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27. August 2020 – Ausgabe 36

 

Leserbriefe zu „Aggressive Mimosen“ von Thea Dorn

 

Beinahe wirkt es so, als wenn Thea Dorn über „aggressive Mimosen“ schreibt, nur um am Ende das Fehlen einer großen Persönlichkeit auf dramatische Weise festzustellen zu können („eine niederschmetternde Erkenntnis“). Sucht ihre Sehnsucht nach echter Autorität nur einen vorgelagerten Grund, um sie einfordern zu können? Ein Indiz könnte sein, dass Thea Dorn in ihrem Text einen Trend beschreibt, den es so gar nicht gibt, jedenfalls nicht in der dargestellten sich zuspitzenden Ausprägung, nämlich: dass es eine demokratiegefährdende Eskalationsspirale linker und rechter „aggressiver Mimosen“ gibt, wobei die Linken in ihrem Emanzipationsbestrebungen unduldsam vorantreibend sind, während den Rechten in ihrer Verliererrolle langsam die Geduld ausgeht. Ist die Wortschöpfung „aggressive Mimosen“ hier wirklich hilfreich?

Warum dieses pejorative Wörterkonstrukt, wo Thea Dorn doch selbst eine wachsende Neigung zu Beleidigungen beklagt und zumindest den Linken Mäßigung nahelegt. Während sie von hoher Warte aus auf die in ihrem Text kreierte Kampfzone neutral zu schauen scheint, ist sie doch tief verstrickt: Wenn sie „aggressive Mimosen im rechten Spektrum“ verständnisvoll wieder zu – teils innerlich gefestigten – Konservativen aufwertet, die den Verlust von Hierarchien und klaren Ordnungen, Traditionen und kulturellem Erbe beklagen. Ihr abschließendes Bild unreifer und ungehemmt streitender Kinder zeigt zwar ein verqueres Kinderbild, lässt aber immerhin die Option zu, erwachsen werden zu können. Wohl aber unter der Regie eines strengen, empathischen Vaters mit einem klaren Kompass? – Eine Demokratie, in der nicht gestritten wird, ist keine. – Reinhard Koine

 

Was Thea Dorn und die Kritiker des „linken Mimosentums“ nicht begreifen: Der Erfolg der Strauß\Honecker Strategie der Integration nationalkonservativer Kreise in die Mehrheitsgesellschaft war einer historischen Ausnahmesituation geschuldet. Nur Kriegstrauma, Wirtschaftswunder und mehr als eine halbe Million amerikanischer/sowjetischer Soldaten in Deutschland konnten Rahmenbedingungen schaffen, in denen Appeasement (das Übernehmen „therapeutischer Verantwortung“) funktionierte.

Deshalb darf man den gesellschaftlichen Diskurs heute nicht als Kampf linker und rechter Jugendgangs framen, sondern muss eine Nulltoleranzpolitik gegen Rassismus und Misogynie etablieren. Wenn die Mehrheit da nicht mitzieht, muss sie sich – wie die Demonstranten am 29.08 – eben offen zu Kaiser, Führer, Trump oder Putin bekennen. – Justus Jaguar

 

Ein kluger, reflektierter und ideologiefreier Artikel, der wohltut! Der den Finger klar in die echten Wunden legt und zu Recht Besorgnis ausdrückt. Es ist zwar vielleicht nur „Blowin‘ in the wind“, aber Kompliment an die Autorin für Ihren sehr engagierten Beitrag. Ihm ist viel und gute Resonanz zu wünschen, denn er exemplifiziert das Ringen um Inhalte, den echten, freien Diskurs, der heute tatsächlich sehr bedroht erscheint! – Karl-Heinz Grau

 

„Aggressive Mimosen“, so zutreffend finde ich diese Bezeichnung nicht. Aber Frau Dorns anderen Worte sind klar und mutig und ich kann ihr folgen. Das Treiben der „aggressiven Mimosen“ beobachte auch ich mit großer Besorgnis. Ihr Sendungsbewusstsein ist ausgeprägt und wird zunehmend von einer Intoleranz begleitet, die einer freiheitlichen Gesellschaft schadet und sie spalten kann. In Richtung linker „aggressiver Mimosen“ möchte ich ergänzen, dass man nun wirklich nicht rechts oder konservativ eingestellt sein muss, um auch ihr Tun äußerst kritisch betrachten zu müssen. Sie überspannen den Bogen gewaltig.

Was tun? Wie entgegenwirken? Hoffnungslos ist es nicht, denn unsere Gesellschaft besteht ja zum Glück mehrheitlich nicht aus „aggressiven Mimosen“, denen vermutlich selbst solche Beiträge, wie dieser, immer noch nicht zu denken geben. Aber solche Beiträge mehren sich mittlerweile. Sie geben hoffentlich allen anderen Rückhalt und Mut, sich gegen dieses Treiben zu stellen, um endlich wieder mehr Vernunft und gegenseitigen Respekt in den öffentlichen Diskurs zu bringen. Die Verantwortung für die Gesellschaft tragen wir alle, man darf sie sich bloß nicht aus der Hand nehmen lassen. – Regina Stock

 

„It´s the Internet, stupid!“ Es kann sich kein Mensch vor den „grassierenden Hysterien“ in diesem „Medium“ schützen. Und auch davor nicht, dass ihm nicht „Tag und Nacht Unflat ins Gesicht gekippt“ wird. The Internet ist aber auch keine – wie mancher User sich selber vorgaukelnd wähnt – Exklusivplattform für digital herumtümelende Stammtischparolen. Begegnet ihm nur ein halbwegs Vernunftargumentierender, muss er konstatieren: The Internet ist kein Forum alleine für meine Dreckspack-Parolen, um nur einen solchen unzählig geposteten Unflats zu zitieren. Er ist dann eben nicht mehr „personalisierter König“, sondern als armseliger Tastenkümmerling entlarvt. The Internet ist, neben der Erfindung des Buchdrucks, sicherlich die größte Erfolgsgeschichte eines Mediums, jedermann eine Stimme, Gewicht, ja Gesicht zu verleihen, um seinen Hang, seine Meinung anderen mitzuteilen, zu verbreiten.

Das verpflichtet: vornehmlich diejenigen, die kraft Intellektualität und Empathie willens und befähigt wären – quasi im digitalen Bildungsauftrag unterwegs – in die Niederungen der „digitalen Gosse“ hinabzusteigen. Souverän über den Dingen und Menschen stehen wollen oder „Strenge“, hilft nicht und niemandem weiter, vertieft aber die Gräben zwischen den gesellschaftlichen Gruppen. Der „öffentliche, politische und kulturelle Raum“ ist heute nicht mehr ein Raum vorbehaltlich „Persönlichkeiten mit dem Grad allerhöchster Integrität und Glaubwürdigkeit“, welche zu beanspruchen allenfalls Heiligen zustünde. Aber ein Raum für a l l e Menschen, gleich welcher sozialen und gesellschaftlichen Herkunft und Bildung. Man wird The Internet, und dortigem sozialen Dialog, nicht aus dem Weg gehen, oder dieses gar wieder beschneiden können, wenn man es dank Digitalisierungsprozessen seitens des Staates forciert hat. „Alles beruht auf Meinung“, so Marc Aurel, Römischer Kaiser. Welcher bereits die Errungenschaften der modernen Demokratie weise vorherbereitete. – Axel Spellenberg

 

Das Problem der aggressiven Mimosen scheint mir nicht zuletzt darin zu liegen, dass immer mehr in wütendem und herabsetzendem Ton übereinander und nicht miteinander geredet und gestritten wird .Würde man miteinander ins Gespräch kommen, könnte das dazu führen, den Anschauungen und Argumenten des anderen eine gewisse Berechtigung zuzusprechen und den eigenen Standpunkt zu relativieren. Leider reden auch unsere sog. Eliten in den Talkshows kaum miteinander, sie reden meist aneinander vorbei und sondern ihre sattsam bekannten Sprechblasen ab. Ein argumentativer Austausch findet so kaum statt.

Grundlage für ein Gespräch, das den Namen verdient muss aber sein, dem Gegenüber die gleiche intellektuelle Redlichkeit zuzubilligen, die man für sich in Anspruch nimmt. Das Internet fördert sicher nicht die Dialogfähigkeit, bleiben doch die Nutzer meist in ihrer Blase, in der ihre Ansichten bestärkt werden und andere Meinungen gar nicht erst auftauchen. Unsere Schulen und Elternhäuser hätten da einen wichtigen Auftrag, nämlich Diskussionskultur und Dialogfähigkeit zu fördern. Aber diese Institutionen sind ja bereits jetzt überfordert. Trübe Aussichten für unsere Demokratie! – Dr. Martin Klupp

 

Thea Dorn stellt zugespitzt und sprachlich prägnant dar, woran der Diskurs in unserem Land krankt. Besser kann man es kaum formulieren. Die künstliche Aufgeregtheit am „linken“ und „rechten“ Rand ist Luxus und löst nicht grundlegende Zukunftsporbleme. Vielen Dank. – Friedrich Borghans

 

Frau Dorn trifft mit dem humanistischen Nagel den Pseudodemokratischen Bewegungen rechts wie links auf den intoleranten und verqueren Kopf. Das ist die Beschreibung einer Entdemokratisierung in den politischen und gesellschaftlichen Räumen unserer Mitte. Wo es augenblicklich wichtiger erscheint Strassen, Soßen, Gerichte und Süssigkeiten angeblich richtig, also rassistisch und geschichtlich neu, zu bennen bzw. umzubennenen. Aber die Vernachlässigten und Abgehängten (arme Kinder, Alte und Behinderte usw.) haben keine Plattform und es wird ihnen kein Gehör geschenkt. Das sind echt leidende (aber keine Mimosen).

Rechtsradikale Antisemiten und Linksradikale Israelkritiker sind das Klientel, das im Artikel so treffend beschrieben wird. Wo sind die starken und lauten Gegner aus Politik, Gesellschaft und Kunst? Es fehlen, neben vielen anderen: Herbert Wehner, Erhard Eppler und Roman Herzog; Theodor W. Adorno, Alexander Mitscherlich und Ernst Bloch; Arno Schmidt, Heinrich Böll und Günter Grass. Mit einem Ruck mehr Demokratie wagen, streitbar sein und sich nicht vom lauten Geplärr der Rechten und dem theoretischen Gefasel der Linken verunsichern lassen. „Die Regierungen sind nie viel besser und nie viel schlechter, als das Volk, das ihnen gehorcht“ Arno Schmidt. – Felix Bicker

 

Dieser kompakte, vom Inhalt und auch der Sprache her außergewöhnliche Artikel hat mich begeistert und getröstet, denn man hört und liest ja sonst zunehmend das Gezeter der Mimosen jeglicher „Farbe“ und die Diffusion der Gesellschaft beschleunigt sich weiter. Da ich auch die Taz lese und dort zunehmend „linke und Gendermimosen“ zunehmen, habe ich eine Kopie ihres Artikels übermittelt. – Hans-Joachim Buschbeck

 

Zunächst einmal herzlichen Dank für Ihren wohltuenden Artikel zur Debattenkultur. Allerdings hat mich ihr Wunsch nach einer personifizierten Autorität irritiert. Braucht unsere Zeit wieder Helden? Mir scheint die Suche nach einer Held*in davon abzulenken, weiter nach den Ursachen des unbeabsichtigten Kultivierens der aggressiven Mimosen zu suchen. Die Spur, der sie ebenfalls nachgehen und die zur Debatten-un-kultur im Internet und den a-sozialen Medien führt, könnte vielversprechender sein. Wenn „es schiefläuft“, mag das ein Anzeichen dafür sein, dass die Ursache im System zu suchen ist, in dem die Menschen agieren, hier insbesondere in der Struktur der Kommunikation.

Ich fand es lehrreich, an früherer Stelle in dieser Zeitung zu lesen, dass fake news und Hassrede schon einmal ein Problem im 17. Jahrhundert waren, als Druck- und Flugschriften neu waren und die öffentliche Debatte umkrempelten. Es brauchte Zeit für Autor*innen, Verleger*innen und Publikum, mit den neuen Möglichkeiten umgehen zu lernen. Möglicherweise brauchen auch wir einige Zeit, um die entgrenzte Kommunikation wieder einzuhegen und zu einem konstruktiven Dialog zurückzuführen. – Dr. Joachim Paulusch

 

Herzlichen Dank für den Artikel von Frau Dorn, der mir aus der Seele gesprochen hat. Besser als mit der Kurzformel „Aggressive Mimosen“ kann man das Diskursverhalten des rechts- und linkspopulistischen Meinungsspektrums kaum beschreiben. Diese Formel werde ich übernehmen. – Dr. Herbert Grieshop

 

Ein ausgezeichneter Beitrag von Frau Dorn, der eine grundsätzliche Problematik unserer aktuellen Gesellschaft auf den Punkt bringt. Ähnlich wie bei mir spüre ich das Entsetzen darüber, wie sich Deutschland unter der Verantwortung von Angela Merkel entwickelt hat. Ich meine, mich zu erinnern, dass auch Frau Dorn anfangs von Merkel angetan war. In den 15 Jahren hat sich aber deren Verachtung für Debatten und die Auseinandersetzung mit politischen Gegnern, d.h. auch im Grunde die Ablehnung einer demokratischen Kultur erwiesen. Gesellschaftspolitisch fehlt jegliche Empathie und die intellektuellen Defizite treten immer deutlicher zu Tage. Frau Dorn hat ein treffendes Bild gefunden: Mutti will außer Haus glänzen, Heim und Familie verwahrlosen. – Gerhard Reinelt

 

Der Artikel der Schriftstellerin Thea Dorn mit dem Titel „Aggressive Mimosen“ erscheint mir völlig überflüssig. Was will die Schriftstellerin sagen? Mehr Toleranz, mehr Geduld – besonders von den Linken. Diese Erkenntnis lässt sich in drei Sätzen ausdrücken und bedarf nicht der gestelzten Formulierung wie „beleidigte Linke und rechte Heulsusen“. – Lieselotte Müller

 

Die zunehmende Komplexität der Welt mit all ihren Widersprüchen raubt vielen Menschen die Kraft, ihrem durchgetakteten Alltag einen Sinn zu geben: wo der Lebenssinn verloren geht, verlernen Menschen das Erwachsenwerden. Heute sind es Kinder (Fridays for Future), die die Erwachsenen mahnen, ihrer Verantwortung nachzukommen und erwachsen zu werden. – Walter Moritz

 

Las in DIE ZEIT Nr. 36 Ihren Artikel – vielen Dank und Gratulation! Als Kulturphilosoph möchte ich Sie hiermit einmal auf meine „Vision und Philosophie der Zukunft – INTEGRALE MODERNE“ (Pfau-Verlag 2004) aufmerksam machen. Angesichts der „evolutiv neuen Situation der Menschheit“ enthält sie im Hinblick auf die ins Leben tief eingreifenden modernen Technologien eine neue Moderne-Definition. Die Postmoderne sehe ich dabei als Artikulation bestimmter Defizite der bisherigen Moderne. Ich habe ca. 27 Jahre an dieser Vision gearbeitet. Sowas können Politiker eher nicht leisten; auch kein neuer „Willy Brandt“. Gut rezensiert kam diese Vision trotzdem nicht durch; sie wird von den Rechten als „links“, von den Linken als „rechts“ diffamiert; mir dagegen geht es (wie auch Ihnen?) um Intelligenz, um Balance, um Ausgleich. Unter integrale-moderne.de sind nähere Informationen zu dieser Vision zu finden.

Zur realsozialistischen Blut-, Gift- und Zersetzungsspur realisierte ich das Projekt ich-schweige- nicht.de, das von ca. 63.000 Besuchern frequentiert wurde. Denn um der Zukunft willen (s.a. China, Russland usw.) dürfen angesichts der schweren Menschheitsverbrechen des Nationalsozialismus die schweren Menschheitsverbrechen des Realsozialismus nicht übergangen werden. Ich wünsche mir, dass sich Intellektuelle und Künstler für eine europäische Kultur-Reformation – anti-totalitär & integral-modern – zusammenschließen. Würde Sie gern als Unterstützerin dieses Gedankens gewinnen! – H. Johannes Wallmann

 

Der Titel erscheint zwar zuerst paradox, Thea Dorn beschreibt aber sehr trefflich ein Phänomen, das nicht nur auf die Rechten und bei diesen zum Teil mit schrecklichen Konsequenzen zutrifft, sondern sich auch bei den Linken epidemisch auszubreiten scheint. Das kann ich durch eigene Erfahrungen bestätigen: Zum Beispiel prangerte ich im Freundeskreis Missstände in indischen Pharmaunternehmen an. Ich hatte kaum begonnen, da wurde ich schon von einer Person ausgebremst und schulmeisterlich getadelt. Obwohl es nicht zum Thema gehörte, sollte ich gleichzeitig die deutsche Pharmaindustrie kritisieren, um nicht als Rassist zu gelten!

Aggressive Mimosen können so jede aufkeimende Diskussion im Keim ersticken. Sie sind von sich so überzeugt, sich immer die Lufthoheit erkämpfen und das Kind mit dem Bade ausschütten zu müssen. Es kann die absurde Situation entstehen, dass nicht-weiße Kapitalisten von sogenannten Linken in Schutz genommen werden! Ich möchte deshalb den pauschalen Begriff „links“ zumindest für mich in Frage stellen und mich lieber als einen nicht ganz emotionsfreien Rationalisten mit Gerechtigkeitsanspruch bezeichnen! – Dr. Rudolf Lauck

 

Gott sei Dank gibt es noch Leute, die einen gesunden Menschenverstand und ein gutes Urteilsvermögen haben! Der Artikel von Frau Dorn hat mir aus dem Herzen gesprochen! Der Brut aus rechts- und linksextremen Elementen, Verschwörungstheoretikern und anderen, in selbstdarstellerischer Manier unsere Demokratie zerstören wollende Figuren ist unbedingt Einhalt zu gebieten. Es wird endlich Zeit, dass konsequenter gegen diese Elemente vorgegangen wird. Man hat den Eindruck, dass manche aufgrund von zu viel Wohlstand und Freizeit nicht mehr wissen, was sie noch alles anstellen sollen. Hoffen wir, dass es unseren Verantwortlichen gelingt, diesen Strömungen bald einen wirksamen Riegel vorzuschieben. – Eduard Krause

 

Zum Beitrag von Thea Dorn möchte ich anmerken: Sie hat recht! Aber wie sollen die „Kinder“ Verantwortung übernehmen, wenn keiner mehr da ist der ihnen zeigt wie das geht, weil „Mutti“ ,als Alleinerziehende, nur damit beschäftigt ist, genügend Geld zusammen zu bekommen, dass das Haus „in Ordnung“ bleibt.

Zum Interview von Annabel Wahba mit Susanne Dürr möchte ich anmerken: Wieso fragt man nicht mal die, die monatelang immer wieder mit der Situation konfrontiert waren, denen zu helfen und sogar bis zum Tod zu begleiten, die sich anfangs unverschuldet infiziert hatten und die, als Betreuer, dabei Gefahr liefen, sich selbst zu infizieren. Die selben Leute müssen jetzt wieder dastehen und die betreuen, die unbedingt nach Malle oder anderswo fahren mussten, um Trinksprüche zu rezitieren oder einen Chor zu gründen, um es mal plakativ auszudrücken. – Thomas Rudnick

 

Der Artikel zielt treffsicher auf zentrale Defizite in unserer Debattenkultur. Der Appell an die „verlassenen Kinder“, sich um ihr Haus zu kümmern, fasst dies gut zusammen – ganz unabhängig davon, dass solcherlei Appelle meist eine gewisse Hilflosigkeit anzeigen. Leider stehen aber im Spannungsfeld zwischen rechts und links wieder einmal die identitätspolitischen Themen im Vordergrund. Aus der unaufgeregten Vogelperspektive betrachtet sind Themen wie „Rassismus, Antisemitismus, Sexismus, Homo- und Transphobie“ zwar relevant und illustrieren das redliche Bemühen, unsere (international vorbildliche) freiheitliche Grundordnung noch konsequenter umzusetzen und eventuellen Neuanfängen zu wehren.

Aber innerhalb dieser Themen findet sich keine Erklärung für die bedrohlich zunehmende Ungleichheit innerhalb unserer Gesellschaft. Die identitätspolitischen Themen verblassen zudem neben der Bedrohung unserer Lebensgrundlagen und neben den drohenden großflächigen Verteilungskonflikten durch die erdsystemischen Krisen der Erderwärmung und des Artensterbens. Wenn sich Paare darüber streiten, wer den Müll rausbringt, gibt es meistens ein noch größeres Problem im Hintergrund. Das soll nicht heißen, dass man den Müll drinnen lassen kann. Aber er ist nicht das eigentliche Thema, sondern – trotz oder wegen seines Gestanks – eher (nur) ein Ablenker. – Dr. Christian Voll

 


 

 

Leserbriefe zu „»Natürlich bin ich privilegiert«“. Gespräch mit Greta Thunberg geführt von Bernd Ulrich

 

Leider muss Greta tatsächlich zu wenig gefürchtet werden, weil z.B. in den Schulen mit Ausnahme neuer label, die wenig Inhalt nach sich zogen, nichts passiert ist! Wenn die Schüler nicht endlich prioriär eine völlig andere Ernährung = nur Getränke mit Lei(s)tungswasser, bio-regio-saisonales rohes Obst und Gemüse plus Müslis und Käsevollkornbroten für den Vormittag, mittags Eintöpfe, Salate, Suppen gleicher Qualität auf den Plan setzen, ist Greta genau wie unsere Parlamente – eine lahme Ente! Und ihre Schulen mit ökologischen Reinigungsmitteln selbst reinigen, damit blasierte Jünglinge durchs richtige Kloputzen lernen endlich auf den Boden. P.S. Ebenso nicht zu fürchten wie die GRÜNEN, die es seit Jahren versäumen, in Deutschland und der EU hundert Prozent ökologische Landwirtschaft zu fordern!

DAS HILFT u.a. beim Verkehr sparen, Straßen- und Brückenreparaturen sparen, LKWs sparen, landwirtschaftliche Doppelkontrollsysteme sparen, Energie sparen, GESUNDHEITSKOSTEN SPAREN, Geld im Portemonnaie der Ärmeren erhalten, gesunde soziale Arbeitsbedingungen nicht nur in der Fleischindustrie! Aber Baerbock/Habeck sind ja ausreichend damit beschäftigt, ihre Blasiertheit, Borniertheit, Ignoranz und Tatenlosigkeit gegenseitig in den Himmel zu heben, unterstützt von einer Basis und Bevölkerung, die nur hohlen Jubel kennt, was dem Planeten schon lange den Garaus macht ! echter Zukunftsfähigkeit kommen! – Dr. A. Weber

 

Viele der Antworten des (noch) kleinen Mädchens Greta klingen mir zu sehr nach Heile-Welt-Bildern, auch wenn sie immer wieder versucht, davon abzulenken. Die Ursachenforschung kommt zu kurz. Die Überbevölkerung der Erde nennt sie nicht und ist damit vermutlich auch überfordert, denn das würde zu der Erkenntnis führen, dass wir als Menschheit – wenn auch nicht generell und flächendeckend – viel erreicht haben und uns sagen könnten: Bevor das noch lange so weitergeht, sollten wir bedenken, dass das Ganze auch mal auf ein Ende zulaufen wird. Und dann wäre es das Beste, den Druck aus dem Kessel zu nehmen, um wenigstens vermeidbare Konflikte nicht eskalieren zu lassen. – Christoph Müller-Luckwald

 

Ich habe mich sehr gefreut das Greta Thunberg die Aufmerksamkeit der ZEIT erregt hat und auf Seite zwei ihrer Zeitung zu Wort kam. Ich muss ihr vor allem in dem Punkt recht geben, dass die Presse die Klimakrise nicht als eine existenzielle Krise behandelt. Würde sie dies tun, müsste täglich bzw. bei ihnen wöchentlich darüber berichtet werden. Es muss nicht radikal sein, aber stetig. Nur so lässt sich das Bewußtsein in der Bevölkerung hierfür schärfen und der Prozess der zwingend notwendigen Veränderungen anstoßen. Diese müssen sowohl vom einzelnen (Konsum von Fleisch oder der Flug etc.), als auch von Wirtschaft und Politik konsequent betrieben werden. Die Umsetzung der Veränderungen geht mit Einschränkungen einher, für die offensichtlich noch nicht das nötige Bewußtsein vorhanden ist.

Auch wenn die erforderlichen Investitionen nicht sofort in Profit darstellbar sind und die Einschränkungen für die Einzelnen vielfach nur „gefüüühlt“ sind, ist ein konsequenteres Handeln der älteren Generationen gegenüber den jüngeren ein muss. Es ist nicht so, dass die ZEIT das Thema Klima nur sporadisch behandelt. Die ZEIT behandelt das Thema Klimawandel immer wieder. Ich würde mir wünschen, der berechtigten Kritik Greta Thunbergs folgend, dass die ZEIT die Klimakrise als existenziell erkennt und wöchentlich Ressortüberbreifend darüber berichtet und kritisch beleuchtet. – Martin Widera

 

Als Berliner aus dem geliebten Amerikanischen Sektor Westberlins, der nun bei den schwäbi- schen Nachfolger*innen Hegels lebt und seit seiner Zeit in Münchner mit einem Ingolstädter Audi – M-BH-1705 (1967) – unterwegs ist, darf man sich freuen – gerade in hilflos überfor- dernden Pandemiezeiten -, dass nun auch die Oberbayern – lebend in einer Landschaft, die so schön ist, dass sie nur von Gott erschaffen worden sein kann (Bayerischer Originalton; B. H.) – ihren Hegel haben, und dann auch noch als MAGIER.

Wohlwollend kritisch ist allerdings anzumerken, dass die Hegel-Forschung aus gutem Grunde darauf hinweist, dass Hegel, als er Napoleon in Jena begegnete, nicht vom Weltgeist, sondern von der Weltseele gesprochen hat, in der Hoffnung, dass irgendwann einmal die Weltseele vom Weltgeist beseelt erscheinen möge, vielleicht in der Form von Fridays for Future. Magisches Denken und Weltgeist schließen sich begriffslogisch leider aus. Es ist der schwer verdauliche Unterschied zwischen dem, was wirklich ist, weil es vernünftig ist, und dem, was existiert, weil es unvernünftig, irrational oder eben magisch verklärt wirklich ist. – Dr. Berno Hoffmann

 

Über das Interview mit Greta Thunberg auf Seite 2 in der ZEIT 36/20 („Natürlich bin ich privilegiert“) habe ich mich sehr gefreut. Nach dem Lesen fühlte ich mich aufgefordert, einen kleinen Leserbrief zu schreiben: Es ist bewundernswert, wie beharrlich Greta Thunberg darauf hinweist, dass die Klimakrise keine normale, sondern eine existenzielle Krise ist. Für einige Wochen schien die Corona-Pandemie eine Art „Blaupause“ einer solchen Krise zu sein. Nach dem Beginn eines nachhaltig wirksamen Klimawandels wird die Rückkehr auf gewohnte Pfade aber nicht wieder möglich sein. – Manfred Folkers

 

Der „Kompromiss“ als Phänomen demokratischer Entscheidungsfindungen wird oft als vermeintlich unschlagbares Argument bemüht, wenn es darum geht, eine Art positiven Grund für das gesellschaftliche Versagen in Hinblick auf die Erderwärmung zu finden. Auch Sie bemühen diesen Begriff als eine Art Schutzschild, hinter dem sich „gemäßigte“ Journalisten sicher und edel fühlen dürfen. Mir geht jedesmal die Hutschnur hoch, wenn ich das Wort „Kompromiss“ in Zusammenhang mit Erderwärmung oder Artensterben höre. Wie soll denn dieser „Kompromiss“, den alle so gerne beschwören, konkret aussehen? Normalerweise findet sich ein Kompromiss zwischen mindestens 2 Personen(gruppen) mit jeweils unterschiedlichen Bedürfnissen, oder? Spontan fallen mir in Hinblick auf die Erderwärmung 3 Konstellationen ein: Länder, die pro Kopf sehr viel CO2 emittieren aber (noch) relativ wenig unter den Folgen der Erderwärmung leiden, gegen Länder bei denen beides genau andersrum ist. unabhängig von Nationalitäten:

Reiche Menschen, die sich gegen Klimafolgen relativ gut schützen können (die berühmte Zitadelle in der Karibik) gegen arme Menschen, deren Behausung so billig ist bzw. sein muss, dass sie schon bei einem „normalen“ Tropensturm zusammenbricht. Die älteren Menschen von heute (incl. Sie und ich), die in ihrer Lebensspanne noch relativ wenig Folgen der Erderwärmung am eigenen Leib erdulden müssen, gegen die junge Generation (z.B. unsere Kinder), der wohl nahezu unvermeidlich erhebliche ökologische und im Gefolge auch großflächige soziale Verwerfungen (die dann natürlich beklagenswert „überraschend“ kommen) bevorstehen. Finden Sie die konkrete Konstellation des „Kompromisses“, der Ihnen im Interview vorschwebte, oben wieder? Wenn ja: wo sehen Sie konkret die Zugeständnisse beider Seiten, die ja obligater Bestandteil eines jeden Kompromisses sind? Wenn nein: Welche Art von „Kompromiss“ meinen Sie eigentlich? Wer schließt einen solchen mit wem…?

Aus meiner Sicht ist der „Kompromiss“ im Zusammenhang mit der Erderwärmung nur eine Art verschleiernde Floskel, welche einserseits eine erbarmungslose Rücksichtlosigkeit, andererseits aber auch viel Hilflosigkeit und Resignation verbergen soll.Vielleicht meinen Sie aber einfach nur den Kompromiss zwischen Leuten, die dem Offensichtlichen in´s Auge schauen (denn am Offensichtlichen haben wir wahrlich keinen Mangel), und Leuten, die eher zur Verdrängung neigen? Stellen Sie sich ein Auto vor, das mit 200 km/h auf eine große Betonwand zurast. Zwei der Passagiere wollen bremsen, zwei halten die Betonwand für eine Attrappe aus Papier, die Ihnen nur den Spaß verderben soll. Sie wollen eher beschleunigen. Selbst wenn weder Sie selbst noch einer ihrer Liebsten im Auto säßen: Welcher „Kompromiss“ fällt Ihnen hier ein? Wäre es nicht eine echte Sternstunde der Demokratie, wenn sich die Parteien einigen und nur mit 100 km/h gegen die Mauer fahren?

Sehr geehrte Freta Thunberg, tatsächlich gibt es besondere Menschen, und Ghandi war sicher einer von Ihnen. Er hat durch seinen gewaltfreien Widerstand vieles in Gang gesetzt. Es zeigte sich aber auch, das gesellschaftliche Prozesse ihr Eigenleben entwickeln. Die von Ghandi angestoßene Entwicklung führte eben nicht nur zur Unabhängigkeit des vormaligen Britisch-Indiens, sondern auch zur Polarisierung zwischen Hindus und Moslems und am Ende zur unfriedlichen Teilung des Terretoriums und damit zu Vertreibung, Migration, Gewalt und Tod.

Vielleicht lesen Sie auch den Artikel von Herrn Nassehi, 3 Seiten nach Ihrem Interview. Herr Nassehi würde sich wohl kaum Ihrer Hoffnung anschließen, dass „wir“ irgendwann herausgefunden haben werden, was wirklich wichtig ist im Leben. Bewusst lebende Menschen wie Sie neigen vielleicht dazu, zu viel Ihres eigenen Inneren auf die Gesellschaft zu übertragen. Und ich würde dem Individuum nicht zu viel grundsätzliche Wandelbarkeit zusprechen. Gesellschaften entwickeln sich meiner Einschätzung nach nicht durch die „Verdedelung“ des Einzelnen, sondern durch Regeln für alle. Und diese Regeln müssen attraktiv sein, gerade in Demokratien, um eine ausreichende (globale) Akzeptanz zu finden. In solchen Regeln ruht für mich jegliche Hoffnung, die ohne Verdrängung auskommt. – Dr. Christian Voll

 

Welcher Kontrast: Zuerst Greta Thunberg, für die es nicht „… bei der Klimakrise um Politik geht“ und dann Armin Nassehis Ansage „Aus der Analyse notwendiger Ziele folgt noch nicht der Weg dorthin,“ mit klar politischem Tenor. Letzterem gebe ich (als jahrzehntelang mit diesem Thema befasster „Energie- und Umweltökonom“) zu bedenken, dass selbst ein Konsens der deutschen Gesellschaft keineswegs die Welt retten könnte. Ohne Mitwirken fast aller Staaten dieser Welt scheitert dies, denn die Erdatmosphäre ist ein globales (öffentliches) Gut. Allein an der Frage, in welcher Währung ein CO2-Preis weltweit gelten solle, scheiden sich bereits die Geister.

Ein Wachstum der Menschheit auf über 10 Mrd. samt weiterem „Umpflügen“ der Erde sowie mehr Lachgas- und Methan-Emissionen (auch THG) bekommen dem Klima auch nicht, usw. Die Hoffnung auf eine Vorbild-Funktion durch eine gelungene deutsche „Energiewende“ könnte sich angesichts des bisher absehbaren „Blindflugs in den Black-Out“ ab 2023 als trügerisch erweisen. Auch weit mehr Bereiche (wie E-Mobilität, Heizung per Wärmepumpen) erneuerbar-elektrisch zu decken, setzt mehr Ingenieurwissen voraus, als diese Regierung bisher an sich heranlässt. – Prof. emer. Dr. Wolfgang Ströbele

 

Dieses Interview ist doch etwas ernüchternd für mich. Es paßt allerdings zu den Aussagen ihres Vaters, der meinte, Hauptsache , seine tochter sei nun glücklich! Wie kann man als denkender Mensch angesichts der schon in vollem Gange befindlichen Klimaveränderung „sehr glücklich“ sein??? Ich bin froh, dass ich jenseits der 50 bin und das volle Ausmaß nur noch kürzere zeit erleben muß. Sie scheint das trotz allem noch nicht begriffen zu haben. – Imke Mahnke

 

Am Mittwoch dieser Woche berichtete das Magazin Kontraste der ARD über die Folgen der Dürre in Deutschland. Für wenige Sekunden wurde die Entwicklung der Dürre in der ganzen Bundesrepublik von 2005 bis 2020 eingeblendet. Quelle: Dürremonitor. Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung. Mangels anderer Möglichkeiten habe ich Ihnen ein amateurhaftes Foto angefügt. Meine Bitten bzw. Bemerkungen: Bitte zeigen Sie diese Karten auf Seite 1! Es ist offensichtlich falsch, von drei aufeinderfolgenden Dürrejahren zu sprechen. Seit 2005 ist der Trend zu immer schlimmerer und im Bundesgebiet immer weiter verbreiteter Dürre glasklar zu sehen. Es ist nicht der Osten alleine. Ich wohne seit 60 Jahren im äußersten Westen Deutschlands am Rande des Ruhrgebietes. Hier sterben Birken, Buchen und allerlei Laubgewächse.

Von Fichten gar nicht zu reden. Ich schätze, dass 10% der Laubbäume tot oder fast tot sind. Die Äcker sind trocken und die Wiesen braun. Intelligentes Wassermanagement, wie neulich zu lesen, setzt eins voraus: Wasser. Unsere Maßnahmen zur Reduzierung des Ausstoßes an Kohlendioxid sind der Dramatik der Lage in keiner Weise angemessen. Die Probleme werden erst existenziell für Einzelne und danach für uns alle – spätestens dann, wenn nicht mehr von Minderernten, sondern vollständigen Ernteausfällen gesprochen werden muss. Das Wort Klimawandel ist selbstverständlich eine furchtbare Beschönigung. Klimakrise ist aber auch falsch, denn wir befinden uns weder am Höhepunkt einer gefährlichen Entwicklung noch am Wendepunkt.

Der Höhepunkt steht uns und der Welt noch bevor. Den Wendepunkt haben wir vor 30 Jahren nicht begriffen. Jetzt ist von beginnender Klimakatastrophe zu reden. Mit der präzisen und korrekten Benennung fängt jede Problemlösung an. Klar, Gasmoleküle in der Atmosphäre stoppen nicht an Ländergrenzen. Ohne internationale Zusammenarbeit gibt es keine Chance. Aber wie so oft im Leben muss einer vorangehen. Wir haben in Deutschland alle Möglichkeiten zu zeigen, was geht. Das müssen wir schaffen und vormachen, denn hier geht es um Alles. Mit Moderieren ist es nicht getan. „Verachtet sein von Kindeskindern – ich weiß nicht, ich will das verhindern.“ Werner Schneyder – Martin Erdelen

 

Seit meiner Abiturszeit (1989) ist die Zeit für mich der Inbegriff niveauvollen Journalismus. Darum enttäuscht mich Ihr provokatives und teilweise unlogisches Interview mit Greta Thunberg ausserordentlich. Zum Glück hat Greta auf ihre merkwürdig formulierten, unangemessen, zu persönlichen Fragen gute Antworten gegeben. Sonst wäre das Interview ja gar nicht zu lesen und völlig zusammenhangslos gewesen. Das Sie so mit einer Jugendlichen umgegangen sind, ist für mich die Krönung. Heutzutage wird viel vom Vertrauensverlust gegenüber dem Journalismus gesprochen. Ich weiss nicht, um welche Leserschaft Sie sich mit diesem provokativen Stil bemühen? Jedenfalls laufen Sie Gefahr dadurch treue Zeit-Fans wie mich zu verlieren. Wie Ihr Artikel wirkt merken Sie daran, welchen Ton er in mir provoziert. Ein Rückgewinnung des Vertrauens in den verantwortungsvollen Journalismus ist für unsere Gesellschaft wichtig. Also geben Sie sich Mühe! Ich zähle auf die Zeit. – Cornelia Imboden-Glass

 

Viele der Antworten des (noch) kleinen Mädchens Greta klingen mir zu sehr nach Heile-Welt-Bildern, auch wenn sie immer wieder versucht, davon abzulenken. Die Ursachenforschung kommt zu kurz. Die Überbevölkerung der Erde nennt sie nicht und ist damit vermutlich auch überfordert, denn das würde zu der Erkenntnis führen, dass wir als Menschheit – wenn auch nicht generell und flächendeckend – viel erreicht haben und uns sagen könnten: Bevor das noch lange so weitergeht, sollten wir bedenken, dass das Ganze auch mal auf ein Ende zulaufen wird. Und dann wäre es das Beste, den Druck aus dem Kessel zu nehmen, um wenigstens vermeidbare Konflikte nicht eskalieren zu lassen. – Christoph Müller-Luckwald

 

Greta Thunberg sagt: «Ich habe mit Politik nie etwas zu tun gehabt, ich bin nur Klima- und Menschenrechtsaktivistin. Es ist ein Missverständns, dass es bei der Klimakrise um Politik geht, denn die Krise ist existenziell.» Es ist aber eben doch so, dass es bei der Krise um Politik geht. Gute Politik muss sich mit Zielkonflikten befassen und da gibt es leider den Zielkonflikt zwischen Klimaschutz und Menschenrechten. Als Klima- UND Menschenrechtsaktivistin ist Thunberg mitten drin in diesem Zielkonflikt. Wäre die Welt eine kleine Insel, dann wäre eines klar: Bei stetigem Wachstum der Menschheit müssen entweder die Menschenrechte oder der Naturschutz eingeschränkt werden. Langfristig ist allerdings das Anpassen der Menschenrechte ausschlaggebend. Eine Illustration dieser Sachlage (mit negativem Ausgang) liefert die Geschichte der Osterinseln. Eine Illustration mit positivem Ausgang liefert die Insel Tikopia, deren Bevölkerung über hunderte von Jahren mit zum Teil radikalen Massnahmen (unter Missachtung von Menschenrechten) stabil gehalten wurde.

Ein Problem ist, dass die Welt bezüglich dieses Zielkonflikts unübersichtlich ist als eine kleine Insel. Auf der einen Seite kann man argumentieren, dass einst 30% der Menschen Europäer waren, heute sind es 10%. Würde sich der Rest der Menschheit bezüglich Geburtenrate nach dem Vorbild der Europäer richten, dann wäre das Klima-Problem vom Tisch. Umgekehrt kann man mit dem hohen Footprint der Europäer argumentieren.

Man kann auch argumentieren, dass weltweite Frauen-Emanzipation gefördert durch Bildung einen wirksamen Rückgang der Geburtenraten bewirken kann. Leider ist diese Möglichkeit in den Ländern mit den höchsten Geburtenraten (Afrika, Naher Osten), wo vor allem das künftige Wachstum der Menschheit bestimmt wird, nicht ausreichend wirksam. Eine Ursache ist neben dem Einfluss der Religionen der Mangel an Arbeitsplätzen. Leider ist es wohl so, dass Wirtschaftswachstum den Footprint eher erhöht und umgekehrt Konsum-Verzicht negativen Einfluss auf die Zahl der Arbeitsplätze hat. Diesbezügliche Lösungen erfordern – wie Thunberg sagt – ein weltweites Umdenken.

Die Aussage «Natürlich bin ich privilegiert» ist zu relativieren. Südkorea hat eine ca. 5 mal höhere Suizidrate als Afghanistan, Angola oder Mexiko. Schweden eine ca. 3 mal höhere Rate als die zuletzt genannten drei Länder (laut WHO 2016). Die Privilegien der Industrie-Staaten haben eben auch Schattenseiten. Dazu kommt, dass weltweit auch die lokalen Eliten massiv privilegiert sind. Nun ist es so, dass die Ursache für den Klimawandel der technische Fortschritt ist, der das Wachstum von Bevölkerung- und Konsum ermöglicht hat. Daraus ergibt sich aber nicht die Fähigkeit und Verpflichtung der technisch führenden Länder, die wesentliche Verantwortung zu übernehmen. In Zusammenhang mit den demographischen, ökonomischen und ökologischen Problemen muss die Verantwortung weltweit verteilt werden. – Dr. tech. Gernot Gwehenberger

 

Gegen schnelle Maßnahmen zur Bewältigung der Klimakrise wird immer wieder das Argument angeführt, Kompromisse seien der Kern der Demokratie, so zügig gehe das nicht. Das hält Die Zeit auch Greta Thunberg vor. Was aber, wenn es sich bei der Klimakrise tatsächlich nicht um eine normale Krise handelt, wie z.B. die Coronakrise? Greta Thunberg hat Recht, es handelt sich dabei um eine existenzielle Krise, die man nicht durch Mundschutz und Abstandhalten managen kann, bis ein Impfstoff zur Verfügung steht. Am Ende wird man womöglich der Demokratie vorwerfen, sie habe durch ihre Kompromissbereitschaft dazu beigetragen, unsere Existenz zu zerstören. – Dr. Walter Ruhland

 

Natürlich ist Ihr Medium privilegiert, auch dumme Fragen zu stellen. Man weiß ja, dass es ansonsten gescheit ist. Aber was da an Fragen und auch Statements an die interviewte Greta Thunberg herangetragen wurde, wirft doch bei mir einige Fragen auf, auch wenn Greta auf Alles souverän reagiert hat. Ich beginne mal mit folgendem Statement des Fragers: „Darum sind sie <die Journalisten> skeptisch, wenn Sie sich zur Sprecherin der Physik machen, einer Wissenschaft, die nun mal keine Kompromisse kennt“. Physik ist eine Wissenschaft. Das ist richtig. Aber ich wüsste nicht, dass Greta T. sich zur Sprecherin der Physik gemacht hätte. Ich wüsste nicht mal, ob es eine Sprecherin einer Wissenschaft überhaupt geben kann. Und dass Wissenschaft keine Kompromisse kennt, ist in sich unlogisch. Wissenschaft forscht und lehrt.

Menschen, Politiker schließen Kompromisse bei der Interpretation von wissenschaftlichen Ergebnissen und dem Transfer in politisches Handeln. Ein weiteres fragwürdiges Statement des Interviewers: „Als Bundeskanzlerin muss Angela Merkel nicht zuletzt mit dem Widerstand in der Bevölkerung umgehen, der von Fridays for Future (FFF) ausgelöst wird, die Bewegung polarisiert auch.“ Widerstand in der Bevölkerung? Wogegen? Ich meine, dass die Mehrheit der Bevolkerung durchaus eine Klimakrise wahrnimmt und für Maßnahmen ist, die die Erderwärmung reduzieren. Umfragen bestätigen dies. Widerstand kommt wohl eher von der Industrie, durchaus verständlich. Gerade deshalb braucht es FFF: Sie bewegen die Bevölkerung, und bewegen sie hoffentlich auch dazu, Politiker zu bewegen, der Industrielobby die Vision einer Welt mit geringeren CO2-Emissionen entgegenzusetzen. – Giorgio Zankl

 


 

 

Leserbriefe zu „»Man lässt dem anderen kaum noch Luft«“. Gespräch mit Birk Meinhardt geführt von Jana Simon und Stephan Lebert

 

Zum „Sog der Lüge“ in den Medien gehört auch – wie Birk Meinhardt im ZEIT-Interview sagt – das „Beschweigen“: Man weiß etwas, sagt es aber nicht, oder man will etwas überhaupt nicht genauer wissen. Hierzu ein aktuelles Beispiel: die Promotion des am 2. Juni 2019 ermordeten Regierungspräsidenten von Nordhessen, Dr. Walter Lübcke. Noch am Tag von Lübckes Tod veröffentlichte der Landespressedienst der CDU-Hessen einen Nachruf mit biographischen „Hintergrundinformationen“, in dem es heißt: Ein sich [an seine Berufstätigkeit] anschließendes Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Gesamthochschule Kassel schloss er 1991 mit der Promotion zum Thema „Die frühen wirtschaftlichen Planungsversuche in der Sowjetunion 1924-1928; Sozialismus zwischen Utopie und Pragmatismus“ ab.

Bei dieser Information, die deutschlandweit von den Medien übernommen wurde, fiel einigen Kommentatoren das – für einen CDU-Politiker ungewöhnliche – Thema der Doktorarbeit (Dissertation) auf. Aber niemand scheint sich für diese Arbeit näher interessiert zu haben, sonst hätte er schon auf der Titelseite gemerkt, dass hier etwas nicht stimmt: Lübcke promovierte zwar 1991, aber nicht in Wirtschaftswissenschaften (Dr. rer. pol.bzw. Dr. rer. oec.), sondern in Geisteswissenschaften (Dr. phil.), und nicht an der Gesamthochschule (heute: Uni) Kassel, sondern an der „Pädagogischen Hochschule Dr. Theodor-Neubauer Erfurt/Mühlhausen“ in der Ex-DDR.

Hatte der Pressedienst der CDU-Hessen gelogen? Vermutlich war er nur falsch informiert. Aber die beiden amtlichen Stellen, welche über die richtige Information verfügten, schwiegen: Erstens das Regierungspräsidium Kassel – Lübcke war Beamter und bei seiner Personalakte lag die Promotionsurkunde mit den richtigen Daten – und, zweitens, die Uni Kassel, deren Prüfungsamt genau weiß, dass Lübcke dort sein Studium der Wirtschaftswissenschaften als „Diplom-Ökonom“ abschloss, aber nicht mit einer Promotion.

Warum dieses Beschweigen? Ein westdeutscher Diplomökonom, der am 19. Juni 1991, acht Monate nach der Wiedervereinigung, an einer ehemaligen DDR-Lehrerhochschule zum „Dr. phil.“ promoviert – das erstaunt und führt zu Nachfragen. Dabei würde herauskommen, dass das Promotionsverfahren nur zweieinhalb Monate dauerte, und zwei der drei Gutachter Professoren der Uni Kassel waren, darunter der Erstgutachter (normalerweise „Doktorvater“) Ludwig Bress († 2018). Dieser geriet 1995 kurz in das Blickfeld der Öffentlichkeit, als er durch Rekonstruktion geschredderter Stasi-Akten als langjähriger Westagent („IM Berger“) enttarnt wurde. Fazit: Wer politisch auf der sicheren Seite stehen will, schweigt über die Details dieser Promotion, getreu dem – schon 1810 von Heinrich v. Kleist (Lehrbuch der französischen Journalistik § 5) formulierten – Grundsatz: „Was das Volk nicht weiß, macht es nicht heiß“. – Prof. Dr. Helmut Berschin

 

Herr Meinhardt schildert seine emotionale Entwicklung als Journalist von Glück bis hin zu einer tiefgreifenden Desillusionierung. Das erinnert an den Verlauf von Burnout, dessen Ursachen sowohl individuell- als auch systembedingt sind: Erst Feuer und Flamme, dann ausgebrannt. Aus meiner Sicht ist es auch eine Geschichte über das destruktive Potential eines Ideals, das absolute Freiheit und Objektivität in den Medien verspricht. Daran kann man nur scheitern. Bemerkenswert ist, dass Herr Meinhardt die inhaltliche Auseinandersetzung mit einem Lektor sehr positiv bewertet, obwohl dieser sein Buch ablehnte. Bleibt zu hoffen, dass ihm solche Diskussionen mit Andersdenkenden auch in Zukunft gelingen und dass er wieder häufiger gute Zeitungen – solche mit einer breiten Meinungsvielfalt – liest. Diese gibt es tatsächlich noch. – Klaus Botzenhardt

 

Ehre hat etwas mit Ehrlichkeit zu tun. Lüge ist das Gegenteil von Ehrlichkeit. Es hinzunehmen, Teil einer Lüge gewesen zu sein, kratzt an der Ehre. Und ist er noch so klein, der eigene Anteil. Und gibt es noch so viele entschuldigende Gründe, diesen Anteil nicht sehen zu müssen. Es bleibt ein Rest. Es sitzt ein Stachel im Fleisch. Sehr ehrenhaft, wenn Mario Adorf sich daran beteiligt, die fortgesetzte Lüge über Bruno Lüdtke zu brechen. Sehr anständig, mit einem Brief an den Bundespräsidenten ein ehrendes Gedenken an Bruno Lüdke zu unterstützen. – Reinhard Koine

 

Zwei Details in ihrer Geschichte sind atemberaubend: 1. Sie zitieren aus 2 Stellungnahmen zur äußeren Erscheinung Bruno Lüdges: Gutachten im 3. Reich: „Der Hinterkopf ist stark abgeflacht, der Gesichtsausdruck ist direkt tierisch, ähnlich wie bei einem Orang-Utan.“Augstein im Spiegel: „Das fliehende Gesicht … die niedrige, weit nach hinten fliehende Stirn mit dem anschließenden Flachschädel … erinnerten mit den kleinen, merkwürdig stumpfen Augen an einen großen, starken Menschenaffen.“Was bewegt Herrn Augstein, sich zum Sprachrohr der Mörder zu machen? Wie lässt sich das mit einem Minimum an Ehre und Anstand vereinbaren? Herr Lüdge, der doofe Bruno, wie Herr Augstein ihn nennt, war doch niemals verurteilt worden, musste also immer, schon im 3. Reich!, als unschuldig gelten.

Dass die Mordvorwürfe gegen Herrn Lüdge erstunken und erlogen waren, war im übrigen hinlänglich bekannt, wie Sie detailliert darlegen. Herr Lüdge war kein Mörder sondern ein Mordopfer. Warum dann noch in BRD-Zeiten sein Andenken im menschenverachtenden Nazi-Jargon verunglimpfen? Was für eine Kontinuität im Geist und in der Sprache des 3. Reichs! 2. Die wunderschöne, tief traurige Episode der Begegnung Bruno Lüdges mit der jüdischen Frau. Mit aufrichtigem Dank und voll Bewunderung für das Engagement besonders von Herrn Faulhaber! PS: Wie gut, dass Sie ein Bild Bruno Lüdges veröffentlichen auf dem er einfach nachdenklich und sympathisch aussieht. – Klaus E. Margraf

 

Die Saure-Gurken-Zeit ist ja eigentlich schon vorbei, aber vielleicht wurde diese Ausgabe ja noch während selbiger geplant? Das Dossier hat mich erst einmal vom Hocker gehauen. Was um Himmels willen soll das? Wen interessiert das? Werke mit Titeln wie “Nachts, wenn der Teufel kam” habe ich mir von jeher erspart; außerdem ist der Film uralt.

Bruno Lüdke starb vor mehr als 70 Jahren, wie auch immer. Was Journalisten und andere mit dem Fall befasste Personen unterschiedlichen Kalibers seitdem mit seiner Geschichte gemacht haben, mag ja unschön sein, aber ihn schmerzt es nicht mehr – er ist nun einmal tot! Ich habe den Text überflogen in der Hoffnung herauszufinden, was an der Story so wichtig sein könnte, dass sie heute noch berichtenswert ist, und habe nichts dergleichen gefunden. Dass DIE ZEIT volle drei Seiten (abzüglich Anzeigen und Reisenphoto des alten Mario Adorf) für diese Boulevardgeschichte zur Verfügung stellt, macht mich als Uraltabonnentin richtig zornig.

Und das tut auch der Beitrag “Glaub mir!” auf Seite 56. Das Thema hätte zwar – im Gegensatz zu “Bruno und Mario” – interessant sein könnnen. Dazu aber hätte es zu den theoretischen Darlegungen Frau Volberts jeweils konkreter Beispiele bedurft. Da es die nicht gibt, ist der Text ein Schlag ins Wasser. Und die Illustration ist einfach nur primitiv und hässlich. Soll sie etwa witzig sein? Wo liegt der Witz??? In summa: Noch eine ganze Seite für die Katz’.

Es ist normal, dass die Ausgaben der ZEIT unterschiedlich ergiebig sind. Manchmal gibt es eine, die eine ganze Reihe von wirklich tollen Beiträgen enthält und fast gar keinen Quatsch (ein gewisses Minimum an Quatsch ist natürlich hinzunehmen und provoziert mich nicht). Meistens finde ich mehr als einen oder zwei Texte, von denen ich etwas habe (in Bezug auf die Nummer von gestern habe ich die Hoffnung noch nicht aufgegeben), und wenig oder nichts, was mich so ärgert, dass es mir einen Protest wert ist. Aber gleich v i e r Seiten für Nichts und wieder Nichts, das ist zu viel! Es macht mir Angst, dass DIE ZEIT dabei ist, in Richtung “Unterhaltung” abzudriften, und da rufe ich, so laut ich kann: STOP ! – Thelma von Freymann

 

Der Artikel insgesamt ist sehr interessant und findet meine volle Zustimmung. In Vorbereitung meines unlängst erschienenen Köpenick-Krimis „Der Tote im Luisenhain“ (Anthea Verlag Berlin) habe ich mich ausführlich mit der Kriminalgeschichte Köpenicks und den damit verbundenen Legenden beschäftigt. Auch z.Bspl. mit Bruno Lüdke, Paul Orgozow, der Hammermörderin u.a. Aber darum geht es mir nicht. Den Artikel finde ich sehr gut, bis auf eine Stelle, die den Autoren zu mindest in Treptow-Köpenick schwer auf die Füße fallen könnte. „…damals war es ein eigenständiges Dorf „!!!!!

Als Köpenicker könnte man an der Stelle beleidigt sein. Köpenick hatte 1813 bereits 1771 Einwohner und 1905-08 ca. 27.721 EW. einschließlich mehrerer Vororte: Friedrichshagen, Müggelheim , Mahlsdorf u.a. Köpenick bekam bereits 1806 eigenes Stadtrecht mit der damit verbundenen Zahlung eines Bürgerrechtsgeldes. Es wurde Industriestandort und grenzte direkt an das damals größte Industriegebiet Europas Oberschöneweide an. – Dr. Ernst Michael Schwarz

 

Der Artikel „Bruno und Mario“ hat mich tief bewegt. Und ich hoffe sehr, dass es in den Medien ein umdenkendes Handeln gibt. Eine Richtigstellung des Falles ist zwingend notwendig. Und auch der Meyerhoff Artikel berührte mich sehr. Ich habe Joachim Meyerhoff schon oft auf der Bühne gesehen. Offensichtlich sah der fragende Journalist nicht, was Meyerhoff in „die Welt im Rücken“ leistete. Er hat nicht nur allein auf der Bühne 3 Stunden Text zu bewältigen. Er muss auch noch das Publikum beobachten, um zu Provokationen desselben Bezug nehmen zu können. Die Frage, wie er das macht, fehlte mir. Ein grandioser Schauspieler in einem Interview, das nur einen Fehler hatte: es war zu kurz. – Ingeborg Lukowski

 

Auf jeden Fall ist es Siodmak in „Nachts, wenn der Teufel kam“ entsprecend seiner Absicht gut gelungen, ein Zeitbild zu erschaffen und nicht so sehr eine Mörderbiographie (was er mit „M“ teilt). Als ich vor neun Jahren Siodmaks Film sah, notierte ich mir dazu als wesentliche Aspekte: „Was ist schon ein Mord in einer Gesellschaft, die auf vielfachen Tod ausgerichtet ist? Von den über 80 Morden des Serientäters sehen wir lediglich einen einzigen, dafür aber nahezu eine Studie zum Sozialklima des Dritten Reiches, wo als Recht erklärt wird, was dem deutschen Volke nützt und als Unrecht, was diesem schadet, während das klassische Rechtsverständnis als begraben angesehen wird.

Auf dem Hintergrund dieser Umwertung der Werte, auf diesem schwankenden Boden sehen wir etablierte Funktionsträger zwischen schnodderig-jovial (Werner Peters) bis aasig-karrieristisch (Hannes Messemer) agieren, dass einem immer noch unwohl wird – jedenfalls sehen wir, was das System etabliert hat. Außerdem natürlich eine Glanzstunde für Mario Adorf.“ – Dietrich Wolff

 

Es ist beachtlich, wie der so sehr beliebte Schauspieler nach ca. 65 Jahren zu einer Rolle in einem Film zurückkehrt und sich an der Drehbuch-Vorlage, die von einem verbrecherischen Regime geliefert wurde, menschlich abarbeitet. Seine eigenen Beiträge in dem Artikel haben mich teilweise sehr berührt. Mario Adorf – Chapeau ! Gibt es es noch Weggefährten von Rudolf Augstein die meinen sagen zu können, wie der sich zu dem gleichen Thema verhalten hätte, wenn er die Dokumentation von Doßmann/Regener gelesen hätte ? Ist der Mitverfasser des Dossier, Hans Werner Kliz, nicht ein früherer SPIEGEL Redakteur ? – Hartmut Wagener

 

Ihr Bericht ruft unterschiedliche Gefühle bei mir hervor. Das Schicksal des Herrn Lüdke ist unbeschreiblich bedauernswert. Wobei das Wort „bedauernswert“ sicherlich nicht die ganze Tragweite dieses menschlichen Schicksal wiedergeben kann. Auch die Gewissensbisse des Herrn Mario Adorf, den ich als Filmschauspieler sehr schätze, sind nachvollziehbar, aber etwas spät öffentlich gemacht. Aber ich frage mich, wer ist/ sind die wirklichen Mörder, müssen/ musten die Familienmitglieder der evt. 86/ bzw. 53 zur Anklage gebrachten Tötungsdelikte jetzt damit leben, dass der Tod ihrer Angehörigen ungesühnt bleibt. Aber was noch viel schlimmer ist, haben Jahre lang ganz bestimmt bis in 1970 Jahre unter uns Menschen gelebt, die für den Tod eines oder mehrerer Menschen verantwortlich waren.

Haben er/sie plötzlich nach dem Krieg aufgehört zu morden? Hat niemand versucht, diese Herrn Lüdke untergeschobenen Morde aufzuklären. Mord verjährt nicht. Wieviel unaufgeklärte Morde in Deustchland gehen noch auf diesen/diese Menschen in ganz Deutschland? Oder hat der Krieg uns geholfen und vor weiteren Taten gerettet? Aber evt. war dies nach dem Krieg auch nicht so wichtig, sicherlich werden die „alten“ Nazi bei der Polizei (siehe Herrn Bernd Wehner, Leiter LKA Düssekdorf) eine Aufklärung verhindert haben. Wäre schon interessant gewesen, wenn in diesem Artikel auch darüber etwas gestanden hätte, denn sonst hören Lügen und Vertuschungen nie auf. – Michael Dürke

 

Vielen Dank für die zur rechten Zeit erschienenen Beiträge über Herrn Meinhardt und passend dazu von Frau Dorn! Eine Redaktion sollte Fakten überprüfen, Verletzungen des Persönlichkeitsrechtes verhindern und in Stilfragen beraten. Den Namensbeitrag eines Autors in Struktur und Aussage zu bearbeiten, geht zu weit. Eine liberale Zeitung soll die Wirklichkeit beobachten und nicht eine gewünschte oder befürchtete „alternative reality“. Sie muss die Vielfalt der Sichtweisen nicht teilen, sollte sie aber dem Leser zugänglich machen. Sonst gerät sie zu leicht in die Nähe von Tendenzblättern wie Kirchenzeitung oder „Bild“. – Eberhard Becker

 

Ich kenne die DDR von 1949 bis 1989, dann „republikflüchtig“ und seit dem die Bundesrepublik Deutschland medial und aus dem eigenen persönlichen und beruflichen Erleben bis hin in leitende Positionen (geboren 1941, seit 2006 im Ruhestand). Ihren Beobachtungen und Bewertungen der ideologisch fatalen Entwicklungen stimme ich vollumfänglich zu. Die Ur-Ursache dieser unguten Ideologisierung im Vorfeld und im Vollzug der veröffentlichen Meinungen, nach meinen beispielhaften Beobachtungen im Deutschlandfunk und im Regierungshandeln, speziell seit 2015, sehe ich in dem „alternativlosen“ Merkel-Mehltau. Die liberalen Eliten haben sich darin zunehmend eingerichtet und möchten nun durch das allgemein zunehmende öffentliche Murren in diesem ihrem Wohlfühlmodus inkl. den Pensionsansprüchen nicht gestört werden. – Dr. Gernot Henseler

 

Immer wieder stößt man in den Mainstreammedien auf die „Asymmetrie der Berichterstattung“: Übergriffe Rechtsradikaler werden aufgebauscht (Chemnitz), Übergriffe von Asylbewerbern (zunächst) relativiert und verharmlost (Köln) oder verschwiegen (Frankfurt/Oder). Über die Mordopfer des NSU und des Anschlags in Hanau wird regelmäßig berichtet; wer aber kennt noch die Namen, die Gesichter der Opfer des Terroranschlags von Amri auf dem Weihnachtsmarkt in Berlin?

Noch immer wird die Merkelsche Asylpolitik geradezu krampfhaft schöngeredet, noch immer aber werden Bürger als Rassisten und Rechtspopulisten diffamiert, wenn sie ebendiese Politik hart kritisieren, wenn sie – trotz aller Weltoffenheit – nicht dauerhaft Tür an Tür mit Menschen aus aller Herren Länder leben möchten. Besonders dann nicht, wenn sie die Regeln des Gastlands mißachten und die Gastfreundschaft mißbrauchen! Üblicherweise erteilt man solchen Personen Hausverbot. Und in Deutschland? Hier stellt man lieber den Gastgeber an den Pranger! – Dr. med. Ulrich Pietsch

 

Das Buch „Wie ich meine Zeitung verlor“ von Birk Meinhardt habe ich auch gelesen. Ich finde schon, dass es sich wie eine Abrechnung mit der SZ liest, viel mehr aber wie der persönliche Bericht eines tief enttäuschten Menschens. Ich bin nicht im Zeitungsgeschäft und kann nicht beurteilen, nach welchen Kriterien Reportagen ausgewählt und abgedruckt werden und weiß auch nicht, ob diese Auswahl nach rein journalistische Aspekten erfolgt. Birk Meinhardt beklagt in seinem Buch und auch in diesem Gespräch, dass manche Themen „beschwiegen“ werden und eine Asymmetrie in der Berichterstattung stattfindet. Als Beispiele: Die negative Seite der Migration und migrantische Gewalt. Das sind hochbrisante Themen und es ist zweifelsohne klar, dass jeder Bericht hierzu von der AfD und Rechtsextremen für ihre eigenen Zwecke instrumentalisiert (werden) wird.

Ich denke, Birk Meinhardts Vorwurf einer asymmetrischen, sprich unausgewogenen Berichterstattung, sollte man sich stellen und ernsthaft fragen, ob es tatsächlich so ist oder war. Die AfD und Rechtsextreme haben den Begriff der „Lügenpresse“ ziemlich erfolgreich etablieren könnten. Schlimm genug und sicherlich kann es sein, dass diese Leute auch Birk Meinhardts Buch als „Beweis“ dafür nutzen werden. Aber, wenn es hier schon um das Beweisen geht: Muss man solche Beweise fürchten, wenn man schlagkräftige Gegenbeweise zur Hand hat? – Regina Stock

 


 

 

Leserbriefe zu „Warum immer Gift?“ von Alice Bota und Julia Smirnova

 

Den Russland-Bericht von Alice Bota und Julia Smirnova im Politikteil hätten Sie eigentlich auch in Ihren Titelschwerpunkt „Im Sog der Lüge“ aufnehmen sollen, da die Autorinnen doch sehr klar die systematische Desinformationspolitik des Kreml aufzeigen. – Eugen El

 

Das ist ja mal ein Klops! Nawalny soll am 20.April den Tee getrunken haben. Dieser Druckfehler an so prominenter Stelle…. – Jörg Schultze-Eichenberg und Martina Eichenberg

 

!. Frau Anna Politkowskaja wurde nicht 2004 vergiftet, sondern 2006 erschossen. Da haben sie einen journalistischen Mega Bock geschossen – BRAVO !!!! 2. Wenn ich jetzt nicht bald auf meine Frage: “Leserbriefe via Internet” (siehe: ERINNERUNG) eine zielführende Antwort erhalte so war dies mein letztes Jahres Abo!! 3. Warum bieten Sie im SHOP noch immer keine Uhren an, welche richtig ticken (Funkuhren) an? Schlafen Ihre Werbestrategen? Motto: “Eine sehr gute Zeitung propagiert nur Uhren welche richtig ticken”, JUNGHANS hat ja auch schöne Funkuhren. Vor mir liegt eine JUNGHANS MEGA 375200 309 772760. Diese Uhr tickt heute noch richtig, obwohl sie vor 20 Jahren bei einem Eisenbahn Suizid getragen wurde. Der Zug hatte eine Geschwindigkeit von 95 km/h…. Ich hätte noch einen 2. Werbespruch (frauenfeindlich?): “Eine gute Uhr soll wie eine Traumfrau sein, sie soll schön sein und richtig ticken!”. – Manfred Uttenthaler

 

Gerade lese ich in der aktuellen, digitalen Ausgabe Der Zeit auf der Seite 3 im Bild, dass Nawalny am 20. April vergiftet worden sei – 20. August 2020 ist wohl das richtige Datum. – Michael Heckelmann

 

In dem Artikel „Warum über Gift?“ (Alice Bota und Julia Smirnova) ist eine sachliche Unrichtigkeit: Die Journalistin Anna Politkovskaja wurde nicht 2004, sondern im Oktober 2006 ermordet. Sie wurde außerdem nicht vergiftet, sondern erschossen. Und in dem Artikel „Glaub mir!“ von Renate Volbert wird zweimal das Verb „sich erinnern an“ falsch konstruiert. „Etwas erinnern“ ist ein übler Anglizismus (to remember something), der in einem Intellektuellenblatt wie der ZEIT nicht verwendet werden sollte. Die korrekte Konstruktion ist „sich erinnern an mit Akkusativ“. – Andreas Grimm

 

Leider auch bei der ZEIT: Meine Kritik an inkorrekten (meist grammatikalischen bzw. sprachlichen Fehlern) in meiner lokalen Zeitung scheint abzufärben…Im o.g.Artikel Ihrer (ansonsten exzellenten) Zeitung ist Ihnen ein Fehler bzgl. des Datums des Tees für A. Nawalny unterlaufen (Text über dem Teebecher): Es sollte doch wohl der 20. August sein, und nicht etwa der 20. April, oder? – Prof. Dr. Bernhard Lippert

 

In der aktuellen Ausgabe der ZEIT vom 27. August 2020 hat sich im Artikel auf Seite 3 mit dem Titel „Warum immer Gift?“ in der Abbildung eines Pappbechers mit einem Tee(beutel) in der Bildüberschrift der Fehlerteufel eingeschlichen. Statt „Am 20. April…“ müsste es eigentlich heißen: „Am 20. August…“ Darauf nur wollte ich Sie aufmerksam machen. – Irmina Richter

 

Im o.g. Artikel gibt es in der Mitte eine sehr große Fotomontage. Bildaufschrift: „Am 20. April trank Alexej Nawalny am Flughafen in Omsk einen Tee, kurz darauf brach er zusammen“. Im Text des Artikels steht es richtig: Nicht in Omsk, sondern in Tomsk trank er Tee auf dem Flughafen. – In Omsk fand wegen N. „nur“ die nicht eingeplante Zwischenlandung statt. – Norbert Ortgies

 


 

 

Leserbriefe zu „Die unerträgliche Trägheit des Seins“ von Armin Nassehi

 

Nassehis Kategorienfehler: Wer, wie Armin Nassehi, Soziologie nicht narrativkritisch betreibt, sondern nach den „Bedingungen für Erfolg“ fragt*, für den ist Analyse von Gesellschaft weniger Sozial- als Naturwissenschaft. Dass so eine Suche nach der soziologischen Weltformel höchstens naturalisierende Sentenzen wie „eben nur ein Mensch“ produziert, darf nicht verwundern. Wenn die Mechanik von Gesellschaft „intern stabile Formen“ aufweist, also mehr als minder gottgegeben ist, kann deren Analyse nichts Anderes als Konservatismus produzieren. Hier fällt die methodische Grundlage der Luhmannschen Soziologie nicht zufällig in Eins mit den materiellen Interessen der Babyboomer. Hoffen auf Barmherzigkeit ist allerdings eine theologische, keine politische Perspektive! *wie Kollegah in seinen Alpha Workshops. – Justus Jaguar

 

In seinem Text wendet sich Armin Nassehi gegen eine Position, die sich durch Revolutionsromantik, Revolutionsemantik und entsprechende Posen auszeichne, die er mit einer gewissen Affektivität oder Dramatisierung verbindet. Schon Hegel sagte, dass „Verzweiflung“ sich dann einstellt, wenn eine Lebensform im Verschwinden begriffen ist und dieses Verschwinden Desorientiertheit und Ratlosigkeit nach sich zieht – und ist das nicht eine adäquate Beschreibung der Affekte, die sich angesichts der Klimakrise verständlicherweise bei jenen einstellen, deren Zukünfte unmittelbar von den Folgen der ökologischen Krise betroffen sein werden? Nassehi reagiert auf diese Position mit einer Haltung, die sich mit einem Wort zusammenfassen lässt: Passivität. Man könnte es mit anderen Worten auch so formulieren: Nassehi versucht, Ruhe gegen Unruhe zu setzen, eine Unruhe, die nicht die seine zu sein scheint.

Und es fällt schwer, diesen Konflikt zwischen Ruhe und Unruhe nicht auf eine generationelle Trennng zu beziehen und also darin eine Bestätigung der These Bernd Ulrichs zu finden: dass nämlich Ruhe hat und findet, wer von dem Problem, um das es geht, nicht in dieser existenziellen Dimension angegangen ist. Es ist auch interessant, dass in Nassehis Text der Faktor „Zeit“ ausgespart zu sein scheint. Denn es scheint doch so zu sein: Wer aufgrund dieses existenziellen Affiziertseins es wagt, das Wort Revolution in den Mund zu nehmen, der will rhetorisch vor allem gegen jede Trägheit eine Dringlichkeit markieren. Den Gegenstand der Debatte – die Gesellschaft – nicht ernst zu nehmen, wie Nassehi unterstellt, schließt das nicht aus – nur: es ist eben die Gesellschaft von morgen, sie als künftige, die in ihren materiellen Grundfesten erschüttert sein wird und nach neuen, vielleicht ja sogar „ganz anderen“ Lebensformen verlangen wird. – Maximilian Thieme

 

Herzlichen Dank für Ihre gelungenen Artikel „Wann wird man je verstehn?“ und „Die unerträgliche Trägheit des Seins“ in der ZEIT Nr. 36 v. 27. August 2020! Sie greifen die zunehmend geäußerten Überlegungen auf in der Frage, wie es denn jetzt weitergeht angesichts der heute erlebbaren Zerrissenheit und spürbar werdenden Unordnung in unserer Welt. Säkulare Ansätze auf der Suche nach Hoffnung und Perspektiven gehen meist von einer notwendigen und z. T. radikalen Umkehr im Bewusstsein und Verhalten sowie der Änderung gesellschaftlicher Strukturen als Rettungsvision aus, die aus der Logik bzw. dem Verstehen planetarer Grenzen entstehen soll – wie etwa der Suffizienz- oder Nachhaltigkeitsgedanke oder auch die Gemeinwohlökonomie, um nur Beispiele zu nennen. Schaut man dagegen in das meistgelesene Buch der Weltgeschichte, sieht die biblische Offenbarung eine zukünftig neue und verwandelteWelt, die erst entstehen kann, wenn das in uns wirksame Unrecht (oder Böse) als Kraft und Ursache des unangepassten Verhaltens der Menschen überwunden, ja beseitigt ist.

Kann also eine »bessere« Welt ohne die göttliche Befreiung aus menschlicher Verstrickung mit dieser unheilvollen Kraft nicht gelingen? Für den Diskurs einer großen Transformation unserer Gesellschaft scheint eine solche Sicht zunächst ungewöhnlich; geht es dort doch eher um ein lediglich selbstgesetztes anthropogenes Werteverständnis, wie beispielsweise der Kultur der Achtsamkeit und Teilhabe.Aus Sicht der Bibel begegnet uns dagegen eine fundamental andere Sichtweise bei der Überwindung der Übel dieser Welt: nicht der Mensch zeigt sich als Regler im System, sondern es bedarf der göttlichen Heilung menschlichen Versagens und der Überwindung des Unrechts, des Bösen. Wird also mit diesem Ursprung allen Übels ein möglicherweise entscheidender Faktor bei der heutigen Analyse der Wirkmechanismen vernachlässigt?

Die meist Menschen gemachten Krisen und Katastrophen führen uns bei tieferem Nachsinnen vor Augen, dass der Mensch den Gehorsam gegen den Schöpfer hinter sich lässt und aufhört, sich als Geschöpf zu verstehen. Er will selbst sein wie der Schöpfer. Das Weltbild hat sich gewandelt: der Mensch wird oft Maß und Ziel aller Dinge, wird Mittelpunkt der Schöpfung – alles andere verkommt zu »Umwelt«, zum Material oft grenzenloser menschlicher Bedürfnisse und erhält lediglich Nutzwert. Diese Selbsterhöhung – und damit Abwendung von Gott – kann ich so als den Kern der Übel bzw. als die alle Übel auslösende »Schuld« des Menschen ansehen. Wie es bereits Jesaja treffend als Rollentausch beschreibt, wenn sich das Tongefäß über den Töpfer erheben will (Jes 29,16).

Betrachte ich vor diesem Hintergrund die von Johannes gesehene Welt, so werden dort mit den aufgebrochenen sieben Siegeln, sieben Posaunenstößen und sieben Zornesschalen bereits ökologische und gesellschaftliche Zustände bzw. Katastrophen beschrieben, die uns im Heute begegnen und auch wissenschaftlich erklärt werden können. Der oft mit dem Begriff »Apokalypse« bezeichnete Text erhält so eine höchst aktuelle Bedeutung. Er platziert die Bühne des göttlichen Geschehens in das Jetzt und Hier hinein. Das betrifft mich persönlich und ich kann mich nicht, wie beim Lesen eines Buches, entspannt zurücklehnen. Als real handelnder Mensch bin ich authentischer Teil dieses Geschehens, bin darin verstrickt.

Bei Johannes wird erst mit der Vernichtung des Bösen, der Mutter aller Übel, ein neues, heiles Reich aufgebaut. Wirkliche Rettung naht also nicht aus menschlichem Antrieb, sondern bedarf der göttlichen Einwirkung. Die Bilder der Siegel, Posaunenstöße und Zornesschalen können als Mahnungen aufgefasst werden, damit wir aufwachen, umkehren und uns unserer Zuordnung zu Gott bekennen. Johannes beschreibt eindrücklich, dass die Menschen sich davon aber nicht beeindrucken lassen und ihr von Gott abgewandtes Tun fortsetzen. Schließlich wird das Gericht an Babylon, dem irdischen, widerchristlichen Machtzentrum gehalten und mit dem Kommen Christi das Ende der alten Welt und der Anbruch der neuen verkündet. Der ewige Kampf zwischen Gut und Böse wird entschieden, das Böse wird besiegt. Die Hoffnung auf eine allein von menschlicher Einsicht angetriebene, zukünftig nachhaltig und ökologisch bewirtschaftete,»bessere« Welt unter der gerechten Teilhabe Aller trägt danach nicht; eine Rettung der Welt aus sich selbst heraus ist also illusorisch – es bedarf ihrer Vernichtung und der Entstehung von etwas völlig Neuem.

Der neue Himmel und die neue Erde (Offb 21,1) schließen den Kreis, der bei Adam und Eva im 1. Buch Mose begann. Das Vorhaben vom Menschen im Paradies ist nicht gescheitert, sondern das alte Desaster durch die Macht des Bösen in uns wird letztlich ausgemerzt. Es zeigt sich der universale Heilswillen Gottes, dem das große Gericht mit seinen Katastrophen lediglich untergeordnet ist. Die Befreiung durch Christus am Kreuz ist geschenkt, damit wir geheilt und vor Gott gerecht werden und so das neue Leben erhalten, was in der Teilnahme an seinem Reich gipfelt. Solche »Rettung« sieht also ganz anders aus als eine diesseitig angestrebte, gesellschaftlich-ökologisch bessere Zukunft. Es wirkt nicht der Mensch als Gestalter, sondern Gott bzw. Christus führen die Regie.

Diese Gedanken wollte ich Ihnen mitteilen um anzuregen, auf der Suche nach Ursachen und Wirkungszusammenhängen die üblichen Pfade möglicherweise noch ein Stück weit weiter zu gehen, auch noch andere Aspekte mit einzubeziehen. Umfassender habe ich mich mit dieser Thematik in dem unten bei meiner Signatur angezeigten Buch auseinandergesetzt, in dem ich nach 40-jähriger wissenschaftlicher Auseinandersetzung mit der Umwelt- und Lebensraumzerstörung eine erstaunliche Parallelität der Ereignisse im letzten Buch der Bibel aufzeige. – Prof. Dr.-Ing. Wilfried Kühling

 

Wer nicht will, z. B. die Klimaziele erreichen, weil man sein Leben ändern müsste, findet Gründe. Alle anderen finden Wege. Bzw.: Jeder findet den Weg, den er gehen will, weil er Gründe dafür hat. Soll heißen: Mal schauen, ob z. B. die Grünen Baden-Württembergs der impliziten Empfehlung Armin Nassehis folgen und demnächst der CDU beitreten. Minister- präsident W. Kretschmann und sein Schützling, der Tübinger Oberbürgermeister B. Palmer, finden sicher schnell Gefallen daran, die Wege zu beschreiten, die der grüne Flügel der Baye- rischen CSU in modo Nassehi sich ohne zu erröten getraut, als Kritische Theorie der Gesell- schaft und Kernposition von Bündnis 90/Die Grünen zu bewerben.

Anders gesagt: Der neue Realismus oder das neue Normal ist radikal oder revolutionär, oder es ist eben nicht mehr Teil der progressiven sozialen Bewegungen, sondern der zeitgenössi- schen Reaktion und Restauration und ihrer absonderlichen Idee einer konservativen Revoluti- on. Es kommt eben darauf an, dass die neuzeitliche Demokratiebewegung, die nun als Fridays for Future unterwegs ist, die Mitte der Gesellschaft ist und dafür sorgt, dass das Vernünftige wirklich wird, endlich zu existieren beginnt. Konkret, die Unterstellung, dass Fridays for Future allein hehre Ziele proklamiert und sich zu den Wegen, wie diese zu erreichen wäre, ausschweigt, um sich im revolutionären Gestus ge- nüsslich suhlen zu können, ist Denunziation und Verleumdung, freundlicher formuliert: wo- möglich die simple Projektion der eigenen linksradikalen Jugend, der notorischen Kinder- krankheit des Kommunismus, auf die Protagonist*innen von Fridays for Future.

Es sind halt nicht immer diejenigen, die Visionen haben, die einen Arzt aufsuchen müssen. Heute ist der extreme Glauben an die neo-liberale Revolution zu einer Alterskrankheit der ehemals fortschrittlichen Kräfte der Bundesrepublik Deutschland, der sogenannten Boomer geworden. Die Unfähigkeit, sich in dieser Hinsicht der selbst stetig gepredigten Mäßigung zu unterwerfen, ist jedenfalls auffällig extrem. Es störte niemanden, wenn es nicht den notwen- digen ökologischen Umbau der Gesellschaft massiv behinderte, wie vom Feldherrenhügel aus moderat kommuniziert wird, sprich: brutalstmöglich die zeitgemäße Erneuerung der Lebensform der (liberalen) Demokratie in einer sanften Sprache attackiert wird, die die Illegitimität der Herrschaft und den Machtmissbrauch geschickt verschleiert.

Es ist also wie immer: Dogmen wollen und müssen recht behalten, und das Eigentümliche des pseudogrünen Denkens ist, dass die sanfte Sprache dies zugleich artikulieren und verdecken kann. Dabei ist selbstevident, dass es mit dem Motto „Realismus ist besser als Revolution“ (A. Nassehi) die DDR immer noch gäbe, ebenso das Wilhelminische Kaiserreich und das Frankreich des Ludwig XIV. Doch vielleicht ist das ja der Traum Nassehis, schließlich ist die Welt damals noch so richtig schön grün gewesen, sieht man einmal von dem Bereich hinter den Ohren ab. Noch schlimmer, dieser Glauben gefährdet unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung nachhaltig. Denn diese benötigt Realismus, und Realismus heute gibt es nur in der Form der (R)Evolution der Denkungsart und ihrer Lebensform. Also sind Realismus und Revolution kein Gegensatz, sondern Einheit in der Differenz: (R)EVOLUTION. – Dr. Berno Hoffmann

 

Armin Nassehi insistiert auf gesellschaftlicher Trägheit auf eine Art und Weise, die zwar als verengte Diagnose Akzeptanz erzeugen mag, bezüglich der Fakten, die er verschweigt sich allerdings wie eine Flucht aus der Verantwortung liest. Keine Rede von physikalischen und ökonomischen Verläufen. Keine Einsicht, dass trotz vier Jahrzehnte wissenschaftlicher Erkenntnis, jegliches Umsteuern in der Klimakrise unterlassen wurde. Stattdessen skizziert Nassehi eine Gesellschaft, der man Zeit geben solle, die zerstörerischen Routinen – auch darüber leider kein Wort – langsam und behutsam in Einklang zu bringen mit jenen Aspekten die außerhalb seines Blickfelds liegen.

Nassehi bestätigt damit das von Bernd Ulrich formulierte Phänomen: wie viele der sogenannten „Boomer“, versteht er den Kern der Klimakrise nicht. Statt sich selbst angesichts einer beispiellosen Systemkrise zu hinterfragen, wird die (eigene) Untätigkeit gerechtfertigt. Konkret bedeutet das: RWE darf weiter ganze Dörfer für Kohle abbaggern und die Politik weiter die Zerstörung subventionieren. Viel Glück beim Verhandeln und Wegmoderieren der Physik – Letztere gibt sich, wie Brände, Dürren und Superstürme bereits heute zeigen, erwartbar unbeeindruckt. – Christian Eichenmüller

 

Glückwunsch, Sie haben mich als Leser wiedergewonnen (Ich war niemals ganz weg, bin aber 3 Mal mit dem Spiegel „fremdgegangen“) Im Ernst: Der Kauf der Ausgabe mit dem Titelthema des „Sogs der Lüge“ hat mich wieder überzeugt, vor allem durch den Widerspruch Armin Nassehis auf die These der Zeit Titelgeschichte zu den Babyboomern. Ich finde hier meine Freiheit im Denken wieder und begrüße ausdrücklich, dass Sie unterschiedlichen Standpunkten und analytischen Positionen Raum geben.

An Nassehi inspiriert mich seine wissenssoziologische Herangehensweise und der Versuch (meines Erachtens hervorragend gelungen!) eine moderate und realistische (im Sinne von realistisch, da zugleich idealistisch) Position im Streit der Generationen einzunehmen. Er, selbst „Babyboomer“ schreibt: „Mit der anempfohlenen Revolution im Kopf wird all das nicht entstehen [grundlegende Veränderungen in der Gesellschaft, A.S], sondern nur mit der EINSICHT, DASS DIE GESELLSCHAFT NUR MIT DEN MITTELN ZU SCHLAGEN IST, DIE IHR ZUR VERFÜGUNG STEHEN“

Genau das ist der Kern! Eine Revolution, wenn auch nur anempfohlen führt zu ideologischer Verhärtung, und dadurch gerade zu Verfestigung des Status Quo (Stigmatisierung, Gegenstigmatisierung, Kampf), während es allein mit dem gesunden Menschenverstand in Einklan zu bringen ist, festzustellen: Hey Leute, wir leben in einer Gesellschaft, wir haben einen Rahmen, und genau dieser Rahmen bietet uns Möglichkeiten, zuerst einige Stellschrauben zu drehen („Reförmchen“) und dann unseren Blick auf das große Ganze zu richten nach dem Motto Ben Gurions“ „Nur wer Träume hat, ist ein Realist“. Und genau diese Träume können nur im Kleinen anfangen, im Hier und Jetzt, indem ich nun mit meiner Jutetasche kaufen gehe und dadurch ein Mosaiksteinchen im Kampf gegen Plastikmüll bin. Weiter so, ZEIT! – Alexander Schmitt

 

Vielen Dank für diese klare Darstellung, den ich als einen Appell lese, gut bekannte soziale Gesetzmäßigkeiten nicht nur zu akzeptieren, sondern auch unaufgeregt zu nutzen, auch wenn dies Wissen, Zuhören und Fleiß erfordert. Hilfreiche und einprägsame Formulierungen wie die „erstaunliche Indifferenz“, die „revolutionären Ornamente“ oder die „Neutralisierung durch die Immunreaktion der Gesellschaft“ potenzieren die Aussagekraft des Geschriebenen. Und wer sich nur einen Satz merken wollte, dem schlage ich vor: „Wenn die Losung lautet: Hört auf die Wissenschaft, dann vielleicht auch auf die(se) sozialwissenschaftliche Erkenntnis.“ – Dr. Christian Voll

 


 

 

Leserbriefe zu „Was soll das heißen?“ von BIT et al.

 

Über die wissenschaftlichen Definitionen und Aufklärungen habe ich mich sehr gefreut. Da findet man Informationen, die seit Monaten fast nur in sozialen Medien und auf inoffiziellen Kanälen verbreitet wurden. Wenn eine so große Schnittmenge vorhanden ist, können wir jetzt doch schnellstmöglich wieder alle – ohne Ausgrenzungen – konstruktiv miteinander reden, die Demo am 29.08. in Berlin uneingeschränkt stattfinden lassen und nicht verniedlichen, die ganz entscheidende Immunität unserer T-Zellen staerken, immunschwachen Menschen auf humane Weise beistehen, den Folgen des Corona-Fiaskos mutig und ehrlich ins Auge blicken und gemeinsam versuchen, vom Recht auf freie Meinungsäußerung, von der Demokratie und Freiheit zu retten, was noch zu retten ist. – Gerhard Jahnke

 

Sie bemerken zu Recht, dass bei Corona Unschärfen Misstrauen säen. Deshalb erlaube ich mir, auf zwei Unschärfen Ihres Textes hinzuweisen. Gesamtzahl/Neuinfektionen: Die als tägliche Neuinfektionen gemeldete Zahl ist (nachzuvollziehen über das RKI dashboard: Fälle pro Tag (Meldung) als statistisches Produkt Die Zahl der am letzten Tag neu gemeldeten Infektionsfälle über die gesamte Laufzeit (z.B. dashboard 23.06.: 56 Tage mit Einzelmeldungen, d.h. hier ca. ¾ „Altfälle“ älter als 14 Tage) Abzüglich der parallelen täglichen Korrekturen in der Zahlenbasis (z.B. dashboard 23.06.: 46 Fälle gestrichen). D.h.: 633 neue Meldungen (über 56 Einzeltage) – 46 Korrekturen (nicht gesondert ausgewiesen) = 587 als neu gemeldete Fälle. Dieses Phänomen schwächt sich aktuell durchschnittlich zwar ab, aktuell wurden aber für den 16.08. (ein meldeschwacher Sonntag; ggf. eine Woche früher, ich habe leider aufgehört, das fortlaufend zu dokumentieren) jedoch rund ¼ Altfälle einbezogen (da wurden wohl einige Schubladen der Gesundheitsämter mitten in der Diskussion um eine zweite Welle „aufgeräumt“).

Corona Erkankte/ PRC-Tests: Die Specifität des PRC-Tests bezieht sich auf den einzelnen Testablauf (d.h. 1 Falsch-Positives Ergebnis auf 100 Testabläufe). Inzwischen werden als Teststrategie pro PRC-Test drei parallele Testabläufe verwandt und bei widersprüchlichen Tests (mit ihrer Specifität ca. 1 % der Tests) neu getestet/analysiert. Lt. Potenzrechnung führt dieses konkrete Verfahren zu einer Fehlerquote für Falsch-Positiv von 0,0001%. Oder anders gesagt 83 Fehlmeldungen, wenn sie die Gesamtbevölkerung einmal durchtesten. Dies scheint bei Gesundheitsämtern/anderen Behörden allerdings eher unklar bis unbekannt zu sein, ich selbst bekam diese Information erst nach einigen Anstrengungen von einem Stuttgart Testlabor. „Falsche“ Testergebnisse sind also wohl eher eine Frage der Abläufe bzw. möglicherweise auch zeitlich zu „früher“ Tests. – Martin Hommel

 

Insgesamt fand ich den Artikel sehr informativ, in Teilen auch den Beitrag über „Homeschooling“, bis auf den Satz „Kinder bekommen beim Homeschooling bisweilen Dinge zu hören wie: Die Bibel ist im eigentliche Sinn des Wortes wahr, die Menschheit erst ein paar Tausend Jahre alt, und die Dinosaurier wurden erfunden. Anders als in den USA oder Russland ist Homeschooling in Deutschland deshalb verboten.“

Diese Aussage ist schlicht und ergreifend falsch und polemisch. Ein einfacher Blick ins Web auf dieser Seite zeigt, dass Homeschooling zurzeit in Europa in 24 Ländern möglich ist, meist mit Auflagen. In Deutschland gab es früher auch den sogenannten Heimunterricht, der im Jahr 1938 mit dem Reichsschulpflichtgesetz verboten wurde, u.a. um die Kinder besser zu indoktrinieren zu können. Das hatte nichts mit Dinosaurieren und der Bibel zu tun.

Ich lebe seit acht Jahren in der Schweiz, meine Enkel haben das Glück, im Kanton Bern zu leben, wo Homeschooling möglich ist. Für mich ist es wunderschön zu sehen, wie sie sich hier entsprechend ihren Fähigkeiten entwickeln können. Das nur am Rande. Von einem Journalisten erwarte ich, dass er, bevor er irgendwelche Behauptungen aufstellt, sich mit dem Thema näher befasst. In diesem Fall kann ich die Aussagen überprüfen, in vielen Fällen nicht, da muss ich mich auf den Text verlassen können. – Ernst Jäger

 

In der letzten Printausgabe haben Sie Begriffe, die mit Corona zusammenhängen, analysiert. Aus meiner Sicht fehlte ein wichtiger Begriff, nämlich der des Virus selbst. Der oder das Virus, in jedem Fall wird der Begriff meist falsch gebraucht. Virus, ich verwende hier einmal dasVirus, gibt es nur unter dem Mikroskop zu sehen und dann meist nur für kurze Zeit. Das Virus im Singular ist nicht einmal für Virologen interessant, sondern nur im Plural. RNA-Viren haben eine extrem kurze Lebensdauer, oft nur weniger als 20 Minuten, ehe sie zusammen mit ihren Aerosoltröpfchen austrocknen. Das „Virus“ ist bereits mausetot, ehe der Zeitungsartikel im Druck ist und dann nur noch eine Todesanzeige wert.

Das „Virus“ ist wie eine der Ideen Platons, eine Abstraktion. Aber schon Hegel hat gewarnt: „Abstraktionen auf die Wirklichkeit anwenden, heißt Wirklichkeit zerstören“. Die Wirklichkeit von Viren wird viel realistischer durch das Heraklit’sche Prinzip des Fließens und Veränderns beschrieben. Die derzeitige Generation von Corona-Viren hat wahrscheinlich nicht mehr viel mit der zu tun, die damals aus China kam. Schon morgen und an einem anderen Ort wird sie eine andere sein, ob schlimmer oder harmloser keiner weiß es. Sind fallende Sterblichkeitszahlen ein Indiz für den besseren Schutz der älteren Bevölkerung, andere Infiziertenkohorten oder gar eine Abschwächung der Infektiosität der neuen Viren?

Mir ist bewusst, dass die dynamische Beschreibung der Virenentwicklung auch eine sprachliche Herausforderung für jeden Journalisten darstellt, da schreibt sich „Virus“ viel schneller. Virus ist aber ein strukturkonservativer Begriff, mit dem Verwaltungen Regeln kreieren und auf Dauer stellen können, der Dynamik einer Pandemie wird man damit nicht gerecht. Aus Sicht von Virologen wird das kein Problem darstellen, aber mehr eines aus gesellschaftlicher Sicht. Diejenigen, die heute in Berlin auf die Straße gehen, beziehen sich in ihrer Empörung auf den Begriff „Virus“ von vor fünf Monaten in China, Deutschland oder Italien. Eine situationsgemäße und dynamische Beschreibung würde solchen Missverständnissen zuvorkommen und den Zwang zu späteren Korrekturen vermeiden helfen. – Armin Börner

 

Eine gute Idee, mal aufzuräumen mit unklaren Begriffen und daraus entstehenden Fehleinschätzungen! Drei Kommentare möchte ich dazu abgeben: 1. Bei den Corona-Toten darf auch gern darauf hingewiesen werden, dass Menschen, die einen positiven PCR-Test-Befund hatten und anschließend durch einen Verkehrsunfall oder ein anderes Ereignis, welches nichts mit der Krankheit zu tun hat, zu Tode kommen, nach Anweisung des RKI auch als Coronatote gezählt werden. Interessant wäre es doch zu recherchieren, wie viele das sind. 2. Die Frage nach dem PCR-Test, der Grundlage der gesamten Corona-Maßnahmen der Bundesregierung ist, muss gestellt werden: Ist der PCR-Test geeignet, um eine Infektion nachzuweisen? Sehr sehr viele Fachleute beantworten diese Frage eindeutig mit nein!

Er ist angeblich auch weder validiert noch offiziell zugelassen. Warum wird er trotzdem benutzt? Darauf möchten wir Bürger eine Antwort haben! 3. Corona-Erkrankte: Warum lesen wir seit Monaten täglich, wie viele “Neuinfektionen” es gibt, obwohl es sich ja eigentlich lediglich um positive Testergebnisse handelt. Aber warum lesen wir in den Zeitungen nicht, wie viele Menschen aktuell in Krankenhäusern als Covid-19 Patienten behandelt werden? Das wäre doch eine Information, die uns tatsächlich interessiert, und nicht irgendwelche Zahlen, die nur täglich zusammengezählt werden. – Theo Wohlenberg

 

In Ihrem „kritischen Corona-Glossar“ vermisse ich eine Auseinandersetzung mit dem Begriff „Risikogruppe“: wer entscheidet über die Zugehörigkeit, nach welchen Kriterien und mit welchen Folgen – auch für die Selbstbestimmung? – Bettina Ziegler

 

Wieso stehen solche Sätze wie „Kinder bekommen beim Homeschooling bisweilen Dinge zu hören wie: Die Bibel ist im eigentlichen Sinne wahr, die Menschheit erst ein paar Tausend Jahre alt und die Dinosaurier erfunden.“ Erstens ist das nicht das ECHTE Problem des Homeschoolings, sondern die Kompetenz dessen, der Homeschooling macht. Meistens hat der keine Lehrerausbildung und es ist insgesamt fragwürdig, ob der Unterricht dem allgemeinen Lehrplan entspricht. Zweitens gibt es in Deutschland viele Menschen, die an die Wahrheit der Bibel glauben und das schadet weder ihnen selbst noch ihren Mitmenschen. An die Wahrheit der Bibel zu glauben und die Dinosaurier für eine Erfindung zu haben gehört auch nicht in einen Topf. Ich finde ihre Zeitung sollte nicht solche polemischen und unkorrekte und intolerante Dinge schreiben!!! Ansonsten ist der ganze Artikel seht gut! – Tabea Melekian

 


 

 

Leserbriefe zu „Weniger ist schwer“ von Uwe Jean Heuser

 

Die Analysen von Frau Göpel sind nachvollziehbar. Vorschläge zur Realisierung erforderlicher Änderungen sind dagegen für die nächsten Jahrzehnte Utopie. „Wir müssen die Ambivalenzen sehen…Viele bewegen sich aber in der Utopieblase, statt zu fragen, was real ist“. So mit Recht Binswanger. Seine Idee, die Unternehmen in Stiftungen oder Genossenschaften zu überführen, ist zwar denkbar nach seiner Analyse des „Wachstumszwangs“ (2019), aber eben leider auch ein utopischer Vorschlag. Am ehesten sind einige der Vorschläge von Schick realisierbar und in überschaubarer Zeit wirkungsvoll. Nur: Dazu bräuchte es eine rot-rot-grüne Koalition (horribile dictu). Und hat nicht Olaf Scholz noch vor Kurzem mit der Transaktionssteuer die Grundrente finanzieren wollen? – Heinz-Dieter Busch

 

„Weniger ist schwer“ in der Tat. Das kann jeder Mensch bei sich selbst feststellen, was man hat, das gibt man ungern wieder her. Aber anders, das kann sehr spannend sein. Neue Wege gehen, wenn die alten us nur immer tiefer in die Sackgasse führen. Wir als Gesellschaft sind so reich, wir haben so viel, wir können es uns leisten, die eingefahrenen Wegen zu verlassen und uns ein Mehr zu gönnen: Bessere Bezahlung für Kinderbetreuung, Pflege, Schulunterricht, mehr Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr, in die Entwicklung umweltschonender Produktionsweisen, in nachhaltige Landwirtschaft.

Es gibt so vieles zu tun, was nicht oder nur sehr zögernd getan wird, weil es zu teuer ist. Angeblich. Dabei wäre es nicht nur gut für das Weltklima, es würden direkt bei uns Arbeitsplätze geschaffen und die Kaufkraft gesteigert. Wenn wir dafür auf einige Neuerungen wie „denkende“ Kühlschränke und immer mehr größere Autos verzichten müßten – wem würde das ernsthaft schaden? Gefragt sind Kreativität und Mut – daran es mangelt es uns als Gesellschaft. Weil wir viel zu satt sind, weil es uns viel zu gut geht. – Susanne Seidel

 

Es geht bei dem Thema doch auch um ein Bewertungsproblem, denn die Wende zum Weniger ist ja längst da: trotz wachsenden BIPs wird für viele Menschen auf der Welt die „saldierte“ Lebensqualität wegen Immissionen von (radioaktivem) Müll und CO2 mit Klimafolgen eher geringer ! In unserer Marktwirtschaft wäre ohne Disruptionen die Ausweitung von Umtausch- und Rücknahme-, Wiederverwendungs- und Entsorgungsverpflichtungen für die regionalen Vertriebsorganisationen – etwa durch Ausweitung von Garantiezeiten und Einführung von Pfandsystemen – umsetzbar. Der globale Versandhandel würde zusätzlich zu seinen Logistikzentren regionale Rücknahme- und Recyclingzentren errichten und die regionale Wertschöpfung stärken.

Schliesslich würden schlecht wiederverwertbare Produkte in einer solchen „Kreislaufwirtschaft“ gar nicht mehr erzeugt ! Kohlekraftwerke wären sofort unrentabel. Kernkraftwerke wären in einer Kreislaufwirtschaft nie genehmigt worden. Initiativen in dieser Richtung sind schon jahrelang aktiv, gegen die Produktion von Murks: (http://www.murks-nein-danke.de/) mit mehrere hundert Reparaturcafes: (https://www.hanser-literaturverlage.de/buch/die-kultur-der-reparatur/) für den Umbau zur Kreislaufwirtschaft: (https://epea.com/ueber-uns/cradle-to-cradle). – Dr. Dirk Bade

 

Wende zum Weniger Das BIP ist die Summe der Wertschöpfungen. Die Wertschöpfung ist der Umsatz minus Vorleistungen. Sie diskutieren fälschlicherweise in Ihren Beiträgen den Umsatz. Das BIP wächst, wenn die Vorleistungen sinken. Das erreichen die Anbieter ganz leicht, wenn die Qualität der Vorleistungen schlechter wird. Das ist einerseits die Qualität der Vorprodukte, wie die Bauteile der Autos, der dreckige Strom auf Kosten der Umwelt, das Palmöl in der Schokolade, die Zutaten im Brot, die Haltung der Tiere, der Zustand der Bahn, die Wasserqualität, die Ausbildung, die Schuhe und die Tomaten. Es ist andererseits auch die Qualität der Arbeit, deren Niveau soweit reduziert wird, dass diese einfachen Tätigkeiten eine Maschine erledigen kann (genannt: künstliche Intelligenz).

Die Kassiererin im Supermarkt verdient beim Wirtschaftswachstum so wenig, dass sie im 1 € Laden einkaufen muss und zu allem Unglück noch von einer self check out Maschine ersetzt werden kann. Die Qualität am Arbeitsplatz ist wegrationalisiert, sie wird nicht bezahlt. Alles muss billig sein. Das ist stumpfsinnig, das kann Jeder. Für solche Aufgaben reichen billige Vorstände und Führungskräfte vollends aus. BIP Wachstum geht einher mit dem Verlust von Lebensqualität. Das BIP ist eine Buchhaltung, die zusammenzählt was Menschen tun. Wir werden doch vom Buchhalter keine kreative Umkehr zur Qualität erwarten. Mit einer Steigerung der Lebens- und Arbeitsqualität sinkt das BIP, weil die Vorleistungen steigen. Das sollten wir feiern. – Prof. Dr. Tilo Hildebrandt

 

Bei der Diskussion um ein immerwährendes, ewiges Wachstum wundert mich eines: für mich ist es eigentlich offensichtlich, dass es keinen wirksamen Klimaschutz bei weitergehendem wirtschaftlichem Wachstum geben kann, ja es ist auch anschaulich, dass es gar kein dauerhaftes Wirtschaftswachstum geben wird. Trotzdem müssen immer die Wachstumskritiker sich vorwerfen lassen, dass ihre Auffassung „unrealistisch“ ist.

Was wir jetzt brauchen, ist eine Forschung, die herausfindet, was die Wachstumstreiber sind, damit wir sie abstellen können. Da brauchen wir dann auch keine neuen Skalen, mit den wir Fortschritt und die Wirtschaft messen können, denn solange ein nicht steigendes Inlandsprodukt heißt, dass es eine Wirtschaftskrise mit Arbeitslosigkeit und Firmenpleiten gibt, hilft auch ein Hinweis auf verbesserte Umweltindikatoren nichts. Wir müssen jetzt die Suffizienz in den Vordergrund rücken, damit wir nicht in absehbarer Zeit feststellen müssen, dass „Grünes Wachstum“ nur eines ist: ein nettes Märchen, das uns davon abgehalten hat, wirksame Maßnahmen zu ergreifen, weil die Illusion etwas zu ändern, ohne wirklich etwas zu ändern, ja so schön bequem ist. Alle Evidenzen zeigen, dass wir jetzt konsequent die Wende zum Weniger einleiten müssen, wenn wir überhaupt nur den Hauch einer Chance haben wollen, das Überleben der Menschheit sicherstellen zu wollen. – Andreas Brock

 

«Der Volkswirtschaft das Wachstum auszutreiben ist ein Unterfangen voller Tücken. Wie könnte die Wende trotzdem gelingen?» Bei der Suche nach einer Antwort ist die Frage nach den Ursachen des Wachstums wichtig. Drei Ursachen sind vermutlich entscheidend. Die erste Ursache liegt auf dem Gebiet der Demographie. Schliesslich bleibt es nicht ohne Folgen, dass die Menschheit sich in den letzten hundert Jahren vervierfachte. Das hat zwei Nebenwirkungen. Dadurch, dass die Zahl der erreichbaren Konsumenten wuchs (auch durch die Globalisierung) lohnt sich die Automatisierung.

Das setzt Arbeitskräfte frei und ermöglicht Arbeitszeitverkürzung. Die freigesetzten Arbeitskräfte können für die Produktion zusätzlicher Güter eingesetzt werden (zweite Ursache). Die grössere Freizeit ermöglicht den Konsum dieser zusätzlichen Güter (dritte Ursache). In Ländern, in denen wegen Mangel an Arbeit Perspektiven fehlen, werden zudem Ersatz-Perspektiven gesucht in Verhaltensweisen, die die Geburtenrate erhöhen, was eine zusätzliche Beschleunigung des Wachstums bewirkt. Ein Mittel gegen diese Wirkung wäre dann eben doch wieder Wirtschafts-Wachstum (viertes Phänomen).

Die notwendige Wende könnte gelingen, wenn man Lösungen für die genannten Ursachen findet, sowie Lösungen für ein faires Verteilen der Verantwortung. Dazu ein paar Stichworte. Nachdenken über das Verknüpfen von Transferleistungen mit der Empfehlung zur Ein- oder Zwei-Kind-Familie. Suchen von sinnvollen Aufgaben für Arbeitskräfte, die zeitweise nicht in der globalisierten Wirtschaft Arbeit finden. Suchen nach Perspektiven, die kein Wachstum bewirken (Betreuungsaufgaben, Selbstversorgung, Umweltschutz, Naturerleben). Suchen nach historischen Vorbildern (z.B. Meditation, Klöster, historische Gesellschaften ohne Wachstum). – Dr.tech. Gernot Gwehenberger

 


 

 

Leserbriefe zu „Wohin damit?“ von Dirk Asendorpf

 

Emotionen als Mittel zum ZweckEine zu Recht kritisierte Methode von Donald Trump besteht darin, Ängste zu schüren, um dann die Verängstigten um sich zu scharen und ihnen die Erlösung von ihren Ängsten zu versprechen, wenn sie zu seinen Anhängern gehören. Es besteht weitgehend Übereinstimmung darüber, dass diese Methode abzulehnen ist, weil die Angst u. a.verhindern kann, dass tatsächliche Gefahren übersehen werden. Wenn jedoch die Kernkraft- oder Endlagergegner die gleiche Methode anwenden, dann bleibt das weitgehend unbeachtet. Man hört höchstens, dass man doch bitte die Sorgen und Ängste der Menschen ernst nehmen sollte. Etwas derartiges hat noch niemand zu Trumps Methoden gesagt. Wie kann man erklären, dass die Diskussion um Kernenergie und Endlagerung derart emotional geführt wird? Als Erklärung bietet sich ein Mangel an Wissen an.

Es weiß z. B. kaum jemand, dass wir alle auf einem riesigen Atommüllendlager leben. Dazu eine kurze Erklärung: Bei der Entstehung unseres Planetensystems wurden die Überreste einer Sonne, die vor Urzeiten in unserer Region des Universums explodiert ist, in das Innere unserer Erde eingelagert. Da eine Sonne ihre Energie aus Kernreaktionen bezieht, sind die Atome in einer Sonne zu einem großen Teil radioaktiv. Die Strahlung ist bis heute noch so intensiv, dass sie das Innere der Erde soweit erhitzt, dass sie glutflüssig ist. Das hat überhaupt erst das Leben auf unserem Planeten ermöglicht.

Seltsamerweise wird die Erdwärme gerne zu den regenerativen Energien gerechnet, obwohl doch eigentlich klar sein sollte, dass sie, egal wie sie entsteht, doch irgendwann erschöpft sein muss und sich nicht ständig selbst regenerieren kann. Man könnte doch ganz provokativ fragen: Sollten wir uns nicht die Natur zum Vorbild nehmen und die Restwärme des Atommülls zur Wärmeerzeugung nutzen? Auch wenn man Verständnis für Ängste aufbringt, so sollte doch ein Konsens darüber erreichbar sein, dass man bessere Chancen hat, einen sicheren Zustand zu erreichen, wenn man sich mehr von Vernunft und Fakten leiten lässt als von Ängsten. – Dr. G. Zeyer

 

Eigentlich ist ja der Bereich Wissen zumeist lesenswert und die Lektüre macht Spaß (etwa der Dackelartikel drei Seiten weiter). Der Artikel Ihres Mitarbeiters ist schlicht und einfach schlecht. Das Thema ist ja immer noch interessant und hätte einen besseren Schreiber verdient. Als Schulaufsatz Note mangelhaft bis.. Ist ja nicht alles ganz falsch ; nur die Kombi macht es und das ist das Gemeine. Beim nächsten Mal einen Journalisten mit Fachhintergrund beschäftigen wäre sicher eine Option. – W. Steininger

 

Ich möchte einleitend darauf hinweisen, daß das geplante Endlager von Gorleben schon vor über 20 Jahren positiv begutachtet worden ist, aber vom damaligen Umweltminister zur Genehmigung aus politischen Gründen ausgesetzt worden ist. Wir könnten also schon längst unseren atomaren Abfall aller radioaktiven Kategorien ins Endlager Gorleben verbringen. Da dies nicht erfolgt ist, gibt es zwei mögliche Wege, um dieses Problem zu lösen: Die in Ihrem Artikel angesprochene Transmutation, bei welcher hochradioaktive Elemente in kurzlebige oder stabile umgewandelt werden, ist einsatzbereit und könnte mit neuen Reaktoren umgesetzt werden.

Bis zum Einsatz dieser Variante ist eine im Augenblick praktizierte Zwischenlagerung – auch für einen beliebig langen Zeitraum – kein Problem. Im ungüstigsten Fall müßte man neue Betonhallen bauen und evtl. neu ummantelte Castorbehälter dort zwischenlagern. Es geht hier nicht um ein Mengenproblem wie vergleichsweise bei chemisch hochgiftigen Materialien, die ja auch aus der Biosphäre bleibend entfernt werden müssen und in ungleich höheren Mengen anfallen. Es sollte auch dem Laien schon aufgefallen sein, daß wir hinsichtlich der Bereitstellung eines Endlagers eine Verzögerung von Jahrzehnten ertragen müssen und noch weitere Jahrzehnte vergehen werden bis zum Einsatz einer Endlagerstätte. Wirtschaftlich betrachtet wurden somit viele Milliarden Euro verbrannt, weil die Politik eine sinnvolle und verantwortbare Entscheidung scheut. – Dr. Kiendl

 

Dirk Asendorpf hat sich nur nach dem Mainstream gerichtet und sich nicht in die Recherche gestürzt. Denn sonst wäre ihm aufgefallen, dass es längst eine Lösung gibt. Die Kraftwerke der 4. Generation, die als „Brennstoff“ Atommüll benutzen. Eine einfache Recherche im Internet hätte es getan. Ich erwarte mehr von der @Zeit. Aber scheinbar verweigert sich die Zeit wie auch die Parteien des Bundestages dem Fortschritt. – Martin Fehringer

 

Es ist wie mit dem Wald und den Bäumen: Die Endlager ist längst gefunden und bestehen auch, aber wir sehen sie nicht. Weil wir Endlager irrtümlich „Zwischenlager“ nennen. Lernen wir doch aus den Fehlern, die wir in der Asse und anderswo gemacht haben wo schon mal jemand dachte, Atommüll zu verbuddeln sei eine tolle Idee. Alles Unfug. Die einzige sichere Methode ist eine Lagerung in stabilen Kleinbehältern, meinetwegen in Glas eingeschmolzen oder wir auch immer, die in einem ordentlichen, stabilen Haus oberirdisch stehen und ständig überwacht werden können. Und wenn was rostet wird umgelagert BEVOR das Behältnis unsicher wird. Die Lösung ist einfach, jahrzehntelang bewährt und viel sicherer als Alles andere. Und ja: Wir haben das Zeug Jahrtausende vor der Nase und jede Menge Folgekosten. Das ist nun mal so. – Dr.med. Mathias Bieberbach

 

Der Verfasser dieses Artikels schein nicht DIE ZEIT zu lesen. denn ich habe vor einigen Wochen hier auch ueber den „Reaktor Nr 4“ gelesen: Eine Weiterentwicklung des „Schnellen Bruerers“ der diese hochradioaktiven Abfaelle zur Stromerzeugung nutzt (!) und schon heute in Russland fuer die Entsorgung der Atombomben betrieben wird, der Atombombenabfaelle lt. Reduzierungsabkommen fuer Atomwaffen , in USA und China ist der Reaktor Nr 4 in Entwicklung! Nun ist heute das alles in Deutschland noch ein heikles Thema, aber in einigen Jahrzehnten? Warum arbeitet man nicht mit Frankreich zusammen (ASTRID) an der Entwicklung? Das waere doch wesentlich besser und nuetzlicher als die teure Suche nach einem Endlager!! – Juergen Keller

 


 

 

Leserbriefe zu „Bezahlt Erzieher endlich wie Grundschullehrer!“ von Jeannette Otto

 

Gerechte Bezahlung im Öffentlichen Dienst ist Aufgabe von Tarifverhandlungen. Die“ Zeit „hat dazu den Vorschlag gemacht,Erzieher mit einem heutigenTarif Einstiegsgehalt von 2.829,00 auf das Grundschul – Lehrergehalt auf 3.700,00 Euro monatlich Brutto anzuheben. Doch wenn in dieser Tarifrunde 4,8 % als Forderungen von ver.di im Haushalt kein Finanzspielraum für eine Gehaltserhöhung besteht, dann können wir noch bis 2050 warten. Bis dahin werden Kitas mit Hilfskräften und Teil-Zeit den Mangel weiter verwalten. 800 Euro mehr für Erzieherinnen pro Monat bleibt eine Zeit- Überschrift. Ein Traum ,der einer ist und bleibt,für lange Zeit, trotz aller Corona Systemrelevantz. – Thomas Bartsch-Hauschild

 

Einerseits stimme ich Frau Otto zu, es wäre gut, den Erzieherberuf noch mehr aufzuwerten. Andererseits finde ich, Frau Ottos könnte erreichte Fortschritte ebenso ansprechen wie nötige Verbesserungen. In der Kita ist es ähnlich wie in der Pflege und in der Schule: Auf den Menschen kommt es an, weniger auf Material und Räume. In Berlin bekommen Grundschul-Lehrer genauso viel Lohn wie Lehrer der Sekundarstufe – gut. Denn Erzieher arbeiten ähnlich wie Lehrer, müssen viel erziehen und helfen, dass Kinder sich die Welt aneignen, sie verstehen. Wie erreicht man, dass mehr geeignete Menschen sich dafür ausbilden lassen und in der Kita oder im Hort arbeiten?

Durch Wertschätzung und gute Arbeitsbedingungen. Wenn Kommune, Verband oder Kirche die Löhne erhöhen wollen, müssen sie Beiträge steigern, oder? Wollen die meisten Eltern das? Der Bund bezuschusst den Kita-Ausbau bereits, von 2008 – 2013 laut Bundesministerium der Finanzen mit 4 Milliarden Euro (steht bei Wikipedia). Für noch mehr Anerkennung Erzieher*innen setzen Medien sich meines Erachtens oft ein. Bei meinem Freunden oder Kollegen sehe ich längst viel Wertschätzung dafür. – Johannes Müller

 

Ist es Ihnen wirklich nur eine Seite 28 wert, über diese Berufsgruppe endlich mal Klartext zu schreiben? Allenthalben wird darüber geklagt, dass zu wenig Bildung, zu wenig kümmern um das Erlernen sozialer Interaktionen und zu wenig kindgerechte Vorbereitung auf den „Ernst des Lebens“ zu vielen Schieflagen in unserer Gesellschaft führen kann (mangelnde Qualifikation für Lehrberufe, Ungerechtigkeiten beim Erlangen weiterführender Schulen/Universitäten, rechtsextreme Gesinnungen etc.) Erzieher*innen leisten all‘ dieses, stets bereit, sich den individuellen Bedürfnissen und Veranlagungen zu widmen und ihr Wissen zu vermitteln.

Und ja, es gäbe mehr Erzieher*innen, wenn dieser Beruf besser bezahlt und damit mehr wertgeschätzt werden würde. Die im Artikel erwähnten Aufschreie müssten im ganzen Land zu hören sein, denn auf die Kleinsten, Ärmsten und Schwächsten wird in Bezug auf Förderung immer als Letztes, aber bei Kürzungen immer als Erstes geschaut! „Kinder sind unsere Zukunft“ klingt in diesem Zusammenhang sehr zynisch. – Ina Simson

 

„… Die eigentlichen Hauptpersonen in den Einrichtungen, Kinder und Erzieher, stehen nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit…“ Dieser Satz ist seit Jahrzehnten richtig, obwohl viel Papier dafür verschwendet wurde, Kitas als Bildungseinrichtungen zu definieren. Das „Gute-Kita-Gesetz“ ist Hohn für Kinder und ErzieherInnen, der Personalmangel ist seit Jahrzehnten bekannt, die Gruppengrößen in den Kitas eine Katastrophe. Deutschland kümmert sich nicht besonders um die Erziehung und Bildung seiner kleinen und großen Kinder – und deren Eltern. (Diese werden auf dem Arbeitsmarkt gebraucht.) Wie gut, dass DIE ZEIT dieses immer wieder zum Thema macht!!! „Applaus verdient, wer sich für Kinder und Fachkräfte einsetzt.“ Dank an Jeanette Otto! – Klaus Busch

 


 

 

Leserbriefe zu „Sollten wir nur vier Tage arbeiten?“ von Marcus Rohwetter und Mark Schieritz

 

Haben Sie eine Quelle für Ihre Annahme, dass Jäger und Sammler praktisch rund um die Uhr arbeiten mussten / müssen? Ich bin bisher davon ausgegangen, dass die etwa von Marshall Sahlins verbreitete Hypothese, dass in Gesellschaften von Jägern und Sammlern die durchschnittlichen „Arbeitszeiten“ extrem niedrig waren/sind, in Fachkreisen weitestgehend anerkannt ist. – Christian Schäfer

 

Auf die Frage : Sollten wir nur vier Tage arbeiten?(DIE ZEIT 27.8.2020 S.18) hätte im Sommer 1958 ein etwa 50-jähriger Arbeiter der Kasseler SPINNFASER AG mir, dem zwanzigjährigen Musikstudenten an seiner Seite freudig mit „ja“ antworten können, denn er hatte zuvor mit 4 Arbeitstagen zu je 12 Stunden seine 48-Stunden-Woche abgeleistet und musste nach Einspruch der Gewerkschaft an 6 Tagen zu 8 Stunden die gleiche Wochenleistung erbringen; doch wenn zuvor die Woche nach Montag, Dienstag und Mittwoch am Donnerstag zu Ende war, hatte er jetzt kein freies Wochenende mehr, an dem er „hinter dem Herkules“ hätte Stoffe verkaufen können; das hat er sehr bedauert. (Zugabe :) Zur gleichen Zeit soll bei einer Gewerkschaftsversammlung der Vorsitzende geäußert haben: „Genossen! Im Jahre 2000 werdet Ihr nicht mehr 6 Tage die Woche arbeiten müssen, sondern nur noch Mittwoch Nachmittag!“ Meldet sich ein Zuhörer und fragt: „Genosse Vorsitzender, j e d e n Mittwoch Nachmittag?“ – Dietrich Bauer

 

Markus Rohwetter sollte sich eigentlich eingestehen, dass sein „Kontrahent“ mit Pro-Standpunkt in makroökonomischen Kreisläufen denkt: Ein höheres Gehalt „sorgt auch dafür, dass genug Kaufkraft vorhanden ist, damit die von den Unternehmen hergestellten Waren überhaupt abgesetzt werden können“. Gleichwohl sagt Schieritz damit: eine Fünftagewoche ohne nennenswerte Arbeitslosigkeit wäre möglich. Rohwetter blickt nicht durch diese makroökonomische Brille. Er sieht zudem nur der Faktor Geld: Wer soll das bezahlen?

Was mich an Rohwetters Argumentation stört ist auch sein Abschweifen, welches nur die Form, nicht den eigentlichen Gegenstand betrifft: Seine Kritik an das Denken in Tagen statt Stunden. Es fehlt Rohwetter offensichtlich an etwas Fantasie: Statt in Geld zu denken, sollte er einfach mal in Ressourcen denken: Welcher Anteil des gesamten Produktionsergebnisses (Waren und Dienstleistungen) sollten Beschäftigten (Ressourcen) aller Sektoren – produktive- und nichtproduktive Sektoren – rechtmäßig zukommen, und welcher Anteil den Unternehmern, die Risiken eingehen, und die deshalb mehr vom Kuchen bekommen sollten? Es ist also lediglich eine Verteilungsfrage – keine Geldfrage.

Sollte man übrigens zum Schluss kommen, dass die materielle „Verteilung“ eigentlich bereits okay wäre, muss man sich mit der Frage auseinandersetzen, warum es bei der Viertagewoche genau genommen am Geld scheitern würde. Meine Antwort: Bei hohen Gewinnen (durch die Globalisierung) und geringer Steuerlast (durch die Globalisierung) wird das Konsumniveau nur durch Verschuldung aufrecht erhalten. Es ist zwar zutreffend, dass der Privatsektor netto insgesamt nicht verschuldet ist, aber das liegt im Wesentlichen daran, dass erst der ganz kleine Anteil der sehr Reichen dieses scheinbar nicht problematische Gesamtbild erzeugt. Wenn man in diese Richtung denkt, wird man bestimmt nach einer Lösung des Geldproblems fündig, wie auch Momo einst fündig wurde: Sie „befreite“ alle entnommenen Stundenblumen, die von den Grauen Herren gehortet wurden. Die Menschen – so wird berichtet – hatten anschließend mehr Zeit füreinander. Sozusagen die Viertage-Woche. – Rob Maris

 

Mark Schieritz schreibt: „Wäre die Zahl der Ar­beits­stun­den aus­schlag­ge­bend für den Wohl­stand, dann hät­ten die Jäger und Samm­ler der Stein­zeit im Pa­ra­dies ge­lebt. Sie arbeiteten schließlich, von Schlafpausen abgesehen, praktisch rund um die Uhr.Sie arbeiteten schließlich, von Schlafpausen abgesehen, praktisch rund um die Uhr“ Mich würde interessieren, woher der Autor das weiß. Ich denke, er irrt gewaltig. Die Jäger und Sammler lebten im ÜBERFLUSS und „arbeiteten“ nur die 15 Studenen pro Woche, die J. M. Keynes für das Jahr 2030 voraussagte. Siehe z. B. hier: Gowdy, J. (Hg.) (1998). Limited Wants, Unlimited Means: A Reader on Huntergatherer Economics and the Environment. Washington, DC: Island Press. Seite 130

»So wie westliches Verhalten durch die generelle Annahme eines Mangels verständlich wird, erklärt sich das Verhalten von Jägern und Sammlern dadurch, dass diese Menschen auf einen Überfluss vertrauen. Mehr noch, so wie wir westliches Verhalten dahingehend analysieren und sogar vorhersagen können, dass die Menschen sich verhalten werden, als ob es nicht genug gäbe, können wir auch das Verhalten von Jägern und Sammlern analysieren und sogar vorhersagen: Sie verhalten sich, als ob sie reich wären.« Seite 23

Richard Lees Forschung bei den !Kung-Buschleuten der Kalahariwüste in Botswana zeigte, dass diese nur etwa 15 Stunden pro Woche auf die Nahrungssuche verwenden. »Eine Frau sammelt an einem Tag genug, um ihre Familie für drei Tage zu ernähren, den Rest ihrer Zeit verbringt sie mit Stickarbeiten, besucht andere Lager oder empfängt selbst Besucher. An jedem Heimtag wendet sie eine bis drei Stunden auf Küchenarbeiten auf, beispielsweise knackt sie Nüsse, sammelt Feuerholz oder holt Wasser. Den gleichförmigen Rhythmus aus Arbeit und Freizeit behält sie über das gesamte Jahr bei.« Ich bin enttäuscht, dass so ein Medium wie die Zeit über ein so bedeutsames Thema „Wie lebten die Jäger und Sammler?“, was ja über 99% unserer menschlichen Entwicklung bestimmt, solch haltlose Behauptungen publiziert. M. W. gibt es im Journalismus doch so etwas wie eine Fakten-Kontrolle, bevor publiziert wird. Wo war die denn an dieser Stelle? – Ron Stockfleth

 


 

 

Leserbriefe zu „Jetzt mal ehrlich!“ von Hannah Knuth und Anna Mayr

 

Ihr Artikel kommt relativ locker-flockig daher, aber das Thema ist natürlich ernst: Wenn in einer Demokratie die Wähler*innen keine sachgerechten Wahlentscheidungen mehr treffen können, weil wichtige Politiker*innen – z. B. Donald Trump – und wichtige Teile der Presse – z. B. Fox News – systematisch und überzeugend lügen, wird die Demokratie nicht mehr lange Bestand haben, sondern bestenfalls eine Diktatur mit demokratischer Fassade entstehen, wie es sie z. B. in Russland gibt. Auch in Deutschland existiert diese Gefahr aufgrund der AfD, insbesondere in einigen ostdeutschen Ländern.

Meines Erachtens müsste man das öffentliche Lügen verbieten und Menschen, die öffentlich nachweislich notorisch lügen, das Ausüben poltitischer Ämter untersagen. Lügen sind schließlich keine Meinungsäußerungen, sondern das absichtliche Verbreiten von Unwahrheiten. Medien wie Twitter oder Facebook, die ständig Lügen verbreiten bzw. das Verbreiten von Lügen zulassen, sollten für die Inhalte ihrer Webseiten voll haftbar gemacht werden, so wie jeder private Websitebetreiber für die Inhalte seiner Webseiten straf- und zivilrechtlich verantwortlich ist. Zum Weiterlesen: https://www.ulrich-willmes.de/populismus.htmlDr. Ulrich Willmes

 

Ich möchte gerne kurz meinen Unmut los werden mit folgendem Leserbrief, wie ich überhaupt die Titel-Story insgesamt (zu) wenig substanziell und zu wenig differenziert dargestellt wahrgenommen habe in Ihrer letzten Ausgabe. Aber der unten kritisch bewertete Artikel war hierbei die (negative) „Spitze“. Ich dachte eigentlich, dass ich von Ihrer Zeitung etwas mehr kritische Substanz erwarten kann… hoffe, Sie enttäuschen mich (und manch Andere) nicht zu lange. Und sorry, so viel direkte Kritik (wie unten an die Autorinnen gewandt) hoffe ich, dass Ihre Zeitung vertragen kann. Der Artikel ist schlicht flach und oberflächlich – für ein Thema , das ich als sehr brisant und zunehmend virulent erachte….

Vollmundig die Wahrheit zu versprechen über die „zersetzende Wirkung“ der Unwahrheit ist ärgerlich, wenn davon inhaltlich nichts folgt. Aber die Lügen in der Politik sogar am Schluss als zulässige Mittel des „politischen Kampfes“ zu legitimieren, ist verabscheuungswürdig. Dabei geht es mehr noch um das evidente Ganze außen herum. Das Intro des Artikels versprach, den ekligen strukturellen Sumpf von Lügen, Täuschen, Vertuschen, Verharmlosen in der (vor allem auch deutschen) Politik und in den Parlamenten erhellend aufzuarbeiten. Aber Ihre Autorinnen beteiligten sich noch am Verharmlosen eines weit verbreiteten gesellschaftlichen Werteverlusts. Dass in keinem (zumindest mir bekannten) politischen Ausschuss – so exemplarisch wie im zitierten „Lügenausschuss“ – irgendetwas Neues und Folgenrelevantes aufgedeckt worden ist, entlarvt solche Prozesse als institutionalisierte Farce.

Auch die Wahrheit zu vertuschen oder sie bewusst verschweigen, muss einem Mandatsträger als Vergehen und Pflichtverletzung gegenüber dem Volk ausgelegt werden. Was gewählte Politiker dem Volk zumuten an Heuchelei, Lügen und opportunisticher Wendehals-Politik, ist zunehmend gefährlich – und inzwischen weit weg vom „business as usual“. Das ist übrigens eines der wesentlichen Motive, weshalb viele Menschen aktuell nach Berlin marschieren zum Demonstrieren. Die „Corona-Politik“ ist nur aktueller Anlass, das I-Tüpfelchen einer Entwicklung. Das Fehlen von Moral, Rechts- und Gerechtigkeitsempfinden und Integrität bei den meisten politischen Repräsentanten und Machthabern wirkte wie ein jahrelang brodelnder Vulkan. Nur die Autorinnen haben das offenbar noch nicht erkannt. Sie haben sich wohl am zu großen (Titel-)Brocken verschluckt. – Wolfgang Neidnig

 

Derzeit kann man wieder einmal hervorragend beobachten, was Politikern so alles einfällt, um die Bürger hinters Licht zu führen. In NRW finden demnächst Kommunalwahlen statt, also auch in Bonn. Inzwischen hängen alle Laternenmasten und Bäume voll mit den “Versprechen“ der Politiker, was sie alles besser machen wollen (sie lassen immer das Beharrungsvermögen der städtischen Beamten außer Acht). Einer verspricht mir „Rüngsdorf muss grüner werden“. Da drunter ein blasses Gesicht eines Politikers einer grünen Partei. Natürlich hat er keine Ahnung davon, wie er eine solches Versprechen umsetzen soll. Rüngsdorf ist im Übrigen ein Stadtteil mit außerordentlich viel Grün, nicht nur in den Parks am Rhein, sondern auch mittendrin. Will er mein Haus abreißen oder das Zentrum mittendrin?

Es gibt aber auch gegenteilige Versprechen. In der Lokalzeitung war gerade ein Interview mit der Kandidatin für den OB Posten einer „großen“ Volkspartei. Sie wurde auf alle Standard Forderungen nach „mehr Wohnraum“, „Klimaschutz*, „Verkehr“ etc. angesprochen und zu meiner Verblüffung war ihre Antwort immer gleich. Das müsse sie alles sehr sorgfältig prüfen, wenn sie erstmal OB sei. Die üblichen Lösungsplattitüden bot sie nicht an. Bravo, soviel Ehrlichkeit ist man gar nicht gewohnt. Ob’s hilft. – Gerd Heidbrink

 


 

 

Leserbriefe zu „Nur mit Tricks?“ von Kerstin Kohlenberg

 

Anmerkungen zum Wahlkampf der Republikaner in den USA: Die USA sind keine Vereinigten Staaten, sie sind durch und durch zerrissene Staaten.Zerrissen zwischen reich und arm, zerrissen zwischen schwarz und weiß, zerrissen zwischen Demokraten und Republikanern und in diesem Zustand völlig unfähig,die NATO zu führen. Trump als NATO Chef stände es an, zwischen den sich am Rande des Krieges befindlichen NATO – Bündnispartnern Türkei und Griechenland zu vermitteln.Dazu hat er aber keine Zeit, denn er ist mit seiner Selbstdarstellung auf dem Parteitag seiner Republikaner beschäftigt , so dass Außenminister Maas für ihn einspringen muss. Melania Trump muss widersprochen werden: in ihrer Rede auf selbigem Parteitag stellte sie die kühne Behauptung auf, die Welt brauche ihren Ehemann.

Dem muss widersprochen werden. Ohne den ständigen Streitsucher, Lügenverbreiter und Beleidiger ginge es der Welt besser!Das, was auf dem Parteitag der Republikaner einen Totalschaden erlitten hat, ist die Würde des Menschen, ein Begriff, den Trump noch nie gehört haben dürfte. Die Amtszeit Trumps ist eine Tragödie für die USA und für die Welt, die ihren Höhepunkt erreichen dürfte, wenn sein Konkurrent Joe Biden die Wahl gewinnt, Trump das Wahlergebnis als manipuliert hinstellt, sich weigert, das Weiße Haus zu verlassen und seine Anhänger zu Hilfe ruft, um seine gewaltsame Entfernung aus dem Oval Office durch Ordnungskräfte zu verhindern.Das kann in einem Bürgerkrieg enden! Dann „Gute Nacht,USA!“ – Otfried Schrot

 

Wenn Kerstin Kohlenberg der Demokratischen Partei ein Defizit beim Thema Sicherheit ankreidet und um Verständnis für weiße Trump-Wählerinnen wirbt, die wegen Demonstranten aller Hautfarben gegen Polizeigewalt um ihr Häuschen in einem „weißen Vorort“ bangten, fühle ich mich wie bei Fox News, wo Tucker Carlson den 17jährigen Trump-Anhänger aus Antioch (Illinois) verteidigte, der meinte, in Kenosha (Wisconsin) für „Recht und Ordnung“ sorgen zu müssen, der Einladung einer ‚Miliz‘ auf Facebook wie zu einer Party folgte und dabei zwei Menschen in einem Protestmarsch ermordete und einen dritten verletzte. – Jürgen Thiede

 

Ist das ein neuer Grammatik-Trend („wozu ein Dativ oder gar Akkusativ, wir haben doch ein Nominativ – reicht doch! Deklination ist so oldschool, Alder“), hat das Korrekturlesen nicht geklappt oder habe ich ein falsches Sprachgefühl?!? – Wolfgang Warmbold

 


 

 

Leserbriefe zu „Nur mit Tricks?“ von Kerstin Kohlenberg

 

Anmerkungen zum Wahlkampf der Republikaner in den USA: Die USA sind keine Vereinigten Staaten, sie sind durch und durch zerrissene Staaten.Zerrissen zwischen reich und arm, zerrissen zwischen schwarz und weiß, zerrissen zwischen Demokraten und Republikanern und in diesem Zustand völlig unfähig,die NATO zu führen. Trump als NATO Chef stände es an, zwischen den sich am Rande des Krieges befindlichen NATO – Bündnispartnern Türkei und Griechenland zu vermitteln.Dazu hat er aber keine Zeit, denn er ist mit seiner Selbstdarstellung auf dem Parteitag seiner Republikaner beschäftigt , so dass Außenminister Maas für ihn einspringen muss. Melania Trump muss widersprochen werden: in ihrer Rede auf selbigem Parteitag stellte sie die kühne Behauptung auf, die Welt brauche ihren Ehemann.

Dem muss widersprochen werden. Ohne den ständigen Streitsucher, Lügenverbreiter und Beleidiger ginge es der Welt besser!Das, was auf dem Parteitag der Republikaner einen Totalschaden erlitten hat, ist die Würde des Menschen, ein Begriff, den Trump noch nie gehört haben dürfte. Die Amtszeit Trumps ist eine Tragödie für die USA und für die Welt, die ihren Höhepunkt erreichen dürfte, wenn sein Konkurrent Joe Biden die Wahl gewinnt, Trump das Wahlergebnis als manipuliert hinstellt, sich weigert, das Weiße Haus zu verlassen und seine Anhänger zu Hilfe ruft, um seine gewaltsame Entfernung aus dem Oval Office durch Ordnungskräfte zu verhindern.Das kann in einem Bürgerkrieg enden! Dann „Gute Nacht,USA!“ – Otfried Schrot

 

Wenn Kerstin Kohlenberg der Demokratischen Partei ein Defizit beim Thema Sicherheit ankreidet und um Verständnis für weiße Trump-Wählerinnen wirbt, die wegen Demonstranten aller Hautfarben gegen Polizeigewalt um ihr Häuschen in einem „weißen Vorort“ bangten, fühle ich mich wie bei Fox News, wo Tucker Carlson den 17jährigen Trump-Anhänger aus Antioch (Illinois) verteidigte, der meinte, in Kenosha (Wisconsin) für „Recht und Ordnung“ sorgen zu müssen, der Einladung einer ‚Miliz‘ auf Facebook wie zu einer Party folgte und dabei zwei Menschen in einem Protestmarsch ermordete und einen dritten verletzte. – Jürgen Thiede

 

Ist das ein neuer Grammatik-Trend („wozu ein Dativ oder gar Akkusativ, wir haben doch ein Nominativ – reicht doch! Deklination ist so oldschool, Alder“), hat das Korrekturlesen nicht geklappt oder habe ich ein falsches Sprachgefühl?!? – Wolfgang Warmbold

 


 

 

Leserbriefe zu „Schaut weiter hin!“ von Alice Bota

 

Alles richtig was Sie sagen, nur sind wir, gewollt oder nicht, in einem Cyberkrieg mit dem östlichen Nachbarn von Belarus : Venezuela, Libyen, Syrien, Krim, ehemalige Sovietrepubliken und schließlich auch Navalny sollten Ihre Aufmerksam auf den Weltzerstörer richten. Lukaschenko spielt da als Person keine Rolle. Die Kreml Mafia hat das Sagen und wird die Situation auf ihre Art „stabilisieren“ Und obwohl ich auch Trump nicht zu meinen Freunden zähle, sollten wir doch mal diese Schröders und Platzeks ruhig stellen, also zunächst den Kontakt mit Ihnen einstellen, wenn diese da (auf der falschen Seite) weiter mitmachen und z. B. diese Northstream 2 nicht vollenden lassen. Das wäre mal ein „Zeichen“, die wir ja so statt Politik lieben, aber , wenn wir dann noch den Helm zum Gebet abnehmen, wird man uns (Maas hoffentlich nicht mehr lange) zuhören. – Peter Goedicke

 

Es fällt auf, wie brav, ordentlich und ernsthaft die belarussischen Oppositionellen sind. Auch Frau Kolesnikowa, die ja Demokratie aus eigener Erfahrung kennt, scheint frei von Spott und Ironie. Dabei trifft Diktatoren nichts härter. Ich habe kein Demonstrationsschild gesehen, auf dem stand „Belarus ja – Lukashenkostan nein“ oder mit dem Ungleichzeichen „Belarus ungleich Lukashenkostan“.

Auf Lukashenkos Aussage hin, daß nur er weiß, wie Belarus zu regieren sei, könnte doch eine Gruppe besorgter Bürger offiziell beantragen (und dies unter der Hand bekanntmachen), das Land gleich in Lukashenkostan umzubenennen, dieselben Bürger könnten die Omon-Truppen mit „Heil Lukashenko“ begrüßen und dies ironischerweise auch untereinander tun. Und aus Polen und Litauen könnte man aufblasbare Gummipuppen von Lukashenko mit Schutzweste und Maschinengewehr einschmuggeln und auf allen freien Plätzen gut fußbeschwert aufstellen mit einem Schild um den Hals „Lukashenkostan gehört mir“. Ich weiß, wer nicht vor Ort ist, hat gut reden, aber der genannte Aspekt scheint der Opposition abzugehen. – Klaus H. Gradinger

 

Bedenken Sie bitte, dass Frau Bota in ihrer aggressiven, russophoben Russland- Berichterstattung nicht für H. Joffe schreibselt, sondern für ZEIT- Leser! – Klaus Koller

 


 

 

Leserbriefe zu „Wann wird man je verstehn?“ von Gero von Randow

 

Ich stimme Ihnen zu, dass unser Grundgesetz eine Sternstunde der Regulierung im positivsten Sinne ist: Aus bitterer Erfahrung wurden neue, allseits verbindliche Regeln abgeleitet und in Kraft gesetzt. Das darf man getrost einen gesellschaftlichen Lernprozess nennen. Auch über ökonomische Anreize „lernt“ eine Gesellschaft. Wenn man den Müll teurer macht bzw. Mülltonnen verkleinert, wird der gelbe Sack automatisch attraktiver. Die (freiwillige) „Bürgertugend“ dagegen ist zwar aller Ehren wert, doch bei genauem Hinsehen ist sie (1) eine Art Luxusgut und manchmal auch ein edles Etikett für praktische Notwendigkeiten, sowie (2) für sich genommen kaum geeignet, z.B. etwas zur Lösung der erdsystemischen Krisen Klimawandel und Artensterben beizutragen. Auch den Schutz der Menschenwürde haben wir schließlich (rein sicherheitshalber…) gesetzlich festgelegt und damit (Gott sei Dank) deutlich gemacht, dass wir uns eben nicht nur auf die „Bürgertugend“ verlassen wollen.

Es leben die (sinnvollen) Regeln! p.S.: Den wissenschaftlichen Erkenntnisprozess oder auch gesellschaftliche Lernprozesse mit religiösen Glaubenssätzen (z.B. den „Wahrheiten“ des Jesus Christus) zu vermengen, scheint mir nicht sehr geglückt bzw. eher provokant… – Dr. Christian Voll

 

Ein schöner aber eben auch tragischer Lapsus im Satz des Untertitels: „Es fällt schwer zu glauben, dass die Menschheit lernfähig ist. Aber am Ende werden wir aus Schaden doch klüger.“ Denn: wenn wir erst am Ende durch den Schaden klüger werden, dann ist es ja zu spät. Schön wäre es, wenn wir vor dem Ende klüger würden. Das Thema an sich scheint mir für einen Artikel dieser Dimension eindeutig zu gross. Schön dass Sie es trotzdem angegangen sind. – Florian Reichert

 


 

 

Leserbriefe zu „»Ich möchte mir ein paar Geheimnisse bewahren«“. Gespräch mit Hansi Flick geführt von Hanns-Bruno Kammertöns und Cathrin Gilbert

 

Das sehr interessante Interview mit Bayerns Trainer Hans-Dieter Flick gehörte in die Rubrik WISSEN: Jedem jungen Menschen von 12 bis 20 Jahren kann man diesen Text nur empfehlen, vor allem denjenigen, welche mit einem „guten“ Schulabschluss glauben, dass ihnen ab jetzt alles in den Schoß fallen wird. Fleiß, Engagement und Teamfähigkeit sind Anforderungen für das ganze Leben. Und man steht wieder auf, wenn man einmal hingefallen ist. Danke dafür! – Prof. Emeritus Dr. Wolfgang Ströbele

 

Phänomenal, wie der FC Bayern München nach dem verkorksten Saisonstart die Wiederholung des Triples erreicht hat. Ganz großes Kino! In Corona-Zeiten verwundert, dass noch kein Politiker den Zusammenhang zwischen diesem Gewinn und den Corona-Maßnahmen hergestellt hat. Denn bei all den Maßnahme-Lobhudeleien liegt doch auf der Hand, dass nur eine deutsche Mannschaft gewinnen konnte. Nein, ganz klar: Es konnte nur eine bayerische Mannschaft sein! – S. Grözinger

 


 

 

Leserbriefe zu „»Alle Menschen sind Lügner«“ von Johanna Haberer und Sabine Rückert

 

Alle Menschen sind Lügner ? Eine schauerliche Behauptung, die aber sofort eine Frage aufwirft. Wer hat das gesagt? Ist diese Behauptung auch eine Lüge oder die Wahrheit? Von Wahrheit ist in dem ZEIT Artikel nicht die Rede. Die Wahrheit har sich verkrümelt vor lauter Lügen. Also wo ist sie, die Wahrheit? Oder anders gesagt,“Was ist Wahrheit ?“,bei all diesen Lügen.Die Frage stellte sich vor etwa 2000 Jahren der Statthalter Roms in Jerusalem auf dem Balkon seiner Residenz.Dann wusch er sich die Hände Oder ist diese Geschichte auch eine Lüge? – Hans-Emil Schuster

 

In dem genannten Artikel hätte ich gerne 2 Stellen aus dem Neuen Testament gelesen: „Durch Mose wurde uns das Gesetz gegeben, aber durch Jesus Christus sind die Gnade und die Wahrheit zu uns gekommen.“ (Johannes 1 Vers17) – und: „Die Wahrheit wird euch frei machen“ (Johannes 8 Vers 32). Durch die Erfahrung der Gnade kann uns die Wahrheit befreien, wir möchten in ihr leben, weil sie uns gut tut, nicht weil ein Gesetz uns das Lügen verbietet. Praktisch sehen wir es daran, wie die Geschichte von Jesus mit dem lügenden Petrus weitergeht: Ehrliche Fragen und Antworten, Neuanfang und eine vertiefte Vertrauensbeziehung (Joh. 21.15-17). – Elisabeth Horzig

 


 

 

Leserbriefe zu „Was darf man in Deutschland sagen?“ von Robert Hofmann

 

Nach meinem Empfinden simplifizieren Sie das Thema „Was darf man in Deutschland sagen?“ auf methodisch unzulässige Weise. Die in der zu veröffentlichenden Meinung praktizierten Selektionsmethoden und Mechanismen, zum Beispiel durch persönliche Diskreditierung und/oder Verkürzen und Vernebeln von Sachverhalten sind subtiler, geschickterweise unterhalb der durch die Grenzen des Grundgesetzes gesetzten Grenzen. Und weil Sie dieses natürlich auch wissen, verüble Ihnen und der Redaktion diese platte Art von Rechtfertigung wider besseres Wissen. – Dr. Gernot Henseler

 

Vielen Dank für ihren Artikel. Ich möchte gar nicht in Abrede stellen, dass die beschriebenen Fakten so stimmen. Aber ich fürchte, der ganze Artikel ist ein weiteres Symptom eines großen Missverständnisses. Für die meisten Menschen sind Gerichtsurteile sehr abstrakt und nicht oder kaum Teil der Lebensrealität. Das eigentliche Problem liegt an sozialen Asymmetrien und sozialen Beschränkungen der Meinungsfreiheit, vielfach in meinem linksliberalen Umfeld erlebt. Sobald jemand sich kritisch zur Flüchtlingspolitik äußert muss er sich rechtfertigen, umgekehrt nie. Und der Vorwurf des Rassismus kommt dann auch sehr schnell. Wer diskutiert schon gerne, wenn er sich unangenehmen Vorwürfen aussetzt. Ich selber habe es mal gewagt die Sinnhaftigkeit des Volksverhetzungsparagrafen in Frage zu stellen (produziert Menschen die sich als Opfer verkaufen können, passt nicht zu einer Demokratie, gibt Menschen das Gefühl, dass man Meinungen verbieten darf, etc.), oh, oh, was ich mir da anhören musste.

Oder auch nur eine kritische Bemerkung zur Flüchtlingspolitik und deren Maßlosigkeit, da waren faktisch keine Diskussionen möglich. Dort wo Menschen nicht mehr miteinander diskutieren, kommt es unweigerlich zur Spaltung der Gesellschaft. Sorry, und da trägt die Presse eine maßgebliche Verantwortung. Journalisten betreiben viel zu häufig ein bewusstes Hochspielen von Informationen, die ihre eigene Sichtweise stützen. Ergo, da wird verdammt viel zu häufig einseitig berichtet, bestimmten Strömungen in unserer Gesellschaft wird keine Plattform geboten (letztes Jahr wurde in der Zeit ein harmloser Beitrag von Hansjörg Maßen abgedruckt, und Herr di Lorenzo erzählte kurze Zeit später in einer Talkshow, dass er sich von Kollegen was anhören musste, weil er solch einem Menschen eine Plattform geboten habe – wie unwürdig!), viel zu viele Journalisten haben zu viel Sendungsbewusstsein, und zu wenig Demut vor der eigenen Verantwortung und Machtposition.

Hinzu kommt die Tatsache, dass Journalisten viel zu häufig sich gar nicht fragen, wie jemand eine bestimmte Aussage gemeint haben könnte, sondern viel lieber nach dem Dreh suchen, wie man eine Aussage missverstehen kann. Das tragische: ausgerechnet die sog. linksliberalen Kreise, die früher gekämpft haben für freie Meinung – überhaupt für die Freiheit der Menschen: Das sind die großen Tabumacher unserer Zeit. Was sagte Broder: die Antifaschisten des 20. Jahrhunderts sind die Faschisten des 21. Jahrhunderts. Evtl. etwas zu stark, aber da ist einiges dran. Wie wär es mit weniger Sendungsbewusstsein, und mehr Demut vor der eigenen Fehlbarkeit und der eigenen Macht? In dem Sinne zeigt ihr Artikel nur, dass Sie den Teil der Gesellschaft, der mutmaßlich ihre Meinung nicht teilt, gar nicht verstanden haben (und mutmaßlich auch gar nicht wirklich verstehen möchten). Und da sind sie nicht allein, ähnliche Artikel liest man auch in Süddeutsche und anderen überregionalen Zeitungen! – Dr. Kurt Möller

 


 

 

Leserbriefe zu „Wie ich alle schwindelig schwindelte“ von Hartmut El Kurdi in ZEIT leo, die Seite für Kinder

 

Vielen Dank für Ihren wunderbaren Artikel über die verschiedenen Formen kindlichen Flunkerns. Ich habe den lebendig geschriebenen Text mit großem Vergnügen gelesen. Zufällig stieß ich wieder auf ein vor 41 Jahren veröffentlichtes Spiegel-Interview, das Nicole Casanova mit Günter Grass führte.Unter der Überschrift „Am liebsten lüge ich gedruckt“ beschreibt Grass das zweckfreie Flunkern zunächst als Kind, ohne dass – so Grass – dieses Lügen den Sinn gehabt hätte, irgendetwas zu bekommen oder zu verbergen. Der erwachsene Schriftsteller findet für den schöpferischen Umgang mit der Wahrheit folgende Begründung: „es liegt wohl daran, daß mich die Wahrheit in bestimmten Situationen langweilt und ich dann anfange, die Wahrheit zu variierenoder andersherum zu erfinden. Das hat natürlich manchmal schreckliche Folgen. Ich gebe diesen Lügen, wenn ich sie ausspreche, nur wenig Gewicht, denn am liebsten lüge ich gedruckt. Das steht auch sicher in Beziehung mit dem Hang zur Fiktion, zum Erzählen, zum Erfinden, zum Märchenerzählen in Formen, die uns heute möglich sind.“

Nach der Lektüre Ihres Artikels – Herr el Kurdi – und nach dem Grass-Text stellt sich mir die Frage, wie wir uns als Erwachsene zum Flunkern im Kindesalter verhalten sollen? Die Frage hat durchaus eine ethisch-pädagogische Komponente. Ich behaupte: ohne spielerischen Umgang mit dem Flunkern im Kindesalter – begleitet manchmal von einem mehr oder weniger diskreten Augenzwinkern – hat es später der Heranwachsende schwerer, der versteckten Doppelbödigkeit von Aussagen auf die Schliche zu kommen. Wer als Kind den spielerischen Umgang mit fiktionalen sprachlichen Formen gelernt hat, wird sich später leichter tun, dem süßen Wohlklang kreidefressender Machtmenschen zu widerstehen. Der richtige Umgang mit den „alternativen Fakten“ muss halt irgendwann erlernt worden sein. – Aber das ist ein weites Feld. – Siegfried von Niswandt

 

Einige interessante Schlaglichter werfen die ZEIT-Artikel unter dem Titelthema „Der Sog der Lüge“ auf unsere Welt. Wird die ZEIT dabei dem Anspruch einer „Führung durch die Welt der Wahrheiten, Halbwahrheiten und Fälschungen“ gerecht? Warum dieser Titel? Wie entsteht die Sogwirkung der Lüge? Wer wird angezogen von dieser Kraft: die Lügner oder die Belogenen? Oder alle beide? Antwortansätze leuchten im Artikel „Wie ich alle schwindelig schwindelte“ von Hartmut El Kurdi und dem Interview „Glaub mir!“ mit Renate Volbert auf. Richtig schön sichtbar wird der Lügen-Sog auf der Infografik-Seite „Verhalten“ zu den Corona-Effekten (die aber gar nicht unter dem Titel-Thema rubriziert): Die durch Christian Drosten vermittelte Wahrheit über das Virus verschwindet unter dem wachsenden Sog der Lüge. Dieser Effekt könnte entsprechend sicherlich auch beim Thama „Klimawandel“ sichtbar gemacht werden.

Folgt die Lüge immer dem „Prinzip der vorsätzlichen Täuschung“? Putin, der in der „Führung durch die Welt der Wahrheiten, Halbwahrheiten und Fälschungen“ gar nicht auftaucht, wirkt doch wie die Inkarnation dieses Prinzips. Wenn er zu dramatischen Ereignissen Erklärungen abgibt, dann immer in gelangweilter Haltung und mit aufgesetzter Unschuldsmaske, was zwangsläufig und offenbar gewollt den Eindruck von unverhohlener Lüge entstehen lässt: Nawalny (kein Gift!), Belarus (keine Einmischung von Russland!). Lüge als Machtdemonstration. Lüge als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln. Der Artikel „Warum immer Gift?“ von Alice Bota und Julia Smirnova macht dieses Prinzip deutlich: „Wo sind die Beweise?“

Folgt die Lüge nicht manchmal auch dem Prinzip der Selbsttäuschung? Trump wirkt wie die Inkarnation dieses Typs. Er „lügt einfach so“, wie im Artikel „Jetzt mal ehrlich!“ Hannah Knuth und Anna Mayr Eric Altermann zitieren. Trump scheint vielmehr an den Wahrheitsgehalt seiner lügengetränkten Erklärungen selbst zu glauben, was – anders als bei Putin – die Suggestion von Glaubwürdigkeit, Authentizität und Kongruenz mit sich selbst bewirkt. So entsteht der Sog einer gesteigerten Anschlussfähigkeit an eine Bewegung, deren Führer Trump sein möchte. Eine neue Lügen-Stufe wird im laufenden Präsidentschafts-Wahlkampf erreicht: Trump geht in seinen aktuellen Auftritten mit seinen verzerrten Bildern der Wirklichkeit in Verbindung mit einer gleichförmigen Stimmlage immer mehr in die Rolle eines Propheten. Jene Rolle, die einst auch Osama bin Laden für seine Video-Botschaften gewählt hatte: Der Sog der Lüge zur Mobilmachung von Massen für eine unheilvolle Bewegung.

Interessant der Artikel „FaIsch geblinzelt“, doch er wirkt im Rahmen einer „Führung durch die Welt der Wahrheiten, Halbwahrheiten und Fälschungen“ im Wirtschaftsteil wie eine Ablenkung. Hat nicht gerade der Wirecard-Skandal gezeigt, wie an der Börse das unheilvolle Zusammenspiel von vorsätzlicher Täuschung und Selbsttäuschung den Lügen-Sog erzeugt: Geschichten werden erzählt, die unhaltbare Erwartungen bestätigen oder erzeugen. Geschichten mit dem Anschein von zahlenbasierter Objektivität, die Risiken als Chancen erscheinen lassen. Gestaltungsmöglichkeiten werden genutzt, um Gewinne darzustellen, wo Verluste sind. Eine illusionäre Welt des Schönredens und Schönrechnens. „Wann wird man je verstehen?“ Als gesichert gilt: Rauhaardackel sind Lügner (wie Fritz Habekuss weiß). Wie alle Menschen. (siehe Altes Testament, Psalm 116) – Reinhard Koine

 


 

 

Leserbriefe zu „Der Beethoven des JAZZ“ von Stefan Hentz

 

Leider wird Tanz in der ZEIT doch schnell mal übersehen. Im Zusammenhang mit Charlie Parker sollte jedenfalls daran erinnert werden, dass der großartige Alvin Ailey sich ebenfalls mit Parkers Musik und Lebensgeschichte beschäftigt und das wunderbare Stück „For bird with love“ kreiert hat, mitreißend von seinen schwarzen Tänzern umgesetzt. – Ulrike Burbach

 

In der Ausgabe Nr. 36 wird für Seite 15 eine Homage auf Charlie Parker angekündigt. In der „Ost-Ausgabe“ fehlt der Beitrag. Das kann man ganz und gar nicht gutheißen. – M. Baumann

 


 

 

Leserbrief zu „Ohne Kampf kein Mampf“ von Ann-Kathrin Nezik

 

Bitte schauen Sie sich die Infografik (App-Version) zum Marktgebiet von Delivery Hero einmal genau an. Nach meiner Ansicht ist dort die Bundesrepublik in den Grenzen vor der Wiedervereinigung dargestellt.- Stefan Janning

 


 

 

Leserbrief zu „Glaub mir!“ Gespräch mit Renate Volbert geführt von Francesco Giammarco und Kilian Trotier

 

Wie schreibt Frau Volbert im Interview (S.56) „Wenn dieser Mensch (der Belogene) Ihnen vertraut und nur danach schaut, ob Ihre Geschichte halbwegs plausibel ist (…), dann können Sie damit (mit der Lüge) durchkommen.“ Leider allzu wahr! Ich vermisse in der ZEIT jedoch, was dadurch im Belogenen passiert. Dieses Hintergangenwordensein, meist ohne Einsicht oder Entschuldigung des Lügners, hinterlässt lebenslange Spuren. Vertrauen, sei es in der Politik oder im Privatleben, wird unmöglich. Dieser Folgen seines Handelns sollte sich der Lügner bewusst sein oder werden. – Carmen Dreiling

 


 

 

Leserbrief zu „PROMINENT IGNORIERT. Liebe Wespen!“ von GRN.

 

Andere Spezies mit Horrormeldungen ins Unrecht zu setzen und zur Ausrottung durch „Schädlingsbekämpfer“ freizugeben, ist eine Spezialität des selbsternannten Homo sapiens, die ein massives Artensterben herbeigeführt hat. Wenn man schon nicht darauf verzichten kann, sollten solche Meldungen zumindest hieb- und stichfest sein. Einen Artikel über angriffslustige Wespen mit dem Bild einer arglosen, langbeinigen Feldwespe zu illustrieren, die gewiss nicht „zu Hunderten“ über 16 brave Schüler herfällt, sondern eher einzelgängerisch und friedlich ist, muss m.E. als Verleumdung bewertet und richtiggestellt werden. – lww

 


 

 

Leserbrief zu „Noch geht es gut“ von Max Polonyi (Text) und Robert Rieger (Fotos)

 

Ich frage mich, warum Sie in Ihrem Text „Noch geht es gut“ ausgerechnet auf Israel verwiesen haben, als es um das Thema „Schulöffnung in anderen Ländern“ ging? Ich lebe seit 8 Jahren in der Schweiz. Hier öffneten die Grundschulen schon am 11. Mai wieder – zunächst mit halben Klassen, nach zwei Wochen dann wie gewohnt ganztags und in voller Klassenstärke. Es gab neben regelmäßigem Händewaschen und viel draußen spielen in der Schule meiner zwei Kinder keine besonderen Regeln. Eltern durften die Schule nicht betreten, der Sportunterricht war gestrichen, aber die Kinder liefen (maskenfrei) herum wie immer. Ohne Abstandsregeln (die ich bei Grundschülern auch für sinnlos halte). Folgen? Keine. Die Zahl der täglichen Neuinfektionen blieb in den folgenden sechs Wochen konstant niedrig (manchmal gab es in der gesamten Schweiz nur 9 Neuinfektionen pro Tag). Am 26. Juni war der letzte Schultag vor den Schulferien.

Von da an gingen die Zahlen nach oben. Drei Wochen zuvor waren Bars und Diskotheken wieder geöffnet worden (das hat man mittlerweile rückgängig gemacht). Außerdem begann die Reisesaison. Die gesamten Sommerferien über stiegen die Zahlen stetig. Die Öffnung der Schulen Anfang Mai aber hatte in der Schweiz KEINE messbaren Auswirkungen. Ähnliches höre ich aus Dänemark, wo die Schulen noch früher wieder geöffnet hatten. Deshalb sitzen auch jetzt meine Söhne ohne Maske im Klassenzimmer. Warum also weisen Sie ausschließlich auf Israel hin? Sie hätten auch Positiv-Beispiele nennen können, um ausgewogene Berichterstattung zu ermöglichen. – Marike Frick

 


 

 

Leserbrief zu „Das Problemhaus“ von Thomas E. Schmidt

 

Bei den angeführten Möglichkeiten einer künftigen Nutzung von Hitlers Geburtshaus vermisse ich eine meines Erachtens ziemlich nahe liegende: Warum nicht eine Filiale der österreichischen Zentrale für politische Bildung mit Schwerpunkt „Demokratieförderung“ einquartieren? – Ludwig Engstler-Barocco

 


 

 

Leserbrief zu „Dominante Position“ von Jens Balzer

 

Angesichts von so viel spritziger autonomer Frauenpower im „Liedgut“ von Cardi B sollten sich vertrocknete weiße alte Männer Weihwasser weniger in die Ohren gießen als sich damit Stirn und Brust bekreuzigen angesichts ihrer offensichtlichen Entbehrlichkeit im Reich der Lust. – Ludwig Engstler-Barocco

 


 

 

Leserbrief zu „Auf nach Schwabothraki“ von Sandra Hoffmann

 

Herzlichen Dank für die lebendige Schilderung ihrer Eindrücke auf Schwabothraki. Wir können ihre glückselige Begeisterung nachempfinden. Mit unsrer alten Segelyacht EOS kamen wir auf unsrer auf 3 J. verteilten Segelreise von Piräus via Euböa segelnd da vorbei – bevor es ins türk. Marmarameer weiterging.(immer 6 Monate am Stück… 3x je 6000 km-ab Bodensee-LKW bis Mulhouse-von da 860 km Flüsse und 135 Schleusen bis Nizza. Nach 3 J.alles retour inkl.Türkei-Westküste… Ägäis… Sizilien… Sardinien-Korsika-Marseille-Rhône -Bodensee) Dafür liebe ich Die ZEIT dass sie guten Journalisten so viel Raum gibt, dass Emotionen und Momente der Stille auf einer Reise so liebenswert be-schrieben werden kann. Wunderschön. – Gerdi Spengler

 


 

 

Leserbrief zu „60 ZEILEN … LIEBE“ von Peter Dausend

 

Schön, dass ein Redakteur, noch dazu ein politischer, das Thema Niko Kovac – Hansi Flick aufgegriffen hat. Denn es wird – soweit ich davon Kenntnis habe – in Schwarzweiß- Manier behandelt. Das Scheitern eines Trainers bei Bayern München ist oft von Intrigen einzelner Spieler abhängig, die von der Vereinsführung wahrscheinlich teils aus Opportunismus, teils aus der irrtümlichen Überzeugung unterstützt werden, dass der Sieg bei Machtspielen ein Qualitätszeichen sei.

Thomas Müller, der jahrelang kaum Tore erzielte und den Ball nicht selten aus drei Metern Entfernung daneben schoss, dürfte einer der Rädelsführer gewesen sein. Dass er zurzeit meist brillant spielt, ist keine Entschuldigung für sein Verhalten. Der Erfolg Flicks ist auch dadurch bedingt, dass er in seinem Auftreten Ernst, Sachlichkeit und Präzision vermittelt. Sollten sich Misserfolge einstellen, wird man sich daran erinnern, dass er lange der zweite Mann war und in seiner Außenwirkung auch als etwas bieder und steril wahrgenommen werden kann. – Karl Seegerer

 


 

 

Leserbrief zu „Noch frisch“ von Julia Kopatzki

 

Es gibt zum Bügelglas mit Gummiring eine bessere Methode um sein Eingemachtes dauerhaft und sicher zu verschließen, nur kennen die heute nur noch wenige und es ist auch gar nicht so leicht dazu die Gläser zu bekommen. Und zwar einfache Einmachgläser mit Deckel und nut im Glas und dem Deckel für einen gummiring , ( Rex Gläser ). Man braucht dazu einen Schnaps der so hochprozentig ist das er brennt, man legt den Gummiring in die nut vom Glas gibt ein wenig Schnaps auf die Innenseite des Deckels und zündet in an , jetzt muss man schnell sein , mit einer flinken Bewegung befördert man den Deckel auf das Glas. Der brennende Schnaps verbraucht sofort allen Sauerstoff im Glas wodurch der Deckel sich am Glas festsaugt und absolut zuverlässig abdichdet . Die Probe ob es hält ist ein kurzes Ziehen am Gummi wen es hält müsste man mit kraft daran ziehen damit sich der Decke öffnet. Viel Spaß beim versuchen. – Mayrhofer Herbert

 


 

 

Leserbrief zu „Mit der Natur statt gegen sie“ von Sabine Gabrysch

 

In dem Artikel: Mit der Natur statt gegen sie argumentiert Frau Gabrysch im vierten Absatz: „Die Zerstörung natürlicher Lebensräume führt zu einem rapiden Rückgang der Artenvielfalt und erhöht das Risiko, dass Tiere Viren auf Menschen übertragen“. Diese Argumentation habe ich jetzt schon häufiger gelesen bzw. gehört. Da sich mir der Zusammenhang aber nicht ohne weiteres erschließt, fände ich es erhellend, wenn sie diesen Zusammenhang in einem Artikel näher erläutern würden. – Rüdiger Wörn

 


 

 

Leserbrief zu „Im Reich der niederen Dämonen“ von Thomas Assheuer

 

Amerika, das Land der sehr begrenzten Möglichkeiten mit den Wahlauftakten (Benennung des jeweiligen Präsidentschaftskandidaten) der zwei (in Worten Zwei) Parteien. Den Demokraten und den Republikanern. Das allein ist schon seltsam aber zusammen mit dem komplizierten Wahlsystem ist die amerikanische Präsidentenwahl echt mystisch, also dunkel, geheimnisvoll, rätselhaft und unergründlich. Da kämpft Gut gegen Böse, Arm gegen Reich und Schwarz gegen Weiß. Hier ist der Vergleich mit Dämonen schon angebracht: Trump als böser Geist, als Mittelwesen zwischen Mensch und Gott (Als Tokoloshe=Dämon und Personifikation der Rachsucht)sh.

Biden als Schicksalmacht als mahnende Stimme vor dem Verhängnis (Als Baal=Dämon und Personifikation der Sonne). Das Kino hat schon längst für verschiedene Eventualitäten vorgesorgt: Parasite, Dark Web, The old Guard, The darkest minds, Die Mumie kehrt zurück, Once upon a time als kleine Auswahl. Eine wirkliche Revolution wäre die Änderung des antiquierten amerikanischen Wahlsystems für den Präsidenten mit dem Ziel, dass die amerikanischen Wähler (ohne Wahlmänner) unmittelbar den Präsidenten wählen. Darüber sollte ein Film gedreht werden. Genre: Science Fiction! – Felix Bicker

 


 

 

Leserbrief zu „Am Ende ist es wie beim Kinderspiel“ von Nina Pauer

 

Nach der Lektüre beider Berichte kam mir der Verdacht, ob der Interviewte und Buchautor über seine Tätigkeit bei der SZ auch nur „seine“ Wahrheit beharrlich berichtet (siehe sein eigenes Zitat …Beharren einzelner….. auf ihrem Standpunkt). Jedes Argument der beiden ZEIT-Redakteure wurde von ihm sofort relativiert oder als nicht der Realität entsprechend beantwortet. Man war zunächst geneigt, das neue Buch des Autors zu lesen, man kann nach der Lektüre des Interviews wohl getrost darauf verzichten. Nicht zuletzt erscheint es als Vermischung von BRD-Enttäuschung und Medienkritik. Kein argumentativ differenzierter Essay. Dank an die ZEIT für die geschaffene Transparenz. – Hubert Klötzer und Marlene Klötzer

 


 

 

Leserbriefe zu „Über eine Protestaktion gegen eine Martenstein-Lesung und den Umgang mit Andersdenkenden“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

 

ich habe Ihren Artikel im Magazin No. 36 zu der Protestaktion bei Ihrer Lesung mit – wie stets – großem Genuss gelesen. Bei Ihrer Formulierung Victim Number One fiel mir ein handgemaltes Kinoplakat aus Ghana aus meiner Sammlung ein. In Ghana bestand die Kinowerbung nämlich bis vor Kurzem in großen Plakaten, die lokale Maler auf die Rückseite alter Mehlsäcke pinselten mit meist sehr bunten und auch die Filme oft an Brutalität deutlich überholenden Darstellungen. Mein Plakat von etwa 2005 zum Film „One more man“ mit einer Darstellung weiblicher Gewalt mit Knüppel, Pistole und Machete fragt „Who´s the next victim?“ Insofern wären Sie vielleicht doch nicht der erste gewesen? Afrika wird halt – trotz BLM – immer leicht übersehen. – Wolfgang Stäbler

 

Soeben hatte ich im Urlaub mal wieder eine ZEIT gekauft und mich eigentlich auf anregende, relevante Lektüre gefreut. Das erste, was mir jedoch ins Auge springt, ist „Martenstein schreibt über Martensteins Problemchen“. Mal davon abgesehen, dass der Artikel und sein Zusammenhang für Uneingeweihte kaum verständlich sein dürfte: Es nervt. Seit Jahren immer wieder dieses Thema. Seit der „Kinderbuchdebatte“ die immergleiche Selbstbemitleidung bestimmter Kolumnisten und Journalisten, die mir so selbstverliebt und selbstzentriert erscheint. Kann Martenstein nicht privat verarbeiten, dass es eine gesellschaftliche Gruppe gibt, deren Meinung er nicht teilt und die Anspruch auf die Deutungshoheit erhebt, die heute nunmal nicht mehr allein ihm gehört?

Mag ja sein, dass es ihn nervt und stört. Aber wie lange müssen sich alle Zeit-Leser noch mit seinem Lamentieren auseinandersetzen? Kann er sich nicht im Gegenzug einfach entscheiden, ob er sich mit seinen „Gegnern“ auseinandersetzt oder sie in Gottes Namen ignoriert? Denn, ganz ehrlich: Für ein Großteil der Menschen im Land ist das doch wirklich nicht relevant und bauscht Stimmungen und Probleme auf, die es nicht geben sollte. Schade um die Kolumne, die ich mal wirklich interessant und ansprechend fand. – Rebekka Sommer

 


 

 

Leserbrief zu „»Ich wusste sofort, was mir widerfährt«“. Gespräch mit Joachim Meyerhoff geführt von Christoph Amend und Peter Kümmel im ZEIT Magazin

 

Ich danke Ihnen für dieses hinreissende, anrührende und trotz des ‚Schlagerls‘ kraftstrotzende Gespräch ! Auch das neue Buch von JM werde ich mit Begeisterung lesen. – Martina Eßer

 


 

 

Leserbrief zu „Ich brauche eine Rettung. SUSANNE DÜRR“ Gespräch geführt von Annabel Wahba im ZEIT Magazin

 

Eines vorneweg: Ich bin kein Covid-Leugner – diesen Virus gibt es sicher, er geht pandemisch um die Welt, verändert die Gesellschaften. Frau Dürr hat ihren Vater verloren, das ist sehr schmerzhaft. Er ist verstorben mit 80 Jahren an einem Virusinfekt. Meine Oma starb mit 70 Jahren an Krebs, mein Großvater mit 80 Jahren an einem Schlaganfall, meine andere Oma ebenfalls mit 80 Jahren an Herzversagen. Wir haben eine enge Verbindung innerhalb der Familie, ich kann den Schmerz mitfühlen und die Lücke begreifen, die der Tod eines lieben Menschen hinterlässt. Vor der Pandemie lag die Lebenserwartung in Deutschland für Frauen bei 83,6 Jahren, für Männer bei 78,9 Jahren. Wie der Virus die statistischen Zahlen beeinflusst, lässt sich wohl nicht sagen. Davon abgesehen ist Statistik auch nur bloßes Zahlenwerk, das mit unseren individuellen Gefühlen nicht direkt etwas zu tun hat.

Natürlich müssen wir einem ansteckenden Virus mit Maßnahmen begegnen, die das Ansteckungsrisiko minimieren. Aber: Ich habe ein Problem mit der Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahmen. Zeitenweise haben wir Sterbende in Hospizen Besuche ihrer Lieben – und damit deren emotionale Begleitung auf dem Weg in den Tod – verwehrt. Wir haben unsere Alten in Betreuungseinrichtungen gezwungen, in ihren Zimmern zu bleiben und auf Besuche zu verzichten – üblicherweise hat jeder Strafgefangene bessere Bedingungen. Der Preis ihres Schutzes vor dem Virus ist Einsamkeit in der letzten Phase ihres Lebens. Wir haben Existenzen vernichtet, die Vielfalt unserer Gesellschaft – im Kulturbereich und im Wirtschaftsleben – schwer geschädigt. Wir haben mit Kontaktbeschränkungen und Einschränkungen kultureller Möglichkeiten (Kino, Theater, Museen, Kneipen, Vereine, …) das soziale Leben Alleinstehender – immerhin 17,56 Mio Single-Haushalte in Deutschland im Jahr 2019 – sehr beeinflusst und damit für viele deren Allein-Sein zu Einsam-Sein verändert. Und Skype und Co sind hier keinesfalls die Rettung.

Wir haben Kindern und Jugendlichen ihren Alltag – und damit Struktur – genommen. Wir lassen sie nicht oder nur sehr, sehr eingeschränkt zur Schule gehen. Wir nehmen ihnen ihre sozialen Kontakte und erschweren ihnen den Zugang zu Bildung. Schwieriger ist es wohl für jene, deren Eltern oder Umfeld nicht so gut zum Home-Schooling beitragen können, weil die Randbedingungen nicht vorhanden sind oder die Fähigkeit oder das Bewusstsein schlichtweg fehlt. Schwieriger ist es auch für jene, die nicht so gut sind in Eigenmotivation und Selbstdisziplin – in der Pubertät beispielsweise durchaus ein Problem. Die Schwächeren eben. Eine Aussage war, die Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus sollen Risikogruppen, die Schwachen in unserer Gesellschaft, schützen. Nach meinem Empfinden treffen die Maßnahmen andere Schwache, die keiner medizinischen Risikogruppe zugeordnet werden, umso mehr.

Oder sie schwächen Viele. In dieser Situation werden die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen gefordert und gefeiert (und oftmals politisch zur Profilierung gebraucht). Aber wer ist der Staat? Das sind Wir! Die Gesellschaft wird auch hier – zukünftig – vieles leisten müssen. Betroffen sind insbesondere wieder unsere Kinder. Diese Generation, der es eh‘ erstmals eher schlechter gehen wird als ihren Eltern – siehe Klimawandel, gesellschaftliche Veränderung, Werteverfall…. Es ist schwer als Entscheidungsträger die ‚richtigen‘ Maßnahmen anzuordnen. Dabei sollte immer deren Verhältnismäßigkeit im Blick behalten werden – in der Rechtsprechung beispielsweise ein gängiger Leitgedanke. Ich finde, dass das nicht gut gelingt. Bin ich mit dieser Sichtweise ein Cov-Idiot? Auch ein Problem, das dieser Virus wenn auch nicht geschaffen so doch verschärft hat: Das polemische Schubladendenken in den Medien und in den Köpfen. Mir jedenfalls hat Frau Dürrs Bericht Mitgefühl für ihren persönlichen Verlust geweckt, aber nicht zu mehr Verständnis zu unserem Umgang mit Covid19 verholfen. Übrigens – ich liebe Ihre Kolumne ‚Was mein Leben reicher macht‘. Es sind oftmals kleine Dinge, in denen ich mich wieder finde…. bitte nicht aufhören diese abzudrucken! – Alexandra Staab

 


 

 

Leserbrief zu „Prüfers Töchter“ von Tillmann Prüfer im ZEIT Magazin

 

Ich bin Abbonnent der Zeit und habe bis jetzt Ihre Kolumne mit Neugier ,aber als Vater zweier Töchter (der gerne auch 4 gehabt hätte,aber das ist eine andere Geschichte) auch mit zwiespältigen Gefühlen verfolgt. Manchmal habe ich mich gefragt, was wohl meine Töchter zu dieser Art Öffentlichkeit gesagt hätten. Aber darum geht es mir jetzt garnicht. Sie haben das sicher intern geklärt. Diesmal habe ich einfach Lust auf Ihre Kolumne über Lotta im Magazin Nr.36 zu antworten. Ich möchte vorrausschicken, daß meine Töchter 32 und 29 Jahre alt sind. Ich schreibe also aus der Großvatergeneration ,ohne bis jetzt einer zu sein.Vielmehr fühle ich mich oft noch wie 15….im Geheimen.:) Ach ja,noch was: Ich schreibe auch aus der Sicht eines kleinen Mannes,der kleine zarte Frauen unvergleichlich findet, mit viel Verständnis für Ihre Erlebnisse.

Also , ausgehend von Ihrer Beschreibung finde ich die kreative und individuelle Modegestaltung von Lotta einfach großartig.Jede ihrer Kleidungsvarianten ist viel lebendiger als die drögen Angebote der Modeindustriemaschine. Ich schließe dabei ausdrücklich auch die fantasievolle Bedeutungsumformung väterlicher Kleidungsstücke (lol) ein. Auch die Verwendung von Hüten im harten Kontrast zu anderen Bekleidungteilen hat eine provokative Schönheit. Dabei können auch Männerhüte wunderbar Verwendung finden. Dazu gibt es ja ein berühmtes Beispiel. Marguerite Duras trägt in ihrem autobiographischen Roman L’AMANT, der ja auch verfilmt worden ist, als 15jährige einen Männerhut zum dünnen Kleid. Ich kann nur sagen Lotta hat Style. Ihre kleine,kluge,kreative und selbstbewußte Tochter ist einfach super! – Dr.Jörg Gerstung

 


 

 

Leserbrief zu „Begrenztes Denken“ von Matthias Daum in der Beilage ZEIT Schweiz

 

Die Angaben im Artikel sind falsch bzw. unvollständig. Man muss nicht nur fünf, sondern je nach Gemeinde bis zu 10 Jahre in derselben Gemeinde wohnen. Und ausserdem hat jede Gemeinde das Recht, zum 10-jährigen Mindestaufenthalt in der Schweiz nochmals bis zu drei Jahre draufzupacken, in denen man aber irgendwo anders gemeldet gewesen sein kann. In meiner Gemeinde bzw. meinem Fall waren es dreizehn Jahre. Diesen Preis war ich aber gerne bereit zu zahlen, und nicht nur meine Gemeinde schätzt Migranten, die sich mit der Gemeinde identifizieren, statt nur auf den roten Pass zu schielen, und diesen so schnell wie möglich zu bekommen. – Andi Pfaff

 


 

 

Leserbrief zu „Eine neue Città für das Tessin“ von Alexander Grass in der Beilage ZEIT Schweiz

 

Erst heute habe ich von dem Artikel „Eine neue Città für das Tessin“ in der Schweiz-Ausgabe der ZEIT vom 27.8.2020 erfahren, denn als Abonnent der deutschen ZEIT-Ausgabe entgehen mir alle Beiträge, die allein in der Schweizer ZEIT abgedruckt sind. Leider kenne ich auch nicht die E-Mail-Adresse der Leserbrief-Redaktion in der Schweiz – deshalb wende ich mich an Sie mit der Bitte, meinen Text an Ihre zuständigen Schweizer Kolleginnen und Kollegen weiterzuleiten.

Was den Artikel selbst betrifft, behandelt er nur die Vorteile des Projekts „Ceneri- Basistunnel“, ohne auf den tatsächlich fehlenden Nutzen und andere Nachteile einzugehen. Wenn man den lediglich 472 Meter hohen Scheitelpunkt des alten Eisenbahntunnels am Monte Ceneri mit Gebirgs-Übergängen in den USA vergleicht, handelt es sich beim Monte-Ceneri-Übergang allenfalls um ein „Pässchen“. In den USA ist nicht einmal der rund 2.800 Meter über dem Meer liegende Moffat-Tunnel in den Rocky Mountains ein Basistunnel, sondern nur ein Scheiteltunnel von 10 km Länge, aber immerhin der längste Tunnel des amerikanischen Kontinents. Der Anstieg aus der Ebene bei Denver bis zum Scheitelpunkt im Moffat-Tunnel beträgt rund 1.200 Meter, am Monte Ceneri hingegen schneidet der neue Tunnel gerade einmal 143 Meter an Höhe ab, also nur gut ein Zehntel des Anstiegs vor dem Moffat-Tunnel. Trotz des großen Höhenunterschieds und der Tatsache, dass die gesamte Moffat-Strecke inkl. Tunne

l nur 1-gleisig ist und nicht einmal eine Oberleitung für elektrischen Zugbetrieb besitzt – es herrscht reine Dieseltraktion – werden via Moffat-Tunnel Jahr für Jahr fast 50 Mio Tonnen an Gütern transportiert, also deutlich mehr als für die zukünftig 4-gleise Strecke am Monte Ceneri mit dem für Steigungen besser geeigneten elektrischen Betrieb jemals erhofft werden. Somit ist der Ceneri-Basistunnel, dessen Bau über 2 Milliarden Schweizer Franken verschlungen hat, unnötig wie ein Kropf. Für diesen überflüssigen Tunnel wurden durch die Bauarbeiten und die Herstellung der Baumaterialien Zement und Bewehrunggstahl knapp 1 Millionen Tonnen an Treibhausgas in unsere Atmosphäre geblasen und somit die kommende Klimakatastrophe gezielt gefördert. – Karlheinz Rößler

 


 

 

Leserbrief zu „Die Tragödie ist noch nicht zu Ende“ von August Modersohn et al. in der Beilage ZEIT Österreich

 

danke,frau pausackl, für diesen ’stillen‘ artikel der erinnerung und des mitfühlens mit einem tief entsetzt-berührenden thema, das in diesem fall immer noch sprachlosigkeit ( und zorn) auslöst! ich würde nahed alaskar sehr sehr gerne schreiben. wie kann ich das tun? ich bin ehem. lehrerin in berlin,im ehrenamt tätig gewesen (66). – pamela lammers