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4. Juni 2020 – Ausgabe 24

 

Leserbriefe zu „Nicht predigen sollt ihr, sondern forschen!“ von Thea Dorn

 

Frau Dorns Problemdramaturgie: Angstverdrängung – Wahrheitsverleugnung – Blindheit – Neid auf klare Geistfähigkeit – Einbildung – Selbstüberschätzung! – Katharina Klotsche

 

Fein, das Frau Thea Dorn jetzt öfters für ihr Blatt schreibt. Ihr Beitrag hat wieder gezeigt; sie denkt intelligenter. – Gunter Knauer

 

Ja, was denn sonst? Ich verfolge aufmerksam viele Veröffentlichungen zum Thema Corona – z.B. in der ZEIT, in der taz, in den öffentlich-rechtlichen Fernsehsendungen und in den Podcasts von Drosten und Kekulé, aber ich habe diese Fachleute noch nie predigen hören. Geradezu empört hat mich Frau Dorns Schlusssatz, in dem von „Selbstunterwerfung unter die rigiden Handlungsvorschriften einer klerikal auftretenden Naturwissenschaft“ die Rede ist. Das ist pure Polemik. Alle seriösen Wissenschaftler/innen, die ich gehört habe, machen immer wieder deutlich, dass sie noch nicht genug wissen über dieses neue Virus und dass sie täglich dazu lernen. Sie sind aber trotzdem gehalten, auf der Grundlage der aktuellen Erkenntnisse die Politik zu beraten, um Schlimmes zu verhindern. Soweit ich es verfolgt habe, wurde immer betont, dass sie ihre Stellungnahmen aus virologischer bzw. epidemiologischer Perspektive abgeben und dass die Entscheidung den Politiker/innen obliegt. Von rigiden Handlungsvorschriften kann also keine Rede sein, nur von (dringenden) Empfehlungen. Kann Frau Dorn beurteilen, was geschehen wäre, wenn nicht nach diesen Empfehlungen gehandelt worden wäre?

Dass sich die Empfehlungen im Verlauf der Krise änderten, zeigt mir, dass die Expert/innen gewissenhaft neue Erkenntnisse auswerten und berücksichtigen. Das macht sie in meinen Augen vertrauenswürdig. Als „dogmatisch“ habe ich niemanden wahrgenommen. Vielleicht habe ich die falschen Medien konsumiert. Das Zitat von Hans Joachim Schellnhuber habe ich übrigens anders verstanden: Ein Blick in eine Kristallkugel ist etwas Okkultes, das eben nichts aussagt über die Zukunft. Insofern ist die von Frau Dorn zitierte Stellungnahme der University of Minnesota völlig richtig. Wie Herr Schellnhuber den Begriff gemeint hat, kann ich aus dem kurzen Zitat nicht entnehmen. Dass aber der von ihm erwähnte „winzige Erreger …. die wissenschaftsfeindlichen Tölpel unter den Regierenden“ tatsächlich gnadenlos bestraft, sehen wir z.B. in den USA und in Brasilien. Nur leider trifft die Strafe hauptsächlich die Bevölkerung und nicht die Regierenden. – Waltraud Helmers

 

Frau Thea Dorn warnt vor den Warnern. Man könnte nun einen weiteren Warnruf veröffentlichen, der vor Frau Dorns „Warnruf“ warnt. Am Ende wird Warnen noch olympisch… Das 70 Jahre alte Zitat von Herrn Weizäcker kommt Frau Dorn äußerst gelegen, wurde aber durch den Gang der Dinge längst widerlegt. Wir erleben seit Jahrzehnten die Ohnmacht der Wissenschaft. Die Gesellschaft hat diesem schwachen Gott innerlich längst abgeschworen. Glaube ist immer Hoffnung auf die Zukunft. Auf eine bessere Zukunft. Und wer könnte eine bessere Zukunft liefern als der Götze des unendlichen Wachstums? Frau Dorn hat letztlich nur einen pseudo-raffinierten, hilflosen Weg aus dem Dilemma der Diskrepanz zwischen Hoffnung und Wirklichkeit gefunden. Er führt in´s Nichts. Eine Vollbremsung angesichts einer drohenden Kollision als „rigide Handlung“ zu bezeichnen, ist im besten Falle naiv. – Dr. Christiian Voll

 

Wir haben am Familientisch eine Weile überlegt, ob Thea Dorns Artikel „Nicht predigen sollt ihr, sondern forschen“ in DIE ZEIT Nummer 20 vom 4. Juni ernst gemeint ist, oder ob er eine humorvolle Satire sein soll. Wir vermuten, er ist ernst gemeint, daher sende ich Ihnen diese Rückmeldung: Eine der zentralen Botschaften des Essays ist: Wissenschaftler, bleibt bei Eurer Forschung, begebt Euch nicht in die Öffentlichkeit, denn das ist nicht Euer Terrain. Ich habe dagegen immer gedacht, Wissenschaftler sollten gerade nicht im Elfenbeinturm forschen, sondern sie sollten anerkennen, dass die Gesellschaft, die die Forschung bezahlt, ein Recht hat, zu erfahren, was die Ergebnisse sind. Und eine besonders große Verantwortung haben die Wissenschaftler gerade dann, wenn die Ergebnisse ihrer Forschung für die Zukunft der Menschheit wichtige Konsequenzen haben, wie eben beim Klimawandel oder wie in der Corona-Krise. So ist es zum Beispiel vielen deutschen Atomphysikern nach dem zweiten Weltkrieg immer wieder vorgeworfen worden, dass sie sich eben nicht wirklich erkennbar mit der Frage auseinandergesetzt haben, ob eine Atombombe in Hitlers Händen eine gute Idee sei, sondern nur, wie sie zu bauen sei.

Thea Dorns Warnruf besteht aus einem Sammelsurium hübscher Schlagworte, zutreffender Fakten und logisch unverbundenen scheinbaren Schlussfolgerungen. Zwei Beispiele: Erstens: es stimmt, die Menschheit hat noch nie die Kontrolle über das Klima gehabt, sie kann also streng genommen die Kontrolle darüber nicht verlieren. Das suggeriert, es sei unnötig, jetzt die Kontrolle darüber zu gewinnen, wenn wir sie noch nie hatten. Aber, wahr ist eben auch: die Menschheit hat noch nie so viel Einfluss auf das Klima gehabt wie jetzt und es war daher noch nie so nötig wie gerade jetzt, schnell darüber die Kontrolle zu gewinnen. Zweitens: es stimmt, wir (und die meisten Staaten) sind viel zu unvorbereitet in die Corona-Krise gegangen. Aber das lag nicht daran, dass die Wissenschaftler nicht gewarnt hätten. Im Gegenteil, die Risiken wurden bereits vor vielen Jahren erstaunlich klarsichtig und detailliert beschrieben und man wünschte sich, die ebenfalls detaillierten Ratschläge (zum Beispiel zur Vorhaltung von genügend Schutzausrüstung und Desinfektionsmitteln) und Warnungen seien befolgt worden. Irritierend ist Thea Dorns wiederkehrender Vergleich der Wissenschaftler mit klerikalen Würdenträgern. Da wird wohl ein Anti-Kirchen-Ressentiment verwendet, um Wissenschaftler zu disqualifizieren, wo es keine Argumente gibt. – Prof. (apl.) Dr. Barbara Vollmayr

 

Es ist verständlich, dass verunsicherte Leute (Klimawandel! Corona“!) nach Schuldigen für ihr Unbehagen suchen. Nach den Meteorologen sind jetzt die Virologen an der Reihe. Mit einer geschickten Alternanz von Hieben und Streicheleinheiten versucht Frau Dorn, „die klerikal auftretende Wissenschaft“ auf das Niveau von Religion zu „degradieren“. Aber auch wenn ein Rahmstorf unter Profiliersucht leidet, schließt das nicht aus, dass er Recht haben könnte. Es wäre viel konstruktiver gewesen, wenn Frau Dorn uns erklärt hätten, welche Klimaforscher, welche Virologen, wo sich geirrt haben und was sie anders vorgeschlagen hätte. Frau Dorn hat sicher Recht, wenn sie die Hauptregeln der Wissenschaft hervorhebt: Zweifel, Kritik und Selbstkorrektur. Aber will jemand wirklich auf Selbstkorrektur warten? Die Leute lechzen gerade nach wohltüende, sichere Aussagen und diese sollten, bitte schön, sofort kommen. Die Wissenschaftler hätten vielleicht sagen sollen: wir halten die Klappe, macht was ihr wollt. – dr. Salvatore Algieri

 

Ich bin ja durchaus einer Meinung mit Frau Dorn, dass wir alles andere benötigen, als eine „Technokratie mit einem Wissenschaftsklerus“. Allerdings bin ich doch etwas schockiert über die, meiner Meinung nach, irrigen Wahrnehmungen von Frau Dorn. Zwei Beispiele. Erstens unterstellt sie Herrn Prof. Schellnhuber, dass er sich zum Pandemie-Experten aufspielt. Meine Wahrnehmung: allein sein sarkastischer Ton im zitierten Interview legt nahe, dass er hier eine gesellschaftliche Zustandsbeschreibung vornimmt und keine persönliche Meinung widergibt. Zweitens wirft sie den Epidemiologen/Virologen vor, dass diese sich in den „unmittelbaren politischen Entscheidungspozess“ eingemischt hätten. Anders herum wird ein Schuh daraus. Die Politik hat die Wissenschaftlicher auf die Bühne vorgeschoben. Vielleicht einfach nur aus dem Grund, weil selbige von der Materie keine Ahnung haben. Und dieses Eingeständnis, dass Politiker nicht alles wissen können, ist in meinen Augen eine kommunikative Wohltat. – Michael Hauck

 

Mit Vergnügen und Dankbarkeit habe ich die klugen Ausführungen von Thea Dorn in »Nicht predigen sollt ihr, sondern forschen!« gelesen. Zurecht bürstet sie kräftig gegen den Strich, wo politische Entscheidungsträger in ihrer Krisen-Not sich hinter einer quasi-religiös auftretenden Wissenschaft verschanzen. Dass Frau Dorn dabei die tyrannische ‚Religion‘ der Mainstream-Ökonomie ausblendet, dafür aber eine da und dort ins Dogmatische abgleitende öffentliche Performance der exakten Naturwissenschaft (in Sachen Pandemie und Klima) aufs Korn nimmt, soll hier kein Vorwurf sein, bloß eine Anregung für künftige ‚Streit-Schriften‘. Am Ende entlässt einen Frau Dorn freilich ratlos mit ihrem kryptischen Hinweis auf das»Unterworfensein [des Menschen] unter die Macht der Natur«. Ist das noch angemessene Demut am Ende der Nahrungskette oder schon Hände-in-den Schoß-Fatalismus? Findet nicht die Unterwerfung, um die es JETZT geht, exakt andersherum statt? Am Ende geht es nicht um Wissenschaft oder Religion, sondern darum, ob unsere zukunftsvergessene Art zu leben vom ‚Ökosystem Erde‘ noch länger geduldet wird — und wie wir konkret und ganz persönlich im Alltag mit dieser simplen Wahrheit umgehen. – Dr. Friedrich Michael Steger

 

Gestaunt habe ich beim Streitthema „Nicht predigen sollt ihr,…..“ dass ausgerechnet eine Literaturwissenschaftlerin sich im aktuellen Diskurs aufschwingt, um Klimaforscher und Epidemiologen in ihre Grenzen zu verweisen. Den „Taschenspielertrick“, den Thea Dorn dem Klimaforscher Stefan Rahmstorf in die Schuhe schieben möchte, begeht sie selbst, indem sie ihm das Wort – und damit kennt sie sich bekanntermaßen aus – im Mund herumdreht.

Als ginge es bei der Klimakrise und deren Auswirkungen tatsächlich um „selbstanklägerische Furchtverschiebung“ vom unkontrollierbaren Öko- und Klimasystem auf die ebenso unkontrollierbare Konstante Mensch. Niemand konnte oder kann im Sinne eines „trostlos-mechanistische(n)“ Weltbildes die Folgen menschlichen Handelns auf der Erde verlässlich prognostizieren. Indem die Autorin diese Folgen jedoch relativiert, werden den Leugnern des Klimawandels wieder einmal Tür und Tor geöffnet. Derartige linguistische Winkelzüge – so scharfsinnig sie auf den ersten Blick auch wirken mögen -sind bei der Tragik der aktuellen Weltlage erschütternd selbstbezogen und wenig zielführend. – Gabriele Poloczek

 

Der Titel von Frau Dorns Warnruf hat mich zunächst erschreckt. Man muss ihm auf das Entschiedenste widersprechen: wie sollte man den Entscheidungsträgern (und auch dem Volk) sonst ein Minimum an Wissen vermitteln. Allerdings wird die Überschrift durch den weiteren Text des Artikels nicht belegt, sondern offenbart ein falsches Verständnis von Wissenschaft: nicht der Glaube an eine endgültige Wahrheit ist das Ziel wissenschaftlicher Tätigkeit. Vielmehr sucht Wissenschaft nach Prinzipien und Gesetzmäßigkeiten, die unsere Beobachtungen sinnvoll erklären. Die dominierenden Prinzipien und Gesetze können sich übrigens ändern, wenn sich die Bedingungen oder die Umwelt verändern. Der von Frau Dorn konstruierte Streit und die Meinungsvielfalt ist daher nicht Ausdruck einer Wissensanmaßung einzelner Wissenschaftler sondern der normale Diskurs, der durch das extreme Interesse der Öffentlichkeit hier unvermeidbar und verstörend auf ein unbedarftes Publikum trifft.

Wie in allen Berufen gibt es natürlich auch unter Wissenschaftler gute, schlechte, vorlaute, anmaßende und geniale Vertreter ihres Standes. Die meisten Wissenschaftler sind sich allerdings bewusst, dass Naturgesetze und wissenschaftliche Prinzipien relativ immun gegen persönliche Vorlieben und Ideologien sind. Am Ende wird sich immer das Modell durchsetzen, welches die Wirklichkeit am besten abbildet. Das Hauptproblem mancher Politiker mit der Wissenschaft beruht m.E. auf der Tatsache, dass sich ein Virus weder überzeugen, überstimmen, denunzieren oder verleugnen lässt. Einige autoritäre Regierungen mussten diese schmerzhafte Erfahrung bereits machen. – Dr. Wolfgang Schöppel

 

Im Grunde ist der Artikel nicht weniger als eine Anklage an die Wissenschaft. Die Autorin suggeriert dabei warnend, als habe die Wissenschaft es schon getan, dass sie sich nämlich als ein Instrument verkaufen wolle, mit dem der Mensch absolute Gewissheit und Kontrolle über sein Schicksal gewinnen könne. Diese Vermessenheit der Wissenschaft zu unterstellen, ist gelinde gesagt aberwitzig. Weiter geht es mit den Dominosteinen im Ökosystem. Hier hat die Autorin das exemplarische bezüglich des Klima- kipppunktes nicht verstanden. Die Erwärmung des Klimas ist ab dann durch sich selbst in Gang setzende Prozesse, wie Methanfreisetzung der auftauenden Taiga, nicht mehr beeinflussbar.

Und natürlich gibt es keine Kristallkugel. Das liegt schon allein daran, dass jede Regierung, jedes Bundesland, ja jede Region anders verfährt und die Menschen selbst ebenso. Aus dem Artikel spricht eine maßlose Enttäuschung, die aber falsch adressiert ist. Niemand ist schuld an der Pandemie. Auch hat nie jemand behauptet die absolute Kontrolle zu besitzen. Deutschland kam bei der Pandemie mit den Infektionsraten bisher gut weg. Merkels Schachzug öffentlichkeitswirk-sam den Empfehlungen der Virologen zu folgen, hat sich für sie doppelt ausgezahlt. Die Umfragen heben die Christlichen Parteien auf 39% und der Ärger über die ökonomischen und sozialen Einschränkungen landet bei der Wissenschaft. – Dr. Herbert Zimmer

 

Es war mir eine besondere Freude, Ihren Beitrag zu lesen. Dafür danke ich Ihnen und der Redaktion für den Mut, denselben zu veröffentlichen. Sie sprechen mir aus dem Herzen. In der ZEIT Nr. 21/2017 hatte sich Jochen Bittner mit den Ansprüchen der „Gutmenschen“ an die Gesellschaft und den Folgen für die Demokratie auseinander gesetzt. Das entsprach meinen persönlichen Erfahrungen als ehrenamtlicher Deutschlehrer für Migranten. „Die Offenheit der Gesellschaft muss da aufhören, wo sie diese grundsätzlich in Frage stellt“ (Karl Popper). Was den Anspruch der „Gutmenschen“ auf alleinige Deutungshoheit angeht, hat sich diese Entwicklung in der breiten Öffentlichkeit bis heute fortgesetzt. Unvernunft, Eitelkeit, unbedingtes Gewinnenwollen und die Unfähigkeit zur Selbstrefexion/Selbstkritik haben zugenommen.

Deshalb ist es m. E. wichtig, darauf klar und deutlich mit nachvollziehbaren Argumenten hinzuweisen. Das haben Sie mit Ihren klaren Worten getan. Fanatisch gewinnen zu wollen, hat nichts mit Wahrheitsfindung zu tun. Ebensowenig ist Meinungsrauferei kein Ausdruck einer aufgeklärten Kultur. Da wir uns von der selbstkritischen, aufgeklärten Gesellschaft schrittweise entfernen, bedarf es einer „3. Aufklärung“, wie sie Michael Hampe, ETH Zürich, mit seinem gleichnamigen Büchlein fordert. Meine Hoffnung, dass Journalisten diese Gedanken aufgreifen und eine öffentliche Debatte darüber starten, hält sich leider sehr in Grenzen. Statt dessen lassen sie sich bei Parteitagen zu Hunderten akkreditieren, um nach einer sensationellen Äußerung eines Delegierten zu haschen. – Reinhard Schmolling

 

Ihr Aufsatz „Nicht predigen sollt Ihr, sondern forschen!“ in der Rubrik „Streit“ der ZEIT No. 24 vom 4. Juni 2020 hat uns irritiert. Leider handelt es sich bei Ihrem Werk um eine Themaverfehlung. Dafür gäbe es eigentlich eine Sechs, aber Ihr Text ist sehr gut aufgebaut, Ihre Sprache ist makellos und die Provokation sitzt perfekt. Daher können wir Ihnen eine Vier Minus geben. Um eine Zwei zu erhalten, müssten Sie lediglich den Titel ändern: „Ihr sollt forschen, aber bitte belästigt uns nicht mit den Ergebnissen!Für eine Eins fehlt Ihnen ein grundlegendes Verständnis der Naturwissenschaft. – Jörg Baumann & Sabine Breun

 

In Thea Dorns Ausführungen fehlt m. E. eine grundlegende Unterscheidung. Ja, zur Wissenschaft gehört die Kontroversität. Und ich bin überzeugt, dass viele Menschen, die keine akademische Ausbildung haben, zum ersten Mal in ihrem Leben mit dieser Kontroversität konfrontiert und vielfach überfordert waren. Das führt dann leider zur Verunsicherung: „Die einen sagen das, die anderen das Gegenteil, nichts Genaues weiß man nicht.“ Nicht zu verwechseln ist diese gebotene Kontroversität jedoch von der postmodernen Verwechslung von Faktum und Meinung. Das Virus ist eindeutig, eindeutiger, als es den postmodern gestimmten Zeitgenossen lieb ist. Ich hätte nie gedacht, dass das Virus des Relativismus’ und Postfaktischen einmal so um sich greifen würde! Und symptomatisch dafür ist auch, dass nicht wenige Zeitgenossen den Begriff der Verschwörungstheorie ablehnen, weil alle Theorien gleich gültig seien und es sich verbiete, eine Theorie derart negativ zu konnotieren und als unwahr zu klassifizieren. Und auch wenn es ihr nicht bewusst sein mag, atmet auch Thea Dorns Text den Geist des Poststrukturalismus, nach dem es so etwas wie die objektive Wahrheit (eines Satzes) nicht länger gibt.

Ich wurde dieser Tage auf eine Passage aus Camus‘„die Pest“ aufmerksam gemacht: „Wenn ein Krieg ausbricht, sagen die Leute: ,Er kann nicht lange dauern, es ist zu unsinnig.‘ Und ohne Zweifel ist ein Krieg wirklich zu unsinnig, aber das hindert ihn nicht daran, lange zu dauern. Dummheit ist immer beharrlich. Das merkte man, wenn man nicht immer mit sich selbst beschäftigt wäre. In dieser Beziehung waren unsere Mitbürger wie alle Leute, sie dachten an sich, oder anders ausgedrückt, sie waren Menschenfreunde: Sie glaubten nicht an Heimsuchungen. Weil die Plage das Maß des Menschlichen übersteigt, sagt man sich, sie sei unwirklich, ein böser Traum, der vergehen werde. Aber er vergeht nicht immer, und von bösem Traum zu bösem Traum vergehen die Menschen, und die Menschenfreunde zuerst, weil sie sich nicht vorgesehen haben. Unsere Mitbürger waren nicht schuldiger als andere, sie vergaßen nur die Bescheidenheit und dachten, dass ihnen noch alle Möglichkeiten offenblieben, was aber voraussetzt, dass Heimsuchungen unmöglich sind. Sie schlossen auch weiterhin Geschäfte ab, bereiteten Reisen vor und hatten eine Meinung. Wie hätten sie da an die Pest denken sollen, die der Zukunft, dem Reisen und dem Gedankenaustausch ein Ende macht? Sie glaubten sich frei, und keiner wird je frei sein, solange es Geißeln der Menschheit gibt.“

Camus‘ Analyse ist aktueller denn je: Die derzeitige Pandemie und das zur Unzweideutigkeit neigende Virus kränken unser Freiheitsgefühl, sie sind viel zu apodiktisch, viel zu sehr Setzung als unserem postmodernen Mindset lieb ist. Die politischen M a ß n a h m e n sind tatsächlich Resultat von Abwägungen – und Kompromisse auszuhandeln ist ja das Kerngeschäft von Politik –, das V i r u s selbst aber ist eindeutig, eindeutiger, wie gesagt, als es dem postmodern gestimmten Zeitgenossen lieb ist. All das bedarf in der Postcorona-Zeit dringend der Aufarbeitung; meine To-Do-Liste ist jedenfalls inzwischen ziemlich lang. Schon jetzt aber möchte ich Thea Dorns Analyse dezidiert widersprechen: Kontroversität ja, Verwechslung von Tatsachen mit Meinung nein! Bereits vor 70 Jahren formulierte Hannah Arendt so überaus treffend in Bezug auf die Deutschen: „Der wohl hervorstechendste und auch erschreckendste Aspekt der deutschen Realitätsflucht liegt jedoch in der Haltung, mit Tatsachen so umzugehen, als handele es sich um bloße Meinungen.“ Wie wahr ist dieser Satz erst Recht in Zeiten des sehr eindeutigen Coronavirus’! – Marcel Haldenwang

 

Nach der Lektüre des Essays habe ich mich gefragt, was genau Frau Dorn zum Schreiben dieses Essays bewegt hat!? Offensichtlich nimmt sie Anstoß daran, dass sehr viele Menschen in dieser Zeit großer Unsicherheit zu sehr auf die Worte von Wissenschaftlern vertrauen. Sie tun das ihrer Meinung nach zum großen (?) Teil in so unangemessener Weise, dass die Wissenschaft für sie zu einer Ersatzreligion geworden ist. Und sie wirft einigen Wissenschaftlern vor, sich als Hohepriester dieser Ersatzreligion aufzuspielen, die von ihrer Wissenschaftskanzel aus die Wahrheit predigen. Diese Kritik an der Wissenschaft, womit die Naturwissenschaften gemeint sind, ist nicht neu, was Frau Dorn ja auch verdeutlicht, wenn sie ein Zitat des Physikers, Philosophen und Pazifisten Carl Friedrich von Weizäcker aus dem Jahre 1959 bringt: Der Glaube an die Wissenschaft spielt die Rolle der herrschenden Religion unserer Zeit.“ Warumist dieser nicht neue und durchaus bedenkenswerte Gedanke Frau Dorn einen Essay wert. Sie scheint den Eindruck zu haben, dass wir in einer Zeit besonderer Wissenschaftshörigkeit leben. Warum meint sie das? Weil so viele Menschen allzu brav die Restriktionen hingenommen haben, die aufgrund der Ratschläge von Epidemiologen und Virologen verhängt wurden.

Ich glaube das aus folgendem Satz am Endes ihres Essays erschließen zu können: „Eine der tragischsten Taten, die eine Demokratie begehen kann, ist Selbstunterwerfung unter die rigiden Handlungsanweisungen einer klerikal auftretenden Naturwissenschaft aus Angst vor dem Unterworfensein unter die Macht der Natur.“ Sie spricht hier, so meine ich, nicht nur von etwas, was sie befürchtet, sondern was für sie schon eingetreten ist, und das halte ich für unangemessen und sehr überzogen. Alle, die ihre Aussage lesen und nunmehr der Meinung sind, dass der sogenannte „Lock down“ in Deutschland gar nicht nötig war oder zumindest der „schwedische Weg“ hätte beschritten werden müssen, werden ihr zustimmen. Ich habe keine klerikal auftretende Naturwissenschaft wahrgenommen. In Deutschland hat sich die Regierung ständig mit medizinischen Fachleuten beraten und offenbar vernünftige Maßnahmen ergriffen, damit nicht zu viele Menschen an dem Virus erkranken oder versterben. Die Zahl der täglichen Neuinfektionen ist nämlich so stark zurückgegangen, dass nun weitreichende Lockerungen möglich geworden sind. Dass nunmehr das sogenannte Präventionsparadox auftritt, ist ein bekanntes Phänomen, dem sie vielleicht auch anheimgefallen ist …

Wer spielt sich denn in ihren Augen so auf, als wäre er im Alleinbesitz der Wahrheit und predigt statt zu forschen? Herr Drosten? Ist er es, an dessen Lippen, wie sie sich ausdrückt, alle diejenigen hängen, die ihre Heilserwartungen in die Wissenschaft projizieren? Möglich, denn sie unterstellt ihm, dass er, nachdem er von der Bild-Zeitung rüde angegangen worden war, „dogmatischer geworden ist“und sich „zum öffentlichen Rechthabenmüssen“gezwungen sah. Das stimmt alles so nicht. Herr Drosten ist nicht aus Rechthaberei bei seiner Auffassung geblieben, dass Kinder genauso infektiös sein könnten wie Erwachsene sondern aus wissenschaftlichen Gründen. In seinem zuletzt herausgegebenen Preprint-Beitrag hat er kritische Einwände von Statistikern berücksichtigt und dafür von ihnen positive Rückmeldungen erhalten. Ich glaube, dass das Frau Dorn nicht besonders interessiert, weil sie wie bedauerlicherweise eine ganze Reihe von namhaften Persönlichkeiten (z. B. Juli Zeh oder Matthias Richling) mit den vorgenommenen Einschränkungen der Bürgerrechte nicht einverstanden ist.

Nach dem Artikel 2 des Grundgesetzes gibt es auch ein Recht auf Leben und körperliche Gesundheit. Das wurde von unserer Regierung als wichtiger angesehen als das Recht auf viele individuelle Freiheiten wie sie unsere freie Gesellschaft normalerweise garantiert. Die Wahrnehmung dieser gewohnten individuellen Freiheiten würde aber zur Ausbreitung des Virus führen und viele Menschen gefährden. Viele Menschen verwechseln allerdings persönliche Freiheit damit, ihre oft überzogenen Konsumbedürfnisse befriedigen zu können. Sie leiden momentan unter starken „Entzugserscheinungen“. Darum geht es Frau Dorn natürlich nicht. Sie setzt sich für die Rechte des Citoyen ein, die sie durch die Hohepriester der Naturwissenschaft bedroht sieht. Ihre Kritik halte ich für ziemlich anmaßend, weil sie von dem, über das sie urteilt, nämlich dem naturwissenschaftlichen Denken, wenig zu verstehen scheint. Besonders schlecht schneiden in ihrem Essay einige Klimaforscher wie Hans Joachim Schellnhuber und Stefan Rahmstorf ab.

Sie bringt von dem letzteren ein Zitat, dass sie glaubt ad absurdum führen zu können: „Den Kollaps dieses Ökosystems (Es geht um Korallenbänke) einfach zuzulassen, wäre nicht nur völlig inakzeptabel. Es wäre der Beginn eines Kontrollverlustes, das Fallen eines ersten Dominosteinchens in einem eng verflochtenen lebenden Erdsystem, in dem alles miteinander verbunden und voneinander abhängig ist.“ Thea Dorn geht davon aus, dass das Leben auf unserem Planeten teils gesetzmäßig und teils chaotisch abläuft, während der Naturwissenschaftler glaubt angesichts seiner Erkenntnisse, die tieferen Zusammenhänge zu durchschauen und dadurch Kontrolle über bestimmte Lebensvorgänge ausüben zu können, was sie für falsch und absurd hält denn „wie soll ich etwas (die Kontrolle über das Erdsystem) verlieren, wenn ich es noch nie besessen habe?“Wahrscheinlich hält sie das Denken vieler Naturwissenschaftler für blasphemisch, weil sie auch den Bereich erforschen wollen, der ihrer Meinung prinzipiell nicht der Wissenschaft zugänglich ist sondern, wenn überhaupt, nur Gottgläubigen. Der Fortschritt der Wissenschaften, ohne den es unsere moderne Welt nun einmal nicht gäbe, beruht/e darauf, dass ungeheuer viele Phänomene, die der Mensch als bedrohlich, unerklärlich, chaotisch empfunden hat, auf Gesetzmäßigkeiten zurückgeführt werden konnten und dann keiner erst magisch-mythischen und später religiösen Erklärung mehr bedurften/bedürfen.

Das hatte/hat zur Folge, dass Wissenschaftler auf Phänomene Einfluss nehmen können bzw., wie im Falle der Korallenbänke, erkennen können, dass ein Ökosystem zusammenzubrechen droht, wenn der Mensch nicht bestimmte, klar zu benennende Tätigkeiten unterlässt. So hat die Zerstörung des Grand Barrier Riffs vor Australiens Nordküste nachweislich mit dem exzessiven Kohleabbau in dieser Region zu tun. Es tut sich kein „trostlos-mechanistisches Bild eines Domino-Parcours“auf, wenn Herr Rahmstorf davon spricht, dass durch bestimmte zerstörerische Faktoren andere zerstörerische Faktoren ausgelöst werden. Er kann da auf einen augenblicklichen hohen Forschungsstand hinweisen, ohne damit zu meinen, dass die Zerstörung des Korallenriffes damit in allen Einzelheiten erklärt wäre. Ebenso verhält es sich mit der herrschenden Pandemie. Das anfänglich in seinem Verhalten nicht einzuordnende Virus wird immer besser erforscht und kontrollierbarer, so dass Verhaltensregeln aufgestellt werden konnten und gewisse Voraussagen gemacht werden können, wie der weitere Verlauf der Pandemie sein wird, wenn die und die Maßnahmen ergriffen werden. Ein gutes Beispiel hierfür ist Großbritannien, dass erst nach dem Einführen des Lock downs, der sich schon in China und Südkorea bewährt hatte, die Zahl der Neuinfektionen und Todesfälle senken konnte.

Ja, Frau Dorn, der Virus bestraft in der Tat „die wissenschaftsfeindlichen Tölpel unter den Regierenden und bestätigt die Rationalen unter ihnen“. Auch wenn der virale Gegner noch immer viele unbekannte Seiten hat, konnte ihm mit Hilfe der Naturwissenschaften erfolgreich begegnet werden. Es besteht kein Grund sie so anzuzweifeln, weil es noch so viele Unbekannte in der Gleichung gibt, was doch jeder seriöse Wissenschaftler weiß. Es gibt tatsächlich auch Naturwissenschaftler, die sich als Hohepriester aufspielen, z. B. den Herrn Tegnell in Schweden. Den hat Frau Dorn wohlweislich nicht erwähnt, um sich nicht selbst zu widersprechen, denn er vertritt eine ihr sympathische Haltung. In Schweden wurde kein Lock down verordnet, sondern auf die Vernunft des mündigen Bürgers vertraut. Leider scheint das schwedische Modell zu scheitern. Die älteren Bürger wurden nicht ausreichend geschützt, was ein Armutszeugnis für einen Wohlfahrtsstaat wie Schweden ist und die Zahl der Infizierten nimmt in bedrohlichem Maße zu, was zur Folge hat, dass auch mehr Menschen, die Vorerkrankungen haben, was wegen der heutigen Zivilisationskrankheiten nicht selten ist, in die Krankenhäuser kommen. Bei zurzeit etwa 37000 akut Infizierten, gegenüber etwa 8000 in Deutschland, und in Anbetracht eines schweren Krankheitsverlaufes in 20 % der Fälle könnten das in Schweden momentan ca. 7400 Personen sein.

Ich erwarte deshalb in ein bis zwei Monaten in Schweden einen Lock down. Angesichts einer Pandemie darf nicht darüber philosophiert werden, ob das Leben nicht an sich lebensgefährlich, der Tod unser ständiger Begleiter sei, den der Mensch in unzulässiger Weise verdränge. Wir sind ihm nicht so ausgeliefert wie die Menschen zur Zeit der Pest. Ob es nun grob ausgedrückt wird, wie Herr Palmer oder Herr Kubicki das getan haben oder feinsinniger von Herrn Schäuble formuliert wurde, die alle meinen, dass der Tod einer bestimmten Zahl von Menschen in dieser Pandemie in Kauf genommen werden muss, weil sie ohnehin bald an einer anderen Krankheit gestorben wären (Palmer) und damit die Wirtschaft keinen zu großen Schaden nimmt (Schäuble), eine humane Gesellschaft darf sich nicht erlauben, die Freiheit mehr zu achten als das menschliche Leben.

Ich möchte Frau Dorn daran erinnern, dass es in der Französischen Revolution nicht nur um Freiheit ging sondern auch um Gleichheit und Brüderlichkeit. Natürlich sollten die Bürgerechte nur maßvoll eingeschränkt werden und die Einschränkungen müssen wieder aufgehoben werden, wenn die Pandemie beendet ist. Solange es keinen Impfstoff gibt, müssen gewisse Restriktionen bleiben. Je nach dem Infektionsgeschehen können sie gelockert oder müssen sie wieder verhängt werden. Herr Drosten sprach von einem „Tanz mit dem Tiger“, der nun stattfindet. Noch lange Zeit, ich schätze, dass die Pandemie noch mindestens ein Jahr dauert, müssen die Politiker/innen auf den Rat der Wissenschaftler hören, und wird ein vernünftiges Verhalten der Bürger/innen vonnöten sein, damit der „Tiger“ nicht außer Kontrolle gerät und wieder ein allgemeiner Lock down verhängt werden muss. – Dirk Visser

 

„Nicht predigen sollt ihr, sondern forschen!“ Aber eine eigene Überzeugung dürfen wir haben, oder, Frau Dorn? Denn nur mit einer Überzeugung, am besten einer, die auf – mühsam und im kritischen Diskurs erworbener – wissenschaftlicher Erkenntnis beruht, werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Lage sein, wiederum Entscheidungsträger von ihren wissenschaftlichen Erkenntnissen zu überzeugen und dazu beizutragen, dass politische Entscheidungen in Richtung einer nachhaltigen Bewirtschaftung der Ressourcen dieses Planeten getroffen werden. Ich gehe mit vielen Aussagen im Artikel d’accord, aber eine Ideologisierung von Wissenschaft kann ich nicht erkennen – dazu ist die Selbstkontrolle ernsthafter Wissenschaft durch Peer-review-Verfahren und andere Mechanismen zu gut ausgeprägt. Man könnte den Artikel in dem Sinn (miss-)verstehen, dass die Wissenschaft doch bitte in ihren Elfenbeinturm zurückgehen soll. Das aber kann angesichts der – überwiegend selbstgemachten – Probleme, mit denen sich die Menschheit derzeit konfrontiert sieht, nicht der richtige Weg sein. Wir benötigen wissensbasierte Entscheidungen – ohne engagierte Beiträge von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern kann das nicht funktionieren. – Prof. Dr. Andreas Fangmeier

 

Schade, dass Thea Dorn das hochinteressante Thema, welche Rolle die Wissenschaft bei politischen Entscheidungen spielen soll, durch unsaubere Argumentation vergeigt – nämlich einseitige Verabsolutierungen. Erstens: Die Leistungen der Wissenschaft dürften „nicht zu dem Irrglauben verführen, ihr komme auch gleich die Wundergabe der Zukunftsbeherrschung zu.“ Als ob es nicht zentraler Bestandteil von Wissenschaft wäre, Vorhersagen zu treffen! Darauf bauen wir jeden Tag ganz praktisch – auch im buchstäblichen Sinne, z. B. wenn wir wissen wollen, was eine Brücke ausält. Natürlich, je komplexer der Gegenstand, desto schwieriger eine zuverlässige Vorhersage. Leider unterlässt Dorn es aber, für die „Zukunftsbeherrschung“ etwas Besseres als die Wissenschaft anzubieten.

Zweitens: Wie praktisch, dass der Professor Schellnhuber sich in der FAZ dazu verstiegen hat, die führenden Forschungsinstitute als Kristallkugeln zu bezeichen, mit dem jedes Land Jahre in seine Corona-Zukunft schauen könne. Woher nähme Thea Dorn sonst die tragende Säule für ihr Ideengebäude, dass wir kurz davor stehen, in eine Wissenschafts-Technokratie abzugleiten? Sie meint, „noch“ gäbe es ja genügend Wissenschaftler ohne solche Kristallkugel-Phantasien. Den Beleg für den von ihr an die Wand gemalten Trend bleibt sie schuldig. Nein, nein: Es hat immer schon Wissenschaftler gegeben, die einen gewissen Größenwahn geschoben haben. Und genügend andere mit ausreichender Fähigkeit zur Selbstkritik. Nicht predigen sollen sie? – Nur zu, es gibt genügend Hildmanns und Naidoos, die das gerne übernehmen. – Michael Praschma

 

Nicht jede Aussage eines Wissenschafters kommentieren sollt ihr (ihr Schriftsteller), sondern Romane schreiben! Ein forschender (nicht predigender) Wissenschaftler: – PD Dr. Dariusz Adamczyk

 

Die bekannte Autorin und Literaturexpertin Thea Dorn offenbart in ihrem Artikel „Nicht predigen sollt ihr, sondern forschen!“ eine peinliche Nähe zum populistischen Shitstorm gegenüber Klimaforschern. „In der Klimadebatte haben wir den Wandel von prominenten Wissenschaftlern zu Hohepriestern bereits erlebt,“ schreibt Dorn und übernimmt damit eine Formulierung, die in den Veröffentlichungen von Klima-Leugner und Hetzern gegen Klimaforscher zum Standard-Repertoire gehört. „Menschliches Handeln wird als quasi-physikalische Größe behandelt, dessen Folgen sich dann vermeintlich ebenso präzise berechnen und vorhersagen lassen wie die Umlaufbahnen von Planeten“, schreibt Dorn naiv provozierend über die wissenschaftlichen Methoden der Klimaforschung und zeigt damit, dass sie sich nie ernsthaft mit dem Forschungsgegenstand und seiner wissenschaftlichen Methodik auseinandergesetzt hat.

Warnungen von Wissenschaftlern vor sogenannten Kipppunkten, die beim Fortschreiten der Klimaerwärmung zu irreversiblen Domino-Effekten führen, etikettiert sie als „Taschenspielertricks“, um die Menschen zu disziplinieren. Eine der tragischsten Taten, die eine Demokratie begehen kann, sieht Dorn in der „Selbstunterwerfung unter die rigiden Handlungsvorschriften einer klerikal auftretenden Naturwissenschaft“. Das mag eine interessante Idee für einen neuen Roman von Thea Dorn sein. Eine reale Gefahr – nicht nur für die Demokratie, sondern für Mensch und Natur sehe ich eher in dem Einfluss der Lobbyisten, die die wirtschaftlichen Interessen der Ölindustrie und jener Konzerne, die die Ressourcen der Erde gnadenlos ausbeuten, gegen die Mahnungen der seriösen Wissenschaft durchsetzen. Und in der Anbiederung einer (scheinbar) intellektuellen Elite an niveaulose Verschwörungstheorien. – Jörg Bennedik

 

„Nicht predigen sollt ihr, sondern forschen!“ – was für ein erleuchtender Titel für einen Beitrag, der schmerzhaft vor Augen führt, wie leicht man in die Falle des Simplifizierens hineinläuft, des Hinausposaunen von Vereinfachungen und Fehlschlüssen. Und damit meine ich nicht die vielen im Text zitierten und kritisierten Wissenschaftler, sondern die Autorin selbst. Einiges an Geld wird darin investiert und ein Vielfaches an Zeit, die „Wissenschaftskommunikation“ zu fördern – das Erklären und Verbreiten von wissenschaftlichen Erkenntnissen durch die Wissenschaffenden selbst. Die Kommunikation wissenschaftlicher Erkenntnisse und ihrer Bedeutung mag mal mehr, mal weniger gelingen. Doch ist es nicht zu ändern, dass Kommunikation und Einflussnahme eng verbunden sind; die Grenze vom Erklärenwollen zum Überzeugenmüssen ist eine sehr durchlässige. Doch die eindringlichen Appelle nur den Essayisten zu überlassen – was macht das besser?

Wissenschaftler sind Menschen, die sich einer Frage verschreiben, mit Leib und Seele; die Zusammenhänge ergründen und Überzeugungen verkünden, diese idealerweise auch hinterfragen und korrigieren. Diese Menschen mögen gelegentlich irren, zumindest begreifen sie aber bis in die Tiefe, wovon sie reden. Das kann man von Frau Dorns Auslassungen leider nicht behaupten, ihrer Kritik an Stefan Rahmstorfs Angst vor einem „Kontrollverlust“ im Kontext des Korallensterbens beispielsweise. „Kontrollverlust“ bezieht sich hier klar auf den Punkt, an dem kaskadierende Effekte Dynamiken entwickeln, welche durch die Beseitigung des Auslösers nicht mehr rückgängig zu machen sind – points of no return, wie wir sie in der Ökologie häufig finden. Man sollte die Wissenschaftskommunikation nicht denjenigen verbieten wollen, die wissen, worüber sie schreiben und sie lediglich denjenigen überlassen, die schonmal davon gelesen haben. – Stephanie Wegener

 

Der Warnruf an die „Wissenschaflter“, zu forschen und nicht zu predigen ist zwar im Ressort Streitan der richtigen Stelle, Führt aber ohne Gegenstellungnahme nicht zur Verbesserung des Diskurses zwischen Öffentlichkeit und Wissenschaft, sondern zu weiterer Polarisation. Wieso landet dieser Artikel in der Zeit? Durch Aussagen, wie: „In der Klimadebatte haben wir den Wandel von prominenten Wissenschaftlern zu Hohepriestern bereits erlebt.“, wird kein Problem angegangen, sondern eine große Gruppe an Menschen in Erklärungsnot gedrängt. Frau Dorn spricht davon, dass die Wissenschaft ihren Erfolg der Tatsache verdankt, dass sie „objektiv überprüfbare Aussagen“ macht. In der Klimadebatte ist allerdings zwischen dem Erfolg, der rein wissenschaftlich ist, der auf der Erkenntnistiefe beruht, die bei der Auswirkung des Menschen auf das Klima erlangt wurde, und vom gesellschaftlichen Erfolg zu unterscheiden. Es ist kein gesellschaftlicher Erfolg, für den die Berücksichtigung dieser mehr als 30 Jahre alten Erkenntnisse in der Politik und Gesellschaft nötig wären. Wenn man sich nun vorstellt zu beobachten, wie die täglich gewonnenen Tatsachen, kaum Aufmerksamkeit an den richtigen Stellen erwecken, obwohl diese Daten alle Menschen betreffen, dann liegt es nicht fern, dass auch prominente Wissenschaftler lauter werden.

Und das müssen sie auch, weil es um wenig Zeit geht, die verspielt wurde, als Abkommen geschlossen wurden um dann nicht auf das Ziel des Abkommen hinzuarbeiten. Aber diese Wissenschaftler, dann als „Hohenpriester“ zu diffamieren? Es gibt leider keine mächtigen Lobbyvereine der Klimaerkenntnisse, die mit Ankündigungen von Arbeitsplatzstreichungen die Politik ähnlich stark lenken, wie ihre Gegenspieler. Frau Dorn geht unter anderem auf die „zugespitzte Überschrift“ des Spiegelund einen dort zu findenden Abschnitt („Die Menschheit verliert die Kontrolle über den Zustand der Erde“, „Den Kollaps dieses Ökosystems einfach zuzulassen, wäre nicht nur völlig inakzeptabel. Es wäre der Beginn eines Kontrollverlustes, das Fallen eines ersten Dominosteines in einem eng verflochtenen lebenden Erdystem, in dem alles miteinander verbunden und voneinander abhängig ist.“) ein. Damit, dass der Mensch keine abgeschlossene Kontrolle über den Zustand der Erde hat, hätte Frau Dorn zwar Recht.

Allerdings hat (oder hatte) der Mensch sehr wohl die Kontrolle darüber, ob die weltweite Durchschnittstemperatur in den nächsten 100 Jahren um fünf Grad Celsius steigt, oder um zwei. Auch damit, dass man das Bild, des Verlusts des Ökosystems der Korallen, nicht wörtlich als Start eines Domino-parcours sehen darf, ist richtig. Aber es ist eben nur ein Bild um eine sehr komplexe Sachlage so darzustellen, dass sie für ein breites Publikum verständlich ist. Diese Sätze sind auch nicht als „Taschenspielertricks“ zu interpretieren. Es ist zu hinterfragen, was Frau Dorn erreichen möchte, wenn sie dem Leser derZeitnun erklärt, dass sich Herrn Rahmstorf einem solchen bedient. Von der Furcht vor einem „hyperkomplexen, unkontrollierbaren System“ im oben zitierten Artikel von Rahmsdorf fehlt jeder Beleg. Eher die Furcht vor der Zerstörung dieses Systems (im Artikel am festen Beispiel des Great Barrier Reefs), spielt eine Rolle. Es wird keine Angst auf den Menschen umgelenkt, es wird erklärt wie der Mensch seinen Einfluss auf das Korallensterben nimmt und wie daran eventuell noch etwas verhindert werden kann.

Es findet auch keine Wissensanmaßung statt. Es wird erwähnt, dass „Vorhersagen schwierig“ sind, „besonders, wenn sie die Zukunft betreffen.“. Dass nach Frau Dorn in diesem Artikel „Kontrolle in Aussicht gestellt“ wird, ist also falsch und Sätze wie: „Dank der selbstanklägerischen Furchtverschiebung darf Kontrolle in Aussicht gestellt werden – wenn sich der Mensch nur seinerseits brav als Dominostein (..) begreift, der keinesfalls wackeln, wanken oder gar aus der Reihe tanzen darf.“, wirken wie Meinungsmache. Auch, dass von Frau Dorn darauf aufmerksam gemacht wird, dass es zwischen der Aussage von Hans Joachim Schellnhuber in der FAZ („Die epidemiologischen Modellrechnungen der führenden Forschungsinstitute sind Kristallkugeln, mit denen jedes Land Wochen, Monate, ja Jahre in seine Corona-Zukunft schauen kann. (..)“) und dem Vorwort einer Stellungnahme der Epidemiologen vom Zentrum für Infektionsforschung der University of Minnesota („Das Virus hat die Weltgemeinschaft unvorbereitet getroffen, zu welchen Verläufen es kommen wird, ist immer noch äußerst unvorhersehbar (..)“, Widerspruch gibt, ist richtig.

Allerdings ist es wichtiger zu klären, ob der vermeintliche Widerspruch darauf beruht, ob Herrn Schellnhuber seine Aussage wörtlich meint und er die Modellrechnungen einer Kristallkugel gleichstellt, oder er sich in einer Zeitung für das allgemeine Publikum, welches nicht zwingend viel mit statistischer Datenauswertung und Daten-Extrapolation zu tun hat, versucht ein Bild von dieser „epidemiologischen Modellrechnung“ zu geben. Es ist wahrscheinlicher, dass ein Klimaforscher der seit Jahrzenten mit diesen Modellen, deren Aussagekraft und deren Schwächen arbeitet, sich durchaus bewusst ist, dass es sich nicht um hundertprozentig determinierte Daten handelt, die Voraussagen über die Zukunft machen. Es ist wahrscheinlicher, dass er nicht damit gerechnet hat, dass er in einer anderen Zeitung für diese Metapher als Wissenschaftler „(..) der Magie der Kristallkugelei und dem Wahn der totalen Kontrollierbarkeit“ gebrandmarkt wird. Die Wissenschaftler sollten für ihren Umgang mit der Öffentlichkeit und den Laien in diesen höchst komplexen Themen nicht dafür rügen müssen, dass sie manchmal zur falschen Wortwahl greifen. Sie sollten Unterstützung von Menschen bekommen, die über die Wirkung ihrer Aussagen in der Öffentlichkeit besser Bescheid wissen. Für die Wissenschaft ist es eine Katastrophe Recht haben zu müssen. Es ist auch eine Katastrophe, wenn sie an falschen Stellen wörtlich genommen, oder absichtlich falsch verstanden werden. – Nils Materna

 

Trotz aller Einwände von Frau Dorn bleibt die Tatsache, dass in Deutschland die Opferzahlen in Verbindung mit der Coronapandemie bisher nur deshalb so niedrig sind, weil die verantwortlichen Politiker auf den Rat der Wissenschaft vertraut haben. – Michael Parys

 

Das Bild, das Thea Dorn von der heutigen Wissenschaft zeichnet: Ideologie, Rechthaberei, Irrationalismus. Als Ursache macht sie eine Sehnsucht nach Konvergenz von Staat und Wissenschaft aus. Nach der gelungenen Trennung von Kirche und Staat würde ein Wissenschaftsklerus – allen voran offenbar Klimaforscher und Epidemiologen – das Erbe der Religion antreten. Doch der Religionsbezug ist ein sehr alter Hut, der meines Erachtens für die Beschreibung von Rolle und Selbstverständnis der Wissenschaft längst nicht mehr passt. Heute, wo aus guten Gründen die Tradition der Wissenschaftsgläubigkeit vorbei ist und wo sich eher Wissenschaftsfeindlichkeit breit macht, geht es an den Schnittstellen zwischen Wissenschaft, Anwendung, Politik und Gesellschaft nicht um Glauben, wohl aber um Glaubwürdigkeit. Auch um Vertrauen.

Denn wir leben in einer technisch-wissenschaftlich geprägten Zivilisation. Und viele Fragen, wie diese Zivilisation sich weiterentwickeln soll, haben wissenschaftliche Implikationen und werden inzwischen in einem größeren Umfang demokratisch verhandelt. Wissenschaftskommunikation spielt in diesem veränderten Rahmen eine große Rolle. Und eine streitige Position wie die von Thea Dorn gehört zu diesem öffentlichen Diskurs dazu, genauso wie das Votum „Wider den Methodenzwang“ von Paul Feyerabend, mit dem er sich bereits in den 1970er-Jahren deutlich gegen Dogmatismus in der Wissenschaft aussprach. Wenn Thea Dorn nun aber ausgerechnet dem Virologen Christian Drosten Dogmatismus vorwirft, dann erstaunt dies schon. Steht dieser doch gerade für ein Wissenschaftsverständnis auf der Höhe unserer Zeit: Für ein Verständnis, in welchem aktuelle, relevante Forschungsergebnisse für eine breite Öffentlichkeit allgemeinverständlich dargelegt werden. Für ein Verständnis, in dem auch die eigenen Grenzen transparent werden, z.B. weil Forschungsergebnisse noch nicht vorliegen, oder weil ein Thema außerhalb des eigenen Fachgebiets liegt. Für ein Verständnis, das klar unterscheidet zwischen wissenschaftlichen Aussagen, Empfehlungen für die Politik und Privatmeinung.

Der Wissenschaftsbetrieb war und ist – gerade auch unter dem Aspekt der staatlichen Forschungsförderung – stets mit Macht verbunden. So ist es weniger Glaube, es ist vielmehr Macht, auf der die unselige Tradition der Konvergenz von Staat und Wissenschaft gründet, nicht nur im Nationalsozialismus (Gleichschaltung), sondern später auch im Hinblick auf den industriellen-militärischen Komplex, den Atomstaat oder zuletzt die Autonation. Eher ist doch der Verbrennungsmotor und der Vorrang der Mobilität vor der Gesundheit ideologisch, mit Sehnsüchten und Glaubenssätzen aufgeladen. Gerade unsere Autonation ignorierte doch über Jahrzehnte hinweg die Relevanz der wissenschaftlichen Aussagen zum Klimawandel. Erst die Fridays for Future-Bewegung hat beim Klimathema eine größere Bedeutung in der Politik erreicht. – Reinhard Koine

 

Religion hat doch nichts mit Wissenschaft zu tun. Die Religion ist eine Glaubensangelenheit, eine metaphysische Attitüde, die dem Menschen (u.a.) Halt in schwierigen Lebenslagen gibt. Der „Glaube“, dass die Wissenschaft die Rolle der herrschenden Religion übernommen hat, läßt eher auf die stupende (um nicht zu sagen stupide) Leistungskraft der Autorin schließen. Man möchte sie daran erinnern, dass die Erfindung des Autos ja auch nicht zum Aussterben des Pferdes (dem bis dato gebräuchlichen Trangsportmedium) geführt hat. – Hagen Treutmann

 

Zurecht unter der Kategorie „Streit“, fährt Frau Dorn starke rhetorische Geschütze auf, um das Kind mit dem Bade auszuschütten. Die von ihr angemahnte Differenzierung in den Naturwissenschaften lässt sie selbst vermissen. Egal, ob es um Erdsystemwissenschaften, Klimawandel oder auch Epidemiologie geht; wir Wissenschaftler sind in unserer überwiegenden Mehrheit — und einschließlich der Kollegen Stefan Rahmsdorf und Hans Joachim Schellnhuber — äußerst differenziert denkend und arbeitend. Anders würden wir im Kollegenkreis kaum bestehen. So sucht sich Frau Dorn einzelne, vielleicht sogar ungeschickte Formulierungen nicht aus wissenschaftlichen Arbeiten, sondern aus Mitteilungen für die breite Öffentlichkeit als Basis ihrer Kritik. Das ist zulässig, unterstreicht jedoch das alte Dilemma der Wissenschaft, zwar zunehmend von der Gesellschaft um Stimme und Einmischung gebeten zu werden (Science communication), doch selten oder nie für eine solche Rolle ausgebildet zu sein. Der Eindruck sowie die Forderung, Wissenschaftler sollenforschen statt zu predigen, ist wohlfeil, massiv oberflächlich — und abzulehnen. – Prof. Jörg Matschullat

 

Mir kommt Frau Dorn vor wie eine Lehrerin vor einer Klasse von 30 Schülern, in der zwei sich nicht an die Regeln halten. Und dann wird die ganze Klasse mit einer Strafpredigt gemaßregelt. Auch Wissenschaftler sind Menschen, die ihre allen Menschen mitgegebene Art des „menschlichen Verhaltens“ nicht einfach ablegen können. Nun kommt Frau Dorn nicht aus dem Bereich naturwissenschaftlichen Arbeitens, sondern ist in der Literatur zu Hause. Herr Drosten tut einen sehr wichtigen Schritt, nämlich aus dem „Elfenbeinturm der Wissenschaft“ heraus. Er macht die noch sehr vorsichtige Forschung um das Thema Corona-Virus für die Öffentlichkeit verständlich. – Hartmut Gerhardt

 

Meine spontane Reaktion beim Text von Frau Dorn: Endlich wird die mittlerweile durch Selbstüberschätzung (dank „genialer Modellierung“) einerseits oder noch schlimmer Dummheit (dank Unkenntnis vieler kritischer Punkte) andererseits überhöhte Rolle der Wissenschaft gerade gerückt!

Chapeau, Frau Dorn! Ihr Warnruf an die Wissenschaft, um der jeweils vorläufig besseren Erkenntnis willen bei ihren ureigensten Aufgaben der Forschung zu bleiben, war überfällig. Wäre die Menschheit beim „gesicherten Wissensstand“ vor 120 Jahren geblieben, gäbe es keine Relativitätstheorie, keine Plattentektonik, keine Erkenntnisse von Keynes, keine Computer und auch keine „Dynamische Optimierung“ jenseits der Variationsrechnung u.v.a.m. Mehr als Respekt sollte sie dafür aber nicht verlangen. Gute Wissenschaft erreicht man heute vorrangig durch harte Arbeit für die Sachgrundlagen, für Datenkenntnis, statistische und andere Analysemethoden und Arbeit mit durchaus komplexer Mathematik samt numerischer Verfahren für modellmäßige Untersuchungen bestimmter nicht einfach zu lösender dynamischer Systeme. Dann folgen die Offenlegung aller Gleichungen, Annahmen und Parameterkalibrierung samt Diskussion möglicher Schwachstellen der Analyse, was Bereitschaft zur (Selbst-)Kritik verlangt.

Manch Wissenschaftler tendiert nach solchen Anstrengungen vielleicht zur Selbstüberschätzung. Andere hingegen scheuen diese Mühen, weil sie bereits mit „edlen Absichten“ zum Politikberater werden können. Sie beherrschen keine anspruchsvollen Methoden der Modellierung, kennen Fach-literatur nur selektiv, zitieren aber gerne ihnen passende Ergebnisse anderer Autoren (gerne auch Nobelpreisträger). Sie lassen dabei deren spezielle Annahmen und Kalibrierung von Parametern sowie die eingeschränkten Fragestellungen beiseite. Hinzu kommt: In Zeiten von „Asozialen Medien“ und Wikipedia-Administratoren , die lieber eigene Fake News garniert mit populistischen Botschaften verbreiten, fällt auch eine größere Öffentlichkeit auf derartige Lautsprecher und deren vermeintliche „Wahrheiten“ herein. Nur dumm, wenn in einigen Jahren die Realität der Politik und den Bürgern trotz „aller guten Absichten“ doch hart auf die Füße fällt! The proof of the pudding is in the eating! – Prof. Emeritus Dr. Wolfgang Ströbele

 

Die Aufgabe der Wissenschaft sei das beständige „Zweifeln“ und „Selbstkorrektur“, schreibt Thea Dorn. „Überprüfbare Aussagen“ solle sie liefern, und sich nicht als ideologische Instanz der politischen Öffentlichkeit oder des politischen Betriebs selbst inszenieren. Das wirft sie der Klimafolgenforschung vor und ahnt, dass die nun auch der Epidemiologie passieren könne. Darüber hinaus bleibt ein eigentlicher Standpunkt seltsam undurchsichtig. Neben dem verallgemeinernden „Warnruf“, die Demokratie dürfe sich nicht zu einer Technokratie entwickeln, verliert sie sich in einem Dickicht der Polemik und Widersprüchlichkeiten. War nicht zuletzt auch wieder die Verlautbarung der Bundeskanzlerin zu vernehmen, dass sie froh sei über den „Rat der Wissenschaftler[*innen]“, wohingegen die politischen Entscheidungen ausdrücklich von den dafür Gewählten getroffen werden?

Die Warnung vor dem „Wunsch, Wissenschaft und Politik sollten möglichst nah zusammenrücken“ ist in vielerlei Hinsicht verfehlt, bei weitem nicht so „verstörend“ wie Dorn meint, und vor allem: problematisch. Was wäre die Alternative zu einer Praxis der politischen Entscheidungsfindung, die sich aus einem rationalen Diskurs heraus ergibt – wo im Idealfall tatsächlich das beste, intersubjektiv nachvollziehbare Argument zählt, das sich nunmal zunehmend aus den Methoden des Logos ergibt? Radikale Alternativen wären Politik nach situativem Gutdünken oder Entscheidungen auf Basis emotionalisierter Stimmungen? Dass beides hoch problematisch ist, sei es durch mangelnde Weitsicht und unverantwortliches Handeln wie im Alleingang des vormaligen Landwirtschaftsministers zur Verlängerung der Glyphosatlaufzeiten oder durch demagogische Verführung, derer sich nicht nur ein rechtspopulistisches Spektrum bedient, ist eingänglich.

Verfehlt ist der Warnruf deswegen, weil er an der derzeitigen politischen Praxis vollkommen vorbeigeht. Politiker*innen hegen regen Austausch zu wissenschaftlichen Beiräten, Berater*innen, eignen sich selbst Ergebnisse wissenschaftlicher Studien an. Keine StVO- Novelle wird in Gesetzestext gegossen, ohne dass Experten im Verkehrsausschuss befragt werden und dort etwa über die „normative Kraft des Faktischen“ zu sprechen wissen, wenn es um das Rechtsabbiegeverhalten von Fahrradfahrer*innen geht. Keine Festsetzung einer Stickstoffobergrenzen käme ohne die Einschätzungen von entsprechend Sachverständigen aus. Wohl gelesen sei hier: Einschätzungen, welche eben gerade auch einen politischen Spielraum ermöglichen und gerade keinen Zwang und Alternativlosigkeit darstellen, wie Thea Dorn zuweilen der Wissenschaft zu unterstellen scheint. Dass Politik und Wissenschaft eng miteinander verflochten sind, und das aus gutem Grund, zeigt sich auch an dem bald europaweit geltendem Verbot von Glyphosat, dass sicher nicht ohne entsprechende wissenschaftliche Untersuchungen verabschiedet worden wäre. Risikovermeidungspolitik benötigt also in mit jedem Tag komplexer werdenden Gesellschaften beratende Instanzen, die gegenüber dem scheinbar ökonomisch Sinnvollen etwa auch die biopolitische Brisanz und ökologische Risikobehaftetheit sichtbar machen können. Seine Marktfähigkeit hat das Herbizid allemal durch Effizienz im Einsatz bewiesen, dessen Schattenseiten wurden hingegen ebenfalls zunehmend ersichtlich, und dies nicht durch selbstkritische Nachforschungen und die Einsicht eines eigeninteressierten Global Players.

Problematisch ist ihr Warnruf deshalb, weil sie einen Vergleich zwischen Epidemiologie und Klimafolgenforschung zieht, der als solcher nicht besteht. Christian Drosten wiederholte und erneuerte immer wieder, dass es sich bei SARS-CoV-2 um ein bisher unbekanntes Virus handelt, deren Eigenheiten man erst noch zu identifizieren habe, man es mit etwas Neuartigem zu tun habe. Anders verhält es sich bei jener Forschungsrichtung, die im eigentlichen Kreuzfeuer Dorns Kritik steht. Auch hier gehören „Kritik und Dissens wesentlich [zur wissenschaftlichen Praxis] dazu“, jedoch vor einer ganz anders gearteten Vergleichsfolie, da sie, wie Stefan Rahmstorf konstatiert „seit einem halben Jahrhundert“ die globale Erwärmung beobachtet und damit einen deutlichen Schritt weiter in Richtung wissenschaftlichem Konsens ist. Dorn kritisiert Rahmstorf dafür, er unterstelle der Mensch hätte „schon einmal Kontrolle über das „Erdsystem“ gehabt“, und lässt dabei das Prinzip der wohlwollenden Interpretation vermissen. Schon in der Unterüberschrift Rahmstorf Beitrags heisst es der Mensch habe sich „zu einer Kraft entwickelt, die den ganzen Planeten verändert“.

Rahmstorf bedient sich in dem zitierten Spiegel-Artikel einer verständlichen und verbildlichten Sprache, die Dorn bei Drosten gutheisst, damit die von ihm beschriebenen komplexen Prozesse, einer breiten Öffentlichkeit zugänglich sind. Dass man Stefan Rahmstorf dennoch derart missverstehen kann, verwundert zutiefst. Mit der Wirkmächtigkeit menschlichen Handelns sollte eine entsprechende Kontrolle über die selbst erzeigten Wirkungen einhergehen, sollte man meinen. Dass der Mensch de facto niemals vollkommene Kontrolle über seine Eigenwelt besass, würde auch Stefan Rahmstorf wohl keinesfalls behaupten. Darüber hinaus wirft sie Rahmstorf vor, er presse das Leben auf unserem Planeten in ein technisiertes Bild eines Domino-Parcours. Dass Dorn hier Rückkopplungseffekte ökosystemischer Prozesse zu ignorieren oder in ihrer Bedeutung für nahende Veränderungen unseres Planten herunterspielt, ist höchst besorgniserregend. Vermutlich würde sie Rahmstorf hier „Rechthaberei“ vorwerfen.

Er schreibt allerdings in seinem Artikel, dass Klimaforscher*innen Klimaveränderungen grundsätzlich richtig vorhergesagt haben, dabei jedoch sogar unterschätzt haben, da Unterschätzung das Risiko des Reputationsverlusts mindere. Es scheint: Rahmstorf kennt um die Diskussion um das Anthropozäns, Dorn hingegen – man weiß es nicht. Das zeigt sich auch an der widersprüchlichen Formulierungen ihres Verständnisses über die Naturbeherrschung des Menschen. Einerseits erkennt sie die Möglichkeit der Naturbeherrschung durch moderne Wissenschaften, andererseits dürfe diese Leistungskraft „nicht zu dem Irrglauben verführen, ihr komme deshalb auch gleich die Wundergabe der Zukunftsbeherrschung zu“. Wer wird in diesen Irrglauben verführt? Dieser haltlose Vorwurf dies geschehe, ist selbst ein Irrglaube. Thea Dorn verkennt, dass nicht nur der Klimaforschung die Möglichkeit der Risikoeinschätzung zukommt, aus der im Folgeschritt antizipative Risikominderung oder gar Vermeidung erwächst. Thea Dorn bringt den Nutzen der Wissenschaft für verantwortliches Regierungshandeln damit mindestens implizit in Misskredit. „Absolute Gewissheit“ ist mitnichten möglich, die Einhegung negativer Konsequenzen menschlichen Handelns allemal – wenn man nur will – doch diese bestärkende Einschätzung sucht man bei Dorn vergeblich. Stattdessen malt sie das wunderhafte Bild der Wissenschaft als Ersatzreligion und deren Praktikern als „Hohepriestern“.

Dass Wissenschaftler*innen zunehmend ungeduldig in der Öffentlichkeit auf Einsicht pochen und sich einer Graswurzelbewegung anschließen, wenn ihre Einschätzungen jahrzehntelang im Dickicht politischer Auseinandersetzungen unterzugehen scheinen, ist nur allzu verständlich. Wie würden Elke Schäffner, Christian Drosten und all die anderen Fachkundigen reagieren, hätten sie das Gefühl, ihre Deutungen fänden im politischen Betrieb kein Gehör? Dass nun die Virologie und Epidemiologie dem Wandel der Klimawissenschaftler*innen zu Hohepriester folgen könne, ist Dorns große Angst. Als wegbereitende Mechanismen erahnt sie „eine[] verängstigte[] Öffentlichkeit“, welche doch gerade durch die Wissenskommunikation in Form von Podcasts regelmäßig ent-ängstigt wird – die Versachlichung des Diskurses, auch gegen die Vielzahl kursierender Falschmeldungen und Verschwörungen tut hierbei das ihrige. Darüber hinaus sieht sie die Gefahr einer „ratlosen Politik“, doch diese muss im Angesicht des Shocks natürlich erst nach Antworten suchen. Woher sollen Mandatsräger*innen in Zeiten der Krise sonst Rat nehmen, wohl kaum von Anna und Franz aus Würselen – obwohl man das aus radikaldemokratischer Perspektive sicherlich meinen könnte. Zuletzt warnt sie vor „schlagzeilenverliebte[n] Medien“. Es ist zu hoffen, die ihrem Kommentars zugehörige Überschrift stammt nicht von ihr selbst, sondern von der Redaktion.

Dass Dorn einen Autonomieverlust der Wissenschaft beklagt, weil sie sich aktivistisch gibt, ist nachvollziehbar. Allerdings erscheint es, als missinterpretiert sie Hans-Joachim Schellnhuber Selbstverständnis als „Gewissenschaftler“. Für Dorn steht er damit unter Ideologieverdacht, Schellnhuber sieht sich wohl als wenig eigeninteressierte Gegenmacht zur übermächtigen, gewissenlosen Wirtschaft, die durch das Verschweigen und Ignorieren von selbsterzeugten Risiken (noch) Profite erwirtschaftet. Dass sich die Wissenschaft in einen „ideologischen Tunnel“ begibt, würde außerdem das Selbstverständnis der beständigen Suche nach Wirklichkeit untergraben und damit den selbsterzeugten Legitimitätstod nach sich ziehen. So werden Wissenschaftler*innen auch niemals das heil auf Erden versprechen, auch wenn manche Öffentlichkeit sich dies erhoffen mag, sondern den aktuellen Stand der Forschung in die politischen Entscheidungsprozesse einbringen.

Sie wird in diesem Sinne eben keine vollständigen Antworten auf die Risikoabwehr bieten können, jedoch durch ihr Prinzip der Versachlichung als Gegenspielerin der Angst auftreten können und mit vorläufigem Wissen Unsicherheiten reduzieren können. Und diese Praxis des Öffentlichmachen von Handlungsmpfehlungen, nicht „Vorschriften“, zieht keineswegs eine „Selbstunterwerfung“ der Demokratie“ nach sich, sondern ermöglicht die eigenhändige Selbsterhaltung. Doch dafür braucht es nicht nur die wissenschaftliche Erkennnisssuche, sondern ebenso eine kritische Öffentlichkeit, die das gewonnene Wissen zu politischen Forderungen umschmelzen kann und einer unabhängigen Justiz, die die Maßnahmen der politischen Steuerung überprüft. – Konradin Klingenhage

 

Nein, Frau Dorn, man kann auch etwas dem Kontrollverlust preisgeben, das man vorher niemals kontrolliert hat. Man kann auch etwas verlieren, ohne es besessen zu haben. Der Mensch hat durchaus die Macht, Kettenreaktionen mit fatalen Folgen zu initiieren, ohne vorher alle Prozesse im Einzelnen beherrscht zu haben. Mit verkürzten pseudo-logischen Rückschlüssen konterkarieren Sie leider den Ansatz Ihres Essays, genauso wie mit der weiter nicht ausgeführten Behauptung, wir hätten in der Klimadebatte den Wandel von prominenten Wissenschaftlern zu Hohepriestern bereits erlebt. An wen genau haben Sie dabei gedacht? Ich sehe die Demokratie durchaus als nicht frei von Bedrohungen an, aber dass sie nun ausgerechnet durch eine Umsetzung rigider Handlungsvorschriften einer Ihrer Meinung nach klerikalen Naturwissenschaft gefährdet ist, ist absurd. – Dr. Andreas Hug

 

Danke ! Auch eine prägnante Zusammenfassung im letzten Absatz. „…Eine der tragischsten Taten, die eine Demokratie begehen kann, ist Selbstunterwerfung unter die rigiden Handlungsvorschriften einer klerikal auftretenden Naturwissenschaft aus Angst vor dem Unterworfensein unter die Macht der Natur.“ – Reimer Clausen

 

Der Artikel von Frau Dorn erinnert mehr an eine Verschwörungstheorie als ein Warnruf an Wissenschafter, mehr zu forschen als zu predigen.Prof Schellnhuber als Kronzeugen ihrer Theorie aus einem Artikel der FAZ für Wissensanmaßung anzuführen, ist auch in seiner apodiktischen Form ziemlich daneben. Schellenhubers Meinung in diesem FAZ-Artikel, wo er Regierende als wissenschaftliche Tölpel beschreibt, ist ja wohl nicht aus der Lufr gegriffen, siehe Trump, Bolsonaro oder die anfängliche Kadercrew in Wuhan.Ihr Zitat von Infektionswissenschaftler von der Universität von Minnesota, daß die Zukunft der Covid-19 Pandemie nicht in einer Glaskugel vorhersehbar sei, spricht für die Demut dieser Wissenschaftler. Frau Dorn fragt, ob man diese Wissenschaftler auch als Tölpel brandmarken soll. Sie verdreht völlig, daß Schellnhuber Politiker als Tölpel bezeichnet hat nicht andere Wissenschaftler.Süffisant die Wissenschaftsjournalistin Mai durch deren Äußerung in ihrem YouTube-Kanal abzukanzeln, wo Frau Mai von „bei Laien das Verauer erschüttern“ spricht und dies von Frau Dorn in das Vokabular von Glaubenswächtern und nicht in von Wissenschaftsjournalisten eingeordnet wird.

Später in diesem Artikel schreibt Frau Dorn von „interessiertem Publikum“. Wo ist der große Unterschied zum „Laien“. – Wenn sich Prof Drosten in dem Spiegel-Interview gegen die Unverschämtheiten der Bild Zeitung wehrt, so tat er dies sehr ausgewogen und unmißverständlich. Aber in dieser Antwort von Prof. Drosten vermutet Frau Dorn gleich Dogmatismus. – Die Fogerungen von Frau Dorn, nämlich Irrationalismus der Wissenschaft, die in einen ideologischen Tunnel fährt, unsauberer Begriff von Wissenschaft, der angeblich alle „Gegner“ als wissenschaftliche Tölpel deklassiert.und das Verschwimmen der Grenzen zwischen Wissenschaft und Ideologie, sind Folgerungen, die Frau Dorn nur mit fadenscheinigen Argumenten und empörerischen Sprache zu belegen versucht. – Seriöse Wissenschaftler spielen sich nicht auf zu Ideologen.

Aber davon einmal abgesehen, müssen Wissenschaftler auch Ihre private Meinung äußern können, auch ein Prof. Schellnhuber als „Gewissenschafler“ Nachtrag: Da ich nun einmal an die Zeit-Redaktion schreibe, möchte ich ein paar kritische Amnerkungen zur „Zeit“ machen. Ich lebe vorwiegend auf meinem Grundstück in Brandenburg und erhalte dorthin die „Zeit“, leider öfters verspätet. Mich interessieren natürlich Ihre „Ostseiten“, aber auch die Artikel, die für andere Landesteile vorgesehen sind. Ärgerlich finde ich besonders, daß sie für die Ostseite die Leserbriefe unterschlagen, Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn ich in Zukunft auch die Leserbriefe lesen könnte. Ein besonderes Ärgernis sind mir „Die Torten der Wahrheit“. Sie sind überflüssig wie ein Kropf, Wenn sie wenigstens witzig wären! – Dr. W. Wiederholt

 

Gleich drei Beiträge in der ZEIT vom 4. Juni (Ausgabe 24/2020) widmen sich dem Problem wissenschaftlicher Expertise. Die Schriftstellerin Thea Dorn warnt in der Rubrik STREIT unter der Überschrift „Nicht predigen sollt ihr, sondern forschen!“ (S. 9) vor der Rechthaberei mancher wissenschaftlicher Ratschläge. Im Wissenschaftsteil wird im Interview mit dem schwedischen Philosophen Erik Angner unter dem Titel „Die Expertise-Falle“ (S. 27) auf die Tendenz zur Selbstüberschätzung wissenschaftlicher Experten hingewiesen. Schließlich fordert der frühere sachsen-anhaltinische Kulturminister Stephan Dorgerloh in „Ab in die Amtsstube!“ (S. 37) ein Jahr als „Scientist in Residence“, damit Schulforschung und Schulpolitik voneinander lernen. Was denn nun: mehr Expertisenbeachtung oder weniger. Das Beispiel des populistischen Präsidenten Trump in den USA zeigt, dass eine Politik der Ignoranz von Fakten das Erreichen der eigenen Ziele („make America great again“) wohl eher erschwert als beflügelt.

Empirische Wissenschaft versucht festzustellen, was ist, und – wenn auch mit noch größerer Unsicherheit und nur unter Annahme gesetzter Voraussetzungen -, was eintreten wird. Mehr ist leider nicht drin. Um daraus aber Konsequenzen zu ziehen, bedarf es mehr, nämlich Werte, die wir akzeptieren, und Ziele, die wir erreichen wollen. Im Unterschied zu Aussagen über die Welt sind Werte und Ziele nicht entweder richtig oder falsch, sondern müssen ihrerseits als gut oder schlecht bewertet werden. Zudem können sie untereinander in Konflikt geraten. Daher muss es in einer Demokratie immer und immer wieder Diskussion und oft auch Streit über Werte, Wege und Ziele geben. Experten über das Sein helfen hier nicht weiter, und daher kann die Forschung auch nicht sagen, was wir beschließen oder tun sollen, sondern nur, welche Konsequenzen es vermutlich haben wird, wenn wir das eine tun und das andere lassen. – Steffen Kühnel

 

Wissenschaft und Vorhersagekraft. Ich höre Ihre Warnungen vor Wissenschaft als Pseudoreligion – sie sind nur zu verständlich vor dem Hintergrund von „wissenschaftlicher“ Rassenkunde und „wissenschaftlichem“ Marxismus-Leninismus – mit jeweils vermeintlich zwingenden Schlussfolgerungen mit fatalen Folgen für viele Menschen. Bei einigen der von Ihnen genannten Beispiele sehe ich das Problem jedoch an anderer Stelle: Es geht um die Vorhersagekraft wissenschaftlicher Theorien und von Modellen, die sich solcher Theorien bedienen. Leider werden in der Öffentlichkeit die Vor-Annahmen von Modellen zu wenig kommuniziert oder ihre Diskussion findet zu wenig Verständnis. Zum zweiten wird zu wenig über die Genauigkeit von Ergebnissen gesprochen, die in Modelle einfließen und die von Modellen zu erwarten sind. Würde man mit der diffusen Aussage leben wollen, wenn nur „ein Faktor“ falsch eingeschätzt würde, „dann fällt alles zusammen wie ein Kartenhaus“, würde man mit der Entwicklung von Therapien kaum vorankommen und es gäbe wohl kaum das von Ihnen eingangs beschriebene „Smartphone in der Hand“.

Gerade bei diesem stützt man sich auf wissenschaftliche Vorhersagen, die man bis zur X-ten Stelle hinter dem Komma kennen muss – und das funktioniert: Die Ergebnisse sind eben sehr präzise. Es gibt allerdings auch Gebiete, in denen sich trotz hoher Genauigkeit der Ausgangsdaten die Präzision der Berechnungen mit zunehmendem Vorhersagezeitraum überproportional verschlechtert. Genau solche Phänomene werden aber in der wissenschaftlichen Gemeinschaft kommuniziert und führen dazu, dass man zwischen mehr und weniger zuverlässigen Vorhersagen unterscheidet. Herr Drosten genießt unter Wissenschaftlern nach meiner Einschätzung deshalb einen sehr guten Ruf, weil er genau diese Punkte betrachtet. Demgegenüber sind diffuse Aussagen, die auf ein „wir wissen sowieso nichts Genaues“ hinauslaufen, kontraproduktiv. Im Fall von COVID19 ist man auf einer Zeitskala von einigen Wochen mit Vorhersagen sicher, was den Verlauf der Pandemie ohne Gegenmaßnahmen betrifft. Aber genau das haben einige Staatsmänner ignoriert und so Bürgern ihrer Länder – vorhersehbar – Schlimmes angetan.

Hier ist die Infragestellung klarer Forschungsergebnisse und der Schlussfolgerungen daraus tödlich. Über die genaue Auswirkung von Gegenmaßnahmen hat man hingegen zum Teil unvollständige oder ungenaue Informationen, so dass detaillierte Aussagen schwieriger werden – aber genau dazu gibt es ja immer weitere Forschungsergebnisse. Wir wären aber schlecht regiert, wenn die politischen Entscheidungsträger diese als irrelevant zur Seite schieben würden. Nebenbei bemerkt finde ich es mehr als bedauerlich, dass Herrn Drosten die Verteidigung gegen übergriffige Medien letztlich nicht zugestanden wird und ihm in diesem Zusammenhang – ohne Nachweis – Dogmatismus vorgeworfen wird. – PD Dr. Klaus Bratengeier

 

Forschung darf keine unbeqeme Wahrheiten aussprechen. Es lebe die Diktatur der Thea Dorn! Ihre eigene Verdrängungsleistung wird der neue Imperativ. Lieber Selbstmord als Selbstunterwerfung! Berge von Studienergebnissen ignorierend, begründet sie ihre naive, anthropozentrische Weltsicht mit zwei selektiv ausgewählten Zitaten, in denen sie sich Widersprüche ausmacht, die nur einen Klimaleugner wirklich überzeugen. Mit dieser Methode kann man die absurdesten Behauptungen aufstellen. Dabei findet die, von ihr befürchtete Selbstunterwerfung gar nicht statt. Ganz im Gegenteil. Die von allen renommierten Klimaforschern ausgesprochenen Warnungen haben bisher nicht zu substanziellen Verhaltensänderungen geführt. Die CO2 Emissionen steigen unbeeindruckt weiter. Was wohl zukünftige Generationen, deren Welt wesentlich chaotischer sein wird, zu diesem Dokument der Ignoranz sagen werden?

Ich wünschte Thea Dorn würde es erfahren. Dabei hätte sie zu Wissenschaft soviel Kritisches schreiben können. Die von Fancis Bacon eingeführten engen methodischen Grenzen als alleiniger Maßstab, die strikte Trennung von Natur und Mensch, Decartes Trennung von Körper und Geist. Vieles erwies sich davon als falsch. Sehr schnell ging Wissenschaft (spätestens zu Zeiten von Hermann von Helmzholz) von der Beschreibung der Natur zur Beherrschung der Natur über. Auch dieses geistige Erbe steckt offenbar noch in uns. Doch wenn man Thea Dorns engstirnige Zeilen liest, wird sie für diesen Ansatz nicht zu gewinnen sein. – Dr. Gereon Rogoß

 

„Der Irrationalismus ist auf dem Vormarsch“ Diesem Zitat aus dem Beitrag von Frau Dorn stimme ich zu. Die scheinbar weit verbreitete Sehnsucht, Hochkomplexes so zu vereinfachen, dass Erkenntnisse und Aussagen von einem uneindeutigen und zeitlich begrenzten Wissen in Richtung Glauben driften, will vielen Menschen ein emotional tragfähigeres Weltverstehen zur Verfügung stellen. In Bezug auf die von der Autorin geforderten Verpflichtung zur Rationalität in den Wissenschaften sei aber bedacht: die unterstellbare weitere Zunahme an Komplexität wird auch das bisherige Instrumentarium natur- und vor allem sozialwissenschaftlicher Methoden vor immer größere Herausforderungen stellen. Politisch, gesellschaftlich und sicher auch wissenschaftlich ist anzunehmen: mit dem Primat unserer rationalen Intelligenz werden wir den daraus resultierenden Phänomenen zunehmend eingeschränkter begegnen können. Möglicherweise stehen unterhalb der kognitiv-bewussten Schwelle weiter führende Intelligenzen zur Verfügung? – Dr. Wolfgang Klöckner

 

„Mit einer Parole wie „United behind the Science!“mag man Kreuzfahrer auf eine heilige Mission einschwören“ – Ihr Ernst, Frau Dorn?! Damit stellen Sie Papst Urban II., der im Jahr 1095 zum „Krieg gegen die Ungläubigen“ aufgerufen und so „im Namen Gottes“ zu einem Gemetzel sondergleichen angestachelt hat, auf eine Stufe mit tausenden von seriösen Wissenschaftler*innen, die sich dafür einsetzen, dass die Politik den breiten wissenschaftlichen Konsens in puncto menschengemachter Klimaerwärmung endlich zur Kenntnis nimmt und beginnt, entsprechend zu handeln. Irrational ist nicht die Idee von „United behind the Science!“. Irrational ist es, diesen Gedanken und die Wissenschaftler*innen, die dafür stehen, in einen Topf mit Verschwörungsgläubigen wie Papst Urban II. oder egoistischen Hygiene-Demonstrant*innen zu werfen. Das nennt sich Diffamierung. Mit seriösem Journalismus hat das nicht viel zu tun. – Nora Oehmichen

 

Frau Dorns meinungsstarke Polemik ist erstaunlich argumentationsschwach – gemessen an den weitreichenden Vorwürfen an die Adresse bestimmter Klimaforscher und Virologen: „Wissenschaft als Religion“, „Rückfall in voraufgeklärtes Denken“, „Ideologen des einzig richtigen Wegs“, die predigen, anstatt zu forschen. Stefan Rahmstorf, weltweit anerkannter Professor für die Physik der Ozeane, ist die erste Zielperson ihrer Philippika: (Domino-) Stein des Anstoßes ist ein von ihm im Spiegel veröffentlichter Essay zur Unterschätzung von Tempo und Ausmaß des Korallensterbens (mit differenzierenden Querverweisen und Verlinkungen zu internationalen Fachjournalen), in dem er von der Gefahr des Fallens „eines ersten Dominosteines in einem eng verflochtenen lebenden Erdsystem“ berichtet. Dieses Bild steht im Klimadiskurs für mögliche Kaskadeneffekte/Wechselwirkungen beim Erreichen bestimmter Kipp-Punkte der Klimaentwicklung; für Frau Dorn das „trostlos-mechanistische Bild eines Domino-Parcours“ und der Professor der Nutzer eines „Taschenspielertricks“.

Damit verlässt sie den für sie äußerst unsicheren Boden der Fachdiskussion, um ihre Entlarvung vorzutragen, damit perfekt den neuen Typus des „Medienintellektuellen“ (Beschreibung durch den Soziologen Stephan Moebius) verkörpernd, dessen Kapital nicht die besondere Fachkompetenz ist, sondern die Anwendung von Strategien zur Selbstinszenierung und öffentlichen Selbstdarstellung; das Ergebnis sei nicht selten – so Moebius – die Desinformation, Skandalisierung und Vereinfachung. Der Virologe Prof. Drosten, den Frau Dorn dem „Lager der alarmierenden Virologen“ zuordnet und den sie zuerst recht fair und differenziert beschreibt, sei in der Auseinandersetzung mit der Bild-Zeitung immer „rigider“ und „dogmatischer“ geworden und muss als Beispiel für den „Zwang zum Rechthabenmüssen“ herhalten, all dies ohne jede Begründung (und Berechtigung) vorgetragen. Diese Beispiele müssen hier genügen. Die Frage , wer sich des „Rückfall(s) in voraufgeklärtes Denken“ schuldig gemacht hat, muss neu bedacht werden. Und es stellen sich die Fragen, ob hier nicht Rhetorik die unvoreingenommene Analyse ersetzt und wir es mit einem pseudointellektuellen Hütchenspiel zu tun haben? – Norbert Pfaff

 

Gratulation zu Ihrem e xzellenten Artikel (4.6.2020).Die deutsche Selbstunterwerfung unter das Diktat klerikal auftretender “Klimaforscher” in Instutionen ( z.B. PIK ) ,die die Politik zu exakt diesem Zweck geschaffen hat,ist leider sehr weit fortgeschritten.InSachen Klimawandel und Energiewende haben sich sogar die Akademien der Wissenschaft ( z.B. acatech ) weitgehend dieser Unterwerfung angeschlossen. Ich habe ueber 30 Jahre versucht,in acatech und anderen Akademien ,wo ich jeweils Mitglied bin ,gegen zu steuern.Leider ohne Erfolg. – Prof.Dr.rer.nat. Dietrich Welte

 

„Einer der verstörendsten Entwicklungen hochtechnologisierter Gesellschaften“ ist Thea Dorn auf der Spur und hat für ihre Beobachtung gleich einen glaubwürdigen Zeugen: Carl Friedrich von Weizsäcker, der bereits 1959 – also lange vor der Entstehung von Hochtechnologie – be- merkte, dass der Glaube an die Wissenschaften die Rolle der herr- schenden Religion übernimmt. Die beklagte Entwicklung hat also schon viel früher stattgefunden und hat anscheinend andere, tiefere Ursachen als die Entstehung der Hochtechnologie. Ähnliche Argumentationsfehler unterlaufen der sonst überaus scharfsinnigen Thea Dorn noch an anderen Stellen.

So haben sich in der Klimadebatte nach ihrer Meinung prominente Wissenschaftler zu Hohepriestern verwandelt, weil jene jeden Zweifel (sie meint hier wohl eher Zweifler) an der Zuverlässigkeit von „epidemiologi- schen Modellierungen“, als „Klima-“ oder „Corona-Leugner“ diffamieren. Was ist eigentlich eine „epidemiologische“ Modellierung von Klimaverän- derungen? Eine solche existiert bisher nur in der Argumentationswelt von Frau Dorn, es klingt eben besser als nur eine schlichte Modellie- rung. Als einen typischen Vertreter der Gattung Hohepriester macht Thea Dorn einen der renommiertesten deutschen Klimaforscher, Stefan Ramsdorf aus. Er ist Mitbegründer des weltweit bekannten RealClimate- Blogs, der von der Fachzeitschrift Nature unter die Top 5 der Wissen- schaftsblogs gewählt wurde. Geht es nach Thea Dorn, so liegt seinen Aussagen „… eine absurde und höchst fragwürdige Annahme zu- grunde“, nämlich die, dass der Mensch die Kontrolle über die Natur ver- liert, eine Kontrolle, die der Mensch richtigerweise nie hatte.

Ramsdorf ein derart mechanistisches Denken zu unterstellen, ist mehr als eine grobe Vereinfachung. Was dieser und andere Klimaforscher un- ter Kontrollverlust verstehen, könnte man mit einem Autofahrer verglei- chen, der mit überhöhter Geschwindigkeit in eine Kurve fährt, mit schwerwiegenden und für ihn sehr wahrscheinlich sogar irreversiblen Konsequenzen. Die Konsequenzen menschlichen Handelns können durchaus, wenn auch bei weitem nicht in allen Aspekten – mit naturwissenschaftlichen Methoden erforscht und in ihrer Bedeutung für uns abgebildet werden. Mathematische Modelle für Klimaveränderungen und auch für Epide- mien gehen von möglichen Szenarien aus. Solche Szenarien werden wesentlich von unserem Verhalten und den Entscheidungen unserer Po- litiker beeinflusst. Dieses lässt sich mit statistischen Wahrscheinlichkei- ten beschreiben, aber nicht vorhersagen. Entsprechend vorsichtig sind Wissenschaftler mit ihren Prognosen. Sie sind allerdings in einer ande- ren Position als die Autorin dieses Artikels. Die Öffentlichkeit erwartet von ihnen verantwortungsvolle Aussagen zu möglichen, großen Risiken für unsere Gesellschaft.

Ein Risiko ist definiert als das Produkt von Eintrittswahrscheinlichkeit und dem größten anzunehmenden Schaden (GAU). Genau wegen die- sem Zusammenhang hat sich die deutsche Öffentlichkeit und die Politik für einen Ausstieg aus der Atomenergie entschieden. Die Eintrittswahr- scheinlichkeit eines solchen GAU ist zwar gering, die Folgen aber wären verheerend, also ist das Risiko dieser Technologie trotz aller Vorteile groß. Es ist eine der Aufgaben der Wissenschaft, auf die Folgen menschlichen Handelns hinzuweisen, wenn dieses zu hohen Risiken führt. Daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen und Entscheidungen zu treffen, ist Aufgabe der Politik. Immer wieder weisen Wissenschaftler auf diese essentiell wichtige Rollenteilung hin.

Ein öffentliches Auftreten, das Thea Dorn mit Recht für sich in Anspruch nimmt, spricht sie der Wissenschaft ab: „Nicht predigen sollt ihr, sondern forschen!“ Nach ihrer Auffassung soll es anscheinend die Aufgabe von Literaten, Essayisten und Fernsehmoderatoren sein, aus Forschungser- gebnissen die richtigen Schlüsse zu ziehen. Mit kaum verhüllter Emotio- nalität beklagt sie, wie die Wissenschaft mehr und mehr die Deutungs- hoheit über wesentliche Belange unseres Lebens übernimmt. Thea Dorn stellt die Falschen an die Wand, wenn sie dafür die Wissenschaftler ver- antwortlich macht. Vielleicht könnten mehr gute Essays einen Beitrag leisten, dass andere ebenso wichtige Aspekte wieder angemessen in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gelangen. – Heinrich Weber

 

Wissenschafts-Bashing auf die (pseudo-)intellektuelle Tour Nicht-NaturwissenschaftlerInnen, beispielsweise PolitikerInnen und Kulturschaffende, empfinden die Naturwissenschaften häufig als Zumutung: Mit der Natur ist kein Diskurs möglich, das Verhältnis zur Natur lässt sich nicht aushandeln. Entweder man spielt nach den Regeln, den Naturgesetzen, mit – oder man ist eher früher als später raus aus dem Spiel. Die anthropogene Klimakatastrophe und „Corona“ haben es deutlich gezeigt: Der Mensch kann die Natur auf Dauer nicht transzendieren. Auch Thea Dorn profitiert gern von den naturwissenschaftlichen Erkenntnissen. Wenn aber NaturwissenschaftlerInnen Wege aufzeigen, um Katastrophen abzuwenden – und diese Wege eine Veränderung der eigenen Lebens- und Denkweise erfordern, dann erklärt Frau Dorn die Naturwissenschaften einfach mal schnell zur neuen Religion. Das ist menschlich verständlich, aber intellektuell unredlich.

Seit über 40 Jahren warnen die NaturwissenschaftlerInnen vor der sich anbahnenden Klimakatastrophe. Wenn jetzt zumindest der eine oder die andere WissenschaftlerIn etwas massiver warnt, was ist falsch daran? Ist es nicht geradezu die Pflicht der WissenschaftlerInnen, ihrem Gewissen zu folgen und immer drastischer zu warnen, wenn kaum jemand bereit ist, dem Ernst der Lage entsprechend zu handeln? Das als „Predigen“ zu diffamieren, trägt schon verschwörungsmythologische Züge. Das wird durch Thea Dorns Argumentationsweise noch unterstrichen: Sie will mit Anekdoten allgemeines Fehlverhalten „beweisen“, reißt dabei Zitate aus dem Zusammenhang, betreibt Rosinenpickerei, setzt unerfüllbare Erwartungen, stellt suggestive Fragen und macht haltlose Vorwürfe. Das wäre noch nicht einmal in den Geisteswissenschaften zulässig. Nur zwei Beispiele:

„Der Glaube an die Wissenschaft spielt die Rolle der herrschenden Religion unserer Zeit“, wird Carl Friedrich von Weizsäcker zitiert. Weizsäcker meinte damit aber den Machbarkeitswahn, nicht die Wissenschaft als solche. Dorn kritisiert, dass jeder, der Zweifel an der Zuverlässigkeit von epidemiologischen Modellierungen oder Klimamodellen äußert, gleich als „Klima“- oder „Corona-Leugner“ diffamiert werde. Das ist schlichtweg ein Fake. Keine Wissenschaft ohne Zweifel. WissenschaftlerInnen sind genau das, was Dorn fordert: „Vernünftige Skeptiker“. Frau Dorn unterschlägt allerdings, dass der wissenschaftliche Prozess Regeln voraussetzt. Wer diese Regeln nicht einhält, handelt eben nicht wissenschaftlich, ist eben kein „vernünftiger Skeptiker“. Thea Dorn sollte sich vielleicht einmal mit Wissenschaftstheorie beschäftigen.

In einem Punkt hat Frau Dorn allerdings Recht: Der Umgang der Medien (und damit auch der Kulturschaffenden wie sie selbst) mit den Naturwissenschaften ist häufig unerträglich. Anstatt die Naturwissenschaften zu kritisieren, sollte sich Thea Dorn vielleicht einmal fragen, warum es uns als Gesellschaft bisher noch nicht gelungen ist, die Klimakatastrophe zu bremsen, warum es uns nicht gelungen ist, uns rechtzeitig auf die Pandemie vorzubereiten oder sie sogar zu verhindern. „Corona“ ist keine Rache der Natur, aber sie ist zumindest zum Teil eine Folge unseres Raubbaus an der Natur. Die nächste Pandemie kann übrigens auch aus einem deutschen Schweinestall kommen. –Volkmar Heitmann

 

Welch ein inkompetenter Artikel! Wäre es nicht geradezu niedlich, auf welch naive Weise Thea Dorn die vermeintlich widersprüchlichen Äußerungen von Wissenschaftlern zu entlarven meint, könnte man sich darüber ärgern. Thea Dorn sollte bei Gebieten bleiben, auf denen sie sich auskennt. – Imke Winestock

 

Für den Artikel „Nicht predigen…“ tausend Dank. Die Autorin schildert genau, wie seriöse Wissenschaftler dem Sog, Partei zu werden, kaum widerstehen können und somit ihre Objektivität aufgeben. Der Appell der Autorin an die Wissenschaft ist somit klar. Was aber folgt daraus für uns, die wir gerne weiter in einer Demokratie, einer freiheitlichen Gesellschaft leben wollen? Wenn bisher gelebte Freiheiten nur auf Unwissenheit beruhten und sie unseren Regierenden im Lichte neuer Erkenntnisse nicht länger tragbar erscheinen, werden diese abgeschafft; unter dem Beifall eines großen Teils der Bevölkerung. Da könnte eine Partei mit dem Markenkern der Freiheitlichkeit vielleicht ein Gegengewicht darstellen. Gibt es eine? – Jörg Neubauer

 

Essays von Thea Dorn sind stets klug und weiten meist den Blickwinkel. In ihrem STREIT-Beitrag in der ZEIT Nr. 24 vom 4. Juni zur Ideologisierung in der Wissenschaft bleibt sie an vielen Stellen aber hinter den Erwartungen zurück. Natürlich hätte Stefan Rahmstorf nicht recht, wenn er suggerieren würde, wir hätten bisher die Kontrolle über unser Erdsystem besessen und würden sie jetzt verlieren. Das Gegenteil ist richtig. Durch unsere Produktions- und Lebensweise und durch unsere wachsende Zahl üben wir immer stärkeren, für uns und andere Arten unheilvollen Einfluss auf dieses System aus und verlieren ab einem bestimmten Kipppunkt die Fähigkeit die Auswirkungen dieses Einflusses zu begrenzen oder rückgängig zu machen. Ich glaube das hat Rahmstorf mit Kontrollverlust gemeint.

Man kann es als Ideologisierung der Wissenschaft abtun, wenn der „Gewissenschaftler“ Hans Joachim Schellnhuber ein stärkeres Handeln von Politik und Gesellschaft zur Eindämmung der menschengemachten Klimafolgen fordert. An das Gewissen seiner Mitbürger zu appellieren scheint mir im Anbetracht der Tatsache, dass die gravierendsten Folgen unseres Konsums in anderen Regionen der Erde eintreten, nicht verkehrt. Trotzdem bleiben seine Äußerungen zur Rolle, die der Wissenschaft in der Corona-Krise zukommen sollte, mehr als unglücklich. Modellrechnungen zur Corona-Epidemie wurden übrigens von allen beteiligten deutschen Gruppen immer nur als grobe Orientierungshilfe für die Einschätzung der Wirksamkeit von Maßnahmen zur Eindämmung der Epidemie angesehen. Die individuelle höchst unterschiedliche Umsetzung dieser Maßnahmen lässt sich in diesen Modellen nicht abbilden, und ihre Vorhersagen werden daher stets unsicher bleiben. Die Effektivität von Maßnahmen kann im Nachhinein aber sehr wohl verifiziert werden, um bessere Handlungsanweisungen abzuleiten. Dies hat die Gruppe um Viola Priesemann vom Max Planck Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen für den schrittweisen Lock down in Deutschland im April eindrucksvoll demonstriert.

Am wenigsten eignet sich das Verhalten von Christian Drosten zur Untermauerung der These von einer Ideologisierung der Wissenschaft in der gegenwärtigen Situation. Drosten weist in jedem seiner Podcasts auf die Unsicherheit der Datenlage und die Notwendigkeit des Zweifels für einen guten Wissenschaftler hin. Im Streit mit der Bildzeitung ging es bezeichnender Weise auch nicht um eine wissenschaftliche These, sondern um einen empirischen Befund: Corona-infizierte Kinder sind Träger einer ähnlich hohen Viruslast wie Erwachsene. Dieser Befund ist inzwischen vielfach direkt und indirekt bestätigt worden. Die daraus resultierenden möglichen Schlussfolgerungen –vorsichtige Schulöffnungen- passten aber offensichtlich nicht zur Ideologie von Bild. – Prof. Dr. Hansjoachim Bluhm

 

Thea Dorn hat recht wenn sie meint, dass Wissenschaft Wissenschaft und Politik Politik sein muss. Aber sie verkennt, dass auch Wissenschaftler Teil der Gesellschaft sind, dass auch sie, ihre Familien, ihre Nachkommen von politischen Entscheidungen bzw. Nicht-Entscheidungen betroffen sein werden. Sie sind eben auch Menschen und keine in Elfenbeintürmen forschenden Roboter. Wissenschaft aller Disziplinen muss Politik beraten, aber Politik muss auch hören, abwägen und vor allem entscheiden. Das tut sie in Sachen Klimakrise bislang kaum, weil die Gefahr weit weg und unsichtbar ist und wir Wähler uns das zu wenig vorstellen können. Das ist das Dilemma, in dem Klimawissenschaftler stehen: Ihre Forschungen zeigen dramatische Entwicklungen, die von den meisten Ländern aber nur verhalten angegangen werden. Es ist also das Versagen von (internationaler) Politik, das sie drängt aus ihren Elfenbeintürmen zu kommen und laut zu mahnen – zum Glück! – Victoria Hamberger

 

Zweifel an Modellen sind insbesondere, wenn sie im Entstehen sind, am Anfang immer anzweifelbar. Da fehlen Parameter, weil sie nicht gemessen worden sind, vielleicht nur geschätzt worden oder gar vergessen worden sind. Der benutzte mathematische Apparat zu einfach konstruiert wurde usw. Daraus entstehen natürlich Diskussionen über die Ergebnisse des Modells, was in der Wissenschaft völlig normal ist.So etwas kennt man in der Öffentlichkeit zu Genüge bei Prognosemodellen über Wahlen. Diese waren früher auch nicht besonders ausgereift, ihre Aussagen waren nicht besonders treffergenau. Ihr Reifegrad ist jedoch erheblich gesteigert worden und damit auch die Treffsicherheit. Die Situation der Coronaepedemie erfordert jedoch, auf Grund von noch nicht ausgereiften Modellen, Entscheidungen zu treffen. Man hat drei Möglichkeiten.

1) alle Modellrechnungen zu ignorieren und sich allein dem Bauchgefühl hinzugeben. 2) aus den Ergebnissen der noch unausgereiften Modellrechnungen diejenige zur Richtschnur zu machen , die insbesondere in der Öffentlichkeit auf den geringsten Widerstand stößt. 3) Diejenige zu wählen , die das Risiko eines Schadens am kleinsten macht. Dabei besteht das Risiko immer aus zwei Parametern: Aus der Wahrscheinlichkeit des Eintreffens und dem messbaren finanziellen Schaden aber auch aus dem Verlust von Menschenleben. Nr.3 ist besonders leicht zu beantworten, wenn man als Einzelperson allein für den Schaden aufkommen muss.Wenn aber ein Volk, vielleicht die gesamte Menschheit betroffen ist, stellt sich das natürlich anders da. Es ist die Aufgabe der Wissenschaft beim 3.Fall den Politikern und den Mitmenschen die Folge, wenn auch unvollkommenen Wissens, klar zu machen.Es ist eine Pflicht ! Man kann sogar sagen, dass sie zum Teil dafür vom Steuerzahler bezahlt wird. Da ein Wissenschaftler auch Bürger ist, hat er als solcher natürlich auch das Recht, seine persönliche Risikobewertung genau so vorzutragen wie eine Schriftstellerin. Sie ist hierin auch nur Bürgerin, die aber weniger Einblick in die Zusammenhänge auch in die Arbeitsweise der Wissenschaft hat . – Dr. H.J. Juranek

 

Jawohl! Zu Befehl, Frau Dorn. Der Wissenschaftler soll sich brav als Dominostein in die ihm zugewiesene hierarchische Ordnung einreihen. Ich frage mich nur, wer darüber entscheiden soll, ab wann das Gesagte eines Wissenschaftlers als Predigt zurückzuweisen ist. Frau Dorn`s „Warnruf“ vor den Folgen einer Wissenschaft als Ersatzreligion ist wichtig. Aber sind anmaßende, übertreibende Wissenschaftler-Menschen wirklich das Problem? Die gab es schon immer. Vielleicht sind wir einfach zu leichtgläubig, jedenfalls immer dann, wenn jemand (auch eine Schriftstellerin) etwas so sagt, wie es unseren Vorstellungen entspricht? Könnte es nicht sein, das unser aller Verständnis von dem, was unsere Welt „in den Fugen hält“, noch reichlich „unaufgeklärt“ ist? Frau Dorn schreibt von einem „Leben auf unserem Planeten, das teils gesetzmäßig, teils chaotisch verläuft“.

Eine Vorstellung, als bestünde Leben aus zwei Anteilen, einer Ordnung und einem Chaos. Die Ordnung wäre dann erforschbar (und kontrollierbar und beherrschbar?) und damit der eigentliche Aufgabenbereich von Wissenschaft. Und der Chaos-anteil wäre als Schicksal zu begreifen. So weit, so gut. Es könnte aber auch anders sein. Wir könnten Leben als einen „gesetzmäßig-chaotischen Prozess“ verstehen. Das ist Komplexität. Im „deterministischen Chaos“ kommt eine Ordnung zum Vorschein, die uns allen wohl vertraut ist, und mit der wir uns dennoch schwer tun. Komplexität ist, grob vereinfacht ausgedrückt, die Vereinigung von Stabilität und Flexibilität in ein-und-der-selben Struktur. Darin besteht die unteilbare Qualität organismischen Lebens.

Es gibt keine Teile „Ordnung“ und „Unordnung“ (Chaos), in die man komplexe Systeme zerlegen könnte. Deshalb sind Lebewesen stabil und anpassungsfähig zugleich. Das ist die unabdingbare Voraussetzung dafür, in einer chaotischen Welt – Beispiel Klima und chaotische Mitlebewesen – leben zu können. Aber auch das „Wetter-Chaos“ ist weder zufällig noch beliebig. Es fusst auf dem Ordnungsprizip komplexer (nichtlinearer) Systeme. Eine Ordnung, die sich jedoch unserer direkten Beeinflussung entzieht. Wir wissen das. „Der nächste Sommer kommt bestimmt“, ganz sicher. Aber wie genau? Wer`s nicht erwarten kann, rufe Petrus an, oder glaube einer „Vorhersage“ von 87% Wahrscheinlichkeit für 0,8 mm Regen in 3 Tagen für exakt seinen Ort. Wenn der Klimaforscher Rahmstorf den Domino-Effekt bemüht, will er auf das „eng verflochtene lebende Erdsystem (verweisen), in dem alles miteinander verbunden und voneinander abhängig ist.“

Das soll ein klerikal auftretender Naturwissenschaftler sein, dem es mit „Taschenspielertricks“ nur darum geht, eine „Furchtverschiebung“ herbeizuführen, mit dem Ziel sich als Retter zu präsentieren? Das ist aber extrem düster betrachtet. Gerade Klimaforscher und Virologen erleben in ihrer Arbeit so unmittelbar die Konsequenzen von komplexen Systemen, dass wir ihnen ihre ehrlich vorgetragenen Zweifel, die Einsicht ihrer Machtlosigkeit, ja sogar ihre Ängste als Teil ihres Erfahrungsschatzes abnehmen sollten. Dies von einer manipulativen Predigt unterscheiden zu können, sollte möglich sein. In besserer Kenntnis von Komplexität ganz sicher! – Jürgen Pilz

 

Zum Artikel »Nicht predigen sollt ihr, sondern forschen« von Frau Thea Dorn. Die Zeit 2020, 4. Juni 2020, Nr. 24, p. 9, den ich sehr gelungen finde, habe ich die folgende Anmerkung: Frau Dorn formuliert sehr vorsichtig, ich würde das Thema gerne zuspitzen. Naturwissenschaft und Medizinische Forschung produzieren immer nur Hypothesen. Forscher versuchen die zu falsifizieren. Wenn dies über längere Zeit nicht glückt, kann man auf der Grundlage der Hypothesen weiterarbeiten und ggf. eine Theorie daraus entwickeln. Was Wissenschaft nicht kann: Wahrheit en finden. Wir erreichen allenfalls einen höheren Grad an Gewissheit. Im Gegensatz dazu braucht der Politiker jedoch (interindividuelle) Wahrheiten, um die Bevölkerung zu überzeugen und zur Handlung zu bewegen. Das ist die genuine Leistung des Politikers und keine geringe . Falls sich der Wissenschaftler jedoch in dieses Feld begibt, wird er unglaubwürdig, denn seine Forschungsergebnisse sind hypothetisch, nie wahr. Man sollte wieder mal Karl Popper lesen! – Prof. Dr. Michael Schmidt

 

Doch, sollt ihr, müsst ihr, forschen u n d predigen, zur Klimathematik zumindest. Das alte Testament bedarf zweier zeitgemäßer Ergänzungen: ‘Seid fruchtbar und mehret euch’…aber übertreibt es nicht, ist die eine und ‘macht euch die Erde untertan’…. aber macht sie nicht kaputt die andere. Da ihr einem widerständigen, unwirschen, zumindest aber äußerst zögerlichen Publikum predigt, das eure mißliebige Botschaft nur zu gern anzweifelt, bleibt es nicht aus, daß ihr als die Rufer in der Wüste mit der ewigen Wiederholung des Immergleichen als Rechthaber daherkommt. Vorhersagen objektiv überprüfen? Müßte man warten, bis es kracht (oder nicht): unbekömmlich! Zudem scheinen sich die Warnungen mit der Zeit schon zu überholen. Beispiel: ‘Die Grenzen des Wachstums’ (Ehepaar Meadows an den Club of Rome, 70er Jahre) werden kaum wie vorhergesagt ausgereizt werden können, weil zuvor das Klima kippt.

Und das Klima? Wer weiß; noch ein paar Pandemien wie die gegenwärtige oder ein anderes Unheil, und die Klimadebatte hat sich vielleicht erledigt. Das würde aber die eingangs erwähnten biblischen Ergänzungen nicht obsolet sondern noch dringender machen. Dies zum Klima. Nun zur Seuche. Mundschutz ja, Maulkorb erneut nein, zumal den Virologen ihre Botschaften unter dem Druck der Ereignisse ja geradezu aus den Mündern gerissen werden. Natürlich fragt in dieser Lage alle Welt nach Modellierungen des zukünftigen Verlaufs: Vermutungen, Berechnungen, Wahrscheinlichkeiten, mit und ohne Kristallkugel; objektiv überprüfbar? Kaum. Siehe oben. Die Viel- heit und teils Widersprüchlichkeit sind ein Maß für die Unsicherheit. Kein reizvolles Klima zum Predigen. Zum Beharren auf eigenen Erkenntnissen, Meinungen, das ja. Einmischung ins Politische? Kann die Politik zurückweisen, wenn sie denn will.

Erlösende Aussagen für die Zukunft von der Wissenschaft zu erwarten ist gewiß vergebens, dürfen wir uns deshalb auf unsere Sterblichkeit herausreden, auf die unserer Kinder auch? Der noch Ungeborenen auch? Diese Frage treibt vermutlich die ‘Gewissenschaftler’ um, die damit aber weniger rückfällig als vorausblickend moralisch bemüht sind, des Scheiterns durchaus gewärtig. Die archaische Angst vor dem Unterworfensein unter die Macht der Natur sollte dem Bewußtsein von diesem Unterworfensein gewichen sein, und dies vor allem im Hinblick auf eine von Menschenhand mißhandelte Natur! Fazit: Warnruf gehört, auf Entwarnung plädiert. – Ernst Walter Thielen

 


 

 

Leserbriefe zu „Das eiskalte Aufklärungsmanifest“ von Maxim Biller

 

Danke. Ein ob seiner klaren Aussagen zutiefst beeindruckender Artikel. Ist es Manifest oder Abrechnung oder gar beides zugleich; darüber sollte man erst einmal in Ruhe nachdenken. Auch wenn ich mir nicht jede Zeile zu eigen mache; es bleibt zum ganz überwiegenden Teil eine nachvollziehbare Perspektive auf die aktuellen Zustände. Und das tut wohl. – Michael Krömer

 

Chapeau! Maxim Biller seziert eiskalt die Paradoxien der Identitätspolitik und entlarvt ihre strategische Hybris – die Verabschiedung einer Gesellschaft der Freien und Gleichen zugunsten eines gruppenbezogenen Neofeudalismus. Gerade weil der Autor seine Analyse, sprachmächtig wie er ist, in eine manieriert-überhitzte Diktion kleidet, wird sie zu einem besonders exquisiten Lesevergnügen. Dieses Vergnügen stört einzig der Umstand, dass Cranach durch einen wesentlich unbekannteren Herrn Granach ersetzt wurde ….. – Prof. Dr. iur. Ulrich M. Gassner

 

Danke für die bissige, zugespitzte, aber sehr berechtigte Polemik gegen die div. Ausprägungen der Identitätspolitik. Mich verblüfft immer wieder, dass die vermutlich sehr klugen und gebildeten VertreterInnen der IP nicht sehen, was Sie anschaulich beschreiben: dass damit der Universalismus ausgehebelt wird, das Ende der Freiheit der Kunst und die Übernahme der rechten, rassistischen Denkmuster erfolgt. Übrigens: Ihren Roman „Sieben Versuche zu lieben“ habe ich sehr gerne und mit Gewinn gelesen. Danke auch dafür. – Karl Giebeler

 

Entweder ist das eine Satire Richtung Verschwörungstheorien oder: der Junge hat ein Linken-Trauma. Kann man ihm helfen? – Ruth Balden

 

Was an diesem verschwirbelten, unverständlichen Geschreibsel aufklärererisch sein soll hat sich mir nicht erschlossen. Und dass diesem Schwadro- Nonsens auch noch eine Doppelseite eingeräumt wird, ist für mich unfassbar. – Hans-Joachim Vogel

 

Artikel dieser Art sind es, für die ich DIE ZEIT seit Jahren schätze: Eine klare Meinung, durchaus „gegen den Strich“, die gut begründet und mit sprachlicher Treffsicherheit sowie einer Prise Witz und Ironie formuliert wird. Und ich kann dem Gesagten nur aus voller Überzeugung zustimmen und die Redaktion für die Veröffentlichung loben – DANKE, danke Maxim Biller! – Patricia Fehrle

 

Ich weiß nicht, ob es Sie oder den mutigen Max Biller überhaupt noch gibt, wenn diese Zuschrift bei Ihnen ankommt, oder ob der Shitstorm schneller war… Der furiose Beitrag von Biller hat mir noch einmal gezeigt, dass über 50 Jahre Lesen der ZEIT eine gute Investition war! Nein, auch ich fürchte mich, im Netz über den „erstklassigen“ Penis von Till Lindemann zu stolpern. Muss nicht sein, muss aber sein dürfen! JA, ich glaube Biller hat Recht,, wenn er über die Intentionen der IP-People schreibt: „Wir wollen nicht, dass Bücher, Filme, Songs von Leuten, die talentierter und fleißiger sind als wir, weiter veröffentlicht, besprochen und verkauft werden, denn das verletzt uns.“ Was ich nicht gedacht hätte, dass ich nach all der gespürten Billerscchen Wut noch Lachträner bekommen würde ob des Begriffs „Agora-Talk-ins von Athen“. Brillant! Ich wünsche der Redaktion der ZEIT weiterhin den Mut, so freche Artikel zu veröffentlichen. – Michael Dericks

 

Wenn man so schreibt wie es Herr Biller tut, dann darf es nicht verwundern das Antisemitismus dadurch eher angeheizt wird, als ihn zu überwinden. Wer mit Wut schreibt wird kopflos, und kann kein Aufklärungsmanifest verfassen das ernst zu nehmen ist. Es ist schriftstellerische Selbstbefriedigung. Die Frage steht im Raum, ist das bewußt so vorgesehen, und ist das der so oft zitierte jüdische Witz? Ich finde das die jüdische Gemeinde in Deutschland mit einem Anteil von 0,5% an der Gesamtbevölkerung einen überproportionalen Anteil in deutschen Medien einnimmt, aber keinen wirklich kulturellen Beitrag leistet der dem gerecht wird. Die Welt ist voll von Satirikern, Nörglern, Besserwissern, was wir brauchen sind Menschen mit Visionen, denn nur sie verändern diese Welt zum Besseren. Das konnte ich in dem Artikel „ Das eiskalte Aufklärungsmanifest „, der eine Doppelseite ihrer Zeitung einnimmt, leider nicht sehen. Wenn man sich vorstellt wieviele Bäume dafür fallen mussten, dann hat man Grund über alle Maßen traurig zu sein über solch menschliche Verirrung von Intellektualität. – Gert Besner

 

Es ist schade, dass Maxim Biller die Finte Til Lindemanns nicht durchschaut: Eine gezielt provokative PR-Aktion um seine mediokre Lyrik zu verkaufen und zusätzlich seine Band Rammstein ins Gespräch zu bringen. Früher haben Rockstars Tauben den Kopf abgebissen, oder sich mit dem Christentum angelegt, heute scheint nur noch der Weg zu bleiben, sich auf Kosten von einer Minderheit -hier: vergewaltigte Frauen- in Szene zu setzen. Zur Freiheit in diesem Land gehört es, dies zu kritisieren und ebenso ein Verbot solcher Lyrik zu fordern. Zur Freiheit eines Verlags gehört es ebenso eine solche Aufforderung abzulehnen. AutorInnen und Journalisten aber „Prüderie“ vorzuwerfen, eine Spiegel Autorin als „Politoffizierin“ und „Karl-Marx-Fangirl“ lächerlich zu machen, ist borniert. Diese Aurorinnen versuchen eine Lobby für Frauen zu schaffen, die sexualisierte Gewalt erlebt haben, die bisher im gesellschaftlichen Diskurs wenig Gehör finden. Ich stimme Maxim Billers Wunsch zu, dass Lindemanns Gedicht weiterhin veröffenticht gehört. Den dringend nötigen Versuch -Frauen Aufmerksamkeit und eine Bühne zu geben, die traumatisches erlebt haben- als Identitätspolitik abzustempeln, und Vergleiche mit „rechts“ zu insinuieren, ist jedoch absurd und kleinkariert. – Steffen Ahrens

 

Obwohl mir dieses Manifest, gemessen an der Polemik Maxim Billers und der Bedeutung des Themas, fast zu harmlos geraten ist, so möchte ich Euch danken etwas so kluges gedruckt zu haben, das nicht allen Eurer Leser/innen aus der Seele gesprochen haben wird. Es wird weiter eine fast unmögliche Aufgabe bleiben, diese Form des totalitären Denkverbotes zu kritisieren und trotzdem die richtigen Anliegen auch der Menschen zu teilen, die glauben mit Identitätspolitik tatsächlich etwas ändern zu können. Ich bin mir da bei den rechten und linken Vertretern gleichermaßen unsicher. Die Argumente Billers der eigenen Karrieregeilheit und Zweitklassigkeit teile ich zwar ausdrücklich, menschlicher geht es wohl kaum, aber es wird sicher noch andere geben, vielleicht ein Verzweifeln an der eigenen Kultur. Ich sehe wie viele andere die echte Gefahr, dass dieses Verhalten von meist selbst privilegierten (jungen weißen) Menschen die Spaltung unserer Gesellschaft vorantreibt, die sie sicher nicht beabsichtigt haben. So trägt dieser Text vielleicht tatsächlich zu einer „Versachlichung“ der Debatte bei, wann kann das schon über eine Biller-Text gesagt werden? – Mathias Stuhr

 

Was will Maxim Biller eigentlich? Will er zurück zur „guten“ alten Zeit, als man zu Schwarzafrikanern noch Neger, zu Sinti und Roma noch Zigeuner etc. sagen konnte. Er scheint ein Bedürfnis zu haben, einmal so richtig die Sau rauslassen zu können. Allerdings reicht es nur zu einem verschwurbelten Dagegensein gegen alle Formen von Respekt und Achtung von verschiedensten Menschengruppen. Am besten möge er sich doch daran orientieren, wie der oder die andere selbst angesprochen werden möchte. So ist eben das Fräulein von früher auch ganz normal eine Frau. Und wer möchte, kann sich doch gern mit dem selben Respekt auch als schwul, lesbisch oder queer bezeichnen lassen. Warum das linke Ideologie sein soll, entzieht sich meiner Vorstellungskraft. Es gehört eigentlich nur zu einem normalen menschlichen Miteinander. Entscheidend bleibt der Respekt. Was geschieht, wenn die Würde des anderen herabgesetzt oder mit Füßen getreten wird, kann man zur Zeit gut in den USA sehen. Ist vielleicht Trump sein Vorbild? – Reinhardt Seibert

 

Man mag zu Maxim Billers Thesen stehen wie man will, aber diese brilliant-erfrischende Provokation steht der „ZEIT“ gut zu Gesicht, zumal die Medien sich derzeit bevorzugt und unisono an Themen wie Umwelt, Klima und Covid-19 abarbeiten. Ich erwarte jetzt mit Ungeduld die hoffentlich ebenso wütende Gegenrede. In einem Punkt irrt Biller allerdings: Zusammen mit Rammstein füllt Till Lindemann bekanntlich seit Jahren weltweit große Arenen von Moskau bis Buenos Aires. Er ist also mitnichten nur „in Deutschland weltberühmt“. – Peter Urbanek

 

So saufrech und witzig habe ich die Nähe von altright und neulinks, von Identitätspolitikund Identitären noch nicht demonstriert gesehen wie von Maxim Biller um den neualten weissen Mann,den Europhallozentriker Till Lindemann. – Peter Diefenbach

 

Nun habe ich also beinahe die gesamte erste Stunde meines Tages damit bereichert, den neusten Biller-Streich zu lesen und mir ein wenig den Widerhall in der Zwitscherkammer zu Gemüte zu führen. Ich gehe davon aus, dass sich Herr Biller weder darum kümmert was dort im Wortlaut geschrieben wird, denn um die Intention der Reaktion wusste er ja bereits während er seinen Artikel verfasste, noch wird ihn eine Leserstimme interessieren, die ihm ein anerkennendes „Chapeau!” zurufen möchte. Tatsächlich bleibt ein Großteil der Betroffenen an den Beleidigungen am Anfang des Artikels hängen, liest entweder nicht weiter oder will den viel umfangreicheren Rest des Geschriebenen nicht verstehen, um jetzt nach einer Zensur Billers und einer Stellungnahme der ZEIT zu rufen. Nun sitze ich staunend im Zug und kann nicht fassen, wie vermeintlich fremdgedacht das Reaktionsmuster des angesprochenen Personenkreises funktioniert und derart getriggert anspringt. Im Großen und Ganzen ist es ja unglaublich schade, dass dieser Artikel wirklich funktioniert, da ich dachte, dass ein Großteil der Menschen schon längst weiter wäre. Wieder einmal eine wertvolle Ent-täuschung. Sollte es Herr Biller dennoch interessieren, dann zieht doch in meinem Namen euren imaginären Stetson vor ihm. Merci bien! – Julian Wenger

 

Wie oft wollte ich in der Vergangenheit schon mein Abo kündigen – weil Sie mal wieder ein Gendersternchen eingemogelt haben; weil ich einfach genervt war von den zum Teil weltfremden, um sich selbst kreisenden Themen; oder weil ich nicht mehr die unsägliche Kolumne von Sophie Passmann im Magazin mitfinazieren wollte. Mit der aktuellen Ausgabe haben Sie sich mein Abo für mindestens ein weiteres Jahr gesichert: die großartige, wortstarke Abrechnung von Maxim Biller mit der ideologisch völlig verblendeten Identitätspolitik zu lesen war ein Fest. Vielen Dank! Bleibt nur zu hoffen, dass Sie zu diesem starken Text stehen und in der nächsten Ausgabe nicht, wie so oft, ein hilfloser Widerspruchsversuch folgt … – Simon Chlosta

 

Wie ungeschickt! – Da schreibt sich der Held des „genialen“ ach so „demokratischen“-„kapitalistischen moves“ seinen Frust ausgerechnet zu der Zeit von der Seele wo Amerika das Mutterland des Kapitalismus dem move seines Bürgers George Floyd ein brutales Ende setzt. So kann die aufgeblasene Attitüde eines kleinen Angebers ganz schnell zu Zynismus pur werden. – Dieter Herrmann

 

Der weltberühmte Maxim Biller hat‘s geschafft. Mir wurde warm um‘s Herz, im Kopf sowieso bei so viel rechthabendem, heiligem, ermutigendem Satire-Ernst. – Dr. Ralf Kuntzsch

 

Wie habe ich wieder gelacht! Ich habe sogar meinem Mann Auszüge aus Ihrem eiskalten Manifest vorgelesen. Grandios! Ich schätze Ihre Wortgewalt, den Witz, den Sarkasmus und Ihre Scharfsicht und stimme Ihnen in Vielem zu: Kunst, und nicht nur Kunst, muss frei bleiben. Aber je weiter ich mit dem Lesen gekommen bin, je mehr persönliche Angriffe und sogar Beleidigungen ich lesen musste, desto stärker wurde in mir der Drang, Sie beseite zu nehmen und zu sagen: „Komm doch mal her, nimm dir ein Glas Milch und einen Keks und sag mir, wer so böse zu dir war. Habt ihr euch geprügelt? Alles wird wieder gut!“ – Claudia Heydorn

 

Welche Freude am Wochenende! Brillant! Ich bin nicht in allem mit dem Autor einverstanden, aber seine Kritik ist insgesamt so nötig und die Sprache…..ein wahrer Genuss!! Danke, Maxim Biller! – Chiculina Pfeifer

 

Was für ein bedauernswerter, tief verletzter Mensch. So viele große Worte, nur um sein gekränktes kleines Herz hinter einem schwer lesbaren Text zu schützen, schwer lesbar zumindest, wenn man versucht, mehr darin zu finden als immer und immer wieder: mir ist ein großes Unrecht widerfahren. Ihr kennt ihn besser. Meint ihr, es würde helfen, ihn einfach mal ganz feste an sich zu drücken, damit er wieder lockerlassen kann? – Gregg Frost

 

Danke, Herr Biller! Ich verstehe vermutlich höchstens die Hälfte, vielleicht nur ein Drittel Ihres geistreichen Textes. Aber auch dieser Teil befriedigt meine Sehnsucht nach einer klaren und differenzierten Position in dieser Verwirrung zwischen offensichtlicher Diskriminerung gegenüber Menschen, die weiblich, schwarz, jüdisch, krank oder sonstwie „anders“ sind und wo selbstverständlich deutliches Engagement gegen die Ungerechtigkeiten angesagt ist, und dem Unbehagen und Widerwillen gegenüber den sich aneinander reihenden Aktionen, in denen Menschen im Namen von Antidiskriminierungskampagnen in den Dreck gezogen werden und weiteren Menschen Druck gemacht wird, all denen nämlich, die sich am in den Dreck ziehen nicht beteiligen wollen. Danke dafür! – Dr. Sibylle Riffel

 

Der Artikel „Das eiskalte Aufklärungsmanifest“ hat mich äusserst irritiert. Die Argumentation in diesem Artikel ist äusserst fragwürdig, nicht zeitgemäss und gerade in Bezug auf die aktuelle Situation sehr unangebracht. Ich finde es sehr bedauernswert, dass die Zeit einem solch ignoranten Autor eine so grosse Plattform zur Verfügung stellt. Falls es das Ziel des Autors war seine Leser*innen einfach nur zu provozieren, dann hat er das durch seine unangemessene Wortwahl und seine absurden Vergleiche bestimmt erreicht. Ich auf jeden Fall kann diesem Artikel auf keiner Ebene etwas Gutes abgewinnen, finde ihn weder interessant, noch lustig, noch sonst auf irgend eine Art und Weise bereichernd. Ich wünsche mir, dass das ein Einzelfall bleibt, denn es wäre schade, wenn solche Artikel in Zukunft vermehrt in der Zeit vorzufinden wären. – Meret

 

In der DDR habe ich erlitten, wie frustrierend es ist, wenn Medien EINSEITIG „ewige Wahrheiten“ verbreiten. Heute erlebe ich die „öffentliche Meinung“ in ähnlicher Weise. Gefühlt NIEMAND wagt den Mund zu öffnen, wenn „Klassiker“ wie „Pippi Langstrumpf“ umgeschrieben werden. Ihr Autor Maxim Biller tut es. Danke! Für mich ist mittlerweile die ZEIT derzeit die EINZIGE deutsche Qualitätszeitung, die den Mut hat, alle Facetten der Meinungen abzudrucken. In DDR-Zeiten musste ich jedes geschriebene Wort vorher dreimal abwägen. Heute ist fast schon wieder so weit. Ich traue mich kaum noch das unscheinbare Wörtchen „man“ zu benutzen. Das heißt, ICH kann mich das trauen, weil ich nicht in großen Zeitungen schreibe und MEINE Freunde häufig gar nicht wissen, was „Gender“ ist… In der „glücklichen ostdeutschen Provinz“… Aber ich fürchte, bald werden auch wir „missioniert“. Die Kommunisten haben das vor 75 Jahren auch geschafft… Aber vielleicht fruchtet ja Billers „Manifest“… Besser als das von Marx… – Dietmar Rößler

 

Ich bin seit ca. 35 Jahren regelmäßiger Leser der ZEIT. Ab und an überkommt mich beim Blick in die Zeitung bürgerliche Wut, dann denk‘ ich, nein, ich tu‘ mir das nicht mehr an. Von dem Maxim Biller hab‘ ich über die Jahre drei Artikel gelesen, jedes Mal überkam mich diese Wut in einem ungeheuren Maße. Bei seinem letzten Schmähgesang vergangene Woche dachte ich, einem Thomas Fischer, dessen Beiträge seinerzeit zu den interssantesten überhaupt zählten, die abgedruckt wurden, verbot man wegen einer aus heutiger Sicht Lapalie das Wort, einer Meinung, die nicht auf der Linie der Chefredaktion lag und deren Hintergrund und Ursache man heute schon wieder vergessen hat wie den Ehrgeizling, um den es damals ging. Ich vermisse Fischer’s Beiträge noch immer, weil an die Qualität nie mehr angeknüpft werden konnte.

Biller bekommt diese Plattform hingegen immer wieder und wieder eingeräumt. Weshalb eigentlich? Er geriert sich jedes Mal an dieser Stelle als ein meinen Augen bedauernswerter Eiferer, der sich nur über die totale, ehrabschneiderische Herabwürdigung anderer zu definieren weiß, um sich damit selbst zu inszenieren. An der Qualität seines Lebenswerkes kann es ja wohl nicht liegen, dass er diesen Platz für seine wohl mehr als privat anzusehenden Meinungsergüsse nutzen darf, die ist zumindest für mich überschaubar, um nicht zu sagen mäßig. Man möchte bei der Art der Selbstinszenierung, wenn man auch das sonstige Wirken betrachtet, fast vermuten, da will einer – und hat es vielleicht schon – den damals nach seinem Tod verwaisten, gut dotierten Platz eines Reich-Ranicki einnehmen. Nur: über RR konnte man sich wenigstens noch amüsieren, der hatte gute Kabarettisten-Qualität.

1. scheint mir dagegen nur über eine Schicki-Micki-Intellektualität zu verfügen, die vielleicht gerade noch in die Straßencafèszene am Brandenburger Tor passen mag. Seine narzistische Selbstgefälligkeit und die daraus entsprießende arrogante Überheblichkeit ist nichts als peinlich. Ich hoffe, dass es auch andere Leser erzürnt, wie sich seine Texte dem Grunde nach immer aus dem gleichen Muster rekrutieren: er ist darin nur allzu gerne sexistisch-ordinär, dreist im Umgang mit anderen Zeitgenossen, die stillos heruntergemacht und verunglimpft werden. Aber vielleicht handelt es sich dabei tatsächlich nur um eine für besonders klug erachtete Methode der Selbstinszenierung und liberalen Vermarktungsstrategie einer gnadenlos opportunistischen Wesensheit.

Die ZEIT leistet dabei jedenfalls höchst unkritisch die nötigen Steigbügeldienste, ein verdrießlich machendes Ärgernis. Hat sie keine Bedenken, sich damit weiter Leser zu vergraulen, die sich nur entsetzt abwenden können bei solchen Beiträgen wie dem vorgeblichen „Manifest“? Wenn man es auf seinen essenziellen Inhalt reduziert, bleibt nicht viel übrig: hier geht ein gnadenlos selbstübersteigertes, arrogantes Angeberwesen zu Werke, das in seiner maßlosenen Selbstüberhöhung jegliches Augenmaß verloren hat und keinerlei positiven Beitrag zum gesellschaftlichen Diskurs zu leisten weiß. Ist das nicht ein wenig dünn für einen regelmäßigen Beitrag in einem Forum, das sonst einen gewissen qualitativen Anspruch für sich reklamieren will? Fest war’s, was da serviert wurde, stimmt, harte Kost, und manisch kam es auch daher. Ich werde mir aus diesem Anlass zunächst eine mehrwöchige Enthaltsamkeit beim Kauf der ZEIT auferlegen, dann weitersehen, ob ich donnerstags in der Frühe wieder zu meinem Bahnhofskiosk wallen werde, um mir eine neue Ausgabe zu holen. Schade. – Karl-Heinz Grzeszyk

 


 

 

Leserbriefe zu „Gilt die Schulpflicht auch für Lehrer?“ Streit von Stephan Wassmuth und Stefanie und Hubig

 

Schon die Überschrift suggeriert: die Lehrer, die pflichtvergessenen Faulenzer. Was anderen Arbeitnehmern von Herzen gegönnt wird, dass sie nämlich im Falle chronischer Erkrankungen oder als Organempfänger besonders von ihrem Arbeitgeber geschützt werden – den Lehrern wird es vorgeworfen. Alles Drückeberger. Schüler, die zu einer diese Risikogruppen gehören, müssen natürlich zuhause bleiben. Sie sind schützenswert. In Deutschland ist es gesellschaftlich absolut schick, lehrerfeindlich zu sein. Dabei zeigt sich eine eigenartige Disbalance: Was den Schülern gegönnt wird – lange Ferien, kurze Schultage, späteres Aufstehen in Homeschooling-Zeiten – wird den Lehrern missgönnt. Macht ein Lehrer anspruchsvollen Unterricht, tun allen die Schüler leid, weil sie sich ach so anstrengen müssen. Schraubt der Lehrer seinen Anspruch hinunter, heißt es, er mache es sich zu leicht und genieße seine viele freie Zeit.

Ich selbst bin keine Lehrerin, aber mein Mann unterrichtet an einem Gymnasium. Was ich seit den coronabedingten Schulschließungen und -wiedereröffnungen erlebe, ist eine ganz andere Wirklichkeit, als die, die in Ihrem Text – und den vielen anderen in anderen Medien – beschrieben wird. Das Arbeitspensum der Pädagogen ist deutlich erhöht. Zwischen 7:45 Uhr und 14:45 Uhr werden die halben Klassen im Schulgebäude unterrichtet, davor und danach die andere Hälfte mit Haus-Aufgaben versorgt, es werden Mails beantwortet, Elterngespräche per Telefon geführt, Unterrichtsstunden per Video organisiert – Letzteres übrigens allen technischen und von Landesseite verschuldeten Problemen zum Trotz.

Und das alles zusätzlich zu den üblichen Vorbereitungen. Dass nicht jeder der rund 200 Schüler, die nahezu jeder Lehrer betreut, jeden Tag eine ausführliche Rückmeldung zu seinen Aufgaben bekommen kann, ist wohl verständlich. Keiner verlangt von einem Vorgesetzten, dass er täglich jedem seiner Mitarbeiter ein Feedback für seine Arbeit gibt. Außerdem gilt: Wer nicht fragt, bleibt dumm. Die Kommunikation ist keine Einbahnstraße, wenn ein Schüler eine Rückmeldung will, kann er das formulieren. Diejenigen, die von sich aus engagiert sind, tun dies auch. Aber es hat sich eine Mentalität breitgemacht, durch die ein Großteil der Schüler und der Eltern, gestützt von der Gesellschaft, immer mehr erwartet, alles gebracht, mundgerecht serviert zu bekommen. Bildung aber hat etwas mit selbst aktiv werden zu tun. Der Lehrer kann mir sagen, wie es geht, verstehen und anwenden muss ich es selbst.

Und: Wer fordert eigentlich von den Schülern, dass sie ihre Aufgaben auch erledigen? Frau Hubig jedenfalls nicht. Sie hat den Kindern und Jugendlichen in Rheinland-Pfalz gleich zu Beginn der Zeit ohne Präsenzunterricht einen Freibrief ausgestellt: Die von den Lehrern gestellten Aufgaben können zu Hause bearbeitet werden, wer es aber nicht tut, hat keine Konsequenzen zu befürchten. Versetzt werden dieses Jahr sowieso alle. Das führt sogar soweit, dass Schüler ohne jegliches Schamgefühl nicht am Videounterricht teilnehmen, weil sie selbst an diesem Tag Geburtstag haben oder einer ihrer Verwandten. Die Überschrift könnte also auch lauten: Gilt in Corona-Zeiten die Schulpflicht für Schüler? Wer von der einen Seite, den Lehrern, Verbindlichkeit, vollen Einsatz über das Normale hinaus und die Pflicht zu Fortbildungen fordert, müsste dies auch von der anderen Seite, den Schülern, verlangen. – Pola Schlipf

 

Ich will nur so viel anmerken: in all den Monaten „Home-Schooling“ wurde in den mir bekannten Gymnasien keine einzige Schülerarbeit(Arbeitsaufträge, Projekte, Hausaufgaben etc) korrigiert! Das Kind einer Bekannten hatte in der Woche vor den Pfingstferien nach Monaten zum ersten Mal wieder „Unterricht ohne Abstand“, also herkömmlichen Schulunterricht an der Schule: Ergebnis: an zwei Tagen mussten die Kinder über mehrere Stunden Mandalas ausmalen, anstatt unterrichtet zu werden – und das an einer 6. Klasse eines bayerischen Gymnasiums. Unser Schulsystem ist baulich, hygienisch, aber auch didaktisch-methodisch seit Jahrzehnten eine Lachnummer. – Dr. Johann Siemon

 

Beim Lesen dieses Artikels fallen uns einige dezidiert falsche Behauptungen auf, die das Bild unseres Berufsstandes in der Öffentlichkeit verfälschen und beschädigen. Dies bedarf dringend einer Richtigstellung. DIE ZEIT erweckt bewusst und in manipulativer Weise den Eindruck, Lehrkräfte unter 60 Jahren könnten sich grundsätzlich ohne Attest eigenmächtig einer Risikogruppe zuschreiben und dem Präsenzunterricht fernbleiben. In Bayern und wahrscheinlich in den allermeisten Bundesländern jedenfalls ist dies nicht möglich. Hier gibt es festgelegte Kriterien und eine ärztliche Attestpflicht, die die von der Präsenzpflicht befreite Lehrkraft aber weiterhin zum Online-Unterricht verpflichtet. Dies betrifft z.B. Schwerbehinderte und Krebspatienten. Schwangere unterliegen aktuell ja ohnehin einem Beschäftigungsverbot. Tatsache ist, dass viele Kolleginnen und Kollegen in unserem Umfeld ihren Präsenzdienst ausüben, obwohlsie nach amtlicher Definition einer Risikogruppe angehören!! Diese Lehrkräfte stellen also die „Sorge um das eigene Wohl“ mit Sicherheit weiter nach hinten und setzen sich einem höheren gesundheitlichen Risiko aus als Herr Wassmuth in seinem Ordnungsamt oder Herr Spiewak und Herr Hamann in ihren Schreibstuben.

Der Vollständigkeit halber muss noch darauf hingewiesen werden, dass Herr Wassmuth im Ordnungsamt Edermünde nicht nur „beschäftigt“ ist, sondern dieses leitet. Klar, dass er während des Corona-Shutdowns an jedem Tag Präsenzpflicht hatte, so wie alle Schulleiter*innen und deren Mitarbeiter*innen ebenfalls permanente Präsenzpflicht hatten, die Ferien mit eingeschlossen. Der Gesprächsmoderator beklagt, sein Sohn habe während der Schulschließung siebenmal persönliche Rückmeldung seiner Lehrkräfte erhalten. Hut ab vor den Hamburger Kollegen! Denn jede*r davon hat mindestens 5 oder 6 Klassen mit ca. 20 bis 25 Schülern zu betreuen, das heißt im geringsten Fall 150 bis 200 persönliche Rückmeldungen! Hinzu kommt die Vor- und Nachbereitung des digitalen Unterrichts. „Nur mal eine PDF-Datei hochladen“ heißt ja, diese erst zu erstellen, Material zu sichten, den Bedürfnissen der Schüler anzupassen und in die eigenen unterrichtlichen Strukturen einzufügen – manchmal stundenlange Arbeit, die nur ermessen kann, wer jemals selbst unterrichtet hat! Bei allem Hype um die dringend notwendige Digitalisierung der Schulen darf außerdem nicht vergessen werden: Digitales Coaching kann niemals, auch nicht unter optimalen technischen Bedingungen, den analogen Unterricht ersetzen.

Dieser zeichnet sich durch Methodenvielfalt, persönliche/“analoge“ Zuwendung einer erfahrenen Lehrerpersönlichkeit und eines Zusammenspiels von guter Planung und Spontaneität aus; das sogenannte Homeschooling kann dies nur ansatzweise leisten. Von einem „unverstellten Einblick in das, was Schule leistet und was nicht“ kann schon deshalb gar nicht die Rede sein. Die allermeisten Lehrkräfte in diesem Land haben in den vergangenen Monaten ihre Tätigkeit in Windeseile an eine nie vorstellbare Situation angepasst, neue Möglichkeiten erprobt, ihre Schüler*innen von zu Hause aus erfolgreich auf Prüfungen vorbereitet, sich um Schüler gekümmert, die einfach abgetaucht sind – Deutschland sollte stolz sein auf ein Schulsystem, das selbst unter solchen Umständen und unter oft unzureichenden technischen Bedingungen seine Schüler in hohem Maße unterstützt. Es ist wichtig, dass die Wahrnehmung von Schule aus Elternsicht eine Öffentlichkeit erhält. Aber allein die Tatsache, dass man eigene schulpflichtige Kinder hat, qualifiziert noch lange nicht zu einem medienwirksam polarisierenden Urteil über Lehrkräfte und Unterricht, wie es DIE ZEIT hier bietet.

Damit erweist man allen Schülern und Schülerinnen dieses Landes einen Bärendienst. Denn wer möchte sich in Zukunft noch mit Herzblut für Schüler einsetzten und gleichzeitig einem demotivierenden Bashing seines Berufsstandes ausgesetzt sein? Allein die vielgescholtenen Beamtenprivilegien werden junge Menschen nicht dazu bringen, sich für den – systemrelevanten! – Lehrberuf zu entscheiden, wenn man sich bei hohem persönlichem Einsatz ständig öffentlicher, oft wenig qualifizierter Kritik aussetzt. Ihr Artikel wäre ein geeignetes Beispiel, um unseren Schüler*innen im Sinne einer kritischen Medienerziehung die Mechanismen von Lesermanipulation vor Augen zu führen. – Thomas und Martina Bumes

 

mit großem Interesse habe Ich ihr Streitgespräch mit Stephanie Hubig in der Zeit vom 04.06.20 gelesen. Sie sagten hier, durch das Homescooling bekommen Eltern einen unverstellten Einblick in das, was Schule leistet und was nicht…Lehrer würden keine regelmäßigen Rückmeldungen im Homescooling geben und sich vor dem Präsenzunterricht mit dem Hinweis auf einer Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe drücken- also nicht anständig arbeiten… Woher nehmen Sie eigentlich ihre „objektiven“ Informationen darüber, was Lehrer leisten bzw. Ihrer Meinung nach nicht leisten? In dem Streitgespräch nennen Sie eigene Erfahrungen mit den Schulen Ihrer 4 noch schulpflichtigen Kindern und verallgemeinern diese, so als wenn Sie als Amtsleiter eines Ordnungsamtes schon wüssten, wie in allen Hamburger Schulen gearbeitet wird…ich kann nur sagen, für den Bundesvorsitzenden des Elternrats eine sehr subjektive Beurteilung der tatsächlichen Lage!

Auch ich bin Vater von schulpflichtigen Kindern an einer weiterführenden Hamburger Schule und habe ganz andere Erfahrungen gemacht- da gibt es seit den Märzferien regelmäßig Videokonferenzen, wöchentliche Rückmeldungen über Lernleistungen durch Fachlehrer, soweit es die Lehrerarbeitszeit zulässt und meine Kinder haben mehr gearbeitet als je zuvor- 6-8 Stunden Hausaufgaben täglich waren die Regel…hoffentlich Ihre auch, worüber Sie als viel beschäftigter Amtsleiter einer Behörde sicherlich nur von Hörensagen Ihrer Frau und Kinder wissen können- für eine gründliche Recherche blieb Ihnen da wohl keine Zeit… Wenn Sie nun behaupten, auch Sie würden in Ihrer Behörde z.Zt. mehr arbeiten und dies könnte man schließlich wohl auch von den Lehrern verlangen, wissen Sie wohl sehr wenig über das Arbeitszeitmodell der Lehrer in Hamburg…vor den Zeugnissen und den diversen Abschlussprüfungen arbeiten Lehrer in Vollzeit auch gerne einmal 50-60 Stunden in der Woche an einer weiterführenden Schule- exklusive Fortbildungen, zu denen natürlich eine dienstliche Verpflichtung von 30 Stunden im Jahr besteht.

Schulische Lernplattformen wurden bei meinen Kindern aus dem Boden gestampft und regelmäßig genutzt- fortbildungsfaul sind die Lehrer meiner Kinder nicht gewesen! Die Sommerferien sind für Lehrer der gesetzlich festgelegte Jahresurlaub, denn Sie als Ordnungsamtleiter doch wohl auch haben- die anderen „Ferien“ der Lehrer dienen der Korrektur von Klausuren, Tests, Heften und der Unterrichtsvorbereitung und nur selten dem Abbummeln von Überstunden von einer dienstlich vorgeschriebenen 46,7 Stundenwoche in Vollzeit- in Ihrer Behörde arbeitet wohl keiner so viel ohne Überstundenausgleich, außer Sie natürlich, was man von einer Leitungsperson mit satten Bezügen wohl auch erwarten kann… Sie sehen also, ihrer Polemik gegen die Schulen und Lehrer in Hamburg mag zwar durch plakativ und dadurch sichtbar sein, entbehrt aber leider jeder gründlichen statistischen Analyse und ist für einen Vorsitzenden des Bundeselternrats völlig unangemessen- ich fühle mich als Elternteil durch ihre populistische Schul-und Lehrerschelte nicht richtig vertreten und halte Sie für einen Spalter, der durch seine unreflektierten Äußerungen in der Presse die Schulentwicklung nicht voran bringt sondern eher torpediert…schade eigentlich, denn der Elternrat kann durchaus positives zur Schulentwicklung beitragen, wenn er sich konstruktiv an einer Fortentwicklung der Schulen beteiligt statt alte Vorurteile über Lehrer als Drückeberger und Faulpelze zu pflegen.

Bevor Sie sich das nächste Mal über die Verhältnisse an den Hamburger Schulen auslassen, sollten Sie vielleicht erst einmal die Schulen besuchen und mit den dort arbeitenden Menschen sprechen, statt diese pauschal abzuurteilen, oder haben Sie etwa davor Angst, sich mit dem Corona-Virus anzustecken- nach Herrn von Drosten sind c.a. 29% der Kinder finden Schulen (übrigens auch Ihre!) ohne Symptome so virulent, dass sie andere anstecken können- dass wissen Sie wahrscheinlich nicht- so genau wollen Sie das vielleicht wohl auch nicht, denn das würde Ihr schiefes Weltbild von den faulen, ängstlichen Lehrern möglicherweise relativieren, und dann stimmt Ihr Feindbild nicht mehr… – J. Weichert

 

Im Rahmen der coronabedingten Bemühungen, die Digitalisierung der Schulen voranzutreiben, wird mal wieder völlig vergessen, dass die meisten der gut 700.000 Lehrer in Deutschland ihre privat bezahlten digitalen Endgeräte für berufliche Zwecke einsetzen und Teile ihres privaten Wohnraumes als Arbeitsplatz nutzen. Jedem Sachbearbeiter in Wirtschaft und Verwaltung werden ein Computer und ein angemessen großer Schreibtisch als Arbeitsmittel gestellt. Das bekommen in den Schulen nur die Schulsekretärinnen und die Mitglieder der Schulleitung. Nur von uns Lehrern wird fraglos erwartet, dass wir diese Dinge zu 100% von unseren Dienstbezügen finanzieren. Wenn mein Dienstherr will, dass ich diesbezüglich immer auf dem neuesten Stand bin, dann muss er mir diese Arbeitsmittel kostenlos zu Verfügung stellen oder sie zumindest anteilig mitfinanzieren. – Rüdiger Mühlhausen

 

Vielen Dank für das Streitgespräch zwischen Frau Hubig und Herrn Wassmuth, dass einiges verdeutlicht. Um es vorweg zu sagen, die aktuelle Diskussion bestätigt den dringenden Handlungsbedarf in der Bildungspolitik. Wie kann es sein, dass lediglich ein geringer Teil der Schüler digital von unterrichtet wird (abgesehen von eventuell nicht vorhandenen technischen Möglichkeiten), nur sehr selten offenbar von Lehrern korrigiert wird und andererseits von Frau Hubig behauptet wird, dass die Lehrkräfte den Fernunterricht begleiten? Und über diese Anstrengung hinaus weitere Aufgaben erledigen. Wie kann es sein, dass Lehrer sich ohne Attest vom Unterricht befreien können und das Ganze, wie Frau Hubig erwähnt, unterschiedlich in den Bundesländern gehandhabt wird? Wie kann es sein, dass Staatsdiener, zu denen verbeamtete Lehrer zählen, sich gegenüber anderen Berufsgruppen, auch staatlich handelnden, derartige Privilegien (Eigendiagnosen hinsichtlich Zugehörigkeit zu Risikogruppen)heraus nehmen können?

Dabei wollen diese Fragen keine Neiddebatten befeuern, sondern sollen Ausgangspunkte für flächendeckende, faire Gleichbehandlung sein. Im übrigen auch Unterstützung sein für die in dieser Krise seriös arbeitenden und engagierten Lehrern, die offenbar leider in der Minderheit sind. Ein erster Schritt muss m.E. sein, die komplette Bildungspolitik aus dem Länder Wirr Warr zu befreien und unter einheitliche Bundeskontrolle zu stellen, mit möglichst hohen Qualitätsstandards. Wie können wir ansonsten nachfolgende Generationen auf die großen Herausforderungen vorbereiten. Auch hier kann uns Corona Chancen zur Verbesserung geben. – Thomas Eckern

 

Leider hat mein Digitalzugang auf die Schnelle nicht geklappt. Leider. Darum konnte ich den Artikel nicht wirklich lesen. ABER – der erste Satz dreht mir schon den Magen um. Wenn man sich wirklich mit Home Education beschäftigt, unschooling dauert !mindestens! 3 Monate. Bei manchen Kindern noch mehr. Dies ist die Zeit die es benötigt, dass die Familie es lernt sich neu zu orientieren, die Kinder sich darauf einschiessen, dass sie nun selbst mehr bestimmen dürfen. Die Eltern, damit sie lernen, dass sie jetzt eine neue und andere Rolle mit annehmen. Und auch noch nach der ersten Zeit in der man dann endlich einen Rhythmus dachte gefunden zu haben, es ändert sich ständig. So wie sich die Kinder, die Familienmitglieder, die Situationen, die Krankheiten, und all die anderen äußeren Umstände ändern. Eben weil es einem die Freiheit gibt nicht von 8-1 Schule zu machen, sondern auf Hormoneinschuss und co mehr Rücksicht zu nehmen. Ferien können dann gewählt werden, wann es den Wachstumsschüben passt zum Beispiel. Oder das ‘ Wochenende‘ kann auch Donnerstag und Sonntag sein. In dieser kurzen Corona Zeit kann man nicht davon sprechen, wirklich home school Erfahrung zu haben. Man hat einen winzigen Einblick erfahren, nicht mehr.

Und es geht nicht darum sich als Eltern zu profilieren, sondern seine Kinder in ihrem Lernweg zu unterstützen und in die richtigen Bahnen zu lenken. Home education ist nicht etwas perfekt zu machen. Genau da hat man Home Education nicht verstanden. Es geht um ein gemeinsames Miteinander. Dies wird mal gut, mal schlecht sein. Und ja – manchmal liegt man sich furchtbar in den Haaren und dann ist plötzlich wieder alles gut. Es ist das Leben, das die Schule bringt und nichts vorgekautes, was einem aufgezwungen wird. Bitte stellt das Home schooling ohne Wissen, wie es wirklich ist, nicht ins schlechte Licht. Überall steht so viel von Verlierern. Es stimmt nicht.

Es gibt viele Gewinner – wenn es denn richtig angegangen wird. Es muss dem Kind, der Situation, dem Umfeld und der Familie passen. Es muss mit Zeit und ohne Zwang von außen geschehen dürfen. Es muss das soziale Netz da sein, damit all die Gruppen besucht werden dürfen, die man haben will. Denn als Eltern kann man leicht Gruppen selbst organisieren. Mein Kind will xyz in dem Museum sehen? Es gibt Schulrabatt? Super, soziale Medien, und schnell eine Gruppe zusammen getrommelt. Oder sich jemand anderem angeschlossen. Viele tun sich zusammen zum Lernen oder einfach nur um Zeit miteinander zu haben. Aber auch da, die Gruppenkonstellation ist gewählt. Wenn es nicht klappt, muss man da nicht mehr hin. Manch einer fühlt ich wohler mit älteren, oder jüngeren. Manch einer hält nur kleine Gruppen aus, andere Klassenclownen gern vor großen Gruppen. Bei Erwachsenen ist das akzeptiert, Kindern sollte dies auch erlaubt sein. Denn ja, die Outputten ja nicht, sondern sollen Input bekommen und das geht nur in einem Umfeld gut in dem sie sich angenommen und gut fühlen.

Es benötigt viel Engagement, Zeit, Durchsetzungsvermögen und Geduld von Eltern und Kindern. Und, klar. Geld. Es ist nicht billig, denn Klos werden rund um die Uhr benutzt, Schulmittel und externer Unterricht will finanziert werden. Außerdem ist eine Bezugsperson am Lehren oder Beaufsichtigen/ Hinterherrennen. Warum tut man sich als Eltern das also an? Nun. Es gibt viele Gründe. Allen voran Mobbing. Dann Schulangst, Depressionen, Schulverweigerer, Lernschwache, viel Umzieher, Hochbegabte, einseitig Hochbegabte, Leistungssportler, leichte Autisten/Spektrum, Lernbeeinträchtigte, und so weiter. Bei manchen ist mehr als ein Grund vorhanden, bei anderen braucht es einfach eine Auszeit um wieder Ruhe in der Familie tanken, damit die Hormonmonster sich wieder beruhigt haben und man gelassen wieder die Schule in Angriff nehmen kann.

Die Gründe sind so vielfältig wie das Leben und das Lernen selbst. Dass Deutschland eine große Sonderrolle in der westlichen Welt hat, sollte gerade jetzt auffallen und aufstoßen. Es gibt nun mal nicht nur Verlierer. Es gibt auch die oben genannten Gewinner. Es ist schade, dass all diese nicht zu Wort kommen in den Medien. Warum wurden Spezialisten wie Prof Dr Ladenthin nicht befragt? Warum nicht Studien in Auftrag gegeben, wie es den Kindern geht, die in fürchterlichem Maße unter der Schule leiden? Warum wird nicht akzeptiert, dass Schule und lernen unterschiedlich stattfinden kann? Warum ist ein individuelles Lernen können und dürfen nur ein Privileg von super Reichen, die sich Schulen mit individuellem Betreuer leisten können? Warum muss Deutschland so an der Schulpflicht sich festkrallen, wenn all die anderen Staaten außen rum Unterrichtspflicht haben und dort auch nicht reihenweise schlechte Erfahrungen gesammelt wurden, sondern im krassen Gegensatz Kinder aus home schooling zumeist in Uni und co lieber genommen werden, da sie selbstständig arbeiten und lernen gelernt haben?

Bitte helfen Sie Kindern mit positiven Artikeln über Home Education. Bitte helfen Sie Kindern, die täglich leiden, dass sie jetzt nicht wieder zurück müssen in die Umgebung die sie am Lernen und Glücklich sein hindert. Bitte helfen Sie, dass es Studien gibt, die aufzeigen, dass externer Unterricht auch geht. Bitte helfen Sie dass dies schnell geschieht. Jetzt ist die Chance etwas zu verändern. Denn jetzt ist es eine Zeit wo schon einige etwas Ruhe finden konnten und die Freiheit gerochen haben. Dies jetzt wieder zu zerstören ist wie die zweite Coronawelle unnötig und sehr schmerzhaft. Vielen lieben Dank für Ihre Mithilfe.

Wie Sie wahrscheinlich vermuten, wir kommen aus dem Home ed Bereich. Seit 9 Jahren sind meine Kinder zu Hause. Mir wurde ungefragt in informellem Rahmen regelmäßig von Menschen vom Fach, ob Psychiater oder Lehrer, bestätigt, wie ausgewogen, interessiert und wissbegierig meine Kinder sind. Gern stehen wir für Fragen bereit oder entwickeln mit Studien, wenn es eine Möglichkeit gibt die Kinder bei der Entwicklung oder bei dem Entstehungsprozess eines Artikels mit Teil haben zu lassen, wäre das echt eine tolle Erfahrung. Die Kinder machen sich sehr stark für schulgeschädigte Kinder, weil sie es schon erlebt haben, wie Kinder aufgeblüht sind. Aber klar auch in eigener Sache, sie wünschen sich sehr in der Nähe von den Großeltern zu leben aber trotzdem nicht der Schulpflicht ausgesetzt zu sein. – Fibi Rabe

 

Ihr Ernst? Die Aussagen der der Präsidentin der Kultusministerkonferenz Stefanie Hubig lassen sich wohl nur noch als „bodenlos“ bezeichnen. Die Aussagen spiegeln genau das Denken in deutschen Amtsstuben wieder und sind der Grund, warum Deutschland in der Digitalisierung so enorm hinterher ist. Seit Jahren erzählen (Bildungs-) Politiker in Bezug auf die Bildungs-„Digitalisierung“, dass mit „Hochdruck“ daran gearbeitet werden würde. Es ist jetzt mittlerweile das Jahr 2020 (!), und es gibt noch nicht einmal ein flächendeckendes Videokonferenzsystem in den Bundesländern. Das ist nichts anderes als ein Armutszeugnis. Am Ende wird es wohl noch heißen, dass gerade wegenCorona die „Digitalisierung“ ins Stocken geraten sei. Ein Blick über die Grenzen zeigt, dass beispielsweise in Belgien mit der Plattform „Bingel“ seit fast 10 (!!) Jahren die gesamte Grundschuldbildung digital abläuft bzw. unterstützt wird.

Ein Ähnliches Bild ergibt sich in den skandinavischen Ländern. Was soll das denn bitte: „Ich finde es nicht sinnvoll, nur von einem [Plattform-] Anbieter abhängig zu sein, der dann die Preise diktieren kann.“ – wie peinlich ist diese Aussage denn bitte? Stattdessen haben wir jetzt die Situation, dass wir gar keinen Anbieter haben und gar nichts funktioniert. Ja guten Morgen. Außerdem hat Frau Hubig offensichtlich nicht das Grundproblem verstanden: Die Bundesländer sollen sich zusammenschließen und gemeinsameine Lernplattform entwickeln, dann gibt es keinen „Anbieter“ sondern der Staat hat sein eigenes System entwickelt. Ich hätte mir Ihrem Artikel gewünscht, dass Sie bzw. Herr Wassmuth die Aussagen von Frau Hubig noch mehr hinterfragt und sie noch mehr herausgefordert hätten. Frau Hubig hat sich nämlich – wieder einmal – mit vielen Standard-Phrasen aus der Verantwortung gestohlen. Es ist einfach nur noch erbärmlich, bei allen kritischen (Bildungs-) Fragen ständig zu hören „Ich bin nicht zuständig“. Die gute Frau ist Präsidentin der Kultusministerkonferenz, gerade sie hat also die Aufgabe zu koordinieren und notwendige Veränderungen voranzutreiben. Stattdessen wiederholt die Aussage „ich bin nicht zuständig“.

Ganz schwach! Aktuell ist die Situation doch so: Jedes Bundesland doktert an seiner eigenen „Plattform“ herum, mit der Konsequenz, dass überhaupt gar nichts passiert. Anstatt das jedes Bundesland 10 Mio Euro in die Entwicklung einer eigenen Plattform investiert sollten doch alle 16 Länder einfach 2 Mio € in einen gemeinsamen Fond einlegen und man kann gemeinsam die beste technische Plattform aller Zeiten entwickeln (hypothetische Zahlen zur Verdeutlichung meines Punktes). Die Inhalte kann ja dann jedes Land individuell einstellen, der Bildungsförderalismus wäre gewahrt, aber die technische Grundlage wäre schon einmal gelegt. Im Staat herrscht einfach ein unglaubliches Silo-Denken. Es wird regelmäßig davon fabuliert, dass „Deutschland keine Rohstoffe hat, aber unser Rohstoff ist die Bildung“ und dann sowas. Nochmal: Es ist das Jahr 2020! Bezeichnend auch, dass das Land Rheinland-Pfalz nach Aussage von Frau Hubig über 1,5 Monate gebraucht hat, um ein „Konferenzsystem“ (was auch immer das sein soll) zu finden. Was machen die verantwortlichen Personen denn bitte über 1,5 Monate lang?!

Zusammenfassend bleibt noch festzustellen: Frau Hubig sagt, „mit persönlichen Daten fahrlässig umzugehen ist weder für die Lehrkräfte noch für die Schüler akzeptabel“ – stattdessen haben wir gerade die Situation, dass die Schulaufgaben und Benotungen mal per E-Mail (entspricht einer offenen Postkarte) und mal per WhatsApp von den Lehrern an die Schüler bzw. Eltern versendet werden – weil der Staat nämlich einfach gar nichts hinkriegt müssen sich die Lehrer auf diese Art und Weise helfen. Politiker wie Frau Hubig müssen endlich mal aus ihrem Elfenbeinturm herauskommen!“ Ich hoffe, die ZEIT wird ihrem Anspruch an hervorragenden Journalismus auch weiterhin gerecht und wird mit einem abgedruckten Art „Follow Up“ spätestens im Dezember 2021 überprüfen, ob die Versprechungen von Frau Hubig, „im kommenden Jahr eine eigene landeseigenen Lösung [eines Videokonferenzsystems] ans Netz zu bringen“ auch wirklich eingehalten sein werden. Ich bedanke mich dafür, dass Sie diesem „Streit“ einen so großen Raum eingeräumt haben. Sie bestärken mich mit diesem Beitrag, auch weiterhin treuer Leser der Zeit zu bleiben. Vielen Dank. – Sven Zimmermann

 

Dies ist mein erster Leserbrief jemals und ich bin 52 Jahre alt und seit 30 Jahren Zeitungsleser. Darüberhinaus bin ich weder in diesen noch in anderen Zeiten mit einem Übermaß an Freizeit gesegnet. Dass ich mich also aufmache und ihnen ein Echo auf ihren Artikel gebe, ist ein Anzeichen für meine Empörung. Ich bin sehr wohl der Meinung, dass hier die beiden richtigen Vertreter für ein Streitgespräch zu diesem Thema eingeladen wurde und auch die Argumente waren leidlich vorhersehbar: auf Elternseite das Standardrepertoire des Lehrer- und Beamtenbashings: Lehrer zu faul, zu inkompetent, zu egoistisch. Auf PolitikerInnenseite die üblichen Abwehrmechanismen: Defizite sind Einzelfälle und sinnhafte aber fehlende Regelungen sind mit dem Förderalismusgebot erklärbar. Was mich fassungslos macht, ist die Position der beiden Moderatoren: sie sind parteiisch, suggestiv und in keinem einzige Beitrag dieses Artikels geeignet, tatsächlich unterschiedliche Positionen zu kommunizieren, etwaige Hintergründe anzusprechen. Das ist einfach schlechtes Handwerk! Ein guter Moderator macht sich nicht gemein mit einer Sache, schon gar nicht mit einer privaten!!

Im einzelnen: 1. Der Aufmacher Eine Englisch/ Deutsch Lehrerin, volle Stelle, hat 6 Lerngruppen à 28 SuS. Das macht 168 SuS, wenn diese SuS jetzt, wie im Beispiel, sieben Rückmeldungen bekommen haben, macht das im Schnitt 1176 Rückmeldungen für die Lehrerin,also 117 pro Woche, also 23 pro Tag, bei 20-30 Minuten für eine sinnhafte Rückmeldung pro SuS sind das 8-11,5 Stunden pro Tag nur für die Rückmeldungen von Aufgaben, die ja irgendwann und irgendwie auch noch erstellt und hochgeladen werden müssen. Dazu kommen die Bearbeitung und Umsetzung von ca. 15 Dienstmails, 20 Elternmails, 10 SuS-Mails, vor allem zu Beginn der Krise: pro Tag. Für die meisten LehrerInnen waren die besonderen Anforderungen der Distanzunterrichte völlig unbekannt, es musste sich also innerhalb von teils Stunden, in Zoom, IServ oder Teams eingearbeitet werden. Alles ohne Datensicherheit oder Endgeräte, nicht jeder hat eine Kamera zuhause am Computer. Dazu kamen innerhalb von Tagen die selbstständige Einarbeitung in Lernplattformen wie Trello, Padlet usf. Das kostet Stunden an Zeit, aber wie gut, dass es you tube gibt, denn die Schulen hatten keine Tutorials im Keller, woher auch???

Dazu kommen die eigenen Kinder, die ja nebenbei auch noch bespaßt werden mussten, also langweilig wurde es nicht! Jetzt ließe sich einwenden, warum gab es vorher keine kooperativen Lernplattformen? Gab es. Konnte nur keiner nutzen: sie können sichprivatirgendwo und irgendwie digital verabreden. In der Schule geht das nicht, da muss bei jeder Art von Inhalt sichergestellt werden, dass wirklich ALLE und JEDE ein funktionsfähiges digitales Endgerät über eine absolut sichere Leitung immer benutzen kann. Das ist nicht der Fall. Dazu kommen die Schwächen des Netzes: in einem normalen Chat (ohne Videostream) fliegen von 15 SuS regelmäßig 4-5 SuS bis zu 10 mal pro Stunde aus der Sitzung, wieder einloggen, wieder raus, wieder rein, der Chat geht derweil aber weiter… Jeder Arbeitnehmer im Homeoffice bekommt dort Unterstützung, von LehrerInnen wird erwartet, dass sie das alles haben und natürlich auch sofort können. Es gab aber NIRGENDWO ein Konzept mit dem Titel: Wie funktioniert Schule ohne SuS und LehrerInnen? ALLE Bücher, Unterlagen, Materialien sind auf Präsensunterricht ausgerichtet, das alles innerhalb von Stunden mal eben umzuwandeln, ist durchaus eine Herausforderung, die eine Physiklehrerin zur Aussage verleitet, sie werde nicht kontrollieren.

Die Art, hier sofort eine berufsbedingte Faulheit und Arbeitsunwilligkeit zu vermuten, ist schlechte Moderation. Sie waren und sind hier wertender Aktor. Sie können ja mal ein Interview mit Brieftauben als Medium führen, dann wissen sie, wie sich Distanzunterricht anfühlt, zumal sie allerdings keine Ahnung haben, was Tauben so fressen und wie sie ticken…. Das Interview kommt zustande, aber später, anders, kürzer, lückenhafter, obwohl sie bemüht waren. 2. In Magdeburg ist alles schlecht und Vodafone bestätigt es. Mehr als die Hälfte der Eltern hat offensichtlich persönlichen Kontakt zu den LuL ihrer Kinder, das ist digital ein nach so kurzer Zeit nicht unbedeutender Wert. Was heißt ‚persönlich‘? Ruft da der Lehrer an und fragt, wie es denn so läuft? Oder meinen sie mit persönlichen Kontakt, dass das eigene Kind jetzt eine Einzelstunde bekäme? Distanzunterricht kann gar nicht ausreichend persönlich sein, nichts ersetzt den Präsensunterricht auf Dauer. Mit Grund-SuS digitalen Unterricht zu machen, ist eine unfassbare Herausforderung, da das soziale Lernen, das Einüben der Methodenkompetenz oder instrumentelle Fertigkeiten wie Schreibenlernen beinahe gänzlich wegfallen.

Nur sieben Prozenz werden digital unterrichtet, aha. Wie sieht es denn mit den Endgeräten aus? Sind diese ausreichend vorhanden? GEHT digitaler Unterricht überhaupt? Wenn LuL Wochenpläne setzen, die ein selbstgesteuertes Lernen und Arbeiten der SuS zur Folge haben, ist dies auch ein digitaler Unterricht. 3. Lehrer haben eine Freibrief bekommen, um zuhause faul sein dürfen. Sie stellen als einziges Hindernis auf dem Weg zu einem Corona geprägte Unterricht die abwesenden Risiko-LuL dar. Nicht einmal erwähnt werden zu kleine Räume bzw. fehlende oder nicht besetzte Stellen. Außerdem ist für sie der einzige Grund für die Einstufung der Lehrer als Risikogruppe: sie wollen doch nur der Schule fernbleiben. Das da möglicherweise tatsächlich gesundheitliche Risken im Blick sind., kommt ihnen nicht einmal andeutungsweise in den Sinn. Mal abgesehen davon, dass ein Lehrerkollegium einen etwas höheren Altersdurchschnitt hat ein Polizeirevier und deswegen auch andere Krankheitsbilder anzutreffen sind.

Der Frame des Wortes „eigenmächtig“ ist derart manipulativ, wertend und irreführend, dass es mich sprachlos macht: es gibt keine jeder Kontrolle entzogener Ermächtigung hunderttausender LuL, die mal eben entscheiden: ich mach jetzt blau! Polemisch geht es bei Ihnen gleich weiter, indem sie das Recht auf Gesundheit und das Recht auf Bildung gegeneinander ausspielen. Ja, tatsächlich, kein Unterricht ist es wert, dass jemand dafür stirbt, nicht einmal ein Lehrer. Letztlich geht es immer so weiter, sie sind Stichwortgeber für eine der beiden Streit-Parteien und polemisieren mit Stereotypen. Kein Wort beispielsweise von der im Schulrecht vorgesehenen MitwirkungsPFLICHT der Eltern am Lernerfolg der SuS! Mal abgesehen davon, dass es auch bei LuL ‚faule Eier‘ gibt (wie wahrscheinlich in jedem Beruf) und hier das Beamtenrecht komfortable Hängenmatten schafft, der absolute Großteil der LuL leisten eine gänzlich andere Arbeit als von Ihnen suggeriert. Woher ich das weiß? Ich habe 25 Jahre als Freiberufler gearbeitet, als Coach, Sprecher im Radio, Dozent an Universitäten.

Seit 6 Jahren arbeite ich als Quereinsteiger an einem Gymnasium im Rheinland. Mein erster Festvertrag, ohne Beamtenstatus, dafür war zu alt, nicht schlimm. Wissen sie, was mich am meisten genervt hat die ersten Tage und Wochen? Die LuL haben ständig, immer, daunernd über SuS geredet! „Wie macht er sich? Hast Du schon die Eltern angerufen, wie war die Lateinarbeit, braucht sie eine Plus-Stunde?“ Der SuS war die ganze Zeit im Mittelpunk des Interesse! Einzelkämper? Mitnichten! Es wird überall parallel gearbeitet, da muss sich kontinuierlich ausgetauscht werden, und es sind durchaus KollegInnen im Unterricht und in der Unterrichtsvorbereitung zusammen. Von 120 LuL haben vielleicht 10% keine AG oder Sonderaufgabe, die ein Engagement auch an den WE oder nachmittags nötig macht. Mein Eindruck ist eine unzureichende, selektive Vorbereitung der Fakten und eine einseitige Moderation. Begleiten sie doch mal einfach LuL durch ihren Hybridunterricht! Meine Frau sitzt zur Zeit 12-14 Stunden am Rechner (Deutsch/Französisch) und Sie? – Folker Banik

 

Das Interview ist von der typischen Hochnäsigkeit, wie ich sie von der Zeitspeziell zum Thema Schule seit Jahrzehnten als Abonnent kenne. Die Zeit, eine Kultusministerin und ein Elternvertreter diskutieren über Lehrer, die selbst nicht gefagt sind. Beide, Ministerin und Elternvertreter, können dabei die Defizite ihrer eigenen Institutionen überspielen. Das ist in der ganzen Corona-Krise bislang so gewesen. Wieviele Schüler’innen an dem Online-Angebot ihrer Lehrer’innen nicht mitmachen, bei mir die Mehrheit, wieviele Eltern sie offenbar gar nicht danach fragen, ist kein Thema. Natürlich nicht. – Dr. Wolfgang Geiger

 

Ich bin etwas irritiert. Herr Wassmuth wird in dem Gespräch mit keinerlei kritischen Fragen konfrontiert. Die Leistung von Lehrern im „Normalbetrieb“ will er nicht sehen. Das Ganze ließe sich auf eine Spalter reduzieren. Lehrer können nicht kurzfristig die Versäumnisse der politische aus den letzten 30 Jahren ausgleichen. Auch dann nicht, wenn sie es wollen. Die technischen Möglichkeiten fehlen. In den Schulen und bei vielen Schülern. In den Ländern … Und auch Lehrer sind nur Menschen. Und die Demographie in der Lehrerschaft macht eben einen nennenswerten Teil zu Risiko-Menschen. Vorerkrankt. Bringt der Berufsstress oft mit sich .. – Frithjof Möckel

 

Nach zwei Monaten Home-schooling muss ich leider feststellen, so funktioniert es nicht. Es ist besser als nichts, aber so hat Unterricht keine Zukunft. Viel so sehr differieren die Leistungen von Lehrer zu Lehrer und offenbar auch von Schule zu Schule, je nach den individuellen Möglichkeiten. Und jetzt höre ich, dass ungefähr ein Viertel aller Lehrkräfte nicht für einen Präsenzunterricht zur Verfügung steht, weil sie einer Risikogruppe zugehörig sind, und das bei einer sowieso schon geringen Personaldecke, zumindest in Hessen. Wie soll Unterricht also in Zukunft stattfinden? Von keiner anderen Branche ist zu hören, dass sich die Beschäftigen in so großer Zahl vom Dienst per Attest befreien könnten. Wir erwarten von den Pflegekräften, dass sie ihren Job tun. Insbesondere von jenen, die Coronakranke betreuen, war nicht zu hören, dass sie ihren Job in Scharen quittieren würden. Warum also wird für Lehrkräfte eine Extrawurst gebraten?

Ich kann durchaus verstehen, dass die Gesundheit vorgeht. Die Lösung kann aber nicht sein, die betroffen Lehrkräfte vom Dienst zu befreien. Vielmehr müssen für sie spezielle Schutzmaßnahmen getroffenen werden, z.B. sie mit einer adäquaten Schutzausrüstung ausstatten, so wie sie auch die Pflegekräfte nutzen. Und wenn das nicht geht, sollten die Lehrkräfte pensioniert werden, um wenigstens die Stellen mit jüngeren Kräften besetzen zu können auch wenn es zur Zeit an Nachwuchs mangelt. Ich kann auch nicht verstehen, warum in dieser Situation nicht darüber nachgedacht wird, auch Samstag Präsenzunterricht zu erteilen. Die Raumkapazität könnte so um 20% erhöht werden. Noch nicht einmal an den unterrichtsfreien Brückentage ist Unterricht möglich. Alles was zu Zeit passiert wird vom Lehrkörper her gedacht, nicht von Seiten der Kinder.

Wir bürden der nächsten Generationen hohe Lasten auf, die kommende Klimaveränderung ist hier noch gar nicht eingerechnet, und drohen ihr eine adäquate Schul- und Ausbildung zu verweigern. Ich erwarte von den Behörden für das nächste Schuljahr ein tragfähiges Konzept, das insbesondere ohne Impfstoff auskommt, da wir die Zukunft auf nichts aufbauen sollten, was wir auf absehbare Zeit nicht haben. Das Leben von uns allen wurde mehr oder weniger durcheinander gebracht, da kann das Leben der Lehrkräfte nicht so bleiben wie es war. Frau Hubig, Ich erwarte da schon ein wenig mehr. – Till Borchert

 

Die Auslassungen von Frau Hubig, Bildungsministerin, kann man nur als Real-Satire bezeichnen. Die Bedeutung, die eine Gesellschaft der Bildung zumisst, kann man auch an der Qualität der Spitzenpolitiker messen. – Peter Pielmeier

 

Als ängstlich und bürokratisch skizziert der Elternvertreter die Schulpolitik der Vergangenheit. Leider trifft das auch auf die Gegenwart zu, wie die Aussagen der Präsidentin der Kultusministerkonferenz zeigen. Von einem Ruck ist nichts zu merken. Mit bloßen Absichtserklärungen und Schönfärberei werden sich die immensen Probleme nicht lösen lassen. Die Behauptung von Frau Hubig, alle Lehrkräfte bis auf ein paar Ausnahmen hätten ihren Bildungsauftrag im Blick, wird von den empirischen Befunden widerlegt. Dass die digitalen Möglichkeiten der Unterrichtsgestaltung kaum genutzt wurden, wäre noch zu verschmerzen – eine Sache übrigens, die sich schlecht bezahlte Lehrbeauftragte an Universitäten innerhalb von zwei Wochen aneignen mussten. Viel schlimmer ist die nicht selten zu beobachtende Kontaktverweigerung von Lehrpersonen gegenüber ihren Schülerinnen und Schülern. Wann wird das Beamtenrecht endlich angewandt, um diejenigen, die sich bei vollen – und ansehnlichen – Bezügen in der Krise zurückgelehnt und damit aus der Solidargemeinschaft hinausgestohlen haben, dienstrechtlich zu belangen? Gleichzeitig sollten die engagierten Lehrkräfte endlich auch die Anerkennung finden, die sie verdienen. – Regina Stolzenberg

 

Wir möchten unser Lob aussprechen für das sehr gelungene Interview von Götz Hamann und Martin Spiewak mit Herrn Wassmuth und Frau Dr. Hubig (Die Zeit Nr. 24, 4.6.20, S. 8). Die berechtigt kritischen Nachfragen seitens der Interviewer wurden leider von der Präsidentin der Kultusministerkonferenz in gewohnter politscher Manier äußerst schwammig beantwortet. Sie schiebt Teile ihrer Verantwortung auf die Länderhoheit in Sachen Bildungsfragen bzw. Datenschutzbestimmungen ab. Als Eltern zweier schulpflichtiger Söhne in RLP (12 und 15 Jahre alt) können wir die Meinung des Vorsitzenden des Bundeselternrats nur bekräftigen. Es hängt sehr vom einzelnen Engagement und der Schule ab, inwiefern das Homeschooling und digitaler Unterricht funktionieren.

Es wäre wünschenswert, wenn noch vor den Sommerferien nicht nur Signale, sondern ein konkreter Plan mitgeteilt würde, wie es danach in Sachen Präsenzunterricht und Schule weitergehen wird. Frau Dr. Hubig erwähnt weder eine Aufstockung des Lehrpersonals noch die Sanierung von Schulen. Lediglich die Anmietung weiterer Räume und das Zur-Verfügung-Stellen von Konferenzsystemen bzw. Fortbildungsangeboten für den online-Unterricht sollen weiterhelfen. Kinder brauchen aber die physische Präsenz in der Schule – und dies verlässlich und regelmäßig und mehr als nur wenige Stunden pro Tag oder wenige Tage im Monat. Wer über die letzten Wochen Kinder Zuhause hatte, wird dies zweifelsfrei bestätigen.

Ein Schulhalbjahr wurde schon, was den Unterrichtsstoff angeht, auf dem das nächste Schuljahr ja aufbaut, verloren! Die Kinder mögen viel dazu gelernt haben jenseits des reinen Stoffs, aber für nächstes Schuljahr ist sicher kein anderer, überarbeiteter Lehrplan zu erwarten. Es wird also immense Lücken geben. Dass über die sechswöchigen Sommerferien komplette Lerninhalte umgebaut und angepasst werden, ist nicht zu erwarten, wenn dies schon bezüglich digitaler Angebote die letzten Jahre und besonders Wochen nicht funktioniert hat. Die jetzigen Fallzahlen von Corona-Neuinfektionen erübrigen eigentlich jegliche Debatte. Bei einem solch geringen Infektionsrisiko können die Schulen, auch unter Wegfall des Mindestabstands, definitiv wieder komplett für alle Schülerinnen und Schüler geöffnet werden. Ein gewisses grundsätzliches Infektionsrisiko besteht an Schulen sowieso immer. – Dr. Susanne und Karl Weyand

 

Das Dilemma von Frau Hubig besteht darin, dass nicht wahr sein kann, was nicht wahr sein darf. Dem Bildungssystem angesichts der bundesweiten Zahlen ein gutes Zeugnis auszustellen und von einigen Ausnahmen zu sprechen, grenzt an Realitätsverweigerung. Ob digitaler Unterricht tatsächlich nur an fehlendem Know-How, technischer Ausstattung und Datenschutz scheitert, darf zumindest bezweifelt werden. Für persönlichen Kontakt und Rückmeldungen zu Aufgaben bedarf es zudem keiner Fortbildung. Während Angestellte von Pflege, medizinischer Versorgung, Handel usw. für Ihren außerordentlichen Einsatz gelobt werden, stehen die Lehrkräfte aufgrund der gezeigten Leistungen völlig zu Recht in der Kritik. Letztlich verprellt Frau Hubig die wirklich engagierten Lehrkräfte und Schulleitungen indem sie sich schützend vor die anderen stellt anstatt die offensichtlichen Defizite klar zu benennen und konkrete Abhilfe in Aussicht zu stellen. Jede Lehrkraft sollte sich selbstkritisch überprüfen, ob sie in den letzten Wochen ihr volles Gehalt wert war und sich mit anderen Berufsgruppen messen kann oder statt Mehrbelastung nicht doch Kurzarbeit ein passenderer Begriff wäre. – Philipp Raible

 

“Gilt die Schulpflicht auch für Lehrer?” (Artikel in der Zeit N° 24 vom 4. Juni 2020) – diese Frage habe auch ich mir in den letzten Wochen oftmals gestellt. Als Geschäftsführerin einer privaten Nachhilfeschule, die mein Mann vor nunmehr 20 Jahren gegründet hat, war ich von der plötzlichen Schließung der privaten Bildungsinstitute Mitte März ebenso betroffen wie die staatlichen Schulen. An unserer Nachhilfeschule unterrichten wir die Schüler/innen im Einzelunterricht, bieten aber auch Vorbereitungskurse für Abitur, sowie die Fachhochschul- und Realschulprüfung an, die dann von Schülergruppen besucht werden. Als es nun am 16. März hieß, dass kein Präsenzunterricht stattfinden durfte, musste ich von heute auf morgen eine Strategie entwickeln, um das Überleben unserer Institution zumindest zu versuchen. Innerhalb von 48 Stunden haben wir hier zusammen mit dem engagierten Mitwirken meiner Nachhilfelehrer/innen unseren kompletten Präsenzunterricht auf Online-Unterricht umgestellt.

Organisatorische und technische Hürden mussten schnellstens überwunden, Lehrer/innen für den Online-Unterricht geschult sowie unzählige Elterngespräche geführt werden, in denen ich unser neues Online-Angebot vorstellte. Es war eine sehr arbeitsintensive Zeit, aber am Mittwoch, den 18. Juni fanden bereits die ersten Online Unterrichtstermine statt. Und wenn es vielleicht in den ersten Tagen manchmal hakte, weil das Headset oder die Kamera nicht funktonierten, oder das Internet mal hing – die Nachhilfelehrer/innen, die Schüler/innen und ich lernten “by doing” it. Die Schüler/innen und die Eltern waren begeistert von unserem kurzfristig auf die Beine gestellten Angebot und wenn jemand von unseren Schüler/innen nicht von dem Angebot profitieren konnte, dann nur aus dem Grund, weil die Internetanbindung bei ihnen zuhause derart schlecht war, dass kein Online-Unterricht möglich war. Selbst die bereits im Januar 2020 gestarteten Abitur- und Realschulkurse mit mehreren Teilnehmer/innen fanden ohne Unterbrechung als Videokonferenz statt.

Meine Erfahrungen haben gezeigt, dass die Eltern und auch die Schüler/innen sehr dankbar darüber waren, dass wir so spontan und unproblematisch, den Sprung in den Online- Unterricht bewältigten. Meine eigenen Schüler und Schülerinnen waren meines Erachtens froh darüber, dass sie eine regelmäßige Ansprechpartnerin hatten und jemand da war, bei dem sie manchmal auch ihren Frust über das “Zuhausebleibenmüssen” ablassen konnten. In kleinen Geprächen am Rande unserer Online-Sessions berichteten uns die Schüler/innen von ihren eigenen Erfahrungen hinsichtlich ihrer Schule: Abgesehen von den sehr löblich zu erwähnenden Lehrkräften, die sich ebenso per Videochat bei ihren Schüler/innen meldeten und als Ansprechpartner/innen Präsenz zeigten, hat meine Erfahrung leider gezeigt, dass sich eine viel zu große Anzahl der Lehrer/innen an staatlichen Schulen nicht dazu in der Lage sah, Online-Unterricht anzubieten bzw. per Email oder per Whatsapp erreichbar zu sein.

Die Schüler/innen wurden über Wochen und mittlerweile über Monate hinweg sich selbst überlassen, man schickte ihnen Arbeitsblätter zu und meinte, damit sei alles gut (Ihr Beitrag “Nie habe ich mich so ohnmächtig gefühlt” aus der Zeit N °21 vom 14. Mai spricht mir aus vollem Herzen). Aber was erwarten denn ausgebildete Pädagogen/Innen als Resultat, wenn sie die von den Schüler/innen erledigten Aufgaben nicht einmal richtig zur Kenntnis nehmen? Woher soll denn dann die Motivation kommen? Ich habe in den vergangenen Wochen sehr viel Frust bei den Schüler/innen herausgehört und auch viel Ärger von seiten der Eltern.

Und da frage ich mich in der Tat in den letzten Wochen sehr oft “Gilt die Schulpflicht auch für Lehrer?”. Ich bekomme den Eindruck, dass dies nicht so sei. Und ganz nebenbei: Lehrer/innen waren nicht von Kurzarbeit betroffen, haben nicht ihren Job verloren, sondern bekamen und bekommen ihr volles Gehalt. Hätte man sie in den vergangenen Wochen nicht in eine größere Verantwortung nehmen müssen was die Betreuung der Schüler/innen anbetrifft? Und wenn ja, wer ist dieser “man”? Die Bildungsminister? Die Kultusminister? Die jeweiligen Verantwortlichen der Länder? Es ist höchste Zeit, unser Bildungssystem, das durch den Föderalismus erstarrt ist, zu reformieren. Und ich frage mich jetzt: Wird diese momentane Situation den Schulen eine Lehre für die Zukunft sein und wird es endlich die notwendigen digitalen Fortbildungsmaßnahmen für Lehrer/innen geben oder versinkt in den sechs Wochen Sommerferien alles wieder im Dornröschenschlaf? – Dr. Christiane Kimm-Olde

 

„…es gibt eben auch Fälle, wo es nicht funktioniert, und da ist die Schulaufsicht nah dran.“ – Geht Frau Hubig wirklich davon aus, dass das in diesen Zeiten gelingt, wo es doch auch sonst allzu häufig nicht gelingt, dass die Schulaufsicht überprüft, wie qualitativ Schulen arbeiten, ob Vorgaben sinnvoll umgesetzt werden und nachhaltiges Lernen stattfindet?! Auch das „sollte einheitlicher und vor allem regelmäßig passieren“, nicht allein die verbindliche Rückmeldung von Lehrkräften an SchülerInnen. Schulaufsichtsbeamte haben selbst zu viele Schulen zu betreuen und i.d.R. keine Alternativen für schlechte Schulleitungen oder Lehrkräfte, im Grunde auch keine Handhabe. So lange nicht viel mehr die intelligentesten, fähigsten und motiviertesten Studierenden Lehrkräfte gerade in Grundschulen werden (und zwar sinnvoll an Universitäten ausgebildet – fragt man die Studierenden, ist das allzu häufig noch nicht der Fall, auch in Rheinland-Pfalz), fehlt es an Lehrkräften, die Schulentwicklung und Unterricht wirklich intelligent und nachhaltig vorantreiben, planen und umsetzen können.

Das Lob der Ministerin an vielen Stellen und auch das von Eltern tut gut, die offenbar nun mehr denn je erkannt haben, wer sich für seine SchülerInnen mehr engagiert und wer weniger. Auch Lehrkräfte stellen das fest, wünschen sich gleichzeitig auch mehr Teamarbeit und weniger „Einzelkampf“. Grundvoraussetzung ist allerdings, dass sich alle Teammitglieder kompetent einbringen können und wollen. Lehrkräfte, die jahrelang keine Fortbildung besucht haben, können das häufig nicht und werden sich auch bei verstärkter Fortbildung in den Sommerferien wieder auf die verlassen, die sich ohnehin regelmäßig fortbilden, solange dies keine echten Konsequenzen nach sich zieht. Natürlich müssen sich Lehrkräfte die Frage stellen lassen, ob sie – im Vergleich zu Verkäuferinnen, Polizisten oder Ärztinnen – ihre berufliche Verantwortung genauso im Blick haben. Dass sie sich allerdings nicht ohne Grund Sorgen ums eigene Wohl (und das ihrer Familien) machen und mindestens genauso sehr die ErzieherInnen, muss auch gesagt werden dürfen. Wie ist es bestellt um die Fürsorge durch die „Dienstherren/frauen“?

– Teils wenige, teils häufig wechselnde Vorgaben, die Kita-Leitungen, Schulleitungen, Kollegien, Hausmeister, … vor täglich neue und immer noch zusätzliche Aufgaben stellen, wo ohnehin immer weniger Menschen diese Berufe ergreifen möchten, – vielfach durch das Homeschooling nun natürlich noch mehr am eigenen PC, Handy oder Telefon (beim Schützen von Daten der Lehrkräfte gab es auch in RLP Grenzen und „Lösungen“ kamen vielfach viel zu spät; ohne das Lehrkräfte vielfach wie selbstverständlich ihre privaten Telefonnummern und Mailadressen an Eltern weitergegeben haben, hätten noch weniger Kinder in der Zeit der Schulschließung gut lernen können) – fehlende Masken (für Schüler kamen sie erst an, als der Unterricht bereits ein paar Tage lief, für LehrerInnen erst, als er ein paar Wochen wieder lief und dann je nur eine), – anders als in vielen Geschäften: fehlende Plexiglasscheiben für individuelle Föderung, die mit 1,5m Abstand nicht funktionieren kann, – immer wieder die Frage, wie die Kinder auf Abstand gehalten werden können (und teilweise auch Eltern, die Schulen ohne Masken und ohne Händedesinfektion betreten), – ob die Desinfektionstücher ausreichen oder auch diese wie so vieles von Lehrkräften selbst mit ins Klassenzimmer zu bringen sind, – ob genügend Reinigungskräfte da sind und – darüber hinaus immer noch keine Corona-Tests in Aussicht, trotz weniger Schutzmöglichkeit, als in vielen / den meisten anderen Berufen – … das sind auch aktuelle Realitäten.

Also die bisher zur Bekämpfung der Pandemie erfolgreichen Regeln aufheben, den „Normalbetrieb“ wieder aufnehmen und riskieren, dass die zweite Welle dann auch für noch weniger Kinder, ErzieherInnen und Lehrkräfte sorgen könnte? Oder an allzu vielen Stellen die Kinder weiterhin zu wenig beim Lernen unterstützen, selbst wenn sie (teils ohnehin nur für 3 Tage, wovon einer hauptsächlich für das Erklären und Einüben von Regeln genutzt wurde) zurück in den Schulen sind? Beides nicht. Es muss endlich wirklich vor allem in Schulen und Bildung investiert werden und so, dass es nicht bei Hochglanz-Vorzeigeprojekten an einzelnen Schulen bleibt (die dann aus Kostengründen wieder eingestellt werden/wurden, wie z.B. Digitaler Umgang mit Medien in der Grundschule in RLP), sondern wirklich flächendeckend guter, zu aktuellen und künftigen Erfordernissen passender Unterricht und nachhaltiges Lernen stattfinden können. – Eine Grundschullehrkraft aus Rheinland-Pfalz

 

In Medien und Politk wird häufig suggeriert, Fernunterricht würde gelingen, wenn nur hochklassische technische Ausstattung bereit gestellt und Weiterbildungen für Lehrkräfte durchgeführt würden. Das ist eine Illusion! Selbst wenn beide Faktoren dienlich und gewährleistet sein sollten, hat das Ganze seine Grenzen: Wichtige Teile schulischer Prozesse lassen sich nicht einfach ins Virtuelle übertragen und sind deshalb tatsächlich nur analog möglich. – Birte Abel- Danlowski

 

Sich als Lehrer/in ohne Attest, also unüberprüfbar und folgenlos (für ihn/sie), dem Schulbetrieb zu entziehen in ohnehin voll bezahlten Monaten der Schulschließungen, gleicht schülerhafter Drückebergerei, die dem Berufsbild nicht zur Ehre gereicht. Wann werden all die Privilegien der Beamten endlich einmal in Medien, Parteien und Fachwelt in Frage gestellt und ausgemistet ? Den Menschen, die zumal in Corona-Zeiten ihre Arbeit verlieren und mit Lohnkürzungen zurechtkommen, sowie den Eltern, die Beruf und schulische Betreuung ihrer Kinder mühsam unter einen Hut bringen müssen, sind sie weder zu vermitteln noch zumutbar, dem gesellschaftlichen Gefühl für soziale Verträglichkeit aber auch nicht. – Beate Reissberg

 

Gleich vorweg: JA, es gibt Schulpflicht für die Lehrer! Es ist schon besorgniserregend wie die Ministerin Hubig ihre Zielsetzungen in der zugegeben schwierige Situation verschleiert: · Risikogruppe Lehrer – 12 bis 18% oder 30 bis 40% ? Eine nicht akzeptable, gewaltige Differenz. · ‚Fortbildungsangebot‘ für Lehrer – warum spricht Frau Hubig nicht von ‚Fortbildungspflicht‘ ? · Fortbildung in den Sommerferien – wenn wie behauptet „alle Schulen seit Anfang Mai Zugriff auf ein Konferenzsystem haben“ , dann sind spätestens die Sommerferien zur Schulung zu nutzen! Und diese reichen aus… keine Ausreden für skeptische oder unwillige Lehrer: LERNEN! · ‚ Attestpflicht‘ – Warum kann die Ministerin nicht ihre Position vertreten und weicht peinlich der Antwort aus ! · ‚Zoom‘ und andere Plattformen: Die Ministerin muss das persönlich mit den Datenschutzbeauftragten klären und entscheiden (!). Extrem hilflos dieses Versteckspiel als Ausrede. Im wirklich erschreckendem Maße offenbart die Ministerin Huber, zugleich Präsidentin der Kultusministerkonferenz, ihre defensive Haltung zu den besonderen Anforderungen und denkbaren Lösungsansätzen. So wird sie Ihrer Verantwortung nicht gerecht! – Detlef Geisendörfer

 

Dass sich offenbar Lehrer weigern wegen Ansteckungsgefahr Unterricht zu erteilen ist ein starkes Stück. Dann sollen sie sich mit medizinischer Schutzkleidung schützen, aber in jedem Fall Ihrer Pflicht nachkommen! – Christian Voss

 


 

 

Leserbriefe zu „Endlich Kinderzeit“ von Anuschka Eberhardt

 

In ihrem Beitrag „Endlich Kinderzeit“ aus der aktuellen Ausgabe schreibt Anuschka Eberhard, Familien stöhnten derzeit nur über die Belastung. Man solle doch einmal die schönen Seiten dieser intensiven Familienzeit betonen. Man bekomme Kinder doch nicht um sie dann gleich fremdbetreuen zu lassen. In die Kita (und auch in die Schule) gehen zu dürfen, wahrt Kinderrechte. Kitas und Schulen sind keine Orte der Fremdbetreuung, denn nichts in der Kita ist unseren Kindern fremd. Sie sind zentrale Bildungsorte im Leben unserer Kinder, an denen sie von Menschen mit sorgfältiger Ausbildung und großer Erfahrung in ihrer Entwicklung begleitet werden. Sie sind der Ort, wo unsere Kinder andere Kinder treffen können und Freundschaften pflegen. Kinder brauchen andere Kinder. Sie sind der Ort, wo unsere Kinder Geborgenheit auch jenseits der eigenen Familie erfahren. Sie sind nicht zuletzt der Ort, an dem auch Eltern darin unterstützt werden, ihre Kinder zu begleiten. Wir Eltern brauchen die Kita und die Schule nicht, weil unsere Kinder uns zu viel sind. Wir brauchen sie, weil unsere Kinder und ihr glückliches Aufwachsen uns das Wichtigste sind. Gemeinsame Zeit als Familie genießen zu können ist in der Tat ein Geschenk.

Die derzeitige Krise beschert Familien jedoch keine gemeinsame Zeit, sondern die politischen Entscheidungen überlassen Familien sich selbst. Gemeinsame Zeit als Familie bedeutet derzeit, dass Eltern versuchen ihren Kindern gerecht zu werden während sie zuhause erwerbstätig sind, oder aber darum ringen eine durch die Corona-Krise verlorene Erwerbstätigkeit irgendwie auszugleichen. Die politischen Entscheidungen zu Familien und Kindern von Bundes- bis zu kommunalpolitischer Ebene lesen sich als eine lange Kette der Verlagerung von Verantwortung. Eltern sind die Letzten in dieser Kette, und die Letzten beißen bekanntlich die Hunde. Wir können derzeit auch unter größter Anstrengung nur daran scheitern, den Anforderungen von Erwerbstätigkeit und Sorgearbeit gerecht zu werden. Die Vertretung unserer Interessen hat öffentlich kaum Gewicht und findet politisch kein Gehör. Kinder und ihre Rechte sind ganz offensichtlich politisch vergessen. Das wird nicht besser durch den Kommentar der Autorin, der Eltern, die neben der Wahrnehmung aller derzeit an sie gestellten Anforderungen die Zeit finden hierfür politische Aufmerksamkeit einzufordern, vorwirft, sie würden ihre Kinder nicht wertschätzen. – Arwen Colell

 

Glückwunsch dafür, dass Sie die Coronazeit sorgenfrei und behütet mit Ihren Kindern genießen können. Andere müssen nämlich arbeiten. Und haben dann ohne Schule, Kita, Großeltern etc. ein Betreuungsproblem. Und wenn sie sich nach der Arbeit noch um die Hausaufgaben der Kinder kümmern müssen, deutlich weniger schöne Zeit mit der Familie. Aber solche Fälle scheint es ja in Ihrem Bekanntenkreis nicht zu geben. Sie merken, ich habe mich wirklich geärgert. – Tanja Gabler

 

Vielen lieben Dank für diesen Artikel. Sie sprechen mir aus der Seele! Überall wird so getan als ob es der Wunsch aller Eltern wäre ihre Kinder möglichst umfassend und möglichst früh fremd betreuen zu lassen um selbst nicht zu sehr belastet zu werden. Auch mein Austausch mit jungen Eltern zeigt, dass dies keineswegs der Fall ist. Was für mich im Zuge der Corona Krise besonders erschreckend hinzukommt: Auch als wir noch gar nichts über das Virus und seine Risiken für Kinder wussten, wurde bereits ständig über die Zumutungen gesprochen die Eltern aufgrund ihrer nun nicht fremdbetreuter Kinder erdulden müssen. Die Gesundheit unserer Kinder sollte es uns doch alle Mal wert sein diese „Zumutung“ auszuhalten. – Julia Spreng

 

Sie schreiben, dass laufend die Rede davon sei, Schulkinder zu Hause seien eine Zumutung, dass Familien in Studien immer wieder sagen, dass sie sich mehr gemeinsame Zeit wünschen und dass diese nun da sei. Sie schreiben, dass auch Sie mit Haus, Garten und drei Kindern an Ihre Grenzen stoßen. Ich freue mich für Sie, dass Sie die Zeit genießen und nutzen können und dass Ihre Kinder im Garten ausreichend Möglichkeit der Bewegung haben. Ich frage mich beim Lesen Ihres Artikels, ob Sie in Ihrer Meinungsbildung auch die acht Stunden Arbeitszeit im Homeoffice, das Unterrichten im Homeschooling, die fehlenden Bewegungsmöglichkeiten in beengten Wohnverhältnissen bei gleichzeitig gesperrten Spielplätzen, die seelische Belastung durch fehlende Kontakte und körperliche Nähe zu Familienmitgliedern außerhalb des eigenen Haushalts und die Herausforderungen von Kontaktsperren zu Freunden bei Einzelkinder bedacht haben.

Ich frage mich weiterhin, ob Sie derzeit möglicherweise nicht arbeiten müssen, Ihre Kinder nicht beim Erarbeiten des Unterrichtsstoffes unterstützen müssen, Ihre Kinder nicht unter Verboten von Umarmungen der Großeltern, Tanten etc. leiden, so dass dies bei Ihrer Meinungsbildung auch keine Rolle spielte. Ich glaube es ist falsch, Kinder als häuslichen Störfaktor zu sehen und zu benennen. Ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass es viele Eltern gibt, die das denken oder die sich so äußern. Ich glaube, die Herausforderung liegt darin, dass von Eltern erwartet wurde und wird, weiterhin so zu arbeiten wie zuvor, bloß eben von zu Hause aus, zusätzlich zum Homeschooling, zusätzlich zur Unterstützung bei den vielfältigen Auswirkungen der Krise auf die Kinder, hervorgerufen durch mediale Informationsflut und umfassende Verzichte auf familiäre und soziale Kontakte. Und dies hat anscheinend kaum jemand in Politik und Wirtschaft bedacht. Die Kinder zu Hause zu betreuen und beim Homeschooling zu unterstützen, würde sich sicher als Bereicherung und gewonnene gemeinsame Zeit anfühlen, wäre sie nicht gleichzeitig von Existenzangst durch drohenden Jobverlust und daraus resultierendem Einkommensverlust überschattet. Und dass die Wahl zwischen Kinderbetreuung oder Performance im Beruf bzw. Aufreiben des eigenen Selbst, um beides zu schaffen, vor allem bei den Frauen liegt, sollte nicht durch Artikel in der ZEIT als Kleinigkeit abgetan werden. – Tina Barroso

 

Für den Einzelnen macht es Sinn und ist seiner psychischen Gesundheit dienlich, stets das Positive an einer Situation zu sehen, die er bzw. sie sowieso nicht ändern kann. Endlich Zeit für seine Kinder – dank sei Corona! Angesichts der tödlichen Wirkung des Virus und der Präventivmaßnahmen, die alle gleichermaßen betreffen, ohne nach Alter, Region, Risiko und wirtschaftlichen oder anderen Faktoren zu differenzieren, halte ich diese Argumentation allerdings für schwierig. Ich stimme der Autorin durchaus zu, es gab und gibt nach wie vor bestimmt in jeder Familie einige schöne gemeinsame Momente, die ohne Corona so nicht zustanden gekommen wären, sei es gemeinsames Kochen, Radfahren oder Spazierengehen. Obwohl – und das darf man nicht verschweigen – die Möglichkeiten, gemeinsam Zeit zu verbringen eingeschränkt waren und sind. Vor Corona war ich mit meinen Kindern zusammen auf Lesungen, Buchmessen, im Museum, Kino oder Schwimmbad. Zuhause sitzend bleibt einem nicht viel anderes als stundenlanges Mensch-Ärgere-Dich-Nicht oder Monopoly-Spielen.

Frau Eberhardt kann ich nur gratulieren, wenn sie in der zwölften Woche des Corona-Lockdowns noch die Muße dafür hat. Zu fragen ist auch, wieviel eine Mutter, die arbeiten gehen muss, während ihre Kinder zuhause sitzen, von der plötzlich gewonnen Kinder-Primetime hat. Nach den Pfingstferien wird der Nachwuchs drei Wochen in die Schule gehen und drei Wochen zuhause sitzen – allein, wenn Mutter und Vater in der Arbeit sind. Ade, gemeinsame Zeit! Ein Betreuungsangebot besteht nur für Kinder bis einschließlich der sechsten Klasse. Die Jugendlichen ab der siebten Klasse aufwärts können sich fünf Vormittage bzw. Tage allein versorgen – ohne jede Ansprache. Ich kenne viele Eltern und v.a. Mütter, die dies kritisch sehen. Nach zwölf Wochen „schulfrei“ hingegen treffe ich niemanden mehr, der mir etwas von Familienromantik erzählt. Den Staat, der nun nach dem Gieskannenprinzip 300.- € pro Kind verteilen will, scheint weder die Quality-Time noch die Aufsichtspflicht zu interessieren. Ich habe bisher immer am Freitagvormittag, meinem freien Vormittag, die Wohnung geputzt, weil die Kinder da in der Schule waren.

Putzen Sie mal, wenn Ihnen der Nachwuchs vor den Staubsauger läuft oder die pubertäre Brut sich darüber beschwert, dass der Boden nach Wischen noch ein wenig feucht ist. Mit einem Grundschulkind können Sie eventuell ein gemeinsames Putzerlebnis aus der Sache machen – ein Junge in der Adoleszenz lacht sich tot, wenn Sie das versuchen. Unzumutbar sind nicht die Kinder, sondern die Tatsache, dass die Schulen und die Schwimmbäder immer noch ganz oder teilweise geschlossen sind, die Sportvereine und die Musikgruppen ihre Tätigkeit noch nicht wieder aufgenommen haben (und dabei wäre doch jeder damit einverstanden, Abstandsregeln und Hygienegebote einzuhalten und sich auf die Sportarten und Gruppengrößen, die gehen, zu beschränken). Und wenn ich dann im Biergarten die Menschen eng auf eng sitzen sehe (ich bin vorbeigeradelt und habe mir das angeschaut!), dann frage ich mich, was wichtiger ist – Bildung oder Biergarten. Ich zumindest besuche vorerst keinen Biergarten, nicht so sehr aus Angst, mich anzustecken, sondern weil ich keinen Grund zum Feiern sehe. Die Belastung ist zu hoch! Und es ist bestimmt nicht das Kind, von dem diese ausgeht, sondern die Tatsache, dass unser Nachwuchs aus Langeweile mit den digitalen Endgeräten verschmilzt, weil ihm das Recht auf Bildung nicht mehr täglich eingeräumt wird. – Gerhild Bär

 

Was für eine schallende Ohrfeige für alle Kinder, die seit Wochen in ihren Rechten auf Bildung und soziale Teilhabe massiv beschnitten werden, die anfangs so einseitig zu Virenschleudern erklärt wurden, dass sie für einen Großteil der Erwachsenen bis heute als solche befürchtet und gemieden werden. Was für eine schallende Ohrfeige für alle Mütter und Väter, die sich täglich zerreißen zwischen Homeoffice und Homeschooling und die zutiefst bedauern, dass für die so wertvolle gemeinsame Freizeit leider KEIN Platz mehr bleibt. Denen das Herz zerbricht, wenn ihre Tochter sich weggeschoben und vernachlässigt fühlt, weil Mama und Papa ständig gestresst und gefühlt den ganzen Tag an ihren Computern sitzen.

Was für eine Ohrfeige für alle Frauen und Männer, die sich dafür einsetzen, den Arbeitsalltag tatsächlich und ernsthaft zu reformieren, die Arbeitszeiten zu reduzieren, um mehr FREIE„Zeit“ mit ihren Kindern zu verbringen. So hatten sie es sich wahrlich nicht vorgestellt. Und schließlich wohl Ein wahrer Fausthieb für alle Kinder, die eben nicht in akademischen Haushalten mit geerbtem Haus und großem Garten aufwachsen. Kinder, deren große und oft einzige Chance in einer sozialen Gemeinschaft, in Bildungschancen und Frühförderung liegt. Welch erschreckend bornierte Haltung einer, der es anscheinend sehr gut geht. Mir geht es übrigens auch sehr gut, aber mich selbst zum Nabel aller Dinge zu erklären, und die Ängste und Sorgen der Schwachen mit einem Federstrich einfach so wegzuwischen, sie in meinem Sinne umzuinterpretieren, das fiele mir wirklich nicht ein. Fassungsloses Entsetzen – Katja Wirfler

 

Frau Eberhardt trifft mit ihrem Artikel den Nagel auf dem Kopf. Bei allen Problemen die die Corona-krise mit sich bringt, so viel Zeit habe ich letztmalig mit meinen Kindern verbracht, bevor sie mit drei Jahren in den Kindergarten und später in die Schule kamen. Ich arbeite im Schichtdienst und komme häufig erst spät abends nach Hause, wenn die Kinder bereits schlafen. Morgens sehe ich sie auch nur für ein paar Minuten vor der Schule. Trotz aller Probleme und finanzieller Einbußen, diese Zeit kann mir keiner nehmen. – Thorsten Bludau

 

Wenn ich Hausfrau wäre, würden mein Mann und ich es wahrscheinlich auch mehr genießen können, gemeinsam mit unserer Tochter Zeit daheim verbringen zu können. Nun ist es aber leider so, dass wir beide arbeiten müssen und es mit einem Kleinkind nicht funktioniert. Somit arbeite ich jetzt vormittags, mein Mann nachmittags und den Rest der Zeit arbeiten wir abends wenn unsere Tochter im Bett ist. Das ist einfach ein wahnsinniger Stress, weil man gar nicht mehr zum Abschalten kommt. Der Arbeitgeber erwartet natürlich, dass man trotz Corona die gleiche Arbeitsleistung bringt. Somit kann ich Frau Eberhardt leider nicht zustimmen, wir hatten zwar vor Corona insgesamt weniger Zeit mit unserer Tochter, diese Zeit war aber deutlich qualitativer. – Silvia Knapp

 

Chapeau Frau Eberhard!!! Sie sprechen mir aus der Seele. Es ist schön, dass auch mal jemand über die positiven Effekte spricht. Viele Kinder gehen normalerweise um 7 Uhr morgens aus dem Haus, werden fremd betreut und sind erst am späten Nachmittag wieder daheim. Wichtigste Kontaktpersonen sind Erzieher, Lehrer, also das Betreuungspersonal. Jetzt fällt auch noch der Urlaub incl Kinderbetreuung ins Wasser, also ist es vielleicht an der Zeit, dass Eltern wieder lernen sich mit den eigenen Kindern zu beschäftigen, oder wie Frau Eberhard schreibt, den Kindern mal die Freiheit zu lassen, sich selbst zu unterhalten, auch wenn das vielleicht nicht immer in die Ordnungsvorstellung der Eltern passt. In den letzten Wochen waren in Wald und Flur, in Ermangelung von „Bespielungsangeboten“ so viele Familien in der Natur unterwegs wie schon lange nicht mehr!! – A. Fürwitt

 

Ich verstehe, dass sie versuchen wollen, die Zeit durch die regelmäßigen Artikel der WirtschaftsrätInnen insgesamt LeserInnen-naher zu gestalten, und finde die Grundidee durchaus gelungen. Der aktuelle Kommentar von Frau Eberhardt hat mich aber – wieder einmal – sehr enttäuscht bis verärgert. Zum Einen empfinde ich ihre Überlegungen aus privilegierter Hausfrauen-Perspektive als nicht passend für das Wirtschaftsressort. Zum Anderen ärgert mich jedes Mal sehr, wie wenig Reflexion über eigene Privilegien ihre Darlegungen beinhalten, ob dies nun Dieselfahrzeuge oder die Corona-Lage betrifft. Immerhin: sie sieht, dass sie mit Haus und Garten recht komfortabel durch diese Zeit mit drei Kindern zuhause kommen konnte. Was sie aber mit keinem Wort erwähnt, ist die Tatsache, dass sie Rund-um-die-Uhr-Betreuung ihrer Kinder nicht mit Vollzeit- oder auch nur Teilzeitjob beider Elternteile vereinbaren muss. Das ist für das subjektive Stressempfinden ein himmelweiter Unterschied!

Meiner Wahrnehmung nach hat die Doppelbelastung diejenigen am härtesten getroffen, die sich bemühen, beides, bezahlte Arbeit und Care-Arbeit, fair zu teilen, und die somit nun 10 Wochen lang auch beides bedienen mussten, mit allen dazugehörigen Herausforderungen – in unserem Fall 2 Jobs à 32 plus x Überstunden, ein Kleinkind und sehr fortgeschrittene Schwangerschaft. Jede Woche minutiös ausgearbeitete Schichtpläne abzuarbeiten, von Morgens 6 bis Abends 20h, oder auch mal deutlich später, abwechselnd an beiden Fronten im Einsatz zu sein, Zooms mit bangem Ohr am Babyphone in der Hoffnung, der Mittagsschlaf möge diesmal länger als 30 Minuten dauern…glauben sie mir: mein Kind hat mich dabei am wenigsten gestresst, aber permanent Dinge zu vereinbaren, die nicht zu vereinbaren sind, sehr wohl.

Und das hat nichts mit fehlender Wertschätzung meines Sohnes zu tun. Die Online-Foren sind voll von Beiträgen wie dem von Frau Eberhart und vielen anderen Frauen, die Kritik am zunächst schändlich nachlässigen Umgang der Politik mit den Belastungen von Familien in der Corona-Zeit auf einer für mein Empfinden völlig unpassenden emotionalen Ebene abtun wollen. Ich verstehe mit jedem dieser Artikel besser, warum die Gleichberechtigung bzw. Familienpolitik in Deutschland da steht, wo sie steht. Es hätte nur noch der Satz gefehlt ‚warum bekommt man denn dann überhaupt Kinder?!‘ – Anika May

 

Es ist ja mittlerweile nicht so ganz einfach in der „ZEIT“ objektive Artikel und Berichterstattung zu finden, aber Anuschka Eberhardtist mit ihrem Statement „Endlich Kinderzeit“ vom 4.6.2020 eine wohltuende Ausnahme. – Anton Bönig

 

Die durch die Pandemie bedingte Schließung der Kitas und Schulen bedeutet für berufstätige Eltern und Alleinerziehende eine ganz besondere Herausforderung, müssen sie doch ihren Nachwuchs jetzt selbst ganztägig betreuen. Dennoch sollte man nicht immer nur die damit verbundenen Belastungen sehen. Was empfindet wohl ein Kind, das sich als Störfaktor in der Familie vorkommt? Daher ist der Artikel von Anuschka Eberhardt besonders zu begrüßen. Hoffentlich gelingt es ihr, mit ihren Aussagen auch Kritiker davon zu überzeugen, dass Kinder das Leben auch bereichern können. Nach langjährigen Erfahrungen mit Grundschülern kann ich dies nur bestätigen. Kinder müssen nicht dauernd „bespaßt“ werden. Mit ihrer Kreativität, ihrem vielseitigen Interesse an der Welt, ihrer Initiative gelingt es ihnen in der Regel, ihre Mitmenschen zu erfreuen, sich auch mal selbst zu beschäftigen und die ihnen gegebenen Freiräume angemessen zu nutzen. – Gabriele Gottbrath

 

Der Artikel „Endlich Kinderzeit“ von Anuschka Eberhardt bringt mich tatsächlich dazu, den ersten Leserbrief meines Lebens zu schreiben. Ich erwarte nicht, dass Frau Eberhardt alle Varianten von Familienleben in zwei Spalten abdeckt. Aber selbst ein noch so flüchtiger Blick über den Gartenzaun ihres Einfamilienhauses hätte wohl schon gereicht, um zu realisieren, dass das Problem momentan nicht ist, dass Eltern mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen sollen und dadurch gestresst sind. Das Problem ist (und ich fasse nicht, dass ich das überhaupt erklären muss), dass Eltern bis vor ein oder zwei Wochen 24 Stunden täglich mit der Betreuung und Beschulung ihrer Kinder verbrachten und GLEICHZEITIG versuchten, bis zu 8 Stunden lang ihrer bezahlten Erwerbsarbeit nachzugehen. Frau Eberhardt hat diesen Versuch offensichtlich noch nicht unternommen, sonst wäre ihr sicher aufgefallen, dass sich konzentriertes Arbeiten über längere Zeiträume und gleichzeitige Vermittlung von Unterrichtsstoff/Ersetzen von Kita und Freunden (die Liste ließe sich fortsetzen) eher schlecht vertragen.

Ebenfalls kommen in ihrer äußerst begrenzten Wahrnehmung wohl keine kleineren Kinder vor, die eher selten in der Lage sind, sich länger alleine zu beschäftigen. Auch hier gibt es natürlich Ausnahmen, sie sind aber ganz sicher nicht die Regel. Was Frau Eberhardts Kinder ganz toll schaffen, das bekommt das Kind mit ADHS vielleicht nicht so gut hin, egal, wie alt es ist. Oder das mit erhöhtem Förderbedarf. Und dazu bedarf es noch nicht einmal eines „prekären Verhältnisses“. Wie schafft man das, in seiner Blase so eingeschlossen zu leben, dass jeder Gedanke an andere Lebensrealitäten einfach nicht existiert? Da braucht es schon ein gewisses Maß an Gleichgültigkeit und auch Arroganz. Ich freue mich, dass Frau Eberhardt die Zeit mit ihren Kindern so genießen kann und gönne ihr diese Zeit sehr.

Nur sollte man sich mit schlauen Empfehlungen für andere zurückhalten, wenn man so gar nicht überlegt hat, wie es denen gerade ergehen mag. By the way: ich würde mich tatsächlich über mehr Zeit mit meinen Kindern freuen. Für mich (und damit meine ich im Gegensatz zu Frau Eberhardt explizit nicht, dass das für den Rest der Republik genauso gelten muss) bedeutet das allerdings, dass ich wirklich Zeit für meine Kinder und deren Bedürfnisse, Erzählungen und Erlebnisse habe und nicht zwischen PC und Schulaufgaben/Kita-Kind-Bespaßung hin und her renne und letztendlich doch keinem gerecht werde. – Gabriele Postberg

 

… Arrghhhh! Was Frau Eberhardt da wieder vom Stapel läßt, erinnert doch sehr an die Fraktion der Herdprämien-Befürworter. Sie hat offenbar weder verstanden, daß Kinder eine gesellschaftliche und demografische Notwendigkeit und nicht primär eine Privatangelegenheit sind, noch realisiert sie, daß eine Berufstätigkeit der Eltern nicht zwangsläufig mit Karrieregeilheit einher geht. Vätern gesteht man ja gerne zu, daß sie selbstredend weiter eine mind. 40-Stunde-Woche arbeiten, wenn Kinder da sind. Frauen, die wieder ins Berufsleben einsteigen wollen, können schauen, wie sie ihre Rentenlücke mit einer Halbtagsarbeit stopfen. Außerdem bleibt an ihnen meist der Löwenanteil der Familienarbeit hängen. Abgesehen davon hat es zu keiner Zeit, nicht einmal im 2. Weltkrieg, solch umfassende Betreuungsarbeit ohne Kitas und mit wochenlangem Homeschooling gegeben – und das neben und im Homeoffice. Meiner Meinung nach sind die Klagen darüber gerechtfertigt.

Daß die Klagenden ihre Kinder einfach nur wegorganisieren wollten, kann ich (kinderfrei!) nicht nachvollziehen. Umgekehrt habe ich großen Respekt gerade vor den Frauen, die sich für Kinder entscheiden und natürlich auch einer Berufstätigkeit nachgehen. Sie sind es, die das Risiko der Altersarmut eingehen, obwohl sie real mehr arbeiten als die meisten Männer. Ja, natürlich gibt es auch Menschen, die die erzwungene Zeit des Lockdowns als geschenkte Familienzeit empfanden: meine Friseurin zum Beispiel, die ihren Salon 7 Wochen geschlossen halten mußte und deren gastronomisch arbeitender Mann ebenfalls über Wochen zu Hause bleiben mußte. Die haben das Beste mit ihrer 2jährigen Tochter daraus gemacht und man gönnt es ihnen von Herzen. Was sich so manche Eltern sicher fragen lassen müssen: könnt Ihr nicht einfach mal die Kinder Kinder sein lassen, ohne ihnen neben der Schule oder der Kita noch weitere Stundenpläne in Sachen Freizeitgestaltung zu verpassen? Daß all das weggefallen ist und oftmals zur Entschleunigung beigetragen hat, könnte man ja vielleicht in die Zeit nach Corona retten. – Juliane Duvigneau

 

Vielen Dank für Ihre positiven Und ehrlichen Zeilen, die ich genau so teile: auch mir kam es in letzter Zeit auf allen Kanälen so vor, als seine Kinder vor allem eines, nämlich belastend. Ich hingegen genieße die geschenkte Zeit sehr, da ich normalerweise zwischen Karlsruhe und Frankfurt Wochenendpendlerin bin, und meine Tochter (5 Jahre alt), die bei meinen Eltern wohnt, eben nur am Wochenende sehe. Das Pendeln fehlt mir nicht, die Dienstreisen und der persönliche Kontakt zu Kunden und Kollegen schon, nur freue ich mich auch nach den stressigen Tagen im Home Office abends mit meiner Familie Essen zu können und auch Zeit mit meiner Tochter verbringen zu können, selbst wenn ich mich gerne ausruhen würde. Ich wünsche Ihnen weiterhin gute Nerven und viel Spaß im Home Office / Home schooling und hätte mir gewünscht dass Ihr Artikel auf der Titelseite und nicht erst auf Seite 20 gedruckt worden wäre. – Jenny L. Petersen

 

Einen ganz herzlichen Dank an Wiebke Wagner für ihren Kommentar zu Anuschka Eberhardts Artikel! Über Anuschka Eberhardts Artikel war ich entsetzt. Will sie uns Frauen zurück zu Kindern in die Küche schicken? Was will sie uns berufstätigen Müttern mit Klein- oder Schulkindern sagen: Ihr habt kein Recht euch über Dreifachbelastung (Beruf, Haushalt, Kinderbetreuung/home schooling) in der Krise zu beschweren, eure Schuld, dass ihr berufstätig seid?!? Wiebke Wagner ist sehr milde der Kollegin gegenüber, wenn sie nur sagt dass bei Frau Eberhadt ein „Punkt zu kurz“ kommt. Was für ein Dogma herrscht hier? Warum setzt man uns unter Druck und warum wird suggeriert, man dürfe Erziehungsarbeit nicht als Arbeit sehen, sondern kommt in den Verdacht, seine Kinder nicht genug zu lieben, wenn Erziehungsarbeit auch als belastend empfunden wird? Wird ernsthaft erwartet, dass frau gefälligst in der Krise die richtigen Prioritäten setzen muss und sofort den Job sausen zu lassen hat, um fehlende Erzieher und Lehrer zu ersetzen?

Wird suggeriert, dass es meine Schuld ist, wenn ich unter der Belastung leide, ich könnte doch meinen Beruf aufgeben und mich voll und ganz den Kindern widmen? Lassen sie mich eines klarstellen: Kinder betreuen und Kinder unterrichten ist Arbeit, egal wie sehr man seine Kinder liebt, und ja, es ist eine enorme Belastung für BEIDE Eltern, wenn in einer Familie mit 2 vollzeit arbeitenden Elternteilen die ansonsten gut etablierte, interne und externe Arbeitsteilung in der Corona-Krise zusammenbricht. Wir alle meinstern diese Belastung so gut es geht und machen das beste draus, aber reaktonäre Wirschaftsrätinnen können zumindest wir Frauen dabei nicht gebrauchen. PS: Ich möchte noch betonen, dass dies primär eine Kritik an Frau Eberhardts Artikel ist. Für Frau Wagners Kommentar bin ich ihr sehr dankbar – beruhigend zu wissen, dass Frau Eberhardts Artikel offensichtlich auch ZEIT-intern kontrovers diskutiert wurde! – Claudia Hastedt

 

Der Artikel von Frau Eberhardt hat mir aus der Seele gesprochen! Auch ich (Mutter von vier Söhnen in Grundschule und Gymnasium) empfinde die Zeit seit spätestens zwei Wochen nach der Schulschliessung als prime time für die Familie. Der Älteste ist dem Druck des frühen Aufstehens, der Arbeiten und Tests entkommen, der Zweite der Unterforderung und Langeweile der unnütz abgesessenen Zeit im Frontalunterricht. Kein Termindruck in der Familie, dafür viel Zeit mit- und füreinander, die Schulpflicht endlich mal zweitrangig. Als berufstätige Mutter blieb zugegebenermaßen mehr Arbeit an mir hängen, aber unterm Strich ist es ein Zugewinn an Lebensqualität, keine Frage. Und auch ich habe rund um mich nicht das Gefühl, mit meinem Empfinden allein da zu stehen. Nun vermisse ich nur noch eine dringend überfällige Schlagzeile/Diskussion: Homeschooling wird in Deutschland endlich erlaubt! Mit Dank für diesen Artikel – Berthilde Galosi

 


 

 

Leserbriefe zu „Auch wenn es stinkt“ von Marc Brost

 

Die Idee stinkt wirklich. Heute Milliarden ausgeben, um die Umwelt zu zerstören und die Bürger krank zu machen. Dann Milliarden ausgeben, um die Schäden mehr schlecht als recht wieder auszugleichen. Dann lieber umwelt- und sozialverträgliche Branchen fördern. Das führt zu Umstrukturierungen und Reibungsverlusten. Die tun weh, bringen langfristig aber für Alle mehr Nutzen als die von Herrn Brost propagierte Geldvergeudung. Kaufanreize für Autos bevorzugen eine Branche vor anderen. Mit welchem Recht gibt es dann nicht auch Kaufanreize für Badelatschen, Hühnereier oder Fahrräder? Die Abwrackprämie war eine böse Umverteilung von den schlechter Verdienenden zu den besser Verdienenden. Wer genug Geld hatte, um sich ein neues Auto zu kaufen, bekam noch was dazu. Die Anderen, die sich weiterhin nur ein gebrauchtes Auto leisten konnten, mussten wegen der massiven Vernichtung von Gebrauchtwagen drastisch höhere Preise zahlen. – Iman Schwäbe

 

Es bereitet mir Schmerzen, Ihren Leitartikel zu lesen. Nicht wegen der Bullshit Jobs. Sondern wegen der Auto-Kaufprämie. Erstens war der Effekt der Abwrackprämie 2009 sehr bescheiden (bitte nachlesen!), zweitens war die Autoindustrie schon vor Corona in einer strukturellen Krise, ergo: fällt aus für Corona-Hilfen. Solche Maßnahmen, die Wirtschaftslobbyisten „schon immer mal“ umsetzen wollten, diskreditieren die Corona-Politik der Bundesregierung und spalten die Gesellschaft. Schlussendlich: Woher nehmen Sie Ihren Optimismus, dass danach alles besser, ein neuer Generationenvertrag geschlossen wird und neue, grüne Jobs geschaffen werden? Wurde das irgendwo diskutiert, geschweige denn vereinbart? Wo sehen Sie derzeit keine Rückkehr zum Business-as-usual? – Sebastian Gieler

 

In Zeiten von Pandemie und Klimakrise ist es unverantwortlich, schädlich, womöglich sogar kriminell, Rettungsfonds für die Autoindustrie und Lufthansa zu etablieren. Veraltete und in keinster Weise nachhaltige Industrien, die die Probleme, in denen wir alle stecken, zumindest mitverursacht haben, mit dem Geld der Steuerzahler zu retten, ist doch längst keinem denkenden Menschen mehr vermittelbar und bedeutet für alle jungen Menschen eine fundamentale Infragestellung einer leb- und erlebbaren Zukunft. Der Mythos von der Mobilität (mit zynischen Werbeslogans, wie „freie Fahrt für freie Bürger“, die sich aber so gar nicht für die jährlichen Verkehrstoten interessieren) ist ebenso eine dreiste Lüge wie der Mythos des Reisens (das angepriesene „Kennenlernen fremder Kulturen“ hat doch zu keiner Zeit stattgefunden und ist eine reine Erfindung der Tourimusindustrie. Rassismus, Nationalismus etc sind doch ausgeprägter denn je. Und da sind wir noch gar nicht bei Inlandsflügen, subventioniertem Treibstoff etc).

Die Arbeitsplätze, die angeblich gerettet werden müssen, könnten stattdessen in Firmen und Institutionen entstehen, die zukunfstfähig, klimaneutral, gemeinnützig und bildend sind. Solche sind in unserem Land leicht genug zu finden, wenn man dies denn will. Stattdessen werden – wie immer (die Bankenrettung gibt die Richtung vor) – Unternehmen gerettet, die unter keinen vorstellbaren Umständen selbst bereit wären, irgendetwas je für das Gemeinwohl zu tun, sondern einzig an Gewinnmaximierung interessiert sind. Der Rahmen ihrer kritischen Anmerkungen ist so gewählt, dass letztlich das Weiter-So abgesegnet wird, wodurch alles so bleiben kann, wie es ist, und – was den Rest betrifft – so wird man sehen… Man wird aber nur sehen, dass – nicht nur dieses – Land von den sogenannten Eliten leichtfertig und gedankenlos zugrunde gerichtet wird – all das zulasten zukünftiger Generationen. Zu der Zeit, als Scham noch eine gesellschaftlich relevante Kategorie war, hätten Sie sich für diesen „Leit“artikel schämen müssen, da Sie all das natürlich wissen. – Johann Siemon

 

Herr Brost schreibt, daß ein wichtiger Grund für eine erneute Abwrackprämie die große Zahl an Jobs in der Automobilindustrie wären. Mal abgesehen vom ökolögischen Irrsinn einer Abwrackprämie: warum wird immer wieder die angeblich große Zahl von Beschäftigten in der Automobilindustrie beschworen? Die Fakten sind andere: laut statistischem Bundesamt gibt es in Deutschland knapp 45 Millionen Beschäftige, davon arbeiten 830.000 in der Automobilindustrie. Oder anders herum gesagt: 98% der Beschäftigten arbeiten in anderen Branchen! – Wolfram Leonhardt

 

Ich glaube es ja gerade nicht… Auf Seite 1 der Ausgabe vom 4. Juni lässt die ZEIT Marc Brost behaupten „man kann in dieser Krise nicht korrigieren, was man jahrelang versäumte“. Er spricht sich dafür aus, sog. Bullshit-Jobs zu retten, um ein übermäßiger Ansteigen der Arbeitslosenzahlen zu verhindern. So werden Industriezweige seit Jahren am Leben gehalten, die ungesund und gefährlich sind. Waffenproduktionen, Bergbau, Atomkraftwerke beispielsweise. Ist es nicht die wichtigste Lehre aus dieser lebensbedrohlichen Krisenzeit, dass man dem Markt nicht die Entscheidungen überlassen darf für unternehmerische Investitionen? Die Bedürfnisse der großen Mehrheit unserer Bevölkerung, besonders die der Armen, müssen nach Corona Richtschnur für Entscheidungen sein. Dann wären Krankenhäuser nicht privatisiert worden, Personal dort nicht drastisch eingespart worden und es hätte nicht an Schutzkleidung gefehlt. Wann diese falsche Politik korrigieren, wenn nicht jetzt? – Holger Oehmichen

 

Es gibt bereits einen praktikablen Vorschlag, bei dem die Autokaufprämie durch eine Mobilitätsprämie ersetzt wird. Damit müsste Klimagerechtigkeit nicht auf später vertagt, sondern könnte schon jetzt verwirklicht werden. Es ist das Mindeste an Ausgewogenheit, wenn klimafreundliche Mobilität gegenüber der klimaunfreundlichen Mobilität nicht noch benachteiligt wird. Auch im öffentlichen Nahverkehr, bei der Bahn und im Fahrradsektor gibt es im übrigen Arbeitsplätze – und es könnten dort bei entsprechender Förderung auch viele neue entstehen. – Dr. Nina Jaenisch

 

Sie haben sicherlich recht, wenn Sie schreiben: „Man kann in dieser Krise nicht binnen Tagen korrigieren, was über Jahre versäumt wurde“ – und man hat m. E. viel versäumt! Es kann aber auch nicht sein, dass zunächst coronabedingt alte fossile Strukturen weiter gefördert werden (wie Sie offenbar in den folgenden Zeilen befürworten), um diese Strukturen dann später klimabedingt wieder ändern, d.h. abbauen zu müssen.Die nächste viel bedeutsamere Krise, die Klimakrise, läuft gegenwärtig schon wie in Zeitlupe nach dem gleichen Schema der Coronakrise ab. Man kann heute u.a. im sozialen Bereich deutlich sehen, was passiert, wenn zu spät und falsch reagiert wird (siehe USA, Brasilien und Großbritannien). Also, eine Ankurbelung der Wirtschaft ist sicherlich dringend notwendig. Die dafür notwendigen Gelder sind gewaltig und sie können später nicht erneut ausgegeben werden.

Es geht daher besonders um die Frage, wie dieses Geld der riesigen Corona-Konjunkturprogramme verteilt wird: Wird es den „grünen Strukturwandel“ der deutschen Wirtschaft erleichtern? Oder ist es eine reine konjunkturelle Wachstumsförderung mit dem Schutz der alten Geschäftsmodelle, die auf hohem fossilem Ressourcenverbrauch basieren? Es darf weder stinken noch riesige soziale Verwerfungen geben, „eine klimagerechtere Welt“ und „Jobs retten“ gehören zusammen. Das inzwischen beschlossene Konjunkturprogramm zeigt leider nur erste Ansätze dieser längst überfälligen strukturellen Veränderungen. An weiteren, schnellen und radikalen Maßnahmen werden wir alle jedoch nicht vorbeikommen. Je länger wir warten, desto größer die sozialen Verwerfungen und die ökologische Krise. – Burkhard Sigges-Urban

 

Der Artikel: „Auch wenn es stinkt“ beschreibt die dramatische Dilemma-Situation in der sich die globale Gesellschaft und insbesondere die auf Wachstum gegründeten Zivilisationen befinden. Die kompromiss orientierte Perspektive des Autors – noch ein letztes Mal mit nicht nachhaltigen Maßnahmen in eine anschließend nachhaltige Zukunft – ignoriert einen bzgl. menschlicher Ansprüche kompromisslosen Gesetzgeber: den Organismus Erde. Die Pandemie hat die Fähigkeit der Mehrheit der Menschen zu rationalem Handeln dokumentiert. Es stimmt, man kann in dieser Krise nicht binnen Tagen korrigieren, was sich über Jahrzehnte ökonomischer Ignoranz lebensbestimmender Gesetzmäßigkeiten fehlentwickelt hat. Verzicht auf Bullshit setzt allerdings die Ablösung der realitätsfernen Narrative der Mainstream-Ökonomie durch zu Gemeinwohl inspirierende Geschichten voraus. Darin steht Suffizienz nicht für verzichtenden Rückschritt sondern für sozialökologischen Fortschritt mit einem qualitativ von eben diesem Bullshut befreiten Wohlstand. Das XXForFuture-Potential ist bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Adam Smith wäre mit Sicherheit dabei! – Peter Vollmer

 

Bullshit (Auch wenn es stinkt) Eine schnelle Reaktion mit Sofort-/Direkthilfe war nötig und gut; nach 2-3 Monaten hätte ich mir jedoch ein gezielteres und in der Struktur faireres Programm gewünscht; das Programm ist overdone und die Umverteilung schreitet weiter voran (guter Indikator sind die Aktienkurse), alle machen mit und die SPD im Wahlkampfmode marschiert vorneweg. Was – wenn die nächste oder eine richtige Krise kommt ? Inhaltlich treffen die Argumente zudem nicht: Speziell an den (Solo-)Selbständigen und Freiberuflern gehen die Milliarden praktisch spurlos vorbei – keine großen Kostenblöcke, keine Soforthilfe; das fehlende Einkommen müssen sie selbst kompensieren – ich selbst mit massiv betroffen Autoindustrie – schlimm genug, dass die Pipi-Hybride (= teure Feigenblätter zur pro forma-Reduzierung des Durchschnittsverbrauchs) auch gefördert werden, bitte ich mal die Förderungen der Dinosaurierindustrie in den letzten Jahrzehnten inkl. den gigantischen Gewinn und Kapitalüberweisungen (z.B. die 1,6 Mrd. von BMW in diesem Jahr trotz 3stelliger Millionen Kurzarbeitersubventionen) in Betracht zu ziehen ! Wo bleibt da das viel beschworene, klassiche Unternehmertum ? – Michael Bohlender

 

Ich verstehe nicht, dass Thea Dorn und Marc Brost in ihren Kommentaren die Gefahren des Klimawandels weiterhin verharmlosen und die weiterhin gegen jede Vernunft Maßnahmen verschleppenden Politiker in Schutz nehmen. Die Poltik hat doch bei Corona gerade gezeigt, dass sie entschlossen reagieren kann und dadurch vermutlich hundertausende Menschenleben gerettet. Der Klimawandel aber bedroht Milliarden Menschenleben und wird weiterhin nicht annähernd ernst genommen. Unverständlich ist, dass Thea Dorn vor diesem Hintergrund Wissenschaftlern vorwirft, rechthaberisch bzw. ideologisch zu sein. Was soll ein Klimaforscher wie Hans Joachim Schellnhuber denn machen, wenn klare wissenschaftliche Erkenntnisse über gewaltige Bedrohungen ignoriert werden. Hat er nicht auch eine Verantwortung? Soll er schweigen und sehenden Auges eine Katastrophe hinnehmen, die andere offenbar nicht erkennen können oder aus egoistischen Motiven ignorieren wollen?

Warum erwartet Marc Brost allen Ernstes von den Jüngeren weiterhin die eigene Zukunft zu untergraben, damit in der Gegenwart die Älteren weiter machen können wie bisher? Wie naiv muss man sein zu erwarten, dass die älteren „danach“ helfen, eine klimagerechtere Welt zuschaffen. Wann genau beginnt dieses „danach“? Wie kannn es sein, dass von Politikern, Wirtschaftsbossen und Journalisten weiterhin so getan wird als wäre der Klimawandel das Problem derjenigen, die sich für ihn interessieren? Nein, der Klimawandel betrifft alle und alle müssen Verantwortung übernehmen und zwar jetzt. Wissenschaftler, Politiker, Journalisten, alle Büger. Es heißt doch „first things first!“ Der Klimawandel ist das „first thing“! – Christian Finck

 

Beim Lesen des Artikels hat mich die Gutgläubigkeit des Autors sehr erstaunt. Scheint ihm doch letztendlich nicht bewusst zu sein, dass die Autoindustrie genau das, was er von ihr in Zukunft erhofft, über Jahre hinweg immer wieder versprochen, aber nie gehalten hat. Statt dessen haben die Autokonzerne auf mehr als unverschämte Art und Weise getrickst und gelogen. Es war nicht unbedingt zu erwarten, ist aber in jedem Fall zu begrüßen, dass es der eng mit der Politik verzahnten Autolobby diesmal nicht gelungen ist, im Hinblick auf staatliche Hilfe erneut bevorzugt behandelt zu werden (vielleicht auch gerade wegen ihrer beständig nicht eingehaltenen Versprechen und ihrer fortwährenden massiven Verstöße). Um so mehr verwundert es, dass von Seiten der (unabhängigen) Presse trotz allen Fehlverhaltens der Autoindustrie deren erneute Forderungen akzeptiert werden. Das gilt auch unter Berücksichtigung des Hinweises auf den Verlust von Arbeitsplätzen, zumal dieses Problem auch die übrige Wirtschaft betrifft, ohne dass eine vergleichbare Förderung in Aussicht gestellt wird. Schließlich kommt hinzu, dass die hohen Herren aus der Autoindustrie durch ihr Verhalten oft genug gezeigt haben, was sie zu (vom Autor angeregten) neuen „Generationenverträgen“ beizutragen gewillt sind. – Günter Ott

 

In der Regel finde ich die ZEIT neben den in der Regel starken Inhalte erfrischend frei von Lobbyismus, aber beim Artikel „Auch wenn es stinkt“ von Marc Brost bin ich vom „ZEIT“-Glauben abgefallen: Da wird gerade mal mit einem kleinen Satz („Ja, es stimmt, die deutschen Hersteller haben betrogen und gelogen“) das auch heute noch unglaubliche Verhalten der Automobilindustrie kurz angedeutet, um dann den dicken Knüppel (der, der immer trifft…) zu schwingen: Leute, denkt doch einmal nach: es geht um Arbeitsplätze!! Na, wenn das so ist, warum nicht gleich richtig konsequent: zurück zur Braunkohle, eine ebenfalls umweltschädliche Industrie ohne Zukunft, und daran hängen ebenfalls viele Arbeitsplätze.

Den Verweis auf die Zukunft fand ich dabei das perfideste Argument: um unsere Zukunft zu sichern, um „grüner und gerechter zu werden“, müssen Verbrennungsautos gefördert werden! Ebenfalls von allerfeinster Zynik: zu behaupten, die Abwrackprämie wäre die erfolgreichste Maßnahme gewesen. Komisch: gerade in der ZEIT haben bei dieser Diskussion viele Wirtschaftswissenschaftler betont, dass dies a) nicht stimmt, und b) auch in der jetzigen Situation keine tatsächlichen Anreize schaffen würde: die Autokäufe werden vorgezogen, es gibt keine zusätzlichen Käufe. Solch einen eiskalten Lobbyismus, und das im Leitartikel, an prominentester Stelle, das muss man erstmal fertig bringen!! Nebenbei: das Dossier „Die Namen hinter den Zahlen“ aus derselben Ausgabe war erstklassig!! –Alexander Neufang

 

Ah ja, wir dürfen als VW, BMW, Daimler Benz belügen , betrügen und Gewinne erzielen und riesige Vorstandsgehälter zahlen und auch noch Millionenbeträge für Anwälte ausgeben, die unhaltbare Rechtspositionen vertreten, die vom BGH als sittenwidrig und unlauter gebrandmarkt werden.. und dafür sollen auch noch für technisch überholte Fahrzeuge Prämien gezahlt werden…? Dinosaurier sind tot, die Steinkohleförderung, die Atomindustrie sind Geschichte und die Stahlproduktion zuckt gerade noch .. und dann soll eine Industrie, die sich seit Jahren um Investitionen “herumdrückt“ und alten Schrott verkaufen will belohnt werden..? Mögen Sie, mögen Gewerkschafter und mögen Betriebsräte dies so sehen, aber wenn man als Fahrzeughersteller keine Visionen hat und dann auch noch darauf vertraut, dass der Steuerzahler die Verluste übernimmt, dann stellt sich die Frage, ob Leiter eines Unternehmens “Unternehmungsleitung“ tatsächlich verstanden haben. “Made in Germany“. … es war einmal und wenn sie nicht gestorben sind, … uhpsss…. sie sind schon tot! – Stephan Heinrichsmeyer

 

Milliarden Steuergelder für nachgewiesene krimineller Energie und Inkompetenz. Richtig ist ,dass die Autoindustrie ein großer Arbeitgeber ist. Welche Maßnahmen haben Aufsichtsräte, Vorstände und Betriebsräte unternommen um die Verantwortlichen zu belangen ? Arbeitsverträge von Leitenden Angestellten und Organen haben in der Regel den Passus „ Schaden vom Unternehmen abzuwenden“. Sind alle kriminellen Angestellten die für die Zahlungen von Milliarden durch Urteile und Vergleiche verantwortlich sind zur Rechenschaft gezogen worden? Arbeitsplätze sollten erhalten bleiben, aber nicht die, die ihre Inkompetenz und kriminelle Energie nachgewiesen haben. Die Abwrackprämie war kein Erfolg, sondern lediglich erfolgreiche Lobby – Arbeit. – Michael Rudolph

 

Für Wirtschaftswissenschaftler wie Marc Brost ist es typisch, mit den Naturwissenschaften zu fremdeln: Wenn er einen neuen Generationenvertrag fordert, jetzt die dreckigen Jobs zu retten (ohne Rücksicht auf die langfristigen Folgen) und die Klimarettung zu verschieben, hat er die Dynamik der anthropogenen Klimakatastrophe offenbar immer noch nicht verstanden: Wir haben keine Zeit mehr für solche Spielchen. Als Journalist (und damit wahrscheinlich aus eigener Sicht als Kulturschaffender) will Brost wohl auch nicht sehen, dass es bei der Klimarettung nicht um einen Gesellschaftsvertrag geht: Mit der Natur lässt sich nicht verhandeln. Entweder wir spielen mit – nach den Regeln der Naturgesetze – oder wir sind eher früher als später raus aus dem Spiel. Das haben Klimakatastrophe und „Corona“ deutlich gezeigt: Der Mensch kann die Natur nicht dauerhaft transzendieren. – Volkmar Heitmann

 

Die Wirtschaft hat vor allem zwei Aufgaben: Bereitstellen von Produkten und Dienstleistungen sowie Schaffen von Arbeitsplätzen. Letztere sind nötig, um Einkommen zu verteilen, und um Perspektiven zu geben. Der technische Fortschritt bewirkt, dass durch Automatisierung immer weniger Arbeitsplätze benötigt werden, um die notwendigen Leistungen zu erbringen. Im alten Ägypten gab es ein ähnliches Problem. Ein Teil der Lösung war der Bau der Pyramiden, der Arbeit schuf, wenn es in der Landwirtschaft wenig zu tun gab.

Heute erfüllen die vom Anthropologen David Gracher als «Bullshit-Jobs» bezeichneten Jobs eine ähnliche Funktion. Je mehr technischer Fortschritt, desto mehr Bullshit-Jobs sind anscheinend notwendig, um wegfallende Arbeitsplätze zu ersetzen. Die negative Bedeutung von «Bullshit-Job» ist insofern berechtigt, als vermutlich die ökologischen Probleme der Menschheit (speziell der Klimawandel) lösbar wären, wenn die in der Bullshit-Industrie Tätigen ihren Job aufgäben und stattdessen umweltfreundliche Ferien machten. Die Versorgung mit Lebensgrundlagen wäre ja trotzdem für alle gesichert. Dies auch dann, wenn die Produktion von Luxusgütern gestrichen würde (zum Beispiel: zu grossen Wohnungen und Autos, zu weiten Urlaubsreisen, zu kurze Lebensdauer von Textilien und anderen Gütern.)

Entsprechende Massnahmen hätten allerdings gewaltige lokale aber auch globale negative Nebenwirkungen. Ein globales Problem wäre: Diejenigen Länder deren Staatseinnahmen grossteils durch Ferntourismus, Ölförderung oder beispielsweise Textilien gedeckt werden, hätten fast unlösbare Probleme. Eine Grundlage für Massnahmen könnte die Beantwortung folgender schwieriger Fragen sein. Erstens: Wie weit müsste die Produktion (in Richtung gerade noch erträgliches Minimum) heruntergefahren werden, um den Klimawandel so weit als nötig zu begrenzen? Wie weit müsste das Wirtschaftswachstum hochgefahren werden, um in den Ländern mit übermässig hohem Bevölkerungswachstum neue Perspektiven zu bieten, die zur notwendigen Reduktion der Geburtenrate führen? Welche Rolle kann grüne Technik bieten, nicht nur als Ersatz für umweltfreundliche Produktion sondern auch fürs Bereitstellen von Arbeitsplätzen? Wie weit können Lösungen und Konzepte im Norden als Modell für weltweite Lösungen der verknüpften Probleme auf den Gebieten der Demographie, Ökologie und Ökonomie dienen? Wie weit lässt sich rechtfertigen, dass der Norden dem Süden Einschränkungen empfiehlt? Etwa auf Grund folgender Tatsache: Einst waren 30% der Menschen Europäer, heute sind es 10%. Das heisst, hätten alle Kontinente ihre Einwohnerzahl so wenig vermehrt wie Europa, betrüge die Zahl der Menschen ein Drittel der heutigen Zahl.

Die kritische Frage ist, ob es ausreicht, den einzigen Schwerpunkt zu setzen auf das Aufrechterhalten der Zahl der verfügbaren Arbeitsplätze. Das heisst kurzfristig: unterstützen von Bullshit-Jobs und langfristig Renovation und notwendigen Ausbau der Infrastruktur (Schulen, Kitas, Pflegeheime, grüne Mobilität, Wohnlichkeit der Innenstädte). Für den Norden mag das funktionieren, obwohl das Arbeitsangebot im öffentlichen Sektor, wohl nicht ausreichen dürfte. Ausserdem müssen dessen Leistungen ja auch über Steuern finanziert werden. Damit auch im Süden die demographischen, ökonomischen und ökologischen Probleme gelöst werden können, wären gewaltige Transferleistungen nötig.

Vermutlich gibt es kurzfristig keine akzeptierten Alternativen für das im Artikel beschriebene Modell. Langfristig dürfte es nötig sein, von der Vorstellung wegzukommen, dass es möglich ist, die Forderungen «Einkommensverteilung für alle durch Arbeit» und «Sichern der Zukunft durch Verzicht auf Bullshit-Jobs» (auf Grund bisheriger Vorstellungen) zu vereinen. Man muss daher Vorstellungen entwickeln und propagieren, wie die Grundlagen für eine langfristige Lösung aussehen könnten. Etwas in folgender Richtung: Jeder Mensch schafft durch seinen Konsum Arbeit, hat also auch ein Recht auf Arbeit. Kann dieses nicht eingelöst werden, hat er Recht auf Lebensunterhalt. Daneben muss jeder Mensch auch seinen notwendigen Beitrag leisten, damit der Kreislauf «Konsum schafft Arbeit, Arbeit ermöglicht Konsum» nachhaltig funktionieren kann. In diesem Kreislauf sind Transferleistungen nötig. Damit solche nicht auf ein Fass ohne Boden treffen, ist demographische Eigenverantwortung unerlässlich. Letztlich geht es darum, die Notwendigkeit von Wirtschaftswachstum (als Mittel zur Verteilung von Lebensgrundlagen) zu begrenzen und (wo nötig) die demographische Eigenverantwortung von Staaten und Bürgern einzufordern. PS: vgl. dazu das Buch «Die Technik reicht nicht», BoD 2016. – Dr. tech. Gernot Gwehenberger

 

Die Argumentation des Herrn Brost halte ich für gewagt und letztlich nicht überzeugend. Die Finanzkrise von 2008 betraf die deutsche Volkswirtschaft ungleich schwächer, politische Steuerungsmechanismen blieben, gerade im Vergleich zu der Situation in anderen EU-Staaten, weitgehend intakt – ausgerechnet die groß beworbene und tatsächlich nur marginal wirksame Abwrackprämie als Errungenschaft zu bezeichnen, ist im Sinne einer Diskussion ökonomischer Anreize weder innovativ noch zielführend. Sein Vorschlag, die „dreckigen“ Industriezweige und ihre Arbeitsplätze zunächst mit Steuermitteln zu konservieren, um danach gewissermaßen mit einer Art moralischen Vorsprungs konsequent umzukrempeln, scheint angesichts der bisherigen beachtlichen Resilienz (und zwar in dauer-, ausdrücklich nicht krisenbewährter Hinsicht) der betreffenden Wirtschaftskräfte gegenüber struktureller Veränderung in Richtung eines umweltfreundlicheren, sozial ausgeglicheneren, digitalisierteren Wirtschaftens wahlweise widersinnig oder zynisch. Zwar können auch im Rahmen erweiteter politischer Spielräume nicht alle Modernisierungsideale umgehend realisiert werden, doch ein „Weiter so!“ der ökonomischen Imperative mit Ergänzung politischer Absichtserklärungen käme keiner umsichtigen Handlungswiese, sondern einem gesamtgesellschaftlichen Rückschritt gleich. – Ralf Bureck

 


 

 

Leserbriefe zu „Die Namen hinter den Zahlen“ von Sebastian Kempkens et al.

 

Könntet Ihr bitte erklären, warum ihr hauptsächlich über tote Männer schreibt? Im Verhältnis 12:3 scheint Corona bei euch hauptsächlich Männer dahingerafft zu haben. Ist das ein Fakt oder doch Sexismus? – MC Winters

 

Das Dossier der aktuellen Ausgabe empfinde ich als unglaublich tendenziös und völlig unwissenschaftlich – ohne jeden Erkenntniswert. Ein Dossier mit Todesanzeigen? Was ist das denn für eine bizarre Idee. Insgesamt ärgere ich mich furchtbar über die Corona-Berichterstattung in der ZEIT. Ich empfinde sie als grob unwissenschaftlich und völlig fehl gewichtet. Mir scheint dies auch ein Ergebnis der extremen persönlichen Ansicht des Chefredakteurs zu sein. Noch nie habe ich mich so geärgert über die ZEIT, noch nie fand ich die Berichterstattung über Wochen qualitativ so ungenügend. Diese ZEIT der letzten Wochen würde ich nicht weiterhin abonnieren. Ich bin aber optimistisch, dass sich das Niveau nach Corona auch wieder hebt. – Sebastian Stehle

 

Was ist Sinn und Zweck dieses Dossiers? Zur Erinnerung JEDES Leben ist ein Einzelschicksal und endet stets mit dem Tod, ob mit, wegen oder ohne Corona. – Ingrid Purucker-Roth

 

Ich möchte Ihnen hiermit ganz herzlich zum Dossier – Die Namen hinter den Zahlen – gratulieren. Es ist Ihnen ganz hervorragend gelungen, die Lebensportraits der an Covid-19 Verstorbenen zu zeichnen. Es hat mich sehr berührt. Wirklich – 15 Geschichten vom Leben. Sie alle werden im Herzen ihrer Angehörigen sicherlich weiterleben. – Christine Braun

 

Tatsächlich kennen die meisten Menschen nur die Zahlen. Fallzahlen. Todeszahlen. Vielleicht sind noch ein paar verschwommene Bilder im Kopf. Kennst du etwa jemanden mit Corona?Eine vergiftete Frage, die mit der zu erwartenden negativen Antwort gerne verwendet wird, um im Alltag beiläufig das Coronathema und die Würde des Menschen zu relativieren. Der ganze Kommunikationsaufwand im Hinblick auf die Relevanz der Pandemie und die Akzeptanz der Maßnahmen soll durch diese einfache Frage neutralisiert werden. Eine rhetorische Frage zur Marginalisierung einer Bedrohung, die weltweit für Tausende mit dem Tod endet.

Ohne auf einen solchen oder irgendeinen anderen Hintergrund Bezug zu nehmen ist mit dem ZEIT-Dossier „Die Namen hinter den Zahlen“ ein sehr beeindruckendes Plädoyer für das Leben entstanden. Eine sehr gute Idee, auf Basis von Interviews mit Hinterbliebenen die Lebensgeschichten von 15 Menschen aufzuschreiben, die an Corona gestorben sind. Das Leben dieser 15 Menschen: so farbig, so kraftvoll, so einzigartig, so würdig. Menschen wie du und ich. So viel Liebe in der lebendigen Erinnerung der Hinterbliebenen. So viel Menschenfreundlichkeit im Notieren und Veröffentlichen der Geschichten. Ja, ich kenne jemanden mit Corona. Reinhard Koine

 

Ihr Bericht über die Opfer von Corona hat mich tief berührt. Man liest und hört nur täglich in den Medien, dass wieder so und soviele Menschen verstorben sind. Oft denke ich: Wieder ein Mensch um den eine Familie, Freunde, Kollegen etc. trauern. Der wertvoll war und eine Lücke hinterlässt. Wie schön, dass Ihre Zeitung von ein paar dieser Persönlichkeiten erzählt. – Doris Eberhard

 

Im Artikel wird durch die Auswahl der beschriebenen Personen suggeriert, dass die Mehrzahl der an/mit Covid-19 Verstorbenen mitten aus dem Leben gerissen wurde und zum allergrößten Teil männlichen Geschlechts gewesen sei. RKI Angaben belegen dagegen, dass das durchschnittliche Alter der an/mit COVID-19 Verstorbenen 81 Jahre beträgt (also genauso hoch ist wie die derzeitige durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland) und dass 45% der Verstorbenen weiblichen Geschlechts sind. – Gerald-F. Gerlach

 

Ich möchte ungern pietätlos erscheinen, aber ich habe auch nach längerem Nachdenken nicht ganz verstanden, was mir die Autoren damit nahebringen wollen, dass sie die Lebensgeschichten von 15 an Corona verstorbenen Menschen auf drei Seiten schildern lassen. Es ist doch schrecklich, wenn geliebte Menschen von uns gehen, aber es ist in einem übergeordneten Sinn auch schrecklich, wenn ihr Sterben womöglich – egal für welche Zwecke -instrumentalisiert wird, und diese Befürchtung drängt sich mir dann leider irgendwann doch auf. – Kerstin Thalmann

 

Ihr Artikel ist zwar sehr hochwertig, hat für mich jedoch etwas von Sensationsjournalismus. Das finde ich insofern besonders bedauerlich, da er die Angst schürt, die derzeit förmlich zum Greifen nahe ist. Aus meiner Sicht wäre es gerade in diesen Zeiten Aufgabe eines guten Journalismus, dem etwas entgegenzusetzen und vor allem die Dinge, die Angst machen, zu hinterfragen – sowie die Zahlen in Relation zu setzen. Jeden Tag sterben etwa 2600 Menschen. Bei der Influenza sind 2017 ca. 25.000 Menschen gestorben. Und wenn immer auf Italien und die USA gezeigt wird, um den Schrecken aufrecht zu erhalten, sollte doch mal zurück geschaut werden und die Zahlen heute auch diesbezüglich in Relation gesetzt werden. Vielleicht helfen diese Artikel dazu: https://off-guardian.org/2020/04/02/coronavirus-fact-check-1-flu-doesnt-overwhelm-our-hospitals/?fbclid=IwAR286qoVAScMXAjSEtdUC6OdPJrXl8cv4eJHkMKM9myN09ISCoIQad4uDNc,https://www.statnews.com/2018/09/26/cdc-us-flu-deaths-winter/?fbclid=IwAR3O0IcYFWASupCs2VWlayAwY1RFUKY6KEB0ZHQVHRbmcJHFL355Se_RDbwGut fand ich Ihr Interview mit Herrn Püschel und auch Ihren Beitrag von Thea Dorn. – Irja Warns

 

Keinen human denkenden und fühlenden Menschen werden die bisher etwa 8600 Schicksale der in Deutschland an Covid-19 Verstorbenen unberührt lassen. Man sollte aber auch die ungezählten Einzelschicksale der an vielen anderen Leiden Erkrankten nicht vergessen, die wegen unspezifischer, flächendeckender Anti-Corona-Maßnahmen nicht oder zu spät behandelt wurden. Wir dürfen uns auch nicht abwenden von den psychologischen Folgen der Angst und Einsamkeit, die diese Maßnahmen in unzähligen Fällen verursacht haben. Auch sollten wir unsere Augen nicht verschließen vor den Einzelschicksalen von Millionen in vielen Teilen der ärmeren Welt, die wegen ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit durch den Lockdown in den reicheren Ländern in Verzweiflung, Hunger und Tod getrieben werden.

Wir können auch nicht die Tatsache einfach abhaken, dass wir in einer Weltwirtschaftskrise sind, die zu ungerechten Umverteilungen führt. Die chaotischen gesellschaftlichen und politischen Umwälzungen können wir auch nicht einfach mit einem Schulterzucken abtun, die dem Streben nach einer humaneren und demokratischen freien Gesellschaft entgegenstehen und unüberschaubare Konflikte fördern. Lassen Sie uns nicht übersehen, dass es andere Länder gibt wie z.B. Südkorea, Japan, Singapur, Hong Kong, Taiwan usw., die mit anders gestalteten Maßnahmen sehr viel weniger Tote zu beklagen haben als zum Beispiel Deutschland. Viel mehr politisch und gesellschaftlich sowie medial unterstützter internationaler wissenschaftlicher Austausch und Kooperation von Anfang an wären sicher hilfreich gewesen. – Gerhard Jahnke

 

Ich möchte mich für den Beitrag „Die Namen hinter den Zahlen „ bedanken, anschaulich und warmherzig geschrieben, und vor allem beendet er meine zunehmende Sorglosigkeit. – Dr von Hirsch

 

Sie haben in dem Dossier von Lebensgeschichten erzählt und mit keinem Wort über Ansteckungart und Krankheitsverlauf usw. erwähnt. Das wäre meines Erachtens einigermaßen interessant gewesen. Diese Art der Berichterstattung erwarte ich nicht von der Zeit, dafür gibt es die yellow Press. – Renate Reichardt

 

Leider sind inzwischen anscheinend nur noch die Coronatoten etwas wert!? Für mich sind alle Menschenleben gleich viel wert! In Deutschland sterben jedes Jahr über 350000 Menschen an Herz- Kreislauferkrankungen, über 200000 Menschen an Krebs, rd 20000 Menschen an Krankenhauskeimen und tausende sterben wegen den Coronamassnahmen! Es wäre schön, wenn Sie diese Menschen nicht vergessen würden, und anhand dieser Zahlen nochmal überdenken würden, ob die Coronamassnahmen tatsächlich verhältnismäßig waren und sind!? – Bernhard Firnkes

 

Die 15 Geschichten hinter der Pandemiestatistik in unserem Land bezeugen eindrucksvoll, welchen Verlust es bedeuten kann, wenn jemand nicht gerettet wird. Doch das Alter der vorgestellten Personen löste bei mir Nachdenken aus. Ist es ein Zufall, dass das Durchschnittsalter von 71 Jahren acht Jahre unter dem Durchschnitt der Covid-19 Opfer in Deutschland liegt? Ist es etwa die Absicht des Artikels zu belegen, dass nicht nur alte und vorerkrankte Menschen Opfer der Epidemie werden können? Das wäre zu banal. Ist die Auswahl der relativ jungen und offensichtlich aktiven Personen vielleicht ein unerklärter Versuch, die irrsinnigen Kosten im Kampf gegen die Pandemie zu legitimieren? Der wirkliche Preis im Kampf gegen die Pandemie wäre eine weitere Recherche wert. – Jean-Claude Will

 

So sind die Geschichten vom Leben. Schön, dass wir etwas daran teilhaben durften und nicht immer nur Zahlen lesen. Viele von den beschriebenen Leben waren ja schon lang und das eine oder andere kämpfte auch schon mit körperlichen Widrigkeiten. Und ja, es ist fast immer tragisch, wenn ein Leben zu Ende geht. Covid-19 ist tückisch, es kann uns alle treffen und wir können nichts machen. Und es bestimmt z.Zt. sehr viel in unserem Leben und in der Presse. Alte und/oder kranke Menschen sterben. Die einen früher, anderen etwas später, beides meist nicht zur rechten Zeit, aber so ist es nun mal. Warum liest man bei Ihnen nicht auch genauso Geschichten vom Leben hinter den Zahlen von Frauen, die von ihren Männern umgebracht wurden, oder von denen die unschuldig durch rasende oder besoffene Autofahrer ums Leben kamen usw. Oder von Kinder denen durch häusliche Gewalt ihre Biographie zerkloppt wurde… Auch das sind zusammen eine große Anzahl, jedes Jahr. Ich würde mich freuen, wenn auch dieses bei Ihnen genau so eine Beachtung fände und nicht immer nur Covid-19, Corona, Covid-19, Coron usw. – Reinald Kraushaar

 

Bitte berichten Sie nicht nur vom Leben von Corona-Toten, sondern auch von Menschen aus Risikogruppen, die eine Infektion gut weggesteckt haben. Ich kann Ihnen zwei nennen: eine 86-jährige Italienerin und einen 60-jährigen Deutschen mit Vorerkrankungen. – Giorgio Zankl

 

Sollten ihre Redakteure nicht endlich auch über Grippe-Opfer aus dem Jahr 2017 / 18 berichten? Das Ausmaß dieser sowie auch anderer Grippewellen übertraf die COVID-19-Totesfälle bei weitem. Sie könnten ebenso über Opfer von Krankenhaus-Keimen, Herpes-Viren, Streptokokken oder über Opfer durch Fehler im Krankenhaus berichten… Die Liste der Toten in unserer gefährlichen Welt ist lang. Und ja, da wo Todeszahlen auffallend hoch sind, sollte davon berichtet werden. Weshalb greifen Sie einzelne Schicksale bei einem in Deutschland überwiegend harmlos verlaufenden Virus heraus? Um den Angst-Level der Gesellschaft in Ballance zu halten? Um den Nachdenklichen und Hinterfragenden den Wind aus den Segeln zu nehmen? Oder um den Fokus auf ein rettendes Medikament zuzuspritzen? Die Objektivität und Seriosität ihrer Zeitung scheint mit der Corona-Krise im Lockdown erstarrt zu sein. – Kerstin Ebert

 


 

 

Leserbriefe zu „»Was ist eure Relevanz, ihr Kirchen? Wozu braucht man uns Christen überhaupt?«“ von Heiner Wilmer

 

Der Artikel von Bischof Heiner Wilmer lohnt absolut! Wir freuen uns, dass nach langer ZEIT mal wieder einer mit Vollmacht redet, der wirklich etwas zu sagen hat. Der differenziert, der das Leben kennt, seins und das von Menschen jeglicher Couleur, der um Heilungsbedürftiges in der Welt weiß und für Menschlichkeit eintritt, dessen Gottvertrauen spürbar ist, der in den kirchlichen Themen mit intellektuellem Stehvermögen zu Hause ist und zugleich geistvoll sowie offen Chancen sieht, dass sich etwas Neues bewähren kann – und das so unmittelbar nach Pfingsten. Fast unglaublich! Wir glauben, das spricht für Kirche und könnte vielleicht der Anfang vom Wasser-in-Wein-Verwandeln sein. – Maria und Martin Schwedhelm

 

Das Corona-Virus unterscheidet nicht nach Glaubensgruppen. Erst waren es die Baptisten, dann die Pfingstgemeinden mit ihren Ritualen. In MV hat es jetzt auch die Katholiken erwischt, das Virus unterscheidet nicht nach Glaubenszugehörigkeit. Umso unverständlicher ist, dass die katholische Kirche ein konsequentes Regelkonzept – wie es in der evangelischen Kirche von ihren Obersten vorgeschrieben und an der Basis vorbildlich umgesetzt wird – nicht mitmacht. Mundschutzpflicht, Gesangsverbot und Festhalten von Namen und Adressen der Gottesdienstbesucher halten katholische Christen offensichtlich nicht für nötig. Ist so von den Erzdiözesen nicht gewollt. Schützt der Leib Christi in der Eucharistie etwa vor Corona? Sollten wir schnell alle katholisch werden? Oder versammeln sich hinter den Kirchenmauern gar die Corona-Leugner?

Diese Verhaltensweisen könnten sich schon bald rächen, die katholischen Kirchen schnell zu nächsten Corona-Hotspots werden. Denn ausreichendes Lüften in reichlich bunt verglasten Kirchen ist nicht drin. Und das bloße Einhalten von 1.50 m reicht dann auch nicht aus, bei der Kommunion ohne Plexiglasscheibe und/oder Zange schon gar nicht möglich. So wird aus der Gemeinschaft der Gläubigen schnell eine Gemeinschaft von Infizierten. Böse Zungen könnten jetzt auf die Idee kommen, dass sich kirchliche Besitztümer so durchaus vermehren ließen, werden ältere Menschen doch bisweilen von kirchlicher Seite persönlich angeschrieben, beim Vererben ihrer Immobilie ja auch an die Kirche zu denken… – Sylvia Heger

 

In GLAUBEN & ZWEIFELN fordert Heiner Wilmer, Bischof von Hildesheim, einespirituelle Revolution.Mein Vorschlag : in den 30er Jahren des 20 Jahrhunderts lehrte ein US-amerikanischer Theologieprofessor (spezialisiert auf alte Sprachen, namens Purucker), dass der sogenannte „Schrei am Kreuz“ eine Falschübersetzung ist insofern, als dass Jesus nicht aus dem Psalm 22 zitierte, sondern in Wirklichkeit auf aramäisch gesagt hat „MEIN GOTT, MEIN GOTT, WIE HAST DU MICH VERHERRLICHT!“ – Jürgen Friedrich

 

Der Herr Bischof stellt die richtigen Fragen . Seine Antworten : Mitspielen beim großen Mysterium des Glaubens , eine spirituelle Revolution ,die uns zu Suchenden werden lassen muß. Das wird dem alten Mann ,der sich von seiner Frau verabschieden wollte, sicher helfen. Als Suchender ist meine Frage: Warum ist Gesang in Gotteshäusern z.Zt. lebensgefährlich ? Die Virologen haben ja eine Antwort, die Theologen auch ?–Hängt sie vielleicht vom Text des Liedes ab ? Auch in schwieriger Zeit ist interlektuelle Redlichkeit eine nützliche Tugend. – Prof. Dr.Hans Werner Schürmann

 

Einen Teil Ihrer Fragen habe ich bereits versucht, in meinem Kommentar zum Beitrag von Frau Finger (DIE ZEIT Nr. 23) zu beantworten. Leider ist er nicht, wie übrigens alle Zuschriften zu dieser DIE ZEIT-Ausgabe, im blog erschienen, da sich die Leserbriefredaktion offenbar wieder eine schöpferische Pause gegönnt hat! – Dr. med. Ulrich Pietsch

 

Die Kirche hängt unter anderem zu sehr am Tropf des Staates, eigentlich ist sie schon mehr als richtig, fast „junkiemäßig“ abhängig von ihm, und daher geht leider überhaupt nichts mehr voran. Den Gläubigen hat die Kirche derzeit wenig, bis gar nichts mehr zu bieten, daher laufen ihr ihre (Noch)Schäflein auch herdenweise auf Nimmerwiedersehen davon. Gerade jetzt in der Coronavirus-Krise müsste die Kirchen ihren seelischen Beistand anbieten, statt dessen lässt die Kirche, wie im Berliner Dom (ca. 1400 Besucher finden dort platz) gerade mal 50 Gottesdienstbesucher herein, um mit ihnen eine Art „Corona-Not-Gottesdienst“ zu feiern. Außer heißer Abstands-Luft und der obligatorischen Mund-Nase-Bedeckung haben sie weiter nichts mehr, in der hygienisch saubergereinigten Hinterhand: – das (Mit)Singen von Kirchenliedern ist und bleibt verboten! – Vorsicht sehr große Ansteckungsgefahr, der christliche Mensch ist hoch infektiös. – Klaus P. Jaworek

 

In seinem Artikel schreibt Bischof Wilmer „Sie (die katholische Kirche) ist auch eine hierarchisch und episkopal verfasste Kirche, das kann und will ich nicht ändern.“ Dem Bischof ist in soweit beizufplichten, als es sich bei der katholischen Kirche um eine hierarchisch organisierte Organisation handelt. Sie ist aber nicht nur hierarchisch organisiert, sondern absolutistisch, wenn man daran denkt, daß die Lehrmeinung des Papstes Gesetz ist oder daß dieser Bischöfe auch gegen anderweitige Meinungen einsetzen kann, z. B. in Köln und Wien vor einiger Zeit. Dieser Absolutismus läßt alle die Veränderungen unberücksichtigt, die sich im Laufe der Geschischte verändert haben, als da sind besonders die Aufklärung, Bildung. Mit diesen Mitteln gewannen die Menschen Freiheit und Mündigkeit, nämlich ihr eigenes Leben selbst in die Hand zu nehmen. Die katholische Kirche aber fordert nach wie vor Unterwerfung unter ihre Prinzipien, hängt noch immer an ihren mittelalterlichen Vorstellungen fest und schließt so Menschen aus. Beispiele hierfür sind die Regelungen zur Ehelosigkeit der Priester oder der Wiederverheiratung von Geschiedenen. Hatte nicht Jesus im Zusammenhang mit der Ehebrecherin gesagt „Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie.“ (Jh 8,7)? Ist es noch angemessen Wederverheiratete als Ehebrecher anzusehen?

Was ist in diesem Zusammenhang mit der Vergebung der Sünden? Sündigt die Kirche nicht selbst, wenn man an den Kindesmißbrauch denkt und die Maßnahmen, die von Bischhöfen ergriffen wurden, um den Skandal zu vertuschen, z. B. Versetzung der Priester in andere Diözesen? Dient nicht das absolutistische System der katholischen Kirche gerade der Verschleierung der Zustände? Auf meiner Pilgerfahrt nach Santiago de Compostella 2015 kam ich in Frankreich an vielen Kirchen vorbei, die geschlossen waren, weil kein Priester mehr vor Ort anwesend war und der Gottesdienst von Priestern benachbarter Gemeinden mit vorgenommen werden mußte. Zum Teil galt dies für 3 oder 4 Gemeinden. Grund hierfür ist sicherlich das Keuschheits- und Ehelosigkeitsgebot der katholischen Kirche. Dabei stammt dieses nicht aus der Bibel, sondern war im Mittelalter notwendig, damit sich die Mönche und Priester auf das konzentrierten, was ihre Aufgabe war, nämlich die Verkündung des Glaubens. Leben wir aber nochim Mittelalter? ich meine nein.

Wenn der Bischof es aber ablehnt die hierachisch verfaßte Kirche zu ändern, wird er weiterhin Menschen und Gläubige ausschließen. Wenn sich die katholische Kirche nicht reformiert kann sie als Sünderin auch keine Vergebung derselben erwarten, den „Darum, o Mensch, kannst du dich nicht entschuldigen, wer du auch bist, der du richtest. Denn worin du den andern richtest, verdammst du dich selbst, weil du ebendasselbe tust, was du richtest (Röm 2,1).“ Nur wenn sich die katholische Kirche reformiert, mehr demokratisch aufgebaut wird, so daß sich die Gläubigen wirklich beteiligen und einbringen können, wird die katholische Kirche noch Relevanz haben, ansonsten verliert sie weiter an Mitgliedern und Zustimmung. – Christoph Meißner

 

Dass macht nicht satt!Die Frage, die ich mir ständig beim Lesen des Aufsatzes von Herrn Heiner Wilmer stellte war, wann kommt es, das gute und starke Argument, der Ausdruck an tiefer Überzeugung für seine Kirche und die christliche Botschaft? Meine Frau hat den Artikel auch gelesen und war enttäuscht von so wenig Relevanz in der Aussage. Da bekommt ein führender Repräsentant der Katholischen Kirche die schöne Gelegenheit auf einer ganzen Seite in der Zeit seine Überzeugungen und Gründe für die Relevanz des christlichen Glaubens heute Zeugnis abzulegen und dann so ein laues Lüftchen. Wer ist nach so einem Aufsatz motiviert, für seinen Glauben einzutreten und andere zu begeistern? Gestärkt im Glauben an Jesus und seine gute Botschaft. So nannte Jesus seinen Auftrag an die Jünger. „Diese gute Botschaft“ in die ganze Welt zu tragen. Liest man z.B. die Apostelgeschichte, brannten die Jünger darauf diesen Auftrag mit Leben zu erfüllen.

Sie hatten auch den Mut zu missionieren zu erklären, warum der Weg, den Jesus vorgezeichnet hatte, der Weg zu Gott ist. Ja ein, wie Jesus selbst in der Bergpredigt sagte, „schmaler Weg der zum Leben führt und den nur wenige gehen.“ (Matthäus 7:13,14) Was ist die Kernaussage der Botschaft Jesu? Durch den Tod Jesu hat Gott den Weg für alle Menschen frei gemacht. Das Reich Gottes (oder seine Regierung) ist das Mittel, durch das Gott alle Missstände und allem Leid auf unserem geschundenen Planeten ein Ende machen wird. Jeder Mensch ist eingeladen diese Botschaft der Bibel kennenzulernen und sich von der Kraft Ihrer Botschaft und den guten Argumenten für Ihre Glaubwürdigkeit zu überzeugen. Natürlich nie unter Zwang und mit Gewalt, sondern, wie Jesus und seine Jünger vorlebten, mit starker Überzeugung und mit der Kraft guter Argumente.

Darin liegt das Hauptversagen der großen, christlichen Kirchen. Diese Botschaft kommt in Ihren Predigten kaum noch vor. Und Sie schaffen es nicht, ja versuchen es nicht einmal wirklich Ihre Gläubigen mit dieser Botschaft zu überzeugen. Darin liegt auch der Grund, warum die katholische Kirche so oft kläglich versagt hat, wenn es zum moralischen Lackmustest kam und kommt. Kreuzzüge, Inquisition, Machtstreben, Kindesmissbrauch, Unterstützung der Nazis und die Liste ließe sich lange fortsetzen. Wer glaubt ernsthaft Jesus hätte eine solche Kirche als seine Repräsentanten haben wollen? Hätte die Kirche Jesus und seine Botschaft ernst genommen und würde wirklich seinem Beispiel folgen, wäre Sie heute nicht in so einem erbarmungswürdigen Zustand. Als Kirchenmitglied würde ich mir die gleiche Frage stellen, wenn es um die spirituelle Dürre in der katholischen Kirche geht, die der Prophet Jesaja in Jesaja 55:2 aufwarf: „Warum bezahlt ihr ständig Geld für etwas, was kein Brot ist, und warum gebt Ihr euren Verdienst für etwas aus, dass nicht satt macht. „ – Markus Louven

 

Der „junge“ Bischof von Hildesheim spricht zu uns und wir können ihm interessiert zuhören. Sein Duktus ist offen, undogmatisch, beinahe von weltlichem Esprit. Liest man seinen Text ein zweites Mal, bemerkt man, dass er im Kern seiner Rhetorik ein Mann der Dialektik ist, der die Haltung eines Traditionalisten mit der eines Erneuerers in Synthese bringen will. Dieser Ansatz ist verständlich, naheliegend, aber ist er auch pragmatisch, durchsetzbar? Und was genau könnte er bedeuten? Das bleibt unscharf. Die „spirituelle Revolution“, von der er spricht, soll uns, die globale Kirchengemeinde, zu „Suchenden“ in einer Welt „der radikalen Veränderungen“ werden lassen. Doch das müssen wir nicht erst werden, wir sind es bereits und unser Suchen ist vielmehr ein „Ersuchen“, indem wir den Klerus ersuchen, ALLES auf den Prüfstand zu nehmen, keine Tabubereiche zu definieren und das Undenkbare zu denken. Nur dann darf sich eine spirituelle Revolution auch so nennen. – Daniel Hardt

 

Wozu braucht man die Christen überhaupt? Diese Frage taucht in schöner Regelmäßigkeit immer dann auf, wenn in den sozialen Medien Kirche thematisiert wird. Da wird auch schon mal in tiefster Abneigung sich gerierende Kommentierung häufig auf die „Märchen“ erzählende Kirche reduziert. Beliebt ist auch der Rundumschlag „Kirche als schlimmste Organisation aller Zeiten“. „Tiefstes Mittelalter“ wird heutigen, modernen Kirchenvertretern auch gerne attestiert. Da wäre es einem Bischof wie Heiner Wilmer einmal anzuraten, sich auf der Plattform der social-media-Diskussionen zu bewegen und sich in die dortig häufig vorzufindenden, geistigen Tiefen zu begeben. Heutige christliche Mission muß so etwas tun. Oder sie wird, mehr als ohnehin schon, aus einem gesellschaftlichen Diskurs ausgeblendet, der nicht immer mit Samthandschuhen daherkommt. Als Christ setze ich mich immer wieder mit Kommentatoren auf Facebook-Seiten auseinander, die sich gerne als Sprücheklopfer zeigen, dabei schon ewig ausgetretene Abwertungsmechanismen einsetzen.

Beliebt sind Verfehlungen der über 2000 Jahre alten Kirche bis hin zu den Mißbrauchsfällen als Anlass, alle Christen über einen Kamm zu scheren, ob gut oder böse. Überzeugende Gegenargumente fruchten nur, wenn man sich auch Häme aussetzt, die nie ausbleibt. Und die es schon für die Gründer der Kirche Petrus und Paulus gab. Ganz zu schweigen Christus selber, der keinem Spötter auswich, aber für seine Überzeugungen den Kopf hinhielt. Und den Leib. Das braucht ein Bischof heute zum Glück hierzulande nicht mehr. Aber ein wenig mehr Mut im offenen Disput mit Andersdenkenden wäre nicht schlecht. Sich auf intellektuell höherem Niveau einer Wochenzeitung zu bewegen, ist interessant, reicht aber nicht aus, die hartgesottensten Kritiker der Kirche zu überzeugen. Was ist die >>Relevanz der Kirchen<<? Für alle Menschen da zu sein. Weil es durch das für die Kirche maßgebliche Buch, die Bibel, ihr gesagt und aufgetragen ist, „dass Gott will, dass allen Menschen geholfen werde“. Und dafür braucht man uns Christen. – Axel Spellenberg

 

Der eindrucksvolle Bericht wird sicherlich manchen zum Nachdenken anregen und gerade jetzt in der Corona-Krise Trost, Mut und Hoffnung geben. „Wir müssen den Menschen erklären, warum es sich lohnt, sich noch mit der Bibel, mit Jesus zu beschäftigen,“ sagt Bischof Heiner Wilmer. Diese Worte gefallen mir besonders gut, erinnern sie mich doch an meine langjährigen Erfahrungen mit Grundschülern im Religionsunterricht. So fragte mich einmal ein Junge: „Wann kommst du wieder in unsere Klasse und erzählst uns von dem tollen Mann.“ Er meinte Jesus Christus, der die Menschen liebe, ihnen zeige, was gut und böse sei und wie man friedlich miteinander umgehe. Kinder haben im Allgemeinen ein Bedürfnis nach Religion, Glauben und Kirche, das im Laufe der Jahre sogar noch größer geworden ist.Wenn es dem Klerus gelingt, auf die Menschen zuzugehen, sich noch stärker für ihre Belange zu interessieren, sie in Freud und Leid zu begleiten, wird mancher den Weg in die Kirche zurückfinden. Die Chance sollte man nutzen, gerade jetzt in der Corona-Krise. – Gabriele Gottbrath

 

Ich sitze auf dem Sofa und lese entspannt die Ausgabe der ZEIT vom 4. Juni. Ein Artikel fesselt mich. Die Rubrik „Glauben &​ Zweifeln“ handelt von der Relevanz der Kirchen. Ein eloquenter und geistreicher Beitrag, der durchdacht immer wieder verschiedene Positionen aufeinander bezieht. Ich blicke auf das Foto. Eine Frau in einem bunten Kleid. Henriette Wilmer ist die Autorin. Kann das sein? Neugierig lese ich den Lebenslauf. Sie hatte anfangs keine Ambitionen, katholische Bischöfin zu werden. Sie wurde 1961 im Emsland geboren, war Behindertenseelsorgerin in Kanada, Lehrerin in New York, Schulleiterin in Norddeutschland. Als Generaloberin der Herz-Jesu-Priesterinnen lernte sie die ärmsten Länder der Welt kennen. Ein beeindruckender, internationaler Lebenslauf. Welch ein Segen für die Menschen, mit denen sie bisher zu tun hatte.

In ihrem Artikel schreibt sie wunderbare Sätze, wie: Das perfekte Leben gibt es nicht. Die Kirche ist unser gemeinsames Zuhause. Die Kirche dient der Glaubenssuche. Wir müssen nach dem Eigentlichen fragen …. wieder unseren Weg gehen und für andere da sein. Wir müssen zu Suchenden werden … [dann] werden wir eine radikale Veränderung unserer Kirche wagen. Wie gut, dass das II. Vatikanische Konzil dies alles schon in den 60er Jahren ernst genommen hat und das Menschen wie Henriette Wilmer heute eine echte Bereicherung für die Botschaft der Kirche und den christlichen Glauben sind. Plötzlich klingelt es, 6 Uhr morgens. Verschlafen reibe ich mir die Augen. Immer noch durchströmt mich ein wohliges Glücksgefühl, doch dann wird es mir jäh bewusst: Es war ja alles nur ein Traum. – Volker Linhard

 

Das Thema der sexuellen Misshandlungen in der katholischen Kirche ist bei weitem wichtigste im Artikel angesprochene, da die Folgen für die Betroffenen so verheerend sind. Ich rechne es dem Autor hoch an, dass er die pauschale Abwehr dieser Vorwürfe durch sein „kindliches katholisches Ich von einst“ als „ungerecht“ erkannt hat, da die Leiden der Opfer so viel schwerer wiegen. Die australische staatliche Missbrauchsstudie der verschiedenen gesellschaftlichen Bereiche hat 2018 festgestellt, dass das Risiko für sexuelle Misshandlungen in der katholischen Kirche wesentlich höher ist als in den anderen religiösen Gemeinschaften und sonstigen gesellschaftlichen Bereichen. Die katholische Kirche Deutschlands hat in ihrer eigenen Studie herausgefunden, dass ihre Gemeinde-Priester fünfmal häufiger zu sexuellen Misshandlern wurden als ihre Diakone (die heiraten dürfen). Ein wesentlicher Grund dürfte in beiden Fällen das Zwangs-Zölibat sein.

Der Autor schreibt, dass sich „Vertrauensverlust, Legitimationsverlust und Wirklichkeitsferne“…“am erschütternsten im Missbrauchsskandal zeigen“. Ich stimme vollständig damit überein: Wer seine religiösen Traditionen für wichtiger als das Vermeiden weiterer Verbrechen hält, hat sich so weit von der Wirklichkeit menschlichen Zusammenlebens entfernt, dass er seine Legitimation verliert, und das Vertrauen der Menschen dazu. Es erschüttert mich daher, dass die auch in Australien geäußerte Forderung nach Abschaffung des Zwangs-Zölibats in dem Artikel keine Erwähnung findet. Der Autor zitiert Lennart Cohen „Forget your perfect offering“. Dies kann auch als „Vergiss Dein perfektes Opfer“ übersetzt werden – das perfekte Opfer des Zölibats gehört abgeschafft, um der misshandelten Kinder willen, und auch um der katholischen Amtsträger willen, die es zu Verbrechern macht. – Dr. Eberhard Schmiedeke

 


 

 

Leserbriefe zu „Frei-Day for Future“ von Manuel J. Hartung

 

Jetzt wäre der Zeitpunkt aus Summerhill zu lernen. – Iman Schwäbe

 

Ihr Autor schlägt eigentlich ganz gute Dinge vor. In Deutschland wird es eine gute Lehranstalt niemals geben. Alles nur Illusionen. Ich bin ein leidgeprüfter Vater von 3 Jungs. Die Erlebnisse, die ich durchgemacht habe, wünsche ich keiner Mutter, Vater oder Familie. Jedenfalls in NRW nicht. Das geht alles auf das Konto der Partei der Grünen. Die haben das Zepter in der Hand. Die Pädagoginnen (Pädagogen gibt es kaum) sympathisieren alle mit dieser Partei, manche sind auch Mitglieder. Daraus machen sie auch kein Geheimnis. Die sind deswegen auch kürzlich bei den Wahlen in NRW abgewählt worden. Warum ich in jeder Hinsicht skeptisch bin: Der frühere Direktor, der das Internat in Salem geleitet hat, hat das fest gemacht an der nicht vorhandenen Autorität, die durch Antiautorität ersetzt worden ist. Ohne Autorität aber, lässt sich eine Lehranstalt nicht vernünftig führen, meinte Dr. Bueb. Das sehe ich genauso.

Meine Kinder haben erst etwas gelernt als sie privat unterrichtet worden sind. Hinzu kommt das Verhalten der Eltern, die wenig bis gar nicht an der Schule ihrer Kinder interessiert sind. In Bayern oder Sachsen mag das vielleicht anders sein. Die Pisa Ergebnisse haben das auch deutlich gezeigt. Und zu Kanada sei gesagt; die mögen in Westeuropa zu den besseren gehören, aber in der Welt nehmen sie auch keine Spitzenfunktion ein. Ich lebe auch in Singapur, dort kann man mit fug und recht von einer großartigen Schulkultur sprechen. Vor etwa 2 Jahren war eine deutsche Schulvertretung in Singapur. Das Ergebnis war ernüchternd. Auf die Frage, was sie mit nach Deutschland nehmen können: „Nichts, das lässt sich alles bei uns nicht durchsetzen.“ Damit war das Thema durch. – Gunter Knauer

 

Herzlichen Dank für den klasse Artikel in der ZEIT von dieser Woche. Hat mich und meine Mitstreiter im Programmteam der Deutschen Schulakademie sehr gefreut. Wir sind ähnlich unterwegs. Anbei unsere aktuelle Positionierung zum Thema zu Ihrer Kenntnis: Pressemitteilung: Schule und Corona: Alte Routinen überwinden – aus der Krise lernen! Berlin, 6. Mai 2020 – Mit der Pandemie von Covid-19 ist das deutsche Schulwesen in einer zu Friedenszeiten noch nie dagewesenen Weise getroffen und in seiner Arbeit beeinträchtigt worden. Zurzeit bemühen sich alle Beteiligten in Schule, Familie, Staat und Gesellschaft um die verantwortbare Wiederherstellung erträglicher Zustände. Wie schnell und wie gut das gelingen kann, wird sich in den nächsten Monaten erweisen. Die Probleme in der aktuellen Krise machen unübersehbar und unmissverständlich klar, dass das deutsche Schulsystem dringend einen solchen tiefgreifenden Veränderungsprozess braucht. Bildungspolitischer Anspruch und Schulwirklichkeit klaffen in der Krise zu häufig auseinander: – Im Gegensatz zur Forderung nach einem selbsttätigen Lernen in sozialer Gemeinschaft zeigt sich die weitgehende Vorherrschaft eines Lehrer – und Fächerzentrierten Unterrichts, der angesichts einer mangelhaften digitalen Infrastruktur in seiner ganzen Starrheit vorgeführt wird.

– Im Gegensatz zur Forderung sozialer Chancengerechtigkeit erleben wir derzeit erneut einen Anstieg der gravierenden strukturellen Benachteiligung von Kindern und Jugendlichen aus bildungsferneren Bevölkerungsgruppen. – Im Gegensatz zur Forderung einer individuellen, potenzialorientierten Lernförderung und entsprechender Leistungsbeurteilung, die Schülerinnen, Schüler und Eltern einbindet, sehen wir vor allem eine Fokussierung auf curriculare Vorgaben und Prüfungsrhythmen. – Im Gegensatz zur Forderung, eine aktive und mitverantwortliche Schulleitung zu stärken, herrscht wie kaum zuvor eine große Unklarheit bezüglich der (Fein- )Steuerung schulischer Prozesse verbunden mit einer Disbalance von staatlicher Rahmensetzung, eigenverantwortlicher Umsetzung und lokaler Vernetzung. Angesichts dieser offen zu Tage tretenden Mängel und Probleme muss dringend eine Diskussion über die bildungspolitischen Lehren aus der Krise geführt werden. Die beispiellosen Erfahrungen aus dem Lock-Down sollten dazu genutzt werden, das Bildungssystem weiterzuentwickeln und zukunftsfähig zu machen.

Auf keinen Fall darf es ein „Weiter so wie bisher“ geben. Es gibt bereits viele gute Lösungen in der Praxis, auf die zurückgegriffen werden kann und sollte. Die Deutsche Schulakademie, die sich zusammen mit den Schulen des Deutschen Schulpreises für innovative Formen bildungsgerechter Schule einsetzt, sieht sich hier in der gesellschaftlichen wie praktischen Verantwortung. Das gilt zuvorderst für dringend benötigte tagesaktuelle Unterstützungs- und Beratungsangebote. Diese werden an vielen Stellen von uns zur Verfügung gestellt und helfen direkt vor Ort. Über diese unmittelbare und praktische Hilfe hinaus will und wird sich die Deutsche Schulakademie in den nächsten Monaten verstärkt der Frage zuwenden, was über das Jahr 2020 hinaus aus der gegenwärtigen fundamentalen Beeinträchtigung für die Veränderung von Schule und Unterricht in Deutschland gelernt werden kann.

Hierfür kann die Deutsche Schulakademie auf eine ganze Reihe bewährter Angebote aufbauen, die sie in den letzten fünf Jahren zu verschiedenen Themen der Schul- und Unterrichtsentwicklung initiiert hat. Die Deutsche Schulakademie wird als länderübergreifende, gemeinnützige und überparteiliche Institution des deutschen Bildungswesens im Herbst und Winter 2020 in vielfältigen Formaten wie Foren, Expertengesprächen, Hearings, Stellungnahmen und Petitionen – gemeinsam mit den Preisträgerschulen des Deutschen Schulpreises und vielen weiteren Akteuren – weiterhin im Sinne der notwendigen Veränderungen tätig werden. Wir möchten die Krise als Chance zur Verbesserung des Schulwesens nutzen. – Dr. Wilfried Kretschmer

 

Frei-Day for Future So titelt Manuel J. Hartung auf der 1. Seite und beginnt damit einen Artikel über die Chance der Schulen auf einen innovativen Neustart nach Corona. „Schule nach Corona darf nicht Schule vor Corona mit Händewaschen sein“. Laut Hartung war es „der Regelbetrieb Schule, der verschlafen hat, dass sich die Welt da draußen schon vor Corona radikal verändert… der es zugelassen hat, dass digitales Lernen sich meist darin erschöpft, Arbeitsblätter per PDF zu versenden“. Was genau er nun mit „Regelbetrieb Schule“ meint, kann man nur erahnen. Er fährt fort, indem er Möglichkeiten aufzeigt, „Schule besser, moderner und menschlicher zu machen“ und spricht von 3 Erfahrungen. 1. Bildung gibt der Ungewissheit Raum. Schule sei bislang eine „Gewissheitsvermittlungsinstitution“, das Unbekannte werde außen vor gelassen.

Ich denke Schule hat zunächst einmal die Aufgabe wissenschaftlich fundierte Kenntnisse zu vermitteln. Zunächst müssen Kinder und Jugendliche erst einmal Wissen und Erfahrungen aufbauen, um dann zukunftsorientierte Entscheidungen treffen zu können. Es ist gerade in unserer heutigen Zeit immens wichtig, den Schülerinnen und Schülern den Unterschied zwischen Fakten und fake zu vermitteln und ganz genau zu trennen. Natürlich sollen dabei auch zukünftige Fragestellungen ihren Raum finden. Aber die Kompetenzorientierung der Bildungspläne hat sicherlich hierbei einen großen Beitrag geliefert. Den Schülern wird schon lange nicht mehr nur Wissen vermittelt, jedenfalls steht das so nicht in den Bildungsplänen. Und in die Bildungspläne Fragen wie den Wiederaufbau nach Corona aufzunehmen, der ja auch die Wissenschaft derzeit ganz schön fordert, halte ich dann wirklich für ein sehr ehrgeiziges Ziel. 2. Bildung will Freiräume nutzen. Dass die selbstorganisierten Tage bei einigen Schülerinnen und Schülern Energien freigesetzt haben, ist sehr zu befürworten und hat einige gute und innovative Ideen hervorgebracht. Das ist aber auch nicht ganz neu, denn auch in vielen Bildungsplänen sind bereits Projekte und selbstorganisierte Lehr- und Lernformen vorgesehen. 3. Bildung ist mehr als Geistesarbeit.

Hier verweist er auf Kanada, wo well-being auf dem Lehrplan steht. Auch hier gibt es bereits einige Ansätze in Deutschland z.B. mit dem Fach „Glück“, das in einigen Schulen unterrichtet wird. Natürlich stehe ich da voll auf seiner Seite, aber mit einem fettgedruckten „Sommerferien nicht zur Erholung, sondern um die Schule zu entwickeln“ kommen wir da wohl kein Stück weiter. Damit Schule sich entwickeln kann, sollten endlich mal die alten Denkmuster ÜBER SCHULE verlassen werden. Allein die Idee, dass die Ferien als Entwicklungsmotor der Schule dienen könnte, zeigt doch einerseits sehr deutlich, welches Bild Herr Hartung über Schule und Lehrer hat, aber andererseits auch, dass es ansonsten (während der Schulzeit) nur wenig Freiraum dafür gibt. Und dass digitales Lernen sich häufig auf das Versenden von Arbeitsblättern per PDF beschränkt, liegt wohl weniger an mangelnder Innovationskraft der Lehrer oder kreativen Zukunftskonzepten, sondern ganz einfach an den Bedingungen vor Ort.

Eine Schule, in der digital und zeitgemäß unterrichtet werden soll, braucht einfach das, was jedes mittelständige Unternehmen für selbstverständlich hält: 1. ein stabiles WLAN für alle, 2. Laptops für alle (Lehrer und Schüler) und 3. einen Techniker, der sich um die DV kümmert. Und in einem mittelständigen deutschen Unternehmen würde wohl kaum einer erwarten, dass sich mal alle Kollegen in ihrem Urlaub zusammensetzen und an einem innovativen Zukunftsprojekt arbeiten, aber wenn die o.g. Bedingungen dafür gegeben sind, bin ich auf jeden Fall dabei! – Belinda Wahl

 

Schulentwicklung nach und mit Lehren aus Corona? Digitales Lernen darf sich nicht auf das Versenden von unsäglich vielen Arbeitsblättern konzentrieren, sondern auf den persönlichen Austausch über ein funktionierende Internet, zu dem alle Kinder Zugang haben können. Noch wichtiger erscheint mir etwas Anderes: Eltern und Kinder haben gelernt, dass Schule mehr ist als Pauken und Noten, sondern vor allem ein Ort für Gemeinschaft, nach dessen „Regelbetrieb“ man sich sehnen kann. In Corona-Zeiten stehen auf dem Stundenplan Rücksichtnahme, Fantasie und Geduld. Gar nicht so schlecht! – Werner Bohn

 

Nun soll die Corona-Krise also auch noch als Mittel dienen, eine “neue” Schule zu schaffen. Die Schule könnte laut Herrn Hartung auf der Grundlage von drei Erfahrungen besser, moderner und menschlicher sein. Diese drei Erfahrungen sind aber nicht neu. Zur ersten Erfahrung, dass Bildung der Ungewissheit Raum gibt: Fragen nach Unbekanntem wurden schon immer in der Schule behandelt. Selbständiges Denken ist ein wesentliches Bildungsziel. Die Schülerin und der Schüler, die nicht selbständig denken, sondern nur Vorgesagtes lernen und wiederkäuen, kommen über ein Befriedigend kaum hinaus. Zur zweiten Erfahrung: Es gibt bereits zwei freie Tage pro Woche, den Samstag und den Sonntag. Und zur dritten Erfahrung. Die Ziele, dass Schüler keine Angst haben, dass sie motiviert und achtsam sind, dass sie optimistisch ihre Welt gestalten, gibt es auch schon lange. – M. Erich

 

Der Artikel „Frei-Day for Future“ hat mich nicht überzeugt. Gut fand ich noch den Anfang mit der Beobachtung, dass Schüler durch Corona erkannt hätten, „dass Schule doch nicht so doof [sei]“, dass Eltern erkannt hätten, „dass Kinder zu unterrichten viel schwerer [sei], als sie vorher gedacht haben.“ Dann heißt es allerdings, dass Lehrer erkennen mussten, wie schwierig es ist, Kindern per Video etwas beizubringen. Das deckt sich mit Forschungsergebnissen darüber, dass Kinder „analog“, von Gesicht zu Gesicht, und wenn sie selbst physisch etwas aufschreiben müssen oder sich mit Lehrern und Klassenkameradinnen unterhalten, am besten lernen. – Wie nur kann der Autor daraus die Schulssfolgerung ziehen, wir bräuchten jetzt mehr Computer in den Schulen? Offensichtlich brauchen Schüler und Lehrerinnen genau das Gegenteil: Präsente Diskussionen zusammen im Klassensaal oder auf Exkursion, Üben auf Papier und an der Tafel, Experimente selbst durchführen, etc.

Des Weiteren unterstützt der Autor die Idee einer Vier-Tage-Woche, damit Schülerinnen sich an einem weiteren Tag „eigenen Projekten“ widmen könnten. Wir haben bereits zwei freie Tage in der Woche. An denen kann man sich doch seinen Projekten widmen. Wozu ein weiterer Tag, an dem die Eltern aber arbeiten und die Kinder dann unbetreut sind? Davon abgesehen soll der Unterrichtsinhalt dann in 20% weniger Zeit durchgenommen werden? Oder wird dann der Teil mit dem 20% „Unnötigsten“ aus dem Lehrplan gestrichen? Erstes erhöht den Stress von Lehrern und Schülerinnen nur noch. Zweites beträfe bei zwölf Jahren Schule dann Wissen und Fertigkeiten, die bisher in über zwei Jahren erlernt wurden. – Helena Krebs

 

Erfreulich, dass mit Manuel J. Hartungs Artikel der Bildungsbereich auf die erste Seite der „Zeit“ gefunden hat. Hierzulande kommt Bildung oft nur weit hinter anderen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens. Das neue Konjunkturpaket der Bundesregierung ist dafür ein anschaulicher Beleg. Von den vielen vorgesehenen Milliarden wird kaum etwas im schulischen Umfeld ankommen. Hartung selbst weist auf das exzellente Schulsystem in Kanada hin, wo neben Leistung auch soziale Gerechtigkeit zählt. Vielleicht gelingt es bei einem „Restart“ unvoreingenommen auf Schulsysteme anderer Länder zu schauen, so wie das die Pisa-Untersuchungen seit 20 Jahren geleistet haben? Chancengerechtigkeit und ein hohes Leistungsniveau zeigen auf internationaler Ebene nur die Schulsysteme, die sich von einem Frühselektionssystem verabschiedet haben: Zu nennen wären neben Kanada , Finnland und Estland auch -wie A.Schleicher in seinem Buch „Weltklasse Schule“ aufzeigt-, asiatische Bildungssysteme, wie z.B. Singapur.

In Deutschland wechseln die Schulformen von Bundesland zu Bundesland. Wie sich dieser Flickenteppich im Bildungsbereich auswirkt, hat gerade die Corona-Krise gezeigt. Wie soll durch regionale Unterschiede erklärt werden, dass in einigen Bundesländern wieder regulärer Schulunterricht stattfinden soll, während man in anderen Bundesländern auf vorwiegend digitalen Unterricht setzt? Und Apropos Digitalisierung: Gerade bei der Digitalisierung mussten viele Eltern leidvoll erfahren, wie wenig Geld für eine digitale Grundausstattung bislang in den Schulen angekommen ist. – Helmut Gattermann

 

Die Schule neu denken? Eigentlich doch eine Selbstverständlichkeit, da die Lebensformen der Gesellschaft sich stets weiterentwickeln und auch der Erkenntnishorizont sich ausweitet. Hiermit möchte ich die so denkwürdigen „drei Erfahrungen“ von Herrn Hartung bekräftigen: Tatsächlich taugen die Lehrpläne großenteils nicht mehr als Vorbereitung auf die moderne Berufswelt. Das gilt auch für viele Schulbücher, z.B. für die aus dem Fach Geschichte, deren Darstellung oftmals fragwürdig ist, da ja der Inhalt und die Interpretation des Zeitgeschehens von den jeweils herrschenden Mächten bestimmt wurden. Tatsächlich entspricht auch die Pädagogik in unserem Lande, wonach der junge Mensch entgegen den demokratisch bestimmten Erfordernissen eher Objekt statt Subjekt ist, nicht dem Ziel der doch angestrebten staatsbürgerlichen Reife. Eigenverantwortliches und kooperatives, nun auch digitales Lernen müsste verstärkt werden. So ließe sich allmählich ein allgemeineres Bewusstsein für die Chancen wie auch für die schon bedrohlichen Gefahren für unsere Gesellschaft wie auch für die Umwelt und die Natur herausbilden. Tatsächlich versperrt die egozentrisch organisierte Kultusbürokratie moderne Bildungskonzepte, die zentral von den besten Köpfen aus Wissenschaft und Pädagogik entwickelt werden müssen. Andernfalls werden wir weiterhin den Ländern mit den schon fortschrittlicheren Schulen hinterherhinken. – Joachim Jankowsky

 

Über die Idee, Lehrer sollten in den Sommerferien die Schule neue erfinden statt sich zu erholen, konnte ich nur den Kopf schütteln. Wo leben Journalisten mit solchen Visionen? Als hätten wir nicht eben das online Unterrichten neu erfunden und als hätte keiner von uns trockene Augen und Sehnenscheidenentzündung vom Tippen bis zu 10 Stunden am Tag, vor allem sonntags, denn montags gibt es neue Aufgaben und zumindest bei einer Klasse wo Woche individuelle Rückmeldungen (Mehr ist beim besten Willen nicht zu schaffen). Wenn jetzt der Unterricht im Wechsel mit je der Hälte der Schüler beginnt, brauchen wir Zeit, daran anzuschließen und gute Nerven, wenn sich herausstellt, wie unterschiedlich wir jetzt die Starken fördern müssen, um den Bildungsplan zu erfüllen, und die Schwachen fördern, damit sie nicht abhängen. Nebenbei noch diejenigen, die gerade zu Hause bleiben, sinnvoll beschäftigen. Gegen Burnout hilft Anerkennung des Geleisteten und Zeit für Erholung und endlich wieder mehr Bewegung. Dass die Schule menschlicher wird, darauf können Sie wetten. Wie kostbar das Leben ist und die Möglichkeit sich wieder persönlich zu sehen, das dürfte jetzt jeder begriffen haben. – Hedwig Maier

 

Ich habe einige Anmerkungen und Anfragen zu den beiden Artikeln über die Zukunft der Schule, vor allem zu den Themen „Erneuerung der Lehrpläne“ und „Digitalisierung“. Die Corona-Krise soll Anlass für alle möglichen gesellschaftlichen Veränderungen sein. Jetzt auch für die Schulentwicklung. Natürlich ist es wichtig, Schule immer weiter zu entwickeln. Aber der Vorschlag nach einer Erneuerung der Lehrpläne übersieht, dass die Pläne schon jetzt viele Spielräume bieten, die nur genutzt werden müssen. So wird gefordert: Die Bildungspläne sollen in Zukunft nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch der Ungewissheit Raum geben. Das geht doch schon jetzt. Ich habe in meinem Oberstufenkurs Ev. Religion mithilfe von Radiobeiträgen und Zeitungsartikeln, auch aus der ZEIT, Fragen rund um Corona aufgearbeitet und diskutiert:

Wie gehen wir mit Triage-Situationen um? Was zeigt uns die Krise über den Menschen? Wie bewerten wir den Stillstand? Wie soll die Welt, wie soll unser Leben danach aussehen? Das alles steht nicht im Bildungsplan, lässt sich aber leicht Themen des Bildungsplans zuordnen. Dass das alte Wissen darauf keine Antworten geben kann, wie behauptet wird, sehe ich anders. Das Virus ist neu, das Phänomen Krisensituation nicht. Das, was Ihr Redakteur Ulrich Schnabel vor ein paar Jahren über Zuversicht und innere Freiheit geschrieben hat, kann ich eins zu eins auf die Corona-Krise anwenden und habe es mit meinen Schülern auch getan. Nichts daran ist veraltet, es bleibt richtungsweisend, weil es die Grundfesten unserer Existenz berührt.

Außerdem bin ich nicht der Meinung, dass Deutschland die Digitalisierung in den Schulen verschlafen hat. Der Wert der Digitalisierung nicht überschätzt werden. Meiner Frau und mir haben in der Krise weniger die Lernplattformen als der persönliche Kontakt mit Lehrerinnen (ja, es waren nur die Frauen, die sich aus dem Haus wagten und zu den Familien nach Hause gingen) geholfen. Sie haben Arbeitsmaterialien gebracht, sich erkundigt und wo nötig, sich mit den Schülern hingesetzt und gearbeitet. Eine Digitalisierung der Schulen halte ich für zu teuer, auch angesichts der Tatsache, dass Geräte und Systeme schnell veralten. Außerdem müsste man dann auch noch die Familien mit Geräten und Programmen versorgen, denn wer mag schon wertvolle Präsenzzeit in der Schule mit langen Internetrecherchen verschwenden? Zu guter Letzt habe ich bei meinen Kindern festgestellt, dass es zwar gute digitale Lernprogramme gibt, mit denen man zeigen kann, dass der Stoff verstanden ist, aber dass, wenn Schule mehr sein soll als Stoff- und Wissensvermittlung, nämlich Hilfe zum Selberdenken und zur Meinungsbildung, Lernprogramme schnell am Ende sind. Wer in die Zukunft der Schulen investieren will, muss in Menschen investieren! – Dr. Hans Joachim Stein

 


 

 

Leserbriefe zu „Frei wie nie zuvor“ von Kerstin Kohlenberg

 

Warum wird mit zweierlei Maß gemessen? Sehr geehrte Damen und Herren, ich bin entsetzt, zehntausende gingen für „BLACK LIFE MATTERS“ auf die Straße, dicht gedrängt kein Abstand, keine Polizei, Bürger die für das GG auf die Straße gehen, werden wegen nicht Einhalten von Mindestabständen gewaltsam festgenommen, oder gleich daran gehindert teil zu nehmen, oder mit Kreide und Zollstock, ihren eignen Käfig zeichnen? Unfassbar. Ja es ist schlimm was da in den USA gemacht wurde. aber als Oury Jalloh gefesselt in einer Polizeizelle in Deutschland verbrannte, hat in Deutschland zu keiner Schweigeminute oder Protesten geführt? Die Mehrheit waren junge Menschen, für die Älteren, Eltern die gerade ihre Existenzen verlieren und Arbeitslos werden, Suizide begehen, gibt es keine Solidarität von den Jungen Menschen in diesem Land? Im Übrigen, nicht „BLACK LIFE MATTERS“ sondern „ALL LIFE MATTERS !!! Die vielen Opfer der UNSÄGLICHEN „Corona Maßnahmen, interessiert in Deutschland niemand? – H. Ewerth

 

Als langjähriger Abonnent Ihrer Zeitung bin ich grundsätzlich mit der Aufmachung, der Themensetzung, dem Sprachstil einverstanden. Das schließt mit ein, dass ich schon mal zu mancher in der Zeit vorgetragenen Meinung eine Gegenposition einnehme, mir ein Artikel mal nichts sagt oder unverständlich bleibt. Ich nehme also Anteil, denke weiter über die Dinge nach, die ich der Zeit entnehme, hätte in jeder Woche manches dazu zu sagen, aber mache das mit mir aus oder bespreche es im Freundes- oder Familienkreis. Einen Leserbrief schreibe ich daher nur, wenn es mir absolut notwendig erscheint. Um Ihnen klarzumachen, was diese Ausgabe in mir ausgelöst hat, gebe ich eine Art Bildbeschreibung der Titelseite: Zu erkennnen ist ein Teil eines Gesichts einer vermutlich relativ jungen Frau. Sie hat schwarze Haare, ein angewachsenes Ohrläppchen, die Augen sind nicht zu sehen. Dass eine Träne auf ihrer Wange herunterläuft sieht man (erst), wenn man genauer hinschaut.

Ach ja, und ihre Haut ist braun, vermutlich ist das wichtig, um die Überschrift zu verstehen: Amerikas Sünde Rassismus und Polizeigewalt zerreissen die USA Kann man auf dem Foto Rassismus erkennen? Oder Polizeigewalt? Ganz klar nicht! Wenn man aber darüber berichten will, sollte ein Titelbild dazu passen. Polizisten, die auf wehrlose Zivilisten einprügeln, meinetwegen Bilder von militanten Gruppierungen mit erkennbaren Identitätszeichen wie Hakenkreuztätowierungen oder ähnliches finden sich sicherlich in den Archiven. Aber vielleicht passt das Bild ja zum ersten Begriff „Amerikas Sünde“? Sünde ist ein Begriff aus der Welt der Religion. Man begeht eine Sünde, wenn man gegen Gottes Gebote verstößt. Aber genau an diesem Punkt ist das Bild wieder nicht zu verstehen. Welche genaue Sünde ist zu erkennen (Ehebruch, Diebstahl, Lüge, Mord)? Oder weint die Dame, weil sie eine Sünde begangen hat, die sie bereut? Vermutlich ist diese letzte Deutung doch kaum das, was Sie sagen wollten?

Also, das Bild passt schon mal nicht. Es ist aber nicht zufällig ausgewählt worden, dessen bin ich mir sicher. Was mich interessiert ist folgender Punkt: Zu sehen ist die Nahaufnahme einer Frau, obwohl doch der Auslöser der Demonstrationen der Tod eines Mannes war. Warum? Symbolisiert eine weinende Frau Wehrlosigkeit? -Das wäre anachronistisch, wenn man Frauen pauschal Schwäche unterstellte. Zeigt man eine Frau, weil man Frauen für schöner als Männer hält? – Dann könnte die Zeit eine höhere Auflage erzielen, würde aber wieder ein Stereotyp damit fortschreiben (Frauen sind attraktiver als Männer). Und ist Ihnen beim nachdenken über das Titelbild nie der Gedanke gekommen, dass man im religiösen Kontext das Begriffspaar Sünde/Frau an entscheidender Stelle bei Adam und Eva findet? Dann zeigte das Bild die Sünderin selbst und nicht die Sünde an ihr. Aber ich möchte mich nicht mit dem Bild aufhalten, den Titel halte ich für weitaus schlimmer. Mal abgesehen davon, dass der Begriff „Amerika“ nur für ein einziges Land, die Vereinigten Staaten verwendet wird, klingt diese Überschrift mindestens nach „Bild“.

Man sieht bei dieser Beschreibung ein ganzes Volk übergriffig werden. Wenn die USA gerade „zerrissen“ werden (längs oder quer?), welche Steigerung behalten Sie sich dann vor, um die Lage in Syrien oder dem Jemen zu beschreiben? Die Geschichte des Rassismus in den Vereinigten Staaten von Amerika ist ja schon eine längere. Vor zwei Monaten habe ich erst den Roman „Der Klang der Zeit“ von Richard Powers zuende gelesen, der Situationen wie die gegenwärtige bereits in allen Einzelheiten schildert. Es wäre nicht weiter schlimm, wenn mal ein Foto nicht genau zur Überschrift passt oder eine Überschrift etwas reißerisch daherkommt. Aber ich nehme doch stark an, dass Sie als Journalisten auch eine humane Position einnehmen möchten und sich wünschen, dass unsere Gesellschaft und auch die der US-Amerikaner, auch wenn sie weit weg sind, weniger Rassismus enthält. Rassismus, da brauchen wir uns nichts vorzumachen, existiert, diesseits und jenseits des Atlantiks, und wahrscheinlich ist er sogar dort am stärksten etabliert, wo die wenigsten dunkelhäutigen Menschen leben: in Osteuropa.

Aber „Amerikas Sünde“ heisst auch: Die da drüben haben ein Problem (und wir nicht). Das kann man so sehen. Aber ich persönlich hätte es angemessen gefunden, anlässlich des Jahrestages der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten ein paar Zeilen zur Lage in unserem Land freizuhalten, bevor man sich am „großen Bruder“ abarbeitet. Ich habe oben nicht zufällig das angewachsene Ohrläppchen der Frau erwähnt. Man könnte sich ja auch einen Ohrläppchenrassismus vorstellen: Menschen mit abstehenden Ohrläppchen verachten Menschen mit angewachsenen Ohrläppchen oder umgekehrt. Lächerlich? Gibt es nicht? Richtig! Aber lächerlich ist jeder Rassismus, auch der Rassismus, der sich auf die Hautfarbe bezieht. Das ist ein einziges Merkmal von unglaublich vielen Merkmalen einer Person, und ein sehr wirksames, um jemanden zu beschreiben. Denn die Hautfarbe ist nunmal von weitem zu erkennen, man kann sie nicht verstecken- selbst im Nikab sieht man die Hautfarbe an den Händen. Aber nur weil etwas häufig gedacht wird, ist es deswegen nicht weniger lächerlich.

Die Nazis haben übrigens die Judensterne vorgeschrieben, damit man die Juden auch von den anderen Deutschen unterscheiden konnte… Wir, also Sie als Zeitredaktion und ich als Leser, sind keine Rassisten. Wir wollen auch, dass es andere nicht werden, und dass welche, die es momentan sind, umdenken. Allerdings glaube ich nicht, dass es dann hilfreich ist, ständig diesen Begriff zu verwenden. Und auch mit ein paar anderen Begriffen sollten wir sorgsam umgehen. In meiner Kindheit haben wir das Spiel „Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?“ gespielt. Ich habe mich zu der Zeit nicht mit anderen Kindern darüber ausgetauscht, wie wir uns diesen schwarzen Mann denn so vorstellten. Persönlich hatte ich eher einen schwarz gekleideten Mann im Sinn, also etwa einen Schornsteinfeger und nicht einen dunkelhäutigen. Wichtig war mir allein, möglichst als letzter gefangen zu werden. Wenn wir also „Schwarzer“ sagen, ist das eine sehr allgemeine Beschreibung, die je nach Kontext etwas anderes bedeuten kann- manchmal verbirgt sich auch eine Feministin dahinter…

In der Vergangenheit sagte man auch „Neger“, was ein Fremdwort für „Schwarzer“ ist. „Schwarzer“ wird noch verwendet, „Neger“ nicht mehr, aber ich verstehe nicht, dass man nicht von dunkelhäutigen und hellhäutigen Personen statt von Schwarzen und Weißen spricht. Daran würde man automatisch erkennen, dass es sich um ein Merkmal handelt. Leider sind nämlich schwarz und weiss unterschiedlich besetzt, und schwarz steht häufig im Zusammenhang mit negativen Begriffen: man fährt schwarz, man sieht schwarz, einer schwärzt den anderen an usw. Und wir anderen sind ja auch nicht weißhäutig, sondern nur heller. Um das Wort schwarz zu vermeiden, haben Leute angefangen, Dunkelhäutige als „Farbige“ zu bezeichnen, was ich für totalen Unfug halte. Aber es zeigt, dass man sich nicht wohlgefühlt hat bei der Benennung. Man hat dem Wort „schwarz“ die negativen Attribute erst gegeben, und wollte dann sich wieder „weisswaschen“.

Das war anders, als ich als Kind das Spiel vom schwarzen Mann gespielt habe, weil weder der schwarz gekleidete noch der dunkelhäutige Mann in mir negativ konnotiert war. Braucht man die Begriffe „Schwarze“ und „Weisse“ noch, weil sie weniger umständlich als „Dunkelhäutige“ und „Hellhäutige“ sind, so ist das Wort „Afroamerikaner“ nurmehr ein einziges Ärgernis. Nur dann würde der Begriff Sinn ergeben, wenn man die übrigen Amerikaner als „Europoamerikaner“ bezeichnen würde. Gekommen sind sie dorthin alle einmal, die einen eher freiwillig, die anderen eher nicht. Und es steht ein fragwürdiges Konzept der Herkunft dahinter, die impliziert, dass man ja eigentlich noch- und zeitlich unbegrenzt bis in künftige Generationen- etwas anderes sei. In dieser Logik wäre es schon eine „Auszeichnung“, dass sich Giovanni Di Lorenzo Italo-Deutscher nennen dürfte (und nicht Eigentlich-Italiener) und Lukas Podolski dann vielleicht Polo-Deutscher? Ich erinnere mich an den Fall, dass Alexander Gauland öffentlich darüber sinniert hat, wen er gerne nicht in seiner Nachbarschaft wohnen hätte.

Er kam auf Jerôme Boateng, den er zwar gar nicht persönlich kannte, der aber unzweifelhaft Deutscher ist (nur dann kann man Fußball-Nationalspieler werden) und zufällig eine dunkle Hautfarbe sein eigen nennt. Alle wussten, dass es sich um Rassismus handelt, was Gauland natürlich nie zugegeben hat. Aber er wäre nicht so einfach davongekommen, wenn man ihn gefragt hätte: Warum möchten Sie nicht gerne in Boatengs Nähe wohnen, in einem Viertel voller toller Häuser und Gärten? Fühlen Sie sich im Plattenbau etwa besser aufgehoben? Dann hätte der Fragende einfach ignoriert, dass es das Konzept von Rassismus gibt, und Gauland hätte „Farbe“! bekennen müssen, dass es ihm um den Punkt von Herkunft, ablesbar hier an der Hautfarbe ging. Vermutlich werden Sie sich in den nächsten Wochen mit Statistiken am Thema abarbeiten. Wir werden lernen, wo die „Schwarzen“ weniger verdienen, häufiger in den Knast wandern und wie furchtbar ungerecht das System ist. Gerechter wird ein System aber nicht dadurch, dass man plötzlich jene bevorteilt, die man vorher benachteiligt hat, sondern dass man genügend Menschen hat, die ihre Kategorien nur dort gebrauchen, wo sie ihren Platz haben.

Konkret gesprochen: ich sehe einen Menschen, der mir durch seine Hautfarbe auffällt, weil er sich von anderen dadurch am meisten unterscheidet. Wenn ich ihn wiederfinden will, habe ich einen guten Anhaltspunkt. Seine Hautfarbe bestimmt aber nicht, ob ich ihn sympatisch finde. Dazu brauche ich weitere Informationen. Jede Kategorisierung kann für sich genommen also sinnvoll und richtig sein. Aber es darf nicht sein, dass man Menschen allein auf eine Kategorisierung festnagelt. Spielt es eine Rolle, wenn jemand ein guter Koch ist, welche Hautfarbe er hat? Wenn jemand ein guter Mannschaftssportler ist, welche Religion er hat? Wenn jemand gute Geschichten schreibt, welches Geschlecht er hat? In so vielen Lebenssituationen darf das alles keine Rolle spielen. Im übrigen verfüge ich per Dekret, dass wir nur noch Menschen in unser Vaterland einreisen lassen, die angewachsene Ohrläppchen besitzen!!! – Matthias Rein

 

Dank an die Autorinnen Heisterkamp und Kohlenberg zur Analyse der Situation in den USA. Auch ich mache mir natürlich Gedanken über die Situation und verfasste dazu folgenden Lederbrief: Amerika rast mit vollem Tempo auf den Prellbock eines Abstellgleises zu. Dem aktuellen obersten Mann des Staates ist das alles egal. Ihm ist scheinbar nur seine modische Frisur wichtig und er denkt sich jeden Tag etwas Neues aus, um seine offenbar minder intelligenten Wähler bei der Stange zu halten. Dabei ist ihm kein Mittel recht. Er lässt friedliche Demonstranten mit Tränengas und Knüppeln vertreiben, mißbraucht die Heilige Schrift und redet wirres Zeug, dass ich nicht verstehe. Statt die Amerikaner in dieser Situation zu einen, spaltet er, gießt Öl ins Feuer. Armes Amerika, wann wachst Du endlich auf und jagst diesen Unsympath endlich in die Wüste? – Achim Bothmann

 

Mein Vater hat Ihre Zeitung seit vielen Jahrzehnten im Abo, daher lese ich Sie. Dennoch frage ich mich, weshalb Sie wichtige Punkte im Fall George Floyd einfach weglassen: 1. George Floyd war kein unbeschriebenes Blatt, so hat er z.B. vor nicht allzu langer Zeit eine hochschwangere Frau überfallen, sie ausgeraubt und seine Waffe gegen Ihren Bauch gehalten und ihr gedroht. 2. Es werden mehr Schwarze durch schwarze Polizisten getötet als durch weiße Polizisten. Wie kann das sein, wenn der Rassismus so überpräsent sein soll? Da man die Strafregister in den USA frei einsehen kann, hätten Sie das ohne Probleme herausfinden können. Man kauft Ihre Zeitung, um informiert zu werden und nicht, um ein falsches Bild über das Geschehen zu bekommen. Das hier ist eher eine Anmerkung für die Redaktion. Vielleicht gibt es noch welche unter Ihnen, die journalistisch arbeiten wollen. Ich persönlich würde keine Zeitung kaufen, die mir einen falschen Eindruck von der Welt vermittelt. – M.T.

 

Aktuell unternimmt die ZEIT viel, um über Rassismus aufzuklären. An dieser Stelle möchte ich daran erinnern, wie es vor Kurzem noch in Ihrer Zeitung salonfähig war, Kolonialismus zu idealisieren. So erschien 2015 von Harald Martenstein die Kolumne „Über Mittel gegen die Ursachen des Flüchtlingsstroms“. Hier schreibt er: „Man würde Hunderttausende oder sogar Millionen von Leben retten, indem man gewisse Länder wieder zu Kolonien macht, zum Beispiel Nigeria, Syrien oder Somalia. Sicher, der Kolonialismus war schlimm, aber das, was danach kam, ist in einigen Fällen deutlich schlimmer. Wenn ich die Wahl zwischen einem kleinen und einem großen Übel habe, wähle ich aufgrund meiner Lebenserfahrung immer das kleinere Übel, auch wenn ihr mich dafür ausschimpft. […] Die ehemaligen Kolonialherren sind ja heute nicht mehr in dem undemokratischen und rassistischen Zustand, in dem sie um 1900 herum gewesen sind. Das wäre ein völlig anderer, ein softer, nachhaltiger und sensibler Öko-Kolonialismus, mit Mindestlohn, Solardächern und Gleichstellungsbeauftragten in jedem Dorf.

Ein bisschen Kapitalismus muss man allerdings zulassen, es tut mir leid, das sagen zu müssen. Die weltweiten Flüchtlingsströme belegen überdeutlich, dass die Menschen ein Leben im Kapitalismus, warum auch immer, für irgendwie attraktiv halten.“ Selbst die polemische Überspitzung entschuldigt nicht die „naive“ Verherrlichung des Kolonialismus. Es zeugt von einer groben Ignoranz der Verbrechen des Kolonialismus und keinerlei Verständnis für die erheblichen Folgen, die immer noch wirken. Herr Martenstein scheint auch nicht verstanden zu haben, dass Kapitalismus weltweit wirksam ist und die Länder, die er mit Kolonialismus „beglücken“ möchte, bereits teil des kapitalistischen globalen Systems sind – nur leider auf der Verliererseite. Vielleicht hat Herr Martenstein vergessen, dass die Verstaatlichung und die Ländergrenzen in Afrika auf die Europäer zurückgehen, die dabei noch nicht einmal ethnische Zugehörigkeiten berücksichtigten. Dass solche Artikel noch innerhalb der letzten Jahre in der ZEIT erscheinen durften, zeigt, wie sehr es hierzulande verbreitet ist, sich nur mit innereuropäischen Binnenproblemen zu beschäftigen und so zu tun, als hätten die Europäer mit den Problemen der Rest der Welt nichts zu tun – über koloniale Verbrechen wird beispielsweise auch im Schulunterricht kaum gelehrt. Viele Europäer:innen sehen nur, es geht uns gut und daraus folgt der Fehlschluss, dass wir alles richtig machen.

Dass unser System auf Ungleichheit aufgebaut ist und diese immer weiter reproduziert, wird ausgeblendet – genauso die ökologischen Katastrophen, die sich noch weiter zuspitzen, wenn die ganze Menschheit so verschwenderisch mit Ressourcen umgehen würde wie die westlichen Länder. Der von Martenstein erwähnte „sensible und nachhaltige Öko-Kolonialismus“ ist daher purer Zynismus. Spike Lee sagt in seinem Interview mit der Süddeutschen Zeitung über die USA: „Dieses Land verdankt seine Existenz der Tatsache, dass man den Ureinwohnern ihr Land weggenommen und viele Menschen versklavt hat.“ Hier wäre noch zu ergänzen, dass den Ureinwohnern nicht nur das Land weggenommen wurde, sondern dass die große Mehrzahl der indigenen Völker Amerikas durch Gewalt und eingeschleppte Krankheiten der Europäer ausgelöscht wurden (auch etwas, das im Schulunterricht überwiegend fehlt). Es geht also nicht nur um „Amerikas Sünde“, sondern ich wünsche mir für die ZEIT, dass rassistische und Kolonialherrschaft-verherrlichende Texte nicht mehr abgedruckt werden. Vielleicht ist dies etwas, dass die ZEIT aus der aktuellen Debatte lernen kann. – Dunja Bruch

 

USA – United States of Angst Es ist kein Rassismus. Sie haben Angst. Alle. Die Bürger – egal ob schwarz oder weiß, die Polizisten, der Präsident. Der Andere – jeder Andere – könnte gefährlicher sein. Also muss man stärker sein. Oder zumindestens so tun, als ob man stärker wäre. Auf keinen Fall dürfte man Schwäche zeigen. Sie verachten sich selbst, weil sie Angst davor haben, Menschen zu sein. Sie haben Angst vor der Angst. Schwarze haben Angst, noch weiter drangsaliert zu werden. Weiße haben Angst davor, dass sich die Schwarzen das eines Tages nicht mehr gefallen lassen. Der Präsident, der panisch lügt und wütet, um zu kaschieren, dass er eigentlich nur von Angst getrieben ist. Er fühlt sich von allen und allem bedroht. Es fing an mit Mexikanern, gegen die er sich mit einer Mauer schützen wollte. Von Chinesen mit ihren Waren und ihrem Virus, von Europäern, insbesondere von Deutschen mit ihren Autos und neuerdings fühlt er sich von den eigenen Bürgern bedroht. Und er fühlt sich von der Wahrheit bedroht, dass er einfach nur ein kleiner schwacher Mann mit Minderwertigkeitskomplexen ist.

Jemand, der so wenig Zuneigung und Liebe bekommen hat, so dass er sie jetzt auch nicht mehr haben will. Es geht nicht um Recht und Ordnung. Es geht darum, dass die anderen nicht zuviel Recht und Ordnung abbekommen. Es ist einfach nur die Angst, dass man zu kurz kommen könnte. Und deshalb muss man sich schützen – mit einer Mauer, mit Zäunen, mit Zöllen, mit Waffen und schließlich mit Worten. Wenn es sein muss auch mit unwahren Worten. Und alle sind letztlich nur von der Angst getrieben, man könne noch weiter verlieren. Dabei merken sie nicht, dass „nicht verlieren“ noch lange nicht bedeutet, dass man „gewinnt“. Es lässt sich halt nichts Großes erreichen wenn man „Nein“ sagt anstelle von „Ja“. Ja sagen. Zueinander Ja sagen. Zu den Menschen, zur Freiheit, zum Leben. Nicht mehr nach dem Problem fragen, sondern nach der Lösung. Und vor allem vor sich und den Anderen keine Angst mehr haben müssen. – Thomas Quendt

 

Kommt nach Trump ein besserer Präsident ans Ruder?Es ist fraglich ob nach der Corona Krise und den vielen Protesten der unmögliche republikanische US-Präsident Trump wieder ans Ruder kommen wird. Leider waren die Demokraten auch keine guten Präsidenten. Der Demokrat Obama führte wie der Demokrat Clinton Kriege.Ohne die vielen Demonstrationen in den USA und die Video-Aufnahmen des Mordes wäre die Tötung von George Floyd in den USA kaum näher untersucht worden. Von den Qualitätsmedien sind andere Morde der USA kaum erwähnenswert, zum Beispiel die Tötungen mit Drohnen und Bombern in Afghanistan, Somalia und anderen Ländern. Nach Bush und Obama wurden nämlich die völkerrechtswidrigen aussergerichtlichen Hinrichtungen von Verdächtigen unter Donald Trump noch intensiviert. Bei diesen Operationen kommen immer viele Zivilisten um. In unseren Medien werden wir jedoch meist nur über die furchtbaren Anschläge der Taliban in Afghanistan oder der Al Shabab in Somalia informiert.

Werden die Demonstrationen gegen die US-Polizeigewalt in der Schweiz etwas bewirken? Werden die Waffenexporte der Schweiz in die USA eingestellt? Werden die Investitionen der Nationalbank, der Banken, Versicherungen und Pensionskassen in US-Rüstung Konzerne unterbunden, in Firmen die sogar an der Produktion von Atombomben, Streubomben und Antipersonenminen beteiligt sind? Erinnern muss man: Ohne die logistische Hilfe der USA und Grossbritanniens könnte Saudiarabien mit seinen Kumpanen den Krieg im Jemen nicht führen. Saudiarabien stützt sich in seinem Krieg im Jemen auch auf Waffenlieferungen von US- und europäischen Rüstungskonzernen. Auch Rheinmetall verdient viel Geld mit Waffenlieferungen nach Saudiarabien, ein Land Krieg führt im Jemen und die Menschenrechte mit den Füssen tritt. Rheinmetall produziert und exportiert Rüstungsgüter auch in der Schweiz, mit dem Segen von Bern.

Schon Mussolini konnte 1935 seinen Krieg in Äthiopien mit seinen Giftgaseinsätzen nur führen, weil die USA im Erdöl lieferte. Auch Hitler konnte Polen, Belgien, Holland, Frankreich, die baltischen Staaten und auch die Sowjetunion nur angreifen, weil seine Panzer, Lastwagen und Flugzeuge zu einem grossen Teil mit US-Erdöl angetrieben wurden. Deutschland und Italien verfügten damals nur über sehr wenig eigene Erdöl-Ressourcen. Daniele Ganser dokumentierte diese Versorgung der Armeen Italiens und Deutschlands mit US-Treibstoffen in seinem Buch «Imperium USA, die skrupellose Weltmacht». – Heinrich Frei

 

Auch wenn uns dieser Schwarzweißkonflikt weltweit aufwühlt, sollte es dennoch möglich sein, das hier inflationär verwendete Wort „Rassismus“ und alle seine Begriffs-Epigonen kritisch, auch ironisch, zu hinterfragen! Denn dieser Konflikt wird mit Worten, besser: Unworthülsen, geschürt, die sich irgendwann in die Sprache einbrennen werden und ihn so ewig weiterschwelen lassen! Ein weißer rassistischer Polizist tötet einen schwarzen afroamerikanischen Bürger. Tat dies der Polizist aus rassistischen Motiven? Wie sehen Ägypter und Algerier den Begriff: Afroamerikaner, der ihren riesigen Kontinent auf eine bestimmte Farbe reduziert? Höchste Zeit für unsere Sprachförster, den Harvester anzuwerfen, um neue (häßliche) Schneisen in den grünen, nicht naturgeschützten Wald unserer Sprache zu schlagen und nebenbei zu versuchen, unverfängliche, antirassistische Worte aufzustochern! Negerkuß und Zigeunerschnitzel konnten sie schon, nicht ganz rückstandsfrei, entsorgen – denn verspeisen kann man beide noch, allerdings jetzt unter neuen, gastronomisch korrekten Namen!

Ich hätte noch zwei weitere Umbenennungsvorschläge: den Mohrenplatz meiner Heimatstadt und das, ebenfalls in meiner alten Heimat gebraute, Köstritzer Schwarzbier! Allein beim Gedanken an die möglichen neuen Namen drehen sich mir Magen und Zunge um! Wenn man mich unbedingt „alten weissen Mann“ nennen möchte, dem ich ja irgendwie ähnele, sofern man nicht eines der Zwillings-s streicht, könnte ich mich genauso rassistisch diskriminiert fühlen wie eine „junge schwarze Frau“! Nur, daß die schwarze Frau mich weißen Mann nennen darf und sich damit nach gängiger Meinung angemessen ausdrückt, währen schwarze Frau aus meinem Mund als rassistisch empfunden wird!

Es kommt halt immer darauf an, w e r w a s sagt! Eine meiner Töchter, dank meiner Frau eine Deutschfranzösin, hat einen Deutschen geheiratet, der in Kamerun geboren und aufgewachsen ist. Ihrer beider Töchter, meiner Enkelinnen, Hautfarbe könnte man (milchkaffee)braun nennen – wäre das nicht rassistisch! Sie sind natürlich Afrodeutschfranzösinnen! Dieser „Rassismus light“ wird wohl erst dann gänzlich verschwinden, wenn die Gesichter aller Menschen aller Kontinente gleichfarbig sind! Doch, wollen wir das wirklich, wo uns doch die Vielfalt und Buntheit unserer Welt so am Herzen liegt? – das fragt sich der (immer noch) schwarzbiertrinkende alte weiße unweise – Dr. med. Ulrich Pietsch

 

In dem oben genannten Artikel wurde Malcolm X als „gewaltbereitem Gegenspieler“ von Martin Luther King beschrieben. Die Beschreibung ist meines Erachtens falsch. Malcolm X hat gesunden Menschenverstand gepredigt. Er sagte, man sollte sich seine Menschlichkeit aufbewahren und mit allen verfügbaren Mitteln verteidigen. Die Menschen, die den Schwarzen Amerikas entmenschlichen wollten, waren damit nicht verstanden, daher die Aussage, er sei gewaltbereit. – Mwangi Wanjohi

 


 

 

Leserbriefe zum Titelthema „Amerikas Sünde“ von Andrea Böhm et al.

 

Ich finde der Titel ist vollkommen falsch gewählt. Rassismus ist keine „Sünde“, sondern ein Verbrechen auch der amerikanischen „Freunde“. Das sollte auch die Zeit so benennen und sich nicht hinter scheinreligiösen Begriffen verstecken. – Thom Salecker

 

Der Rassismus ist, aktueller denn je, eine nie heilende Wunde in den Vereinigten Staaten (den es leider auch bei uns bis heute gibt). Ex-Präsident George W. Bush sprach jetzt erfreulich freimütig von „systemischen Rassismus“, der eine Bedrohung für die Einheit der USA sei. Es sei Zeit, die eigenen tragischen Fehler zu hinterfragen. In seiner neuen Hitler-Biografie (DVA) zitiert der Cambridge-Historiker BrendanSimms den Diktator mit seiner Reaktion auf die „unerwartete, breite Kritik der amerikanischen Presse an seiner Rassenpolitik“, seien es doch die Amerikaner gewesen, „die als Erste politische Schlüsse aus den Unterschieden zwischen den Rassen gezogen hätten“. Offenbar bis heute. Ein Staatsführer, der sich heute gebärdet wie Donald Trump ist eine Gefahr für jede Demokratie. Diese Gefahr immer wieder auf die PersonTrump zu reduzieren ist so fahrlässig wie Hitler die alleinige Schuld für alles, was geschehen ist, zu geben und nicht all jene mit zu berücksichtigen, die ihn ins Amt geholfen und getragen haben, manchmal eben auch die Mehrheit eines ganzes Volkes.

Wir Deutschen wissen, wovon die Rede ist. Trump hat aus seiner Haltung, seinen Absichten und seiner menschenverachtenden Sprache nie einen Hehl gemacht. Das ist offenbar keine Abschreckung, siehe Hitler und „Mein Kampf“, was genauso für die Sprache gilt, damals wie heute, in den USA, anderswo und auch in Deutschland gestern und in der Gegenwart. Von „Ratten und Schmeißfliegen“ war mal in der Bundesrepublik die Rede, wenn verantwortliche Politiker über Schriftsteller gesprochen haben, Trump sprach öffentlich von „Hurensöhnen“, wenn er sich überNFL-Footballer aufregte, die im Stadion den Respekt vor der amerikanischen Flagge aus Protest verweigerten. Vielleicht sollten die Amerikaner mal einen Blick in das Standardwerk „Lingua Tertii Imperii“ (Sprache des Dritten Reiches) des Dresdner Romanisten VictorKlemperer werfen. – Wilfried Mommert

 

Let us breath! Es ist der 25. Mai 2020 in der amerikanischen Stadt Minneapolis. Ein unbewaffneter Mann lässt sich widerstandslos festnehmen. „Ich kann nicht atmen“, ruft der 46-jährige Afroamerikaner George Floyd, als ein Polizist ihm bei einer Festnahme sein Knie in den Nacken stemmt. Wenig später ist der Mann tot und eine Welle von Protesten geht um die Welt. Doch dieser tragische Fall ist leider kein Einzelfall. Im vergangenen Jahr starben in den USA 1014 Afroamerikaner wegen polizeilicher Gewalt – ein weiteres Zeugnis davon, dass sich die großen USA noch immer nicht von ihrer chronischen Krankheit Rassismus haben heilen können. Eine Krankheit mit Geschichte und System, deren Gründe vielfältig sind. Aber wieso unternimmt in Washington niemand etwas dagegen? Wieso gibt es kein aktives Aufbegehren der Politik?

Rassistische Äußerungen und Handlungen sind wieder mehr und mehr en vogue und spalten die Nation. Einer der Hauptgründe für diese Spaltung ist Donald Trump höchst selbst. Wenn ein Präsident über mexikanische Immigranten sagt, „Sie bringen Drogen. Sie bringen Verbrechen. Sie sind Vergewaltiger.“, oder über Kongressabgeordnete twittert, dass sie in ihr Land zurückgehen sollten (übrigens Kongressabgeordnete, von denen drei in den USA geboren wurden und die vierte als Teenager eingebürgert wurde), dann ist der Weg nicht mehr weit zu Polizeigewalt gegenüber Minderheiten. Das Traurige ist, dass diese Krankheit in der ältesten Demokratie der Welt nicht nur passiv akzeptiert wird, was schlimm genug wäre, sondern sie wird bewusst weiter geschürt!

Dabei lohnt sich ein Blick auf die Ausgangssituation vor Donald Trump. Seit den 70er Jahren ist die Ungleichheit der Verteilung des Reichtums in den USA extrem angestiegen. Zwischen 1948 und 1970 sind Produktivität und die durchschnittlichen Gehälter nahezu parallel gestiegen und haben sich in diesem Zeitraum beide um ungefähr 100% erhöht. Im Zeitraum von 1948 bis 2014 verzeichnen die Vereinigten Staaten ein Produktionswachstum von über 250%, während die Löhne ab den 70er Jahren bis 2014 kaum noch anstiegen und bei unter 110% stagnieren. Die Vereinigten Staaten werden also immer reicher, aber das Gros seiner Bevölkerung nicht. Als Folge dieser Entwicklung ist die Mittelschicht der USA alleine seit 2008 von 53% auf 44% gesunken. Eine solche Entwicklung fördert natürlich Unsicherheit und Existenzangst, aber auch Aggressionen und Wut bei Menschen, die merken, dass ihnen langsam der Boden unter den Füßen weggezogen wird. Irgendwer muss an ihrer Lage schuld sein! Das Geld ist ja da, aber wohin fließt Amerikas Reichtum?

Trump hat es geschafft der Bevölkerung darauf simple, populistische Antworten zu verkaufen und aus ihrer Besorgnis Kapital in Form von Stimmen geschlagen. Er hat bei vielen den Eindruck erweckt, als wisse er, wie der amerikanische, weiße Mittelstand zu retten sei und dass er sich für diesen einsetzen werde, indem er das Land in die Vergangenheit zurückführt – eine Zeit ohne Globalisierung, das Ausland oder Immigranten. In seiner Antrittsrede versprach er, den Wohlstand seines Landes zu schützen vor all den anderen Ländern, die amerikanische Produkte reproduzierten, amerikanische Firmen stählen und amerikanische Jobs zerstörten. Angst, Wut und tiefer Spaltung ist es zu verdanken, dass viele lieber einfachen Märchen Glauben schenken, als der komplizierteren Wahrheit.

Wahrheiten gehen in einem überwiegend weißen Amerika, in dem ein großer Teil der Medienlandschaft in der Hand der superreichen Oberschicht liegt, sowieso schnell unter. Zu jener reichen Oberschicht gehört im Übrigen auch Donald Trump. Eine Oberschicht, der es nur schadet, wenn das Scheinwerferlicht plötzlich auf die Deregulierung der Wallstreet oder die Umverteilungspolitik fällt. Also wird der schwarze Peter irgendwohin weitergeschoben. Fakt ist allerdings, dass in den letzten Jahren Billionen an Aktionäre und Manager ausgezahlt wurden, anstatt wie zuvor an die arbeitende Bevölkerung. Fakt ist auch, dass über die letzten 40 Jahre der Anteil der Unternehmensgewinne am BIP der USA von sechs auf elf Prozent gestiegen ist, während der Anteil der Löhne am BIP um denselben Betrag gesunken ist. Fakt ist also, dass in wenigen Ländern die berühmte Schere zwischen Arm und Reich derart auseinander klafft wie in den USA und Fakt ist wohl auch, dass eine rassistische, gespaltene Gesellschaft die Oberschicht vor unangenehmen Fragen bewahrt und Populisten in die Karten spielt.

Der Schluss liegt also nahe, dass Rassismus, Populismus oder die Verrohung der öffentlichen Debatte nicht das eigentliche Problem der USA sind, sondern nur die Symptome, die durch soziale Ungerechtigkeit hervorgerufen werden. Symptome, die auch in Europa in den letzten Jahren vermehrt diagnostiziert werden können, obgleich sie in den USA natürlich eine andere Geschichte und ein anderes Ausmaß haben; und auch in Europa driften seit 1999 Löhne und Produktivität kontinuierlich auseinander, während viele Mittelschichten schrumpfen, obgleich sich natürlich auch dieser Prozess in den USA in einem anderen Ausmaß vollzog. Dennoch sind reichlich Parallelen vorhanden. Es bleibt also zu hoffen, für alle George Floyds auf dieser Welt, dass Politiker in aller Welt, egal ob in den USA, Europa oder Deutschland, keiner Minderheit die Schuld für politische Unzulänglichkeiten, egal welcher Art, in die Schuhe schieben! Ansonsten könnte es sein, dass Populisten weiter Gesellschaften spalten. Ansonsten könnte es sein, dass viele weiter nicht atmen können. Ansonsten vergessen manche weiterhin, dass wir alle gleich sind. – Philipp Jaeger

 

Wieder weiß ich, warum ich Ihre Zeitung lese – schon nach der ersten Seite …! Hat Ödön von Horváth recht, wenn er schreibt, „… daß jede Epoche die Epidemie hat, die sie verdient…“ ? – Was wird aus den Kindern, den kleinen, den großen…??? – Klaus Busch

 

Der Rassismus braucht keine Schwarzen! Die gegenwärtige Rassismus-Diskussion lässt vergessen, dass ihre Grundthese „Hass auf Menschen mit anderer Hautfarbe“ (eine allzu gängige Etikettierung!) vieles ausblendet. Der Rassismus ist keineswegs nur auf eben solche, eben die „Andersfarbigen“ beschränkt, und er ist kein genuin amerikanisches Problem. Diese Abschieberei auf andere Kulturen (und das geschieht jetzt in den Diskussionen oft) ist leichtfertig: In unserer europäischen Gesellschaft hier handeln viele nach dem Motto: „Wer hier ein Schwarzer ist, das bestimme ich“, und ergehen sich überheblich in den erhebendsten Verurteilungen des amerikanischen Rassismus. Die gegenwärtige Diskussion ist einseitig. Rassismus verbreitet sich überall – auch dort, wo es keine Schwarzen gibt. „Der Antisemitismus setzt keine Juden voraus. Er funktioniert auch ohne sie“, ist zu Recht gesagt worden. Der Schwarze ist für den Rassisten ein Zufallsopfer:

Findet er sich nicht in Gegenwart eines Schwarzen, an dem er sich stossen kann, genügt ihm auch ein Italiener, Franzose, vielleicht morgen schon Sie in Deutschland, aus welchem Grund vermöchte der Tatrassist gar nicht zu sagen. Er gleicht dem Löwen, der sich schon mal mit Aas begnügen muss, wenn er kein Zebra erjagen kann, sei aus Schwäche oder mangelndem Frischfleichangebot. Der perfekte Tatrassist lässt sich nicht vorschreiben, wen er demütigen, treten, ohrfeigen, schlagen, umbringen kann. Ihm ist letztlich jeder recht, und er nimmt sich das Recht und die Freiheit, den zu nehmen für seine Vernichtungsgelüste, den er dafür für geeignet hält. Und das kann schon bald jeder sein, je nach Marktlage, nach Gesellschaftsstruktur, nach Polizeipräsenz, nach vorherrschender juristischer Gefahrenzone. Als Feigling sucht er sich Jagdgefilde aus, in denen er sicher sein kann vor Verfolgung und Vergeltung.

Er ist ein Gruppentier, braucht den Schutz, den er nicht zugeben kann. Er umgibt sich mit seinesgleichen, Leuten, die ihm nicht gefährlich werden können, die den gleichen Tritt nach unten eingeübt haben wie er selber. Von unbedingtem Vorteil ist ihm seine beschränkte Intelligenz, seine mangelnde Reflexionsfähigkeit. Er funktioniert am besten automatisch nach vorgegebenem Modell, das ihm Billigstlehrbücher aus Fernsehsendungen anbieten oder die er findet auf dem Trödelmarkt vergilbter Heldenmonogaphien. Er orientiert sich an Bildern, ihm, dem geborenen Kitschler, genügen Abbildungen einer Antirealität. Realitäten verabscheut er, sie wären seine Bedrohungen. Was er an Wirklichkeit antrifft auf seinen irren Dauerläufen durch diese Welt zerstört er ungehindert. Man lässt ihn tun und walten, aufzuhalten ist er schlecht. Meint man. Und daraus schöpft er seine Kraft. Und die ist gross. Er weiss es. Und jeder kann sein Opfer werden, heute gelten andere Kriterien als morgen für seine Beuteauswahl. Das macht ihn unheimlich, er ist unberechenbar, und daraus erwächst seine Stärke. Und die Gegner, die er heute noch finden könnte, geben bald auf, verkriechen sich in die Strohhütte ihrer Feigheit.

Was sie noch an Chancen hätten,will ihnen nicht einleuchten, sie geben lieber gleich und leicht und leichtfertig auf. Sie stigmatisieren sich auffälig und für alle Zukunftstäter sichtbar als prädestinierte Wildbretspender. Völlig freiwillig, die billigste Gutware, die umsonst zu haben ist. Einen gefährlichen Überlebenskampf braucht der Täter erst gar nicht zu riskieren, er weiss sich überlegen aus dem Wissen heraus, das sein Opfer ihm so generös selber zur Verfügung stellt. Hier hat die Darwinsche Theorie längst ausgespielt und verloren, der Löwenkampf der römischen Arena findet auf dem Fussballfeld der lautlosen und unblutigen Abtötung erst gar nicht statt. Es genügt jetzt und hier schon, ein Weisser zu sein, um überfallen zu werden. Man schämt sich dann als Opfer.

Ist ja unglaubwürdig. Also schweigt man. Man braucht nicht besonders (schwarz?) auszusehen,um Opfer von Überfällen zu werden. Hier in Europa, in Deutschland. Den Opfern dieses Rassismus hilft keiner. Man wirft ihnen schon mal vor, eben keine Schwarzen zu sein. Sie passen nicht ins Schema. Ins Beuteschema der Rassisten und der Rassismusforscher. Aber der Rassismus kann alle töten, er ist nicht wählerisch. Morgen trifft er alle, nur sich selber nicht, er überlebt, ist überlebensfähig in jeder Situation. Und das Beste: er ist unauffällig, weiss sich zu verbergen, sich unkenntlich zu machen, ist so raffiniert, dass er den Analytikern und Forschern, den Allesklugen, entwischt. – Prof.Dr.Hermann Hofer

 

Es ist doch schön zu sehen, daß auch bei einem eher linken Blatt die Devise ‚Sex Sells‘ Teil der VerkaufsDNA ist. Wie unansehnlich wäre doch zum Beispiel das Bild eines diabolisch lachenden weißen Suprematisten gewesen. …allerdings ist der Titel der aktuellen Ausgabe vor allem eins: peinsam kitschig. – Rüdiger Graf

 

Dank für die Artikel zu diesem Thema dieser leider never ending story. Es fehlt ein Aspekt, der sich auf den – psychodynamischen – Kern, der in der Überschrift schon enthalten ist, bezieht. Die meisten Afroamerikaner haben weiße Vorfahren. Aus Sklavenzeiten, aus den Zeiten danach. Diese Kinder sind in den allermeisten Fällen nicht aus „einvernehmlichem Sex“ entstanden. Hier eine Bluesliedstrophe um das zu illustrieren: „Mary had a baby, but I don´t believe its mine! Mary had a baby, but I don´t believe its mine! It got blue eyes and the hair is a little to fine“ Es gibt drei Sünden des weißen Amerikas, von denen ich nicht weiß, welche schwerer wiegt: 1. Die Sünde der Verleugnung des eigenen Nachkommens, des eigenen Kindes, dass vom Vater im Stich gelassen wird. 2. Für die Religiösen: die Sünde des außerehelichen Verkehrs oder gar des Fremdgehens. 3. Für die „white supremacists“: die „Rassenschande“. Jeder Afroamerikaner stellt die Inkarnation einer oder mehrerer dieser Sünden dar. Bis diese Sünden anerkannt sind, müssen diese – aus psychodynamischer Perspektive – mit allem Nachdruck bekämpft werden. Da gibt es noch einen langen Weg zu gehen! – Christian Willnow

 

Danke für dieses Titelbild. Das aufwärts gerichtete Gesicht eines jungen Mannes, Afroamerikaner wohl, das gleichzeitig Empfindsamkeit und Schutzbedürftigkeit signalisiert. Suchend die Augen, die nicht mit aufs Bild gekommen sind. Heute – es kam in den Frühnachrichten – heute ist die Trauerfeier für, heute ist die Bestattung des Schwarzen George Floyd, der von einem Polizisten erstickt wurde, dessen flehentliche Bitten um Luft nicht gehört wurden. Das war Mord. Die Demonstrationen weltweit und auch in Deutschland gegen Rassismus zeigen, daß dieser Aufschrei der Amerikanischen Schwarzen Bevölkerung diesmal – gehört wurde. Nachrichten von Konsequenzen, von Lehren, die in Amerika mancherorts gezogen werden, – lassen hoffen. Oder ? Oder doch nicht ? (FEUILLETON, Seite 45: „Geld ist wichtiger als Leben“ – „Der amerikanische Schriftsteller Richard Ford über sein Land unter der Herrschaft Donald Trumps.“) (Spalte 1, Absatz 2:) Richard Ford: zu Trumps Drohungen, Plünderer erschießen zu Lassen:

„Und was bedeutet das? Ganz einfach: Privateigentum ist wichtiger als menschliches Leben.“ (…) „Geld ist wichtiger als Leben. Diese Haltung ist tief verwurzelt in der konservativen amerikanischen Politik.“ Worin ich überhaupt nicht übereinstimme mit dem Schriftsteller Richard Ford ist seine – allerdings sehr Skeptische – Hoffnung, daß aus Donald Trump am Ende doch noch ein „Guter Mensch“ werden könne. D i e s e christliche Haltung habe ich mittlerweile aufgegeben. Dazu hat er schon zuviel kaputt gemacht. Bleibt zu hoffen, daß j e t z t manchem an sich konservativen Amerikaner die Augen aufgehen. Frieden der Seele von George Floyd. Ohne Gerechtigkeit wird sie diesen Frieden aber nicht finden. Frieden der Seele von George Floyd. – Beate Schwärzler

 


 

 

Leserbriefe zu „»Du kannst ein Stinktier nicht überstinken«“. Gespräch mit Markus Blume geführt von Mariam Lau

 

Man kann es nur bedauern, wenn sich Politiker auf einem solchen Niveau äußern, wie der CSU-Generalsekretär Markus Blume. Gegner werden zum „Stinktier“, der eigene erbärmliche Opportunismus zum „klare(n) bürgerliche(n) Kurs der Mitte“, der „auf der hellen Seite“ steht. Es mag schwierig für die CSU sein, einen rechtsstaatlichen Kurs in der Migrationspolitik zu vertreten, wenn Bischöfe die Einwanderungserzwingung über das Mittelmeer mit faktischer Hilfe von Schleusern unterstützen, doch sollte man sich auch um Sachargumente bemühen. Wenn Markus Blume von „christlich“ spricht, hat er offensichtlich folgende Worte des Begründers dieser Religion über die Pharisäer vergessen: „Sie schnüren schwere Lasten zusammen und laden Sie den Menschen auf die Schultern, aber sie selber machen keinen Finger krumm, um sie zu tragen. Alles, was sie tun, tun sie nur, um von den Leuten gesehen zu werden. (…) Ihr Schlangenbrut, wie wollt ihr der Höllenstrafe entgehen?“ (Matthäus 23). Wenn man Franz Josef Strauß‘ präzise Argumente mit der Propaganda von Herrn Blume vergleicht, kann man nur von einer Beleidigung der Intelligenz sprechen. Strauß hätte sich zudem nie damit abgefunden, dass die Politik aus Machtgründen die gewalttätige Antifa kaum mit Rechtsmitteln bekämpft, ja sogar zumindest indirekt finanziell fördert. Dies geschieht, obwohl die Mehrheit der Medien wegen des Linksrucks der Regierungspolitik deren Positionen sowieso durch einseitige und z.T. sehr lückenhafte Information durchsetzen hilft. – Karl Seegerer

 

In ihrer aktuellen Ausgabe Nr. 24 spricht Markus Blume davon, dass der ansteigende Populismus in Bezug auf die Corona-Pandemie insofern von dem Populismus 2015 zu unterscheiden sei, dass zwar beide die Gesellschaft politisch spalten, jedoch der Populismus in Bezug auf die Corona-Pandemie zusätzlich tödliche Konsequenzen hat. Ich möchte ihm in dieser Aussage vehement widersprechen. Auch der ansteigende Populismus von 2015 hat bereits etliche Menschenleben gekostet. Zum einen ist es auf diesen Populismus zurückzuführen, dass über die letzten Jahre eine Vielzahl geflüchteter Menschen im Mittelmeer ertrunken sind. Die EU sieht dabei tatenlos zu, gestützt durch den weit verbreiteten Populismus in den Mittgliedsländern. Außerdem wird Seenotrettung aktiv verhindert, indem das Auslaufen von Schiffen, die ehrenamtlich Seenotrettung betreiben, immer wieder verzögert wird.

Des Weiteren sind auch Anschläge wie die in Hanau, Halle oder der Mord an Walter Lübcke auf eine in der Bevölkerung wachsende Akzeptanz gegenüber rassistischem Gedankengut zurückzuführen. Durch Proteste auf der Straße und mediale Berichterstattung, fühlen sich die Täter in ihrem Handeln bestärkt. Die Wurzeln hierfür liegen im Jahr 2015. Ein Jahr, in dem die CSU fleißig daran mitgewirkt hat, den aufkeimenden Populismus zu befeuern. Mit Diskussionen über Aufnahmestopps und Framing der Debatte durch Begriffe wie „Asyltourismus“ sind sie mitverantwortlich dafür, dass rechtes Gedankengut sich in Teilen der so genannten Mitte der Gesellschaft verbreiten konnte. Und auch in Blumes Aussage, dass der Populismus von 2015 keine Menschenleben gefordert hätte, zeigt sich seine rassistische Denkweise. So werden Menschenleben wohl erst dann bedroht, wenn es auch unsere deutsche, weiße Bevölkerung betrifft. – Lukas Herzog

 

„Du kannst ein Stinktier nicht überstinken“, so Markus Blume… …aber viele Sachverhalte sehr einseitig darstellen, wohlwollend ausgedrückt. Zum Beispiel formuliert Herr Blume so, als hätte seine Partei das Volksbegehren zur Artenvielfalt 2019 initiiert. Falsch:Es war ein Bündnis aus ÖDP, GRÜNEN und Umweltschutzverbänden. Erst als klar wurde, welch breite Unterstützung das Thema in der Öffentlichkeit genoß (immerhin 1,75 Mio. Unterzeichnende), ließ sich die CSU-Regierung drauf ein. Und übernahm es letztendlich, um ihr Gesicht nicht zu verlieren. „Wir haben nie Raubbau an unserer einzigartigen Landschaft betrieben.“ Ein Hohn, wenn man in Bayern lebt. Der Flächenverbrauch beträgt 10 ha – pro Tag (!), überall entstehen – auch jetzt noch – Kreisverkehre, Gewerbegebiete, neue Straßen. Der Generalsekretär tut so, als sei das Versiegeln und Zerschneiden von Landschaft schon lange vorbei, auch das ist sehr geschmeidig dargestellt:

Herausragendstes Beispiel ist die Isental-Autobahn, im Oktober 2019 eröffnet, sie zerschneidet eine wunderschöne Flußlandschaft. Bei der parallel verlaufenden eingleisigen Zugstrecke (Eröffnung 1871) diskutiert man, ob sie bis 2028 schonelektrifiziert und durchgängig zweigleisig befahrbar sein wird (!). Die CSU wird auch nicht aus eigenem Antrieb weiblicher und grüner, sondern weil sie 2018 das schlechteste Wahlergebnis seit 1950 eingefahren hat. Die Grünen konnten 17,5 % erringen, daher orientierte sich die wendige Volkspartei bei ihrer neuen Ausrichtung am eigentlichen Gewinner der Wahl. Der aber nicht mitregieren durfte. Die Freien Wähler sind einfach besser zu handhaben. Die CSU setzt die fortschrittlichen gesellschaftlichen Trends nicht, sondern hechelt ihnen hinterher.Sie ist aber SEHR GESCHICKT im Vereinnahmen der Trends und im Verdrehen von Tatsachen. – Ruth E. Göttler

 

Das Interview (ZEIT °24/2020, S. 6) hinterlässt den Eindruck einer großen „Lernkurve“ der CSU, von der an vielen Stellen derzeit die Rede ist. Allerdings verstehe ich nicht, wieso Blumes Behauptung, der „Corona-Populismus“ könne – im „Unterschied zu 2015“ – „sogar tödlich sein“, ohne scharfe Nachfrage bleibt. Die Partei, die sich seit kurzem (ob aus inhaltlichen oder strategischen Gesichtspunkten sei einmal dahingestellt) als Verteidigerin von Klima und Menschenwürde begreift, hat #Hanau schon wieder vergessen? Ein Lernprozess geht mit Selbstreflexion einher. Dass die CSU einen diskursiven Rechtsruck durch Anbiederung an extremistische Strömungen mitten in den Parlamenten dennoch jahrelang mitgetragen hat? Auch vergessen. Die Geister, die man rief – sie lauern weiter. Dass man deren Erstarken unterstützt hat, sollte Demut folgen lassen, nicht Ignoranz. – Jan-Philip Seitz

 

Da hat Ihr Interview-Partner ziemlich leeres Stroh gedroschen, in der Absicht, sich modisch grün zu geben und damit vielleicht Wähler anlocken zu können. Ich finde es dreist oder dumm, vom Erhalt der Artenvielfalt zu säuseln und gleichzeitig als zweitgrößtes Einwanderungsland der Erde aktiv dagegen zu handeln. Denn wo der Mensch seinen Fuß hinsetzt, müssen entsprechend viele Tier- und Pflanzenarten weichen. Das gilt – eigentlich wenig überraschend – nicht nur für den Regenwald im fernen Amazonien, sondern auch für eine der am dichtesten besiedelten Regionen hier in Europa. Für den notwendigen Bau von immer mehr Häusern, Flüchtlingsheimen und all- gemeiner Infrastruktur müssen/werden auch im ach so „naturverbundenen“ Deutschland ungebremst Wälder abgeholzt und Ackerland und Wiesen in Bauland verwandelt. Das nennt man hier relativ neutral klingend „Flächenversiegelung“. Merkwürdig, dass es meist die gleiche Personerngruppe ist, die heute für den Erhalt der Artenvielfalt und gegen die Abholzungen in Brasilien demonstriert und morgen zur Demo eilt, die die erleichterte Zuwanderung nach Deutschlandfordert. Ich habe zwei Erklärungsoptionen: Starke Logik a’la Trump und Bolsonaro oder grüner Zynismus a’la Baerbock, Habeck und jetzt auch Markus Blume. – Ernst Kaffanke

 

Schön, dass die CSU es endlich begriffen hat und der AfD nicht mehr hinterherläuft. Aber sich jetzt auch noch als Partei darzustellen, bei der schon in den „Siebziger und Achtzigerjahren“ als „Leitmotiv“ die „Bewahrung der Schöpfung“ das Handeln prägte, zielt auf die Vergesslichkeit der Wähler. Der Bau des Rhein-Main Donau Kanals, den gescheiterten Versuch der WAA in Wackersdorf mit allen Mitteln (die Lex-Schuirer gilt noch heute), die Vernichtung des Isentals durch die A94, die Aufhebung des Anbindegebots von Gewerbegebieten und die Kampagnen gegen ein Tempolimit zeigen, dass die CSU und die Staatsregierung nicht „zu defensiv“, sondern eher destruktiv in der Umweltpolitik war und ist. Ein Umdenken in der Umwelt- und Klimapolitik ist immer zu begrüßen, aber bitte mit mehr Ehrlichkeit vor den eigenen Taten. – Manfred Abele

 

Was Herr Blume im Interview vom 4.6. im Zusammenhang mit Aussagen von Herrn Palmer äußert, erscheint mir äußerst fragwürdig und übergriffig. Er spricht vom „…Politikentwurf fernab des christlichen Menschenbilds.“ und hinterfragt, ob „…so jemand eine Zukunft…“ bei den Grünen haben kann ( ist der Herr Blume dafür zuständig ?). Wenn eine große Anzahl von Menschen während einer Pandemie verstirbt, ohne dass die Sterbefallzahlen sich im Vergleich zu den vergangenen Jahren deutlich verändern ( zeiweise leicht erhöhen), dann kann das daran liegen, dass der Personenkreis der älteren Menschen ,der mit einer Lebenserwartung von etwa 81 Jahren rechnen kann, deutlich stärker durch die Pandemie betroffen ist als andere Altersgruppen.

Das statistische Bundesamt spricht aktuell sogar von „Keinen auffälligen Sterbefallzahlen (KW19;2020-17.014 Verstorbene)“, weniger sogar als durchschnittlich in den Jahren 2016-2019 ( 17.314 Verst.) zum gleichen Zeitpunkt! Insofern ist es durchaus nicht abwegig und statistisch belegt, dass wir in Deutschland mit hoher Wahrscheinlichkeit Menschen retten, „die in einem halben Jahr sowieso tot wären“. Das heißt nach meinem Verständnis keineswegs, dass nicht alles zur Rettung dieser Personen unternommen werden muß. Im Gegenteil. Auch Herr Palmer sucht ja ausdrücklich und ernsthaft nach neuen Strategien, was von ihm an anderen Stellen auch nachvollziehbar erläutert wird. Mir scheint, dass die Pandemie hier benutzt wird, um Herrn Palmer zu diskreditieren, was ich im höchsten Maße ärgerlich finde. – Günter Homberg

 

Vielen Dank für das Interview – nun endlich verstehe ich die CSU. Wie Herr Blume die „kleine“ Welt der CSU-Gedanken erklärt, begreife ich die Grünen nun viel besser als dreigeteilte Uneinigkeit zwischen a) neoliberalem und im Herzensgrund FDP-nahen Teil, b) öko-ideologisierendem Block und c) stramm links positionierten Moralisten. Hoffentlich habe ich bei so viel wortgewaltigem Tiefgang nicht was durcheinandergebracht? Die doch zum Teil sehr kritischen und mit Tatsachen aus der Vergangenheit belegten Nachfragen haben Herrn Blume ziemlich ins Schwitzen gebracht. Beim Thema „Bewahrung der Schöpfung“ blieb Herrn Blume nichts anderes übrig, als reuevoll den Kopf zu senken und die kleinen und großen Verstöße in Bayern gegen die Schöpfungsbewahrung zuzugeben. Er sagt es zwar nicht, aber ich denke er meint „Wackersdorf“, wenn er von den 80er-Jahren spricht – oder den Rhein-Main-Donau-Kanal?

Es sei der CSU vergeben und vergessen. Heute ist sie ja „digitaler, smarter, innovativer“. [sic!] „Watt ne Quatsch sacht immer mein Tante Mariechen.“ – so der Satz mit dem Hans-Dieter Hüsch (Kabarettist vom Niederrhein) immer komplizierte Dinge schlussendlich beschieden hat – um dann Anlauf für einen Blickwechsel zu nehmen. Politische Statements leben von einem gerüttelten Maß an Selbstsicherheit, Selbstgewissheit und Überheblichkeit. Was unterscheidet denn einen Tweet mit: „Wir sind erfolgreich und machen es super – die anderen bringen es nicht!“ von den Inhalten im Interview? Wo bleibt das Sichtbarmachen des Unterschieds zwischen den o.g. Eigenschaften und einer darunterliegenden „Kompetenz“? Es könnte ein Weg sein, andere Formen im politischen „Konkurrieren“ zu suchen – jenseits von dem o.g. Tweet-Inhalt. Dazu braucht es dann Bühnen mit Fragenden, die die Wege zu solchen Tweet-Inhalten blockieren. Eine Moderatorin, die das mit einer respektvollen Freundlichkeit und mit Humor auf „bestechende“ Art gezeigt hat, ist Carmen Thomas mit ihrer Radiosendung „Hallo Ü-Wagen“ im WDR. Sie hat den Politprofis ihr angestammtes Terrain mit den Worten gesperrt: „Das haben Sie jetzt sehr schön gesagt – jetzt wissen wir aber immer noch nicht wie Sie es nun machen wollen. Jetzt sagen Sie doch mal ohne schöne Worte was Sie konkret heute – die nächste Woche machen werden, um … Verstehen Sie meine Worte als Gedanken und Empfindungen, die mir beim Lesen gekommen sind – keinesfalls möchte ich meine Ironie als beleidigende oder respektlose Äußerung verstanden wissen. Ich respektiere Ihre Arbeit. Und ich möchte eine Zeitung lesen, an deren Inhalten ich mich auch reiben kann. – Wolfgang Klink

 


 

 

Leserbriefe zu „Es hört nicht auf“ von Andrea Böhm und Klaus Brinkbäumer

 

Vielen Dank für die umfangreiche, facettenreiche, informative und wichtige Berichterstattung zu Rassismus und Polizeigewalt in den USA in der Zeit und bei Zeit Online. Jetzt habe ich allerdings das Gefühl, mehr über Polizeigewalt in den USA zu wissen als über Polizeigewalt in Deutschland. Bei aller Bestürzung über die Zustände in Amerika wäre es doch auch wichtig zu wissen, wo wir mit unserer Gesellschaft stehen. Zum Beispiel weiß ich jetzt mehr über die Ausbildung von Polizist*innen in den USA, aber wie läuft das in Deutschland? Gibt es auch so starke Unterschiede zwischen den Bundesländern? Könnte die Kanzlerin, bzw. die Bundesregierung eine mögliche Reformierung anstrengen oder wäre das reine Ländersache? Ich habe aus Ihren Artikeln auch etwas über die strukturelle Zusammensetzung der amerikanischen Polizei gelernt – wie ist aber die Zusammensetzung der deutschen Polizei?

Wieviele Frauen, wieviele Angehörige von Minderheiten stehen im Polizeidienst und werden Berufsgruppen oder bestimmte Schichten/Milieus gezielt angeworben? Wie wird Rassismus innerhalb der Polizei diskutiert? Gar geahndet? Hinterlassen die Nachrichten aus den USA einen produktiven Eindruck in deutschen Streifenwägen oder wird es als ganz weit weg wahrgenommen? Und ganz wichtig: Wie schaut es mit Polizeigewalt in Deutschland aus? Was passiert, wenn sie doch stattfindet? Können Menschen, die aus dem Polizeidienst im einen Bundesland entlassen werden, in anderen Bundesländern wieder eingestellt werden? Werden sie bei privaten Sicherheitsfirmen angestellt? Oder wird sichergestellt, dass sie keinen Beruf mit überdurchschnittlicher Macht- und Gewaltfülle mehr ausüben? – Corinna Hohlweck

 

Spielt eigentlich keine Rolle, dass George Floyd ein hoch gefährlicher Mann war, der fünf Jahre in Haft war, wegen bewaffneten Raubüberfalls? Ist nicht erwähnenswert, dass die meisten von Polizisten getöteten Schwarzen von schwarzen Polizisten getötet wurden? – Klaus Scheffler

 

Selten ist mir ein derart falscher, ja gar verlogener Text untergekommen. Sie schreiben von systematischen Polizeigewalt gegen Schwarze blenden aber bewusst den Anteil der schwarzen Straftäter an der Gesamtbevölkerung aus. Selbige sind bei Mord, Totschlag, Vergewaltigung und etlichen anderen Straftaten drastisch überrepräsentiert. Natürlich passt das nicht zum Narrativ des Edlen Wilden, der täglich gegen eine rassistische Mehrheitsgesellschaft kämpfend, am Ende dann doch stirbt. Und sicher klingen 24 Prozent Getötete bei einem Anteil von 13 Prozent an der Gesamtbevölkerung dramatisch. Wenn man sich dann allerdings die Kriminalitätsstatistiken der letzten Jahren anschaut, relativiert sich dieses Bild relativ schnell.

Schwarze sind im Verhältnis zum Anteil der Straftaten die sie begehen, insgesamt sogar unterrepräsentiert wenn es um den Tod durch Polizeigewalt geht. Weiterhin erwähnen Sie nicht dass die meisten Schwarzen von Schwarzen getötet werden, was ebenfalls nur schwer mit dem Bild des Schwarzen Opfers vereinbar ist, das fortwährend unter dem Erbe der Sklaverei leidet. Hier mal einige Quellen für Sie, die man vor einem solchen Artikel besser hätte zu Rate ziehen sollen. https://ucr.fbi.gov/crime-in-the-u.s/2017/crime-in-the-u.s.-2017/tables/table-43 https://ucr.fbi.gov/leoka/2017/tables/table-42.xls https://www.statista.com/statistics/585152/people-shot-to-death-by-us-police-by-race/ – Marc Hindel

 

Den institutionellen Rassismus von (zu) weiten Teilen der US-Polizei habe ich am eigenen Leibe erfahren: mit dem vollen Programm, wie man es aus den amerikanischen Krimis kennt (Hände hoch, Beine breit, Abtasten, Verhaftung, Nacht in der Zelle etc.). Mein Verbrechen? Ich habe mich als junger weißer Gastprofessor 1987 in Madison (Wisconsin) vor einer Bar mit einer üblichen Umarmung („with a hug“) von einem schwarzen Freund verabschiedet. Daraus machten zwei rassistische, homophobe, xenophobe Polizisten den Tatbestand der „Erregung öffentlichen Ärgernisses“ und verhafteten uns beide. Um das später zu rechtfertigen, dichteten sie noch eine wilde Story dazu. Nach vielen Stunden in der Zelle wurde ich gegen Kaution entlassen, der afroamerikanische Freund nicht. Meine Beschwerde trug mir Jahre später einen Listenplatz auf George W. Bush’s Terroristenliste ein. Bei jeder Einreise in die USA werde ich bis heute zu peinlicher Befragung in einen Sonderraum abkommandiert – für eine Abschiedsumarmung vor 33 Jahren in einem Land, das einst ich liebte. – Univ.-Prof. Prof. h.c. Dr. Dr. Dr. h.c.Ernest W. B. Hess-Lüttich

 

Gegen Rassismus zu demonstrieren ist gut und wichtig. Er ist in jedem Fall zu verurteilen. Auch die Betroffenheit durch den Mord an George Floyd ist angemessen und richtig. Aber warum kehren wir nicht vor unserer eigenen Tür? Warum knien und schweigen wir nicht für die Toten im Mittelmeer? Deren Todeskampf möchte ich mir nicht vorstellen. Warum protestieren wir nicht zu Tausenden gegen die Menschenrechte verletzenden Zustände in den Flüchtlingslagern? Warum fordern wir nicht mit Nachdruck eine tragfähige, langfristige und humane Flüchtlingspolitik für Europa? Wir müssen nicht nach Amerika schauen. Wir müssen uns an die eigene Nase fassen, denn all das bestätigt die Rechte und macht sie stärker und aggressiver. – Eva Sarrazin

 

Obama, Clinton, US-Demokraten & SPD = Handlanger der „Antifa“?Warum regt sich hierzulande die Sozialismus-Senior-SPD-„Chefin“ Saskia Esken so vehement über das drohende Verbot der verfassungsfeindlichen „Antifa“-Terrororganisation in den fernen USA auf? Ganz einfach. Sie macht sich Sorgen darum, daß herauskommen könnte, daß Ex-Präsident Obama und seine Ex-Aussenministerin Clinton zu große Nähe zu den „Antifa“-Kommunisten haben. Deren kriminelle Chaoten machen zur Zeit die US-Großstädte mit Brandschatzungen und Plünderungen unsicher. Unter dem Vorwand, den tragischen Todes von George Floyd betrauern zu wollen, betreiben die Anarchisten plus Mob mit ihrem nicht einmal 1% Bevölkerunganteil, inklusive aus EU zugereisten Anarchisten-Genossen, hinterhältig ihr einzig wahres Ziel, die Wiederwahl von Donald Trump zu verhindern. Der will zu Recht diese systemfeindliche Krake als verfassungsfeindlich einstufen und somit verbieten. Die Mehrheit der 99% US-Bürger mit gesundem Menschenverstand dürfte seine Ansicht teilen. Bis auf die „Kriegsberichterstatter“ von CNN & Co., sowie deren ebenfalls kollektiv homogen paralysierten deutschen „Mainstream-Medien“-Sekundanten. Letztere sollten eher ihrer journalistischen Verpflichtung daheim nachkommen. Doch die läßt eh schon zu wünschen übrig.

Im Zusammenhang der „Antifa“-Überprüfung würde auch offenbar, daß Obama und Clinton und somit die US-Demokraten Saul Alinsky (1909-1972) als ihren Mentor hofieren. Der kommunisitische Gewerkschafter und Agitator ist u.a. der Verfasser der 13 Regeln der „Rules for Radicals“, dem Handbuch der weltweiten „Antifa“. Die sind ein subversiver Leitfaden für alle, die Demokratie und Marktwirtschaft weltweit durch kommunistische Diktatur und Planwirtschaft ersetzen wollen. Hillary Clinton, durch die ihr zugefügte öffentliche Schmach ihres Gatten mit Monica Lewinsky u.a. zur verbitterten militanten Feministin mutiert, hatte ihre College-Abschlußarbeit Saul Alinsky gewidmet. Die ist dort leider nicht mehr auffindbar. Warum wohl?

Erfahren die US-Wähler dank der hiesigen „Antifa“-Schützenhilfe durch die SPD, daß die US-Demokraten mit der „Antifa“ mehr als nur sympathisieren, hat „Vergewaltiger“ Biden bereits heute schon die Novemberwahl 2020 verloren. Und der Deutsche Michel sollte sich endlich im Klaren darüber sein, daß rot-rot-grün die hiesige „Antifa“ als „ihre“ kriminellen Straßenkämpfer hofiert. Man denke nur daran, wie Deutschland als Trottel in der Weltöffentlichkeit dastand, als die „Antifa“-Krawalle während des G20-Gipfels in Hamburg unter Duldung des Bürgermeisters Olaf Scholz/SPD völlig aus dem Ruder liefen. Der hatte sich so als gewährender Handlanger der „Antifa“ geoutet. Jetzt ist ausgerechnet dieser Versager, der die Hamburger Opfer auf ihren Schäden hat sitzen lassen, unser aller Bundesfinanzminister und wohl künftiger SPD-Bundeskanzler-kandidat für die Septemberwahl 2021. Da wurde bzw. würde der Bock zum Gärtner gemacht. – Karl Kremer

 

In ihrer Analyse zur Polizeigewalt gegen Schwarze in den USA kommen Andrea Böhmer und Klaus Brinkbäumer zu der Schlussfolgerung, kein denkender Mensch könne länger leugnen, dass diese Gewalt systemisch sei. Legt man nur die überwältigenden Beweise zugrunde, die sie anführen, liegt ein solcher Schluss nahe, aber die Autor*innen lassen Fakten außer acht, die in mir als denkendem Menschen, der sich als solcher natürlich auch irren kann, Zweifel regen. Es stimmt, dass doppelt so viele Schwarze von der Polizei getötet werden, als ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung entspricht, aber es wird verschwiegen, dass Schwarze auch für über die Hälfte aller Tötungsdelikte und Raubüberfälle verantwortlich sind. Zwischen 2010 und 2019 wurden außerdem 511 Polizisten im Dienst von Zivilisten getötet. Von den bekannten Tätern waren 37% Schwarze und in 92% der Fälle waren die Polizisten Opfer von Schusswaffen. Dies legt nahe, dass die Angst der Polizisten vor Schwarzen nicht unbegründet ist und eventuell Überreaktionen von Einzelnen erklärt, aber natürlich nicht entschuldigt. Und dass es unter den Polizisten zu viele Rassisten gibt und Reformen sicher überfällig sind, wie die Autor*innen darlegen, ist auch nicht zu leugnen. – Dr. Horst Dinkelacker

 


 

 

Leserbriefe zu „Warum mussten in Tirschenreuth so viele Menschen sterben?“ von Luisa Hommerich

 

Im Nachhinein ist man immer schlauer. Ende Februar/Anfang März 2020 herrschte große Verunsicherung. Kundige informierten sich zwar bereits täglich auf der Seite des RKI nach aktuellen Zahlen, Risikogebieten, Erkenntnissen, Grundlagen, Verhaltensempfehlungen. Skifahrer weilten in den Faschingsferien u.a. in Österreich oder Südtirol, die Bevölkerung schien nicht sonderlich interessiert. In der Allianz-Arena wurde Fußball gespielt, mit Publikum, ausverkauftes Stadion. Am Ende der Faschingsferien wurde Südtirol neu als Risikogebiet eingestuft. Anfang März war der 1. CoVid 19-Patient im Klinikum Passau angekommen. Es herrschte insgesamt überall große Verunsicherung. Wäre es möglich gewesen vor diesem Hintergrund der noch unsicheren Lage das Starkbierfest abzusagen, dies auch für die Bevölkerung plausibel erklärbar, verständlich zu machen? Ich glaube nein. Wie laut waren die Anfeindungen gegen Bayern, gegen Herrn Söder, als am 21.03.20 die Ausgangsbeschränkungen in Bayern ausgerufen wurden?

Wenn sich zu der Gruppe derer, die das Vorgehen in Bezug auf CoVid19 generell in Frage stellen mit dem Hinweis „hätte es das überhaupt gebraucht?“ und „wurde da nicht überreagiert?“ jetzt noch diejenigen gesellen, die fragen „hätte man nicht noch viel früher und strenger reagieren müssen?“, beides natürlich gespickt mit der Frage nach Wiedergutmachungszahlung oder sonstiger Zuwendung, wenn dies also so geschieht, dann sehe ich sehr schwarz für unsere Zukunft. Wir drehen uns im Kreis und kommen nicht weiter. Im Übrigen, noch etwas, bzgl. der vielen Unterstützungszahlungen, die ungerechtfertigterweise beantragt wurden, in unlauterer , betrügerischer Absicht, ebenso die hohen Zuwendungen, die nun die Autoindustrie bekommt, bis hin zur Prämie beim Kauf eines neuen Autos, Zahlungen an die Lufthansa, das alles ist wirklich eine Schande und vollkommen das falsche Signal. Wo bleibt die Kunst, die Kultur? – Dr. Manuela Mußler

 

Wer überrascht ist, daß vieles verschlafen wurde, hat sich bisher um nichts gekümmert. Diese Nachlässigkeit grassiert schon seit vielen Jahren und nicht erst seit Corona. Die Gesellschaft ist oberflächlicher geworden. Das, was in Tirschenreuth versäumt wurde, gibt es auch in vielen anderen Bezirken. Ich habe in Düsseldorf den Notdienst angerufen: nichts, kein Ton. Das setzt sich in tausenden von anderen Orten fort. Jetzt tun alle überrascht als wenn es das nie gegeben hätte. – Gunter Knauer

 

Nachdem ich übers Wochenende die Lektüre der aktuellen Ausgabe beendet habe darf ich zum Artikel über die Toten von Tirschenreuth einhaken: Ich bin schon froh, dass nicht nur wir (Tirol) unseren Hotspot haben, sondern andere Länder auch (was zwar selbstverständlich ist – aber nicht immer so transportiert wurde) Es kam offenbar zu Behinderungen im/durch den Behördendschungel mit den sich oft mehr behindernden als unterstützenden Kompetenzüberschneidungen – womöglich überlagert durch persönliche Befindlichkeiten und Animositäten. Es belegt – gerade im Verhältnis zur akribischen Aufarbeitung von Heinsberg durch Professor Streeck – die Inkompetenz des RKI. Statt die Chance einer tiefen Ausbreitungsanalyse zu nutzen, wurde nur oberflächlich herumdilettiert – und auch für Drosten wäre Tirschenreuth rein räumlich betrachtet nicht so fern gewesen, dass er sich nicht vor Ort ein wissenschaftliches Bild hätte machen können – Flaschenbier hätte es vermutlich genug gegeben.

Letztlich fehlt dem Artikel auch die tiefgreifende Abklärung, in welcher Weise genau, Covid19 Tote forderte – also eine Analyse, in die Alter, Vorerkrankungen, Lebensgewohnheiten, (Über)Gewicht etc. eingeflossen wären, zumal vor dem Hintergrund der in GB und USA auf Basis von weit über 20.000 Todesfällen durchgeführten Analyse, die den durchschnittlichen Covid19-Toten wie folgt beschreibt: männlich, über 55 Jahre, deutlich übergewichtig i.V.m. Diabes Typ II, allenfalls noch Raucher. Bei der Schilderung der wöchentlich üblichen Tafelrunden von Tirschenreuth und den dabei kredenzten Mahlzeiten würde ich mich mal aus dem Fenster lehnen wollen und unterstellen, ganz schlank wird der durchschnittliche Tirschenreuthener nicht sein ….

Und noch ein akademisch scheinender Einwand – aber die im Artikel verwendete Bezeichnung „CoV2-Virus“ ist – wie meine Molekularmedizin studierende Tochter sagen würde – bullshit, denn das „V“ von CoV (oder auch Covid19) steht schon für Virus – aber das ist ein semantischer Fehler, den wir u.a. seit der Einführung von ABS in Fahrzeugen kennen – kaum ein Artikel, der nicht von „ABS-System“ spricht, obwohl auch hier das „S“ von ABS bereits für System steht. Wissenschaftlich nennt sich derlei doppelbelegende Bezeichnung wohl Tautologie – aber das macht die Sache auch nicht besser. Gerade wissenschaftliche Artikel sollten ihre gute fachliche Basis bereits durch das Vermeiden solcher „Volkssprachenfehler“ beweisen. Ansonsten aber war die aktuelle Ausgabe – wie schon in meinem Mail von letzter Woche angedeutet – gegenüber den Wochen davor eine angenehme Reminiszenz an die „edlen“ Zeiten zu Lebzeiten von Dr. Helmut Schmidt! – Dr.Klaus Duschek

 

Vielen Dank für diese Ausgabe, die mich für manche Irrungen und Wirrungen in der Corona -Zeit entschädigte. Nicht nur eine interessante Aufarbeitung des Dramas in den USA, sondern auch ein sehr investigativer Beitrag über die Ausbreitung von Corona.mWelch ein Abgrund von Ignoranz, Verantwortungslosigkeit und vor allen Dingen (Geld)-Gier . Denn worum geht es sonst beim Starkbieranstich vor der Wahl? Das staatstragende bayerische Gehabe wird hier systematisch ad absurdum geführt. Dieser Artikel hätte die gleiche Überschrift wie das Interview mir Richard Ford verdient „ Geld ist wichtiger als Leben“. Den Zynismus und die Menschenverachtung eines Donald Trump finden wir also auch in Deutschland. Weiter so! – Jürgen Sievert

 

Loyalität und Solidarität nicht überstrapazierenEs ist keine Frage. Die Bekämpfung der Pandemie wurde in Bayern klug und wirksam bekämpft, weil Forschung, Politik und Bevölkerung gemeinsam und einsichtig gehandelt haben. Loyalität und Solidarität haben den Zusammenhalt getragen und den Erfolg absehbar gemacht. Sie geraten nun an ihre Grenzen. Schon zu Ostern führte die Tatsache, dass Kirchen geschlossen bleiben mussten und Einrichtungen wie z.B. Gartenmärkte mancherorts öffnen durften, zu Missmut von Gläubigen. Aktuell erlaubt das Kultusministerium Lehrkräften ab 60 unabhängig von ihrer körperlichen Konstitution dem Unterricht fern zu bleiben, wenn diese sich gefährdet sehen. Dabei brauchen sie kein ärztliches Attest. Es reicht ein formloses Schreiben an die Schulleitung. Ist dem Ministerium klar, wer die Herkulesaufgabe vor Ort zu stemmen hat?

Die 60-Jährigen dürfen selbstverständlich in den Biergarten. Kann man sich mit elementarer Menschenkenntnis die Folgen erschließen? Der Deutsche Berufsverband für Pflegekräfte schreibt an seine 60-Jährigen, es gebe keine Altersbegrenzung bei der Pflege und Behandlung von infizierten Patienten. Es ist immer der Vergleich, der Erkenntnisse fördert. Und: Ungerechtigkeit schafft Unfrieden. Mir ist bewusst: Die Absicht alles in den Griff zu bekommen, ist getragen von der Angst, es könne eintreten, was nicht mehr beherrschbar ist. Die Allmacht ist aber den Menschen nicht gegeben. So geht es also um Vertrauen. Dieses zu erschüttern, gefährdet die gesellschaftliche Loyalität nach oben und die Solidarität untereinander. – Wolfgang Krauß

 

Super Artikel. Da hätte es noch viel mehr zu berichten gegeben. Danke für diese journalistische Meisterleistung. – Karin Schuh

 

Meine Töchter hatten am 7. März beide auf dem besagten Zoigl gearbeitet, beide wurden getestet, beide waren negativ, auch ihre Ehepartner. Meine jüngere Tochter war aber wochenlang krank, ohne Geschmacks- und Geruchsinn, Probleme mit der Lunge, bekam dann vom Arzt ein Asthmaspray. Sie hat sich auf eigene Kosten einen Antikörperstest unterzogen, da wurde festgestellt, das sie Antikörper hat. Sie war bei ihren ersten Corona Test in Tirschenreuth, wo beim Gymnasium eine Teststrasse aufgebaut war. Ihre Schwiegereltern, Schwägerin, Schwager und ihre Nichte waren positiv. Was war auf dieser Teststrasse nicht richtig, warum wurde sie nicht poitiv getestet, wo sie doch jetzt Antikörper hat. Meine Schwiegermutter ist am 29.02. verstorben, sie war in einem Altenheim in Tirschenreuth.

Zehn Tage vor ihrem Tod wurde sie mit akuter Atemnot ins Krankenhaus eingeliefert, angeblich beginnende Lungenentzündung. Zwei Tage vor ihrem Tod kam sie auf Intensiv zur Beatmung. man meinte, sie hätte COPD. In gut einer Woche sind aus diesem Heim sieben Personen an Lungenentzündung verstorben, war das vielleicht schon der Coronavirus? Viele Fragen, die mich immer wieder quälen, doch es gibt keine Antwort darauf. Ich selbst habe auch einen Antikörpertest machen lassen, wusste nicht das es so eine komplizierte Antwort gibt: Sarsplex IgM-AK negativ, Sarsplex IgG-AK negativ, Sarsplex IgA-AK positiv. Angeblich soll mich mit diesem Ergebnis der Virus gestreift haben und durch mein gutes Immunsysthem hat es die Vieren schon in meinen Schleimhäuten abgetötet. Hmm, ok. Soll aber in fünf Wochen noch mal einen Antikörpertest machen lassen. Naja, das zum Thema. –Gabi Zintl

 


 

 

Leserbriefe zu „»Willst du das, Hans-Werner?«“ Gespräch mit Hans-Werner Sinn und Peter Bofinger geführt von Mark Schieritz

 

Welche „Bildung“ ist erforderlich, um dieses Wirrwarr an geldpolitischen Akteuren und Maßnahmen zu verstehen oder gar zu bewerten – das zudem durch sich widersprechende Mutmaßungen von Experten den Eindruck der Kaffeesatzleserei nährt – zumal, wenn man Prognosen und Realität historischer Entwicklungen miteinander vergleicht. Dem interessierten „Ungebildete“ drängt sich das Bild eines Kartenhauses auf, das auf dem Fundament der planetarischen Grenzen fußt. Der interdisziplinäre Blick fehlt wie so oft auch in diesem Ökonomen-Gespräch. Das ist schlecht: für das Kartenhaus als auch für das Fundament. – Peter Vollmer

 

Es sind so hingeballerte Sätze wie der von der 2. zur 3. Spalte, die mich immer wieder an der Wirtschafts“wissenschaft“ verzweifeln lassen (und bitte: dass er nun gerade von Hr. Sinn stammt, ist Zufall; das Muster ist allgegenwärtig) „Ein erheblicher Teil des durch die Anleihekäufe in Südeuropa entstandenen überschüssigen Geldes floss nach Deutschland und wurde hier für Vermögensobjekte aller Art ausgegeben.“ Was heißt das? Was bedeutet das? Was will der Sprecher sagen? Das ist eine solche Zusammenballung von Unklarheiten und Vagheiten, Vermischung von Wertung und Beschreibung, gekrönt von dem vernebelnden Passiv. „Es floss“ und „es wurde ausgegeben“. Könnte mir jemand sagen: wer hatte das Geld vorher, und wer hat es hinterher? Könnte das generell etwas präziser gesagt werden, wenn über Geldflüsse oder -ströme, über Zahlungsbilanzen etc. berichtet oder gesprochen wird: von wem – zu wem floss (oder strömte) es denn nun? Wer hat jetzt das Geld welches vorher welcher andere hatte?

und könnte dabei auch – bitte – von grobschlächtigen Kategorien wie „Deutschland“ (oder „Frankreich“, oder „Italien“) oder „die Deutschen“, „die Franzosen“, „die Italiener“ … abgesehen werden – denn gemeint ist doch jeweils zweifellos nicht der Bundeshaushalt (oder die Staatskasse der Französischen Republik oder der Staatsschatz Italiens). Wenn 500 Mio. „an Italien“ (oder wen auch immer! – es geht nicht um Italien!) gegeben werden, was heißt das – WEM werden die gegeben? Und wo wir schon dabei sind: könnte bitte beachtet (und berichtet) werden, dass Kredite immer zwei Parteien haben (wie übrigens jede andere Form von Geld- und Warenverkehr auch) – d. h. wenn berichtet wird, „die Südländer“ oder – erneut nur z.B. – Italien würde sich „leichthändig“ Geld leihen – könnte auch noch dazugeschrieben (vorher freilich: recherchiert) werden, VON WEM denn – denn wo es leichthändige Leiher (Darlehensnehmer) gibt, muss es zwingend doch auch leichthändige VERleiher (Darlehensgeber) geben.

Wer aber sind DIE? DAS wär doch mal interessant. Ein Rettungspaket, dass – z. B. – „Italiens Schulden“ ausgleicht, kommt doch überhaupt nicht „Italien“ zu Gute, sondern „Italiens“ GLÄUBIGERN. (Same thing in Griechenland, ’s ist schon ein paar Tage her.) Also finden Sie doch mal heraus, und berichten dem interessierten Publikum, wo geht das Geld denn WIRKLICH hin? (so wie oben ja versucht, nur noch zu pauschal hingeballert versucht.) Es ist doch – offensichtlich – schierer Humbug, dass sich – z. B. – „die Italiener“ mit „unserem Geld“ einen lauen machen. Wer HAT denn – per heute – das Geld, das durch die als zu hoch bzw. bedrohlich hoch eingeschätzten Target-Salden in Umlauf gegeben wurde? Wo ist es hin? Ja, „wir alle“, „die Staaten“, incl. „der Bundeshaushalt“, wir haften dafür, irgendwie. Aber – wer hat’s denn KONKRET bekommen? Bestimmt nicht Onkel Umberto in Verona oder Luigi aus Neapel. DAS mal hinzuschreiben, das wäre eine Wissenschaft. So wie Ihr Kollege mal sehr ehrenwert die Spur seines Alterssicherungsvertrages bis zu Streubomben und Kleinkaliberwaffen auf mexikanischen Straßen verfolgt hat. Den GANZEN Weg des Geldes zeichnen, nicht immer nur so Schlagwort-Bruchstücke. Das wär mal was … Auf die Qualitätspresse hoffend – Christian Naundorf

 

Für einen zweifelsohne brillanten Ökonomen ist Herr Sinn beim Thema Euro bemerkenswert inkonsistent. Wer zu hohe Inflationsraten (gemessen am angeblich nicht vorhandenen Inflationsziel) in Südeuropa als Ursache der Ungleichgewichte in Europa identifiziert, muss die, im selben Maße zu niedrige, deutsche Rate genauso nennen. Das Leugnen des Inflationsziels ist geradezu albern, „nahe bei 2%“ (2003 so publiziert) bedeutet wohl kaum eine „gerade noch tolerierbare Obergrenze“. Auch lag die Inflationsrate bis zur Krise konstant bei 2%, ohne das die EZB restriktiver wurde oder Herr Sinn diese Politik als inflationär abgelehnt hätte. Ganz im Gegenteil: Im Jahr 2000 forderte er sogar eine höhere Zielinflationsrate von 2,5%, um Deflationsgefahren für Deutschland zu vermeiden. Die heutigen semantischen Verrenkungen um den Begriff der Preisstabilität lassen sich ohne einen Bias hinsichtlich deutscher Interessen schwerlich erklären. – Adrian Schröder

 

In der am vergangenen Donnerstag erschienen Ausgabe ihrer Zeitung war ein Streitgespräch zwischen den im Betreff genannten Professoren abgedruckt. Könnten Sie mir dieses bitte auch gern per E-Mail noch einmal zusenden. Ich hatte mir das Papier zur Seite gelegt, kann es aber jetzt nicht mehr finden, was möglicherweise meinem Lebensalter geschuldet ist. Für Ihr Mühewalten bedanke ich mich im voraus. – Dr. Thomas Sarholz

 

Leider ist nicht Herr Sinn im Rat der Wirtschaftswaisen, sondern Herr Bofinger. Für Arbeitnehmer und Selbstständige, die unter Konsumverzicht etwas Geldvermögen angespart haben, bedeutet der Wegfall von Zinsen auf ihr Erspartes, die kontinuierliche Vernichtung ihrer Altersvorsorge. Diese Bürger verlieren Jahr um Jahr große Teile ihres angesparten Vermögens und zusätzlich ihre bei Lebensversicherungen, betrieblicher Altersvorsorge und den sonstigen kapitalgedeckten Vorsorgeeinrichtungen angelegten Gelder, wobei bei den letztgenannten Vorsorgearten die Geldvernichtung für meisten Anleger erst in den nächsten Jahren erkennbar sein wird. Die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) schlägt erst nach und nach auf diese Anlageformen durch. Die Herren Bofinger, Fratzscher, etc. erwähnen nicht, dass sich die Staaten zu Lasten der oben erwähnten Bürger entschulden und die Erholung nach der Finanzkrise 2009 mit dem schnellen Schuldenabbau des Staates darauf zurückzuführen ist.

Doch damit nicht genug, unterstützen sie nun auch noch die gewaltige Geldvernichtung, die durch die Notenpressen der EZB betrieben wird. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass jeder Herrscher oder Staat, der versuchte über das Drucken von Geld oder Münzen seine ausufernden Ausgaben zu decken, früher oder später den Zusammenbruch der Währung verursachte. Der nach Bofinger völlig unproblematische Aufkauf von meist nicht werthaltigen Staatsanleihen durch die EZB stellt in der Bilanz der EZB einen Aktivposten (Forderung an den jeweiligen Staat) dar, der auf der Passivseite mit einer Ausweitung der Geldmenge einhergeht. Jeder Kaufmann weiß, dass eine Forderung nichts wert ist, wenn der Schuldner die erhaltenen Zahlungsmittel nicht zurückzahlen kann. Leider sieht es in vielen südeuropäischen Staaten so aus, dass die über Staatsanleihen aufgenommenen Gelder nicht in nachhaltige Infrastrukturmaßnahmen investiert werden, die später eine Rendite erwirtschaften, mit der die Schulden zurückgezahlt werden können, sondern sie fließen in die Sozialetats. Kauft nun die EZB solche Anleihen in großem Ausmaß, wie dies Herr Sinn eindrucksvoll dargestellt hat, dann führt diese Geldschwemme zu anhaltend niedrigen Zinsen, die zu den oben erwähnten Ergebnissen führen.

Diese Geldschwemme führt bei den Artikeln des täglichen Lebens kaum zu Preissteigerungen, weil die Masse der Bevölkerung höhere Preise nicht zahlen und die Anbieter (Aldi, Lidl. etc.) deshalb die Preise nicht anheben können. Die besser versorgten Teile der Bevölkerung verwenden diese Geldschwemme jedoch für die Investition in Immobilien und Aktienkäufe. Nicht umsonst explodieren die Preise in diesen Segmenten. Bofinger meint, die EZB könnte diese Geldschwemme einfach durch Anhebung der Zinsen wieder eindämmen. Wie das gehen soll, erschließt sich einem nicht. Der einzig gangbare Weg wäre, dass die Staaten ihre Anleihen von der EZB zurückkaufen und damit die Geldmenge von der EZB wieder reduziert werden kann. Glaubt Bofinger im Ernst, dass diese Staaten dazu in der Lage sein werden? – Wolfgang Sibold

 


 

 

Leserbriefe zu „»Die Regierung soll den Mund halten und zahlen«“. Gespräch mit Michael O’Leary geführt von Claas Tatje

 

Über den Titel des Interviews habe ich mich geärgert. Man mag von Michael O’Leary halten, was man will, aber es ist unter dem Niveau der ZEIT, eine seiner Aussagen dermaßen aus dem Kontext gerissen in den Titel zu setzen. Im Internet würde man das als Clickbait bezeichnen, eine billige Taktik, mit Schock-Informationen für Aufmerksamkeit zu sorgen. Beim Lesen des Interviews stellt sich dann heraus, dass O’Leary paraphrasiert, was er für die Einstellung der Lufthansa hält, wenn er sagt „Die Regierung soll den Mund halten und zahlen“. Die ZEIT ist besser als das. – Milena Grünewald

 

Als regelmäßiger Leser der Zeit habe ich eine Anmerkung zum Interview mit Herrn O`Leary von Ryanair in der letzten Ausgabe vom 04.06.2020 Seite 17. Es erstaunt mich schon sehr, was der Ryanair-Chef da von sich gibt, wenn er betont „Wir brauchen keine Staatshilfe“ und eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof plant. Er selbst ist der „betrunkene Onkel“, der bei der Hochzeit von Tisch zu Tisch geht und alle Gläser leer trinkt, wenn er Kunden wie mich seit nun über 8 Wochen auf die Rückzahlung des bereits bezahlten Geldes von annulierten Flügen warten lässt. In meinem Fall geht es um vier Flüge (Hin- und Rückflüge / einmal eine Gruppe) mit einem Gesamtbetrag von 1009,11,- €. Diese Flüge wurden von Ryanair annuliert und nach Europäischem Recht steht mir eine Rückzahlung innerhalb von 7 Tagen zu. Ich warte nun seit dem 30.03. für die ersten beiden Flüge (1. Antrag auf Rückerstattung) und dem 02.05. für den dritten und vierten Flug (1. Antrag auf Rückerstattung) auf eine Rückerstattung.

Stattdessen erzwingt Herr O`Leary gegen geltendes Recht einen Kredit von seinen Kunden, in dem er eine Gutschrift „erzwingen“ und eine gewünschte Rückzahlung mit dem Hinweis auf den enormen Anfragestau auf das Ende der Pandemie hinaus verzögern möchte. Entsprechende Antragsmöglichkeiten wurden im System versteckt, später unterdrückt und nun kommt keine Antwort mehr. Er möchte nun unter Berufung auf Europäisches Recht eine Klage einreichen und hält sich selber nicht an das Recht. Wieviele seiner Kundinnen und Kunden stürzt er mit seinem Verhalten in eine finanzielle Krise und und betont gleichzeitig, dass er keine Staatshilfen benötigt?! Wer so handelt und von seinen Kunden einen zinzlosen Kredit erzwingt, der kann gut betonen, dass er keine Staatshilfen braucht. – Ignatius Möncks

 

Es tut mir leid, aber ein so schwaches Interview („Die Regierung soll den Mund halten und zahlen“) habe ich seit Jahren nicht mehr gelesen. Kein Wort über die Arbeitsbedingungen bei Ryanair, kein Wort über den „Gehalt“, den man den Mitarbeiter/innen in Wien angeboten hat. Nichts. Ich finde keine kritische Frage. Schwächer geht es kaum. O´Leary muss sich kaputt lachen, ob einer solchen Hofberichterstattung. Peinlich! – Manfred Hämmerle

 

Die Überschrift des Interviews mit O’Leary ist bösartig missverständlich. Es wird der Eindruck erzeugt, ER wolle Geld vom Staat und verbäte sich deren Einmischung. Das Gegenteil ist richtig, wenn wann das Interview liest. Ich bin mit O’Leary’s Unternehmenspraxis auch oft nicht einverstanden, aber hier prangert er mit Recht die Arroganz der Lufthansa an. Held bekommen ja, aber Mitwirkung nein. Bei VW funktioniert der Staatslobbyismus doch auch, wo ist das Problem? Auf die LH bezieht sich seine Aussage bezgl. der Regierungseinmischung, diese Überschrift über dem Ryanair Interview erzeugt den gegenteiligen Eindruck. Sorry, aber das ist keine faire Zeitungsmache. – Eberhard Goette

 

Ich bin ein wenig von der Titelwahl des Interviews mit Michael O’Leary enttäuscht. Liest man den Artikel nicht, sondern nur die Überschrift, so könnte man glauben, er fordere vom Staat Geld und dass dieser daran keine Forderungen stellt. Jedoch kritisiert er genau diese Haltung der Lufthansa. Ich gehe davon aus, dass die meisten Leser nicht jeden Artikel lesen (mich eingeschlossen) und somit anhand des Titels für diese ein falsches Bild vermittelt wird. Ich bin alles andere als ein Freund der Luftfahrtbranche, allerdings sollte man auch Ihnen gegenüber faire Titel wählen. Dies entspricht leider nicht dem hohen Niveau, dass ich sonst von der Zeit gewohnt bin. – Uwe

 


 

 

Leserbriefe zu „Mit dem Handy gegen die Pandemie“ von Thomas Fischermann et al.

 

Mit grossem Interesse habe ich Ihren vorgenannten Artikel gelesen. Allerdings vermisse ich eine sehr wichtige Tatsache: „Schweizer Corona-App-Code erobert die Welt“. Im Sinne einer objektiven Berichterstattung sollten Sie diesen Umstand in einer der nächsten Ausgabe Der Zeit unbedingt erwähnen. Dazu wie folgt: Was die Nutzer von Rom bis Riga aber kaum wissen: Dieser Programmkern, der die Privatsphäre aller Nutzer schützt, kommt nicht aus dem Silicon Valley. Erfunden wurde er von einem kleinen Team der ETH Lausanne und Zürich. So unglaublich es klingt – die Schweizer haben Apple und Google in nächtelangen Video-Call-Sitzungen überzeugt, ihre Software-Idee zu übernehmen. Sie konnten die beiden Tech-Giganten nach zähem Ringen für einen Ansatz gewinnen, der einen maximalen Datenschutz bietet.

Eine Software mit helvetischen Tugenden sozusagen. Bald werden Österreich und Deutschland ihre eigene App lancieren. In der Schweiz läuft eine Testphase mit 55’000 Personen. In zwei bis drei Wochen soll die App für alle zum Download bereit sein. Fast zwanzig weitere Staaten wollen folgen. Und all diese Apps greifen auf die Apple-Google-Schnittstelle zurück, die auf der Idee des ETH-Teams basiert. So erhalten bald Hunderte Millionen Handy-Besitzer rund um die Welt eine Corona-App mit Swiss Finish. Gerne dazu noch der entsprechende Link: https://www.tagesanzeiger.ch/wie-die-schweizer-corona-app-zum-weltstandard-wurde-748550512463Frank A. Wenzinger

 

Wo soll das eigentlich noch alles hinführen? Übertriebenen Hygienemaßnahmen, die längst jeder Beschreibung spotten, Lockerungsmaßnahmen, die nach der Lockerung, doch mehr einschränken, als lockern, und dazu ein Grundgesetz, das keiner mehr lesen will. Der Mensch soll am besten nicht mehr selbst denken, der Mensch soll nur noch funktionieren; und jeder Unwillige wird sofort als Verschwörungstheoretiker gebrandmarkt. Von einer Demokratie bleibt da nicht mehr viel übrig, im Gegenteil der Staat droht schon ganz offen mit einer bürgerlichen „Totalüberwachung“ per Smartphone-App. Einzig die Verschmuddelung einiger öffentlichen Verkehrsmittel, wie hier im Großraum Nürnberg mit der S-Bahn, an denen gehen sämtliche Corona-Maßnahmen total vorbei! – Klaus P. Jaworek

 

Die geplante Corona-App wird technisch nicht zuverlässig funktionieren. Es sollen nur Funkverbindungen zwischen Mobiltelefonen bis zu einer Distanz von 2 Metern geloggt werden. Verwendet werden soll der Bluetooth-Standard BLE (Bluetooth Low Energy) mit einer Sendeleistung von 10 Milliwatt. Hiermit lässt sich im günstigsten Fall im Freien eine Entfernung von 40 Metern überbrücken, was jedoch aus epidemiologischer Sicht völlig bedeutungslos ist. Andererseits kommt bei schlechten Umgebungsbedingungen (Mobiltelefon tief in der Manteltasche, eine hohe Theke zwischen zwei Personen) auch bei einer Entfernung von unter 2 Metern kein Kontakt zustande, der aber im Hinblick auf das Ansteckungsrisiko gerade erfasst werden soll. Ausserdem spielt die technische Ausstattung der beteiligten Mobiltelefone (z.B. mehr oder weniger leistungsfähige Bluetooth-Antennen) eine große Rolle für das Zustandekommen einer Funkverbindung. Die Distanz zwischen den beteiligten Geräten soll in der App anhand der Feldstärke ermittelt werden, etwa vergleichbar mit den auf dem Display zu sehenden Balken, die die Qualität einer Mobilfunk- oder WLAN-Verbindung anzeigen. Damit kann aber allenfalls eine grobe Distanzabschätzung ohne epidemiologische Aussagekraft erfolgen. – Dr. Winfried A. Hetger

 


 

 

Leserbriefe zu „Bitte nicht streicheln“ von Parag Khanna

 

Es gibt keine >asiatischen< Werte, die von Istambul bis Tokyo und von Peking bis Colombo gelten. Das was im Kampf gegen Pandemien und für ein gutes Regieren hilft, sind Vernunft, gesunder Menschenverstand, Aufklärung. Diese Eigenschaften sind in Asien nicht gleichmäßig vertreten – ausgerechnet die (Mit)Heimat von Herrn Khanna, Indien, bekleckert sich diesbezüglich nicht mit Ruhm, ähnlich wie einige weitere Staaten auf diesem Kontinent (z.B. der Iran). Mit apodiktisch anmutenden Sätzen wie „Und Asien wird sich dabei schneller und besser erholen als die anderen Weltregionen“ verlassen etliche Publizisten mittlerweile die Plattform ausgewogener, fundierter Analysen und betreiben eine schiere Propaganda. Der Kampf um die intellektuelle Deutungshocheit tobt bereits. – PD Dr. Dariusz Adamczyk

 

Meine Gedankenwelt war eine andere als das was sie in verschiedenen Beiträgen in der jetzigen Ausgabe dem Leser mitteilen. Ihre Wochenzeitung hat es in sich. Ein blendender Artikel neben den anderen. Insbesondere die Einschätzung über die Finanzkrise 2005 in Europa gegenüber den Großmächten in Asien und der Sowjetunion. Wenn ich nicht auch in Asien (Singapur) leben würde, wäre ich ganz aufgeschmissen. Mir tun meine Landsleute leid, die diese Möglichkeit nicht haben. Wussten sie, das Singapur das wohlhabendste Land auf unserem Planeten ist.? Auch in der jetzigen Coronakrise zeigen sie den Rest der Welt, wie man das Virus am besten bekämpft. Europa kennt wenig oder fast nichts von Asien. Ein großer Fehler. Der Aussenminister von Deutschland, nach meinen Wissensstand, war noch nie in Asien. – Gunter Knauer

 

Diese Serie ist das absolut Beste, was ich innerhalb der sowieso schon guten ZEIT-Artikel in den letzten Jahren gelesen habe – bitte nach Abschluss der Serie unbedingt in Buchform herausbringen mit fünf Kopien an meine u.a. Adresse. Nachdem sich die frühere Sowjetunion vor 30 Jahren an der eigenen Ineffizienz selbst zulegt hatte, ist jetzt die USA unter ihrem pubertären Schreihals dabei, weltweit massiv an Einfluss zu verlieren. China wird dagegen immer noch als DIE kommende Weltmacht gesehen. Bei allen sehr beeindruckenden Erfolgen der letzten 30 Jahre: Erfolg macht auch überheblich!

Nachdem wir in Europa Jahrzehntelang China unterschätzt haben, fallen wir jetzt ins andere Extrem. Umso wichtiger sind Artikel von nicht chinesischen Asiaten, die sich auch in der EU und den US auskennen. Kishore Mahbubani gehört mit Sicherheit dazu; Parag Khanna kannte ich bisher noch nicht. Wir brauchen unbedingt mehr Sichtweisen von außen, sonst verrennen wir uns hier in Europa in unserem „Klein-Klein“! Wir haben hier soviel Potential an verschiedenen Kulturen, die wir nur ansatzweise nutzen! – Volker Ollesch

 


 

 

Leserbriefe zu „»Junge Frauen scheinen für Männer ungesund zu sein«“. Gespräch mit Elisabeth Oberzaucher und Josef Aldenhoff geführt von Friederike Oertel

 

Mal wieder ein Beitrag, in dem das Thema „die Mutter bleibt zuhause, der Vater geht arbeiten“ aufgegriffen wird. Und wieder wird dieser Umstand, selbst von Experten, nur durch zwei mögliche Gründe erklärt: entweder liegt es vermeintlich am Geld (die Frau verdient weniger) oder an den sozialen Zwängen (der Mann wird in der Firma belächelt). Ich möchte nicht abstreiten, dass dies Gründe sein können. Aber: lässt sich die Entscheidung, wer länger zuhause bleibt, tatsächlich bei fast allen Eltern auf einen dieser Gründe reduzieren (oder beide)? Kommt denn niemand, nicht mal Experten, auf die Idee, dass (werdende) Eltern bei der Entscheidung bezüglich der Elternzeit nicht primär an das Geld oder soziale Zwänge denken, sondern – man staune – stattdessen an das Wohl des Kindes?

Wir haben uns vor der Geburt lange mit dem aktuellen Stand der Wissenschaft zur frühkindlichen Entwicklung befasst. Und auch wenn vieles noch nicht gänzlich erforscht ist, so weiß man doch mit hoher Sicherheit, dass eine der wichtigsten Aspekte für die gesamte Entwicklung eines Menschens das Urvertrauen des Kindes in die Eltern ist. Ein Leben lang. Wann kann man am nachhaltigsten Urvertrauen aufbauen? Im ersten Lebensjahr. Wie macht man das? Indem man jederzeit möglichst alle Bedürfnisse des Kindes stillt. Was sind Beispiele für Bedürfnisse? Nahrung und Nähe. Was ist besonders gut geeignet um diese beiden Bedürfnisse zu erfüllen? Stillen (oder alternativ Flasche geben). Was liegt dann nahe? In vielen Fällen, aus rein biologischen Gründen, dass die Mutter das erste Lebensjahr möglichst viel beim Kind bleibt.

Ich als Vater wäre auch sehr gerne zuhause geblieben, aber zum Wohle des Kindes haben wir uns anders entschieden. Wer das höhere Einkommen hat oder sozialer Druck spielte bei uns keine Rolle. Auch keine Geschlechterrollen, Karrierechancen oder sonstige, auf das Befinden der Erwachsenen gerichtet Argumente. Ist das denn wirklich nur bei uns so? P. S.: Ich verbringe fast jede freie Minute außerhalb der Arbeit mit unserem Kind, um auch das väterliche Urvertrauen zu stärken. Und nach 1,5 Jahren kann ich sagen: die Mühen des ersten Jahres zählen sich jetzt schon aus. – Michael Otto

 

Normally, an illustration or photo should add something to an article. Your photo accompanying the article Partnerwahl, Zeit No 24, is momentarily interesting but neither supports nor detracts from the arguments of the following subtitle: “Junge Fraen scheinen Für Männer ungesund zu sein.” You missed the chance of letting a genuine genius, Peter Paul Rubens, give us his view on the subject of the relationship between an older man and a younger woman. Had the article included a copy of Rubens’ self portrait with his 37 year younger wife and young son, it would have presented a counterpoint to the arguments made, or at the very least let your readers seen the highest possible expression of what such a relationship can bring. https://www.metmuseum.org/art/collection/search/437532In that painting there is nothing to lead one to conclude that younger women are unhealthy for older men, quite on the contrary it would speak to the joys and benefits of such a relationship. – Liviu Ivanov

 

Wenn ein Interview in der Rubrik Wissen so voll gespickt ist mit Hinweisen auf „beweisende“ Studien, so wäre es für den Leser angenehm, diese Referenzen kontextbezogen aufgelistet zu bekommen. Das würde einen in die Lage versetzen, die Aussagen der Gesprächspartner kritisch zu überprüfen bzw. in einen zumindest gedanklich möglichen Dialog zu treten. Tatsächlich kann ich mich aber nicht des Eindrucks erwehren, dass hinter vielen Aussagen ein Wunschbild steckt, und dass die Auswahl der Studien bzw. der Allgemeinplätze sich stark an diesem Wunschbild orientiert. Zu einfach und unwissenschaftlich muten die präsentierten Schlussfolgerungen an.

Wenn es einem passt, dann beweist der häufig liebevolle Umgang von Vätern mit nicht-leiblichen Kindern anscheinend die Überbewertung der Biologie. Soziale Normen scheinen hier keine Rolle zu spielen. Wenn Frauen sich aber lieber der Kindererziehung widmen, obwohl sie besser verdienen würden, so kann das natürlich nur an den schlimmen sozialen Normen liegen, denen sie sich fügen müssen und keinesfalls an der Biologie. Diese Interpretationen sind beliebig und wissenschaftlich wertlos. Nahezu hanebüchen erscheint es, eine Studie aus Ruanda, also einer sehr speziellen Situation, in der zudem Jungen und Mädchen sehr unterschiedliche Traumata erlitten haben (wie Herr Aldenhoff selbst einräumt), als Beleg gegen ein grundsätzlich biologisch verankertes erhöhtes Aggressionspotential bei Männern zu nehmen. Die Berufung auf eine solche Studie hinterlässt eher den Eindruck eines Strohhalms, an den man sich klammern darf.

Dass sich bis vor dem ersten Weltkrieg, z.B. in der ersten und heißesten Phase der Industrialisierung, Männer und Frauen gleichermaßen um den Nachwuchs gekümmert haben, meint Frau Oberzaucher hoffentlich nicht ernst. Und in den zahlreichen traditionellen Gesellschaften, die in Afrika kennenlernen durfte, waren zwar Frauen und weibliche Geschwister gleichermaßen in die Versorgung der Kinder eingebunden, Männer und ältere Jungs diesbezüglich aber weit ab vom Schuss. Frau Oberzauchers Argumentation erscheint mr daher eher bizarr. Lassen Sie diesem Interview doch ein nächstes folgen, z.B. mit Herrn Schröder aus Marburg. Den kenne ich zwar nicht, aber sein Zitat scheint mir interessanter als das gesamte übrige Interview. – Dr. Christian Voll

 


 

 

Leserbriefe zu „Ab in die Amtsstube!“ von Stephan Dorgerloh

 

Ein zentraler Satz in Ihrem Artikel lautet: „Politik und Verwaltung verstehen besser, was Wissenschaft leisten kann.“ Ist das wirklich so? Im Laufe der Jahrzehnte habe ich als früherer Schulleiter in Baden-Württemberg viele Versuche erlebt, wissenschaftliche Erkenntnisse über Bildungspläne in die Schulen zu transferieren, Versuche, die immer wieder an der Praxis scheiterten. Wobei die Praxis hier nicht allein die Schule selbst, die Schüler, Lehrer und Schulleiter meint, sondern auch den Schulträger, die Gemeinden, deren Einfluss auf die Praxis häufig unterschätzt wird. Die Ministerien können nun im Zuge der Reformbemühungen nach CORONA erneut versuchen, den Verwaltungsapparat, der zwischen Wissenschaft und Schule arbeitet, aufzublähen, oder sie geben den Schulen selbst mehr Freiraum in ihrer Entwicklung.

Die Idee von mehr Eigenständigkeit für die Schulen ist nicht neu. Vor mehr als zwanzig Jahren schon verlieh sie manchem angehenden Schulleiter Flügel, auch mir. Nicht mehr Top-Down, sondern von unten nach oben wurden plötzlich viele kreative Schulentwicklungen gestartet. Meist mit Unterstützung der Schulverwaltungen. Es gab bemerkenswerte Erfolge. Insbesondere Berufschulen profitieren noch heute von diesem Prozess. Die Schulleitungen der allgemeinbildenden Schulen ließ man im Kampf um Ressourcen allerdings oft allein. So ging vielen Schulleitungen die Luft aus. Anstatt einzelne Schulentwicklungen großzügig zu fördern, versuchte man mit der landesweiten Implementierung der Gemeinschaftsschule wieder Top-Down, also von oben nach unten, eine neue, bessere Realität zu schaffen. Mit Ressourcen, die nicht ausreichen konnten…

In der Nach-CORONA-Zeit sieht nun alles anders aus: Geld gibt es plötzlich in Hülle und Fülle. Die Frage ist nur, wohin es fließt. Ihr Artikel nährt meine Sorge, dass die relativ geringen finanziellen Mittel, die in die Bildung fließen sollen, nun in den Wasserkopf der Verwaltung gelenkt werden, anstatt das Geld dort zu investieren, wo es wirklich gebraucht wird: In den Schulen und in den Gemeinden, die für den Bau und die Ausstattung der Schulen nun mal verantwortlich sind. Verstehen Sie mich nicht falsch. Wissenschaftliche Fachkräfte im Bildungswesen sind wichtig und hilfreich, vor allem dann, wenn sie an den Schulen selbst angesiedelt sind, wo sie mit der Praxis konfrontiert werden. Wissenschaft muss den Praxistest bestehen, das gilt nicht nur für Naturwissenschaften. Wenn es dem Staat wirklich darum geht, ein erfolgreiches Zusammenspiel von Wissenschaft, Verwaltung und Schulen zu ermöglichen, dann sollte er in erster Linie den Schulleitungen und den Bildungsfachleuten vor Ort mehr Eigenständigkeit zutrauen, mehr Ressourcen zukommen lassen und mehr Wertschätzung entgegenbringen. – Winfried H. Bauer

 

Mit großer Begeisterung habe ich, selbst Lehramtsstudentin, den Artikel von Herrn Dorgerloh gelesen. Seine Ansätze sind gut und wichtig, es braucht jedoch noch mehr Struktur. Ein Programm für promovierende Studierende, die sich selbst neben der Bildungsforschung vor allem auch in der bildungspolitischen Umsetzung sehen. Motivierte Nachwuchswissenschaftler*Innen, die mit einem Lehrkonzept auf administrative Tätigkeiten und Führungspositionen (Schulleitung) vorbereitet werden, um dann Stück für Stück die Lücke zwischen Wissenschaft und Forschung schließen zu können. Damit für diese Personen aber kein Nachteil entsteht, wie Herr Dorgerloh in seinem Artikel auch bemerkt, muss ein Stipendium her, dass akademische Anerkennung verspricht und den angeleiteten Schritt in die Bildungspolitik unterstützt. Und wenn wir uns mit der Umsetzung dieser Idee beeilen, kenne ich jemanden, der sofort als Versuchskaninchen herhalten würde… – Karoline Haier

 

Der Autor konstatiert das Vorhandensein einer Vielzahl wissenschaftlicher Studien zur Bildungspolitik und –praxis, die m. E. sehr heterogen und heteronom sind, was die von ihm als Folge beschriebene Unsicherheit über wirksame Bildungsreformen bedingt. Ein Dialog zwischen Bildungsforscher und Bildungspolitiker würde das klären und die Politiker in Stand setzen, Reformen der Bildungspraxis einzuleiten. Als ehemaliger Studiendirektor mit zehnjähriger Erfahrung als stellvertretender Schulleiter und als Oberstudiendirektor, der 20 Jahre lang eine Berufliche Schule mit unterschiedlichsten Bildungsgängen auf- und ausbaute, sowie als Schulartentwickler und Fortbildner von Funktionsträgern, gehe ich davon aus, dass eine einjährige Hospitation eines Bildungswissenschaftlers, wie in dem Artikel vorgeschlagen, weder auf der Ebene der Politik, noch der Verwaltung aus den bereits vorgenannten Gründen tragfähige Reformen fördern. Es besteht eher die Gefahr, dass die für die Schule unabdingbare Verlässlichkeit durch sich abwechselnde Veränderungsbemühungen in Frage gestellt und gewünschte Veränderungen durch die Beteiligten(Schüler, Eltern, Lehrer, Verwaltungsbeamte) nicht mitgetragen werden.

Statt von Oben könnte die interdisziplinäre Entwicklung, Gestaltung und Kontrolle von Bildungsprozessen in der Praxis den gewünschten Innovationsschub bringen. Allerdings um den Preis der Aufgabe hierarchischer Steuerung methodisch-organisatorischer Sachverhalte, was eine autonomere Schule bedeutet. Zur Sicherung der Vergleichbarkeit und Chancengerechtigkeit sind Bildungsinhalte und –rahmen festgelegt. Der Praxisebene würde das Budgetrecht hinsichtlich der Stunden, der Lehr- und Lernmittel sowie der Raumnutzung über die Aufsichtsbehörde und sächlichen Schulträger zugewiesen. Innovationsbereite LehrerInnen beantragen einen Modellversuch, der unter Berücksichtigung aller Beteiligten einschließlich der WissenschaftlerInnen, die den Versuch begleiten, zustande kommt. In ihm werden Feedbackprozesse zwischen allen Beteiligten implementiert, die den Bildungsprozess im Sinne einer Qualifikationsspirale vorantreiben. Die Selbstevaluation der Betroffenen wird durch die an vorgenanntem Bildungsrahmen orientierte Fremdevaluation (Prüfungen) ergänzt und mit anderen, traditionellen Abschlüssen auf gleichem Niveau zur politischen Entscheidungsfindung verglichen. – Rolf Ohnemus

 


 

 

Leserbriefe zu „NACHRUF. Der große Enthüller“ von Hanno Rauterberg

 

Vielen Dank für Ihren bemerkenswerten Nachruf auf den großen Enthüller Christo, der mit kommunistischen Ideen zum Kunsthelden der kapitalistischen Welt wurde. Eindringlich werden Leistung und Werke eines Ausnahmekünstlers dargestellt. Was ich vermisse: An keiner Stelle würdigen Sie die unbestrittenen Verdienste um die notleidende Verpackungsindustrie. Was wir brauchen: Mutige Künstler ohne kleinmütige Feigheit vor Nanopartikeln, vor vermüllten Stränden und Verschwendung von Ressourcen. Gell? – Dr. Wolfgang Liebing

 

Rechtsprofil in Landschaft mit Gegenwind; den Anspruch dieser Pose kann kein Werk erfüllen oder rechtfertigen; umso spürbarer wird ein Defizit an Existenz, an Person, an Persönlichkeit. An Belang. – Paul Zwirchmayr

 

Vielleicht hätte Christo auch uns Menschen, demnächst passend zur aktuellen Corona-Krise zeitgemäß verhüllen wollen. „Verhüllung ist Verheißung.“ („Christo“ Javacheff, 1935-2020, bulgarisch-amerikanischer Verpackungskünstler) So eine „Ganz-Körper-Corona-Toga“ mit dicken, fetten Corona-Noppen, mit einem modisch schickem „Mund-Nasen-Schutz“, mit einem integriertem Abstandshalter, dazu noch einem großem Umhängebeutel für das obligatroische Desinfektionsmittel, das würde uns allen bestimmt gut zum verhülltem Gesichte stehen; very stylisch, total unpraktisch, aber dann doch ein cooles „Christo-Multiples“! „Die einzig revolutionäre Kraft ist die Kraft der menschlichen Kreativität – die einzige revolutionäre Kraft ist die Kunst.“ (Joseph Beuys, 1921-1986, deutscher Aktionskünstler, Zeichner, Bildhauer, Kunsttheoretiker und Professor an der Kunstakademie Düssedorf) – Klaus P. Jaworek

 


 

 

Leserbriefe zu „HAUSBESUCH bei Saskia Esken“ von Anna Mayr

 

Als jahrzehntelanger Leser der ZEIT bin ich erstaunt und enttäuscht über den halbseitigen Artikel in der Porträtreihe „Hausbesuch“ von Anna Mayr über Saskia Esken. Was will uns die Verfasserin damit sagen? Erfolglos habe ich nach einem Informationswert dieses Berichts gesucht. Wie unterschiedlich Berichte über dieselbe Person ausfallen können, wird deutlich, wenn man diesen Bericht mit dem Artikel „100 Tage Einsamkeit“ von Peter Dausend über Saskia Esken in derselben Zeitung vom 12. März 2020 vergleicht. Es drängt sich die Vermutung auf, dass nun eine Art Wiedergutmachung für den kritischen ersten Bericht versucht wurde. Den Qualitätsansprüchen, die von der ZEIT an ihre Arbeit selbst gestellt und in aller Regel auch erfüllt werden, wird der nun vorliegende Bericht leider nicht gerecht. – Erhard Forster

 

Das macht mich erbost: „Einer dieser Eisenzäune, mit denen man Kinder davon abhält, Spielplätze in die falsche Richtung zu verlassen.“ – gleich am Anfang des Artikels. Diese Aussage soll diskreditieren ? Was hat sie mit gutem Journalismus zu tun ? Damit ist der Beitrag schon negativ gefärbt bzw. die Person Saskia Esken unsympathisch ? – Elfriede E. KLEIS

 


 

 

Leserbriefe zu „Nicht verzweifeln“ Gespräch mit Omar Wasow geführt von Jörg Lau

 

Ähnlich sehe ich das auch in Deutschland. Nur mit dem Unterschied, daß es nicht um Schwarze sondern um Ausländer handelt. Wenn in dem Ausmaße die Zuwanderung weitergeht, wird es eines Tages auch zu gewalttätigen Ausschreitungen kommen. Und wenn sich ein Politiker daneben benimmt, wie im Fall in Kassel, der den deutschen Täter auffordert sein Heimatland zu verlassen, dann wird der Hass noch ganz andere Ausmaße annehmen. – Gunter Knauer

 

Der schwarze US-Bürger George Floyd ist durch brutale Polizeigewalt getötet worden, wie erst das Ergebnis einer zweiten, von der Familie des Toten in Auftrag gegebenen Autopsie dargelegt hat. Der willkürlich „standardisierte“ Hauptanklagepunkt gegen Floyd lautete: Falsche Hautfarbe (mutmaßlich tatsächliche Tat: Bezahlen mit Falschgeld). In den USA herrschen offen sichtbar teilweise anarchische Zustände, sie werden befeuert durch eine politische Führung, die diese Bezeichnung freilich nicht annähernd verdient. Keine noch so starke Demokratie kann fortgesetzt Dilettantismus und Despotismus ertragen, ohne tiefgehenden Schaden zu nehmen. Es vollzieht sich eine (weitere) Verzerrung von Recht und Ordnung. Trump betreibt gesellschaftliche Spaltung als politische Methode; mithin sind die USA leider auf dem „besten“ Weg, sich selbst der größte Feind zu werden.

Es ist unsäglich traurig. Und es ist, wie Bayern-Fußballer Jerome Boateng in einem aktuellen DW-Interview gesagt hat: „Kein Kind auf dieser Welt wird als Rassist geboren.“ Rasseneinteilungen, obgleich wissenschaftlich widerlegt, entstehen durch archaische, reaktionäre „Aufklärung“. Nicht zuletzt die Medien sind deshalb aufgerufen, dem gesamtgesellschaftlichen Damoklesschwert des Rassismus entgegenzuwirken. Donald Trump indes sollte schnellstmöglich von dem Amt des Präsidenten der USA zurücktreten und seinem Land mithin einen ersten großen Dienst erweisen. Damit Amerika wirklich wieder großartig gemacht werden kann. Und ja, auch etwa uns Deutschen stände hinsichtlich jeder Art von Diskriminierung ein selbstreferenzieller, kritischer Blick in den „heimischen“ Spiegel gut zu Gesicht. Das AGG wie eine Bibel bloß unter dem Arm zu tragen und verbal hochzuhalten, wenn es denn opportun ist, reicht jedenfalls nicht aus. – Matthias Bartsch

 


 

 

Leserbriefe zu „Wie kriegen wir die Kurve?“ von Lambert Wiesing

 

Im Leben hängt alles von der Bildung ab. Da die Bildung in Deutschland sträflich vernachlässigt wurde, wird bis hin zur Politik und der Medien alles tun und handeln kindlicher. Die Krönung war der Umgang der internationalen Institutionen mit „Greta“. Was kommt danach? Einige Wissenschaftler reden lieber von Dummheit. Die größte Dummheit hat der Altbundeskanzler Willy Brandt vollbracht. Als er 1973 nach Israel zu Golda Meir reiste und leider den Frieden für Israel verspielte. Das kann man heute bei vielen Sozialdemokraten immer noch erkennen. – Gunter Knauer

 

Die Kurve meistern.Im Gegensatz zu Herrn Wiesing‘s Meinung ist das Menschenbild des Sartre’chen Existenzialismus m.E. auch heute lebensbestimmend. Die Freiheit des Menschen ist Grundlage des Menschseins überhaupt. Dabei ist nicht entscheidend, ob des Menschen Entscheidungen und Handlungen richtig oder falsch, gut oder böse, erfolgreich oder erfolglos sind, ob sie die Poschardt’sche Kurve regelgemäß oder vernünftig-unvernünftig nehmen, entscheidend ist, das er entscheidet, sich vom an-sich-Sein zum für-sich-Sein emporhebt und seine Existenz erst dadurch zum menschlichen Sein macht. Herr Poschardt hat in seinem Buch „Mündig“ den existenzialen Begriff der Freiheit durch Mündigkeit ersetzt. Kann man machen, aber bedingt eine mündige Existenzform nicht die absolute Freiheit der Existenz? – Wolfgang Clausmeyer

 


 

 

Leserbriefe zu „Im Team gegen Corona“ von Ingo Malcher

 

Eine große Mehrheit der Bevölkerung hofft auf einen Impfstoff, der von Maskenpflicht, Abstandsregeln und Begrenzug von Zusammenkünften befreit (Normalbetrieb in Schulen und Kita’s, Wiedererweckung des kulturellen Lebens analog, falls das überhaupt noch möglich ist). Je schneller umso besser. Hier scheint mir jedoch der Teufel im Detail der mRNA zu stecken. Diese bewirkt irreversible Veränderungen im Genom und bräuchte, wenn nicht überhaupt ethisch fragwürdig, viel mehr Forschungsarbeit. Denn durch eine solche Impfung ausgelöste Schäden sind nicht mehr reversibel und vor allem nicht absehbar, u.a. könnte es z.B. zu einer dramatischen Zunahme von Autoimmunkrankheiten kommen, gegen die dann im schlimmsten Fall nicht einmal die üblichen Immunsuppressiva wirksam wären. Dieser Aspekt wird im Bericht in keiner Weise problematisiert. – Dr. Susanne Wetzel

 

(Betr. Foto und Unterzeile, 2. Spalte.) Ich hoffe nur, dass der Rest dieses Berichts nicht ähnlich fehlerbehaftet ist. Ich frage mich, wie viele Fehler / falsche Informationen in Ihrer ZEIT merke ich NICHT und halte, wohl oder übel, für wahr / richtig, was abgedruckt ist. – Dr. Eberhard Klappauf

 


 

 

Leserbriefe zu „Der Zweifel. Ewiger Takt, arg gestört“ von Anna-Lena Scholz

 

Der Beitrag Ihrer Redakteurin Frau Anna-Lena Scholz in der aktuellen Ausgabe DIE ZEIT Nr. 24 au fS. 25 ist ein wiederholtes Beispiel, dass ihre Wissenschaftsredaktion noch in klassischen Hochschuldimensionen denkt. Sicher gut gemeint, aber wenig nachgedacht wird von verspätetem Semesterstart, „nur“ digitaler Lehre statt „normalem“ Lehrbetrieb gesprochen udn verkannt, dass zeit- und ortsunabhängige Bildung bei Fernhochschulen bereits für über 200.000 Studierende in Deutschland Normalität ist; semesterlos, individuell und neben Beruf, Familie oder Handycap. Warum gehen Sie immer noch davon aus, dass Studium eine Sache für 18-jährige Abiturientinnen und Abiturienten ist, die die Möglichkeit, Gesundheit und Unabhängigkeit haben, an einer Präsenzhochschule zu studieren. Digitale Bildung ist längst Realität. Es wäre schön, wenn Sie dies auf der Höhe der ZEIT verstehen und ggf. auch darüber einmal berichten. – Prof. Dr. Ottmar Schneck

 

Als erstes möchte ich Ihnen für Ihre vielfältige Berichterstattung, wie auch für Ihre dialektisches Herangehen an verschiedene Problematik danken. Auch freut es mich sehr, dass Sie versuchen, weltweite Geschehnisse zu beleuchten und dem Leser gegenüber zu „entschlüsseln“ (z.B. das Verhalten des amerikanischen Präsidenten Trump). Nun ist mir in der Ausgabe Nummer 24 auf Seite 25, also im Teil „Wissen 1“, in Anna-Lena Scholzes Artikel „Ewiger Takt, arg gestört“ ein inhaltlicher Fehler im Satz: „Das Wintersemester, das seit Jahr und Tag am 1. Oktober beginnt, soll am 1. November starten ( )“ aufgefallen. Laut z.B. der Uni Stuttgart (https://www.uni-stuttgart.de/studium/bewerbung/semestertermine/), soll das Semester normal am 1. Oktober starten, aber die Vorlesungen sollen erst am 01. bzw 02. November starten. Auch auf der Website der RWTH Aachen (https://www.rwth-aachen.de/cms/root/Studium/Im-Studium/~egv/Semestertermine/) wird darauf hingewiesen, dass die Vorlesungen für 1. Semester-Studierende am 02. November starten. Der Semsterbeginn ist demnach unverändert. Anscheinend wurden wohl Semester- und Vorlesungsstart verwechselt. – Sandra Dommke

 


 

 

Leserbrief zu „Brahma, Krishna und Öko“ von Christiane Grefe

 

Ihr Aufsatz wird leider durch die Bild-Redaktion verhunzt. Eine Frau, die Früchte in Mischkultur anbaut, wird auf einem kahlen Acker abgelichtet. Will die Bildredaktion damit die traditionelle Kleidung zeigen? Auf dem großen Bild auf S.25 sieht man 2 Männer, 2 Rinder mit Maulkorb (sollen sie daran gehindert werden, vom Nachbarfeld zu fressen?) und ein Bodenbearbeitungsgerät, das als „Pflug“ bezeichnet wird, aber meines Erachtens eher ein Grubber ist. Es hat noch nicht einmal die Form eines jungsteinzeitlichen Hakenpfluges, auch nicht eines spätmittelalterlichen Wendepfluges. Es erinnert mich mehr (in etwas zierlicherer Bauart) an ein Gerät in meiner Kindheit zum Ziehen von Pflanzreihen im Bauerngarten. Nur das letzte Foto lässt Mischkultur erahnen. Warum zeigen die Fotos nicht einerseits die „gleichförmigen Reis-, Erdnuss- und Zuckerrohrfelder der Gegend“ und als Kontrast dazu „das Zimmer mit den grünen Wänden“, mit mehreren Etagen, das sie eindrücklich beschreiben?

Zu Recht weisen Sie darauf hin, dass der Vergleich von „Reisernten“ bei sehr unterschiedlichen Produktionssystemen nicht aussagefähig ist. Sondern man braucht ein Maß für die Gesamtproduktion an Nahrungsmitteln pro Flächeneinheit. Im 1.Weltkrieg hatte man dazu die „Getreideeinheit = GE“ entwickelt, als es darum ging, die Ernährung der Deutschen ohne Importe sicherzustellen. Vor 45 Jahren habe ich dieses Maß benutzt, um die Nahrungsmittelproduktion von biologisch dynamischen Betrieben mit Nachbarbetrieben zu vergleichen: sie war damals um ein Drittel niedriger (aber auch der Primärenergieeinsatz), obwohl die Hektarerträge nicht so stark abwichen. Heute dürfte die Differenz deutlch größer sein, aber Erhebungen dazu habe ich nicht. – Adolf Ronnenberg

 


 

 

Leserbrief zu „»Buschfeuer im Kopf«“. Gespräch mit Michael Butter geführt von Marcus Flohr und Frank Werner

 

Verschwörungstheorien gedeihen , wenn der Mensch unter unvollständiger Information lebt bzw. Entscheidungsprozesse nicht durchschaut. Das war schon immer der Fall, denn „die Wege des Herrn sind unergründlich“. Religionen funktionieren nach dem selben Prinzip. Somit gab es Verschwörungstheorien oder zumindest die Grundlagen dazu schon vom Beginn der Menschheit an. – Iman Schwäbe

 


 

 

Leserbrief zu „Die einigende Kraft der Raumfahrt“ von Marcus Rohwetter

 

Privatisierung ist böse. Das zeigen die Erfahrungen bei Wasser, Krankenhäusern, Bädern und deutscher Bahn. Und jetzt die Raumfahrt. Allein der Energieverbrauch, Aufwand von Material und Ingenieurleistungen. Was könnte man damit auf Erden alles ändern. Kein Wunder, dass Herr Rohwetter bei den „Fragen, die beantwortet“ wurden, kein Beispiel anführt. Wie war das noch mit der Mondfahrt? Die Teflon-Pfanne wurde als einziges praktIsches Ergebnis gefeiert. Dabei waren diese Pfannen für die Gesundheit problematisch. – Hartmut Bernecker

 


 

 

Leserbrief zu „Die Expertise-Falle“. Gespräch mit Erik Angner geführt von Theresa Palm

 

Ein sehr wichtiges und interessantes Thema, zu dem es gewiss noch mehr zu sagen gibt. Da bin ich gespannt auf weitere kritische Beiträge. Für die wünsche ich mir allerdings einen korrekten Umgang mit der Sprache. Wer zu Selbstsicherheit und Selbstbewusstsein forscht sollte die Begriffe auch korrekt verwenden. Wer sein Geld mit Sprache verdient, wie Frau Palm, ist sich doch sicher der Wortbedeutungen bewusst und hätte hier korrigierend eingreifen müssen. Selbstbewusstsein ist noch immer das sich seiner Stärken und Schwächen bewusst sein. So jemand überschätzt sich normalerweise nicht. Selbstsicherheit dagegen kann trügerisch sein. Auch wenn ich mir meiner Selbst sicher bin, muss ich nicht richtig liegen. – Iman Schwäbe

 


 

 

Leserbrief zu „Der gute Jack und der böse Mark“ von Ann-Kathrin Nezik

 

Spätestens seit Januar 2017 stellt sich vehement wie unablässig die Frage, was eine Demokratie um ihretwillen gegen die schwachsinnige Dialektik politischer Protagonisten tun kann. Allzu viele Verleumdungen, Diffamierungen und Diskriminierungen später schickt sich das (bisherige) Sprachrohr Twitter scheinbar an, die Welt vor dem geistigen und moralischen Unrat der Menschen bewahren, mithin den schmerzhaft korrodierenden Nagel im Herzen nicht nur amerikanischer Demokraten entfernen zu wollen. Doch dieses ambitionierte Projekt (oder die Projektion?!) dürfte eher früher als später unter der bewährten Kategorie „Schöner scheitern“ verbucht werden müssen. – Matthias Bartsch

 


 

 

Leserbrief zu „»Geld ist wichtiger als Leben«“. Gespräch mit Richard Ford geführt von Peter Kümmel

 

Wie so viele weltweit schauen wir mit Schrecken auf die Geschehnisse in der USA. Als wir heute Morgen das Titelthema der Zeit sahen waren wir mal wieder freudig überrascht, dass die Zeit sich so schnell zu der Situation in den USA äußert und einen großen Teil der heutigen Ausgabe dem Thema widmet. Anstelle, dass wir uns mit unseren Universitätsaufgaben befassen, schnappen wir uns also die Ausgabe vom Tisch, machen es uns mit ihr gemütlich – und sind gleich von dem ersten Beitrag den wir lesen enttäuscht.

Vor allem jetzt sollte es eine Zeit sein in der wir Black VoicesRaum geben und stärken sollten. Nun interviewen Sie aber einen (wenn auch wichtigen) weißen, reichen, älteren, männlichen Autoren. Er steht vielleicht hinter der Bewegung, ist aber wohl kaum repräsentativ für diese und braucht noch weniger eine weitere Plattform. Sie haben an dieser Stelle eine Chance verpasst Menschen eine Stimme zu geben die schon seit Jahren als Organisator*innen o.Ä. Teil der Bewegung sind. Hier ein paar Beispiele: Patrisse Khan-Cullors, Alicia Garza, Opal Tometi. Diese Drei Frauen sind die Gründerinnen von Black Lives Matter, sind alle dunkelhäutig, jünger, weiblich und tatsächlich repräsentativ für die Bewegung.

Natürlich haben wir auch wahrgenommen, dass Sie Omar Wasow interviewt und über Hawk Newsome berichtet haben. Aber indem man Menschen wie Ford interviewt werden so viele andere Stimmen unterdrückt. Wir verstehen, dass es oft schwierig ist zu entscheiden wie man sich als weiße*r Deutsche*r in solch einer Situation verhalten soll, vor allem wenn man so viele Menschen erreicht wie die Zeit es tut. Wie gut, dass wir immer in der Lage sind zu lernen. Und genau das sollten wir in diesem Moment tun. Hier also eine Buchempfehlung die uns persönlich sehr geholfen hat: White Fragility: Why It´s So Hard for White People to Talk About Racevon Robin di Angelo. Oder sehen Sie das Interview mit DiAngelo mit Zeit Campus Online. Es ist nun einmal unser aller Aufgabe für Gleichheit und Gerechtigkeit zu kämpfen. PS. Wir würden uns freuen wenn Sie in ihren Artikeln in Zukunft gendern würden. – Mareike Rubien und Emilia Köhn

 


 

 

Leserbrief zu „Hello Mars“ von Dirk Asendorpf

 

Zum zeitgleichen Start der Amerikaner, Araber und Chinesen fragt DIE ZEIT, was ihre Satelliten wohl auf dem Mars suchen. Die beigefügte Loriot Kollage legt nahe, es geht um Pilze; wer sie zuerst findet, hat gewonnen. – Frank Müller-Thoma

 


 

 

Leserbrief zu „Ein Zentralgestirn der Bundesrepublik“ von Ijoma Mangold

 

Marcel Reich-Ranicki (MRR) ein Fixstern, die Sonne des Literaturbetriebes, ein Wandelgestirn des Feuilletons. Das Leben eines Kritikers = Worte, Worte, Worte und grosse Liebe zur Kunst und zur Literatur. Für MRR war die Literatur, vor allem die Deutsche Literatur, eine Lebensaufgabe. „Ein Feuilleton zu schreiben heißt auf einer Glatze Locken zu drehen“. (Karl Kraus). Das konnte MRR unnachahmlich. Seine Herkunft, seine Heimat waren sein Motor, sein Antrieb. Wer das Warschauer Ghetto, den Mord an seinen Eltern, dem Land der Täter nicht offensichtlich ankreidete zeigte wahre Größe und letztendlich seine ungebrochene Liebe zur Deutschen Sprache und zur Deutschen Literatur. Und das in anfänglich in den reaktionären 50er Jahren der Bundesrepublik. MRR hielt der Bundesrepublik den Spiegel vor und im Rückblick müssen wir Deutschen dafür Dankbar sein. Gott sei Dank hat MRR nie beredt geschwiegen. Sondern sich wortgewandt und sprachgewaltig zu Wort gemeldet und über, für und sich mit Literatur auseinandergesetzt. „Die Sprache ist die Mutter, nicht die Magd des Gedankens.“ (Karl Kraus). Da seh ich nun das Leben zu und weiter alle Fragen offen. Danke MRR und alles Gute zum 100. – Felix Bicker

 


 

 

Leserbrief zu „Warum wir das Kino brauchen“ von Edgar Reitz

 

Es ist unübersehbar und Sie beschreiben es als Schock der leeren Säle: Immer weniger Menschen gehen ins Kino. Stattdessen holen sich Filmliebhaber das Kino ins eigene Heim. Die Einrichtung von Heimkinos brummt. Was ist anders bei dem Besuch eines Restaurants, eines Fußballspiels oder Konzerts? Die Filmvorführung ist kein geselliges Event per se. Im dunklen Zuschauerraum wird jede und jeder auf sich selbst zurückgeworfen, kann weder eingreifen ins Geschehen, noch sich von möglichen Spannungen entlasten oder das Erlebte unmittelbar „teilen“. Solche Versuche werden nicht mit einem „Daumen hoch“, sondern mit einem „Psst!“ quittiert.

Seit 2001 koordiniere und leite ich eine Reihe „Psychoanalyse und Film“ in Düsseldorf. Als unser Kino, die „Black Box“ vom Filmmuseum übernommen wurde, sind wir dem Saal mit seine 120 Plätzen treu geblieben. Dort stellen wir zehnmal im Jahr Filme vor. Begleitet wird die Veranstaltung von zwei Verantwortlichen als Moderatoren. Filmhistorisch eingeführt wird der Film durch eine Redakteurin der Rheinischen Post. Nach dem Film folgt der Vortrag einer Psychoanalytikerin oder eines Psychoanalytikers und dann diskutieren wir mit dem Publikum. Die Auswahl der Filme obliegt den Vortragenden; es gibt kein zusammenhängendes inhaltliches Programm.

Das Kino ist überwiegend ausgebucht, oft überbucht. Selbst bei unbekannten oder sehr alten Filmen ist der Saal mindestens zwei Drittel gefüllt. Wir beginnen mit dem Programm um 19:00 und müssen die Diskussion um 23:00 abbrechen. Es gibt ein Stammpublikum und – je nach Film – kommen andere Zuschauer hinzu, die dann wiederkommen oder auch nicht. Als die Black Box wegen „Corona“ geschlossen wurde, bat die Rheinische Post um die eine oder andere Besprechung der angekündigten Filme, um sie als Print-Version und auch online an dem Tag zu veröffentlichen, an dem die Veranstaltung stattgefunden hätte.

Wir waren überrascht über den anhaltenden Erfolg unserer „Serie“. 2021 wird unsere Veranstaltung – hoffentlich – 20 Jahren bestehen. Ähnliche Angebote psychoanalytischer Filminterpretationen sind in vielen Städten zu finden. Die Psychoanalyse hat faszinierende Erklärungsmodelle für filmischen „Fallbeispiele“, Erklärungsmodelle, denen man sich anschließen oder mit denen man herrlich streiten kann. Was wir anders machen als die Anderen ist das Angebot des gemeinsamen Austausches. In der Diskussion ist jeder Beitrag willkommen. Es gibt kein „Zu-Dumm“ oder „Zu-Schräg“; gelegentlich gibt es ein „Zu-Lang“.

Der von Ihnen beschriebene Trend wird sich fortsetzen; die Zuschauer schauen zuhause. Als Kinoliebhaberin weiß ich und habe es immer wieder am eigenen Leibe erfahren: der Besuch im Kino hinterlässt einen anderen Eindruck als das „Viewing-at-Home“. Es ist dichter, intensiver, unmittelbarer, eindrücklicher. Wir müssen uns etwas einfallen lassen, um auch zukünftigen Filmliebhaberinnen und -liebhabern dieses Erleben als ein gemeinsames zu ermöglichen. Darum brauchen wir das Kino! Dr. Beate West-Leuer

 


 

 

Leserbrief zu „Schaum am Stück“ von Nina Piatscheck

 

Das war mal wieder ein wichtiger Hinweis mit vielen wichtigen Informationen. Danke. Ergänzend: ich habe jahrelang Lavaerde benutzt. Ich hatte sehr fettiges Haar und musste vorher täglich die Haare waschen, mit Lavaerde nur ein- bis zweimal die Woche. Als reines pulveriges Naturprodukt enthält die Lavaerde keine weiteren Substanzen. Heute mangelt es an Haar, da reicht ein nasser Waschlappen. – Iman Schwäbe

 


 

 

Leserbrief zu „Aszendent Flanders“ von Leif Randt

 

Glauben Sie diesen Unsinn etwa selbst?! In einer Stadt ohne Infizierte dürften auch keine „Virus-Bruchstücke im Abwasser“ sein. Die Vorhersage „aktiver Corona-Infektionen“ für 7 Tage im Voraus? Auch null? Und falls in den sieben Tagen ein paar „Verbreiter“ eintreffen? Noch mal: Glauben Sie den von Ihnen auf Seite 58 gedruckten Unsinn? – Hans-Albrecht Kühne

 


 

 

Leserbriefe zu „Über ein verwandeltes Lieblingsrestaurant, die »neue Normalität« und eine unerhörte Geste“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

 

Ihre Recherche zur Herkunft des Begriffes „neue Normalität“ scheint etwas zu kurz (hm …) zu greifen – „the new normal“ ist mir aus Debatten in den Jahren nach der Finanzkrise vertraut. Im Österreichischen war der Begriff, anders als Karfiol, Paradeiser und Fisolen, nicht geläufig, und ganz sicher hat ihn Sebastian Kurz nicht erfunden. Sebastian Kurz hat überhaupt noch nie etwas selbst erfunden. Dafür haben die Corona-Maßnahmen in Österreich so schöne Bezeichnungen wie“Fotz’n-Patterl“ (Maul-Latz) hervorgebracht. Dass Ihr Lieblingsitaliener es nicht geschafft hat, die Vorsichtsmaßnahmen so umzusetzen, dass sie nicht „bemüht“ wirken, ist schade für Sie (und wahrscheinlich auch für ihn, vielleicht ist er in seinem Job doch nicht so gut). Aber deshalb müssen Sie sich doch nicht gleich wünschen, dass alles wieder so wird wie es „vorher“ war, „normal“ eben.

Sie meinen, „normal“ sei kein gutes Wort, wenn es eine Verhaltensnorm meint, nach der sich alle zu richten haben; nur wenn „normal“ einen statistischen Durchschnitt bezeichne, sei der Begriff erträglich. Flug um 19,90 EUR nach Mallorca zum Komasaufen . Mit dem SUV in der Großstadt zum Einkaufen. War beides häufig. Normal? Ich mir fallen eine Menge Aspekte ein, die Teil meines Lebens „vor Corona“ waren, und die ich gar nicht zurückhaben will. Ihnen vielleicht auch. Blöderweise weiß man nice, was man stattdessen dafür bekommt. Das heißt „Zukunft“. – Dorotea Rebmann

 

Also ja, ich mag seine Kolumne. Dabei mache ich es ihm nicht leicht. Kein Vorschusslachen! Aber immer wieder Freude, wenn er fragwürdige Vorstellungen formvollendet in die Konsequenz treibt. Manchmal versuche ich seine Gedankenwelt auch meinen Nächsten zu erschließen. Dann zitiere ich z.B. aus dieser Hochbettgeschichte, – was der Schreiner sagte, was Martenstein antrieb und was er von oben sah ……….. Eher mein Vergnügen. Und jetzt die Gedanken zu seiner Mutter.* Im letzten Satz – das erste Mal – feuchte Augen? Also ja! *Auch schon länger her! – Hanne Thießen

 

Im Grunde halte ich es für sinnlos, Ihre Kolumne zu kritisieren, da Sie meiner Erfahrung nach jegliche Gegenrede eher abtun oder gar verächtlich machen. In diesem Fall kann ich Ihre Einlassungen jedoch nicht unwidersprochen hinnehmen: Die Corona-Krise ist für uns alle eine bislang nicht gekannte, bedrohliche und anstrengende Situation mit weiterhin ungewisser Perspektive. Ich bin sicher, dass jeder, der bisher ein schönes Leben hatte, sich dieses „eins zu eins“ zurückwünscht. Das ist aber z.Zt. so nicht absehbar. Voraussetzung für eine Entwicklung in diese Richtung ist, dass sich alle(!) diszipliniert an die Regeln und Vorsichtsmaßnahmen (für die Sie ja auch „eigentlich“ seien) halten.

Ich stelle jedoch mit Erschrecken fest, dass Sie diese Disziplin in Ihrer Kolumne wiederholt unterminieren, indem Sie kleine Übertretungen bagatellisieren, schönreden bzw. gar etwas romantisieren (als Akt des zivilen Ungehorsams o.Ä.). Als Person des öffentlichen Lebens und mit der großen Reichweite Ihrer wöchentlichen Rubrik tragen Sie aber eine große Verantwortung. Sie sollten sich dessen bewusst sein, dass Sie mit Ihren leichtfertigen Worten sicherlich bei vielen Unzufriedenen offene Türen einrennen und Schleusen öffnen, etwa nach dem Motto: „Guck mal, der Martenstein schummelt auch immer. Dann kann es ja nicht so schlimm sein.“ So ist die Lawine schon losgetreten. Ich fordere Sie dringend auf, das zu unterlassen! Leider weiß ich von keiner Insel der Glückseligen, wo Sie Ihre „15 Jahre in Saus und Braus“ leben könnten, ohne Ihre Mitmenschen zu gefährden (sonst könnten Sie auch gern Ihre Maklerin, und wer noch zu Ihrer „Verschwörung“ gehört, dorthin mitnehmen.). So aber darf auch Ihre Freiheit nur so weit gehen, wie sie die Freiheit – oder sogar das Leben – anderer nicht bedroht! – Renate Reinhold

 

Zumeist lese ich Ihre Überlegungen im Zeit-Magazin mal mit mehr, mal mit weniger Begeisterung. Ihre Trauer über die nicht mehr vorhandene alte Normalität löst bei mir Befremden aus. offenbar weinen sie der Bussi-Bussi-Gesellschaft nach und vermissen auch das Gefühl in der Menge geschubst zu werden oder eingekeilt in einer Schlange auf irgendetwas zu warten. Aber das ist alles Geschmacksache. Ich bin sicher, dass sie demnächst wieder ihrem Lieblingskellner im italienischen Restaurant um den Hals fallen können, ich kenne die Italiener, ich habe selbst italienische Wurzeln. Wenn sie sich aber auf das Gebiet der österreichischen Sprache begeben und sich als Kenner österreichischer Philosophen outen, so möchte ich sie ersuchen, sich vorher besser über das österreichische kundig zu machen: Karfiol und Schwammerl sind keine Sprachideen aus Österreich. Schwammerl ist ein Dialektwort aber Karfiol nicht.

Das Österreichische Deutsch verfügt über einen spezifischen Wortschatz und Besonderheiten in Grammatik ( zum Beispiel unterschiedlicher Gebrauch von Dativ und Genetiv), Aussprache und Rechtschreibung. Weitere Beispiele, die absolut keine österreichischen Sprachideen sind : Karotten, Fisolen, Paradeiser, Erdäpfel, Petersilie und so weiter. Es ist Ihrer geschätzten Aufmerksamkeit offenbar entgangen. dass Österreich im ‚Gegensatz zu Deutschland ein Vielvölkerstaat war, was zu einer Bereicherung des Wortschatzes geführt hat. Es wäre deprimierend, wenn wir in Zukunft Möhren, Grüne Bohnen, Tomaten, Kartoffel und Petergrün sagen müssten. Vielleicht könnten sie aber einmal in Ihrer Kolumne Ihre Landsleute, die übrigens den größten Anteil an Zuwanderung in Österreich darstellen, dazu aufrufen, uns mit ihren Sprachregeln in Ruhe zu lassen. Sie glauben nämlich, wie Sie offensichtlich auch, dass wir, was das Österreichisch betrifft, sprachtechnisch ziemlich zurückgeblieben sind. Wenn Ihre Landsleute endlich aufhörten, uns gegenüber ständig den Zeigefinger besserwisserisch zu erheben, könnten sie vielleicht einmal das Piefke-Image loswerden. – Sabine Neumann-Röder

 


 

 

Leserbriefezum Wochenmarkt „ERDBEEREN IM KUCHEN“ von Elisabeth Raether im ZEIT Magazin

 

Ich habe immer schon alle möglichen Obstsorten im Rührteig verarbeiten, aber noch nie Erdbeeren. Habe den Kuchen mit den Erdbeeren heute gemacht und habe davon 2 Stückchen gegessen, obwohl ich eigentlich kein Kuchenesser bin. Super Rezept! Danke. – Erika Kretzer

 

Ein großer fan Ihrer Rezepte bin ich immer wieder. Gestern die CAPONATA „grandios“ zubereitet! Aber Erdbeerkuchen: so -ich weiß nicht ???Weiche Früchte und verlieren auf diese Weise ihren feinen Geschmack. Ich empfehle ANANAS-Stückchen für diesen Teig ! – Eva Leitermeier

 

Ich möchte mich heute bei ihnen für ihre exqusiten und äußerst schmackhaften Rezepte im ‚Wochenmarkt‘ des ZEIT magazins bedanken. Nicht nur die liebenswürdige Einführung und Erläuterungen zur erfolgreichen Fertigstellung der Gerichte ohne Brimborium, dafür mit Rafinesse verdienen höchstes Lob. Nicht nur die Kuchen, vor allem aber die gutbürgerliche Küche mit Pfanne und Topf : fabelhaft. – Wolfgang Herrmann

 


 

 

Leserbriefe zur Gesellschaftskritik „ÜBER BELOHNUNGEN“ von David Hugendick im ZEIT Magazin

 

Welch herzige Geschichte! Welche Bescheidenheit! Ob denn die „52 Mal 200 000 Euro = zehn Millionen“ (LVZ vom 6./7. Juni 20), die Werner in England erhalten wird, für Süßigkeiten reichen werden? Daneben die Ablösesumme von 50 Millionen (ebenfalls LVZ), die der englische Club an den Leipziger zahlt…Was für Gelder für ein reines Vergnügen, für ein gänzlich unproduktives Geschehen! Und das in heutigen Zeiten! Werden Sie das auch mal in einem Artikel aufarbeiten, Herr Hugendick? – Dr. Werner Marx

 

„Timo Werner“, ein Fußballprofi, Nationalspieler und derzeit auch „Geisterfußballspieler“ bei „RasenBallsport Leipzig“ (Fußballverein), will sich gerade beruflich etwas verändern. Die Frage für Timo Werner ist nun, ob er etwa beim FC Liverpool, beim FC Chelsea-London oder beim „TSV Santa Irgendwo“ seine Millionen verdienen will. In diesen Corona-Krisen-Zeiten, da sind wir alle oft ganz schön leidgeprüft neben der Kappe, der eine eben mehr und der andere eben weniger. – Klaus P. Jaworek

 


 

 

Leserbriefezur Deutschlandkarte „DIE ÄLTESTEN GLOCKEN“ von Matthias Stolz im ZEIT Magazin

 

Seit Langem verfolge ich die Deutschlandkarte in der Beilage-Zeitung. Ich blättere die Zeit regelmäßig am Bahnhofskiosk durch und kaufe sie manchmal. Ne tolle Idee die Karte. Doch seit einer Weile ist sie nicht mehr richtig schön. Eigentlich wollte ich dazu nichts schreiben. Weil sich das nun häuft, dacht ich, ich schreibe das mal. Die Seiten sind nicht mehr liebevoll gestaltet wie vor ein paar Jahren noch. Z.B. die Nagelstudios (https://www.zeit.de/zeit-magazin/2014/20/deutschlandkarte-nagelstudios), der Biber (https://www.zeit.de/zeit-magazin/2017/14/biber-deutschland-ansiedeln-ddr-deutschlandkarte) und die Schallplatten (http://itsours.de/tag/zeitmagazin/) waren richtig super. Tolle grafische Umsetzung. Jetzt wirkt das „hingeklatscht“, ideenlos, nur 1 Karte mit Piktogrammen. Daten nur aufbereitet. Ist immer weniger recherchiert. Und das was gezeigt wird, ist manchmal fehlerhaft/falsch oder schlicht nicht zutreffend oder unvollständig (z.B. die Autokinos). Eigentlich dachte ich, Journalisten recherchieren selbst. Macht keine richtige Freude. Sieht aus, als ob die Seite eingestellt wird? – Karl-Christian Storz

 

Einer von uns beiden kennt sich östlich der Elbe überhaupt nicht aus und war damals krank, als in der Geschichte das Mittelalter behandelt wurde. 12.Jahrhundert, das ist doch die Zeit um 1100 oder? Aus der Zeit gibt es in Sachsen Anhalt die Straße der Romanik In der Zeit unter den Ottonen lag östlich der Elbe doch der Mittelpunkt des Reiches Die Elbe fließt da mitten durch aber Ihre Karte endet ziemlich an der alten Zonengrenze. Es kann ja sein, das H alle alten Glocken dort schändlicherweise einschmelzen ließ. Aber Christen gab es da wohl schon eine längere Zeit. Das geht ja dann auch im Osten weiter. Ich denke, dass Polen auch schon christlich war, denn die luden sich den Deutschen Orden ein. Aber da enden auch meine Geschichtskenntnisse. – Reinhart Haug

 


 

 

Leserbrief zu „Mirko Borsche sucht einen Kopfschutz, mit dem er stilvoll und sicher Rad fahren kann“ von Mirko Borsche im ZEIT Magazin

 

Das Teil ist superbequem, ich trage immer Schal oder (jetzt auch Coronatuch) darunter. Im Winter legt man es um die gefütterte Kapuze. Es ist mein 2. Mit dem 1. bin ich gestürzt (Frontal bei sehr schlechter Sicht auf einen hohen Bürgersteig). Eine feste Haube (wie eine Trochenhaube beim Frisör) schützte meinen Kopf. Meine Brille ist leicht verrutscht und blieb ganz heil. Sehr positiv war auch der laute Knall. Es kamen sofort aus 3 Richtungen Männer, die mir halfen und sich neugierig und begeistert meine Erklärungen zum „Helm“ anhörten. Da ich mich im Internet bei der Firma registiert hatte, erhielt ich am nächsten Tag im Fahrradgeschäft 100,- Euro Rabatt auf den neuen Airbag. 199,- Euro muss man für einen guten Helm auch ausgeben und nach so einem Sturz müßte auch der ersetzt werden. Man kann gar nicht übersehen, wenn der Akku geladen werden muß; der Verbrauch wird deutlich angezeigt und mit einem normalen Handykabel wird geladen. Mein Fahrrad ist mein Verkehrsmittel, kein Sportgerät – Bike? Ob man mit dem Hövding sicherer verrückt Mountainbike fahren kann, weiß ich nicht, das ist sicher eine andere Baustelle. – Ute-M. Dechow

 


 

 

Leserbrief zu „Prüfers Töchter“ von Tillmann Prüfer im ZEIT Magazin

 

Wieder Tränen gelacht diese Woche. Ich habe drei Jungs, das ist „krass“ genug, wie Lotta wohl sagen würde. Aber vier Töchter?! Sie haben meine volle Anteilnahme und Bewunderung. In ungezügelter Vorfreude auf die nächste Episode wünscht gute Nerven – Ludger Schadomsky