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23. Januar 2020 – Ausgabe 5

 

Leserbriefe zu „Wind und Wut“. Streit von Susanne Kirchhof und Julia Verlinden

 

Ich habe inzwischen vier Wirtschaftsredakteure der ZEIT gebeten, mir zu erklären, wo der Strom herkommen soll, wenn Kohle-, Braunkohle- und Kernkraftwerke abgeschaltet sind, der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint. Bei dieser Frage herrscht Schweigen, was vermuten lässt, dass man keine plausible Antwort hat. Auch die Diskussion zwischen Frau Kirchhof und Frau Verlinden gibt dazu nichts her, außer der inzwischen abgenutzten Phrase, dass man mit Biogas und Speichern die Lücken schließen wolle. Mit welchen Speichern? Und wollen wir zig-tausend Biogasanlagen bauen?Auf die Frage von Frau Kirchhof, wie es gelingen soll, das “Grundlastproblem” in den Griff zu bekommen, kommt von Frau Verlinden die unglaublich erhellende Antwort: “Na klar gelingt das”. Ihr indirekter Verweis auf die Kern- und Kohlekraftwerke anderer europäischer Länder als Lückenfüller und Garanten einer durchgängigen, zuverlässigen Stromversorgung zeigt das Dilemma und die Heuchelei. Ich warte inzwischen weiter geduldig auf eine Aufklärung. – Sven Herfurth

 

Frau Verlinden hat Unrecht und argumentiert nur mit der Parteiideologie. Wir dürfen 2022 die Kernkraftwerke nicht abschalten und schon ist das CO2-Problem gelöst. Dann kann man Kohlekraftwerke abschalten und das CO2, wenn es denn die Ursache ist, reduzieren. Frankreich, Schweden und Finnland machen es auch so und sind viel erfolgreicher bei der CO2-Reduzierung! Wer traut sich von CDU, CSU, FDP das zu thematisieren? Frau Verlinden argumentiert mit dem Naturschutz. Warum werden dann Windräder in FFH-Gebieten und Rotmilan-Habitaten gebaut und geplant durch grüne Parteikollegen am Bodensee und im Hegau? – Martin Fehringer

 

Ich bin für einen massiven Ausbau der Windenergie. Aber wenn das Problem Infraschall nicht ernst genommen wird schafft man sich seine Gegner selbst. Der Satz: „Die ganze Debatte führt doch nur dazu, eine Technologie zu diskreditieren, die wir für den Klimaschutz unbedingt brauchen.“ lässt sich folgendermaßen übersetzen: „Es kann nicht sein, was nicht sein darf.“ Damit verlässt Frau Verlinden den Bereich der Sachlichkeit und wechselt in die Dogmatik. Die Bayrische Regelung, die einen Zusammenhang zwischen Höhe des Windrades und Abstand zu Wohnhäusern herstellt, ist erstaunlich vernünftig. Der Weg zu immer größeren Windrädern, die natürlich dann auch nicht mehr von kleinen Betreibern finanziert werden können, passt übrigens auch nicht gut zu den Grünen. Das Denken in dezentralen Strukturen statt großtechnischen Lösungen erscheint mir da authentischer. – Ulrich Karthäuser

 

Die Ungetüme verunstalten unsere Landschaft. Das habe ich schon vor 15 Jahren gesagt. Schluß Aus. Mit Verlaub: Wie blöd muß ein Mensch sein, der so etwas gut heißt. Der Widerspruch der Grünen zeigt mir, mit der Partei ist kein „Staat“ zu machen. – Gunter Knauer

 

Das sehr aufschlussreiche Streitgespräch von Frau Verlinden und Frau Kirchhof hat mich bestürzt. Wie kann es sein, dass man so aneinander vorbeiredet. Bei den Argumente von Frau Vierlinden war leider nicht erkennbar, dass sie die elementaren Grundlagen der Physik und der Technik verstanden hat, auch offenbarte sie wenig politisches Gespür für den anderen Standpunkt. Die beiden Statements am Schluss sind geradezu zeichenhaft für den gegenwärtigen Diskurs in dieser Sache: Für Naturschutz sind wir doch alle, oder? Das reicht leider nicht für das Ende der Ressourcenverschwendung, die Energiewende ist davon nur ein wichtiger Teilbereich. Und es gibt keine berechtigte Hoffnung, dass das Perpetuum Mobile doch noch funktionieren könnte. – Dipl. Ing. Peter Schröder

 

Je weniger man vom Elektrizitätssystem weiß, desto ungenierter lässt sich über unsinnige Dinge schwadronieren. Die „grüne“ Frau Verlinden – in der guten Tradition Habecks (großtechnische Strom-Speicher 2017 verfügbar), Krischers („dezentrale“ Stromspeicherung)und Baerbocks (Stromspeicherung „im Netz“)– zeigt ihre diesbezügliche Inkompetenz allzu deutlich. Früher hieß das: „Unwissenheit und Stolz wachsen auf einem Holz“. Aber umso leichter lassen sich alle berechtigten Einwände von Frau Kirchhof beiseite wischen. Derart fundiert ge­lingt die „Energiewende“ ähnlich erfolgreich wie der Bau des Berliner Flughafens BER und wird damit bestimmt ein Vorbild für die Welt! – Prof. Emeritus Dr. Wolfgang Ströbele

 

Über die Argumente von Frau Kirchhof können wir nur die Köpfe schütteln. Worum gehts hier eigentlich? Wir leiden hier wie Tausende von Menschen unter dem ganz realen Lärm der A 57: 1,5 km Luftlinie entfernt Tag und Nacht; sowie unter dem Nachtfluglärm des Flughafens KölnBonn: 30 km Luftlinie enfernt. Beide Lärmquellen sind medizinisch bestätigt hoch gesundheitsschädlich und schaden massiv dem Klima. Hier ist schon der Unterschied zu Windrädern evident. Und das durchscheinende Argument der relativen Geringfügigkeit unseres Anteils an dem Klimaschaden tut deshalbs so weh, weil gerade ein reiches Land wie unseres die Pflicht hat, so viel wie möglich zu tun. Immerhin sind wir Weltmeister im Fliegen und Autofahren. Da ist der Infraschall von Windrädern, falls er die behaupteten Wirkungen überhaupt hat, vergleichsweise lächerlich. Wir würden gern mit Frau Kirchhof und Ihren Windrädern incl. Infraschall (?) zum Nutzen unseres Klimas tauschen. Aber Sie Frau Kirchhof fliegen ja nicht und fahren nur das Nötigste?! – Heidi und Hans-Karsten Heymann

 

Der Streit verläuft zwischen Fakten und Befindlichkeit oder Gefühl. Dass in 800 m Entfernung der Infraschall in einem Haus spürbar wird kann ich mir nur vorstellen, wenn es in dem Gebäude Bauteile in Resonanzfrequenz zum Infraschall des Windrades gibt, sonst geht dieser Infraschall im Grundrauschen unter. In einem Wohngebäude konnte ich schon mal eine Zirkulationspumpe ausfindig machen die ein spürbares Schwingen des Erdgeschossfußbodens verursachte, ohne groß hörbar zu sein. Es gibt jedoch auch Menschen die besonders empfindlich sind. In einer an den Heizraum grenzenden Wohnung wurde ein Geräusch mit 18 dB(A) gemessen (zulässig 30 dB(A)) bei dem eine Frequenz den Bewohner nervte. Für die Energiegewinnung stehen uns nur die Sonne und der durch sie induzierte Wind in größerem Umfang zur Verfügung. Im Südwesten hinken wir beim Ausbau der Windenergie besonders weit zurück (ein Erbe der Ära Teufel). Einige große Windenergieanlagen mitten im Schönbuch auf dem Bromberg, ein Sendemast steht dort schon, fände ich gut verträglich. In der Dämmerung können diese Anlagen wegen der Fledermäuse abgeregelt werden (die Mortalität von Vögeln durch Windräder liegt unter 0,02 %). – Ulrich Soller

 

Ich finde es schon pervers, wie Frau Verlinden mit Frau Kirchhof umgeht. Jeder Mensch hat ein Recht auf Unversehrtheit, und darf eine Windkraftanlage ablehnen, ohne dafür beschimpft zu werden. Auch ich möchte keine Anlage vor, noch hinter dem Haus zu haben. Nicht nur der Lärm der Rotorblätter, sondern auch der s.g. Schlagschatten ist eine große Beeinträchtigung. Vor allem für sensible Personen. Keiner kann in die Zukunft schauen und vorher sagen was einen Menschen krank macht. Die Grünen wollen mal wieder den 3.Schritt vor dem ersten tun. – Ute Koch

 

Das Interview mit Julia Verlinden (Grüne) zeigt wieder einmal sehr deutlich, dass die Grünen viel mit unseren Ahnen gemein haben: Am deutschen Wesen soll (mag) die Welt genesen. – Rolf Schikorr

 

Schlage gerade, wie immer am Samstag im Café die ZEIT auf und bin total begeistert, das das politische Interview weg ist. Dafür gibt es wieder mehr gut recherchierte Hintergrund Artikel. Chapeau: Den Mut zu haben eine Neuerung zu hinterfragen und dann auch einzustellen. Nun wäre noch die STREIT Rubrik dran. Die Diskussion über Windkraft zeigt exemplarisch wir verhärtet die Fronten sind. Das lässt sich durch STREIT nicht lösen, sondern durch mutige Politik und Aufklärung. – Georg Frick

 

Was für eine Ressourcenverschwendung. Das ein nützlicher Diskurs zwischen Pragmatikern und Orthodoxen nicht gelingt, ist wahrlich nicht neu. Eine Annäherung hat es auch nicht gegeben – nur eine sozialkulturelle Freundlichkeit. Allen Beteiligten müsste doch klar sein, dass Energieproduktion nie ohne Nebenwirkungen sein kann. Die Folgen fossiler und atomarer Techniken kennen wir gut, ebenfalls die Auswirkungen der Nutzung von Wasserkraft, Wind und Sonne. Wenn wir konsequent alle negativen Entwicklungen vermeiden, müssen wir vermutlich zurück in eine vorindustrielle Lebenswelt. Das kann doch nicht der Plan sein – oder? – Wolfgang Siedler

 

Was für ein unsägliches Gezänk von Ichhabrecht gegen Ichhabrecht. Jegliche Vernunft und Selbstkritik vom Winde verweht. Wenn solch verbissenes Aneinandervorbeireden zur Regel wird, dann gute Nacht. – Kurt Eimers

 

Wie schaffen wir es, die Windenergie menschen- und umweltverträglich auszubauen? In dieser Frage hilft ein solcher STREIT nicht weiter. Er kann allenfalls anhand von Extrempositionen zeigen, wie durch gegenseitiges Unverständnis eine konstruktive Debatte blockiert wird. Sagt doch die Grünen-Abgeordnete glatt (wenn auch nicht wörtlich), 80 Prozent der Bevölkerung sei pro Windkraft, der Rest solle sich mal nicht so anstellen – nur dürftig mildert sie das ab durch ein Jaja, wir müssen die Sorgen der Betroffenen ernstnehmen. Damit tut sie weder der Energiewende noch der Demokratie einen Gefallen. Wer so spricht, darf sich nicht wundern, wenn auch gutwillige Menschen sich abwenden und in ihrer zunehmenden Frustration Ansichten äußern, die bis in Verschwörungstheorien hineinreichen.

Frau Verlinden, machen Sie doch auf dem Weg von ihrem Lüneburger Wahlkreis in ihr Berliner Büro mal einen Zwischenstopp in der Prignitz, wo seit Jahren die Menschen weniger und die Windräder mehr werden. In unserem Dorf kommt es schon heute regelmäßig zu Überschreitungen der Lärmpegelgrenzwerte, der Windpark mit 34 Anlagen reicht bis auf 600 Meter an die Grundstücke heran. Sie werden staunen, in der Gemeindevertretung sind die Grünen tatsächlich „gegen mehr Windkraft“ – selbst auf Landesebene waren es zuallererst die Grünen, die unser Anliegen ernstnahmen und sich gegen den weiteren Ausbau starkmachten. Wer hingegen die „Windkraftfreunde“ sind, ist klar: die Investoren und die Landbesitzer, auf deren Äckern die Anlagen stehen sollen. Der Konflikt lässt sich doch bestimmt mit Geld regeln, werden Sie vielleicht sagen. – In der Tat.

Aber nur, wenn man ehrlich zueinander ist. Irgendein Windbürgergeld, ein paar Prozent von der Rendite, die ein Windrad abwirft, ein paar Cent auf die monatlichen Stromkosten, das kann es nicht sein. Es geht hier um Schlafstörungen, Gesundheitsschäden und massiven Wertverlust von Immobilien. Jede weitere Anlage macht es schlimmer. Dies zu akzeptieren, fällt vielen Entscheidungsträgern immer noch schwer. Eine Politik, die es geschafft hat, in Braunkohleregionen ganze Dörfer umzusiedeln, könnte heute vielleicht das gleiche in Windkraftregionen versuchen. Das wäre natürlich teuer und würde auch nicht jeden glücklich machen – aber es wäre ehrlich. Die Alternative: Man müsste fragen, ob die Kriterien noch stimmen, nach denen die Gebiete für Windkraftanlagen ausgewiesen werden. Vielleicht sollte manchmal Menschenschutz vor Landschafts- und Naturschutz gehen. „Ist es denn wirklich so schlimm? Das ist doch bestimmt übertrieben.“ Kommen Sie vorbei, Frau Verlinden, dann reden wir, anstatt zu streiten. – Andreas Palmer

 

Die ganze aktuelle Diskussion und auch wieder der angesprochene Artikel beschäftigen sich ausschließlich mit dem (erforderlichen) Zubau von Windkraftanlagen auf Land. Es wird überhaupt nicht thematisiert, in welchem Maße die in Deutschland erforderliche Wind-Elektrizität auf den für Deutschland zugänglichen Teilen der beiden Meere erzeugt werden kann. Bevor man festlegt, wie viele Anlagen noch an Land errichtet werden müssen, sollte die Nutzung auf dem Meer bis an die Grenze des technisch Möglichen erfolgen, da die Probleme an Land dort nicht bestehen. Natürlich müsste durch Vereinfachung der Planungsgesetze auch ein zügiger Ausbau der erforderlichen Leitungen gesichert werden. Es sei nur daran erinnert, dass bei den „Maßnahmen Deutsche Einheit“ die erste und letzte Klageinstanz auf das Bundesverwaltungsgericht beschränkt worden ist. Ich meine, dass der befürchtete Klimakollaps mindestens ein solch großes Problem darstellt, wie die Herstellung der deutschen Einheit! Es wäre verdienstvoll, wenn DIE ZEIT sich dieses Problems einmal annähme und nicht den allgemein bestehenden Mantel des Schweigens darüber mitmachte. – Joachim Kramer

 

In der Diskussion zwischen Frau Verlinden und Frau Kirchhof erstaunt, dass einige grundlegende Fakten keine Erwähnung finden. So ist es wohl nicht zu bestreiten, dass auch Windräder grundsätzlich eine Umweltbelastung darstellen. Nicht nur durch ihren Betrieb in der Nähe menschlicher Ansiedlungen und für die Fauna in ihrer Umgebung, sondern alleine durch ihre Produktion, ihren Unterhalt und die Entsorgung. Unsere Umwelt besteht nicht nur aus CO2. Außerdem sind die Standorte, an denen Windräder mit hohem Wirkungsgrad arbeiten nicht beliebig vermehrbar. Sind erst einmal die besten Standorte belegt, sinkt mit jedem neu aufgestellten Windrad die Effizienz des gesamten Systems. Die Produktionskosten für den Strom steigen und die Ökobilanz verschlechtert sich kontinuierlich. Auch für Windräder gibt es einen Grenznutzen. Frau Verlinden führt an, Windräder beanspruchten nur 2% der Landesfläche.

Die Fläche für Stromtrassen wurden dabei wohl nicht mitgerechnet. Und dennoch ist das etwa so viel wie die Fläche aller Braunkohletagebaue in Deutschlend zusammen. Allerdings sind die Windräder über das ganze Land verteilt und zerstören die Ästetik der Landschaft überall. Es wird immer deutlicher, dass es keine so gute Idee war, in einem der am dichtest besiedelten Länder der Erde fast ausschließlich auf Windenergie als alternativer Energieform zu setzen. Windräder sind in ihrer heutigen Form und Funktion ebenso nur eine Brückentechnologie wie batteriebetriebene Autos. Die Mittel aus der EEG-Umlage sollten viel stärker in die Entwicklung anderer Lösungen zur CO2-Reduktion investiert werden als die Windräder immer höher zu subventionieren. – Dr. Rainer Götz

 

Das sind die apodiktischen Vortöne einer Ökodiktatur, die da auf uns zurollt. Ob Baerboek, Verlinden oder Höfken, die Ökodiktatur kommt im weiblichen Gewand. Und der oberste Propagandist, Scharfmacher und Wadenbeißer ist Oliver Krischer. Als „Anti-Windkraft-Taliban“ beschimpft er die, die sich gegen den grünen Windkraftwahn zur Wehr setzen. Dabei ist längst bekannt, dass die Windkraft mehr Probleme schafft, als sie Nutzen bringt. Ich denke an die Zerstörungen in den Wäldern, die ungelöste Speicher-, Energietransport- und Vermarktungsfrage. An Infraschall, Schattenwurf, Vogelschlag und Landschaftszerstörung. Es kann doch nicht sein, dass die ländliche Region mit dem geringsten Energieverbrauch die Lasten der sogenannten Energie-Wende alleine tragen soll. Hier wird der dritte Schritt vor dem ersten gemacht. Ein Grundübel in der Politik. So wie es aussieht soll über Abstandsregeln Recht gebeugt werden, um die Voraussetzungen für rabiate Windkraftinvestoren ohne Rücksicht auf die Interessen der Bewohner der Dörfer zu schaffen. Wer in der Politik berschäftigt sich noch mit Energieeffizienz und Einsparung. Der Anteil Energie, den die Windkraft bringen soll könnte sicher eingespart werden. Eine Immer-mehr-Gesellschaft wird mit oder ohne Windkraft keine Chance haben. – Winfried Herberich

 

Wind und Wut/An der Abbruchkante: Beide Beiträge stellen ein Grundproblem dieser Republik exemplarisch dar, den puren Egoismus. Gepaart mit dem Druckmittel: Und wenn ihr (Politiker) nicht dafür sorgt, dass mein Leben ohne irgendwelche Zumutungen verläuft, wähle ich eben die AfD oder suche im Sumpf des Internets nach Gleichgesinnten, verbreite Unwahrheiten und übe so Druck auf politische Entscheidungsträger aus. Beides hat zur Folge, dass die politischen Prozesse sich immer mehr verlangsamen, die Vernunft auf der Strecke bleibt und immer weniger Menschen der Politik die Lösung der dringenden Probleme zutrauen. Zum Teil auch durchaus zu recht, da hier oft Partei- und Partikularinteressen über das Gemeinwohl gestellt werden und der Mut zur Auseinandersetzung fehlt.

Am Beispiel der sogenannten Energiewende (denn getan hat sich ja noch nicht allzu viel) kann alles dies sehr beispielhaft gezeigt werden. Nachdem die schwarz-gelbe Bundesregierung die unnötige Verlängerung der Laufzeiten der AKW, eigentlich ohne größeren Widerstand beschlossen hatte, hieß es nach Fukushima Kommando zurück. Dabei hatte sich für Deutschland nichts geändert; es wird hier niemals eine ähnliches Erbeben und auch keinen Tsunami in dessen Folge geben. Der Grund war schlichtweg die Angst vor dem Verlust der macht in Baden-Württemberg, der ja dann bekanntlich trotzdem eintrat. Das Manöver war auch allzu durchsichtig; die Politik der Kanzlerin unglaubwürdig geworden.Es folgte das Drama um den Ausbau des Höchstspannungsnetzes. Als die Planungen der Netzbetreiber hierzu gerade abgeschlossen waren und die erwartbaren Widerstände der mehr oder weniger Betroffenen sich artikulierten, beschlossen die Herren Seehofer und Gabriel mal eben, das Ganze unter die Erde zu legen, so nach dem Motto, aus den Augen aus dem Sinn. Der Eine hatte halt Angst vor der Fraktion „unser schönes Bayern“ und der andere hatte es in seinem Wahlkreis bereits versprochen.

Die Folgen haben nun alle Menschen im ganzen Land zu tragen. Der notwendige Leitungsbau und somit ein Kernstück der Energiewende verzögert sich um Jahre, die Kosten betragen mindestens das fünffache einer Freileitung und werden sich auf jeder einzelnen Stromrechnung wiederfinden, die technischen Herausforderungen sind enorm und der Eingriff in die Natur und den Boden erheblich und nachhaltig. Und jetzt noch die Windkraftgegner für die Frau Kirchhof exemplarisch stehen mag: Ich habe gerade in ländlicher Idylle gebaut und will da nun ohne irgendwelche Zumutungen bis ans Ende meiner Tage leben, die Energiewende in Deutschland hat ohnehin keine Bedeutung für die Welt und zerreißt höchstens die Gesellschaft. Der Beitrag ist an Egoismus und Ignoranz kaum zu überbieten. Man möchte zwar die Vorteile der modernen Industriegesellschaft genießen, aber die Nachteile mögen doch bitte woanders bleiben, der Fluglärm in Frankfurt und Düsseldorf, der Verkehrslärm in den Metropolregionen und die Emissionen der Industrie in den Industrieregionen. So einfach ist das. – Hans-Jürgen Eißing

 

„Ich kann die nicht bloß hören, ich fühle die auch“. Anschließend die Behauptung: Infraschall. Wenn man das fühlt, müsste man das wie eine Vibration von – sagen wir mal 2-8 mal pro Sekunde empfinden, wie Diskobässe im Magen. Kann Frau Kirchhof etwas in diesem Sinne sagen? Verlindens Widerspruch ist korrekt. Ich habe etwas in dieser Richtung gefunden, vom bayrischen Umweltlandesamt, zufällig gerade dieses Landesamt: „Windenergieanlagen – beeinträchtigt Infraschall die Gesundheit?“ (2016). Dieses Dokument nimmt Bezug auf verschiedene Untersuchungen. Angenommen, der Infraschall wäre 80 dB stark. Bei einem Abstand von 800 m Trotzdem habe ich die Neigung, die Schlafbeschwerden von Frau Kirchhof ernst zu nehmen, weil ich mir kaum vorstellen kann, dass sie lügt. Schließlich ist es nicht gerade unbekannt, dass es auch Menschen gibt, die sensibel auf sogenannter Elektrosmog zu reagieren scheinen. Andererseits hat sie die Symptome etwa zeitgleich mit dem Bezug einer neuen Wohnung bekommen. Eine eindeutige Ursache scheint somit nicht benennbar. Vorschlag: Sie soll sich für Blindversuche an einem anderen Ort zur Verfügung stellen. Sie soll dann nicht wissen, ob nachts eine Infraschallquelle eingeschaltet ist oder nicht.

Ich hole weiter raus. Und betrachte die Webseite vernunftkraft.de: Eine Seite, bei dem man unter den einzelnen Beiträgen keine Kommentare einstellen kann. Widerspruch unerwünscht! Für mich stützt das die These, dass diejenigen, die von Anfang gegen Windräder waren, nur schwache oder gar falsche Argumente haben, oder wie im Artikel: eher (eingebildete?) Symptome haben. Das ist ähnlich der erwiesenen Korrelation zwischen Verortung im politischen Spektrum (links…rechts) und Position zu Klimawandel. Und mit allem, was auf jener Webseite steht, erklärt sich, dass der zweite Teil des Streitgespräches gar nicht mehr die persönlichen Schlafstörungen im Fokus haben, sondern alles Mögliche, das die eigene Position jenseits dieser Symptome untermauern soll. Beispiel: Schwellenländer als „wirklich große Emittenten“. Frau Kirchhof verschweigt der hier entscheidende Pro-Kopf-Fußabdruck eines Landes. – Rob Maris

 

Frau Verlindens Aussagen im Interview bestätigen leider die ignorante Arroganz mit der ich Ihre Partei zunehmend wahrnehme.Ich empfinde den Klimawandel auch als Bedrohung. Das rechtfertigt aber nicht, gegenüber allen Bedenken der Windenergie gegenüber mit Blindheit geschlagen zu sein. Ich habe eine alte Wassermühle gekauft mit dem Ziel emissionslosen Strom zu produzieren. Die Umwelschutzauflagen der EUWRRL machen das unmöglich. Nicht unwirtschaftlich sondern schlicht unmöglich! Im Bereich Wasserkraft wird ein Umwelt- und Naturschutz betrieben, der völlig überzogen ist und gleichzeitig nicht greift, weil sich nur auf die Durchgängigkeit aber nicht auf die chemische Belastung der Gewässer konzentriert wird. Umso frustrierender ist es zu sehen, wie die gleichen Kräfte, die mit ihren Vorgaben mein Projekt verhindern, bei der Windkraft in der Lage sind sämtliche negativen Effekte hinsichtlich Umwelt- und Naturschutz zu negieren, klein zu reden und zu verharmlosen.

Allein die Aussage, bei den Wäldern, in die Windkraftanlagen gestellt werden sollen, handele es sich um Baumplantagen die keinen Mehrwert für die Biodiversität hätten, ist so realitätsfern, dass sie die Frage aufwirft, ob sich Frau Verlinden schonmal länger vor der Stadtgrenze aufgehalten hat? Bei uns sollen Windkraftanlagen in Buchenmischwald gestellt werden. Dort stehen jahrzehnte und jahrhunderte alte Bäume im natürlich gewachsenen Bestand. So ist der größte Teil der deutschen Wälder beschaffen. Mit solchen verallgemeinernden populistischen Falschaussagen macht sie sich und Ihre Partei unglaubwürdig.

Ich würde ich freuen, wenn Sie mal zum Thema Wasserkraft recherchieren. Das Ausbaupotential ist zwar an sich gering, aber von einem Engagement getragen, dass wenig staatliche Unterstützung notwendig macht. Leider wird Betreibern bestehender Anlagen das Leben durch sinnlose Auflagen (z.T. sollen Restwassermengen im Fluss verbleiben, die dieser große Teile des Jahres selber gar nicht führt) schwer gemacht und die Wiederinbetriebnahme ehemaliger Anlagen, ist nur sehr schwer bis gar nicht möglich. Ich empfinde den Umgang mit Wasserkraft als äußerst ungerecht und nicht von Sachargumenten, sonder von Ideologie getragen. – Thomas Görke

 

Mehr Windräder, fordern die einen, keine Windräder in Sicht- oder Hörweite dulden die anderen. Stadt gegen Land, Nord gegen Süd. Vielleicht doch wieder Atomkraftwerke? Oder Fotovoltaik auf jede Hütte? Und Elektroautos für jedermann? Was jedoch anscheinend keiner sagen oder fordern mag: Unsere Standards sind zu hoch für diese Welt. Wir müssen sie deutlich herunter fahren. Freiwillig machen das zu wenige. Es geht nur über deutliche Einsparungen in allen Bereich und mit Verzicht auf scheinbar Selbstverständliches. Der Staat muss handeln. Verbieten! Das schmerzt und kostet Wählerstimmen. Doch es wäre ehrlicher. – Werner Bohn

 

Die Argumentation von Frau Verlinden entspricht der üblichen meist oberflächlichen Linie der Grünen in Land und Bund. Es werden teils unbewiesene Behauptungen ohne Nachweise in die Welt gesetzt, um dieeigene Doktrin plausibler darzustellen und am Ende durchzudrücken: 1. Infraschall:Opfer gibt es viele. Realistische Gutachten dagegen weniger. Wieso kann Fr. Verlinden behaupten, dass Infraschall nur auf einem niedrigen Level existiert, der keine gesundheitlichen Folgen hat? Hunderte von Schallopfern beweisen das Gegenteil. 2. Weltklima:Immer wieder dieser Alarmismus! Beispiel: Meeresspiegelanstieg rasch ! „Da ist alles hinüber!“ Hat Politik falsche Ziele gesetzt (?) trotz Beratung durch Wissenschaftler ? Dann prüfen wir die Ziele erneut mit neutraler Hilfe und justieren „die Erneuerbaren“ nach unter Berücksichtigung nachhaltiger Argumente – und ohne Emotionen !! 3. Artenschutz:„Hauptverursacher des Artensterbens ist die Landwirtschaft“ – das ist sehr gewagt Fr. Verlinden, wo sind die Beweise ? Mehr Hitzetote, wenn es nicht mehr Windräder gibt ? Das ist Alarmismus pur. Mehr Sachlichkeit wäre sicher zielführender.Warum gibt es keinen runden Tisch mit technischen Experten von beiden Seiten ??Am besten ohne Politiker und Verbände ! Moderiert von der Presse! – Bernhard Wieck

 

Das selbst demaskierte Gesicht einer Grünen-Funktionärin in Führungsposition erschreckt und ängstigt mich: Diese offene Aggression und Gewalt in der Sprache und in der Rhetorik, diese Dialogunfähigkeit, diese verbissene Rechthaberei mit angelerntem Allerweltswissen einer Chefideoligin – und blank nötiger Persönlichkeitsbildung und Empathie. So wird weiter Unfrieden in die Gesellschaft getragen und polarisiert. Ähnlich strukturierte fundamentalistisch radikale Menschen infiltrieren in Stuttgart und im Ländle seit sieben Jahren die Parlamente, die Verwaltungen und die Ministerien bis in die Spitzen und erhöhen sukzessive staatliche strukturelle Gewalt, die ihrerseits Aggressivität schürt. Wollen wir das auf Bundesebene? Ich nicht! – Johannes Teufel

 

Ein Abbild unserer Streitkultur – und ein schwieriges Thema. Wer würde nicht im Angesicht der Australienbilder von jetzt auf gleich weg wollen von den fossilen Energieträgern. Wer würde nicht im Angesicht des Windradwaldes entlang der A9 in Sachsen Anhalt lieber eine weniger sichtbare Energieerzeugung bevorzugen (wo stehen eigentlich derartige Mengen an teils 180 m hohen Windkraftanlagen in den alten Bundesländern – außer an der Küste…?). Und dennoch gebe ich Frau Kirchhof ein knappes 1:0!! Warum – weil es genau diese Denkweise der Grünen ist, entweder es geht ganz oder gar nicht – Kompromisse fallen sichtbar schwer und der Argumentationsgegner hat den ‚Schuss sowieso nicht gehört‘, die spaltet und nicht mitnimmt. Liebe Frau Verlinden, ihre Argumente hätten vielmehr im Technologieland D für den Erhalt der Windkraftindustrie stehen müssen und ein klares Bekenntnis für echte (hohe) Entschädigungen beinhalten sollen. So aber haben sie (bei mir) den Eindruck der verbissenen Klimaaktivistin hinterlassen, genau die Sorte, die es den Klimaleugnern noch immer leicht macht, auf Stur zu schalten. Schade. – Thomas Harnisch

 

Wenn man für das Leben auf unserer wunderschönen Erde dem Schutz des Menschen,der Natur und der Umwelt Priorität einräumt,dann kann es für die Windkrafträder nur an sorgsam ausgewählten Standorten Platz geben,auch wenn die zuständige Industrie dies aus verständlichen Gründen anders hätte.Irgendwann wird man erkennen,daß wir Menschen das Klima nur eingeschränkt beeinflussen können,daß CO2 nur bedingt die Ursache für die Erwärmung ist.Mit dem Fokus auf Natur und Umweltschutz wird es konkret sichtbar/faßbar was sinnvoller Weise getan werden muß, würden wir unseren gebeutelten Planeten einen großen Dienst erweisen. – Dr.Peter Röschlau

 

Können Sie den Begriff „Höhe“ spezifizieren? Meinen Sie Gesamt– oder Nabenhöhe? – Rolf Stecker

 

Es gibt ein Buch, das heißt “Die Arroganz der Satten”, dabei geht es um die Arroganz der Reichen und mächtigen Industrienationen gegenüber der armen, machtlosen, ausgebeuteten Bevölkerung in den benachteiligten Staaten dieser Welt.Haben wir es jetzt im 21. Jahrhundert mit der Arroganz einer “grünen”, gutsituierten, städtischen Wählerschaft zu tun, unnachgiebig-ideologisch, die Opfer von der armen, machtlosen Landbevölkerung fordert, während sie selbst nicht bereit ist, auch nur einen kleinen Teil ihres städtischen Komforts zu opfern? Die, anstatt sich selber umweltbewusster zu verhalten, den Betroffenen erzählt, sie sollten sich ( wegen ihrer Gesundheit, wegen ihrer Lebensqualität, wegen ihrer Landschaft, wegen dem bisschen Natur ) gefälligst nicht so anstellen, oder die sogar die Frechheit besitzen, zu behaupten, die Betroffenen bildeten sich das alles nur ein: ich schäume vor Wut über die bodenlose Arroganz dieser grünen Abgeordneten!

Es sind die Millionen Städter, die die Innenstädte mit ihren Autos vergiften, obwohl sie doch den ÖPNV nutzen könnten- die also eigentlich weder einen Diesel noch ein E-Auto bräuchten; die Millionen von Vielfliegern, von denen aber nicht einmal 1% bereit ist, dafür wenigstens einen kleinen Klimaausgleich an Atmosfair zu zahlen; es sind die Millionen Menschen in der Stadt, die auf billiges Fleisch nicht verzichten wollen, Fleisch, das um die halbe Welt transportiert wurde und oftmals weniger kostet als ein Kilo Obst. Es gibt viele Möglichkeiten, die Welt besser, umweltgerechter und klimafreundlicher zu machen. Windkraft -in angemessenem, “menschlichen” Maß- kann dazu beitragen, aber nur dann, wenn sie nicht gegen Unversehrtheit, Gesundheit und das Wohlbefinden von Mensch und Natur durchgeboxt wird. – Cornelia Frerichs

 

Der gravierendste Einwand der Windkraftgegner ist sicher der der gesundheitlichen Beeinrächtigungen durch Infraschall. Dazu schreibt das Umweltbundesamt im November 2016: „Bisher gibt es keine konsistente Evidenz dafür, dass gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Infraschallemissionen von WEA verursacht werden. Amerikanische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Massachusetts Institute of Technology in Cambridge kamen nach einer umfangreichen Literaturstudie zu den möglichen Gesundheitsauswirkungen von WEA zu dem Schluss, dass keine besonderen Gesundheitsbeeinträchtigungen von WEA durch Infraschall zu erwarten sind. Hierbei ist allerdings einschränkend anzumerken, dass nur die Ergebnisse von Querschnitts- beziehungsweise experimentellen Studien zusammengefasst wurden. Derzeit fehlen noch Langzeitstudien, die über chronische Effekte nach langjähriger niederschwelliger Infraschallbelastung Aufschluss geben könnten.“

Die Naturschutz-Argumente stehen allerdings auf tönernen Füßen. Schließlich sind die Belange des Naturschutzes Bestandteil jedes Genehmigungsverfahrens. Und die Unterscheidung zwischen naturnahen Wäldern und Wirtschaftswäldern, die Frau Kirchhof kritisiert, wird auch vom Bundesamt für Naturschutz in seinem Postionspapier zu „Windkraft im Wald“ von 2011 vorgenommen. „Insbesondere intensiv forstwirtschaftlich genutzte Fichten- und Kiefernforste könnten geeignet sein“, heißt es da. Bei Einhaltung bestimmter Bedingungen könne „auch Windkraft im Wald ihren Beitrag zur Energiewende … leisten“. Im Gegensatz etwa zum Braunkohleabbau gibt es für die Windkraft keine großflächigen Abholzungen (und kein Entfernen des Bodens!) Den Standflächen für die Anlagen und die Kranstellflächen sowie der Verbreiterung der Wege fallen allerdings Bäume zum Opfer. Recht hat Frau Kirchhof mit der Aussage, dass Wälder CO2-Senken sind. Allerdings legen heranwachsende Bäume, die die ihre Masse erst aufbauen, am meisten Kohlenstoff fest. Nach der Bauphase können Teile der benötigten Flächen wieder aufgeforstet werden, wobei dann dieser Effekt zum Tragen kommt.

Unser Problem ist aktuell nicht, wie Frau Kirchhof vermutet, ein Zuwenig, sondern ein Zuviel an Grundlastkraftwerken. Diese sind nämlich nicht flexibel genug, um mit den Schwankungen des Windstromangebots zu korrespondieren. Im Ergebnis werden Windkraftwerke in steigendem Umfang abgeregelt, während Kohle- und Atomkraftwerke weiterlaufen. Die bereits existierenden Gaskraftwerke könnten diese Schwankungen viel besser ausgleichen. Sie stehen derzeit noch überwiegend still, weil Braunkohlestrom günstiger ist, solange die CO2-Zertifikate so billig sind. Mit dem aktuellen Anstieg des Preises für die Zertifikate könnte sich das ändern. Die Politik ist gefordert, damit dies schnellstmöglich geschieht.

Wenn man auf die Web-Seite von „Vernunftkraft“ geht, auf der sich praktisch alle Anti-Windkraft-BIs präsentieren, findet man nur wenig fachliche Informationen. Von Ausnahmen abgesehen sind die Beiträge polemisch – und meist auf konkrete Bauvorhaben bezogen. Im Bestreben, diese zu verhindern, wird von vielen die Windkraft oder gar die Energiewende grundsätzlich in Frage gestellt, mit teilweise hanebüchenen Falschbehauptungen – etwa dass Windkraftanlagen „die in sie investierte Energie niemals zurückliefern“. Das trifft auf konventionelle Kraftwerke zu, bei Windkraftanlagen ist die Energieblianz aber nach weniger als einem Jahr positiv. Manche Initiativen blockieren durch Klagen Projekte bundesweit, also auch fern vom eigenen Wohnort. Dass Menschen aus Sorge um ihre Gesundheit mitreden wollen und u.U. aufbegehren, ist verständlich. Sie sind aber schlecht beraten, wenn sie in ihrer Wut (und möglicherweise Panik) alle vermeintlichen Anti-Windkraft-Argumente im Internet sammeln, so abenteuerlich sie auch sein mögen. Der Streitkultur erweist man damit jedenfalls keinen Dienst. – Dr. Eduard Belotti

 

Julia Verlinden und mit ihr die gesamte Umweltbewegung merkt gar nicht, wie sehr sie der Argumentationslinie der Kirche in vorreformatorischer Zeit folgt: Beschränkt Euch jetzt, damit es Euch später gut geht. Angst als versteckte Argumentationskraft zur Ausübung von Macht. Andersdenkende werden um unser aller und deren eigenem Seelenheil willen verfolgt. Die Konsequenz des fehlerhaften Handelns wird in die ferne Zukunft verschoben. Natürlich ist alles wissenschaftlich belegt, wie früher auch. Deshalb hält man sich auch für aufgeklärt. Die Forderung lautet: Lebt so, wie ich es für richtig halte. Der Missionsgedanke mit dem Anspruch an ein fehlerfreies Leben ist noch lange nicht ausgestorben. Weltuntergangsszenarien gab es schon viele, und die waren früher besser begründet als wie heute: Hunger, Krankheit, Seuchen, Kriege, auch Wetter. Nun, die Gletscher gehen nachweislich seit 1850 zurück. Was vorher war hat nie jemand untersucht. Natur handelt nicht in Dekaden oder Jahrhunderten, sondern in Jahrmillionen. Da sind wir doch leicht überfordert. Die Welt lacht sich tot über Deutschland. – Martin Loser

 

Wieder eine ganze Seite Streit um Windkraft, ohne dass wirklich zur Sprache kommt, was die Gegner der hemmungslosen WKA-Ausbreitung zunehmend auf die Barrikaden bringt. Das sind eben nicht gesundheitliche Risiken durch Schallemissionen, das ist überhaupt nichts, was zu quantifizieren und objektivieren wäre, es ist „nur“ Ästhetik. Das traut man sich wegen „Unwissenschaftlichkeit“ nicht mehr laut zu sagen, gedacht wird es mit Sicherheit. Aber ist es nicht merkwürdig: Da verläßt der Bewohner eines großstädtischen Ballungs-raums zwecks Erholung vom Verkehrslärm sein Wohnquartier, bewältigt auch die ermüdenden visuellen Zumutungen der Stadtränder, kommt endlich in „die freie Landschaft“, sieht sich dort dem optischen Lärm ganzer WKA-Batterien auf den „Tälern weit oh Höhen“ ausgesetzt, und er wagt es nicht, laut zu schreien: „Welche Hässlichkeit!!“

Umwelt-Technokraten fehlt dafür ein Sensus, weshalb sie auch keinen faden Geschmack spüren bei dem Vorhaben, die WKA-Zustimmung der Bürger, d.h. die Bürger selbst zu kaufen. Aber unsere Intellektuellen, Schriftsteller und anderen Geistesmenschen – da werden ehemals ruhige und jawohl: erhabene Landschaften in ihr Gegenteil verkehrt, harmonische und jawohl: romantische Ortsansichten mit Industrialisierung per bewegter Großtechnik gekrönt, da wird eine permanente optische Unruhe in die Augen (und damit natürlich auch tiefer) geschickt, und was hört/liest man zu diesem Skandal von unserer sonst so redebereiten Elite? Nichts! – Walter Classen

 

Welch halbwissenschaftlicher Furor, mit dem deutsche Klimaaktivisten fordern, auf Biegen und Brechen das 2% hausgemachte CO2 aus der Erdatmosphäre zu eliminieren, während die restlichen 98% weiter Temperatur und Meeresspiegel steigen lassen! Sie müßten nur einmal über den Rand ihrer klimatisierten Scheuklappen blicken, um wahrzunehmen, daß es neben menschengemachter auch natürliche Klimakatastrophen gibt! Etwa einen Vulkanausbruch ähnlich dem des Krakatau! Ein solcher Killer schlummert im Vesuv; möge die Erde ihn nie wecken! Wenn nun der „Schläfer“ doch einmal aufwacht, dann verdüstert sich der Himmel (weltweit) über uns, die Solaranlagen liefern unterbelichtet keinen Ökostrom mehr, Futter und Nahrungsmittel verknappen und die Vitamin D-Pillen, die wir dann schlucken sollten, sättigen und wärmen nicht! So werden wir bei unseren Nachbarn betteln – um ein wenig giftigen Kernkraftstrom aus Frankreich, ein bißchen dreckigenKohlestrom aus Polen, zugleich um ein möglichst großes Kontingent Champagner von dort, Wodka von da, um unsere abgekühlten Herzen erwärmen und den ganzen Irrsinn ange(heiter)t ertragen zu können! – Dr. med. Ulrich Pietsch

 


 

 

Leserbriefe zu „Anstand wagen“ von Marc Brost

 

In Ihrem Leitartikel umschreiben Sie ein Phänomen das sich offenbar ausbreitet. Hetzer und Schläger identifizieren Sie als Gegner der Demokratie – und das ist natürlich auch richtig. Dass das Land nach jedem bedrohlichen Ereignis schnell wieder „zur Tagesordnung übergeht“, liegt jedoch an einer tiefersitzenden Unzufriedenheit vieler Bürger mit den bundesrepublikanischen Verhältnissen. Es ist m.E. kein Zufall, dass sich der Unmut an Politikern, Lehrern, Bürgermeister, Polizisten usw. abarbeitet. Jene sind Repräsentanten eines (bislang) unhinterfragt gebliebenen „Beamtenadels“, der sich hierzulande (klammheimlich) etabliert hat. Dies soll beileibe keine Rechtfertigung dafür sein, dass Hass-Exzesse geschehen; es fehlt aber die umfassende Analyse und Auseinandersetzung mit dem Problem.

Es werden zwar Ungerechtigkeiten in der Einkommensentwicklung, auf dem Wohn- und Immobilienmarkt, in der Bildung diskutiert und medial aufbereitet doch sogen. Neiddebatten werden – pfui Teufel – im Keim erstickt. Doch der Neid ist da! Auf der einen Seite sehen sich diejenigen die sich abstrampeln um im Alter von einer kümmerlichen Rente leben zu müssen (und das sind nicht nur arbeitsscheue, prekär Beschäftigte), auf der anderen Seite sitzen die guten Demokraten, oft verbeamtet, privat versichert und pensionsberechtigt – abgesichert bis zum Tod. Was man in Deutschland offenbar wirklich nicht sagen darf und auch in keiner Partei von links bis ganz rechts zum Thema gemacht wird – ist die Stellung des Beamtentums in unserer Gesellschaft. Anzeigen und Strafen, wie Sie es fordern, sind keine Lösung. Eine offene Diskussion zu diesem Aspekt des Unmuts ist längst überfällig. Diese anzustoßen ist auch die Aufgabe der Qualitätspresse. – Ulrich A. Fay

 

Sie fragen sich und uns, „was eigentlich der Grund (ist), dass der Hass so tief ins Land einsickern konnte?“ Leider geben Sie sich und uns darauf keine Antwort, ein unverzeihliches Defizit für eine Grundsatzbetrachtung auf der Seite 1 der ZEIT. Wie konnte Ihnen das passieren? Das folgenlose Stellen brisanter Fragen liest hier wie eine journalistische Alibi-Methode. Meinerseits ein Ansatz, um darüber mit Ihnen ins Gespräch zu kommen: Nach meinem Empfinden ist die von Ihnen prominent erwähnte AfD nicht die Ursache des von Ihnen beklagten Volkszorns als Massenerscheinung, sondern die AfD – und deren Wähler, vor allem Letztere – deren Folge. Ohne die eigensinnige präsidiale Selbstverwirklichungspolitik der Frau Bundeskanzlerin („Ich sehe nicht, was wir anders machen sollten“!?), gäbe es die Masse der AfD-Wähler nicht, die AfD wäre vermutlich wieder vertrocknet. Und auch die „Zorn-Geburt“ der Werte-Union gäbe es nicht, den exponentiell aufblühenden Volkszorn und den von Ihnen konstatierten Hass im Volke vermutlich ebenso wenig.

Bitte nicht Ursachen und Wirkungen verwechseln, sondern bei Gelegenheit den Merkel‘schen Mehltau über Deutschland thematisieren und darin nach den Ursachen für die von Ihnen beklagten Missstände suchen resp. diese dort finden, beispielhaftin den Entgleisungen der Geld- und Zinspolitik sowie der sozialen Marktwirtschaft durch Verhinderung von Börsenumsatz-, Vermögens- und/oder Erbschaftssteuern, in der Wechselwirkung zwischen Investitionsstau und Haushaltsüberschuss, in der – mit Verlaub – naiven bis dämlichen Bevölkerungs- resp. Flüchtlingspolitik mit den Folgen für die Schulpolitik (Lehrermangel; Mobbing an den Schulen aus religiösen Gründen); in der Bodenpreis- und Mietenexplosion auf den städt. Wohnungsmärkten, der Verkehrs- und EEG-Politik inkl. den politisch motivierten AKW-Abschaltungen mit den unabsehbaren Folgen für unsere CO2-Bilanzen, für Strompreisentwicklungen und für die wackelige Stromnetz-Stabilität… – Dr. agr. Gernot Henseler

 

Dieser Beitrag führt genau dorthin, was ihr Autor kritisiert. Der Hass wird nicht aufhören, wenn Journalisten lebensfremd durch die Gegend laufen. Die AfD wird ständig von den Medien niedergemacht was den Hass fördert. Zahlen, Daten und Fakten belegen, der Bevölkerungsaustausch in Deutschland ist doch längst im vollen Gange und das ärgert viele Menschen ungemein. Sprechen sie mit der Polizei, dann hören sie, dass die Gefahr mehr von links ausgeht. Aber das wird verschwiegen. Und der Fall Lübke zeigt, wie ständig die Wahrheit der Medien unter den Tisch fallen. Herr Lübke hat zu dem „Deutschen“ gesagt: „Er könne ja auswandern, wenn ihm Deutschland nicht mehr gefällt“. Das habe ich nirgendwo gehört oder gelesen. Durch Zufall habe ich das erfahren. Das ist eine typische Verhaltensweise der Medien. Es wird entweder verschwiegen oder falsch dargestellt. Das muß auf Dauer zu Hass führen, so wie ihr Beitrag. Für mich sitzen die Hasadeure in den Redaktionen fast aller Medien. Der Ursprung liegt sehr wohl in der unkontrollierten Einwanderung. Daraus entwickelte sich der Hass auch auf Banalitäten, die für viele Menschen keine mehr sind. – Gunter Knauer

 

Was ist der Grund für den Hass, fragt Marc Brost im Leitartikel „Anstand wagen“. Hier eine Hypothese: Wir leben in einer Wettbewerbsgesellschaft. Es gibt den wirtschaftssystemgetriebenen Wettbewerb, der Bürger immer umfassender zu Kunden mutieren lässt. Es gibt die Konkurrenz um Plätze in attraktiven Einrichtungen (z.B. Kiga, Schulen, Pflegeheim), um Arbeitsplätze, um Wohnungen, um Geltung, um vermeintliche Vorteile (Geiz ist geil), um Arzttermine, um Parkplätze usw. Es gibt eine wachsende Konkurrenz um Kompensationsleistungen für negative Effekte eines blinden Wettbewerbs und für die notwendigen Umbaumaßnahmen. Der Gemeinsinn gerät immer mehr unter die Räder. Bürgersinn? Zusammenhalt? Teilhabe? Streitkultur? Solidarität? Anstand? Regelmäßige Appelle erreichen uns kaum in unserem Wettbewerbsalltag, der aus Menschen Gewinner und Verlierer macht.

Aus dem sportlichen Wettbewerb kennen wir das Prinzip der Superkompensation: Durch gezieltes Training wird die Grenze dessen, was als normal empfunden wird, immer weiter nach oben geschraubt. Unsere Gesellschaft befindet sich offenbar in einem Trainingszustand, der auch Hass wachsen lässt. Hass als eine Möglichkeit, Sichtbarkeit im Geltungswettbewerb zu erlangen. Hass als eine Möglichkeit, die Illusion einer Umkehr der Verlierer- / Gewinnerrelation zu erreichen. Hass als Doping, um rasch ein Gefühl von Stärke zu erzeugen. Hass als Mittel, sich in einer zunehmend polarisierten Gesellschaft „richtig“ zu positionieren.

Wer Hass sät, findet dankbare Abnehmer. Gemeinsinn und Anstand dagegen tun sich im Wettbewerb um die Gunst der Menschen schwer. Eher erleben wir, wie Anstand und Gemeinsinn zusätzlich Hass provozieren und auf sich ziehen. Einer Gesellschaft im Wettbewerbsstress gelingt es kaum, sich so zu regenerieren, dass die Ressourcen, die wir für eine lebendige Demokratie brauchen, hinreichend und nachhaltig aufgeladen bleiben. Von der Substanz zu leben, ist auf Dauer keine Lösung. Bleibt die Hoffnung auf die Fridays for Future-Bewegung. Mit Bertolt Brecht wissen wir doch: Auch der Hass gegen die Niedrigkeit verzerrt die Züge. Auch der Zorn über das Unrecht macht die Stimme heiser. Ach, wir, die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit, konnten selber nicht freundlich sein. Ihr aber, wenn es so weit sein wird, dass der Mensch dem Menschen ein Helfer ist, gedenkt unser mit Nachsicht. – Reinhard Koine

 

Die Mahnung in meiner Kindheit: „Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem anderen zu“. – H. Schwarz

 

Der Autor verweist auf die neue Form der Gewalt in Deutschland, was zugleich mehrere Fragen aufwirft. Ist das nur der Lauf der Zeit die sich immer mal ändert und das Verhalten vieler Menschen so beeinflusst, dass es umzukippen droht ? Oder steckt dahinter die Saat neuer, rechtsextremer Ideologien die mit dem Dünger Populismus zu resistenten Unkrauten gedeihen? Erschreckend für uns Deutsche bleibt aber immer der Rückblick auf die Geschichte der Menschheitsverbrechen von 12 Jahre Naziherrschaft mit ihrer „industriellen“ Vernichtung von 6 Millionen Juden und anderer „undeutscher Rassen“ und dem Horror von Weltkrieg II. Wie der AfD Politiker Björn Höcke, der bis 2014 Geschichtslehrer an einem Gymnasium in Hessen war, die Deutsche Vergangenheit da noch ausblenden oder erschreckend verdrehen kann, bleibt ein deutscher Skandal der aber von Politik und Öffentlichkeit fast geräuschlos verdaut wurde.

Sein Weggefährte Andreas Kalbitz, ebenfalls vom extrem rechten „Flügel“ der AfD, steht in der Nähe von Neonazis, bleibt dabei aber eher im Hintergrund um nicht andere, weniger extreme Parteimitglieder zu verstören. Gauland, der mit der bürgerlichen Fassade, bleibt in Kontakt mit einer politisch naiven Wählerschaft der Mitte. Da Gauland`s berüchtigter Spruch über die Hitler-Ära als „Vogelschiss der Geschichte“ in der deutschen Öffentlichkeit erstaunlich wenig Wellen schlug fragte man sich im Ausland, und natürlich in Israel, wie die Deutschen mittlerweile politisch ticken. Man hat in seiner deutschen Verzweiflung doch noch so eine Idee : Warum reisst sich die SPD nicht zusammen und bäumt sich mit der Energie einer todkranken, aber nicht zum Sterben bereiten Partei auf, um den Kampf gegen die AfD aufzunehmen. Die geschichtliche Erfahrung der SPD mit den Nazis, die dabei erlittene Demütigung und Verfolgung prädestiniert sie dazu, Rechtsradikale, Rassisten und Neonazis mit offenem Visier zu bekämpfen. In der deutschen Öffentlichkeit gibt es genug politisch sensible Menschen die das dieser Partei hoch anrechnen würden. Es wäre ein enormer Gewinn für die politische Landschaft und eine Art Neugeburt der SPD. Andere politische Felder wie die mit der CDU könnte man getrost später weiter beackern -da gibt es fast nur noch Übereinstimmung. Der Kampf gegen die AfD ist viel wichtiger. – Klaus Reisdorf

 

Ich teile die Ansicht des Autors, dass Gewaltandrohung oder gar -anwendung auf keinen Fall bürgerliches oder politisches Engagement verhindern darf. Die Gesellschaft muss diesbezüglich wachsam sein und sichtbaren Tendenzen entschieden entgegentreten. Es ist aber nicht sehr hilfreich, davon zu reden, dass „beinahe jeder, der den Kopf herausreckt, niedergemacht“ wird. Wer beunruhigende Trends derart übertrieben dramatisiert verliert seine Glaubwürdigkeit und tut niemandem einen Gefallen. Auch kann ich mich nicht daran erinnern, dass bedeutsame Medien oder andere wesentliche Akteure prophezeit hätten, dass die AfD „in den demokratischen Konsens gezwungen“ werde und eine „ganz normal Partei werden“ würde. Wer soll so etwas gesagt haben? Es drängt sich der Verdacht auf, dass hier warnende Assoziationen zur fehlgeschagenen Zähmung einer früheren deutschen Partei provoziert werden sollen. Auch das wäre nicht wirklich zielführend. Wir brauchen – und hier stimme ich dem Autor zu – schlicht neue Gesetze, die Androhung von Gewalt schärfer und wirksamer sanktionieren. – Dr. Christian Voll

 

Der Autor bringt es fertig, einen ganzen Artikel auf der ersten Seite der Zeit zu verfassen, ohne einen zentralen Sachverhalt seiner Thematik auch nur zu erwähnen. Denn zweifellos ist auch ihm bekannt, dass Angriffe auf Rettungskräfte, Sanitäter oder auch Polizisten überwiegend im migran – tischen Milieu oder in migrantisch geprägten Wohnbezirken stattfinden. Stattdessen werden – vermutlich im Bemühen um politische Korrektheit – auch diese Gewalttaten den „Rechten“ angelastet, weil es den Sachverhalt scheinbar eindeutiger macht. Dabei hätte es doch durchaus gereicht, auf die Gewalt des Rechtsextremismus gegen alle, die als Feinde betrachtet werden- insbesondere politische Funktionsträger- oder auch auf den blindwütigen Hass auf alles Fremde zu verweisen und die Angriffe auf Rettungskräfte, Sanitäter und Polizisten (nur weil sie Polizisten sind) dort zu verorten, wo sie wirklich stattfinden. Diese Einseitigkeit in der Realitätswahrnehmung und Ausblendung aller Probleme, deren Diskussion nicht erwünscht ist, führen zu dem weitverbreiteten Vertrauensverlust gegenüber der Presse und auch zur Entstehung der viel beklagten Filterblasen, weil man nicht mehr von der Objektivität der Berichterstattung überzeugt ist. Man kann daher nur appellieren, zu einer objektiven Berichterstattung zurückzukehren, auch wenn dabei Probleme benannt und diskutiert werden müssen, die man lieber außen vor lassen würde. – Dr. Hans Gerhard Bergmann

 

Ergänzend zu Ihrer Darstellung zum ehemaligen Regierungspräsident Walter Lübcke müssten Sie allerdings auch erwähnen, dass er vorher in einer Bürgerversammlung geäußert hatte, wem die Flüchtlingspolitik der Regierung nicht passt, können ja Deutschland verlassen. Wer eine solche anmaßende und verachtende Aussage gegenüber deutschen Staatsbürgern trifft und damit auf arrogante Art provoziert, muss ich allerdings über den tödlichen Ausgang auch nicht besonders wundern. – Jens Roßbach

 

Ihr Artikel „Anstand wagen“ hat mir aus aus der Seele gesprochen. Es ist seit Jahren zu beobachten und zu erleben wie der Umgangston nicht nur im Intenet immer rauer wird. Weisse ich z.B. einen Fahrradfahrer daraufhin, dass er den schmalen Gehweg doch bitte, als einzigen sicheren Raum, den Fussgängerne überlassen soll, sind Aussagen “ Such dir mal nen Mann“ noch die harmlosen Aussagen. Es wird einfach Zeit diesen Beleidigungen entschieden entgegenzutreten. Wir haben das viel zu lange versäumt. Als bei den Pegida-Demontrationen Frau Merkel und Herr Gabriel an Galgen gezeigt wurden, war für mich unverständlich, dass dies toleriert wurde. Politische Auseinandersetzung ja, aber Beleidigung und persönliche Bedrohung eindeutig nein. Wir haben wohl gehofft, dass sich das Problem durch Ignorieren von selbst löst. Sicher nicht und deshalb sind die Initiativen unserer Justizministerin zur Strafverschärfung solcher Delikte zu begrüssen.

Allerdings sehe ich auch die Übermacht der Populisten wie Trumpp, Salvini und Co., die die neuen Medien geschickt nutzen um ihre krude Weltsicht zu verbreiten, eingeschlossen Beleidigungen und persönliche Herabsetzung der politischen Gegner, Frauen und Menschen mit anderer Hautfarbe. Ja, und wenn die das dürfen, dann darf das der „Kleine Mann/Frau“ auch. Die Lust am Mobben und Dissen scheint zu einer, der weniger angehmen Eigenschaften von Menschen zu gehören. Also die eigene Komfortzone verlassen und sich wehren. – Gabriele Bermel

 

Bin fast zwanzig Jahre älter als Sie, kann mich daher noch gut an Debatten mit Herbert Wehner oder Franz-Josef Strauß erinnern. Es ging dort keineswegs friedlich zu und es gab viele Treffer auch unterhalb der Gürtellinie. Während dieser Zeit hatte auch die linksextremistische RAF ihren Höhepunkt und die Zeiten kann man nicht nur als friedlich bezeichnen. Aber dennoch konnte man zu dieser Zeit mit einem einzelnen Einkommen noch eine Familie gründen und trotzdem gut leben. Etwas später legte auch Joschka Fischer nicht unbedingt bundestagstaugliches Verhalten an den Tag: „Mit Verlaub Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch.“ Obendrein saßen die Grünen häkelnd, strickend und säugend im Plenarsaal. Aber das spielt alles keine Rolle, wenn das Ergebniss für das Volk annehmbar ist. Mit dem Einzug der heutigen Bundeskanzlerin zogen die Kuscheldebatten ein und wurden sukzessive in einen Einheitsbrei mit vorgeschriebenen Sprachgebrauch verwandelt.

In dieser Zeit konnten die Linken in aller Ruhe und weitgehend ungestört die Antifa aufbauen und sie werden bis heute öffentlich nur äußerst schleppend kritisiert. Es entstand und entsteht noch immer ein undurchsichtiges linkslastiges Konglomerat mit Zufluss aus den unterschiedlichen Altparteien. Durch die Afd kommt nun wieder neue Spannung in den Bundestag. Wer jetzt die dringend benötigten neuen Debatten verfolgt muss aber erschreckend feststellen, dass ausgerechnet die Altparteien die jeweiligen Redner der Afd nicht ausreden lassen. Sie werden in weiten Teilen mit massiven und lautstarken Zwischenrufen gestört und nur äußert selten zur Ordnung gerufen. Deutlich ist zu erkennen, dass einige der Altparteien den von ihren angesprochenen „demokratischen Konsens“ gänzlich verloren haben. Schlechtes Vorbild für das Volk. Es wäre an Ihnen dort nicht wegzuschauen, oder haben Sie sich als Journalist mit einer Sache gemein gemacht? Sie fordern weniger Hass und weniger Hetze. Prima, dann fangen wir doch im Bundestag einmal damit an und geben dem Volk ein gutes Beispiel. Einige Abgeordnete der Afd bringen sehr wohl Punkte in die Debatte die in unserem Land dringend zu erörtern und dementsprechend zu behandeln wären.

Sie aber mit Hass und Hetze niederzuknüppeln ist nicht demokratisch. Von anderen Parteien Verhaltensweisen einzufordern die man selbst nicht bereit ist einzuhalten, war noch nie eine gute Grundlage für eine gesunde Gemeinschaft. Sie fragen nach dem Grund für den Hass der so Tief in unser Land eindringen konnte. Der Auslöser ist eindeutig unseren verantwortlichen Politikern zuzuordnen. Was glauben Sie wohl was mit Menschen geschieht die von einem Mindestlohn allein nicht mehr existieren können. Wenn Betriebsrenten und Direktversicherungen betrügerisch doppelt mit Krankenkassenbeiträgen belastet werden und das höchst richterlich auch noch abgesegnet wird.( Mit Vertrauensbildung hat das nichts mehr zu tun) Wenn die jahrzehntelange Eigenvorsorge geschlachtet wird und auf dem europäischen Opfertisch landet. Wenn die regierenden Verantwortlichen Milliarden für Wirtschaftsflüchtlinge erübrigen aber das eigene Volk mit Almosen abspeist. Das Ganze wird uns dann auch noch als ethisch,- moralisches Gutmenschentum verkauft. Und dann kommt auch noch der absolute Hohn,— das Bundesverdienstkreuz für Herrn Draghi. Das ist der ultimative Schlag ins Gesicht der Bevölkerung. Als ich diese Überschrift las überfiel mich eine unbändige Wut und bedauerte zeitgleich nicht in Frankreich aufgewachsen zu sein. Sie fordern zu recht Hetzer, Schläger und Pöbler zu bekämpfen.

Sehr gut! Dann fangen wir doch mal damit im Bundestag an und geben der Afd ihren Bundestagsvizepräsidenten. Das mag vielen nicht gefallen, wäre aber demokratisch und würde Hetzern und Pöblern den Wind aus den Segeln nehmen. Aus unserer Kindheit wissen wir, dass eine Wippe nur dann richtig funktioniert, wenn beide Seiten etwa gleich besetzt sind. Wir brauchen die Afd, weil die Altparteien seit Jahren enttäuschen und versagen. Die Bevölkerung spürt das und ist nicht so blöd wie gewisse Elemente es gern hätten. Man sieht es an den Wahlergebnissen und das obwohl die altetablierten Parteien von den Hütern der angeblichen Pressefreiheit massivst unterstützt werden. Sollte ich jetzt mit meinen Zeilen gegen IHREN Anstand verstoßen haben, so entschuldige ich mich nicht dafür. Ich bin nur meinem Freigeist und meinem gesunden Menschenverstand verpflichtet, sonst niemanden,- noch nicht!!! – Monika Wißkirchen

 

Danke, Herr Brost, für Ihren Artikel. Ich kann Ihren Ausführungen nur beipflichten. Sie benennen Politiker, Polizisten, Lehrer und Feuerwehrleute in ihrer Berufstätigkeit als Opfer von Hass, Beleidigungen, tätlichen Angriffen bis hin zum Mord. Diese Liste von Opfern könnte man unendlich fortsetzen. Angefangen bei Supermarktangestellten, die sich von ungeduldigen Kunden anpöbeln lassen dürfen , über Bedienstete in Jobcentern oder anderen Ämtern, die sich von manchen Kunden ( so sagt man es ja heute) beleidigen lassen müssen oder auch Krankenhauspersonal, das sich in einigen Städten mittlerweile von Sicherheitsdiensten vor aggressiven Patienten nebst Angehörigen schützen lassen muss und so weiter und so fort.

Meine älteste Tochter ist Notfallsanitäterin. Sie durfte sich auch schon von uneinsichtigen Patienten und Angehörigen beleidigen lassen oder auch frauenfeindliche Sprüche anhören, wenn der Wagen mit einem reinen Frauenteam besetzt war. Geschlagen wurde sie von Patienten ebenfalls schon. Profane Gründe reichen da bereits, z. B. wenn Autofahrer sich durch den Rettungswagen im Einsatz an ihrer Weiterfahrt gehindert sehen. Da wurde (und wird) schon mal vom Fahrer die Verfolgung der Sanitäter zum Einsatzort aufgenommen (es war in dem Fall ein Altersheim), um eine Weiterfahrt auf dem gewünschten Weg zu erzwingen. Oder man sprang mit vier Mann aufs Trittbrett vom Rettungswagen (Verstärkung war ja dank Handy schnell geholt) , um an diesem zu ruckeln und zu treten und die Insassen zu bedrohen. Der Schlaganfallpatient lag da schon im Wagen… Hier hilft nur noch hartes Durchgreifen und Zivilcourage . Und da sind nicht nur mehr die Politik und die Justiz gefordert, sondern die ganze Gesellschaft. Ansonsten überlässt man den Wutbürgern, den Verhassten, den Pöblern und den Gewaltbereiten das Feld. Niemand muss sich dann irgendwann mal wundern, wenn keiner mehr insbesondere Berufe, die großes persönliches Engagement erfordern, ergreifen will. Gerade solche Menschen brauchen wir aber alle! – Regina Stock

 

Was hat Anstand wagen mit der sinkenden menschlichen Körpertemperatur zu tun? Auf den ersten Blick nix, eigentlich. Doch der Reihe nach. Die Demokratie scheint mehr und mehr zu zerfallen. Offener Hass, Pöbeleien und Lügen, nicht nur in den sozialen Medien, ist mehr und mehr salonfähig. Das gesellschaftliche , und manchmal auch familiäre, Miteinander wird zusehend kalt und kälter. So eine äußerst knappe Zusammenfassung der Lage der Nation. Dann haben Wissenschaftler herausgefunden, dass die normale menschliche Körpertemperatur von 37 Grad auf 36,5 Grad gefallen ist. Als Ursachen werden immer seltenere Entzündungsherde im Körper und bessere Ernährung ins Feld geführt. Der Mensch wandelt sich vom Warm- zum Kaltblüter. So und jetzt kommt der zweite Blick auf die Frage vom Zusammenhang zwischen Anstand wagen und sinkender menschlicher Körpertemperatur. Je kühler das mitmenschliche Klima ist, desto mehr ziehen sich alle körperlichen Zellen zusammen, es wird nur noch die notwendige Grundversorgung gesichert.

Nicht zu vergessen die Aussage, dass die so frostige Stimmung herrschen kann, dass es das Blut gefrieren lässt. Logisch sinkt dann auch die Körpertemperatur. Außerdem könnte eine geringere Körpertemperatur sich auch positiv für den menschlichen Organismus im Rahmen der globalen Erwärmung und den längeren, heißeren Hitzezeiten auswirken. Kühl lässt sich Hitze ja besser aushalten. Spaß beiseite. Falls wirklich ein Zusammenspiel von gesellschaftlicher, emotionaler Kälte und der menschlichen Körpertemperatur bestehen sollte, muss dringend gehandelt werden. Auch um die Toleranz und Demokratie zu retten, so als Nebeneffekt halt. Und wie könnte das leicht von jedem umgesetzt werden? Ohne große Anstrengung, denn der Mensch ist ja bequem und faul. Ganz einfach flitzgeschwind kombiniert: Einfach lächeln! So oft es geht. Am besten immer. Lächeln bricht Barrieren, jeder fühlt sich gesehen und geliebt. Das lässt das Herz höher schlagen und strahlt dann Wärme und Mitmenschlichkeit aus. Einfach mal testen. Denn nichts ist wichtiger als Anstand zu leben und dem Miteinander Herz zu geben. Wie John Lennon schon sagte: Give Peace a Chance! – Kerstin Pöhl

 

Es sei dunkler geworden im Bundestag konstatieren Sie, daher sei bei solchen Vorbildern eine Verlagerung der sprachlichen in die natürliche Gewalt ja auch kein Wunder. Wahrlich die Vorbilder im Bundestag verdienen diesen Namen des öfteren nicht. Da wird ständig reingeschrieben, Hofreiter und Co, der Opponent als hässlicher Nazi beleidigt, Abgeordnete treten mit einem Antifa Anstecker auf und nicht zuletzt sollten wir an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen, das selbst die Kanzlerin millionenfach das Recht gebrochen hat. Bei solchen Vorbildern muss man sich nicht wundern das Anhänger selbiger sich bestärkt sehen, politisch unliebsame Menschen und Gegner zu bekämpfen. Das mögen Abgeordnete sein, Polizisten die selbige Abgeordneten schützen, oder auch mal ein unliebsamer Gastwirt, der es doch tatsächlich wagt erstere zu beherbergen. Doch frage ich mich nun. Sehen wir die gleichen Menschen vor unserem inneren Auge, wenn wir an die Personengruppen denken, die der Gewalt oftmals zugeneigt sind? – Marc Hindel

 

In der vorangegangenen ZEIT-Ausgabe (DIE ZEIT N° 4) war Bildung das Titelthema, mit überaus beachtenswerten Autorenbeiträgen und anschließend sehr interessanten Meinungen im Blog der Leser. Hiernach ist klar, Bildung ist außerordentlich wichtig, aber sie muss angewendet werden, muss aktiv Stellung beziehen, in Wort und in Tat. Jede und jeder in diesem Land sollte sich daher ernsthaft die Frage stellen, ob sie oder er wirklich bereit wäre, auf die bislang gewährte, größtmögliche persönliche Freiheit zu verzichten, wenn Hetze und Gewalt zum Normalzustand werden und die Staatgewalt notwendigerweise restriktiv in unser aller Leben eingreifen müsste, um die dann weniger liberale Rechtsstaatlichkeit durchzusetzen. Wollen wir wie etwa in China total überwacht werden? Denn das könnte letzten Endes die bittere Alternative sein, wenn wir unseren demokratischen Habitus und Anstand nicht konsequent wahrnehmen und verteidigen würden. Marc Brosts Aufforderung ist also (leider) zweifellos angemessen und zutreffend. – Ira Bartsch

 


 

 

Leserbriefe zum Titelthema „Lebe jetzt!“ von Florian Illies und Adam Soboczyski

 

Berlin als Kulminationspunkt einer Zeit. Pars pro toto? Sicher färbte das Geschehen in der „Weltstadt“ irgendwie auf andere Städte, auf das Land ab. Aber die Medien waren damals noch nicht überall so präsent wie heute, konnten nicht alle Menschen in allen Räumen des Hauses, unterwegs, vielleicht sogar bei der Arbeit berieseln. Wie zeigten sich die „Zwanzigerjahre“ in Arbeitervierteln, wie auf dem Lande? Waren die Zwanzigerjahre nur von den Kunstschaffenden geprägt? Ein paar Stichworte: Fließband; 100Jahre Waldorfschulen (und andere Reformbestrebungen); Beginn des biologischen Landbaus (1924 hielt Rudolf Steiner seinen Landwirtschaftskurs, danach wurden die biologisch-dynamischen Präparate, Mond-Kalender etc. entwickelt. Anfang der 1920er Jahre wurde die Haber-Bosch-Synthese für die Produktion von Stickstoff-Düngemitteln genutzt, für die sie ursprünglich entwickelt worden war, im Weltkrieg aber für die Produktion von Sprengstoff verwandt worden war.

Aus dem Unbehagen mancher Landwirte, „verkappten Sprengstoff“ auf den Acker zu bringen, entstand die Idee des Landbaus im „Einklang mit der Natur“, zu dem Steiner Überlegungen beisteuerte). Im Verhältnis zur Vor-Weltkriegszeit war Deutschland weitgehend vom Weltmarkt abgekoppelt, Manche Produkte standen auch danach kaum oder gar nicht zur Verfügung. .. Bis hin zur bewußten Autarkie-Politik der Nazis. Die wirtschaftlichen Umwälzungen nach dem Waffenstillstand führten vielfach zur Verschuldung, die Inflation zunächst teilweise zur Entschuldung (die 1925 die Hypotheken-Gewinnabgabe zur Folge hatte, also eine neue Belastung), aber auch zu neuen Schulden (Betriebsmittel auf Pump konnte man nicht mehr mit dem Verkauf des Fertigprodukts begleichen). Oder ich denke an die Siedlungs-, an die Heimstättenbewegung… Dies nur als Anregung. – Adolf Ronnenberg

 

1920 ist eindeutig 20. Jahrhundert. Das 19te begann 1801. Korrekturlesen würde Sinn machen. Ein unentschuldbarer Kardinalfehler – Indiz aber natürlich auch für die Entwicklungsrichtung ihres geschätzten Blattes. Still beobachtend. – Berthold Merkt

 

Großes Kompliment an Florian Illies für sein wunderbares Kaleidoskop der Roaring Twenties! Ein buntes Potpourri des Jahrzehnts zwischen Ende des 1.Weltkrieges und Nazidiktatur, das sich m.E. aber zu sehr auf die damalige Weltstadt Berlin konzentriert. Diese quirlige, flirrende Weltläufigkeit war in anderen deutschen Großstädten nicht zu finden. Man denke nur an München, wie es sich in Oskar Maria Grafs Schilderungen widerspiegelt oder an ländlich-bäuerlich strukturiuerte Milieus, wie man sie etwa in Edgar Reitzens Serie Heimat dargestellt findet. Das kleinbürgerlich-konfessionell geprägte Leben dort hat wenig gemeinsam mit der kulturell und gesellschaftlich experimentierfreudigen Jeunesse dorée der Hauptstadt. Aber auch das waren die Zwanziger Jahre: Armut, Inflation, Kriegstraumata, Straßenkämpfe rechter und linker Schlägertrupps, Kriegsreparationen und, und und. Wir im Saarland haben die Zwanzigerjahre sicher ganz anders erlebt als die Flaneure am Kudamm. Dennoch finde ich Florian Illies Porträt dieser Zeit sehr anschaulich und ich werde es in meinem Deutschkurs einsetzen zur Illustrierung der momentan auf dem Plan stehenden Literaturepoche der Neuen Sachlichkeit. Eine bessere Einführung in die Zeit des Schreibens von Erich Kästner kann man dem Kurs sicher nicht liefern. – Mia Herber

 

Die 100 Jahre-Rückschaulogik führt uns nach der Erinnerung an den Ersten Weltkrieg jetzt zwangsläufig in die 20er Jahre. Logisch, dass die Kulturindustrie mit entsprechenden Büchern, Filmen und Ausstellungen auf den Markt kommt. Aber ist tatsächlich eine breite Sehnsucht nach den 20er Jahren in unserer Gesellschaft auszumachen, wie Florian Illies schreibt? Den in den Anknüpfungspunkten relativ beliebigen Retro-Trend gibt es doch schon seit Jahrzehnten. Eine irrlichternde revisionistische Strömung bekommt doch schon länger immer mehr Zulauf. Eine Sehnsucht nach den 20er Jahren zu unterstellen erscheint eher wie der Versuch, den Nachfragerahmen für die Erzeugnisse der Kulturindustrie zu verbessern.

Dabei ist es ein durchaus lohnender Ansatz, die 20er Jahre in unsere Erinnerungskultur zu integrieren, allein schon, um Glättungen und Vereinnahmungen von geschichtsrevisionistischer Seite vorzubeugen. Kannten die 20er Jahre wirklich keine Sehnsucht, wie Florian Illies schreibt? Ist nicht eher das Gegenteil der Fall: Eine Fülle von Sehnsüchten, die zwischen den Fluchtpunkten der Moderne und der Tradition sich ungebremst verstärkend überlagerten. Zugleich auch gegeneinanderstehend bremsten. Oder auch suchend vorwärtsdrängten. Seitwärts- und rückwärtsdrängten. Sehnsüchte, die sich ausbeuten und kanalisieren ließen, um schließlich im Faschismus zu münden. Den Blick auf die 20er Jahre sollte nicht der reißerischen kulturindustriellen Inszenierung überlassen werden. Eine Chance wäre verpasst, auch mit Blick darauf, dass die Erinnerung an die 30er Jahre sich schon warmläuft. – Reinhard Koine

 

Es fiel mir leider in verschiedenen Publikationen in der letzten Zeit auf, jetzt auch in der ZEIT – aktuelle Ausgabe, Feuilleton , S.49 – Titelthema – 1. Absatz: „…Rahel Varnhagen bemerkte in den goldenen Zwanzigerjahren des 19.Jahrhunderts,…“-, dass der Jahrhundertfehler gemacht wird, der uns im Geschichtsunterricht vor mehr als 50 Jahren ausgetrieben wurde. Gibt es dafür eine Erklärung? Jüngeres Alter der Redakteure? Wahrnehmungsfehler, weil wir 20.. haben ? Schon bemerkenswert, dass dies in verschiedenen Qualitätszeitschriften vorkam. – Martin Kraus

 

Darf man eigentlich, wenn man einen Verlag leitet(e) und zum Herausgeberrat der Zeit gehört, einfach alles in einen Artikel packen, ohne dass nochmals prüfend drüber gelesen wird? Das wäre nämlich nötig gewesen, wenn der Autor – allem Renommee als Sachbuchautor zum Trotz – nicht in der Lage ist, das 20. Jahrhundert vom 19. zu unterscheiden (erster Absatz) und das 21. wiederum mit dem 20. Jahrhundert verwechselt (vorletzter Absatz). Auch macht er Gabriele Tergits großartigen Roman „Effingers“ zu einem „zentrale[n] Bestandteil[] des literarischen Kanons der Zwanzigerjahre“, obwohl dieses Buch erstmals 1951 erschien, die Autorin mit dem Schreiben 1932 begann und die erzählte Handlung bis in die 1948er-Jahre hineinreicht. Ja: Es handelt sich ‚nur‘ um das Feuilleton und man kann es jeweils als Flüchtigkeitsfehler abtun – aber es trägt nicht zur Glaubwürdigkeit des gesamten Textes bei, wenn man Grundlegendes falsch beschreibt, obwohl man es besser wissen oder ganz einfach hätte überprüfen können. – Maximilian Lässig

 

Ja, die Sehnsucht ist da. Mein Vater hat davon immer geschwärmt. Da war Berlin noch eine Weltstadt und viele Bürger haben sich nach Berlin gesehnt. Und was ist davon übrig geblieben?: Ein Moloch von Verkommenheit und eine versiffte Stadt. Heute ist die Weltstadt in München, vielleicht noch Frankfurt/M. Die besten Politiker sitzen in München und nicht nur das, auch in der Wirtschaft und Bildung nehmen sie eine führende Stellung ein. Es wird in den Süden gefahren und nicht mehr in den Norden, wenn man etwas lebenswertes erfahren will. – Gunter Knauer

 

Zwei Dinge, die mich an dieser Geschichte von Florian Illies irritiert haben: 1. Gleich im ersten Absatz heißt es, „… in den goldenen Zwanzigerjahren des 19. Jahrhunderts …“ (da ist doch wohl eher das 20. Jahrhundert gemeint) 2. Auf Seite 50 steht als nicht unwichtige These für diesen Essay: „… das beherrschende Gefühl der Menschen in der Weimarer Republik war es, zwischen bei großen Kriegen zu leben.“ (Ohne den möglichen Weitblick dieser Generation schmälern zu wollen: aber so viel Zukunftswissen scheint mir unmöglich.) – Dr. Wolfgang Wieser

 

Die Tennisbälle in den Zwanzigern waren meistens weiß, auf keinen Fall gelb. – Dr. Bernd Otto

 

In dem Essay über die Zwanzigerjahre des vorigen Jahrhunderts und deren aktuelle gesellschaftliche Rezeption steht sicher viel Nachdenkenswertes über diese Zeit und ihre Wahrnehmung heute, aber auch Generalisierungen, gegen die ich mich wende. Insbesondere der Untertitel, der wie die Essenz aus dem Geschriebenen daherkommt, ruft meinen Widerspruch hervor. „Warum wir uns so heftig zurücksehnen in eine Zeit, die selbst keine Sehnsucht kannte.“ Es ist vor allem der zweite Teil der Aussage, der gleich mehrere Generationen in eine Schublade steckt. Wie kommen Sie zu der Schlussfolgerung, dass diese Zeit keine Sehnsucht kannte? Wegen der „gegenwartsbesoffenen Feier des Hier und Jetzt“? Wegen der Wildheit der Berliner Nächte? Wir sollten uns hüten, die Zwanziger Jahre auf Berlin, die städtische Bohème und die bunten „Leuchtreklamen“ der ohne Frage spannenden Fernsehproduktion Babylon Berlin zu reduzieren.

Die Zwanziger Jahre waren weit mehr, wie der Autor des Artikels an anderer Stelle selbst sagt: „… drei, vier, fünf Wirklichkeiten liefen gleichzeitig mit vollem Tempo ab.“ Und dazu zählten wahrhaft unterschiedlichste Wirklichkeiten in Raum und Zeit (Berliner Verhältnisse waren mit denen in Stuttgart nur schwer zu vergleichen, zwischen Stadt- und Landbevölkerung klafften Welten, die gesellschaftliche Schichtung nach Besitz und Bildung war enorm, darüber hinaus trennte die Generationenzugehörigkeit…) Eine wesentliche Wirklichkeit beinhaltete die Emanzipationsbestrebungen. „Auch in der Kunst… war es das erste Jahrzehnt der Frauen“. Ich kann nur zustimmen. Aber alles ohne Sehnsucht? Tatsache ist doch, dass sich viele Frauen und Männer in einer Welt, die sie zur Ohnmacht verdammte, die zunehmend von Maschinen und wirtschaftlichem Kalkül beherrscht wurde, nach Selbstwirksamkeit sehnten.

War doch „die wummernde Gegenwart… eine einzige Überforderung…“ Was ist mit den vielen Versuchen damals, diese Welt zu reformieren oder zu revolutionieren? Was ist mit den Anarchisten, Sozialisten, Utopisten? Was ist mit Monte Verita und den vielen alternativen Lebensentwürfen, die es zwar schon vor dem ersten Weltkrieg gab, deren Zahl sich danach jedoch noch einmal steigerte? Was ist mit dem Heer der Heimatlosen und Vagabunden (Gregor Gog, Hans Tombrock, Willi Hammelrath… Ich denke auch an die Filme von Charly Chaplin) , die sich nicht mehr als ohnmächtige Verlierer erleben wollten und eine gesellschaftliche Bewegung anstießen, die weltweit von Schriftstellern wie Knut Hamsun, Walt Whitman und B. Traven unterstützt wurde und im ersten Vagabundenkongress 1929 in Stuttgart ihren Höhepunkt fand? Was ist mit den Überbleibseln aus der Wandervogel- und Jugendbewegung, mit den Naturbegeisterten, den Naturisten, den Reformpädagogen? Was ist mit den vielen selbst ernannten Propheten, Gurus, „Inflationsheiligen“, wie man sie auch nannte, allen voran Friedrich Muck Lamberty, der wie Hermann Hesse seinem Vorbild und Guru Gustav Gräser folgte und schon in den frühen Zwanzigern mit seiner „Neuen Schar“ quer durch Deutschland zog?

Als sie in Erfurt ankamen, animierte er tausende junge Menschen zum Tanz auf dem Kirchplatz. Teilnehmer sprachen von einem „rauschhaften Gemeinschaftserlebnis“. Alles ohne Sehnsucht? Und wir heute? Ist es wirklich nur „nostalgischer Schauer“, wenn wir auf die Zwanzigerjahre des vorigen Jahrhunderts zurückblicken? Ist es eine „absurde Pointe, dass wir uns heute so leidenschaftlich zurücksehnen in eine Zeit, die selbst keine Sehnsucht kannte“? Ich sehne mich nicht zurück, aber ich glaube tatsächlich Parallelen wahrzunehmen. Auch heute findet ein rasanter gesellschaftlicher Wandel statt. Viele Menschen fühlen sich von der Vielzahl an Wirklichkeiten überfordert, von technischen Entwicklungen und sich widersprechenden Wahrheiten überrollt, ohnmächtig, abgehängt und ausgeliefert… Viele sehnen sich nach Natur und Natürlichkeit, nach einer einfachen Wahrheit und einer Gemeinschaft, die der Überforderung durch Systemzwänge entgegenwirkt und die Vereinzelung des Menschen aufhebt.

Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich will nicht gleichsetzen, unsere Welt heute unterscheidet sich in vielen Lebensbereichen grundlegend von der damaligen Welt, so wie sich auch die Menschen und ihre Erfahrungen damals und heute unterscheiden, nichtsdestotrotz will ich vergleichen und stoße dabei auf Gemeinsamkeiten. So wie ich das sehe, gab es und gibt es auch heute ein großes Verlangen, den Zwängen einer gesellschaftlichen Wirklichkeit, die man nicht mehr versteht, zu entkommen, Hilflosigkeit und Ohnmacht abzustreifen und sich selbst wieder zu „ermächtigen“. Die Exzesse und Ausschweifungen in der großen Stadt sind eher ein Symptom dieser Sehnsucht als ein Widerspruch dazu. Es ist diese Sehnsucht, die es zu verstehen gilt, heute wie damals, wenn wir die Gefahren bannen wollen, die sich daraus ergeben. – Winfried Hermann Bauer

 

Auf Seite 50 im vorletzten Absatz hat sich ein kleiner Fehler eingeschlichen. Dort wird die Künstlerin Elfriede (Anna Frieda) Lohse-Wächtlermit dem nicht korrekten Vornamen ‚Elisabeth‘genannt. Bitte bei einem weiteren Abdruck des Artikels korrigieren. Danke. – Helmut Possiel

 

Ein großer Dank an Florian Illies für seinen spannenden, informativen, anregenden, Augenöffnenden Beitrag über die Zwanzigerjahre. Ich habe es in einem Atemzug gelesen – zum Teil beschämt darüber, dass ich einige Referenzen nicht kannte. Ich werde es demnächst nachholen und mich damit beschäftigen. Und den Artikel werde ich auch sorgfältig aufbewahren… – Nathalie Meinecke

 

Diesem aktuell schwelenden Vergleich hat sich nun DIE ZEIT mit seinem Titelthema im Feuilleton angenommen und in mir eine Art Befreiungsschlag ausgelöst. Zwar ist die Analyse von Florian Illies vom Rowolth-Verlag äußerst lesenswert und auch spannend geschrieben, jedoch sieht er – im Gegensatz zu mir – keine Parallelen zwischen den Zwanzigern vor hundert Jahren und den jetzt beginnenden. Im Vergleich zu damals haben wir soeben keinen Weltkrieg verloren, das stimmt natürlich. Aber wir haben erst über 20 Jahre nach 1945 die Grässlichkeit eines Holocaust mit flächendeckender Sprachlosigkeit unserer Elterngeneration zu verarbeiten gehabt. Der Wiederaufbau, das Wirtschaftswunder und die Suche nach einer eigenen sicheren Zukunft haben auch hier zu einer Entwicklungsgeschwindigkeit geführt, die die Besinnung auf die eigene jüngste Vergangenheit erst ab den 68er Jahren zuließ. Da waren über 20 Jahre vergangen. NS-belastete Richter, Anwälte und Politiker waren längst im Amt, zum großen Teil ab 1949 in damals vakante Stellen berufen; oft aus Personalnot – vielleicht achselzuckend.

Ordnungskräfte und Polizei rekrutierte man aus dem „Haufen“, den man sozialverbrämt „HIAG“ nannte. Eine Organisation, die sich offiziell „Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit“ nannte und NS-Größen und ehemalige Angehörige der Waffen-SS unterstützte. Solchen Seilschaften entstammten auch die ersten Generalinspektoren Heusinger und Speidel der 1955 neu gegründeten Bundeswehr. Ähnliches wiederholte sich in den Wendejahren ab 1989 mit ehemaligen DDR-Größen. Die zähe Langlebigkeit des heute beklagten Antisemitismus und Rassismus hat durch die Flüchtlingswelle nur einen neuen Anlass gefunden; eigentlich war er in Deutschland nie weg. Diese Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland muss man sich klar vor Augen führen, um Illies Darstellung zu widersprechen, die Zeiten vor hundert Jahren seien mit denen in unserer Zeit nicht vergleichbar.

Tatsächlich entdecke ich durch die gestreckte Nachkriegszeit nach 1945 auch den Tatbestand der „Insolvenzverschleppung“ durch die Politik, nämlich des lang andauernden Widerstandes gegen eine frühzeitige Aufarbeitung der NS-Vergangenheit. Trotz der inzwischen gemachten NS-Erfahrung und der verspäteten Aufarbeitung ist es uns bis heute nicht gelungen, der Parallelität in den Entwicklungen von NSDAP und AfD Einhalt zu gebieten. Dabei ist die AfD nur ein Nachläufer von SRP, DRP, NPD, DVU und REP. Rechts zu sein, hatte und hat in Deutschland eine lange Tradition. Und schon wieder verweisen politisch Verantwortliche auf die jährlich stattfindenden Gedenkveranstaltungen zum Holocaust, sicherheitshalber auch schon mal mit dem Fingerzeig auf ähnlich rechte Entwicklungen im europäischen Ausland, damit das Problem für sie erledigt. Und genau das ist das Problem: Es reicht eben nicht, den Gartenzaun außen hübsch anzustreichen, man muss den Garten auch innen pflegen, erst dann kann man ernten. – Hans-Ulrich Jüttner

 

In Florian Illies Text beschreibt er mMn sehr gut die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts, die Einleitung paßt allerdings nicht dazu (…des 19. Jhd.). – Thomas Weiße

 

Für mich sind die Goldenen Zwanziger auch eine Sehnsuchtszeit: Diese Freiheiten, diese Kultur! Einige meiner liebsten Bücher wurden in den Zwanzigern geschrieben. Die politischen Zwanziger- und Dreißigerjahre hätte man lieber nicht erlebt. So ist das Bild der parallel ablaufenden Filme, das Florian Illies zeichnet, insgesamt sehr überzeugend. Hätte ich diese Freiheiten genutzt? Vermutlich nicht, wenn ich – wie sechzig Jahre später – auf dem Land aufgewachsen wäre. Und dort scheint mir in der gesamten ersten Jahrhunderthälfte eine sehr große Kontinuität zwischen Das weiße BandundNeues aus Uhlenbuschgeherrscht zu haben. Nix sexuelle Revolution. Im Vergleich mit Berlin waren bereits Städte wie Weimar und Dessau Provinz und mit den Bauhäuslern kulturell überfordert. Berlin also zum Maßstab für Deutschland und alle Deutschen zu machen, scheint mir etwas einseitig. Ich würde gerne erfahren, welcher Film in den Zwanzigern auf dem Land lief. – Jörn Bullwinkel

 


 

 

Leserbriefe zu „Warum müssen Autos zum TÜV – aber Autofahrer nicht?“ von Mathias Bieberbach

 

Das kleine arme Griechenland ist in dieser Frage vorbildlich. Mit der Vollendung des 65. Labenjahres wird der Führerschein ungültig. Mit je einer Bestätigung des Allgemeinarztes und des Augenarztes (die das Formular im Computer haben) kann man die Verlängerung beantragen. Diese Prozedur muß man alle drei Jahre wiederholen. Begründung? Das schreibe eine europäische Direktive vor. Die über 65 jährigen waren noch nie so gesund und fit, wie heute. Ein so kurzer Abstand ist schikanös. – Hans-Walter Scheu

 

Mathias Bieberbach hat mit seiner Forderung nach einem TÜV für ältere Autofahrer absolut Recht. Aber da Autos nicht wählen und vor allem weil Autos keine Autos kaufen, wird es wohl bei seiner rhetorischen Frage bleiben. Ich werde in diesem Jahr übrigens 65. – Matthias Held

 

DANKE für den Artikel Mathias Bieberach mit seinem Vorschlag bzgl Gesundheitsüberprüfungen bei Autofahrern. Sehr einleuchtend und zudem ja durch eigene ärztliche Erfahrung gut belegt. Danke! Seinem Vorschlag kann ich nur vollen Herzens zustimmen; zumal als Vater von drei Kindern im Schulalter. (Warum eigentlich haben wir uns daran gewöhnt, dass für unsere Kinder in unseren Städten meist direkt vor der Haustür ein zutiefst lebensfeindlicher Raum beginnt?) Allerdings fürchte ich, 1) dass etliche andere Reaktionen auf den Text sehr viel kritischer ausfallen werden, dass die üblichen Mechanismen von Empörung / Realitätsverweigerung / Schuldverschiebung greifen, 2) dass so etwas sowieso politisch nicht umsetzbar ist, aus den gleichen Gründen, und auch deswegen, weil das Auto und das Autofahren für viele Deutsche fast religiösen Charakter haben, fast wie ein Götze, für den sogar Menschenopfer in Kauf genommen werden. Siehe die Debatte ums mE längst überfällige Tempolimit auf Autobahnen. Aber ich gebe die Hoffnung auf eine Wende zur Vernunft nicht auf, vielleicht hilft dabei ja auch der genannte Artikel ein wenig. – Prof. Dr. theol. Matthias Clausen

 

Was soll denn an einem „Senioren -TÜV“ für ältere Autofahrer ehrenrührig oder gar diskriminierend sein, wie es oft von der Autolobby und uneinsichtige Senioren behauptet wird ? In einer Zeit, wo die Intensität des Verkehrs immer höher wird, die Verkehrsdichte stetig steigt und gleichzeitig die Ignoranz vieler Verkehrsteilnehmer gegen die Regelungen der STVO zunimmt (Geschwindigkeitsverstöße, §1 wird nicht beachtet oder sogar missachtet, Blinken bei Änderung der Fahrtrichtung ist offensichtlich ein Hobby usw.) ist hohe Konzentration, verstärkte Aufmerksamkeit und ein schnelles Erfassen von Situationen und eine entsprechende Reaktion notwendig. Aber genau diese Eigenschaften nehmen mit zunehmenden Lebensalter ab , ob wir es akzeptieren oder nicht.

Deshalb ist ein solcher TÜV speziell für Senioren schon lange überfällig. Wenn das Risiko jenseits von 75 Lebensjahren stark steigt Verursacher eines Unfalls mit dem Pkw zu werden, dann muss die Gesellschaft präventive verbindliche Tests zur Reduzierung des Risikos einführen. Neben den vorgeschlagenen Tests (Reaktionsgeschwindigkeit, Sehen, Hören und ab einem bestimmten Alter auch Demenztests), sollte auch der täglich von den Senioren eingenommene „Medikamenten -Mix“ hinsichtlich einer möglichen Einschränkung der Fahrtüchtigkeit geprüft werden. Wenn im Einzelfall ein Senioren-Fahrsicherheitstraining erforderlich ist, sollte es zur Auflage gemacht werden. Neben dieser Überprüfung sollte aber auch der Erhalt der Mobilität der Senioren beachtet, von der Gesellschaft gefördert und mit neuen Angeboten auch unterstützt werden. Wenn zum Beispiel ein Senior im Ergebnis eines solchen Tests seine Fahrerlaubnis abgibt, dann könnte diese hohe persönliche Verantwortung durch ein 3 Jahre kostenloses Seniorenticket für sein Lebensumfeld, gekoppelt mit preiswerten Fahrdiensten zum Arzt oder Behörden, honoriert werden.

Lieferdienste für den Einkauf der Waren des täglichen Bedarfs mit dem Auto sind Alternativen, wenn sie kostengünstig und mit ausreichendem Angebot auch in der Fläche zur Verfügung ständen. Alle präventiven Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit von Senioren im Verkehr unterstütze ich als 72-jähriger Senior und jahrzehntelanger Auto-Fahrer und fordere ihre verbindliche Einführung. Nach einer breiten Diskussion aller Behörden, Interessenvertretungen und mit einer entsprechenden medizinischen Expertise sollte auch über die Altersgrenzen verbindlich entschieden werden. Andere Länder machen diese Tests seit längerer Zeit und haben damit die Unfallzahlen älterer Mitbürger spürbar gesenkt. – Klaus-Dieter Busche

 

Herr Bieberbach spricht von „Patienten, die eine behandelte Epilepsie haben und deswegen schwere Medikamente nehmen“. Bei jenen Menschen sieht er häufige Fehleinschätzung der eigenen Fahrtauglichkeit. Nun gibt es genaue Regelungen, wann Menschen mit behandelter Epilepsie Auto fahren dürfen und wann nicht. Gerade bei Einnahme von Medikamenten wird es nach Anfallsfreiheit von einigen Monaten, bis zu einem Jahr wieder gestattet. Auch weitere Kriterien sind zu beachten. Für Medikation, Beurteilung und Vorschriften sind Neurologen (mit-)zuständig. Was Herr Bieberbach genau mit „schweren Medikamenten“ kann der Leser nicht nachvollziehen. Sind es die in oben beschriebenen Fällen verwendeten oder meint er Fälle in denen Medikamente nicht sicher wirken und vielleicht sogar noch Nebenwirkungen haben? Bei mir kommt an, dass Herr Bieberbach autofahrende Epileptiker generell für gefährlich hält, Erkenntnisse und Erfolge der Neurologie verschweigt er hingegen. Ich würde mich über eine Veröffentlichung oder Weitergabe an Herrn Bieberbach freuen. – Hans Maier

 

Die Fakten aus Ihrem Beitrag sind mehr als erschreckend, und Ihre Forderung nach regelmäßigen Eignungstests, Herr Bieberbach, ist vollkommen nachvollziehbar. Sehvermögen, Gehör, Reaktionfähigkeit und Beweglichkeit sollten dabei überprüft werden – wichtig ist aber auch das turnusmäßige Wiederholen von Erste-Hilfe-Kursen. Laufen alle Tests positiv, wird die Fahrerlaubnis verlängert. Ich habe allerdings die Befürchtung, dass die Autolobby Sturm dagegen liefe. Denn immerhin hat sie mit älterenVerkehrsteilnehmern ein potentes Klientel, von dem ein erheblicher Anteil ihres Gewinns generiert wird. Dürften die dann kein Fahrzeug mehr lenken, kostete das Ganze wieder Arbeitsplätze. Das wollen Sie doch nicht, oder?? – Achim Bothmann

 

Es ist ja verdienstlich, dass der Facharzt Bieberbach Unfälle vermeiden möchte, die durch fahruntaugliche Personen verursacht werden. Nun möchte er die über siebzigjährigen alle prüfen. Die Frage ist natürlich, sind sie die Hauptgruppe der Unfallverursacher. Folgende Punkte sollte man betrachten:

  • Die Senioren fahren weit weniger als Jüngere und meist in bekannter Umgebung.
  • Alkohol am Steuer und Ablenkung durch telefonieren mit dem Handy ist eher bei jungen Leuten zu suchen.
  • Wichtig wäre auch die Randbedingungen zu verbessern; Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen und Reduzierung der Geschwindigkeit in den Ortschaften.
  • SUV s „gesund beten“ geht ja gar nicht. Diese unnötig schweren Autos mit starken Motoren verleiten zur hohen Geschwindigkeit und einer risikoreichen Fahrweise(in dem genanten Beispiel, Unfall mit SUV war der Fahrer nicht über 70).
  • Wäre es nicht effektiver gezielt Verkehrsteilnehmer durch den Facharzt Verkehrsmedizin zu untersuchen, die beim Hausarzt, Augenarzt und sonstigen Untersuchungen auffallen ? – Armin Krüger

 

SUVs als gefährlich einzustufen geht am Thema eben nicht vorbei. Egal wie tauglich oder nichttauglich der Fahrer ist: Dank der größeren Masse des SUV mindert der Fahrer sein Verletzungsrisiko zu Lasten der anderen Unfallbeteiligten erheblich. Das ist die unmittelbare soziale Komponente des Herumfahrens mit solchen Monstern. Dass, wie vom Autor geschildert, Autofahrer mit alters- oder gesundheitsbedingten Einschränkungen eine große Gefahr im Autoverkehr darstellen, steht außer Frage, aber das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. – Rolf Veit

 


 

 

Leserbriefe zu „Kein Spaß mehr!“ von Gustav Falke

 

Mit großem Interesse durfte ich die „Kampfansage“ des Vaters Gustav Falke in der Ausgabe vom 23. Januar lesen und habe dazu einige Bemerkungen. Im Rahmen der Beratungstätigkeit mit „enter“ arbeiten wir regelmäßig mit Familien, denen Erfahrungen wie jene, die Gustav Falke in seinem Artikel schildert, sehr vertraut sind. Die Reaktion und die Statements von Herrn Falke sind für uns auch zu einem großen Teil nachvollziehbar – auch wir würden uns mehr Stellungnahmen von großen Unternehmen der Videospielindustrie zu Themen wie „Gaming Disorder“ oder Glücksspielmechaniken in digitalen Spielen wünschen. Indem der Autor aber den stigmatisierenden Begriff der „Sucht“ schnell und leichtfertig verwendet, , tut er seinem eigenen Anliegen keinen Gefallen. Es gibt einen Unterschied zwischen einem pathologischen Verhalten und einem jugendkulturell motivierten Hobby, das vielleicht auch exzessiv betrieben wird. Durch die Gleichsetzung dieser beiden Phänomene, die umgangssprachlich auch unter Jugendlichen geschieht, wird das Thema verwässert und unklar, was eher zu einer Bagatellisierung von Suchtverhalten als zu einem sensiblen und differenzierten Umgang mit dieser führt.

Der „Entzug“, den Herr Falke beschreibt, im Sinne einer Abnahme des Endgerätes, an dem das Kind spielt, ist vor allem bei exzessiv spielenden Kindern nicht immer das zielführende Mittel. Im Gegenteil führt er in vielen Fällen zu weiteren Eskalationen – in Familien, in denen das Beziehungsgefüge auch sonst schon gespannt ist. Hier müssen sich Erziehungsberechtigte klar werden, was sie wollen. Ihr Kind soll weniger „Fortnite“ spielen? Gut, aber wovon soll es dann mehr machen? Und wie kann das auch mit einem Beziehungsangebot von Seiten der Eltern verknüpft werden? Wir haben es hier mit komplexen Themen zu tun, für die einfache Lösungen alá WLAN verstecken keine nachhaltig zufriedenstellende Maßnahme darstellen werden.

Das besprochene „gemeinsame Spielen“ liest sich zwar sehr banal, ist aber in der Praxis eine Maßnahme, bei der Erziehungsberechtigte ihre Wertschätzung der liebsten Freizeitbeschäftigung ihrer Kinder gegenüber ausdrücken können – und dadurch auch Wertschätzung den Kindern selbst gegenüber. Dass Eltern das gemeinsame Spielen als Anlass sehen, sich ihre Vorurteile dem Spiel gegenüber selbst zu bestätigen erleben wir oft und ist das Resultat einer überstürzten und wenig reflektierten erzieherischen Maßnahme. Wenn man übrigens von Spielen wie „Fortnite“ schreibt, würde ich auch begrüßen, problematische Aspekte aufzuzeigen, die das Spiel tatsächlich mit sich bringt, anstatt es als stellvertretend für die Videospielsuchtdebatte zu dämonisieren. Beispiel dafür wäre zum Beispiel das Finanzierungssystem des Spiels (oder das von vielen anderen Free-to-play Spielen). Ich stehe dazu übrigens gerne als Ansprechpartner zur Verfügung. – Markus Meschik

 

Zu meiner Zeit gab es keinen eigenen Computer/ geschweigedenn Internetanschluss in den Kinderzimmern. Genau aus dem Grund: Suchtpotential. Es ist führwahr die Aufgabe der Eltern ihre Kinder vor den zukunftszerstörenden und zeitraubenden Fantasiewelten zu schützen! Es macht mich wütend, wenn ich lese „wir haben versucht das Spiel zu entziehen“. VERSUCHT? Lasst euch doch nicht von euren Kindern erziehen! Handelt wie Eltern und unternehmt mit euren Kindern altersgerechte Abenteuer, so kommen sie eventuell von ihrer Langeweile und nichts mit sich anfangen zu wissen weg. Später werden sie es euch danken! (Spreche aus eigener Erfahrung) Denn nichts anderes macht man bereits mit Kleinkindern: ist ihnen langweilig gehts raus an die frische Luft! Meinen beiden Söhnen (2 und 11 Monate) nehme ich übrigens direkt alles weg, wenn sie es mutwillig durch die Gegend schmeißen. Klappt wunderbar, denn es ist meine Aufgabe sie davor zu beschützen sich oder mir dabei wehzutun. Also wieso nicht auch bei Teenies? – Francesca Förster

 

Wow. So ein Artikel in einer sonst aufgeklärten, progressiven Zeitung. Schon immer haben Eltern nach Schuldigen gesucht, wenn Sie die Kontrolle über Ihre Sprösslinge verloren haben. Zu Goethes Zeiten war es Werthers Schuld, dass sich junge Menschen plötzlich umbrachten. Man wollte das Buch verbieten. Später läuteten Bewegbilder den Untergang des Abendlandes ein. Wieder gingen Eltern auf die Barrikaden. Wahlweise degenerierten Kino, Fernsehen, Comics oder was auch immer unsere Kinder. Heute sind es halt Videospiele und Gustav Falke, hat sie als Ursache der Probleme seines Sohnes ausgemacht. Könnte es vielleicht auch daran liegen, dass Gustav als Vater scheitert und statt sich seinen elterlichen Defiziten zu stellen, er lieber die Schuld in einem ihm fremden Medium sucht. Ich spiele Videospiele seit ich 8 Jahre alt bin. Mein Bruder und ich haben alle Konsolengenerationen von Sega und Nintendo besessen neben C64 und PC. Ich war trotzdem in diversen Sportvereinen, war in einer Musik-Band, bin mit meinen Jungs um die Häuser gezogen bis die Wolken wieder lila waren und habe Abitur und Studium gemeistert.

Als Kind wurde mir vor allem eins beigebracht: ich bin für mein Leben selbst verantwortlich, was ich daraus mache, obliegt mir. Heute arbeite ich nach Stationen in der Musikindustrie (auch so eine Erfindung des Teufels) und im Verlagswesen erfolgreich als Produzent von Videospielen. In meinem Haushalt stehen gleich zwei PS4, eine Switch, wir nutzen Stadia (da muss Gustav wahrscheinlich googeln) und es liegen iPads herum für mobile games. Meine Kinder, 6 und 9, dürfen spielen wann sie wollen, ich spreche mit ihnen über die Spiele, helfen Ihnen bei der Auswahl der Richtigen. Klar darf mein Sohn auch Fortnite spielen, er hat nur keine Lust drauf, ist ihm zu bunt, aber die Tänze findet er cool. Er sieht mir lieber bei Odyssey zu. Meine Kinder kennen ihre Aufgaben in Haushalt und Schule. Manchmal zocken sie eine halbe Stunde, manchmal auch ein paar Stunden. An den meisten Tagen spielen sie gar nicht, obwohl sie könnten. Ich habe ihnen früh Selbstverantwortung beigebracht und dass sie einschätzen müssen, wann genug ist mit Videospielen, dass ihr analoges Leben nicht leidet. Ich rede viel mit ihnen, nehme sie ernst.

Gustav hat Fortnite nicht verstanden, er will es augenscheinlich auch nicht. Fortnite ist sowohl Spiel als auch ein Ort, an dem Jugendliche miteinander abhängen. Zu behaupten, es mache süchtig, ist genauso schwachsinnig wie zu behaupten, Jugendzentren oder Freundescliquen würden süchtig machen wie Heroin. Oder das gemeinsame Bolzen. Oder was auch immer den Kids gerade einfällt, was ihnen gemeinsam Spass macht. By the way: Heroin? Was für ein perverser Vergleich und hysterisch, gedankenlose Verharmlosung einer teuflischen Droge. Der Erfolg von Fortnite liegt vor allem daran, dass es erstmal umsonst ist. Viele der Spieler geben nämlich keinen Cent oder nur sehr wenig für ein Spiel aus, das viele viele Millionen Euro gekostet hat, zu entwickeln. Rund 69% der Fortnite Spieler geben dann und wann Geld aus, nicht für Vorteile im Spiel, sondern für Skins. Vergleichbar mit den coolen Nikes für die man Anerkennung auf dem Schulhof bekommt, gibt der Spieler halt in seiner Community mit seinem fesch gekleideten Avatar an. 31% spielen also für umme. Man stelle sich mal vor, dass 31% der Kinobesucher kein Ticket kaufen müssten. Das wäre mal ein feiner Move der Filmstudios und Kinobetreiber. Um obiges wirklich verstehen zu können, muss man wissen, dass in der Videospielindustrie rund 80% der Umsätze mit kostenlosen Spielen, sogenannten Free-2-Play Games, generiert werden.

Die Spieler kaufen im Spiel oder müssen Werbung ertragen, aber sie zocken for free. Es gib wenige Unterhaltungsmedien, die sozial gerechter sind und ähnlich jedermann Zugang gewähren, ob mit oder ohne Geld. In der Regel geben nur 2-5% Geld aus, sie zahlen die Zeche für den Rest. Epic hat diese Quote deutlich erhöht, natürlich mit smarten Mechaniken, die die Retention erhöhen, vor allem aber, weil das Spiel Spaß macht und einem kleine Erfolgsmomente schenkt. Das kann dann süchtig machen, wenn man das aus dem analogen Leben nicht kennt. Weniger das Problem des Spiels, als der analogen Lebensgestaltung. Oder halt Erziehung. Natürlich versuchen die Entwickler Spieler zum Geld ausgeben zu bewegen und dass sie weiterspielen, weil dann die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass sie das tun. Klar, sie müssen auch von irgendwas leben und wollen Geld verdienen.

Die meisten Spieler ignorieren das oder haben sich und ihren Geldbeutel sowie ihr Zeitmanagement unter Kontrolle. Manche wenige nicht. Leider haben heute viele Menschen die Tendenz, Fehler und Unzulänglichkeiten nicht im eigenen Tun zu sehen, sondern andere dafür verantwortlich zu machen. Statt für sich und seine Sprösslinge das Ideal des selbstbestimmten und aufgeklärten Menschen anzustreben, der sich und sein Handeln unter Kontrolle hat, suchen sie sich hinter Verboten zu verstecken, die einen vor der bösen bösen Welt schützen. Die Schuld tragen immer die anderen. Selten hat ein Artikel in dieser Zeitung den liberalen Idealen der ZEIT so sehr widersprochen. Gustav sollte lieber für die BILD schreiben. – Stefan Kreutzer

 

Es überrascht mich, dass ein Autor der Zeit jetzt solche Artikel verfasst. Wir hatten mit Freunden Weihnachten 2018 über dieses Spiel gesprochen und zu diesem Zeitpunkt vor über einem Jahr hat bereits nur die Eingabe des Spielenamens bei google zu Beiträgen geführt, die inhaltlich ähnlich wie ihr Artikel waren. Das Thema und insbesondere das Suchtpotenzial ist somit schon lange bekannt. Trotzdem scheinen weiterhin etliche Eltern komplett zu unterschätzen, wie intelligent diese Spiele mit den Belohnmechanismen arbeiten. Und noch eine Anmerkung: in einer Industrie, die solchen Summen Geld umsetzt, gibt es schon lange keine Moral mehr. Zu glauben, die Fortnite Entwickler haben das Spiel nicht von vornherein darauf ausgelegt, ist in meinen Augen naiv.

Aber die letzten Abschnitte gefallen mir sehr gut. Es in der Tat höchst sträflich wie unser Kinder „nur“ vor den bekannten süchtig machenden Drogen Zigaretten und Alkohol (wobei hier die Bilder der Alkoholleber eindeutig auf den Flaschen fehlen) geschützt werden und im Windschatten dürfen solche Spiel fröhlich an Jugendliche verkauft werden. Der USK und auch der FSK sind vermutlich beim Thema Altersbegrenzung großem Druck ausgesetzt (siehe z.B. die Harry Potter Filme). Beim Thema Digital/Video/Film wird viel zu sehr auf die Eltern gesetzt. Die Industrie kommt mit einer „niedrigen“ Altersfreigabe weg und wir Eltern müssen selber einschätzen, ob das wirklich alles Kind/jugendgerecht ist. Aber meistens erst wenn der Schaden bereits angerichtet ist. – Kai Stremme

 

Ich kann diesen Vater, der unter einem Pseudonym schreibt, mit seiner Wut sehr gut verstehen. Als langjähriger Pädagoge kann ich nur bestätigen, dass die Teenager heute sehr gefährdet sind, ihre Selbstkontrolle über die Nutzung der digitalen Medien zu verlieren. Dabei ist es allgemein bekannt, dass Mädchen eher dazu neigen, sich stundenlang in sozialen Netzwerken auszutauschen, während Jungen tendenziell eher Computerspiele spielen. Und sehr oft stehen die Eltern abwartend und unsicher daneben und haben nicht die Courage, durchzugreifen und ihre Kinder zu schützen. Kinder und Teenager durchschauen einfach nicht die Risiken, die mit der Nutzung der süchtigmachenden Software von Spielen, dem Streamen von endlosen Folgen bei Netflix oder dem unbegrenzten Verweilen auf sozialen Netzwerken einhergehen (Von dem Unsinn der Inhalte einmal ganz abgesehen). Eltern und Pädagogen, die offen dagegen Stellung beziehen, werden sehr schnell ins Abseits gestellt. ‚Man solle doch jetzt nicht überreagieren und den Teufel an die Wand malen! Verbieten bringe nichts, stattdessen solle man pädagogisch einwirken! Digitalisierung sei doch die Zukunft!‘ usw.

Und den Neurowissenschaftlern, Psychologen und Ärzten, die schon jahrelang vor den Gefahren warnten, ihnen wurde und wird immer noch (!) kurzerhand die Expertise abgesprochen! Wer da nicht den Mut hat, eine vermeintliche Einsamkeit auszuhalten und durchzuhalten, gibt schnell auf. Doch wir müssen uns nicht die Opferrolle zu eigen machen. Wir können ja handeln. Ein Vater kann seinem Sohn als letzte Maßnahme den Rechner für einige Zeit wegnehmen. Ein Klassenlehrer kann in einem Elternbrief darauf hinweisen, dass die Klasse das WhattsApp Problem nicht in den Griff kriegt (in einer Nacht waren in meiner Klasse über 300 Sprachnachrichten aufgelaufen!) und zusammen mit den Eltern erreichen, dass für einige Wochen abends die Handys eingesammelt und am nächsten Nachmittag erst wieder ausgeteilt werden. Wichtig ist, dass wir uns nicht einschüchtern lassen, den gesunden Menschenverstand einschalten, Rückhalt bei Gleichgesinnten finden und dann handeln. Und wichtig ist vor allem, dass wir gute Vorbilder sind und gemeinsam schöne Stunden miteinander verbringen – ganz ohne Smartphone und Co. – Theo Wohlenberg

 

Als ich das las musste ich tatsächlich lachen! Denn wie es in der Überschrift schon treffend bemerkt wurde:der Dealer steht mit frischem Stoff im KINDERZIMMER!! Und genau darin liegt doch die Crux! Ich bin in einer Grundschule als Sprachförderlehrerin tätig und musste in den letzten Jahren feststellen, dass mindesten jedes zweite Grundschulkind entweder einen Fernseher oder/und einen eigenen PC im Kinderzimmer hat. Und dort werden weder kindgerechte Fernsehbeiträge noch altersgerechte Pc Spiele konsumiert. Die Kinder werden in ihrem Zimmer ruhig gestellt, damit Mami und Papi ihre Ruhe haben. So kann nach Lust und Laune grenzenlos und stundenlang gespielt und konsumiert werden. Ich habe selbst zwei Söhne im Alter von 22 und 16 Jahren. Der ältere bekam seinen eigenen Fernseher mit Anschluss im Alter von 18, der jüngere hat zwar eine Playstation, aber die steht im Wohnzimmer. Das hat zur Folge, dass es ihm gar nicht möglich ist, länger als eine Stunde zu „zocken“, weil sonst der Rest der Familie auf die Barrikaden geht. Eltern machen es sich recht leicht, nur die Spieleentwickler an den Pranger zu stellen, um sich selbst heimlich, klamm und leise aus der elterlichen, erzieherischen Verantwortung zu stehlen. – A. Fürwitt

 

Weihnachten 2015: Meine Schwester Stephanie, geboren 1961 als Stephan, muss schon tagelang tot in ihrer Wohnung gelegen haben. Die Polizei wurde von eine älteren Nachbarin gerufen. Sie hatte sie schon ein paar Tage nicht mehr gesehen. Meine 3 Schwestern und ich haben später die Wohnung leer geräumt und mit den Nachbarn gesprochen. Vor Jahren hatte ich schon festgestellt, dass Stephanie in eine Parallelwelt abdriftet. Second Life war das Spiel, mit dem sie sich immer weiter von uns entfernte. Sie besaß dort eine Insel, kaufte sich eine Galerie und veranstaltete Partys, mit DJ und Buffet. Dort war sie eine üppige Blondine, unterhaltsam und lustig.
Im wahren Leben war sie zwar gut ausgebildet (3 abgeschlossene Berufe!), aber seit 20 Jahren mittlerweile arbeitslos. Sie hat so gemüffelt, dass man nur mit offenem Fenster zusammen mit ihr in einem Auto sitzen konnte. Übergewichtig und ungepflegt. Ich bin von München aus oft im Ruhrgebiet gewesen um sie zu „retten“. Was für eine Illusion!

Eine Psychologin, zu der sie dann regelmäßig nach Recklinghausen fuhr, sagte mir, dass es noch keine Spezialisten für Spielsucht im Netz gibt und dass man dieses Spiel auch positiv bewerten kann, denn schließlich habe meine Schwester nun mit Hilfe des Spiels ihr wahres Ich entwickeln können, das einer Frau. Sie ist nur von dem ausgegangen, was Stephanie ihr erzählt hat und das war immer positiv. Man schaut sich ja nicht die wahren Lebensumstände an!!! Auch uns gegenüber hat Stephanie immer wieder betont, wie gut es ihr ginge. Alles verständlich, warf man aber einen Blick in die Wohnung war klar, warum sie uns nie dort treffen wollte. Wir fanden BDSM Spielzeug, ein großer Haken war in der Decke befestigt, im Kühlschrank haufenweise Milchtüten und Fischstäbchen, auf den 5 Schreibtischen mit den 3 Computern und Mindstorm-Robotern von Lego, stapelten sich die leeren Eierkartons.

Zeit zum Essen war wohl nicht mehr geblieben. Unsere Briefe und Weihnachtspäckchen aus den vergangenen vier Jahren lagen ungeöffnet irgendwo herum. Ein Bett, ein Schrank ein Kühlschrank und eine Waschmaschine (voll, aber lange nicht benutzt), das war die ganze erbärmliche Einrichtung. Die falsche Ernährung führte dann auch zu einem riesigen Herzen, an dem sie wohl plötzlich gestorben ist. Die Nachbarin erzählte, dass Stephanie mal bei ihr unten in der Wohnung war, weil die Friseurin die Haare schneiden wollte, auch Stephanies. Irgendwann, nach kurzer Zeit wurde meine Schwester wohl sehr nervös und sagte: „Ich muss nach oben, meine Freunde warten da auf mich!“ Die Hochzeit eines Avatars, sowie die am eigenen Leib verspürte Vergewaltigung eines anderen Avatars hinterließen Spuren, es gab Verzweiflung und Tränen. Das war für sie real.
Sie hatte real geerbt und Geld auf dem Konto, aber als der Mann von den Stadtwerken kam um den Strom abzuschalten, warf sie sich auf die Knie, weinte bitterlich und flehte den Mann an, den Strom an zu lassen. Es ging um Leben und Tod, die Nabelschnur durfte einfach nicht gekappt werden. Sie wurde als Frau anerkannt, es stand dann so im Pass und so wurde sie auch beerdigt.

Die geplante Operation des Unerleibes im September 2016 hat sie nicht mehr bekommen. Zum Glück sind meine Kinder noch in einer Welt ohne Handys, IPads etc. aufgewachsen. Als ich mir aus beruflichen Gründen einen Computer anschaffen musste, haben wir, mein Mann und ich, den Kindern dauernd den Stecker rausgezogen. Sie haben zwar geflucht, weil wieder ein Level von „Monkey Island“ abgestürzt war, aber ich bin heute froh darüber. Sie sind sehr gut geraten! In meiner Familie gibt es leider schon zwei Fälle von Spielsucht. Bei dem zweiten Fall fanden die Eltern schön, dass er/sie dabei japanisch lernte und so hübsche Spielfiguren anmalte. Dass er/sie jahrelang nicht aus seinem verdunkelten Zimmer herauskam, hat sie wohl nicht gestört. ER/SIE HAT NICHT GESTÖRT! – Eine Leserin

 

FORTNITE – das Spiel kenne ich nicht, ich habe und kenne keine Kinder, die es nutzen. Den Autor bedauere ich mit seinen Problemen, sein Sohn tut mir leid. Aber deshalb etwas verbieten, weil einige, vielleicht sogar viele damit Probleme haben? Was müssten wir nicht alles verbieten! Das Problem ist nicht die Existenz von Spielen, sondern ihre exzessive Nutzung. Warum werden manche Jugendliche abhängig? Leistungsdruck, Familienprobleme, Beziehungsstörungen, Zukunftsangst, fehlende Anerkennung, Gruppendruck…? Da hätten wir wahrlich genug zu tun, statt die „sportlichen Vorschläge“ des geplagten Autors aufzugreifen. Vielleicht noch dieser Vorschlag: bei Einschalten des PC und alle folgenden fünf Minuten die zwingende Beantwortung der Frage: „Wollen Sie sich wirklich den Gefahren des Internets aussetzen?“ Mir als Jugendlichem (Jahrgang 1950) sagte man mit aller Ernsthaftigkeit, dass laute Beat-Musik dem Gehirn schade! Ich habe es trotzdem ohne Einweisung in die Psychiatrie bis zur Rente geschafft und höre immer noch Musik, Klassik wie Rock. Ähnliches wünsche ich des Autors Sohn. – Helmut Schug

 


 

 

Leserbriefe zu „Dies ist die Geschichte einer Wahlfälschung, mittendrin der Großbauer Karl und 500 rumänische Erntehelfer“ von Daniel Müller

 

Soweit Sie es als sich aufdrängende Frage darstellen, wie es trotz der „verschiedenen Urnen mit insgesamt 2704 Briefwähler-Stimmzetteln“ der Wahlleitung gelungen sein soll, ausgerechnet jeneder rumänischen Erntehelfer herauszufischen, unterliegen Sie meines Erachtens einem Missverständnis. Die Wahlleitung hat (wie Sie in Ihrem Artikel darstellen) mitgeteilt, die Wahlscheineder rumänischen Erntehelfer aussortiert zu haben, nicht deren Stimmzettel. Der Wahlschein ist nicht der Stimmzettel. Einen „Wahlzettel“, von dem Sie mehrmals im Artikel sprechen, gibt es nicht. Auf dem Wahlschein hat der Wähler an Eides statt zu versichern, dass er selbst den Stimmzettel ausgefüllt hat (d. h. seine Kreuze gesetzt hat). Der Stimmzettel ist bei der Briefwahl dann – zur Gewährleistung des Wahlgeheimnisses – in einen gesonderten verschlossenen Umschlag zu stecken und mit dem Wahlschein in einen weiteren Briefumschlag zu stecken, der dann an die Briefwahlbehörde geschickt wird.

Dort wird der – äußere – Briefumschlag geöffnet, der Wahlschein und der verschlossene Stimmzettelumschlag entnommen, der Wahlschein geprüft und – wenn diese Prüfung die Ordnungsgemäßheit der Stimmabgabe ergibt – der verschlossene Stimmzettelumschlag in die Briefwahlurne geworfen. Nach dem Ende des Wahlgangs (in Deutschland in der Regel um 18:00 Uhr) werden dann die Urnen geöffnet und die Stimmzettel den Umschlägen entnommen und ausgezählt. Auf diese Weise ist auch sichergestellt, dass bei Öffnung der Urnen nicht mehr nachvollzogen werden kann, mit welchem Wahlschein welcher Stimmzettel eingesandt wurde. Andernfalls wäre der verfassungsgemäße Grundsatz des Wahlgeheimnisses auch gar nicht eingehalten. – Antje Werk

 

„Man fühlt sich doch sehr an Verhältnisse erinnert, wie man sie in einem „Bananenstaat“ vermutet. Versagen bei der Gemeindeverwaltung, holperige Bearbeitung bei Staatsanwaltschaft und Gericht. Für mich stellt sich bei der ganzen Posse die Frage, ob denn neben dem möglichen Wahlbetrug nebenbei jemand geprüft hat, ob denn der Einsatz der rumänischen Erntehelfer im Rahmen von Werkverträgen unserem Arbeits- und Sozialrecht entspricht. Mit dem Instrument Werkvertrag umgeht der Auftraggeber gern die Pflicht zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen und zur Einhaltung von Arbeits- und Unfallschutzbestimmungen. Kein Wunder, wenn Karl B. kräftige Gewinne erzielt. Ich mag nicht glauben, daß bei Erntehelfern nicht konkrete Weisungsbefugnis des Arbeitgebers zur Durchführung der Arbeiten erforderlich sind. Damit wären die Voraussetzungen für „abhängige und somit sozialversichungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse“ erfüllt. – Manfred Buck

 

Bei der großzügigen Anleitung, wie denn das Bayerische besiónders im Hinblck auf Namen ins Hochdeutsche zu übersetzen sei, hat mir dann doch der hilfreiche Hinweis gefehlt, dass es sich bei dem Straubinger Tageblatt nicht etwa um einen Bürger der Gemeinde mit unglücklichem Vornamen handelt. – Peter Heydecke

 

Mit großem Erstaunen habe ich Ihren o. g. Artikel gelesen. Bisher habe ich „Die Zeit“ als journalistisches Qualitätsmedium empfunden. Kann es sein, dass Sie niederbayerischer „Bauernschläue“ aufgesessen sind? Ihr Artikel erscheint äußerst einseitig. Nicht, wie es ein „Investigativ-Ressort“ erwarten lassen würde. Vielmehr mutet er an, wie ein ganzseitiges Plädoyer für den Großbauern Karl. Vieles liest sich so, wie dessen Verteidiger im Gerichtssaal argumentieren könnten. Augenscheinlich haben Sie auch dem Ehepaar B. einen Besuch abgestattet; allerdings nur diesem. Andere Verfahrensbeteiligte, wie der unterlegene Bürgermeister, die Stadtverwaltung, beteiligte Behörden (Landkreis, Regierung), kommen nur in süffisanten Beschreibungen vor.

Ob sich „Deutschlands größter Wahlfälschungsskandal“ tatsächlich hier abgespielt hat, oder nicht, wird der Prozess zeigen, der vier Tage nach dem Erscheinen Ihres Artikels startete. Sie dagegen wissen „ernsthaft“ schon vorher, dass dem nicht so ist. Im Pressekodex wird unter Ziffer 13 (Richtlinie 13.1) eingehend darauf hingewiesen, dass in der Berichtserstattung über Gerichtsverfahren eine Berichterstattung nicht Vorverurteilen darf. Ihr Artikel tendiert aber zum Gegenteil. Bagatellisierende Sätze und Beschreibungen ergießen sich darin über alle anderen Beteiligten. Für den Großbauern scheint nach Ihrer Darstellung nur ein Freispruch erwartbar zu sein. Sie geißeln u.a. die Ankläger ob Ihrer „Ungenauigkeit“. Auf Argumente, die gegen den Großbauern sprechen, gehen Sie so gut wie gar nicht ein. Er selbst darf sie in Ihrem ganzseitigen Artikel mit einer Geste wegwischen, als wolle er sagen: „So ein Schmarrn.“ Ich bin sprachlos. – Christine Reitinger


 

 

Leserbriefe zu „Steuershopping“ von Anna Mayr

 

Frau Mayr hat ihre Steuerberaterin offensichtlich nicht nur nicht verstanden, sondern konnte ihren Irrtum auch noch unkontrolliert veröffentlichen. – Christine Ritscher

 

In der Zeitausgabe vom 23.01.2020 las ich Ihren Bericht mit dem Titel „Steuershopping“. In ihm beschreiben Sie schön, wie Ihre Steuerberaterin Ihnen dringend rät, doch noch schnell viel Geld auszugeben, um viele Steuern zu sparen. Da musste ich doch ziemlich schmunzeln und dachte mir: „Wieder ein Beratungsopfer“. Sie stellen die Frage nach heimlichen Herrschaftswissen. Nun ja, es ist eigentlich ganz einfach. Was Steuerberater Ihnen nie verraten: Wenn Sie 1.000 EUR ausgeben, sparen Sie keine 1.000 EUR Steuern. Sondern Sie senken nur Ihre Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Steuern. Klingt kompliziert, aber das Prinzip ist simpel. Ein vereinfachtes Beispiel: Sie sind selbständig. Angenommen, Sie haben eine Steuerlast von rund 40% Einkommensteuer oder so (das weiß Ihre Steuerberaterin sehr genau).

Wenn Sie 1.000 EUR für irgendwelchen beruflichen Kram ausgeben, senken Sie Ihre Bemessungsgrundlage um 1.000 EUR und zahlen damit 400 EUR weniger Steuern (= 40% von 1.000 EUR). Sie haben also für Ihr 1.000 EUR-Smartphone letztendlich nur 600 EUR bezahlt. Klingt toll! Ist es auch. Und im nächsten Jahr? Wieder Kram kaufen. Auch wenn Sie schon drei teure Smartphones haben und alle noch einwandfrei funktionieren. Oder noch einen edlen Laptop. Oder ein größeres Auto. Oder …. Und wenn Sie es nicht brauchen, ist es Ihrer Steuerberaterin auch egal. Hauptsache, sie hat BERATEN ! Denn dafür schreibt sie Rechnungen, davon lebt sie, das ist ihr Geschäftsmodell. Und wenn Sie kein Smartphone für 1.000 EUR gekauft hätten? Nun, dann hätten Sie 400 EUR mehr Steuern gezahlt und noch 600 EUR auf Ihrem Konto. Sie hätten Ihr bisheriges Smartphone weiter genutzt und mit dem Geld hätten Sie etwas schönes für sich selbst und Ihre Lieben machen können. Sie hätten das Geld auch ausgegeben, aber mit Spaß und vielleicht auch Sinn. Aber dann verdienen Steuerberater ja weniger Geld. Darum werden Ihnen jedes Jahr aufs neue Steuerspartipps und sogenannte Steuersparmodelle mit regenbogenbunten Worten verkauft. Steuersparmodelle sind nicht per se sinnlos. Sie sollen von der Intention her eigentlich dazu dienen, die Wirtschaft gezielt ankurbeln, das klappt aber m. E. nur bedingt. Aber das ist ein anderes – heißes – Thema.

Als Dank profitieren Sie davon, dass Sie Ihre Bemessungsgrundlage vorübergehend verringern und in dem betreffenden Jahr weniger Steuern zahlen. Was Ihnen von Ihrer Steuerberaterin auch nicht verraten wird: Steuersparmodelle sind letztendlich nur Steuerverschiebungsmodelle. Was Sie in dem einen Jahr „sparen“, zahlen Sie in einen späteren Jahr, wenn das tolle Modell ausgelaufen ist, drauf (z. B. die Gewinne, die Ihre Investition macht, müssen Sie dann versteuern). Und dann brauchen Sie ein neuesSteuersparmodell, um wieder zu „sparen“ und so weiter und so weiter. Und schon hat sie Sie „am Wickel“. Steuersparen ist für Wohlhabende wie eine Sucht, wie Fortnite (siehe Artikel in derselben Ausgabe). Sie können nie genug davon kriegen. Und einmal angefangen, einmal „angefixt“, kommen sie kaum wieder davon los. Und Steuerberater wissen das genau. DAS ist ihr heimliches Herrschaftswissen. Ich selbst arbeite seit über 25 Jahren im Rechnungswesen. Mein Rat: Wenn Sie etwas nicht brauchen, kaufen Sie es einfach nicht. Lassen Sie sich nicht verrückt machen, sondern genießen Sie Ihren Wohlstand. – Alexander Mühleis

 

Ihre Steuerberaterin würde ich sofort wechseln. Sie zahlen für’s handy € 400, bekommen über die Steuer max. € 200 zurück. Kaufen Sie keines, zahlen Sie zwar Steuern, aber es bleiben Ihnen mindestens € 200 für sinnvolleres übrig, bei niedrigerem Einkommen vielleicht auch € 300. Wo ist denn der Vorteil? Trösten Sie sich: die meisten Steuerberater raten zu so einem Schwachsinn. – Walter Rücker

 

Verstehen muss man/frau weniger als man glauben sollte, jedoch tun kann man/frau so manches, falls möglich. Kaufen, kaufen, kaufen, wer nicht ständig einkaufen, ist der wirklich der ganze große Depp? Vielleicht, vielleicht auch nicht, vielleicht hat er auch gerade seinen ureigenen kleinen Engpass, und seine „Mäuse“ sind weg, irgendwo anders eben! „Du bist irgendwo anders, irgendwo anders, und ich spür dich nur noch schwach. Du bist irgendwo anders, irgendwo anders, Nacht für Nacht lieg ich neben dir wach. Wir leben doch schon längst nicht mehr unter einem Dach.“ (aus: „Irgendwo anders“, Song von „Jennifer Rostock“/Text und Musik: Johannes Walter Müller & Jennifer Weist) – Klaus P. Jaworek

 


 

 

Leserbriefe zur Infografik „Das ist es uns wert“ von Julia Nolte (Recherche) und Anne Gerdes (Infografik)

 

Leider zeichnet die Infografik „Bildung“ ein schiefes Bild. Um zu wissen, was Bildung uns wert ist, müssen auch alle privaten Aufwendungen in die Betrachtung einbezogen werden, zum Beispiel solche für Schulgeld an Privat(hoch)schulen. Aus der Grafik zum Thema „Bafög“ ist nur andeutungsweise zu erkennen, dass diese privaten Beiträge einen erheblichen Anteil an den bundesweiten Bildungsaufwendungen umfassen und das mit steigender Tendenz. Umfassende Zahlen, die einen Vergleich mit den öffentlichen Aufwendungen erlauben würden, fehlen jedoch. Möglicherweise hinkt dadurch auch der gezeigte Vergleich mit Schweden.

Unabhängig von der genannten Schwäche dieser Infografik darf davon ausgegangen werden, dass die Höhe der Bildungsaufwendungen privater Haushalte positiv korreliert mit dem Haushaltseinkommen. Ein Teil der sich öffnenden Schere zwischen den Berufs- und Bildungschancen von Kindern gut und niedrig verdienender Eltern lässt sich vermutlich damit erklären. Dr.-Ing. Franz Ulrich Häusler

 

In dem Artikel wird geschrieben, dass das Bafög im Jahre 1972 eingeführt worden sein soll. Das kann irgendwie nicht stimmen. Ich habe von 1964 bis 1969 an einer privaten Hochschule studiert und eine finanzielle Förderung genossen, die sich an den bereits geltenden Bafög-Regeln orientierte. – J. Hullen.

 

In dem Artikel „Das ist es uns wert“ auf Seite 34 heißt es: „Pro Monat hat ein Studierender durchschnittlich 918 Euro zur Verfügung.“ – Ich frage mich: Und was ist mit den Damen?P.S.: Vielleicht könnten Sie meine Frage in der Rubrik „Lesendenbriefe“einrücken? – Dr. Manfred Grätz

 

Wie so oft, haben Sie mal wieder eine interessante Infografik, diesmal zum Thema Bildung, auf der Basis der öffentlichen Bildungsausgaben publiziert. In der Zukunft sollten Sie mal eine Grafik publizieren, wie der Anteil von Privatschulen/Privatschülern in Deutschland immer höher wird, wie die Verteilung ab der 1.Klasse ist (aufgeteilt nach Bundesländern), wer wie viel Geld für seine Kinder ausgibt und es sich leisten kann. Falls ein Internat genutzt wird, was kostet es zusätzlich. Der Abstand zwischen arm und reich wird in Deutschland immer größer. Für ein Kind aus einer Familie mit einem niedrigen Einkommen ist es sehr schwer, alle Schritte bis zum Abitur und Hochschulabschluss zu durchlaufen. Auch ist es für Kinder aus diesem Umfeld sehr teuer, ein Schuljahr oder ein Semester im Ausland zu absolvieren. – Klaus Rozinat

 


 

 

Leserbriefe zu „Die grüne Front“ von Petra Pinzler

 

Es gibt drei wichtige Aspekte für den Menschen: – Er muß sich auf das Wesentliche konzentrieren,sein Wesen. – „Du kannst die Natur beherrschen, indem du dich ihren Gesetzen unterordnest“ Lord Bacon. – Beziehungen [Handel], die auf rein wirtschaftlichen Gesichstpunkten beruhen, können niemals zur Freundschaft zwischen Menschen und Völkern führen. – Hans Joachim

 

Ah ja, die Überwindung eines auf der Annahme ewigem Wachstums aufgebauten, scheinbar alternativlosen Wirtschaftsmodells ist also ähnlich der Ersetzung dieses Stoffes, der zwei Jahrzehnte das Haarspray aus der Dose beförderte. Eine Meisterin des KAPIMAT (Kapitalistischen Materialismus) wurde auf der ersten Seite geboren. Und ich durfte dabei sein. So schön. – Matthias Meindl

 

Wie Sie so schön betiteln: Es gibt ein unschlagbares Element für mehr Umweltschutz: Rendite! Die Entwicklung bestimmter Produkte, wie z.B. dem Dieselmotor ist soweit vorgestossen, dass es schwierig wird, alle Umweltschutzvorschriften einzuhalten, daher der ‘Dieselgate‘, es ist einfacher und rentabler zu bescheissen, die ‘Bussen‘ bezahlen ja sowieso schlussendlich die Kunden… Unsere Konsumgesellschaft hat schon fast Alles und sucht immer Neues, es wird schwierig dieses ‘Bedürfnis‘ zu stillen. Und jetzt kommt die Jugend und verlangt Umweltschutz. Alles Bisherige muss durch neue, umweltverträgliche Produkte ersetzt werden, als erstes die Autos. Dabei sind es nicht die Autos die die Hauptverschmutzer sind, schauen Sie eher mal zu den Flugzeugen oder Schiffen… Die Jugend ist gerade dabei, sich für noch mehr Konsum und Resourcenverbrauch einzusetzen, anstatt diesen zu reduzieren, zur Freude und Jubel der Iinvestoren und Industriellen. Jetzt gibt es endlich wieder ein politisch korrektes Argument um neue Fabriken zu bauen, neue Arbeitsplätze und neuen Handel zu schaffen, noch mehr Umsatz und Rendite!

Alternativstoffe müssen her, damit kann man die alten verteufeln und verbieten und eine ganze neue Kette von Entsorgung schaffen, zu horrenden Preisen, wie uns die Asbestpolemik gelehrt hat. Übrigens: Man spricht bereits von der Glaswolle als Asbestfolger, und wer hat schon keine Glaswolle in seinem Haus? Big business in view! Die Autoindustrie blüht, nur kaufen die Leute keine kleinen elektrischen Autos sondern SUV’s, und sind gezwungen durch Umweltfahrverbote ihr altes in bestem Zustand gepflegtes Auto zu entsorgen, dafür muss man ein neues kaufen, dessen graue Energie und – Umweltverschmutzung durch die Produktion wesentlich schlimmer ist, und vor allem: sie passiert jetzt! Dabei erneuert sich der Autopark doch von selbst, nur geht dies halt den Politikern und industriellen nicht schnell genug! Business as usual! – Stefan Harlacher

 


 

 

Leserbriefe zu „Unter uns das All“ von Andrea Böhm

 

In der Ausgabe der ZEIT Nr. 5, vom 23.01.2020, sollte mit den Zahlen sorgfältiger umgegangen werden. In Ihrem Beitrag „Unter uns das All“ ist auf Seite 16 zu lesen, die tiefen Canyons hätten eine Länge von 65.000 km!!! Wie es allgemein bekannt ist, beträgt der Erdumfang nurca. 40.000 km. Unter Wegnahme einer Null gelangt man deshalb zu einer noch immer staunenswerten jedoch irdisch realistischen Länge von 6.500 km. Die sodann auf Seite 49 beschriebenen „Zwanziger Jahre“ betreffen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die des 20. Jahrhunderts und nicht die des 19. Jahrhunderts. Habe ich Sie nun mit so viel Kleinlichkeit böse gemacht? – Carl Eckert

 

Eine neue Welt auf unserer bis in alle Winkel erforschten alten Erde: wunderbare terra incognitader Tiefsee! Lasst uns damit schonender und liebevoller umgehen als mit dem Rest des Planeten! – Ludwig Engstler-Barocco

 

Die Notiz “ Die Bergung misslang …“ ist nicht richtig. Das U-Boot K- 129 der sowjetischen Marine wurde gehoben, leider brach ein Teil davon beim Bergen ab. In dem Rest befanden sich für die USA wichtige Informationen, die bis heute geheimgehalten werden, sowie 6 tote Seeleute, die mit allen Ehren beigesetzt wurden, die SU wurde davon unterrichtet. Siehe im Internet : Jenniver Projekt oder Azorian Projekt. – Kpt. J. Theobald

 


 

 

Leserbriefe zu „Das Zeitalter der Pionierinnen“ von Lisa Nienhaus

 

Im Artikel lese ich, dass den “Studenten” zwei gleichlautende Biografien vorgelegt wurden, einmal mit weiblichem, einmal mit männlichem Vornamen, um zu erforschen, ob die Person den “Studenten” sympathisch ist oder nicht. Ich habe den Text viermal gelesen, um herauszubekommen, ob sich vielleicht aus dem Kontext ergibt, ob es sich bei den Studenten nur um Männer oder nur um Frauen oder um beides handelte. Das interessiert doch in diesem Zusammenhang ganz besonders: Wer urteilt über die fiktiven männlichen oder weiblichen Personen? Es wird nicht klar. Sagen Sie es mir? Ein Beispiel dafür, dass es bei der Frage der konsequenten Verwendung einer richtigengrammatikalischen Form eben nicht um Kosmetik geht, sondern darum, sich genau auszudrücken und den Sinn nicht zu verfälschen. – Franziska Becher

 

Ich habe Ihren Artikel mit viel Interesse gelesen. Glückwunsch ! Im Zusammenhang mit dem Gespräch von Lagarde und der weiblichen Partnerin jenes Unternehmens hätte jedoch etwas Beachtungfinden Sollen, denn die Auskunft „Sie werden so sehr leiden, wie ich gelitten habe.“ ist entweder aus dem Zusammenhang gerissen, oder jene Dame hat einen typisch weiblichen (mea culpa!) Fehler gemacht, denn es wäre gut gewesen zu sagen: „Ja, das können Sie, schließlich habe ich es auch geschafft, aber es wird ein verdammt harter Weg werden!“ Das hätte die Kandidatin vielleicht ermutigt, bei Lagarde wohl mit an Wahrscheinlichkeit grenzender Sicherheit, aber es wäreein „Fürchte Dich nicht“ gewesen,ein Raus aus der Opferrolle, ohne den schwierigen Kampf zu verschweigen.Und vielleicht hätte auch ein Versprechen geholfen, die zukünftige Kollegin zu stützen. Nicht in der anderen Frau gleich eine potenzielle Konkurrentin zu vermuten. Das wäre ein echter Fortschritt gewesen, denn in meiner Arbeit mit Patientinnen sehe ich leider nur zu oft, dass die Macher der „gläsernen Decke“ oft auch Glaserinnensind. Trotzdem Chapeau! – Michael Dericks

 

„Das Zeitalter der Pionierinnen“ – ein toller Artikel. Eine Frage habe ich: können Sie mir bitte Infos zu der genannten Wiederholung der Studie zu „Heidi und Howard“ durch „Catherine und Martin“ geben ? ich würde gern mehr zu der Studie erfahren (wer hat sie durchgeführt, Quelle) um sie in der weiteren Arbeit zu nutzen.Im Buch von Iris Bohnet „What Works“ ist noch zu lesen, dass alle Wiederholungen dieser Case-Study bisher zu den immer gleichen, ernüchternden Ergebnissen geführt hätten…. Die bittere Essenz lautete: „erfolgreiche Frauen werden als genauso unsympathisch wahrgenommen wie unehrliche Männer“. Ich bereite gerade eine Podiumsdiskussion in der KfW zum Weltfrauentag 2020 vor, bei der wir uns der immer noch nicht erreichten Parität von Frauen in Führung und dem dafür nötigen strukturellen und kulturellen Wandel widmen wollen und bei der ich natürlich auch aktuelle Studien-Ergebnisse einfliessen lassen möchte. Das Beispiel „Catherine –Martin“ wäre da eine ermutigende Bereicherung. – Felicitas Birckenbach

 


 

 

Leserbriefe zu „Hätte dieser Steuerraub verhindert werden können?“ von Karsten Polke-Majewski und Christian Salewski

 

Die ausführlichen Berichte über den Steuerraub durch Cum-Ex lassen die Frage offen, warum die Finanzexperten der Printmedien bei der Aufklärung dieser Betrügerei ebenso versagt haben wie die der Politik. Während Medien und das Finanzministerium damals damit beschäftigt waren, die Steuerschlupflöcher der „faulen Griechen“ anzuprangern und zu stopfen, schleppten angesehene Banken Milliarden – nicht unbemerkt, aber ungehindert – durch die Hintertür des deutschen Fiskus hinaus. Das Wort „Bankräuber“ hat dadurch eine ganz neue Bedeutung gewonnen. – Dr. Heinz Burger

 

Habe ich den Namen Schäuble überlesen oder kommt er in dem ebenso spannenenden wie unglaublichen Bericht nicht vor? Ich frage mich warum? War Wolfgang Schäuble nur für die „Schwarze Null“ zuständig oder als Chef des Finanzwesens vielleich doch auch für die Vermeidung und strafrechtliche Verfolgung von Steuerbetrug? Wieder einmal scheint niemand verantwortlich zu sein und niemand wird zur Rechenschaft gezogen. – Sven Herfurth

 

Der Artikel über die Cum-Ex Betrügereien ist gut und wichtig, bitte dranbleiben. Jetzt werden die Drahtzieher dieses Betruges also strafrechtlich verfolgt. Was geschieht denn mit den Anlegern? Das tolle daran ist, dass die Daten der Anleger wegen der Rückerstattung ja bei den Finanzämtern vorliegen müssten. Wahrscheinlich unterliegen diese jedoch dem Datenschutz und der Staat schützt somit jene, die ihn ausgeraubt haben. Mich würde außerdem interessieren, ob -und falls ja- welche Bundestagsabgeordnete sich dieser Geldanlage bedient haben und so Ihre Wähler abgezockt haben. – Ernst Trumpfheller

 


 

 

Leserbriefe zu „»Der Hass kann jeden treffen«“. Gespräch mit Ronald S. Lauder geführt von Louis Lewitan

 

Eigentlich wollte ich das Interview so stehen lassen. Aber schließlich ist Herr Lauder ein Mann der Größe ausstrahlt und er wird klug mit meiner Kritik umgehen, das aus einem einzigen Wort besteht: „Geldgeilheit“ ist das Geheimnis. Hinzu kam die starke Anzahl von Arabern die als Flüchtlinge nach Deutschland kamen. Die bekannter Weise den Juden den Tod wünschen. Und die deutsche Jugend fand das gut. Vor diesem Flüchtlingsstrom war kaum die Rede vom Judentum. Die Politik hat das für mich zu verantworten. – Gunter Knauer

 

Zwar erwähnt Herr Lauder die Judenfeindlichkeit von Seiten der Regierenden des Irans, versäumt aber, einen zumindest kleinen Hinweis auf deren historische Ursache zu geben. Die ist nach schiitischer Lehre darin begründet, dass der im Jahr 873 verschwundene 12. Imam als eine Art Erlöser nur dann wiederkommen kann, wenn alles Jüdische vorher vom Erdboden verschwunden ist. Darin ist geschichtlich ein illusionäres Gerangel um die höchste Kompetenz und damit den Anspruch auf Vorherrschaft in der damals bekannten Welt zu sehen. Aus heutiger Sicht ist das nichts weiter als eine Verschwörungstheorie auf unterstem Niveau.

Und was den gegenwärtig global wieder wachsenden Antisemitismus betrifft, geht es natürlich auch um dessen Motive. Die sind letztlich wohl im persönlichen Bereich dieser Apologeten zu verorten. Die eigenen Mängel seines Wirklichkeitsverständnisses durch Angriffe auf andere zu kaschieren und sich dadurch selbst aufzuwerten, ist eine Methode, die nicht nur im Bezug zum Antisemitismus giftige Blüten hervorbringt und zur Verachtung und Gewalt gegenüber anderen führt. Hier ist allerdings auch zu fragen, ob Juden selbst etwas dazu beitragen können, dem Antisemitismus den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Ich meine: Ja. In dem auch von offizieller jüdischer Seite anerkannt wird, dass die alte, aber immer noch wirksame Klammer, die die unterschiedlichen Gruppen der Juden verbindet, also die in der Thora dargestellten Geschichten – vor allem der Auszug aus Ägypten – ihre allegorischen und ethischen Werte zwar nicht verlieren, aber keine Tatsachenberichte sind. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass es der zwischenmenschlichen Verständigung nicht dient, wenn man seine relative, also auf abgrenzenden Zugehörigkeiten basierende Identität als absolute Identität darstellt. Denn das führt zu einem mehr oder weniger erstarrten Totalitarismus. Seltsamerweise halten diejenigen Juden, die sich als besonders fromm einschätzen, auch besonders fest an den Darstellungen der Thora als gottgegebene Ereignisse und damit unwiderrufliche Tatsachen fest. Diese Themen sollten auf die Agenda zur Konfliktlösung kommen, sonst wird es wohl immer so weitergehen wie bisher. – Christoph Müller-Luckwald

 


 

 

Leserbriefe zu „Das französische Drama“. Gespräch mit Jérôme Fourquet geführt von Gero von Randow

 

Zitat: „Wir sind also von der horizontalen Konfrontation zur vertikalen übergegangen, an die Stelle von links gegen rechts ist unten gegen oben getreten.“ Wenn ich mein Koordinatensystem noch richtig im Kopf habe, müsste es gerade umgekehrt lauten: „Wir sind also von der vertikalen Konfrontation zur horizontalen übergegangen, an die Stelle von links gegen rechts ist unten gegen oben getreten.“ – Wolfgang Straub

 

Der Zerfall der beiden großen Milieus der französischen Gesellschaft, des katholischen und des kommunistischen, ideologisch und praktisch hat die Parteien durcheinander gewirbelt und Frankreich in ein Archipel von getrennten Kulturen verwandelt. Diese Beobachtung dürfte weitgehend unstrittig sein und betrifft auch andere europäische Länder. Woher aber rührt das im Vergleich mit Deutschland unglaubliche Mobilisierungspotential, das sich in der Gelbwestenbewegung oder der aktuellen Streikbewegung Bahn bricht? Auch wenn ich seit über 40 Jahren enge Kontakte in unser Nachbarland pflege, viele Widersprüche sind mir nach wie vor ein Rätsel. Freiheit ist ein hohes Gut, aber das extrem autoritäre Präsidialsystem wird dennoch hingenommen. Gleichheit wird propagiert, aber die Lebenschancen sind extrem segmentiert zwischen Arm und Reich, Stadt und Land, Jung und Alt. Die Brüderlichkeit hat gegenüber einem sehr alltäglichen Rassismus ziemlich das Nachsehen. Mit welcher Selbstverständlichkeit die kulturellen Eliten das gemeine Volk, insbesondere die Landbevölkerung als leicht minderbemittelte Verlierer und Dorftrottel betrachten, ein Phänomen! Der große Stolz auf die eigene Geschichte und so gar kein Impuls sich mit Vichy oder dem Algerienkrieg auseinander zu setzen. Aber vielleicht hilft der aktuelle Widerstand gegen Macron, sich neu zu definieren. – Dieter Schöneborn

 


 

 

Leserbriefe zu „Ein bisschen Mutter geht nicht“ von Jochen Bittner

 

Die derzeitige Rechtslage für gleichgeschlechtliche Eltern ist unbefriedigend, keine Frage. Der Artikel erweckt jedoch durch die Formulierung „in staatliche Obhut“ beim unkundigen Leser den Eindruck, das Kind würde im Falle das Todes der leiblichen Mutter erstmal fremdplatziert werden. Als Mitarbeiterin eines Jugendamtes kann ich das nicht unkommentiert lassen: das Kind erhielte umgehend einen Amtsvormund zur Ausübung der elterlichen Sorge bis ein Adoptionsverfahren abgeschlossen wäre, würde aber selbstverständlich in seinem häuslichen Umfeld bei der anderen Mutter bleiben. Eine Inobhutnahme durch den Staat, d.h. das Jugendamt erfolgt nur in Fällen von akuter Kindeswohlgefährdung und bedarf einer richterlichen Genehmigung, sollten die Inhaber der elterlichen Sorge einer Fremdunterbringung nicht zustimmen. Das gilt für alle Kinder in Deutschland. – Anja Nohlen

 

Es geht mir nicht um juristische Fragen oder um eine moralische Bewertung einzelner Lebensentwürfe. Es geht mir um Begriffe und vor allem um pseudo-moralisch verordnete Begriffswandlungen. Assoziationen zum Orwellschen Neusprech sind für mich schwer bis gar nicht zu unterdrücken. Und trotz aller Studien, die eine hohe Akzeptanz für „moderne“ Lebensentwürfe zu belegen scheinen, wäre man blind, würde man nicht vielerorts ein Unbehagen gegenüber der forcierten Auflösung bzw. Umdeutung nicht nur traditioneller sondern auch vormals biologisch definierter Begriffe spüren. Dieses Unbehagen gibt es bei Rechts und Links, bei Jung und Alt, auf dem Land und in der Stadt. Viele neue Dinge „verdienen“ sich neue Namen. Das Wort „Internet“ hat es innerhalb kürzester Zeit in den Allgemeinen Wortschatz geschafft. Das mag an seiner hohen Akzeptanz liegen. Wenn aber neue Dinge alte Wörter „übernehmen“ oder „kapern“ müssen, um „in aller Munde“ zu sein, so ist das nicht das beste Zeichen und bleibt sehr mühsam. – Christian Voll

 


 

 

Leserbriefe zu „Auf der Weltbühne“ von Christiane Grefe et al.

 

Die Ignoranz überwiegender Bevölkerungsteile, Vernunft für eine Änderung ihres Verhältnisses zur Umwelt gelten zu lassen, liegt schlicht an dem breiten Unvermögen, sich jenseits der eigenen Belange für das Ganze und für Wirkungsfolgen interessieren zu wollen, geschweige denn zu können. Die Bewältigung der immensen Herausforderungen erfordert vorrangig das Eingeständnis, dass es mit den tradierten Partizipationsprozessen einer Demokratie nicht möglich sein wird. Die Illusion, die Vernunft über akademische und künstlerische Prozesse zu fördern, ist fatal, wird sie die Mehrheit der Ignoranten noch skeptischer werden und den Widerstand gegen das Zwingende erhöhen. – Jürgen Dressler

 

Die meisten Besucher(innen) von Theatern und Museen müssen wahrscheinlich nicht mehr von der Notwendigkeit eines sehr viel stärkeren Klimaschutzes überzeugt werden – und die Klimawandelleugner(innen) und -verharmloser(innen) erreicht man mit Kunst vermutlich nicht, jedenfalls nicht mit E-Kunst. Gefordert sind meines Erachtens die Politiker(innen), zum Wohle künftiger Generationen zu handeln, auch wenn Teile der gegenwärtigen Bevölkerung – darunter auch viele Gutsituierte und Menschen mit Nachkommen – nicht den geringsten Verzicht zugunsten anderer und zukünftiger Menschen leisten wollen. – Ulrich Willmes

 


 

 

Leserbriefe zu „Erst die Welt, dann die Lehre“ von Sieglind Luise Ellger-Rüttgardt

 

Wer etwas nicht kennt, sollte besser schweigen … Frau Prof. Ellger-Rüttgardt, die lange Zeit an der Humboldt-Universität in Berlin in der Ausbildung von Sonderpädagogen tätig war, bezieht Position zu den Anforderungen, die eine qualitativ gute Ausbildung von Quereinsteigern in den Lehrerberuf ausmachen. Man kann sehr unterschiedlicher Meinung darüber sein, ob kurze Ausbildungsprogramme einem Fachvertreter die Kompetenzen zu vermitteln vermögen, die er für die praktische Tätigkeit in der Schule braucht.

Die Missachtung der Pädagogischen Hochschulen, die sich in dem Text von Fr. Ellger-Rüttgardt widerspiegelt, kann jedoch nicht unwidersprochen bleiben. Die Ausbildung von Lehrkräften ist in Baden-Württemberg bis heute in Pädagogischen Hochschulen angesiedelt, die in ihrem Promotions- und Habilitationsrecht den Universitäten gleichgestellt sind, während dieser Aufgabenbereich in den anderen Bundesländern vor Jahren (mit sehr unterschiedlichem Erfolg) in die Universitäten integriert wurde. Professorinnen und Professoren an Pädagogischen Hochschulen bringen in der Regel eigene Erfahrungen aus der Schulpraxis mit. Ihre Forschungsleistung spiegelt sich insbesondere in der Sonderpädagogik in einer großen Zahl von Publikationen in nationalen und internationalen Fachzeitschriften wider. Sie begleiten die Studierenden vor Ort – u.a. wenn diese ein Halbjahr ihres Studiums in einer Schule ihre schulpraktischen Erfahrungen sammeln.

Wenn Fr. Ellger-Rüttgardt den „hochkarätigen“ Wissenschaftler sehen möchte, der freiwillig eine Karriere an einer „Lehrerbildungsakademie“ der an einer Universität vorzieht, dann lade ich sie gern an die Pädagogische Hochschule Heidelberg ein. Über 60 Professorinnen und Professoren warten auf ihren Besuch. Zur Vorbereitung empfehle ich ihr einen Blick in die Forschungs- und Publikationsdatenbank, die auf der Homepage unserer Hochschule gut zugänglich ist. Sie wird überrascht sein, welche Publikationen sie dort vorfindet. Aber wer sich nicht ausreichend informiert, bevor er die Arbeit von Kolleginnen und Kollegen in dieser Form abwertet, sollte besser schweigen. – Prof. Dr. Klaus Sarimski

 

Ich finde es widersprüchlich, wenn die durch ihren Wirkungsbereich und ihre neue – aus der Not des Lehrermangels heraus geborene – Aufgabe eng spezialisierte Autorin einerseits von der hochkomplexen Tätigkeit des Lehrers spricht und andererseits meint, Quereinsteiger mit einer Turboeinführung könnten das Schullleben mit seinen komplexen Vorgängen und Methoden und der notwendigen psychologischen Sensibilität im Unterrichtsalltag besser bewältigen als herkömmlich in 5 Jahren in Wissenschaft, Theorie und Praxis ausgebildete Lehramtsstudenten.Ich glaube, hier fallen Menschen auf die Masche rein, dass dringend Lehrer gefunden werden müssen und man deshalb die Quereinsteiger schön redet. Das bedeutet natürlich nicht, dass innerhalb des Systems Reformen vonnöten sind, besonders von Anfang an engere Praxisbezüge. Und da gibt es vielversprechende Modelle. – Uwe-Carsten Edeler

 


 

 

Leserbriefe zu „“Ein Toter, zehn Minuten Gefängnis““ von Christian Staas

 

Über Ludwigsburg wurde ja immer mal wieder in der ZEIT berichtet. Ihr Beitrag in der ZEIT # 5 vom 23. Januar 2020 tritt mit der Substanz auf, die diese Einrichtung – und auch deren Schwach-Leistungen der Vergangenheit – längst verdient hat. Ich wende mich an Sie eher aufgrund eines persönlichen Anliegens – vielleicht gar mit dem Wunsch nach ein paar ergänzenden Anregungen, um doch noch ein paar Zentimeter weiter zu kommen. Der Fall ist indes ein wenig verwickelt. Seit einer halben Ewigkeit verfolge ich den Fall eines der ganz Großen jener unseligen Vergangenheit, der den Rest seines Lebens recht unbehelligt nur unweit von Ludwigsburg – nämlich in Sindelfingen – verbrachte – Sigfried Uiberreither.

https://de.wikipedia.org/wiki/Sigfried_Uiberreitherhttps://en.wikipedia.org/wiki/Siegfried_Uiberreitherhttps://www.sn.at/wiki/Sigfried_Uiberreitherhttps://de.metapedia.org/wiki/Überreiter,_Siegfried?__cf_chl_jschl_tk__=c6551f4ec36e05355176d1c564a8676d506042f6-1579871783-0-AYaPsv9Oul7Y68h9F2Ob2mOwZEqYGO1BrxAcC-ce7h1mM3laQxWv7aHeSj1iNYLEchfUjgECad60-OePXZ6bnmbsyHLuZHDtryjXIUmklGHa_jY8_RonUY39KFHdJX3ionFGRtx72jl_aryVyY-IWDnHW9A6WC0dq36KsFuixdw1eivBHrgmqCz7UlGnVXTUF8m0jQN1ednG_7G-TZOnwGXToOpyDFJ4MuqS9jjWdOvBs5ABlKKDoP01MZf0p2DqPEUAxTacI64u_P8d4XZ3PpbcVHYzD6QKbOnegZMZjUOllBqWOBvuXrisqocqnlE1KgZunächst schon benötigte ich wirklich mehrere Jahrzehnte, um hinter seine wirkliche Identität zu kommen; er lebte in Sindelfingen unter dem Pseudonym Friedrich Schönharting; ist unter diesem Namen dort auch auf dem Burghalden Friedhof beerdigt. OK – Ermittlungs-Instanzen befassen sich quasi ihrer Mission nach um überlebende Verdächtige. Ludwigsburgwäre indes meiner Auffassung nach trotzdem gleichzeitig eigentlich die Instanz, in der auch dir größeren Zusammenhänge gesammelt, ausgewertet, dokumentiert, archiviert …. werden sollten. Sie weisen in Ihrem zuvor erwähnten Beitrag ja durchaus auch auf das – quasi – Desirat einer Erfassung nicht nur der unmittelbaren Täter, sondern grad‘ eben der veranlassenden Hintermänner hin.

Während meiner Recherchen zu dieser Person hab‘ ich die wahrlich unterschiedlichsten Forschungs- und Dokumentations-Einrichtungen im In- und Ausland auf grad‘ diese Person aufmerksam zu machen – ohne alle Resonanz. Auf der eher moralischen – denn strafrechtlichen – Ebene hat mich zudem irritiert, dass die Hinterbliebenen (vier Söhne – lange Zeit offensichtlich vollends unter dem Omerta-Gebot der auch nicht ganz harmlosen Mutter) sich nie zu diesem wohl ganz seltenen Fall der Nicht-Aufdeckung zu bekennen bereit waren; im Kontrast dazu wäre an manche Familien zu denken, die diesen eher wohl nahe liegenden Schritt taten – mir fallen als erstes die Nachfahren Bormann, oder Speer ein. Niemand wird den Nachfahren auch nur im entferntesten Mit-Schuld anhängen wollen; das so auffällige Schweigen – indes – impliziert nur allzu leicht Mit-Wisserschaft, und sei es auch nur im nachhinein – Complicity im eigentlichen Sinne – billigende Mitwisserschaft.

Es gib bisher nicht ausgewertete Indizien, dass die Familie insgesamt noch viele Jahre nach Kriegsende in handfeste Seilschaften in Österreich mit eingebunden war. Die in öffentlich zugänglichen Vermutungen zum gelungenen Untertauchen des Sigfried Uiberreither genannten Zusammenhänge – angeblich gegen Aushändigung von Forschungs-Ergebnissen seines Schwiegervaters Alfred Wegener in Graz – sind nach meiner Einschätzung unglaubwürdig – eher ausdrücklich wegen ihrer Unglaubwürdigkeit und Lächerlichkeit wegen zur verstärkten Verschleierung gestreut worden. Lässt sich für den (gar investigativen) Journalisten – statt des Ermittlers, oder des Historikers – daraus was machen? – Hans von Schack

 

Warum fehlt dieser Artikel in der Eingangsübersicht „In der Zeit – Die wichtigsten Themen in dieser Woche“? Gerade für den eiligen, meist jüngeren „ZEIT-Leser ohne Zeit“ fehlt so der Hinweis auf den vielleicht wichtigsten ZEIT-Beitrag keineswegs nur „in dieser Woche“. Ging der ZEIT-Redaktion ausgerechnet in den Tagen eines oft fast unerträglichen „rituellen Gedenkens“ hier das Gespür für die „wichtigsten“ Themen verloren – zugunsten von „aktuellen“, die jene eiligen Leser eher ansprechen würden als die meist langen, schwer zu lesenden Artikel im Ressort „Geschichte“? Und kann man das diesen Lesern verdenken, wenn schon die Überschrift und die redaktionelle Einleitung signalisieren: Diese Verbrechen sind von NS-Tätern begangen worden vor mehr als „75 Jahren“ und haben mit uns heute nur noch insofern etwas zu tun, als eine offenbar etwas schwerfällige Justiz in dieser „langen Zeit“ sie „nur halbherzig geahndet“ hat, dafür aber nun „die Fahndung nach den letzten Tätern auf Hochtouren“ laufen lässt, worüber ein gemütlicher „Besuch bei den Ermittlern in Ludwigsburg“ nachfolgend informieren soll…

Das wird den brisanten Informationen des Artikels kaum gerecht. Erfahren wir doch hier vor allem, dass und wie „die deutsche Justiz“ in enger „Abstimmung“ mit der bundesrepublikanischen Gesellschaft und ihrer demokratischen Rechtsprechung eine Ahndung der NS-Verbrechen bis heute „vollherzig“, also sehr bewusst, mit Hilfe ehemaliger „Täter“ verhindert hat, um sich und die Gesellschaft vor einer wirklichen Aufarbeitung der NS-Verbrechen zu bewahren. Ob dabei die Abstimmung über den „Zusatz in der finalen Gesetzesvorlage“ 1968 „eine Panne oder ein Täuschungsmanöver“ war, wird so lange ein Streitthema bleiben, wie es Historiker gibt, die an der einen oder anderen Version ein persönliches Interesse haben. Das aber musste gar nicht nachgewiesen werden, weil der BGH „die neue Gesetzeslage 1969 (bereits!) bestätigt hatte“ – sogar „rechtsstaatlich“ eben nach dem neuen Gesetz – in dankbarer Übereinstimmung mit dem mehrheitlichern Volkswillen, der keine weiteren Konfrontationen mit der eigenen Vergangenheit wünschte. Und über Jahrzehnte kam niemand auf die Idee einer Gesetzesrevision mit erneuter Abstimmung, obwohl die grausamen Folgen für die Opfer bekannt waren – lange bevor ein Täterenkel sie an einem bewegenden Beispiel in Erinnerung rief: „Der Fall Collini“. – Eckhard Heumann

 


 

 

Leserbriefe zu „An der Abbruchkante“ von August Modersohn und Petra Pinzler

 

Sie schreiben in Ihrem Artikel, dass die Menschen in der Lausitz sich verlassen fühlen und wütend sind und dass sich daran vermutlich auch durch noch so viele Milliarden nichts ändert – sie werden weiterhin AFD wählen. Jetzt viele Milliarden in diese Region zu schicken, ist ein ideales Geschenk für die AFD und ein falsches Signal für andere Regionen. Die Fehler der Vergangenheit kann man nicht durch neue Fehler korrigieren. – H. Larix

 

Es ist ein sehr schöner Brauch, eine Tradition seit Menschengedenken eben, am Neujahrstag ungezügelt Raketen und Böller gen Himmel zu jagen, um das Neue Jahr, ganz „klimaneutral“, aber lautstark und „buntfeinstaubig“ zu begrüßen. Weiterhin setzen (viele) Regierungen weltweit auf die Kohleverstromung, und bauen daher viele, viele bunte und sehr schöne Kohlekraftwerke, die natürlich alle total „CO2-neutral“ sind. Der Mensch macht lieber selber auf „Prima Klima“! – Riggi Schwarz

 


 

 

Leserbriefe zu „Mein Kiefer, ein Schraubstock“ von Fabian Franke

 

Seit 60 Jahren ist die Zeit meine Hintergrundinformation zu vielen Themen. Was mir einzig nicht so gefällt : die negative Haltung zur Alternativ Medizin, es wird unterstellt es gäbe keine wissenschaftlichen Studien,dem ist nicht so. z.B. obengenannter Beitrag zum Bruxillismus : Das lässt sich so gut wie immer erfolgreich mit OSTEOPATHIE behandeln, Bedingung der/die Osteopathen sollten Erfahrung mit Mundbehandlungen haben. – Charlotte Probst Frezza

 

danke für Ihren super Artikel über ein verbreitetes Leiden, dass meist nur in physischer Weise behandelt wird! Ich weiß wovon ich rede, denn schon mit 15 bekam ich die erste Aufbissschiene. (Mein Vater war die Ursache). Inzwischen bin ich 69. Die Dinger haben mein Leben begleitet, manchmal allerdings etwas vernachlässigt. Vor einem Jahr wurde ich aufmerksam auf einen Kurs an der VHS: Eutonie gegen Zähneknirschen. Nix wie hin! Es war ein Tageskurs, bei dem wir lernten unsere Anspannung in den Boden abzuleiten. Ein fantastischer Erfolg: die Kiefer hatten sich gelöst! Anfangs dachte ich, die Übungen gelegentlich zuhause zu wiederholen, habe mir dann aber gedacht die Übungen zu machen, wenn die Wirkung nachläßt. Tat sie aber nicht! Bis heute nach einem Jahr! Und meine berufliche Anspannung als Selbständige hatte sich währenddessen nicht geändert. Ich wünsche jedem Zähneknirscher einen Eutonie-Kurs! – Imme Cold

 


 

 

Leserbriefe zu „Noch mal mit Gefühl“ von Mariam Lau

 

Ein hervorragendes Portrait. Gründlich recherchiert, inhaltlich informativ, Gegenpositionen griffig aufgreifend, pointiert geschrieben, transparente persönliche Berührtheit der Autorin Mariam Lau, ein Abschluss (Besuch in Ruanda „auf Augenhöhe von Genozid-Erbe zu Genouid-Erbe“), der zum Nachdenken anregt. Sie sollten den Beitrag für Journalistenpreise einreichen! – Reinhard Kaiser

 

Der Bericht über Spahn als „Kümmerer“ liest sich, als sei die Autorin der lieblichen Stimme eines Wolfs erlegen, der Kreide gefressen hat. Da stellt sich der Gesundheitsminister in Ruanda hin und sagt „nie wieder“. Das finde ich zynisch angesichts der Tatsache, dass Herr Spahn mit seinem Digitale-Versorgungs-Gesetz ermöglicht, systematisch all jene der 73 Millionen gesetzlich krankenversicherten Personen in Deutschland zu erfassen, die psychisch krank oder behindert sind. Seit dem 1.1.2020 werden die Diagnosen aller gesetzlich Krankenversicherten an eine zentrale Stelle im Gesundheitsministerium geleitet. Ohne Einverständnis der Betroffenen, ohne Wissen der Bevölkerung, ohne demokratische Debatte. In Spahns Gesetzgebung vermischen sich Legislative und Exekutive, das rechtsstaatliche Prinzip der Gewaltenteilung gerät in Gefahr. Und das in einer Zeit, da rechtsextreme Gruppierungen zunehmend regierungsfähig werden wollen. Was sagt die Presse als vierte Gewalt dazu? Hier tun sich Risiken auf, zu denen ich sage: „Nie wieder!“. Möge Ihre Autorin auch Spahns andere Seite zur Kenntnis nehmen, indem sie z.B. die kritische Diskussion im Zusammenhang mit der Petition 98780 verfolgt. – Dr. phil. Rebecca Leopold

 


 

 

Leserbriefe zu „Wettlauf mit dem Virus“ von Harro Albrecht

 

Der „globale“ Mensch, der reist ständig ganz global um den Globus. Dabei schnappt er alle möglichen Krankheitserreger, aus allen „Herren- und Damenländern“ auf, erkrankt dadurch selbst, oder er verbreitet nur die (bisher unglobalen) Erreger, weltweit. Jetzt haben wir den aktuellen „Coronavirus-Salat“, aber gegen unsere globale Reiselust ist einfach kein globales „Reise-Kraut“ gewachsen! Ach, du armes globales „Global-Menschlein“; was nun! – Klaus P. Jaworek

 

Der „eingebildete Kranke“ ist eines der berühmtesten Theaterstücke des französischen Dramatikers Moliere. Das Stück handelt von dem Hypochonder Argan, der sich nur einbildet, krank zu sein. Er zieht diverse Ärzte zu Rate, die die Einzigen sind, die ihm seine eingebildete Krankheit abnehmen und ihn in dieser sogar noch unterstützen. Wenn irgendwo auf der Welt ein Virus ausbricht, dann ist sie wieder da, die typische „German Angst“, sich stets an der Schwelle zur Massenpanik befindend. In Deutschland geben sich diverse Panikattacken regelrecht die Klinke in die Hand. Etwas beruhigend wirkt, dass die Dauer der Panikanfälle abnimmt. So richtig begonnen hat es vor mehr als 20 Jahren mit dem BSE-Skandal, einer Zeit also, als das Internet zunehmende Verbreitung fand.

Nach den Horrorszenarien, die damals an die Wand gemalt wurden, müsste Deutschland heute ein verwaistes, von der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit dahingerafftes Land sein. Bis jetzt ist kein einziger Erkrankungsfall in Deutschland bekannt geworden. Danach folgten diverse Vogel- und Schweinegrippen. Jedes Mal wurden sie mit dem Schreckensszenario einer Pandemie verbunden. Allesamt verliefen sie letztendlich relativ glimpflich. Wenn die Erde hustet, hat Deutschland eine schwere Grippe. „Argan“ bildet sich nun ein, vom Coronavirus dahingerafft zu werden. Dass die erste Infektion mit dem Coronavirus in Bayern vergleichsweise harmlos verlaufen ist und es dem Patienten gut geht, ging in den aufgeregten Debatten leider unter. Vieles spricht dafür, dass es mit dem Coronavirus nicht viel anders ist als mit anderen Grippeerregern zuvor. Pro Jahr sterben in Deutschland im Schnitt rund 20.000 Menschen an derartigen Infektionen.

Es trifft zumeist Patienten, die durch Vorerkrankungen bereits geschwächt sind. Vielleicht sollten wir, ganz ohne Mundschutz, erstmal tief durchatmend jenseits der aktuellen Nachrichtenlage die Situation betrachten. Coronaviren gelten als relativ harmlose und normale Erkältungserreger, mit denen wir immer wieder mal konfrontiert werden. In den statistischen Erhebungen zu den aktuellen Krankheitsfällen ist nicht berücksichtigt, dass viele Erkrankte in Wuhan oder in anderen betroffenen Gebieten Chinas einfach zuhause bleiben und sich auskurieren, weil es vorerst sowieso keine wirksamen Medikamente gegen das Virus gibt.

Diejenigen, die wegen eines besonders schweren Verlaufs den Weg in die Krankenhäuser suchen, sind wahrscheinlich nur die Spitze des Eisbergs. Und alle anderen fallen aus der Statistik einfach heraus. Würden diese einberechnet, könnte sich am Ende sogar zeigen, dass der Coronavirus nicht wesentlich gefährlicher ist als die gewöhnliche Grippe, die Jahr für Jahr saisonal um den Globus zieht und der je nach Variation auch immer wieder tausende oder gar zehntausende Menschenleben zum Opfer fallen. Gerade jetzt grassiert die „normale“ Grippe wieder auch in Deutschland. Deshalb sollte man vielleicht erst einmal an die Grippe denken, wenn wir uns nach dem Anfassen von Türklinken oder Einkaufswägen richtig gründlich die Hände waschen. – Alfred Kastner

 


 

 

Leserbrief zu „Einladung zum Angriff“ von Jens Tönnesmann

 

Pfauenhafte Überheblichkeit und Narzissmus sind keine guten politischen Begleiter. Robert Habecks Ausrutscher häufen sich. Ich räume ein, dass ich nach seiner Wahl zum Bundesvorsitzenden der Grünen den eloquenten und smarten Habeck, nach vielen schrillen und inkompetenten Vorgängern, eher als angenehme Abwechslung empfand. Mit Schaudern denke ich an Katrin Göring-Eckardt die, außer einem abgebrochenem Theologiestudium, beruflich gar nichts vorzuweisen hat. In Habeck habe ich mich aber offenbar gewaltig geirrt. Habeck setzt auf das Erschrecken der Bürger und zudem ist aus dem einstigen gemütlichen Plauderer inzwischen ein ziemlich aufgeblasener Schrägredner mit demagogischen Allüren geworden. Einer, der zunehmend mit narzisstischen und überheblichen Äußerungen Schlagzeilen macht und auch gerne das Adjektiv “radikal” in den Mund nimmt. Erfolg kann wie eine Droge wirken. Die Trennlinie zur Hybris wird dann allerdings sehr eng. Man möchte sich Robert Habeck als möglichen künftigen Vizekanzler und Außenminister nicht vorstellen. – Alfred Kastner

 


 

 

Leserbrief zu „Darf ich?“ von Ulrich Bahnsen

 

In der aktuellen Ausgabe 05/2020 im Artikel “Darf ich?” befindet sich eine Gummibärengrafik. Hier wurde für orange und grün dieselbe Helligkeit verwendet, sodass es auf meinem eReader (die natürlich alle S/W sind) ununterscheidbar ist. Ich weiß ja nicht wie hoch unter den Lesenden der Anteil mit eReadern ist, aber ich würde mich freuen, wenn in Zukunft bei Grafiken/Diagrammen darauf geachtet wird. – Daniel Edler

 


 

 

Leserbrief zu „Es war verboten, zu verbieten“ von Pascale Hugues

 

Der oben genannte Beitrag von Pascale Hugues  ist sehr aufschlussreich. Er beleuchtet die Situation der Achtundsechziger. In diese Zeit fällt auch der beginn der grünen Bewegung. In diesem Zusammenhang sehe ich die Bemerkung über  Pädophilie von Renate Künast: „Komm, wenn keine Gewalt dabei ist!“. Es ist immer klug, zuerst die Fakten (alle) dann die Moral! – R. Schmolling

 


 

 

Leserbrief zu „Vertwittert“ von Anja Reschke

 

Der Tweet entspricht voll und ganz dem Niveau von Frau Klöckner. Dieses hatte sie in dem bullshit – Interview mit der Zeit, Ausgabe Nr 9 vom letzten Jahr offenbart. Also nicht der Aufregung wert. – Rüdiger Weigel

 


 

 

Leserbrief zu „Er baut die Zukunft nach“ von Eva Wolfangel

 

Ein interessanter Artikel zum Thema Maschinenmensch. Es gab, der Sage nach, schon im 16. Jahrhundert einen riesigen Robotermenschen namens „Golem“, den Rabbi Löw zum Schutz der Prager Juden aus Lehm fertigte. Der Golem funktionierte, indem man ihm den Namen Gottes („Ha Shem“ – Der Name) unter die Zunge legte und hörte auf zu funktionieren, wenn man den Zettel entfernte, was regelmäßig am Shabbat geschah. Es gab noch eine andere „On-and-off-Funktion“: Auf die Stirn des Lehmmenschen prägte der Rabbi das Wort „Emet“ (Wahrheit); löschte man den ersten Buchstaben, verwandelte sich das Wort in „Met“ (Tod), und der Golem war deaktiviert. Er war allerdings, im Gegensatz zu Rekimotos Vision eines „augmented“, also aufgewerteten Menschen, sehr dumm. Wäre aber unter Aufwertung nicht eher eine größere Bereitschaft zu Liebe und Güte, sozialem Verantwortungsbewusstsein und eben Menschlichkeit zu verstehen? Im an extrem traditionelle Umgangsformen gewöhnten Japan mag die Bereitschaft größer sein, eine auf rituelle Freundlichkeit programmierte und in Teilen eigenständig und zum Wohle der Menschheit agierende Maschine zu akzeptieren. Das freiheitsstrebende Europa indes ängstigt sich nicht nur vor dem Arbeitsplatzverlust, sondern auch und vor allem vor der schleichenden Zersetzung menschlicher Individualität. – Bettina Oehmen

 


 

 

Leserbrief zu „Freiheit kommt aus den Gewehrläufen“ von Kerstin Kohlenberg

 

Wie gerne zeigen wir mit erhobenem Zeigefinger und dem Gestus moralischer Entrüstung auf die „waffenverrückten“ US Amerikaner. Was für den US Amerikaner die Pump-Gun, ist für den Deutschen das Auto! Hierzulande wagt sich niemand ran an die mächtige Autoindustrie und deren Lobby. Da betrügen die deutschen Automobilkonzerne tausende ihrer Käufer mit manipulierter Abgastechnik, verursachen Milliardenverluste an der Finanzmärkten und was passiert? Einer der Hauptaktionäre bei VW ist das Bundesland Niedersachsen. Wer würde denn da Interessenskonflikte zwischen Industrie und Politik unterstellen? Freie Fahrt für freie Bürger. Wer käme denn da auf die Idee ein Tempolimit einzuführen? Gibt es trotz nachgewiesener Grenzwertüberschreitung von Feinstaub irgendwo nennenswerte Fahrtverbote? Bevor wir auf Andere zeigen, sollten wir bei uns anfangen. Da gibt es reichlich zu tun. – Bruno Fey

 


 

 

Leserbrief zu „Familienunternehmen: Sind die Erben unpolitisch?“ von Jens Tönnesmann

 

ZEIT 2020/5: Sind Erben unpolitisch? Die Frage ist sowohl von Ihnen als auch in der Studie falsch gestellt. Wieso sollte sich ein zukünftiger Erbe mit guter Ausbildung und glänzenden Zukunftsaussichten eine Politikerlaufbahn antun, für die er durch Schmähungen, Bedrohungen und Funktionärsgremien waten muss? Politik ist ein Aufsteigerberuf geworden, mit dem sich Ehrgeizige aus unteren Schichten (oft mit abgebrochener Ausbildung) in die Oberschicht oder zumindest an die Futtertröge vorkämpfen wollen, wie uns viele Altpolitiker von Joschka Fischer über Wissmann und Schröder bis zuletzt Gabriel gezeigt haben. Dabei möchte ich Vollblutpolitiker wie Merkel, Schäuble und viele andere ausdrücklich ausnehmen. Aber der Wähler weiß zu Beginn einer Politikerkarriere eben nicht, wes Geistes Kind er an die Macht wählt. – N. Bolz

 


 

 

Leserbrief zu „Hier spricht der Oberlehrer“ von Martin Spiewak

 

Ich wundere mich immer wieder darüber, dass sich die Journalisten nicht ein Mal die Struktur des DL genauer ansehen und sich durch den Namen ‚Deutscher Lehrerverband‘ blenden lassen. Wenn sie sich das Gebilde DL genauer ansehen würden, würden sie schnell erkennen: Der DL ist nichts anderes als eine „One-Man-Show“, dessen sogenannter Präsident (welch ein Titel!) mit populistischen und erzkonservativen Parolen und frech gesetzten, aber nicht faktenbasierten Behauptungen die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Hier schätzt er die Kosten für irgendetwas, dort will er den Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund auf einen Wert beschränken, der weit unter dem Durchschnittwert der tatsächlichen Demographie liegt. Der DL agiert zudem außerhalb der Dachorganisationen DGB und DBB, in denen die großen Interessenvertretungen GEW und VBE vertreten sind und die im Gegensatz zum DL demokratische Strukturen bis in die Untergliederungen hinein haben und zum Beispiel im Gegensatz zum DL die Interessen ihrer Mitglieder bei Tarifverhandlungen und Besoldungsverhandlungen gegenüber den Arbeitgebern vertreten können.

Um was geht es also dem DL? Er ist das Sprachrohr der ewig Gestrigen, die noch immer daran glauben, dass man Kinder am Ende der Grundschulzeit auf die drei Schulformen Haupt-, Realschule und Gymnasium verteilen sollte. Verantwortliche Schul- und Bildungspolitik zu gestalten, mit den Kindern und Jugendlichen unserer gesamten Gesellschaft im Fokus und dem Ziel höchstmögliche Bildungsgerechtigkeit zu schaffen, sieht anders aus. Es ist wie in jedem Klassenraum, in jeder Diskussionsrunde oder in der Politik: Nicht der, der am lautesten schreit, hat Recht. Herr Meidinger mag immer für die Medien zur Verfügung stehen, Konzepte für eine Schule der Zukunft, die wissenschafts- und faktenbasiert sind, sucht man beim DL vergeblich. – Mathias Heil

 


 

 

Leserbrief zu „Der Bauch der Zukunft“ von Nina Pauer

 

Mir hatte ein Freund aus Spaß empfohlen ein Textilgeschäft mit Umstandsmoden zu eröffnen, dann wäre sichergestellt, daß du pleite gehst. Früher, als es noch anständig zu ging, legten die werdenden Mütter noch Wert darauf, den Bauch unter einem weiten Gewand zu verdecken. Das waren noch schöne Zeiten. Heute wird mehr auf ein ordinäres Verhalten Wert gelegt. – Gunter Knauer

 


 

 

Leserbrief zu „Hat die CDU eine besondere Nähe zu Nackensteaks?“ von Jens Jessen

 

Ihr Autor scheint auch ein Mann zu sein, der nur durch zwei linke Brillen sieht – nah und weit. Alles andere stinkt nach verfaulten Fleisch. Auch vor Beleidigungen schreckt er nicht zurück. Wie sagt man zu solchen Menschen – ich weiß es nicht. Vielleicht findet ja ein anderer Leser die passende Antwort. – Gunter Knauer

 


 

 

Leserbrief zu „In einer Welt voller »Frenemies«“ von Jörg Lau und Michael Thumann

 

Wenn schon vielleicht bei der Aktion „Libyen-Konferenz“ am Ende doch nichts Gutes herauskommen sollte, hat zumindest die Analyse der kritischen Situation in und um Libyen die Autoren J. Lau und M. Thumann zur Schöpfung des neuen Anglizismus „Frenemies“ – richtiger wäre wohl „Frienemies“? – inspiriert. Sie offenbaren erschreckenderweise auch, daß es im 21. Jahrhundert im Verhältnis der Völker zueinander noch immer wie im Mittelalter zugeht. Auch wird alles, was geschieht, als allein von den jeweils an der Staatsspitze stehenden Personen bestimmt und entschieden dargestellt. Diese sind somit nichts Anderes als die Monarchen alter Zeiten. So ist für die Deutschen maßgebend, was die Monarchin Merkel denkt und entscheidet. Es ist mehr als beängstigend, daß all dies bis jetzt von den letztlich Betroffenen, den Völkern, widerspruchslos hingenommen wird. Wie lange noch? Mit der Bewegung „FFF!“ ist in Richtung Zukunft ein bescheidener Anfang gemacht. Genauso oder noch wichtiger für die Zukunft wäre allerdings eine Bewegung für Frieden in der Welt. Aber Frieden ist nicht allein mit der Verhinderung von Waffenexporten zu erreichen, sondern nur durch Schluß mit jeglicher Waffenproduktion, konventioneller und atomarer Art, koste es Arbeitsplätze und Profite so viel es wolle. – Hans Anhoeck

 


 

 

Leserbrief zu „Er greift wieder an“ von Ulrich Ladurner

 

Drama in drei Akten. „Die Emilia-Romagna, eine Hochburg der italienischen Linken.“ Das Bild, das von der Region im Norden Italiens in diesem Artikel gezeichnet wird, wirkt auf mich als verdächtig klar. Rot, sozial, gut. Es stimmt, dass die Emilia-Romagna eine Vormachtstellung genießt und als Bayern von Italien, nur eben in rot und nicht in schwarz, bezeichnet werden kann. Doch ist die Region, wie alle Regionen eines Landes, nicht so linear, wie sie gerne dargestellt werden. In der Emilia-Romagna wird in den letzten Jahren eine immer weiter wachsende Beeinflussung der Gesellschaft durch die kalabrische ´ndrangheta spürbar, wie Nando della Chiesa in seinem neusten Buch aufzeigt. Das „Vorzeigebundesland“ Italiens ist in Wahrheit gar nicht mehr so vorzeigbar wie gehofft, es ist – keine wirkliche Überraschung eigentlich – nicht nur gut.

Und dass der böse kleine Bruder Kalabrien, der dem großen Bruder Emilia-Romagna seinen mafiösen Stempel aufdrückt, auch am Sonntag gewählt hat, wird nur in einem Halbsatz erwähnt. Diese Region würde auch so gar nicht in das beliebteste aller journalistischen Schemen passen: In das Schema, runde Geschichten erzählen zu wollen. Es ist immer schön, wenn eine Geschichte, eine Story, in das traditionelle Dramendreieck passt. Und das, was nicht passt, eben passend gemacht wird. Aufhänger wird ein Aufreger zur rechten Zeit, worauf die Vorstellung der Problematik folgt und zum Höhepunkt, der Wahl, erscheint der besorgniserregende Artikel in der Printausgabe. Es scheint, als stehe die komplette Kehrtwende bevor. Dramaturgisch perfekt.
Diese Inszenierung und das Abpassen der Artikel unterliegen dem Wunsch einer jeden Journalist_in, die „Katastrophe“ vorhergesehen zu haben. Deshalb sind Zeitungen voll von Berichten, die drohende Komplett-Kehrtwenden behandeln. Brexit, Trump-Impeachment, Gelbwestenproteste, Salvini. Doch was passiert „danach“? Wenn die Wahl vorbei ist, die Briten wirklich raus? Was ist, wenn, wie jetzt in Italien, die Kehrtwende ausbleibt und Salvini (glücklicherweise) nicht mit seiner Lega Nord im linken Emilia gewinnt, quando l´Emilia davvero non si LEGA? Die Leser_innen werden in Atem gehalten, man fiebert dem Wahlsonntag entgegen. Dann die Erkenntnis. Uff, es kam nicht so weit. Ein Glück. Ja, was dann?

Der Journalismus produziert nur halbe Dramen. Die erste Hälfte der Geschichte hat geklappt, der Höhepunkt ist erreicht – doch anstatt zu explodieren und eine Tragödie à la Shakespeare zu spinnen, muss die Geschichte aufhören. Der reaktionäre Moment ist verpulvert, die angedeutete Prophezeiung wurde nicht Wahrheit. Ein Drama in drei Akten, ein Drama der Immer-schneller-Gesellschaft. Und eine Leserschaft, die inmitten von halbfertigen Geschichten umherdümpelt. Es fehlt das Ende, da nur die Anfänge von so vielen Blättern gewebt werden. Doch der Strang bindet sich nie zu einem einheitlichen Stück. Interesse weg, Stoff weg, Geschichte weg, Loch, in das einige interessierte Leser_innen nach dieser Wahl erneut fallen. – Felicia Bayer

 


 

 

Leserbrief zu „Aus Schwarz mach Grün“ von Heike Buchter

 

Der Donnerstag könnte für einen Zeit-Abonnenten eigentlich ein Tag der Freude sein, wenn dem Leser nicht schon auf der ersten Seite Wörter wie“ grüne Front oder Schützenhilfe“, die ich eigentlich nur aus der Kriegsführung kenne, die Freude am Lesen eintrübten. Dazu kommt, dass seit Monaten stereotyp mit der Klimathematik die finale Apokalypse prophezeit wird. Mir scheint, dass die Zeit-Redaktion sich zur Postille der FFF-Bewegung generiert. So reihen sich auch in der Ausgabe 5/20 mehrere Artikel zum bevorstehenden „Weltuntergang“. Dann kommt unter der Rubrik „Wirtschaft“, auf Seite 24, ein gestelltes Foto mit einem Vorschulkind, und natürlich hat dieses Kind ein Plakat zum Klima umgehängt bekommen. So ein inszeniertes Foto hätte ich nie in der Zeit verortet, sondern in der Boulevardpresse. Es ist mir völlig unverständlich, wie die Zeit-Redaktion das Recht der Kinder auf Selbstbestimmung dabei missachtet.

Der Artikel bringt etwas Licht in das Unternehmen „BlackRock“. Ich habe das „Wohlwollen“ der Wirtschaft für die FFF-Bewegung schon immer sehr skeptisch gesehen. Wie im Artikel auch treffend beschrieben, kann durch Aufspaltung der Unternehmen ein „Grünes“ Unternehmen entstehen. Ich stimme Fiona Scott Morton völlig zu, in dem sie hier „ein Problem für die Demokratie“ sieht, und dass der „BlackRock“ Chefinvestor, Herr Fink, „keine demokratische Legitimation“ besitzt. Genau da setzt auch mein Unverständnis für die radikalenKlima-Aktivisten an. Auch sie bedauern ständig, dass das Wesen der Demokratie –mit Diskussion, Kompromiss, Konsens-, der größte Antagonist in der radikalen Durchsetzung ihrer Forderungen sei.

Genau diese Ansichten vertreten auch die mächtigen Fondmanager und alle, die den Auftrag haben, die riesigen Vermögen ihrer Kunden mit Renditen von mehr als 20 Prozent auf den Markt zu platzieren. Dies immer zu Lasten der nicht Wohlhabenden. Deshalb habe ich überhaupt kein Verständnis für eine CO2 Steuer wie sie jetzt aufgebaut ist. Der Mieter, der in einem nicht energetisch sanierten Haus oder Wohnung wohnt wird, wird mit CO2 Steuer als „Strafe“ belegt. Er/sie finanzieren damit den Eigentümer die Haussanierung und das E-Auto. Im GG steht der Satz „Eigentum verpflichtet“! Der Gesetzgeber muss hier unbedingt eine Korrektur der CO2 Besteuerung durchführen, mit der Maßnahme, dass die Mieten maximal nur um den Betrag steigen dürfen, den die Mieter tatsächlich dann an Heizkosten sparen. Die ab 2021 erhobene CO2 Steuer wird alle Lebensbereiche verteuern.

Auch hier trifft es die nicht privilegierten Menschen überproportional. Meine Bitte an die Zeit-Redaktion ist, dass sie sich dieser gewaltigen Schieflage in der Republik verstärkt annehmen und zum Leitthema machen müssen. Wir können es nicht zulassen, dass die Vermögenden unter dem Deckmantel der Klimathematik, sich enorme Vorteile schaffen und die soziale Demokratie so endlich liquidieren. – Hubert Klemenjak

 


 

 

Leserbrief zu „GESTRANDET IN Bernburg“ von Christoph Farkas

 

Herr Farkas führt uns auf einem lässig-ironischen Spaziergang durch seine Heimatstadt mit Bärchenfigur vor dem Bahnhof, grüner Schleuse, Bier unter Weinlaub, Barockvillen, empfiehlt eine Baisertorte in dieser – wie er selbst sagt – Flussbergschloss-Romantik zu speisen. Aber mit keinem Wort erwähnt er die Gedenkstätte in der T4-Tötungsanstalt Bernburg, wo 14.000 „Lebensunwerte“: Behinderte, Kranke und Häftlinge aus Konzentrationslagern zwischen 1940 und 1943 in der Gaskammer ermordet wurden. Bernburg liegt nicht weit von Halle entfernt, wo vor wenigen Wochen in der dortigen Synagoge ein Massaker nur im letzten Moment scheiterte. Wie konnte dieser Ausflugsvorschlag an der Redaktionskonferenz vorbei in genau der Ausgabe der ZEIT erscheinen, die an die Schrecken von Auschwitz erinnern will. Nur ein „Vogelschiss der Geschichte“? – Marianne Völker

 


 

 

Leserbrief zu „»Wir lieben Schlager!«“ Gespräch mit den Pet Shop Boys geführt von Christoph Dallach

 

Die „Jungs aus der Zoohandling“ haben schon mehr, als genug „Platten“ verkauft, jetzt wollen sie sich wieder voll ins Geschehen drängen. Die Pet Shop Boys haben auch den Überhit-Titel: „Always on my mind“ aufgenommen. Mit dieser Coverversion von John L. Christopher jr., Mark James und Wayne Carson hatte 1972 Brenda Lee einen „Mini-Hit“; der King Elvis Presley war damit um einiges erfolgreicher. Willie Nelson konnte im Jahr 1982 damit einen Superhit, mit zwei Millionen verkauften Singles, landen. Die Pet Shop Boys brachten ihre Verson von „Always on my mind“ im Jahr 1987 auf den Markt, und waren auch mega erfolgreich damit. „Always on my mind“ wurde weit über 120 Mal gecovert, unter anderem auch von Andre Heller (1983) in der „wienerischen“ Version. „Vielleicht habe ich dich nicht so gut behandelt, wie ich es hätte tun sollen. Vielleicht habe ich dich nicht so oft geliebt, wie ich es hätte tun können. Kleine Dinge, die ich sagen oder tun hätte sollen, ich habe mir nie die Zeit dafür genommen. Du warst immer in meinen Gedanken.“ („Always on my mind“ in der deutschen Übersetzung) – Klaus P. Jaworek

 


 

 

Leserbrief zu „Schlauschaukeln“ von Marie-Charlotte Maas in ZEIT leo, die Seite für Kinder

 

Gerade habe ich einen interessanten Artikel in det Zeit (Ausgabe 5 vom 23.1.) gelesen. Der Artikel hat den Titel Schlauschaukeln. Darin wird von einigen Studien geschrieben, die belegen, dass der Ort an dem man lernt Einfluss auf das Lernen hat. Da ich mich im Rahmen meines Studiums gerade mit genau dieser Thematik beschäftige, würde es mich sehr interessieren, auf welche Studien Sie sich dabei beziehen. – Carolin Kümmel

 


 

 

Leserbrief zu „60 Zeilen … LIEBE“ von Peter Dausend

 

Juristen sind Klugscheißer. Das mag so noch angehen. Erschreckend geschichtsvergessen ist allerdings, dass auch DIE ZEIT, wie inzwischen in Politik und Medien üblich, despektierlich von „biodeutschen…“ spricht. Zuletzt sind Deutsche in der Zeit zwischen 1933 und 1945 von den Nazis auf ihre Biologie reduziert worden. Schon vergessen!? – Klaus-Dieter Pöhl

 


 

 

Leserbriefe zu „Ihr Weg“ von Nicola Meier im ZEIT Magazin

 

Auschwitz ist zum Synonym für Unmenschlichkeit, Gottesferne und Massenmord geworden. Auschwitz darf nicht siegen; stärker muß unser Engagement werden, um nach Auschwitz eine Zivilisation zu schaffen, deren Mitte die jüdisch-christliche Offenbarung vom Menschen als Ebenbild Gottes bildet.“ So schreibt es Dr. Manfred Deselaers, Priester des Bistums Aachen, seit 1990 Seelsorger am „Zentrum für Dialog und Gebet in Auschwitz“, in seinem wegweisenden Buch über den Lagerkommandanten Rudolf Höß: „Und Sie hatten nie Gewissensbisse?“ Führen wir wirklich, wie es im Dialogzentrum Oswiecim Tag und Nacht geschieht, flächendeckend Zeitzeugengespräche, in allen Schulen lehrplanverankert Dialoge über die Entstehung des Bösen, religionsübergreifend Debatten über die Frage, wo Gott im unsäglichen Leid war und ist (wie der jüngst verstorbene Theologe Johann Baptist Metz)? Kazimierz Korzeniewski, so erfuhren wir während unserer Schulfahrt am 27. Januar 2005 in Oswiecim, pflanzte im Garten des Lagerkommandanten Höß Erdbeeren auf mit Menschenasche gedüngter Erde.

Über den Kapellmeister Adam Kopycinski lernten wir, dass die Konzerte vor der Villa Höß ein makabres Erlebnis gewesen seien, weil in nur 100 Metern Entfernung der Kamin des Krematoriums den süßlichen Gestank verbrannter Leichen ausgestoßen habe. Wir nahmen uns für unsere eigenen Lebenswege vor, so zu denken, reden und handeln, als ob das Grauen von Auschwitz nur 100 Meter entfernt von uns geschehen wäre – also in Sicht-, Spür-, Riech- und Hörweite, genau wie auf unvorstellbare Weise für Familie Höß mit ihren Kindern. Und wir thematisieren das Böse, auch und gerade wenn es sich erst im Kleinen zeigt, damit ein Anschlag im Großen wie in Halle vermieden werden kann: Jedes Mobbing auf Schulhöfen, jeder kleine Witz gegen Juden am Stammtisch, jede Hassmail im Internet gehört mit Zivilcourage zurückgewiesen, weil wir alle nur 100 Meter entfernt von den Verbrennungshöfen leben; Menschenverächter mögen die Frage beantworten, die an Rudolf Höß erging: „Haben Sie denn keine Gewissensbisse?“ Höß schrieb vor seiner Hinrichtung am 16. April 1947 in Auschwitz: „Ja, meine Familie hatte es in Auschwitz gut. Jeder Wunsch, den meine Frau, den meine Kinder hatten, wurde erfüllt. Die Kinder konnten frei und ungezwungen leben. Meine Frau hatte ihr Blumenparadies.“ Auch heute leben bei uns Menschen wie im Paradies, während 100 Meter entfernt die Menschenwürde auch unserer jüdischen Geschwister mit Füßen getreten wird – ohne Gewissensbisse.

„Z zwölfmal.“ Zum 75. Jahrestag. Zwanzigzwanzig am 27. Januar. Ziemlich kalt und verschneit. Zentrum dialogu, unser Ziel der Klassenfahrt. Zugreise nach Polen. Zeugen des Grauens mit Jugendlichen aus Eutin im Dialog. Z, der letzte Buchstabe von Auschwitz; A, der erste Buchstabe im Schriftzug „Arbeit macht frei“. Z und A, Ende und Anfang. Alpha und Omega. Z in Auschwitz; das Gedenklicht unseres Bundespräsidenten steht auf dem letzten Buchstaben. Z in Auschwitz: Zeit zum Zu-sich-Kommen; Zorn, Zweifel, Zwietracht. Z in Auschwitz: Zeit zum Zwischenruf Zwanzigzwanzig. Z im Neonazismus – bitte nie wieder. Im Namen der o.a. Schülerinnen und Schüler der Wilhelm-Wisser-Schule Eutin. – Halkert Sach

 

Im Rahmen des diesjährigen Gedenkens an den Holocaust möchte ich einen nachhaltigen Denkanstoß an die Kultusministerien geben. Wie wäre es zum Beispiel , wenn das Buch „Ich blieb in Auschwitz“ von Eddy de Wind verpflichtend In den Lehrplan übernommen würde? – Detlef Oberschmidt

 

1944 war Ostrowice nicht in Polen sondern noch Wusterwitz Kreis Dramburg in Pommern. Soviel Korrektheit sollte sein. – Peter Schiller

 

Bei allem Respekt vor der Geschichte der Überlebenden von Auschwitz bleibt eine Frage bei dem ständigen Lamentieren darüber, wie so etwas in Zukunft zu verhindern ist: Kann mir jemand erklären, wie im Internet-Zeitalter Konzentrations-, geschweige denn Vernichtungslager, in einem Land – Deutschland oder anderswo – gebaut werden könnten, ohne dass deren Realisierung inkl. der Deportationszüge schon in der Planungsphase sofort weltweit bekannt werden würde? Ein Auschwitz-Gedenktag pro Jahr ist sicherlich wichtig, aber die Holocaust-Überlebenden mögen ihre Geschichte noch so oft in Schulen erzählen: Radikale, gewaltbereite Judenfeinde werden sich – leider – davon nicht beeindrucken lassen. Mehr noch: das ständige Wiederholen wird eher dazu führen, dass gemäßigte Kräfte auch außerhalb der Schulen das Gefühl haben – mich eingeschlossen -, im Büßerhemd herumlaufen und sich jeden Tag einer Selbstkasteiung unterziehen zu müssen. Das wird die politische Rechte eher stärken. Am Besten ist der Sache mit der Förderung deutsch-israelischer Jugendprojekte gedient. Ganz wichtig dabei ist die Einbeziehung von Menschen muslimischen Glaubens. – Jörg Weddigen

 

Wie gut, dass Soldaten der Rote Armee dieses Bild von überlebenden Kindern gemacht haben. Befreiung in Auschwitz. Festgehalten in einem Bild. Ich habe dieses Bild zuerst vor bald 50 Jahren in meinem Geschichtsbuch gesehen. Nun wird das Bild lebendig. Gesichter und Geschichten der gealterten Überlebenden im ZEITmagazin: Menschen, die aus jenem Bild herausgetreten sind und einen Weg gefunden haben. – So viele Menschen konnten ihren Bildern nicht entsteigen. So viele Geschichten, die in Auschwitz endeten. Millionenfacher Mord. Das dürfen wir nie vergessen. – Reinhard Koine

 

Würdig! Die Porträts dieser Menschen zeigen mit dem Bericht die Würde und Charakteren in einer direkten persönlichen Nähe. Danke! – Herbert Kern

 

Ich habe Ihren obigen Artikel gelesen. Sind weitere Beiträge geplant ? Es gibt nicht mehr viele überlebende „KZ-Kinder“. Nach und nach versterben alle. Unsere Kinder haben daher kaum Gelegenheit, das damals begangene Grauen jenseits der in den Schulen gelehrten ‚Fakten‘ aus der Sicht damaliger Kinder zu erfahren. Mein Vater, Arno Blei, ist eines dieser überlebenden Kinder. 1941, im Alter von acht Jahren, wurde mein Vater ins Lager Mogilev in Weissrussland gesperrt. Gemeinsam mit seiner Mutter, Rosa Blei, wurde er deportiert und dort ghettoisiert. Das Lager Mogilev war eine ‚SS Vorzeige Einrichtung‘, in der „experimentelle Hinrichtungen mit Autogasen erprobt“ wurde, um diese ‚Neuerung“ in anderen Vernichtungslagern „erfolgreich“ einsetzen zu können. Mein Vater wurde aus seiner Heimatstadt, Radautz in Rumänien. vertrieben, wo er mit seiner Familie lebte. Zuvor wurde er gequält. In der Schule, in er gegangen war, wurde er plötzlich als ‚Drecksjude‘, „jidan“, vor die Klasse gestellt.

Niemand sollte mehr mit ihm spielen. Auf der Flucht vor dem Lager starb sein jüngerer Bruder an den Folgen der Schwäche und der Masern. Mein damals siebenjähriger Vater fand seinen toten, kleinen Bruder neben sich im Bett liegend und sah mit an, wie die kleine Kinderleiche in ein Tuch gewickelt, abgeholt wurde. Die jüdischen Frauen und Kinder des Dorfes wurden auf dem Marktplatz zusammengetrieben, um erschossen zu werden. Meine Oma, Rosa Blei, trat mit ihren beiden kleinen Söhnen, sieben und vier, vor die Soldaten, mit der ‚Bitte‘, sie und Ihre beiden Kinder als erste zu erschiessen. Sie wurden nach Mogilev gebracht. Dort wurden sie Jahre lang gefangen gehalten und misshandelt. Hunger, Prügel und Angst, ermordet zu werden. Sie wären verhungert, hätte nicht ein Mitarbeiter des dortigen Aufsichtspersonals sie für eine Woche zu sich ‚zum arbeiten‘ mitgenommen. Meine Oma war Schneiderin. Dieser Mann hat meiner Oma und meinem Vater das Leben gerettet. Durch Essen. Er gab ihnen zehn Tage lang zu essen.

Danach wurden sie in das Hauptlager gebracht. Mein Vater überlebte, weil 120 Kinder vom Zentralkomitee der Juden in Bukarest ‚freigekauft wurden‘, um nach Bukarest in ein Waisenhaus zu kommen. Durch Bekanntschaften aus dem Lager gelang es seiner Mutter, ihren Sohn, obgleich kein Waise, in diesen Transport nach Bukarest und damit – ins Überleben – zu bringen. Sie selbst blieb bis 1944 im Lager. Nach der Befreiung durch die Rote Armee im Jahr 1944 konnte mein Vater, mittlerweile 12 Jahre, in seine Heimatstadt. Alleine. Um seine Mutter zu suchen, die er seid Jahren nicht gesehen hatte. Quer durch das Land Rumänien, traumatisiert, etwa 500 km, meistens zu Fuß. Um seine Mutter zu suchen, die er seid dem Verlassen von Mogilev nicht mehr gesehen hatte. Viele, sehr viele Details. Haben mich in seinen Erzählungen, die ich bereits als Kind gehört habe, zutiefst erschüttert. Diese kann ich nicht in dieser mail schreiben. Ich möchte erfahren, ob sie beabsichtigen, ein weiteres Schicksal zu veröffentlichen. In Schulen und Öffentlichkeit wird überwiegend ‚versachlicht‘ über dieses Thema geschrieben. Das gesamte Leben meines Vaters ist durch diese Kindheit im KZ zerstört worden, wie mein Vater sagt. Dies bezieht sich nicht etwa auf die ‚äusseren‘ Gegebenheiten: seine versäumten Schuljahre hat er nachgeholt.

Hat sein Studium als Ingenieur mit Bravour absolviert. In Rumänien als Ingenieur gearbeitet, bevor er mit meiner Mutter – er hat eine nicht-Jüdin, geheiratet – nach Deutschland ausgewandert ist. Hier hat er mehr als zwanzig Jahre bei Thyssen gearbeitet, bevor er sich in New York auf der 47. Strasse selbständig gemacht hat. Vielmehr sind die ‚Innerlichkeiten‘ gemeint. Mein Vater ist ein ewig Getriebener geblieben. Die Erlebnisse dieser Zeit haben aus Ihm einen Mann gemacht, der – bei den Fakten bleibend – an die dreissig mal umgezogen ist. Dessen Familie insoweit – an den Folgen teilhatte. Der heute, mit 87 – erst vor zwei Jahren – seinen letzen Umzug, zurück in sein Heimatland Rumänien, gemacht hat. Und jetzt, ‚als alter Kacker‘ – wie er selbst immer sagt, bereit ist, von diesen Erlebnissen zu berichten. In Rumänien wurde seine Geschichte von einer rumänischen Autorin aufgeschrieben und veröffentlicht. Er hält Vorträge vor der jüdischen Gemeinde, wurde vom Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Rumänien geehrt. Und bezeichnet diese ‚Auftritte‘ als ‚Zirkuspferd-Auftritte‘. Wichtig findet er, das die Menschen in Deutschland immer und immer wieder einzelne Schicksale erfahren.

Erfahren, das es teils Kinder waren, die deportiert wurden, weil Sie Juden, Zigeuner oder Behindert waren. Erfahren. Was aus diesen Kindern wurde, wie Sie – als nicht Erwachsene – damit leben konnten. Mit Dingen, die ‚einfach mit Ihnen gemacht wurden‘ – ohne das Sie es verstehen konnten, weil sie viel zu jung waren, nicht einmal das kranke Gedankengut kannten, das dazu führte, das Sie aus der Schule gerissen, das sie misshandelt und Sie und Ihre Familien in Lager gebracht und zu Tode gequält wurden. Damit der Nachwelt immer vor Augen bleibt. Meinem Vater ist es wichtig, das jedem, der seine Geschichte hören möchte, verdeutlicht wird,Das diese Erlebnisse – keineswegs ’nur Fakten‘ sind, sondern Ereignisse. Welche die KZ-Kinder, deren Kinder und Ehepartner – und vielleicht sogar die Kindeskinder prägen und betreffen. Ihr obiger Artikel hat mich dazu angeregt, mich an sie zu wenden. – Rodica Blei

 

Die Unerträglichkeit der Grausamkeiten und Gräuel nimmt den Atem, um den Schmerz hinauszuschreien, wenn die Bilder wieder aufleben. Fassungslosigkeit ob der innewohnenden Perversion. Das Monster in uns Menschen hat den latenten Antisemitismus zur Enthemmung geführt. Eine moralische Gegenwehr blieb aus. Diese Exzesse in die Geschichtsbücher verdammen zu wollen – eine Sinnlosigkeit : Unter dem Eindruck einer Weimarer Hintergrundstrahlung findet sich heute eine ungehemmte, schamlose Gewaltbereitschaft ein. Diese geistige Neomilitarisierung überrennt unser träges Staatssystem .Anstelle von Handschellen bei einer Morddrohung im Internet folgt ein Verweis auf die freie Meinungsäußerung .Ein Hitlergruß wird salonfähig, die Entsorgung einer kritischen Person in Anatolien oder der Aufruf zur Jagd auf die Bundeskanzlerin bleiben unbeantwortet. Die fehlende Bildung in Geschichte und Politik lassen den Level der Gewaltbereitschaft abschmieren, wenn das Grundwissen zur Überprüfung fehlt. Verdrehung und Lüge als Vorboten von Hetze laufen im Äther parallel mit seriösen Infos und Darstellungen. Der Tendenz der Welt, ins Extreme abzudriften, soll mit dieser Erinnerung begegnet werden.. Das Buch der Nazis darf niemals geschlossen werden. – Dr. Hauer

 


 

 

Leserbriefe zu „Über einen kürzlich verstorbenen Kolumnistenkollegen, den Gesellschafts- und Stilkritiker Hermann L. Gremliza“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

 

Es ist Ihnen offenbar entgangen, dass der große Gremliza mit der Bezeichnung „Pressköter“ sein stilistisches und moralisches Vorbild Karl Kraus zitierte, der die Journalisten seiner Zeit gern so bezeichnete (Fackel 103, 24; 174, 9; 175, 1; „Bullen“ sind Bulldoggen und „Hofhunde“ nicht auf einem Bauernhof) – bis er sich weit unter seinem Niveau in die mäßig intelligente, antisemitische und hundenärrische Freifrau Sidonie verliebte. Dann durfte er „Hund“ nicht mehr als Schimpfwort benutzen, fälschte Gottfried Kellers „Erst log allein der Hund“um in „Erst log allein er, und…“ (F 912, 72) und schickte Kötern zum Geburtstag Telegramme: „Innigsten Glueckwunsch“ an „Rover“ (Briefe an Sidonie 1061). Ich lese Ihre Kolumnen gern, auch wenn ich oft anderer Ansicht bin als Sie. – Dr. Martin Henkel

 

Manchmal ist es unsäglich was Sie sagen. Und doch lese ich es gerne. Jeder soll sagen können was er will – immer jedoch ohne die Faust zur ‚Belehrung‘ des Andersdenkenden. Das hatten wir schon. Ich erspare mir das sattsam bekannte Luxemburg Zitat; mir fällt ein, dass Kurt Tucholski einmal Ernst Röhm ( ja, den Ernst Röhm) in Schutz nahm, da seine Homosexualität in der Presse gegen ihn verwendet wurde ( ich hoffe, dass ich die Person nicht verwechsele) und sinngemäß sagte, dass der politische Gegner auf seinem Terrain politisch geschlagen werden darf ohne Rücksicht auf Verluste ( meine Worte), aber der private Bereich für jeden Tabu sein sollte. Das haben wir leider weit hinter uns gelassen. Die Würde des Andersdenkenden scheint nur noch in Märchen zu existieren. Es ist nicht so, dass ich mich mit rechtem oder linkem Pöbel gerne würdevoll auseinandersetzen könnte, aber ich versuche es zumindest, da ja jeder mal daneben liegen kann. Martenstein reimt sich für mich auf Urgestein, keinesfalls aber auf Babykotze. Weitermachen ! – Claus Kostka

 

Seit geraumer Zeit scheint Harald Martenstein seine wöchentliche Glosse im „ZEIT-Magazin“ nach der Devise zu schreiben, „Humor ist, wenn man trotzdem lacht…“. Satire darf alles, gottlob aber muss der Leser es auch nicht witzig finden, wenn ein wichtigtuerischer Schreiberling dem verstorbenen Kollegen Hermann L. Gramlitza, der sich nicht mehr wehren kann, einen bösartigen und beschämenden Nachruf hinterherschickt! „De mortuis nil nisi bene“, sagten schon die alten Römer, daran möchte man Herrn Martenstein erinnern und hoffen, dass er uns künftig ähnliche Peinlichkeiten erspart oder noch besser: Sich auf’s Altenteil zurückzieht! – Dr. Wolfgang E. Fischer

 


 

 

Leserbriefe zu „Prüfers Töchter“ von Tillmann Prüfer im ZEIT Magazin

 

Ich lese regelmäßig, mit sehr viel Spaß, die Seite Prüfers Töchter. Beim letzten Mal ist mir allerdings aufgefallen, dass Vater Prüfer am letzten Tag des Monats allein schon 2^30 = 1073741824 Dinge hätte entsorgen müssen. Vielleicht war statt des Monats eine Woche gemeint, dann kommt das eher hin. Ich freue mich auf weitere Töchter – Geschichten. – Wolfgang Spieth

 

Regelmäßig lese ich die Artikel über Ihre Töchter. Nun habe ich mal eine Frage, ziehen Sie diese Kinder allein groß, (da wären Sie zu bewundern weil nirgendwo die Mutter erwähnt wird, wenn falls vorhanden Sie doch auch einen Beitrag zur Erziehung leistet. z.B. Wecken, Brote schmieren etc. – Irmgard Scheerer-Taylor

 

Sorry, ich will es ganz ungeschminkt sagen: Im Lauf der Zeit sind manche Beiträge im ZEIT MAGAZIN für mich (als viele Jahre treue ZEIT-Abonnentin) kaum noch zu ertragen: Bitte wann endlich werden wir von den Tillmann-Prüfer-Töchter-Beiträgen im ZEIT-MAGAZIN erlöst? — Wer mag sein Dilemma mit 4 Töchtern auf Dauer immer noch interessant finden? – Ich überblättere diese Texte seit vielen Wochen; allein schon die langweiligen, kitschigen Porträts laden dazu ein. – Auch auf die meist uninteressanten Infos der DEUTSCHLANDKARTE würde ich liebend gern verzichten. — Ansonsten ist das Heft mitunter (sehr) lesenswert. MARTENSTEIN zum Beispiel und Reportagen/Interviews! – Anna E. Graf

 


 

 

Leserbriefe zu „Frag doch den Therapeuten: Kann sie sich schonend trennen?“ von Wolfgang Schmidbauer im ZEIT Magazin

 

Bei den Rubriken „wie es wirklich ist“ und „was mein Leben reicher macht“ werden die Leser aufgefordert, Beiträge einzureichen. Bei der Rubrik „frag doch den Therapeuten“ von Wolfgang Schmidbauer aber nicht. Woher kommen diese Beiträge? – Susanne Dietz

 

Seit Jahren verfolge ich das Zeit-Magazin und auch lese mit großem Interesse die sich leider nicht immer so einfach darstellenden Konstellationen in der Rubrik „die großen Fragen der Liebe“. Besonders Ihre Antworten und die hilfreichen Tipps, die Sie den Paaren geben, faszinieren und ermuntern mich, auch eine eigene Frage an Herrn Schmidbauer zu richten. Auf welchem Wege kann ich denn eine Frage an die Rubrik richten bzw eine zur VÖ- im Heft bestimmte passende Frage adressieren? – N. Hanitzsch

 


 

 

Leserbrief zu „Gesellschaftskritik ÜBER STRICKPULLOVER“ von Peter Dausend im ZEIT Magazin

 

Bitte richten Sie Peter Dausend aus,wie herrlich und amüsant ich seinen Artikel über die echten Kerle und das Zopfmuster fand. Vielen Dank dafür! – Brigitte Nölken

 


 

 

Leserbriefzum Wochenmarkt „Ein intensiver Salat“ von Elisabeth Raether im ZEIT Magazin

 

Ein Vorschlag: wem der Salat zu sehr bittert, kann all das – ohne den Essig – (an)dünsten… Buon appetito. – Hinnerk Brockmann

 


 

 

Leserbrief zu „Das war meine Rettung. »Durch die Reise nach Äthiopien habe ich verstanden, worum es im Leben wirklich geht«“ Gespräch mit Sara Nuru geführt von Anna Kemper im ZEIT Magazin

 

Das Interview mit dem ehemaligen Topmodel Sara Nuru, die äthiopische Wurzeln hat und Jetzt, heute, äthiopische Frauen mit Mikrokrediten unterstützt und Kaffee importiert nach den Prinzipien des „Social Business“, führte Frau Anna Kemper Warum nicht gleich, werden Sie, mit Recht, sagen. (Damit meine ich das Datum dieses Leserbriefes.) Sehr geehrte Frau Anna Kemper, auf diesen Artikel habe ich mich als erstes gestürzt, als die ZEIT letzten Freitag kam. Wenn das Schule macht… (Spalte 2, letzter Satz:) Sara Nuru, als ihr ihre 94 (statt der geforderten 90) cm Hüftumfang vom Agenten vorgehalten wurden: „Aber ich habe in dem Moment verstanden, daß nicht ich das Problem bin, sondern das System.“ Ja. Ja. So elegant, wie ich im Gymnasium bei der Nacherzählung von Gottfried Kellers Novelle „Kleider machen Leute“ den Schneiderlehrling Wenzel S. in der gräflichen Kutsche von der Welt des Seins in die Welt des Scheins rollen ließ, von Seldwyla nach Goldach, und so gedrückt, wie ich ihn aus der Welt des Scheins zurücktrotten ließ in s e i n e reale Welt, – das kriege ich heute nicht hin. Damals gab’s ‚ne Eins dafür. Aber, – d i e s e Geschichte ist ja a u c h gut ausgegangen. Ganz am Schluß. – Beate Schwärzler

 


 

 

Leserbrief zu „»Irgendwie geht es doch weiter«“ von Maren Häussermann in der Regionalausgabe ZEIT Österreich

 

Die Schrecken der nationalsozialistischen Konzentrationslager, die sie als Kind überlebte, verfolgten Ceija Stojka lebenslang. Und dennoch hat sie das Leben gemeistert. Wie kam es dazu? Schlüsselsätze dazu findet man im Artikel: „Stojka hatte beschlossen, nicht zu hassen, sonst hätte sie nicht weitermachen, nicht lieben und keine Kinder kriegen könnnen. Sie war sehr gläubig und meinte, dass Gott sich um die Verantwortlichen kümmern werde. Sie hingegen wollte jetzt ihr Leben leben, ausgehen und schön sein.“ Ihre furchtbaren Erfahrungen hatte die lebensfrohe Künstlerin auch in ihrer Kunst verarbeitet, wie sie zum Beispiel zur Zeit noch bis zum 23.03.2020 im Museum Reina Sofía in Madrid zu sehen ist.

In seinem Buch „Warum Gott? Vernünftiger Glaube oder Irrlicht der Menschheit“ zitiert der Theologe und Buchautor Tim Keller den Theologen Miroslav Volf: „Miroslav Volf, ein aus Kroatien stammender Theologe der Yale University, der die Gewalt auf dem Balkan miterlebt hat, sieht die Lehre vom Gericht Gottes [so]: ,Ein Gott, der nicht über Ungerechtigkeit und Betrug zornig wäre und nicht eines Tages der Gewalt ein Ende bereiten würde, wäre es nicht wert, angebetet zu werden … Meine These, dass praktizierte Gewaltlosigkeit den Glauben an die Vergeltung durch Gott voraussetzt, wird vielen … im Westen … nicht schmecken. [Aber] es braucht die Idylle eines Häuschens am Stadtrand, um auf die Idee zu kommen, dass menschliche Gewaltlosigkeit [aus dem Glauben entstehe], Gott würde auf sein Gerichtsurteil verzichten. In einem Land der verbrannten Erde, dessen Boden vom Blut der Unschuldigen getränkt ist, wird dieser Glaube komplett untergehen … zusammen mit einigen anderen lieb gewordenen Überzeugungen, in denen unser liberales Denken gefangen ist.‘ In diesem faszinierenden Abschnitt seines Buches argumentiert Volf, dass der Nichtglaubean einen Gott der Vergeltung ,der geheime Nährboden für Gewalt‘ ist.

Die Vorstellung, dass der Gewalttäter für seine Verbrechen zahlen muss, ist zutiefst im menschlichen Denken eingewurzelt. Man kann sie nicht mit Plattitüden wie ,Sie müssen doch sehen, dass Gewalt keine Probleme löst‘ zum Schweigen bringen.“ „Ist es möglich“, fragt Keller, „unseren Hunger nach Gerechtigkeit auf eine Art zu stillen, die nicht unseren Hunger nach blutiger Vergeltung nährt? Ja, sagt Volf, und zwar am besten dadurch, dass wir an Gottes Gerechtigkeit glauben. Wenn ich nicht glaube, dass es einen Gott gibt, der einmal vollkommen Recht schaffen wird, dann werde ich das Schwert nehmen – und lande im endlosen Strudel der Vergeltung. Die Kraft, das Schwert in der Scheide zu lassen, habe ich nur, wenn ich gewiss bin, dass Gott selber für vollkommene Gerechtigkeit sorgen wird.“ „Der polnische Dichter und Nobelpreissträger Czeslaw Milosz“, betont Keller, „hat einen bemerkenswerten Essay mit dem Titel ,Der dezente Zauber des Nihilismus‘ geschrieben, in welchem er daran erinnert, wie Marx die Religion ,Opium des Volkes‘ nannte, weil die Vertröstung auf das Jenseits die Armen und die Arbeiter dazu brachte, sich mit den ungerechten Verhältnissen in der Gesellschaft abzufinden. Milosz kommentiert:

,Heute erleben wir einen bemerkswerten Wandel: Ein echtes Opium für das Volk ist der Glaube, dass nach dem Tod nichts mehr kommt – der gigantische Trost, der darin besteht, sich einzureden, dass unsere Gier, Verrrat, Feigheit und Morde keinen Richter finden werden … [Aber] alle Religionen wissen, dass unsere Taten unvergänglich sind.‘ Viele Menschen glauben, dass der Glaube an einen richtenden Gott zu einer brutaleren Gesellschaft führt. Unter dem Nationalsozialismus wie dem Kommunismus hat Milosz persönlich erfahren, zu welcher Grausamkeit es führen kann, wenn man an keinen Gott mehr glaubt. In der Vorstellung, dass wir unseren Lebenswandel und unsere Moral frei wählen können, ohne einem ewigen Richter verantwortlich zu sein, liegt ein enormes Gewaltpotenzial. Volf und Milosz argumentieren, dass der Glaube an Gottes Gericht geradezu eine notwendige Vorbedingung für ein Leben der Liebe und des Friedens ist.“ – Gerhard Jahnke

 


 

 

Leserbriefe zu „Her mit dem Glitzer!“ von Nils Pickert in der Beilage DIE ZEIT Familie

 

Mit großem Vergnügen saß ich gerade mit Ihrem heutigen Artikel beim Frühstück. Schon bei dem ersten Satz musste ich schmunzeln und dachte : „Da geht es ja einer anderen Mutter wie mir!“ – Bis Ihr Sohn Sie mit „Papa“ ansprach. Ich musste über mich selbst lachen, weil ich automatisch dem Rollenklischee auf den Leim gegangen bin, dass Mütter morgens gewöhnlich für die Kleiderwahl ihrer Kinder zuständig seien. Als mein ältester Sohn vor neunzehn Jahren für das Turnen Schläppchen aussuchen durfte, wählte er die, die ich auch ausgesucht hätte: Die schwarzen, die übersät waren von tausend regenbogenfarben glitzernden Pailletten. Der Schuhverkäufer versuchte, uns die mit den Rennautos oder wenigstens die mit den Raketen anzupreisen, aber mein Sohn blieb standhaft: „Nein, ich will die mit dem Glitzer drauf.“. Mein zweiter, heute neunzehnjähriger Sohn stand mit vier Jahren stolz vor dem Spiegel: Er trug zum ersten Mal sein neues Kleid, das genau das gleiche Modell war, wie das seiner zwei Jahre jüngeren Schwester.

Alle drei Kinder hatten roten Nagellack aufgetragen und waren sehr zufrieden mit ihrer Schönheit. Als unser fünftes Kind im Kindergarten war – nach zwei Töchtern ein weiterer Junge- war seine Lieblingsfarbe rosa (zu meinem Leidwesen waren meine Töchter im Kindergarten mit dem Prinzessin-Lillifee-Virus infiziert worden, was uns viele rosa Kleidungsstücke beschert hatte) und er trug mit Begeisterung die unterschiedlichen Rosatöne bei Socken und T-Shirts bis zu dem Tag, an dem er das plötzlich nicht mehr wollte:“ Mama, die XXX hat gesagt, ich sähe aus wie ein Mädchen und nur Mädchen tragen Rosa!“. Meine Versuche, ihn zu überzeugen, dass es anatomische Kriterien zur Unterscheidung von Junge/Mädchen gäbe, prallten an der Überzeugungskraft der Kindergartenfreundin ab.

Ich hatte es schon befürchtet, dass dieser Tag kommen würde und gab ihm von da an wenigstens zuhause den Raum, sich auszuprobieren. Ich kannte das schon aus der Zeit, in der meine großen Jungs im Kindergartenalter waren. -Die Fragen der anderen Mütter. Am häufigsten kam: “Wie soll der denn ein richtiger Junge werden?“ und direkt im Anschluss: “Hast du keine Angst, dass er schwul wird?“ – Nein, liebe Geschlechtsgenossinnen, ich hatte keine Angst dass meine Söhne schwul werden würden. Zum einen hängt die Entwicklung der Geschlechteridentität nicht davon ab, was ein Mensch an Kleidung tragen darf und zum zweiten: Meine Kinder dürfen lieben, wen sie wollen. Das entscheide doch nicht ich! Heute habe ich sechs wundervolle, sehr individuelle Kinder zwischen sechs und zweiundzwanzig Jahren, die wissen, was sie wollen, weil sie zuhause darin unterstützt wurden und werden, herauszufinden, was Ihnen guttut und selbst unabhängig von ihrem Geschlecht entscheiden dürfen, wie sie aussehen wollen, womit sie spielen wollen, welche Freunde zu ihnen passen, welche Schulfächer sie lieben, welchen Beruf sie wählen möchten.

Und ich kann alle Eltern beruhigen, denen soviel Wahlmöglichkeit und Freiheit der Kinder vielleicht Angst macht: Schule, Hausaufgaben und Lernen ist kein Streitthema bei uns. – Die Kinder lernen engagiert und selbstständig, sind dabei erfolgreich, zwei engagieren sich sozial, alle Schulkinder können kochen, ernähren sich aus eigener Motivation ungewöhnlich gesund für ihr Alter, vier machen Sport und drei Musik. Bevor die lobende Aufzählung zu langweilig wird: Wir leben nicht im Paradies. Paw Patrol ist auch ein Thema bei uns („Nein, heute darfst du höchstens die Sendung mit der Maus schauen.“), die Handyzeiten ufern zeitweilig aus, mein Zwölfjähriger ist nicht ohne Grund noch ohne Smartphone. Nicht jeder meiner Söhne liest gleich gerne und ausführlich (meine Töchter unterscheiden sich dabei auch), aber das liegt nicht daran, dass sie Junge/Mädchen sind! Dass ich heute einen Artikel von einem Vater lesen darf, den diese Themen offenbar ähnlich beschäftigen wie mich, erfüllt mich mit Freude, und ich wünsche Ihnen, Herr Pickert, dass möglichst viele Eltern, Großeltern, Nachbarn von Familien durch Sie ins Nachdenken kommen und den Mut aufbringen Jungs (und Mädchen) zu bestärken , wenn sie mehr Glitzer (oder mehr Unbändigkeit) in ihrem Leben wünschen! – Andrea Thieme

 

Ihre Kinder müssen nicht alles selbst entscheiden. Sie dürfen da ruhig mal Vorgaben machen ohne den Stress ob es jetzt genderneutral ist oder nicht ! Wenn sie möchten ,dass ihr Junge Rosa trägt kaufen sie ihm einfach die Sachen aus der Mädchenabteilung…wo ist da das Porblem ?! Die Klischees belauern uns überall und ununterbrochen ?! Ich habe noch nie etwas von Verfolgungsängsten durch diese Klischees gehört…ist das wirklich so schlimm ? Es ist erstaunlich wie faktenresistent Genderideologen sein können…Brauchen sie wirklich die nötigen Links zu Biologen, Hirnforschern und Kinderpsychologen…usw. um zu verstehen, dass Jungs und Mädchen einfach unterschiedlich sind !?! Sie haben anders gelagerte Bedürfnisse und was ist eigentlich schlimm daran ? Nein, Jungs müssen nicht immer stark, sportlich und wild sein, aber sie wollen es in der Mehrzahl einfach sein…und wer will sie daran hindern ? „Die Verweiblichung der Jungen“ rührt übrigens von dem Fehlen der Väter her ! Ich meine damit Väter, die ihren Jungs Stärke, Sportlichkeit und Wildheit vorleben. Waren sie mit ihren Jungs schonmal im Winter im Wald am besten mit Übernachtung ?

Bringen sie Ihnen das Jagen bei und wie sie sich verteidigen können wenn sie angegriffen werden ? Meine Tochter liebt es auch zu raufen und ich raufe mit ihr…Aber im Winter im Wald übernachten…oje diese Kälte. Mein Sohn dagegen liebt solche Abenteuer…Was ist schlimm daran ? Kleiner Biologiefakt am Rande: Ja Mädchen und Frauen frieren leichter…können sie gerne nachprüfen ;) Die Wurzel des Problems sind die fehlenden Väter, die oft nicht als Männer initiiert sind, sondern oft noch an der geistigen Nabelschnur ihrer Mutter hängen und nie in der Welt der Männer angekommen sind.. Daher müssen sie alles Männliche kritisch beäugen und versuchen es wegzudefinieren… Mein Sohn hat auch lange Haare und es juckt mich nicht die Bohne wenn er mal wieder für ein Mädchen gehalten wird. Und nein, er muss die Welt nicht erobern, aber er will es… Um es mit einem Satz zu sagen von einer Jugendlichen aus einer freien aktiven Schule auf die Frage wie das Lernen dort so sei….Ach naja, da müssen wir immer machen was wir wollen ! Kinder brauchen Orientierung und sehnen sich danach ! Alles andere ist geistig-seelische Verwahrlosung und garantiert Kindern riesige Probleme auf ihrem Weg zu ihrem persönlichen Mann- oder Frausein. – Matthias Bolduan

 

Als ich die Überschrift der Beilage „Familie“ sah („Jungs! Was sie brauchen“), waren meine Erwartungen ja erst mal eher negativ. Ich habe unserem zwölfjährigen Sohn das Titelblatt gezeigt und gemeint: „Guck mal, die ZEIT erzählt mir jetzt, was ich seit zwölf Jahren falsch gemacht habe. Weil Jungs ja alle gleich sind und alle das gleiche brauchen.“ Zum Glück war das nur schlecht getitelt, der Inhalt war dann ja doch differenzierter, wie es der ZEIT würdig ist. Bedanken möchte ich mich für den Artikel von Nils Pickert. Kann ich alles nur unterschreiben. Als unser Sohn vier war, stand er auf Glitzer und auf Pink. Kaufhof, Aussuchen von Stoppersocken: Er möchte die pinken. Verkäuferin: Das ist für Mädchen.

Ich: Du darfst die gerne haben. Es kann sein, dass die anderen Kinder dann sagen, dass das Mädchensocken sind. Wenn dich das nicht stört, kannst du sie gerne nehmen. Kind: Ja, das will ich. Socken gekauft und so lange genutzt, bis sie zu klein geworden sind. Das gleiche Spiel dann 2014 mit dem Ranzen (mit Walen drauf – und Wale dürfen ja bitte nur Mädchen hübsch finden, weshalb zur Abschreckung von Jungen noch ein paar rosa Blümchen mit Glitzer in der Mitte zum Design gehörten). Vier Jahre lang hat er in der Grundschule dann mit Freude seinen Ranzen benutzt und den anderen Kindern widersprochen, wenn sie den „Mädchenranzen“ kommentierten (wobei sie sich natürlich auch bald dran gewöhnt hatten). Lieber Nils Pickert, nicht nachgeben! Wir bleiben am Ball! – Corinna Friesen

 

Vielen Dank für diesen erfrischenden Artikel! Endlich sagt das mal jemand, hat mich sehr gefreut! – Britta Dutke

 


 

 

Leserbrief zu „Der tägliche Wahnsinn“ von Christina Gransow in der Beilage DIE ZEIT Familie

 

Ich habe zwei Enkelkinder im Alter von 1 und 4 Jahren. Über „Der tägliche Wahnsinn“ von Christina Gransow habe ich sehr gelacht und die Zeichnungen und Texte haben mir außerordentlich gut gefallen! Ich habe den Tages- und Nachtablauf und den Haushalt meiner Tochter und des Schwiegersohnes (z. Zt. in Elternzeit) genau wiedererkannt, selbst Kleidung in „Elsa-blau“ ist außerordentlich wichtig für die Enkeltochter! Morgen fahre ich zum Helfen zur jungen Familie und nehme die Seite mit. Bitte leiten Sie diese Mail an Frau Gransow weiter! – Ruth Brolund