immer wieder wird die Grenze gezogen. Zeit im Osten. Der Osten. Die ostdeutsche Gesellschaft. Wir sind schon viel gemischter, als Sie es darstellen. Mag sein, dass diese Meinung hier nicht differenziert genug ist. Aber Ihr Artikel ist es genau so wenig. Wie war das eigentlich mit Solingen ? Oder soll ich Winnenden sagen ? Also bitte, etwas mehr Hinschauen. Oder vielleicht gar eine Gegendarstellung ? Denn ich finde es nicht sehr nett von Ihnen, dass Sie sich für mich schämen. – Frank Genkinger

 

In Ihren Beitrag „Scham“ schreiben Sie, dass Sie immer dann nach Ostdeutschland fahren, von wo Sie offensichtlich kommen, wenn etwas passiert ist. Aber warum fahren Sie nicht dann nach dem „Osten“ wenn nichts passiert ist, was Ihrer Meinung typisch ostdeutsch ist. Dann könnten Sie vielleicht auch recherchieren und schreiben über Ereignisse und Menschen im Osten, die nicht mit Gewalt und Schrecken zu tun haben. Und vergessen Sie nicht, die in der ersten Reihe in Chemnitz marschiert sind, kommen aus den alten Bundesländern.

Bei ähnlichen, nicht zu akzeptierenden Vorfällen wie in Halle, passieren diese in den Altbundesländern, ist nie die Rede davon, dass diese typisch für die jeweilige Region sind. Es wäre Ihnen zu wünschen über den Osten nicht per See nur negativ zu berichten. – Joachim Hiller

 

Es geht um den Artikel „Scham“ von Jana Hensel. Ich bin ziemlich entsetzt über die Art und Weise wie Frau Hensel hier den Anschlag von Halle nutzt, um den Osten Deutschlands als einen Ort von permanenter rechter Gewalt darzustellen.Sie tut so, als wenn man als Ausländer oder Jude auf keinen Fall mehr in den Osten Deutschlands fahren darf, weil man dann Angst um sein Leben haben müsste.Frau Hensel scheint den Mordanschlag auf den Kasseler Regierungspräsidenten den Amoklauf von München 2016 oder den Brandanschlag von Solingen und Lübeck zu vergessen zu haben bzw. nicht zu kennen.Ich könnte diese Liste noch fortsetzen, aber Frau Hensel als Journalistin kann auch selbst recherchieren. Auf alle Fälle hat der Anschlag von Halle nichts aber auch gar nichts mit Ostdeutschland zu tun. Er hätte überall auf der Welt in ähnlicher Form passieren können.(z.B. Anschlag von Christchurch) Der Artikel von Frau Hensel ist für mich Hetze gegen den Osten Deutschlands der übelsten Art.

Ich habe auch noch allgemein zu den Seiten „Zeit im Osten“ etwas zu sagen. Ich würde mich als langjähriger Zeitleser darüber freuen wenn diese Rubrik endlich verschwinden würde. Für mich wirken diese Seiten immer so: Wir machen 2 Seiten für die Kinder und dann noch 3 Seiten für die Ossis. Sie tragen damit zur Teilung dieses Landes bei und ich nehme an, dass das nicht in ihrem Sinn ist. Außerdem haben sie auf diesen 3 Seiten ja auch nicht wirklich etwas zu berichten, wie die letzte Nummer zeigt. Außer dem oben erwähnten Artikel gibt es noch 2 Seiten mit nichtssagenden Fotos, welche überall in Deutschland aufgenommen sein könnten und auch nichts über den Osten erzählen. 30 Jahre nach dem Fall der Mauer wäre es an der Zeit diese unsägliche Ost-West Debatte zu beenden. Ich wünsche mir das ich zukünftig eine Zeitung zu lesen bekomme in der Missstände und Erfolge aus Deutschland und der Welt behandelt werden unabhängig von der Himmelsrichtung. – Matthias Hönig

 

Ihr obengenannter Artikel hat mich sehr berührt. Ich bin beeindruckt von der unprätentiösen Art, mit der Sie Ihre Betroffenheit über Phänomene von Hass und Gewalt in den ostdeut- schen Ländern ausdrücken, ohne vorschnelle Lösungsvorschläge zu diesem Problem vorzu- tragen. Dadurch fühle ich mich motiviert, einige Gedanken zu äußern, die Sie vielleicht zu weiteren Überlegungen anregen können.

Ich selbst habe bisher nur wenige Kontakte in die Länder der ehemaligen DDR gehabt. Allerdings hat meine Tochter einige Jahre in Chemnitz studiert und mir über ihre Erfahrungen im sozialen Umgang der Menschen dort berichtet. Außerdem habe ich durch meine Kinder jüngere Menschen aus Sachsen, Thüringen und Brandenburg kennen gelernt, die über ihre frühen biografischen Erfahrungen berichtet haben. Darin wurde deutlich, dass bereits ihre ersten Lebensjahre sehr deutlich von Erfahrungen in öffentlichen Betreuungseinrichtungen geprägt waren.

Durch die psychologische Bindungsforschung ist seit langem bekannt, dass die sichere Bin- dung an eine primäre Bezugsperson eine wesentliche Grundlage für die spätere Entwicklung der Lernfähigkeit, des Selbstbewusstseins und der gesellschaftlichen Teilhabe bildet. Über die Auswirkung der frühen Fremdbetreuung in öffentlichen Einrichtungen schreibt der Kinder- und Jugendarzt Rainer Böhm 2013: „Die Absenkung des Regelalters für außerfamiliäre Be- treuung von bisher drei auf jetzt ein Jahr verschiebt die Bewältigung familiärer Trennungs- aufgaben in einen Altersbereich, in dem Bindungssicherheit eine der wichtigsten, wenn nicht die wichtigste Determinanten kindlicher Gesundheit darstellt“. Je jünger Kinder seien, desto stärker stünden sie in außerfamiliärer Gruppenbetreuung, selbst bei hoher Betreuungsqualität, unter chronischem Stress. Eine Studie mit 1000 Kindern zeigte, „dass der zeitliche Um- fang außerfamiliärer Gruppenbetreuung im Kleinkindalter nicht nur mit aggressivem Verhal- ten und ADHS, sondern auch mit ängstlich-depressiven Zügen bei den Siebenjährigen korre- liert“.

Ich vermute, dass die Überforderung im Kleinkindalter in einem ursächlichen Zusammen- hang mit der Angst von Erwachsenen vor Überfremdung, mit dem Gefühl der permanenten Benachteiligung und Aussichtslosigkeit eigener Bemühungen steht. Dadurch könnten die von Ihnen bemerkten Phänomene von Fremdenhass und Gewalt im Erwachsenenalter veranlagt sein. Für eine gesunde Entwicklung und insbesondere für die Entstehung von Resilienz (see- lische Spannkraft, Elastizität und Strapazierfähigkeit, die einen Menschen in die Lage versetzt, schwere Belastungen im Leben gesund zu bewältigen) ist die sichere Bindung an eine primäre Bezugsperson in den ersten Lebensjahren essenziell.

Die von Ihnen problematisierten gesellschaftlichen Erscheinungen sind selbstverständlich nicht auf die östlichen Bundesländer beschränkt. Aber es ist bekannt, dass in den ostdeut- schen Bundesländern die frühe Fremdbetreuung kleiner Kinder aus der Tradition der DDR immer noch sehr viel weiter ausgebaut ist als im Westen. Auch in den westlichen Ländern wird gegenwärtig aus ökonomischen Gründen ein massiver Ausbau der Kinderbetreuung angestrebt. Im Sinne der political correctness ist es gegenwärtig nicht ohne Risiko, den von mir skizzierten Zusammenhang publizistisch und wissenschaftlich zu bearbeiten, da momen- tan die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit als alternativlos propagiert wird. Frau- en und Männer, die sich bewusst für eine ausgedehnte Erziehungszeit und gegen Erwerbs- tätigkeit entscheiden, werden häufig stigmatisiert. So könnte das Problematisieren der frühen Fremdbetreuung kleiner Kinder als rückwärtsgewandte politische Position abgewertet wer- den.

Dass bei dem Streben nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht die gesellschaftliche Teilhabe der Frauen im Vordergrund steht, wird deutlich, wenn gleichzeitig die geringe Prä- senz von Frauen in Führungspositionen der Wirtschaft und die zunehmende Ausbreitung des Billiglohnsektors berücksichtigt wird. Vielmehr wird ein höheres Wirtschaftswachstum und größerer Wohlstand erwartet, wenn es gelingt, möglichst viele Erwachsene in die Erwerbstä- tigkeit zu führen. Parallel dazu nehmen die Lebenshaltungskosten, auch durch die enormen Mietsteigerungen und Immobilienpreise derart zu, dass Familien immer häufiger auf zwei Verdiener angewiesen sind – auch durch die geringen Aussichten auf eine ausreichende gesetzliche Altersversorgung. Die Problematik ist also äußerst komplex und es würde viel Mut und Ausdauer dazu gehören, das Thema publizistisch und wissenschaftlich fundiert zu durchdringen.

Zu meiner Person: Ich bin Soziologe mit einer (nicht abgeschlossenen) journalistischen Aus- bildung, Waldorflehrer und Erziehungswissenschaftler mit einer Professur an der Freien Hochschule Stuttgart – Seminar für Waldorfpädagogik, verheiratet und habe 4 erwachsene Kinder. Ich würde mich freuen, wenn es mir gelungen wäre, Sie für das von mir als brisant und aktu- ell eingeschätzte Thema zu interessieren. – Prof. i.R. Dr. Peter Loebell

 


 

 

Leserbriefe zu „Das Haus mit dem dunklen Klunker“ von Francesco Giammarco im Reisen-Spezial In die Berge“ von Z ZEIT zum Entdecken

 

Da hat der Autor im Pustertal ja doch offenbar entweder das chillen vergessen oder eine gewisse Montandemenz an den Tag gelegt. Wer sich bei Bruneck aufhält, fährt wohl kaum zu den Rittener Erdpyramiden. Hat Herr Giammarco ja wohl auch nicht getan, beschreibt er doch das lokale Geotop bei Unterwielenbach. Der Web-Hinweis „ritten.com“ setzt der Geo-Legasthenie noch die Krone auf! Kommt denn niemand auf die Idee, mal nachzugoogeln (wenn es schon am Allgemeinwissen fehlt) und die Hinweise auf sachliche Richtigkeit zu überprüfen?

Ist dies Ausdruck einer Generation, die sich nicht mehr mit naturräumlichen Zusammenhängen beschäftigt, sondern maximal per Navi in der Lage ist, ein nettes Hideaway aufzufinden? Klar, da ist jenseits von 10 Zoll absolutes Niemandsland. Ich empfehle auch denjenigen, die eine Landkarte für altbacken halten, wärmstens GoogleMaps und vor allem die Zoomfunktion! – Juliane Duvigneau

 

Mit großer Aufmerksamkeit habe ich oben erwähntes „Z“ gelesen. Ihre Dokumentation „Das Haus mit dem dunklen Klunker“ hat mich dabei besonders interessiert, zumal ich vor wenigen Tagen in dieser Gegend noch unterwegs gewesen bin. Allerdings ist Ihnen bei dem Angebot: Wandern in der Näheein Fehler unterlaufen! Die Beschreibung der Erdpyramiden passt topographisch exakt zu den Erdpyramiden von Platten, oberhalb von Oberwielenbach gelegen!! Natürlich kennen viele das „Naturdenkmal“ der Rittener Erdpyramiden, aber die hoch über dem Pustertal gelegenen Plattener Erdpyramiden sind es allemal wert, „erwandert“ zu werden!! – Horst Armbruster