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3. September 2020 – Ausgabe 37

 

Leserbriefe zu „Wer glaubt denn so was?“ von Alard von Kittlitz

 

Von mir haben Sie – sehr geehrter Herr von KITTLITZ – jedenfalls nicht zu befürchten, dass ich Sie je als Eso-Troddel verunglimpfte. Ich hab‘ Ihren Artikel erst garnicht gelesen. Verdutzt, was DIE ZEIT einem Uralt-Abonnenten so alles zumutet. – Hans von Schack

 

Ich wage zu bezweifeln, ob als kritischer Journalist jemand geeignet ist, der sich vor seinen Kollegen fürchtet, schon bei kleinster Abweichung der Mainstreamberichterstattung als „verspulter Eso-Trottel der Redaktion“ gehalten zu werden. M.E. wäre (aus astrologischer Sicht) bei so viel jungfräulicher Vorsicht eine Tätigkeit im krisenfesten Lehrer-Steinbock-Beamtenverhältnis viel geeigneter. Frau von Borstels Befürchtung (Ausschlachtung der Astrologie im Dienste der Lächerlichkeit) scheint angesichts des Artikels berechtigt und für uns Leser ist die Chance vertan, sich ernsthaft, gut recherchiert und kritisch mit den Prinzipien/Analogien der Planeten auseinander zu setzen. Schade. – Heike Schmüser

 

Meine Güte, Ihr Persönlichkeitsprofil deckt sich ja eins zu eins mit meinem, wie kann das sein, wo wir doch völlig unterschiedliche Sternzeichen haben? Ironie off. Schade, dass sie sich nicht mit der Gegenseite auseinander gesetzt haben, dort hätten ihre Erfahrungen leicht mittels des Barnum-Effekts und des Confirmation Biases entzaubert werden können. Abgesehen davon, finde ich die im Text genannten Persönlichkeitseigenschaften recht oberflächlich. Wenn Sie ein genaueres Persönlichkeitsportrait haben möchten, könnten Sie zum Beispiel einen Fragebogen, der die „Big Five“ erfasst, ausfüllen. – Merlin Halbach

 

Im Universum ist Alles mit Allem verbunden, wie die Knoten eines Fischernetzes mit allen anderen in Verbindung stehen. Wenn ich einige Informationen zu einem Thema oder einer Person habe, kann ich daraus (teils weitreichende) Schlussfolgerungen ziehen, die zutreffen. Von daher kann ich mir schon vorstellen, dass es möglich ist aus den Sternen etwas über eine bestimmte Person abzulesen. Ob das allerdings bedeutet, dass die Sterne unser Leben beeinflussen,scheint mir eher zweifelhaft. Ich neige mehr zu der Ansicht, dass hier Ursache und Wirkung mit Korrelation verwechselt werden. Und das gilt nur für ernsthafte Astrologie. Das meiste ist, wie in anderen Bereichen auch oft, nur Schindluder und Geldschneiderei. – Iman Schwäbe

 

Der Author quält sich mit dem Thema Astrologie.Muss er nicht, in die Zukunft kann niemed schauen. Hinterher ist das leichter.Aber genau heisst es dann , die Sterne standen eben so. Da kam die Corona Pest.Nun fürchtet der Author als verspulter Eso-Trottel der Redaktion da zu stehen.Was heisst verspult ? Egal, nur Eso geht nicht. Das ist die Abkürzung für European Southern Observatory. Ich habe vor sehr langer Zeit mal für den Laden gearbeitet. Da geht es zwar auch um Sterne und Trottel gab es da auch, wie in jeder Sparte. Also nicht aufregen.Zur Ablenkung empfehle ich folgende Lekture:Henry Miller Astrologisches Frikasee (Lachen,Liebe Nächte) Nicht unmittelbar etwas mit dem Thema zu tun, aber sehr lesenswert. – Hans-Emil Schuster

 

Vielen Dank für den interessanten und unterhaltsamen Artikel. Mir macht es große Freude, von einem amerikanischen Professor mit einem derartigem Lebenslauf zu hören. Zum einen gibt es mir Hoffnung für die Wissenschaft zum anderen erinnert es mich an meine gute Zeit in Kalifornien:-). Leider gibt es von derartigen offenen Geistern in Deutschland nur recht wenige, dabei fängt Wissenschaft für mich damit an. Warum ich Ihnen aber auch noch unbedingt schreiben wollte ist, dass es meiner Meinung doch nicht darum geht, ob Sie Spaghetti Vongole oder Puttanesca nehmen sondern darum, wie Sie sich bei der Auswahl der Speisen verhalten:

Bestellen Sie ins Blaue hinein beim Kellner irgendeine Art von Spaghetti; Fragen Sie den Kellner, welche Spaghetti er heute empfiehlt; Bestellen Sie zwei Sorten, weil Sie sich nicht entscheiden können; Versuchen Sie Ihren Begleiter/in zu überreden, sich mit ihm/ihr zwei Sorten zu teilen; Fragen Sie den Kellner, ob Sie zwar eine Portion aber mit zwei Sorten bestellen können; entscheiden Sie sich spontan; benötigen Sie lange Zeit um dann mit der Entscheidung schlimmstenfalls auch noch zu hadern…. Bei Ihnen dürfte es wohl der „Spagat“ sein….. – Schützefrau mit Aszendent Jungfrau – oder wie mein Mann immer sagt: Assistent

 

Zu Ihrer Sorge, wie Sie in der Redaktion künftig dastehen, kann ich mich nicht äußern. Dazu kenne ich Sie zu wenig. Ihre Ausführungen zu Horoskopen und Astrologie haben mich sehr amüsiert. Als Zwilling glaube ich natürlich nicht an Horoskope. Ich habe es da mehr mit Kartenlegen. Sehr spannend. Dass Ihnen und Ihren Mitschreibern in der Rubrik „Entdecken“ so viel Spielraum(im Wortsinn) gegeben wird, finde ich erfreulich. Ich lese es zwar selten. Aber das ist was anderes. Und bei Ihrem Freund mit der Wunschwohnung:“ Wen der Herr strafen will, dem erfüllt er seine Wünsche.“ Und wenn Sie sich wundern über solche Ereignisse: Sie haben eine Kollegin, die sich vor ein paar Jahren mit Statistik und Wahrscheinlichkeit in der „ZEIT“ beschäftigt hat. Lassen Sie sich von ihr erklären, wie solche Dinge passieren. – Hartmut van Meegen

 

Es scheint sinnvoll, den Artikel über die Astrologie mit einer kurzen Zeitangabe zu ergänzen. Vor etlichen 1.000 Jahren haben die Weisen im vorderen Orient den für sie sichtbaren Stern- Konstellationen ( also ohne etliche Sternbilder der Südhalbkugel die von ihnen definierten 12 Tierkreiszeichen zugeordnet. Die astronomische Zeitzuordnung hat sich seitdem so erheblich verschoben, dass sich Papst Gregor XIII im Jahr 1582 genötigt sah, 10 Tage aus dem Kalender zu streichen. Über die korrekte Zuordnung zu seinem persönlichen Sternbild mag jeder selbst entscheiden. – Walter Betzold

 

Ich beschränke mich auf einen fachlichen Fehler. 4.Spalte, beiden letzten Absätze: Sie haben 2 Dreifachkonjunktionen. Die erste: Merkur-Jupiter-Saturn, schreiben dann aber von einer typischen Merkur-Pluto Konjunktion als typisch für Journalisten. PLUTO ist aber nicht in Ihrem Triple. Aus Ihren Angaben lässt sich übrigens Ihr Geburtstag und -ort einfach rückrechnen; ein Hinweis auf den Datenschutz hätte Ihren Witz und die verstandenen astrologischen Grundregeln bewiesen. So haben Sie das anspruchsvolle und ganz und gar nicht ESO-trottelige Thema leider verfehlt. – Christian Dialer

 

Das hatte unser Großmeister Goethe dazu zu sagen: Wie an dem Tag, der dich der Welt verliehen, Die Sonne stand zum Gruße der Planeten, Bist alsobald und fort und fort gediehen Nach dem Gesetz, wonach du angetreten. So mußt du sein, dir kannst du nicht entfliehen, So sagten schon Sibyllen, so Propheten; Und keine Zeit und keine Macht zerstückelt Geprägte Form, die lebend sich entwickelt. – Dorothee Winter

 

Eine ganze Seite Astro-Schwurbel! Ich bin tief enttäuscht. Sollte die Zeit nicht für Rationalität stehen? Wie glaubwürdig ist die (absolut berechtigte) Kritik an Verschwörungstheorien in der gleichen Ausgabe, wenn Sie gleichzeitig selber pseudowissenschaftlichen Humbug verbreiten? Bitte nicht mehr davon! – Stefan Bühler

 

Soeben habe ich Ihren Artikel über die Recherche zum Thema Astrologie gelesen. Mir geht es genauso: ich glaube eigentlich nicht, dass ich an Astrologie glauben kann. Aber: Ihr Satz, dass die vormoderne Idee schön sei, dass der Kosmos geordnet sein könnte, hat mich ebenso aufmerksam gemacht wie die Bemerkung von Richard Tarnas, „von einer isolierten, grotesken Anomalie des Bewusstseins im leeren Raum zu einem Selbst gelangt zu sein, das im Universum eingebettet ist.“ Ohne auf die Astrologie selbst eingehen zu wollen – ich habe keinerlei Kenntnis oder Zugang dazu – halte ich diese beiden Sätze für zentral und absolut richtig.

Warum? Seit gut 10 Jahren befasse ich mich intensiv mit Quantenphysik und kann auf der Basis der Erkenntnisse von Einstein, Heisenberg und die lange Reihe der maßgeblichen Wissenschaftler sagen, dass mit Sicherheit das Universum – vereinfacht gesagt – ein großes Ganzes ist, ein ineinander verwobenes Ganzes, in das wir Menschen wie die ganze Natur auf der Erde „eingewebt“ sind wie das komplette materielle, also manifeste und für uns „greifbare“ Universum. Philosophische Tiefe erhält diese ontologische Ansicht durch die Erkenntnisse von David Bohm (Holomovement-Theorie) und Fridtjof Capra, der die Verbindungen des vorwiegend westlichen Weltbildes, das auf biblischen Wurzeln gründet und stark materialistisch-individualistisch geprägt ist, mit den jahrtausendealten ganzheitlichen fernöstlichen Weltanschauungen (Yoga, Vedanta etc.) in Verbindung bringt

Die heutige duale Trennung der Weltkulturen mit den religiös-philosophischen Grundlagen in Ost und West finden ihre Verbindung und tiefe ontologische Erklärung in der Quantenphysik. Diese drei Säulen sind von uns zu verbinden. Es ist eigentlich unverständlich, warum bisher keine Bewegung in Gang gekommen ist, die sich des Themas in einer Weise angenommen hat, die eine „sichtbare“ Verbreitung finden konnte. Wir sollten diese Zeit der von Ihnen geschilderten Konjunktion vielleicht dazu nutzen (hier muss ich wieder lächeln, weil das sicherlich in eine lächerliche Ecke gestellt werden würde), eine wirklich ganzheitliche Weltanschauung auf der quantenphysikalischen Basis initiativ zu zünden. Was denken Sie darüber? – Ursula Kessel

 

Michael Crichton zählt in „Welt in Angst“ einige Orte auf, an denen die Temperatur fällt und „widerlegt“ damit die Aussage der Klimaforschung, die Erde erwärme sich. Impfgegner listen Einzelfälle auf, in denen Komplikationen nach Impfungen auftreten und erzeugen so jenseits aussagekräftiger Statistiken eine objektiv nicht zu rechtfertigende Skepsis. Mobilfunkgegner beteuern, sie könnten Handystrahlung fühlen, im Doppelblindtest versagen sie ausnahmslos. In diese Aufzählung reiht sich nahtlos der Artikel von Alard von Kittlitz über Astrologie. Der Autor kennt die Fakten. Das hält ihn aber nicht davon ab, ausführlich seine persönliche, gefühlte Wahrheit auszubreiten, weil sie ihm besser gefällt.

So funktioniert Desinformation. Dass man das der Redaktion der ZEIT offensichtlich erklären muss, macht mich fassungslos. Claas Relotius musste Beweise fälschen, damit der Spiegel seine Version der Realität akzeptierte. Der Qualitätssicherung der Zeit genügt offensichtlich der Hinweis, die erfundene Welt sei heimeliger als die echte. Sofort frage ich mich natürlich, auf wie vielen weiteren Seiten der Zeitung ich Zusammenhänge suggeriert bekomme, die sich zwar nicht belegen lassen, aber besser in das Weltbild der Redaktion passen als die schnöde Wirklichkeit. Der Vertrauensverlust ist nicht wiedergutzumachen. – Dominik Sandler

 

In seinem höchst unterhaltsamen Beitrag zur Astrologie erzählt Alard von Kittlitz am Ende eine Anekdote von einer seltsamen Kette von Zufällen, die an Wunder grenzt. Ich selbst bin wahrlich kein Spökenkieker, wie wir in Hamburg sagen, und ich halte Astrologie für Humbug. Aber es gibt “unerklärliche Zufälle“, deren Wahrscheinlichkeit geringer erscheint als ein Lottogewinn. Ich hätte da zwei Beispiele, und sie sind wirklich wahr!

Ein Schul- und Tanzstundenfreund (seit den 50er Jahren), ehemals Schauspieler und noch heute Vortragskünstler, leidet unter allnächtlichen Schlafstörungen. Er nutzt die wachen Stunden und versendet allmorgendlich (zwischen 3 und 5 Uhr) ein Gedicht aus seiner riesigen wohlsortierten Sammlung von Gedichten, Witzen. Anekdoten und Liedern an einen Verteiler von etwa 30 Freunden und Bekannten. Die “Tagesverse” bettet er ein in eigene Gedanken, Kommentare und ergänzende Zitate anderer Dichter. Wie kaum anders zu erwarten, geht es in seiner liebevollen Auswahl häufig um eben dieselbe.

Im vorliegenden Fall bereicherte er die Verse des mir entfallenen Poeten mit diesem Rilke-Zitat: “Darin besteht die Liebe: dass sich zwei Einsame beschützen und berühren und mit einander reden”. Ich muss hier ergänzen, dass ich mit Rilke “nicht viel am Hut habe” und dass ich seine hier zitierte Definition von Liebe vorher bestimmt noch nie gehört hatte. Trotzdem regte sich etwas in meinem Unterbewusstseins und es dämmerte, dass in dem Buch “The Friend” von Sigrid Nunez ein ins englische übersetztes Rilke-Zitat vorkam. Ich hatte diese wunderbare Erzählung von Liebe und Trauer im Original gelesen. Nicht irgendwann, sondern in der gerade vergangenen Nacht. Und das Zitat lautete: “Love consists in this, that two solitudes protect and touch and greet each other”. Dass ich diese nicht wörtliche Übertragung in dem eingeschobenen Zitat im Kommentar meines Freundes zum “Morgengedicht” wiedererkannte, lag allein daran, dass ich den “englischen Rilke” aus einem unerfindlichen Grund zweimal gelesen hatte.

Wenn man bedenkt, dass ich in den nunmehr 64 Jahren nach Ende meiner Schulzeit bewusst keine Zeile Rilke gelesen oder gehört habe, dazu berücksichtigt, dass sich die Duplizität innerhalb von weniger als 10 Stunden ereignete und ich das Zitat im englischen Buch in 99 von 100 Fällen nur flüchtig gelesen und nicht einmal im Unterbewusstsein gespeichert hätte, dann ergibt sich eine so große Unwahrscheinlichkeit, dass man beginnt, an Wunder zu glauben. Den zweiten unglaublichen “Zufall” erzähle ich Ihnen ein anderes Mal.

P.S. Was für ein „Zufall“: Als ich etwa 30 Jahre alt war, wurde ich von meinem amerikanischen Arbeitgeber samt Familie nach NY City versetzt, wo sich das headquarter befand. Als mein Vater davon hörte, sprach er zu mir: „Wenn Ihr dann in New York seid, musst Du unbedingt Ingrid B.* anrufen“. Ingrid B. war die Tochter einer guten Freundin meiner Eltern. Sie war aber gleichzeitig eine Freundin meiner fünf Jahre jüngeren Schwester. Sie und einige weitere Mitglieder einer Mädchenclique hatten mich als etwa 20-Jährigen furchtbar genervt; und Ingrid B. war die Zickigste von allen gewesen.

Also weigerte ich mich standhaft, dem Wunsch meines Vaters nachzukommen, und erklärte ihm, warum er mir das nicht zumuten könne: Ich hätte Ingrid B. in Deutschland nicht leiden können, warum sollte das in Amerika anders sein. Mein Büro in Manhattan befand sich im berühmten Chrysler Building, Lexington Ave., East 42nd Street. Am zweiten Tag in den USA, ging ich in der Mittagspause die 42. Straße entlang zu einem Zeitungskiosk, der internationale Zeitungen verkaufte, u. a. die ZEIT und den KICKER. Die ZEIT kaufte ich, den KICKER blätterte ich vor Ort durch, um die Bundesligaergebnisse in Erfahrung zu bringen. Was dann passierte, muss ich im Präsens schrebben, weil es noch immer so gegenwärtig ist.

Auf dem Rückweg überquere ich bei grüner Ampel den breiten Fußgängerüberweg 42nd Street/5th Avenue, und wer kommt da direkt auf mich zu? Ingrid B.!! Ausweichen unmöglich. Also hallo, wie geht’s, was für ein Zufall, wir müssen uns unbedingt sehen, Telefonnummern ausgetauscht, unbedingt anrufen. Auch danach hatte ich nicht die Absicht sie anzurufen. Aber am nächsten Tag klingelte bei uns das Telefon und meine Frau, die Ingrid B. auch kannte, verabredete ein Treffen bei uns. Wie sich dann herausstellte, hieß Ingrid B. inzwischen Ingrid L., denn sie war mit einem amerikanischen Anwalt verheiratet und ein anderer Mensch – jedenfalls empfand ich es damals so. Um es kurz zu machen: Dieses unglaubliche Zusammentreffen bescherte uns unsere besten Freunde während unserer Jahre in New York und die Freundschaft hat trotz der Entfernung bis heute – 50 Jahre – gehalten.

Wenn man den Ort des damaligen Geschehens betrachtet, könnte man vermuten, dass ein Zusammentreffen nicht ganz unwahrscheinlich sei. Denn die Fourty Second ist eine berühmte, belebte Straße. Könnte passieren, irgendwann, im Laufe der Jahre, In unserem Fall jedoch laufen zwei Personen, die Gegenstand einer kürzlichen Diskussion waren, und die sich nicht begegnen wollten, drei Wochen später um 14 Uhr 53 in einer Millionen-Stadt, auf dem Zebrastreifen der Fifth Avenue, direkt aufeinander zu. Auf die Sekunde, am selben Ort, zur selben Zeit! Wer kommt da nicht auf den Gedanken, dass irgendwelche höheren Mächte ihre Hand im Spiel hatten! – Sven Herfurth

 

Da werden komplizierte und nicht nachvollziehbare Berechnungen angestellt, um zu einem „Ergebnis“ zu kommen, das an Banalität kaum zu überbieten ist. Der Autor muss nur noch bestätigen, was er selbst schon wusste, dass er nämlich frei und selbstbestimmt leben will. Allerdings trifft das merkwürdigerweise auch auf mich zu, obwohl ich Widder bin.

Es gibt psychologische Studien, die belegen, dass 90% der Versuchspersonen sich in einem beliebigen Horoskop wieder erkennen, wenn es ausschließlich aus Plattitüden besteht. Testpersonen können ihr eigenes Horoskop nicht von dem einer anderen Person unterscheiden, wenn man ihnen beide vorlegt. Und mit der Behauptung, dass die Zeiten nicht leicht sind, trifft man sicher immer ins Schwarze. Als gäbe es nicht schon genug Wissenschaftsfeindlichkeit und „alternative Fakten“, beruft sich der Autor auf „Evidenz-Erlebnisse“ von „Großmeistern“ und kokettiert mit seinem Ruf als „Eso-Trottel“ – was mir zu dem Evidenz-Erlebnis verholfen hat, dass man bei der ZEIT wohl nicht mehr alle Tassen im Schrank hat. Ich erstelle Ihnen daher hier ein kostenloses, aber sicheres Horoskop: Sie haben in Zukunft einen Abonnenten weniger. – M. Neuser

 

Herrn von Kittlitz schlage ich folgendes Experiment vor: Sich 2 verschiedene Horoskope von 2 verschiedenen Astrolog*innen erstellen zu lassen: Einmal mit richtigen Angaben zu Geburtstag/zeit/ort, dann mit abweichenden Daten. Die eingehenden Horoskope soll seine Frau dahingehend editieren, dass offensichtliche Angaben wie zu Geburtstag und Sternzeichen geschwaerzt werden, um nicht auf den ersten Blick zu verraten, welches Horoskop auf welche Angaben hin erstellt wurden. Dann soll er sich beide durchlesen und entscheiden, was ihn wohl am ehesten beschreibt. Dann lueftet seine Frau das Raetsel …

Und wenn er Lust hat, kann der das gleiche Spiel auch mit den teuren personalisierten Horoskopen wiederholen. Dann weiss er zwar, was richtig und falsch ist, aber mag trotzdem verbluefft sein, wie viel in beiden Faellen “stimmt” *smile. Im Uebrigen steht wegen der Praezession der Erdachse die Sonne gar nicht mehr in den ihr von der Astrologie zugewiesenen Zeichen: Die Sonne ist z.B. seit Hunderten von Jahren aus dem Sternzeichen der Jungfrau gewandert, wo sie die Astrologie aber immer noch zum Geburtstag von Herrn von Kittlitz als charakterbestimmend verortet. Deshalb kommen jetzt computergestuetzt mehr die Planeten ins Spiel – und von 2-3 von ihnen (Pluto ist astronomisch kein Planet mehr) wusste die klassische Astrologie noch gar nichts.

Was bleibt sind die beschriebenen Versatzstuecke im Horoskop, gefuehlt 85 % positive. Da stimmt dann natuerlich subjektiv sehr viel. Eine gute Astrologin/guter Astrologe ist im besten Fall wie ein Therapeut, der sich in die Klienten einfuehlen kann und ihnen sagt, was sie gerne ueber sich hoeren moechten, und allgemeine Weisheiten weitergibt. Dass dabei Tarnas dem Autor “ein Beduerfnis … die ‘Buerden der Geschichte’ auf sich zu nehmen” attestierte, zeigt, wie das der schlaue Tarnas eben bei einem deutschen Journalisten naheliegend mal so vermutete. M.E. zieht Astrologie oft auch Narzissten an. Die wie im Artikel beschriebenen finanziell gut gestellten darunter koennen es sich leisten, fuer EUR 140 das Gefuehl vermittelt zu bekommen, ihr Leben sei von kosmischer, nicht komischer, Bedeutung. – Hanh Nguyen

 

Ich stelle mir vor, dass Sie eine Menge Leserbriefe bekommen, deshalb herzlichen Dank für Ihre Antwort und meinen Respekt dafür, dass Sie sich diese Mühe machen. Meine Bedenken haben Sie mir Ihrer Antwort keineswegs entkräftet und ich möchte hier nochmal präzisieren: Ebenso wie Sie möchte ich mein Weltbild gerne in Frage stellen und lese deshalb bevorzugt Texte, die meiner eigenen Meinung widersprechen. Um mich zu überzeugen, brauchen Sie aber fundierte Argumente. Gerade wenn man weiß, dass die eigene These etablierten Erkenntnissen zuwider läuft, muss man seine Argumente einer genauen Prüfung unterziehen. Ihre persönlichen Erfahrungen enthalten keine Argumente, die nicht schon längst von Psychologie und Statistik betrachtet und verworfen wurden.

Hätten Sie sich kritisch mit dem Thema auseinandergesetzt, hätten Sie es bemerkt. Psychologen und Statistiker kommen im Artikel aber nicht zu Wort. Wenn Sie im Sommerurlaub beobachten, dass Schiffe schwimmen können, stellen Sie dann in einem Zeitungsartikel die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Gravitation in Frage? Oder gehen Sie vielleicht zu einer Ingenieurin für Schiffbau und zu einem Physiker und lassen sich den Sachverhalt erklären? Sie waren nicht bei der Ingenieurin. Sie haben sich nach der Beobachtung am Meer noch mit einem Experten für übernatürliche Vorkommnisse versichern lassen, dass Dinge schweben können, die Recherche abgebrochen und Ihren Artikel verfasst.

Dass Archimedes das Phänomen bereits vor Jahrtausenden präzise beschrieben hat, haben Sie zwar in einem Nebensatz erwähnt, dieser Tatsache aber keinerlei Bedeutung beigemessen. Garniert haben Sie das ganze mit dem Hinweis, das Anzweifeln von Gravitation gebe einem doch ein angenehmes Gefühl von Leichtigkeit. Nein. Das ist kein ernstzunehmender Versuch, das eigene Weltbild in Frage zu stellen, das ist, wie schon formuliert: Desinformation. – Dominik Sandler

 

Eine gelungene „Eloge“ der Astrologie: mit Augenzwinkern aber respektvoll. Wer auf dem Weg der persönlichen Sinnsuche sich hier verläuft, mag in Untiefen geraten, es wird ihm nicht schaden, er erfährt ohnehin nur das, was er eh schon weiß. Wer die Astrologie aber als seriösen Berater für wichtige Lebensentscheidungen versteht, setzt sich dem Risiko aus, weitreichende (und teure) Fehlentscheidungen zu treffen. Würfeln ist zielgenauer.. Meistens jedenfalls. – Arnold Messer

 

Ich möchte Ihnen als Klinischer Psychologe zu ihrem differenzierten Artikel „Wer glaubt denn sowas“ gratulieren. Ich glaube auch nicht blind daran, sondern habe viele Hinweise gefunden, dass die astrologische Struktur der Archetypen real ist. Die Argumente aus Statistik, Wissenschaftstheorie und Philosophie , eine plausible Herleitung des Grundkonzepts sowie die konkrete Anwendung in der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie habe ich im Buch „Das Entwicklungspotential der Persönlichkeit beschrieben, wo ich neben R. Tarnas auch von S. Grofs „Kosmos und Psyche“ gelernt habe. Das Inhaltsverzeichnis können Sie bei www.amazon einsehen. Auch ich habe einige Synchronizitäten beschrieben. Vielen Dank für Ihre Aufklärung. – Dr. Phil.Wolfgang Krucker

 


 

 

Leserbriefe zu „Der falsche Stoff“ von Evelyn Finger

 

Seit vielen Jahren lese ich die Zeit im Abo und habe diese Entscheidung noch nicht bereut und gehe jeden Donnerstag gern an meinen Briefkasten, um nach der neuesten Ausgabe zu schauen. Vorhin las ich Ihren o.g. Artikel in der heute erschienen Ausgabe und möchte gern dazu einiges anmerken. Ihrer Grundaussage kann ich nur voll und ganz zustimmen, also der Forderung, den Einfluss des politischen Islams zu begrenzen. Ich würde dennoch darum bitten, in dieser Angelegenheit korrekt zu sein. Es gibt im Land Berlin kein Kopftuchverbot, vielmehr ein Neutralitätsgesetz, das von bestimmten VertreterInnen des Staates (insbesondere dann, wenn sie hoheitliche Aufgaben erledigen und eben für den Staat den Menschen gegenüber stehen) verlangt, mit ihrem eigenen religiösen Bekenntnis zurückhaltend zu sein.

Ein reines Kopftuchverbot für Lehrerinnen wäre in der Tat problematisch, jedoch umfasst das Neutralitätsgesetz eben auch Angehörige anderer Religionen, ebenso wenig denkbar wären beispielsweise Lehrer oder Richter mit Kippa. Man könnte sich ja überlegen, warum es ausschließlich bestimmte Vertreterinnen einer Religion sind (wie Sie sagen, tragen ja keineswegs alle Musliminnen ein Kopftuch), die so viel Wert darauf legen, mit Kopftuch zu unterrichten. Es gilt ja kein Berufsverbot für Menschen mit Kopftuch, nur muss ich mir überlegen, inwieweit ich dann in der Lage bin, manche Berufe, in denen ich den Staat vertrete, auszuüben, wenn ich mein privates religiöses Bekenntnis über die (negative) Religionsfreiheit anderer Menschen stelle. Gerade solche Parolen wie Kopftuchverbot sind es doch, die Vertreter des politischen Islams nutzen, um Muslime generell mit einem solchen Framing als Opfer zu kategorisieren, obwohl es ihnen ja vor allem um eine ganz bestimmte Ausrichtung ihrer Religion geht. Ein äußerlich religiös neutrales Auftreten z.B. von LehrerInnen, RichterInnen etc. dient ja letztlich der Freiheit anderer Menschen, denen eben den Staat vertretende Personen gegenüber stehen.

Wenn wir uns vorstellen, wie die Reaktionen wären, wenn ein Richter mit Kippa Urteile über muslimische Jugendliche spräche? Würde man ihm eine unbefangene Herangehensweise abnehmen, selbst wenn er sein Urteil strikt mit den geltenden Gesetzen begründet? Näher an z.B. der Berliner Realität in bestimmten Kiezen ist die Vorstellung einer kopftuchtragenden Lehrerin (wohlgemerkt für Kinder und Jugendliche, das Gesetz betrifft nicht die Berufsschulen), die völlig unabhängig von dem, was sie sagt, natürlich ein Rollenmodell ist und jene Jugendlichen bestärkt, die ihre Mitschülerinnen ohne Kopftuch als unislamisch, Schlampe etc. beschimpfen. – André Meral

 

Evelyn Finger bringt die Ambivalenz des Kopftuchthemas – die ich auch fühle – wunderbar auf den Punkt. Ja, Religionsfreiheit ist ein Menschenrecht. Doch was bedeutet Religion in unserer laizistisch gelebten Gesellschaft, die laut GG vom Christentum und der Aufklärung geprägt sein sollte? Menschenopfer, Teufelsaustreibungen – im Rahmen der Religionsausübung – sind strafbar; Eltern dürfen ihren Kindern – aus religiösen Gründen – nicht eine Bluttransfusion oder den Schulbesuch verweigern. Auch religiös begründete Frauenbeschneidung ist weltweit geächtet, bei der rituellen Beschneidung kleiner Jungen ist das bisher nicht gelungen, nicht einmal in Deutschland. Da wurde das Elternrecht auf freie Religionsausübung über das Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit gestellt. Ein Menschenrecht hebelte das andere aus.

Das Kopftuch ist für uns ein Symbol der Unfreiheit der Frau, entstanden wohl in der Gastarbeiterzeit; trotzdem war es jahrzehntelang kein Problem – bis es von immer mehr muslimischen Frauen offensiv getragen wurde. Warum tragen Musliminnen Kopftuch in unserem Land? Dafür gibt es viele Gründe: Von konservativen über modische, ja auch emanzipatorische bis zu militanten. Immer ist das Kopftuch ein Zeichen der Segregation, des Nicht-Dazu-Gehören-Wollens. – Doch wir tolerieren auch Punks und Groofties, die das Gleiche signalisieren.

Ebenso wenig wie es nur einen Grund für alle gibt, Kopftuch zu tragen, gibt es DEN Islam nicht: Es gab (von 700 – 1400 n.C.) und gibt den aufgeklärten Islam, es gibt Ausprägungen wie den Wahhabismus, es gibt den islamistischen Boko Haram. Es gibt auch keine zentrale Institution, die z.B. grundsätzlich klären könnte, ob das Kopftuchtragen Tradition oder ob es religionsimmanent ist. Da die Muslime selbst in Bezug auf diese Frage – z. T. verletzend – uneins sind, haben unsere Richter, meine ich, nicht das Recht, einfach zu behaupten, das Kopftuch sei ein relgiöses Insignium des Islam. Sie mussten aber eine Lösung finden, die, meine ich, nur eine Einzelfallentscheidung (nach intensiver interkultureller Weiterbildung der betroffenen Richter) sein konnte, falls die klagende Frau einen religiös überzeugenden Eindruck auf sie gemacht hätte. Doch eigentlich sollten sich Richter nicht von Eindrücken leiten lassen… – Dr. Ursula Augener

 

Danke für Ihren Artikel. Natürlich ist nun nicht alles gut! Aber was tun? Das Kopftuch an sich als Kleidungsstück, egal ob religiös-, kultur- oder sozial-bedingt, ist ja nur das Spielfeld des Grundkonfliktes. Wenn eine Muslima „freiwillig“ das Kopftuch trägt, weil der Anstand es ihrer Meinung nach verlangt, so soll sie das tun, wer bin ich, die Befolgung des Anstandes zu kritisieren. Ich gehe ja auch nicht nackt durch unsere Fußgängerzone. Findet sie das Kopftuch ein schönes Accessoir, so denke ich, daß es in der Modewelt viele Narreteien gibt. Trägt sie es in der Schule „auf der Arbeit“, nun, meine Mutter und ihre Reinigungshilfe haben immer ein Kopftuch getragen. Also was soll’s? Wenn eine Muslima „unfreiwillig“, durch Druck das Kopftuch trägt, so ist sie ein Opfer. Ein Opfer kritisiert man nicht, das ist „Nachtreten“. Kritisiert werden muß in diesem Fall derjenige der Druck ausübt und davon profitiert.

Meiner Meinung nach würde sich der Konflikt auflösen, wenn Gleichheit bestünde, Gleichberechtigung bzw. Gleichverpflichtung. Meine Forderung: diejenigen, die Druck ausüben sollen auch Kopftuch, Burka, Hidjab tragen, blickdichte Ganzkörperkleidung auch bei über 35° C, also auch die Männer. Beispiel: seit vielen Jahren wandere ich im Sommer in einem kleinen Bergdorf im Berner Oberland. Unten im Tal befindet sich eines der exklusivsten Hotels der Schweiz, gerne von arabischen Großfamilien besucht. An heißen Tagen ergibt es sich, daß diese Familien einen Ausflug in die Berge machen, um der Hitze zu entgehen. Die Frauen in blickdichter, weiter Ganzkörperverhüllung und Gesichtsschleier, die Mädchen ebenso aber ohne Gesichtsverhüllung, die Jungens im T-Shirt mit Shorts und Sandalen ohne Socken, die Männer im Muscleshirt mit Shorts und Sandalen ohne Socken.

Da sollte doch Gleichheit hergestellt werden und die Jungens/Männer sollten ebenfalls blickdichte Ganzkörperverhüllung und Gesichtsschleier tragen. Aber wir brauchen gar nicht so weit zu schauen. Gehen wir im Hochsommer durch eine beliebige Fußgängerzone. Wir sehen junge muslimische Männer in leichtester Kleidung und, wenn wir sie überhaupt in der Öffentlichkeit sehen, junge muslimische Frauen voll bekleidet. Jetzt freue ich mich, daß ich Ihnen diesen Brief schreiben und mir Luft machen konnte. – Jochen Hoss

 

Vielen Dank für Ihre treffende Analyse. Vielleicht wäre zusätzlich ein Blick in die Geschichte ganz hilfreich, denn nicht nur Muslima tragen Kopftuch, sondern auch Nonnen. Über Jahrhunderte gehörten die Kopftücher der Nonnen zum Schulalltag, leider nicht selten als Symbole einer reaktionären, intoleranten und körperfeindlichen Erziehung, unter der vor allem die Mädchen zu leiden hatten. Noch nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland haben wir Jahrzehnte gebraucht, um mit der weitgehenden Abschaffung der Bekenntnisschulen auch die Kopftücher aus den Schulen zu verbannen und zu einem auf weltanschauliche Offenheit und Toleranz gegründeten Unterrichtsalltag zu gelangen.

Und jetzt sollen die Kopftücher unter einer anderen religiösen Flagge zurückkehren? Gerade wenn das Kopftuch das „wichtige religiöse Symbol“ ist, von dem vor allem die Islamverbände reden, dann hat es in der Schule am Lehrerpult nichts verloren, gleichgültig, ob es katholisches oder ein muslimisches Symbol ist. Warum muss etwa eine Mathematiklehrerin ihren Schülerinnen und Schülern ständig die Botschaft vor Augen halten, dass sie Muslima ist? Ist die permanente religiöse Missionierung das Ziel?

Und wenn ja, wie gehen die anderen Religionsgemeinschaften damit um? Muss jetzt eine „Gegenmissionierung“ einsetzen? Sollten daher – horribile dictu – meine christlichen Geschwister künftig mit einem großen Kreuz auf der Brust unterrichten? Und was machen dann die Unterrichtenden, die keiner Religionsgemeinschaft angehören? Zur wechselseitigen Toleranz der Religionen (und natürlich auch der politischen Weltanschauungen) gehört die dezente Zurückhaltung, und in der – staatlichen – Schule ist sie ganz besonders wichtig, um jede einseitige Indoktrination der Kinder zu vermeiden. Die Geschichte lehrt uns: Bitte keine religiöse oder weltanschauliche Kopftücher am Lehrerpult, weder katholische noch muslimische noch sonstige! – Wolfgang Lechner

 

Dieser großartige, weil aspektereiche und ausgewogene Kommentar von E. Finger bedarf einiger Vertiefung. Es ist höchste Zeit, das verharmlosende „Kopftuch“ durch den aufklärenden Begriff „Haarschamtuch“ (Feridun Zaimoglu) zu ersetzen, um seine religiöse Tabuisierung einer doch unerhörten Beleidigung aller Männer zu entlarven, die selbst unsere höchsten Richter nicht erkennen (wollen?). Es geht nämlich dabei vor und außerhalb aller Religion um die archaischen Männerängste vor offenem Frauenhaar, das unbewusst als gefährliche (weil nur schwer beherrschbare? ) Aufreizung der Instinkte gefürchtet wird, was Religion nur verdrängen und sublimieren soll.

Daher unterwerfen sich Frauen unausweichlich auch dann dieser männlichen Projektion, wenn sie das Tuch frei zu wählen vermeinen. Sie selber wären doch kaum auf eine Pflicht zur Verdeckung „schamloser Haar-Blöße“ verfallen. Nun stünde eigentlich zu erwarten, dass auch der männliche Handschlag verweigert würde, der wahrlich eine ungleich sinnlichere Versuchung darstellt als das offene Haar. Alle Männer sollten sich also rücksichtsvoll verhalten und nur die Hand aufs Herz legen, wie es ja schon lange im Islam Sitte sein kann.

Es ist leider kaum bekannt, dass sich das Kopftuchurteil des BVerfG von 2015 normativ auf die Kleidungsvorschriften der türkischen Religionsbehörde Diyanet stützt, auf die sich jede Lehrerin berufen dürfe, also letztlich auf die wenig frauenachtende Religionspolitik ausgerechnet Erdogans! Was nun die in diesem Urteil statuierte Ausnahme bei einer „konkreten Gefahr für den Schulfrieden“ angeht, wäre eine solche regelmäßig gegeben, wenn sich genug Kollegen und Väter von der Haarschamtuch-Botschaft „Sie sind ein potenzieller Triebtäter!“ offiziell beleidigt und verleumdet erklärten und immer wieder protestierten. Auch eine Männer-Musterklage wäre endlich fällig. Und zuletzt dieser Vorschlag: alle Katholiken sollten sich erkühnen, ihren Glauben ebenfalls optisch zu bekunden, indem sie sich vor jeder Haarschamtuchfrau bekreuzigen.

Warum wird eigentlich dem Muslim kein eigenes optisches Signal seines Glaubens gewährt? Ein grünes Stirnband genügte. Und noch dieses: der Europ. Gerichtshof für Menschenrechte hat noch 2004 das damalige türkische Kopftuchverbot für Studentinnen gebilligt. Alle sieben Richter urteilten, es „verstoße nicht gegen das Grundrecht auf Religionsfreiheit“, denn das Recht der Freiheit Dritter (von dem Druck fundamentalistischer religiöser Bewegungen) stehe höher. Das Verbot diene „dem Schutz des demokratisch-weltlichen Systems sowie der Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der Türkei“. – Guido Kohlbecher

 

Kopftuch in der Schule Dass das Kopftuch für muslimische Frauen und Mädchen ein Symbol des politischen Islam darstellt, habe ich in meiner langjährigen Tätigkeit als Lehrer erfahren. Als ich 1977 als Deutschlehrer an einer Berliner Gesamtschule meine erste Stelle antrat, trug keines der vielen muslimischen Mädchen ein Kopftuch. Sie waren auch genau so locker gekleidet wie die deutschen Teenager. Das änderte sich fundamental, als die weltpolitischen Erschütterungen nach dem Terroranschlag auf das World Trade Center am 11. September 2001 einsetzten. Den Krieg der NATO gegen die Taliban in Afghanistan beantworteten die Muslime in aller Welt mit einer Rückbesinnung auf eine dogmatische Auslegung des Islam. Plötzlich trugen auch im Westen muslimische Frauen in der Öffentlichkeit Kopftuch und auch die ersten Schülerinnen kamen mit Kopftuch in den Unterricht. Heute fühlt sich der politische Islam in Deutschland so stark, dass er versucht, auf die weltanschaulich neutrale Schule Einfluss zu nehmen. Ein Berliner Schüler forderte von seiner Schule die Einrichtung eines Gebetsraums.

Das Ansinnen musste von einem Gericht zurückgewiesen werden. In Berlin-Neukölln forderte ein muslimischer Vater vom Schulleiter, er solle aus der Klasse seines Sohnes alle Lehrerinnen entfernen. Sein Sohn habe vor Frauen nicht den Respekt, den er für ein erfolgreiches Lernen benötige. Eine Schulleiterin wurde von muslimischen Vätern aufgefordert, bei der nächsten Elternversammlung ein Kleid zu tragen, das bis auf den Boden reicht. Islamverbände forderten von der Berliner Schulverwaltung, sie möchte während des Ramadan den Unterricht eine Stunde später beginnen lassen. Zudem sollten in diesem Monat keine Klassenarbeiten geschrieben werden, weil die muslimischen Kinder wegen des Fastens unterzuckert seien. Der Glaubenskrieg wird auch schon von Kindern ausgetragen. Sunnitische Jungen schlugen alevitische Klassenkameraden, weil diese während des Ramadan ihr Pausenbrot verzehrten. Jungen bedrängen muslimische Mädchen, wenn sie (noch) kein Kopftuch tragen. Solche Animositäten lernen Kinder nur von ihren religiös übermotivierten Eltern.

Ich kenne die Mentalität muslimischer Schülerinnen ganz gut. Im Grunde möchten sie genauso erfolgreich lernen wie ihre deutschen Freundinnen und sie möchten dasselbe freie Lebensgefühl erleben, das diesen Mädchen eigen ist. Deshalb kann man erahnen, was geschieht, wenn schon Grundschülerinnen von ihren Eltern das Kopftuch verordnet bekommen: Sie hören auf, unbeschwert herumzutollen. Sie stellen sich auf dem Pausenhof stumm an den Rand und schauen dem ausgelassenen Treiben ihrer Kameradinnen zu. Das Kopftuch und der lange Umgang, der mit dem Kopftuch einher geht, haben diese Mädchen noch in ihrer Kindheit domestiziert. Wenn man all das erlebt hat, weiß man, welche Wirkung von dem Kopftuch ausgeht, das eine Lehrerin trägt. Für Schüler sind Lehrer Vorbilder. Eine Lehrerin mit Kopftuch signalisiert den muslimischen Mädchen, dass eine streng religiöse Einstellung letztlich wichtiger sei als gute Bildung. Solche Mädchen werden kaum Widerstand leisten können, wenn ihre Eltern bestimmen, dass sie nach der 10. Klasse die Schule verlassen, um zu heiraten. Dabei zählen gerade muslimische Mädchen, wenn sie es bis zum Abitur schaffen, zu den Besten.

Dass das Kopftuch ein Symbol des politischen Islam ist, versteht man, wenn man Zeitschriften aus den 1960er Jahren durchblättert. Da sieht man Fotos von Frauen, die in Kabul, Kairo, Tunis und Rabat in kurzen Röcken die Boulevards entlang schlendern und dabei ihre langen Haare frei flattern lassen. Bevor Erdogan die säkularen Gesetze kassierte, galt in der Türkei für Schülerinnen und Studentinnen ein Kopftuchverbot. Als der Islamische Staat im Irak geschlagen war, konnte man TV-Berichte sehen, in denen Frauen ihr Kopftuch vom Kopf rissen, es auf den Boden warfen und darauf herumtrampelten. Intellektuelle Muslimas betonen stets, sie trügen das Kopftuch aus freien Stücken. Wenn es wirklich ein Akt freier Selbstbestimmung ist, der sie zu dem Tuch greifen lässt, wäre es zumutbar, es ebenfalls aus freien Stücken um der Neutralität willen während des Unterrichts abzulegen. Das würde das pädagogische Ethos, der Respekt vor den Schülern, verlangen. Ihre Weigerung, das zu tun, lässt dann doch noch andere Beweggründe durchscheinen. – Rainer Werner

 

Ich gebe Evelyn Finger völlig recht und möchte noch einen Schritt weitergehen. Im Gegensatz zu den genannten Gerichten bin ich der Ansicht, daß eine Lehrkraft in der Schule (vor allem im Unterricht) nicht ihre Religion ausüben soll, sondern Bildung vermitteln muß (was übrigens deutlich mehr ist, als Faktenwissen weiter zu geben), und dabei muß sie erkennbar und nachvollziehbar auf dem Boden unserer demokratischen Grundordnung stehen. Sie sollte nicht unterschwellig für eine Religion (egal ob Christ, Jude, Hindu oder Moslem), sondern klar und deutlich für unser Grundgesetz werben. Wem das Nicht-Tragen eines Kopftuches als unzumutbar erscheint, die muß sich fragen lassen, ob sie die nötige sittliche Reife und innere Unabhängigkeit besitzt, um heranwachsende Generationen genau dies vorleben zu können.

Keine/r muß Lehrer/in an einer weltanschaulich neutralen, staatlichen Schule werden, aber wer es werden will, muß die Regeln kennen und akzeptieren – und nicht im Nachhinein vor Gericht klagen. Leider verletzt der Staat seine religiöse Neutralitätspflicht selbst immer noch in erheblichem Maße, indem Schüler in einer bestimmten Religion unterrichtet und bestätigt werden, anstatt sie über die Inhalte und Praktiken (und Irrtümer!) aller wesentlichen Weltreligionen vergleichend aufzuklären. Erst dann wäre Neutralität hergestellt, und der junge Mensch könnte sich selbst entscheiden, unter Zuhilfenahme des erlernten Werkzeugs. – Wolfgang Heckl

 

Ihren Beitrag habe ich mit Interesse gelesen. Einige Tatsachen zum Thema bleiben leider unerwähnt. Hier frage Ich mich, geschah das wissentlich, Sie sind doch Journalistin, vielleicht auch unwissentlich. Letzteres wäre menschlich und ist nie auszuschließen. Da Zweifel und Fragen zum Denken verführen, habe ich über ihre Betrachtung zum islamischen Kopftuch viel nachgedacht. Wenn es wahr ist, dass, zitat: „…nur eine Minderheit der in Deutschland lebenden muslimischen Frauen ihr Haar bedeckt“, frage ich mich, wo Sie diese Erkenntnis gewonnen haben?

Meine Wirklichkeit im Deutschunterricht für Migranten, dort wo Musliminnen tätig sind, in der Öffentlichkeit und bei persönlichen Kontakten mit Musliminnen bei gegenseitigen Besuchen ist eine völlig andere. Mit sehr wenigen Ausnahmen tragen alle Musliminnen das symbolische Kopftuch. Bereits in der Grundschule tragen die von ihren Eltern abhängigen Mädchen „freiwillig“ das islamische Kopftuch und sondern sich so von ihren „ungläubigen“ Mitschülern ab. Beschimpfungen sind an der Tagesordnung. Mehrfach wurde ich in die Familien eingeladen. Immer wurde das Kopftuch getragen.

Was sagt Ihre Bemerkungen, „manche Islamtheologen bestreiten vehement, – dass diese Kopfbedeckung ein religiöses Symbol im eigentlichen Sinne sei“ und – aus dem Koran lasse sich keinerlei Verpflichtung zum Tragen ableiten, Über die Lebenswirklichkeit muslimischer Frauen in Deutschland aus? Die Mehrheit der hier lebenden Muslime teilt ausdrücklich die Aussagen, die manche lslamtheologen vehement bestreiten. Die Insider des Islam Chardortt Djavann, Kamel Daoud, Dr. Necla Kelek, Prof. Nasr Hamid Abu Zaid, Ahmad Mansour, Abdel – Hakim Ourghi, Malek Bajbuj, Imam Taren Obrou,, Samuel Schirmbeck, Hamed Abdel-Samad und viele andere haben sich in ihren Publikartionen zum Thema öffentlich geäußert. Sie bieten einen anderen Erkenntnisgewinn an. Das ist offensichtlich politisch nicht gewollt. Über deren Argumente spricht man nicht. Diese Tatsachen über das Kopftuchtragen als Symbol werden von der öffentlichen Debatte weitgehend verbannt. Insider des Islam werden vielleicht sogar als „rechte Islamfeinde“ eingestuft.

Toleranz gilt einseitig dazu, die Ansprüche der politisch-muslimischen Minderheit schrittweise durchzusetzen. Wo bleibt die Toleranz der Muslime gegenüber der Mehrheitsgesellschaft, die Anerkennung ihrer Gesetze, ihrer Lebensweise? Kinder sprechen noch unbedarft die Wahrheit, sie verstellen sich nicht. Das Verhalten muslimischer Schüler gegenüber ihren Lehrerinnenund ihren deutschen Mitschülern bietet einen tiefen Einblick, wie deutsche „Ungläubige“ herabgewürdigt werden.

Es gibt viele unterschiedliche religiöse Weltanschauungen in Deutschland. Die meisten leben ihre Spiritualität, ohne sich der Öffentlichkeit aufzudrängen. Des sozialen Friedens willen sollten wir uns mit der Denkweise des französischen Katholiken, Philosophen und Politikers Jean Jaurès, „la laïcité“ beschäftigen. Sie allein ist die Grundlage der Freiheit des Individuums. Victor Hugo hatte bereits das Machtstreben der katholischen Kirche gegeißelt mit der Forderung: „Der Staat bei sich, die Kirche für sich!“ Die Umsetzung dieser Denkweise hat sich in Frankreich in mehr als 100 Jahren durchaus bewährt. Erst jetzt wird sie auch dort von Teilen der Muslime und in deren Fahrwasser von der Kirche infrage gestellt. – R. Schmolling

 

Am 28.8. habe ich meinem Ärger über die Ausgabe vom 27.8. Luft gemacht, in der ich hinterher doch noch etwas fand, was ich mit großem Interesse las: Das Interview mit Greta Thunberg. Dieses Mädchen ist wirklich unglaublich! Es ist – wie schon im letzten Leserbrief festgestellt – einfach verblüffend, wie unterschiedlich die ZEIT-Ausgaben ausfallen. Und wer Kritik äußert, darf zum Loben nicht zu faul sein! Deshalb jetzt bitte an dieselbe Adresse, an die die Leserbriefredaktion meine Kritik von neulich weitergeleitet hat: Die neue ZEIT, die vom 3.9., ist geradezu prallvoll von Beiträgen, die ich jetzt verschlinge.

Zu allererst Evelyn Fingers Leitartikel gleich auf Seite 1! Auf zwei halben Spalten schafft sie es, das komplexe Thema so differenziert auseinanderzunehmen, dass alle wichtigen Aspekte zur Sprache kommen und billige Auswege verbaut sind. Chapeau!!!DAS ist die Qualität, wegen der ich DIE ZEIT abonniere (seit den 60er Jahren) und mir sogar ins Ausland nachsenden lasse, wenn ich länger weg bin (was in diesem Jahr zwar entfällt, aber im Prinzip unverändert gilt). So viel für heute, mehr zu Beiträgen in dieser Ausgabe wird folgen, da sie wirklich ein Echo verdienen. – Thelma von Freymann

 

Ich habe mich immer über die Religionskriege im 16. und 17. Jahrhundert gewundert: von Aussen betrachtet sind die Unterschiede zwischen den christlichen Religionen minimal, trotzdem haben sich die Menschen deswegen abgeschlachtet. Wir haben anscheinend doch kleine Fortschritte gemacht: die meisten Proteste von QAnon, Corona-Leugnern und Aluhut-Trägern verlaufen wenigstens nur verbal, es besteht Hoffnung. – Peter Pielmeier

 

In der Kopftuchdebatte wird es nur dann Fortschritte geben, wenn man von einem generellen Entweder-oder absieht, und erst mal versucht, die Ausgangsbedingungen dafür zu klären. Also muss das Religionsverständnis vorurteilslos hinterfragt werden. Ich erkenne zwei Richtungen: Die Einen fassen Religion als ein aus höheren Welten stammendes, unveränderliches Konzept auf, an dem wir Glauben und Verhaltensweisen ausrichten sollen, die Anderen sehen keine grundsätzlich spaltende Trennung zwischen Göttlichem und Menschlichem.

Für die Ersten wird Religion zum Kult, weil es um die Befolgung von standardisierten Regeln und den Vollzug von Ritualen geht, für die Zweiten steht das menschliche Miteinander zum Wohl aller Beteiligten im Vordergrund. Bezogen auf den gegenwärtigen Islam heißt das, dass dessen politische Ausprägung sich weitgehend vom Religiösen entfernt hat und das durch Vorschriften und deren Kontrolle ersetzt worden ist. Für liberale Muslime bildet der Bezug zur Religion eher einen Freiraum für eigene Erfahrungen, Entscheidungen und Verantwortung. Das Tragen eines Kopftuchs ist dann kein Muss mehr, sondern ein Zeichen für die Bereitschaft offen, also ohne Besitzansprüche jeglicher Art, miteinander umzugehen. Wenn das so verstanden wird und es keinen Wettbewerb um die strengere Bindung gibt, habe ich auch nichts gegen Tücher auf den Köpfen muslimischer Lehrerinnen. – Christoph Müller-Luckwald

 

Mittlerweile weiß ich nicht mehr, wer das Thema Kopftuch zu einem wichtigen Symbol macht. Die Frauen, die es tragen? Die Gesetze und Institutionen, die es verbieten? Alle andere, die ständig darüber reden? Damals in der Türkei, wo ich aufgewachsen bin, habe ich in der Uni schüchterne Mädchen bzw. junge Frauen gesehen, die bei den Klausuren ganz in der hinteren Reihe mit ihren Kopftüchern über die Schultern, schnell und gestresst ihre Arbeit schrieben, damit sie schnell wieder ihren Kopftüchern über den Kopf ziehen dürften. Es war nur in Vorlesungen toleriert, obwohl in der Uni verboten. Sie taten mir leid. Ich wäre selbst wütend, wenn ich etwas tun müsste, ohne den Sinn dahinter verstanden zu haben. Wie könnten sie jemals Teil der Gesellschaft werden, wenn die Institutionen der gleichen Gesellschaft sie so ausschließt?

Unsere Kinder dürfen heutzutage in jeglichen Klamotten, oder halb nackt, in jeglichen Haarfarben oder ohne Haare sowie mit jeglichen jugendlichen, kommerziellen und modischen „Symbolen“ in die Schule gehen. Sie tragen Symbole unterschiedlicher Religionen, Lebenseinstellungen, sexuelle Orientierungen, Sprachen, Glauben, politische Einrichtungen… Das Gleiche gilt auch für die Lehrer*Innen. Ob Ohrring, kurzes Kleid, grüne Haare, Kopftuch, schwarze Boots, zu viel Schmuck, zu alte Jeans, zu moderne Schuhe, ob Junge, Mädchen oder Divers, ob schwarz, gelb oder weiß, ob völlig gesund oder in irgendeiner Form eingeschränkt… Eigentlich sind diese Sachen nie ein Thema für unsere Kinder. Sie beladen die Situation nie mit Deutungen, Kritik oder Politik. Sie nehmen sich gegenseitig und ihre Lehrer*Innen so an wie sie eben sind.

Fragen wir lieber nach, wie die Lehrerin (mit oder ohne Kopftuch) ihre Arbeit macht. Kann sie ihr Stoff gut übermitteln? Hat sie die Klasse im Griff? Agiert sie pädagogisch und altersgemäß? Beherrscht sie die moderne Technologie, um einen vielfältigen und vielseitigen Unterricht zu gestalten? Engagiert sie die Klasse in Debatten und Diskussionen, die das eigenständige Denken fördert, mehr Fragestellungen anregt und stets respektvolle Auseinandersetzungen moderiert? Wenn ja, fragen wir lieber die Schülerinnen und Schüler, ob das Kopftuch der Lehrerin in so einem Fall für sie einen Unterschied machen würde, ob sie es gar merken würden. Ich kenne einige Lehrerinnen, die kein Kopftuch tragen, aber schon im mittleren Alter lebensmüde sind, ihren Job ungern und wo immer möglich gar nicht machen, die weder pädagogisch noch altersgemäß agieren können.

Welche ist uns lieber, ein Mensch der mit Freude und Engagement (und eben mit Kopftuch) lehrt, oder der Mensch der seine Lebensmüdigkeit und Unzufriedenheit bis in die Arbeit bringt und auf unsere Kinder auslädt? Vielleicht ist eine ‚Chemielehrerin mit Symbol‘ für unsere Kinder viel lieber als eine Chemielehrerin, die weder an Chemie noch am Lehren Freude spürt. Das Kopftuch wird erst dann kein politisches Symbol mehr sein, wenn wir aufhören darüber zu reden, über die dahinter stehenden Intentionen zu raten, ja wenn wir es einfach als Teil des Lebens, als eine der unzähligen Symbolen der Menschheit annehmen. Erst wenn Kopftuch ein Normalität wird, dann werden die Frauen nicht mehr für das Recht des Tragens kämpfen müssen. Und wenn sie nicht mehr dafür kämpfen müssen, werden sie sich in der Gesellschaft bzw. in den gesellschaftlichen Instituten wohler fühlen. Und genau das wollen wir ja erreichen.

Dass immer mehr jüngere Menschen sich an Bildung interessieren, damit sie selbstständiger werden, ihre eigene Entscheidungen treffen, sich nicht unterdrücken lassen und irgendwann eben auch solche selbstständige Kinder erziehen. Sie haben mit dem Satz begonnen, „Vielleicht ist es am besten, gleich am Anfang zuzugeben, dass auch wir in der Redaktion der ZEIT Teil des Problems sind.“ und dann trotzdem einen ganzen Artikel über das Thema geschrieben, dabei nichts ist neu: Das Kopftuch als Symbol, Unterdrückung der Frauen, politische Sichtweisen… Die Politik nutzt sowieso jede Gelegenheit, Sachen für eigene Interessen zu thematisieren. Unsere Hoffnung auf mehr und positive gesellschaftliche Änderung liegt eher an Medien als Politik. Irgendwann wurde es eine Normalität, in kommerziellen Bildern Menschen aller Farben zu zeichnen. Wenn die Frau mit Kopftuch eine ähnliche Anerkennung, eine ähnliche Normalität bekommt, erst dann wird das Kopftuch nicht mehr ein politisches Symbol sein, und die Frauen, die sie tragen, werden immer freier in ihren Weltsichten und persönlichen Entscheidungen. – Didem Özkan

 

Ja, Islamwissenschaftler bestätigen, dass das Kopftuch kein – zumindest ursprüngliches – religiöses Symbol sei, sondern das eher sanfte Ende einer Skala, deren hartes andere Ende die Vollverschleierung durch die Burka ist. Alles auf dieser Skala soll die „Reize“ der Frau verhüllen, denn unverhüllt gilt sie als freies Jagdwild, verhüllt als Eigentum der Familie oder eines Mannes. Keine Frage, dass ein solches Frauenbild für unsere Gesellschaft unter keinen Umständen tolerierbar ist. Also Kampf dem Kopftuch und erst recht seinen Steigerungen auf der Skala bis zur Burka? Vielleicht löst sich das Problem auch auf ganz andere Weise. Kürzlich beobachtete ich eine junge Muslima, wohl noch Schülerin, die zwar ein Kopftuch trug, darunter jedoch einen knallengen Pulli und ebenso knallenge Jeans. Beides, Pulli und Jeans, brachten ihre atemberaubende Figur so richtig zur Geltung. (Man verzeihe mir diese Beschreibung, aber hier musste sie mal sein!) Ich stelle mir vor, was da zu Hause abgeht: „Was wollt ihr denn noch, ich trage doch das Kopftuch!“ – Dr. Jürgen Schnakenberg

 

Wichtiger, wohldifferenzierender Titelbeitrag. Es ist nicht sachdienlich, islamkritische Haltung automatisch mit rechter Gesinnung gleichzusetzen. Religionskritik gehört genauso zu unserer Kultur wie Religionsfreiheit. Und beides kann man überziehen. Auch der politische Islam ist nach Maßgabe der Religion, unangefochten. Wo sind die Grenzen und wer zieht sie? – Gudrun Beck

 

Das Urteil des Gerichts, Lehrkräften das Tragen religiöser Symbole an Schulen zu erlauben, kollidiert doch mit der Pflicht des Staates, dort weltanschauliche Neutralität vorzuschreiben. Das Neutralitätsgesetz des Staates verbietet nicht das Tragen von religiösen Symbolen in der Öffentlichkeit, nur, wie hier, wenn es sich um den kulturell hervorgehobenen Bereich der Schule handelt! Der demokratisch verfasste Staat muss hier konsequent diese Trennung beachten und die Forderung islamischer Fundamentalisten zum generellen Kopftuchzwang ablehnen, der eine Unterdrückung der muslimischen Frauen darstellt und leider als politische Waffe einer Religion missbraucht wird. Theologische Ungereimtheiten oder Irrtümer zeigen sich im Kosmos der Religionen Katholizismus und Islam gleichermaßen : Die katholische Kirche beharrt auf dem Zölibat, obwohl Jesus und seine Jünger das nie forderten und im Koran steht auch nichts über einen Kopftuchzwang. – Klaus Reisdorf

 

Covid-19-Pandemie: sind ansprechende Masken möglich? Das Tragen eines Mund-Nasenschutzes wird häufig abgelehnt, obwohl die Risiken und Gefahren dieser Verhaltensweise hinlänglich bekannt sind. Einige Gründe hierfür sind die Unbequemlichkeit und Häßlichkeit einer Maske, oder Atembeschwerden und das Beschlagen einer Brille. Zumindest für die Brillenträger in der deutschen Bevölkerung (ca.67%) lassen sich Über- legungen anstellen, wie man diese Situation ändern könnte. Um die Akzeptanz einer Maske zu verbessern, könnte man an eine Mund-Nasen-Brille denken, die individuell angepaßt wird. Konkret also an ein Gebilde aus durchsichtigem Weichplastik, das z.B. seitlich und an der Unterkante von einem Steg begrenzt ist.

Ein Schlitz könnte mit Filter- material ausgekleidet sein. Gehalten würde dieses System wie ein Visier an den Bril- lenbügeln. Durch die individuelle Anpassung würde die MN-Brille Kinn, Mund und Nase optimal überdecken. Das System könnte leicht und unauffällig sein, und Mund und Nase wären sichtbar! Nach Gebrauch würde man die MN-Brille in einem geeigneten Futteral entkeimen. Erwähnenswert ist hier, dass fast alle Brillenträger ihre Sehbrille nicht desinfizieren ! Viele andere Möglichkeiten der Ausgestaltung und Befestigung eines derartigen Mund- Nasenschutzes sind denkbar, natürlich auch für Nicht-Brillenträger. Wichtig erscheint mir, mit Priorität an die Entwicklung neuartiger und attraktiver Masken zu gehen. Die Covid-19-Pandemie ist noch längst nicht ausgestanden, und andere Viren stehen möglicherweise vor der Tür. – Dr. Volker Hepp

 

Zu Ihrem Artikel habe ich eine Frage (insofern ist das eher kein zur Veröffentlichunge gedachter Leserbrief): Sie schreiben „Wir wissen natürlich, dass nur eine Minderheit der in Deutschland lebenden muslimischen Frauen ihr Haar bedeckt…“ Ich will das gerne glauben, aber: Woher wissen Sie das? Gibt es eine Statistik, eine Umfrage, eine Zählung ?Oder ist das nur so ein allgemeiner Eindruck? Das würde mich SEHR interessieren. Ich habe 18 Jahre lang in einem stark muslimisch geprägten Umfeld gearbeitet (Grundschule) und hatte den gegenteiligen Eindruck, also eher dass die Mehrheit der Musliminnen Kopftuch trägt.

Die beiden letzten Abschnitte Ihres Artikels möchte ich übrigens ausdrücklich unterstützen. Ich habe das mehrfach erlebt, dass Musliminnen von ihrer (meist türkischen oder arabischen) Community angegangen wurden, wenn sie oder ihre Töchter kein Kopftuch trugen. Nebenbei bemerkt bin ich sicher, dass eine nicht unerhebliche Zahl nichtmuslimischer/christlicher/ agnostischer Eltern ihre Kinder in einer anderen Schule anmelden würden, wenn die Klassenlehrerin ein Kopftuch tragen würde. – Sibylle Clement

 

Natürlich, durch das Tragen etwa eines Kreuzes oder eines Kopftuchs kann ich meinen Glauben zu erkennen geben, kann mir durchaus Identität, Zugang und Abstand verschaffen. Aber die Gesellschaft und ich sollten nicht oberflächlich sein und mich (lediglich) über Aussehen und Gestalt(-ung) definieren. Wissen und Glauben tragen den Wert, den sie nach innen und nach außen vermitteln. In dem wir uns also mittels Worten und Taten ausdrücken, wir die Tugenden unseres Geistes und Geistlichen verwirklicht leben und würdigen, erst geben wir unsere Überzeugungen selbstverständlich und in höchstem Maße zu verstehen. Diese „Dialektik der Aufklärung“ erscheint mir – nach wie vor – die sinnvollste und die einzige zu sein, die den fürwahr spalterischen Diskurs zwischen vermeintlicher Intoleranz und Naivität befrieden und sodann (hoffentlich) früher denn später gänzlich obsolet machen kann. – Matthias Bartsch

 


 

 

Leserbriefe zu „Was der Fluss weiß“ von Fritz Habekuß

 

Eine kleine geographische Korrektur zu Artikel „was der Fluss weiß“ in der Zeit 37/2020. Der Minnesota Fluss fließt in der Nähe von Minneapolis in den Mississippi ein. Der Missouri Fluss fließt erst bei St. Louis in den Mississippi ein. Das steht falsch im Artikel. Der Fluss weiß es auch nicht, aber der gute Mensch, hier Autor und Redakteur gemeint, hätten es wissen müssen, oder? – Francis Harvey

 

Der Mississippi vereinigt sich bei St. Louis und nicht bei Minneapolis mit dem Missouri. Ich habe mir das drei Winter lang, manchmal täglich von oben ansehen dürfen. – Roland Kühn

 

Der Fluss weiß nichts. Er fließt. Im Rhythmus der Natur: Er baut ab und baut auf. Er verändert die Welt, indem er sich unentwegt verändert. Und der Mensch? Fritz Habekuss, der uns auf seiner Reise auf dem Mississippi ein Stück weit mitnimmt, zeigt uns eine Momentaufnahme aus dem Anthropozän. Jenem Interregnum, in dem der Mensch vergaß, dass er Teil der Natur war. Er zeigt uns den unveränderlichen harten Rhythmus des Menschen: Ausbeutung. Ausbeutung. Ausbeutung. Während die Kräfte der Natur – Wassers, Feuer, Wind, Hitze, Frost, Tektonik, organisches Leben – weiter auf- und abbauen und die Welt verändern. Vom Fluss können wir lernen: Dass das weiche Wasser in Bewegung mit der Zeit den mächtigen Stein besiegt. Und von den Reisebildern von Fritz Habekuss: Das Projekt der Moderne – Zivilisation, Demokratie, Humanität, Freiheit und Gleichheit – wird scheitern, wenn es sich weiter gegen die Natur stellt. Überleben geht nur so: Miteinander leben! – Reinhard Koine

 

Auch bei der ZEIT habe ich schon erlebt, dass gute Beiträge mit dilettantischen Grafiken illustriert wurden. So wohl auch hier. Der Grafiker zählt Chikago zu den großen Städten am Mississippi, von St.Louis weiß er nichts. Und dann die irre Behauptung, es gebe im Großraum Mississippi mehr schiffbare Flusskilometer als im gesamten Rest der Welt zusammen! Offenbar hat er noch nie vom Amazonas und allen seinen Nebenflüssen gehört, vom Orinoco, La Plata, Nil, Niger, Kongo, Ganges, Mekong,Yangtse, Amur, Lena, Jenisej, Ob, Wolga, Don, Dnjepr, Donau,Weichsel, Oder, Elbe, Rhein, Maas, Rhone, ach ja, auch St. Lorenz und Yukon. Doch dann beim Lesen Ihres Artikels dämmerte mir, dass er seine Informationen wohl von Ihnen hatte, denn auch Sie kennen kein St.Louis, sondern der Missouri mündet bei Minneapolis in den Mississippi. Und überhaupt – eine einzige Jeremiade! Welch ein Kontrast zu dem klugen Beitrag auf der nächsten Seite… – Falk Häckel

 

In ihrem Artikel schreiben Sie: .. die Wahrscheinlichkeit, an Krebs zu erkranken, ist hier in machen Gemeinden bis zu 700-mal so hoch wie im Durchschnitt des Landes. Im Landesdesdurchschnitt der USA ist die Wahrscheinlichkeit etwas über 39%. https://www.cancer.org/cancer/cancer-basics/lifetime-probability-of-developing-or-dying-from-cancer.html39% mal 700 > 100% Woher stammt denn der Faktor 700 ? – Gerd

 

In Ihrem interessanten Bericht über den Mississippi ist Ihnen ein grober Fehler unterlaufen. Der Missouri fließt nicht bei Minneapolis in den Mississippi sondern bei St. Louis. Im Übrigen fließt eigentlich der Mississippi in den Missouri, denn der Missouri ist an dieser Stelle der deutlich längere Fluss. – Jörg-Peter Domschke

 

Im Artikel „Was der Fluss weiß“ (ZEIT N° 37) ist ein inhaltlicher Fehler enthalten. „Bei Minneapolis fließt der milchige Missouri in den Mississippi, der hier die Farbe von Daarjeeling-Tee hat“. Richtigerweise fließen die beiden Flüsse bei St. Louis zusammen. – Christoph Schönweiler

 

Seit wann fließt der Missouri bei Minneapolis in den Mississippi? Es ist der Saint Crolx, ich kenne die Stelle gut. – Erika Dettmer

 

Vielen Dank für Ihren interessanten Artikel zum Mississippi in der o.g. Ausgabe, Nr. 37. Den Namen des Autors konnte ich leider nicht entdecken. Sehr aufschlussreich sind die von ihm als Fazit aufgezählten Lektionen. An einer Stelle aber muss ich wohl meine Geografiekenntnisse überdenken: in der Mitte der 3. Spalte wird gesagt, dass der Missouri bei Minneapolis in den Mississippi fließt. Ich dachte bisher, dies wäre in St. Louis. Vielleicht müsste ich auch meinen Atlas korrigieren… – Michael Schreck

 

Ich habe Ihren gut gelungenen Artikel über das „Was der Fluss weiß“ mit Zustimmung gelesen. Schon die Lektüre der Abenteuer von Tom Sawyer und Huckleberry Finn hat mir vor langer Zeit eine Ehrfurcht vor diesem kontinentalen Strom eingehaucht. Ich nehme an, dass Mark Twain wusste, dass der Missouri nicht bei Minneapolis, wie Sie schreiben, sondern viel weiter südlich bei St. Louis in den Mississippi mündet. Das fiktive St. Petersburg, das Zentrum der Heldentaten, liegt etwas oberhalb dieser Mündung. Wahrscheinlich war’s ja nur ein Verwechsler. Ich schreibe Ihnen aber doch, weil ich immer irritiert bin zu sehen, wie wenig geographische Kenntnis herrscht in unserer scheinbar so weltläufigen Gesellschaft. Immerhin gleich zwei Flüsse wussten es ja auch! – Dr. Dietmar Kuck

 

„Bei Minneapolis fließt der milchige Missouri in den Mississippi …“ So ein Quatsch. Man muss nicht Geografie studiert haben, um es besser zu wissen. Und die vier M in diesem Satz, die vielleicht ein stilistisches Sahnehäubchen darstellen sollten, machen die Schlamperei auch nicht wett. Was mich zunehmend aufregt: Journalisten machen sich durch so oberflächlich recherchierte (oder redigierte oder lektorierte oder korrigierte) Artikel angreifbar: Wenn schon solch simple Sachverhalte falsch wiedergegeben werden, kann man dann den ganzen anderen Behauptungen noch trauen?

Der Leser (damit meine ich mich) wird misstrauisch – und wenn er dann „alley“ mit „Allee“ übersetzt findet (schön wär’s, aber dieses allzu einfache English ist dann doch „from bad parents“), wird er in allen Vorurteilen gegenüber Journalisten bestätigt. „Die schreiben doch nur irgendwelche Artikel und Texte anderer Leute schlecht und sinnentstellend ab. Die Hälfte ist sowieso falsch, leider weiß man nicht immer, welche…“ Für die 5,70 Euro, die ich allwöchentlich zahle, erwarte ich schon, dass sich alle in der Redaktion ein wenig Mühe geben und derartige Pfuscherei vermeiden. – Andreas Werner

 

Vielen Dank für diesen interessanten Bericht. Im Einzelfall kann ich mir durchaus vorstellen, das Menschen nachhaltig vom Fluss lernen. Im Großen und Ganzen bleiben derartige Reisen aber meines Erachtens für die Anbieter ein Geschäftsmodell und für die Teilnehmer eine Art Konsumgut. Eine Anmerkung darf ich mir noch erlauben: Die Diskussion, ob die Bevölkerungsgröße oder der Konsum Auslöser der Ökokatastrophe, wird häufig geführt, läuft aber in´s Leere. Hilfreich war für mich die UN-Definition der Überbevölkerung von Rio 1992: „Eine Überbevölkerung liegt vor, wenn der betrachteten Bevölkerung eine nachhaltige Lebensweise bei dem von ihr gewünschten Lebensstil aufgrund der Bevölkerungsgröße in dem zur Verfügung stehenden Lebensraum nicht mehr möglich ist.“

Beide Faktoren, Bevölkerungsgröße und Lebensstil, bilden zusammen eine Art Produkt. Wenn dieses Produkt zu groß wird, ist es müßig, zu diskutieren, welcher der beiden Faktoren „schuld“ ist. Vielerorts gilt die Bevölkerungsgröße als ohehin nicht beeinflussbar (in freiheitlichen Systemen), der erste Faaktor wird deswegen als gerne als belangslos dargestellt. Die Projektionen des Bevölkerungswachstums z.B. der UN oder des WIC wirken zudem trotz erheblicher Unsicherheiten und ohnehin den schon jetzt übergroßen Herausforderungen auf viele beruhigend. Nichts desto trotz gilt auch, dass wir für den von uns gewünschten Lebensstil zu viele sind, als dass wir nachhaltig leben köönten. – Dr. Christian Voll

 


 

 

Leserbriefe zu „Wutbürger 2.0“ von Martin Machowecz

 

Sehr gelungen in der Unaufdringlichkeit. Sehr klar im Blick auf die Zusammenhänge. Sehr richtig im Facit: Nur reden hilft, mit den Ansprechbaren. Reden ist souverän. Aufgeregtheit ist der von den „Stürmern“ gewünschte Reflex. „Unerträglich?“, wie der Bundespräsident sagt. Wer nur „unerträglich“ sagt, ist nur bei sich, im Selbstgespräch. Und bestätigt in der Reflexhaftigkeit die „Stürmer“. Sprachlosigkeit ist ein Zeichen von Hilflosigkeit. Sprachlosigkeit ist nicht souverän. Ein wahrer Leitartikel: Regiehilfe für die, die etwas zu sagen haben sollten. – Reinhard Koine

 

Sie vergleichen in ihrem Artikel die aktuellen Demonstrationen mit den damaligen von Pegida – und erklären, wie ein deutschlandweites „Reservoir von Aggressiven“, durch schwierige politische Entscheidungen Bürger für ihre Zwecke motivieren könnten. Dabei frage ich Sie: Inwiefern sind die 2000-3000 (Quelle: Süddeutsche Zeitung, „Im Westen Sit-ins, im Osten Randale“) randalierenden Reichsbürger, ein „Zulauf von einer großen Zahl an Menschen“, im Vergleich zu den etwa 40.000 friedlichen Teilnehmer jeglichen politischen Spektrums?

Warum stellt es sich für viele als Problem dar, wenn Gruppen mit verschiedenen Meinungen sich zusammentun, um für etwas zu protestieren? Ist es nicht genau das, was eine Demokratie auszeichnen sollte? Menschen, die sich ungeachtet ihrer kulturellen oder politischen Unterschieden zusammentun, sich bei den (mit Ihren Worten!) „Falschen ein[…]reihen“, zeigen erstmal deutlich mehr Toleranz, als diejenigen, die sich auf der vermeintlich richtigen Seite der Moral wähnen. Um es klar zu machen: Den „Reichsbürgern“ unterstelle ich keinesfalls Toleranz. Aber ich habe den Eindruck (und den kann ich mit Fakten nicht belegen!), dass der Rest von dem Sie sprechen, diejenigen die „nicht so recht wissen, wohin [mit ihrer Kritik]“, sich sehr wohl mit den Zahlen und Fakten auseinandersetzen. Nur kommen sie eben zu anderen Schlüssen, als die Regierung. Das sei ja erlaubt, räumen Sie ein, doch müsse man (als Teil des „aufgeklärten Milieu[s]“) diesen Menschen sagen, „wo sie Grenzen überschreiten“ – so wie man einem Kind erklärt, dass es etwas zwar Wollen darf, die Erwachsenen es ihm aber trotzdem nicht geben werden.

Alles in allem gehen Sie zwar auf die verschiedenen Aspekte der der Demonstration ein, geben die Argumente der Gegenseite allerdings kaum wieder. Die Demonstranten werden ganz klar einem vermeintlich schlechten Licht dargestellt (siehe Vergleich Pegida). Ein Vergleich mit den Klimaprotesten im Braunkohlerevier wäre durchaus möglich gewesen, auch da demonstrierten viele Friedliche neben einigen gewaltbereiten Extremen. Leider ist dies (mein Gefühl!) fast immer der Fall. Nur werden die Ausmaße des Extremen dann besonders groß geschrieben, wenn die Demonstranten dem Mainstream entgegen stehen. – Matthieu Tiltmann

 

An Ihrem Artikel stört mich sicherlich nicht die Aufforderung, wieder mehr miteinander zu reden, um Politikskeptiker*innen davon zu überzeugen, dass man zwar die Weisheit nicht mit Löffeln gegessen habe, aber an bestmöglichen Entscheidungen arbeite. Was mich stört, ist die anfangs subtile, dann immer offener zutagetretende Diskreditierung unserer ostdeutschen Mitbürger*innen. Sie verwenden Begriffe wie „rechte[…] Ossis“, „fünf Sorgenprovinzen hinter der Elbe“ oder – wenn auch ausdrücklich in Anführungszeichen – „Dunkeldeutschland“. Ja: Den Osten unterscheidet noch 30 Jahre nach der Einheit so Einiges vom Westen. Und ja: Die Wahlergebnisse der AfD fallen im Osten prozentual höher aus. Aber was hilft es, wenn sich ein Dinnergast bei mir über mein dreckiges Geschirr beschwert, zu sagen, beim Nachbarn sei nicht einmal das Waschbecken sauber?

Die ZEIT veröffentlicht so viele wunderbare Artikel, die zu Miteinander statt Gegeneinander aufrufen, hier aber entsteht nur Eines: auf Seiten der westdeutschen Leser*innen das Gefühl, es gut genug zu machen und weiterhin das Geschirr ungespült in den Schrank zu stellen, auf Seiten der ostdeutschen Leser*innen die Erkenntnis, sowieso mit dem Nachbarn verwechselt zu werden, der sein Waschbecken mit braunen Flecken besudelt hat. Dass dort die Ablehnung all dessen wächst, was hochnäsig-westdeutschdemokratisch daherkommt, ist dann nicht mehr so verwunderlich. Wollen wir ein weiteres Abdriften nach rechts mittel- und langfristig verhindern, müssen wir Chauvinismus und Demokratiefeindlichkeit als das annehmen, was es ist: ein gesamtdeutsches Problem. – Sebastian Filthaus

 

Wenn Sie es schaffen, die Flüchtlingskrise mit dem Coronaausbruch zu vergleichen, dann werden Sie es auch schaffen, die Rückkehr der Störche im Frühjahr mit der Geburtenzahl 2020 zu vergleichen. “ Das wär kein Zeichen von Schwäche sondern von Stärke“. Sie schaffen das. – Reinhard Schmitz

 

Ich verfolge schon seit langem eure Berichterstattung und Meinungsäußerungen zur Coronakrise und bin immer wieder aufs Neue erstaunt über eure Ingnoranz, eure schlecht bzw. unrecherchierten Artikel, die nur die regierungsamtliche Sicht der Dinge widergibt. Ich war zusammen mit meiner Frau am 29.08. in Berlin beim großen Friedensfest auf der Staße des 17. Juni und an der Siegessäule. Es war eine unübersehbare Menge an Menschen, die vollkommen friedlich und diszipliniert ihrem Protest gegen die Coronamaßnahmen der Regierung zum Ausdruck gebracht haben. In eurem Wutbürgerartikel wird diese friedliche Großdemo in eine Reihe mit den rechtsextremen Ausschreitungen in Heidenau und Chemnitz gestellt. Wir sind keine Coronazweifler oder gar Leugner. Wir haben auch nicht jedes Maß verloren.

Diesen Vorwurf muss man der Regierung machen, deren Maßnahmen völlig überzogen und dazu noch völlig unsinnig sind, wie z.B. das Maskentragen. Wenn jetzt allerorten gesagt wird, in einer Demokratie muss auch gestritten und diskutieret werden, dann kann ich nur feststellen: Die Diskussion wurde und wird von der Regierung und den Medien bis heute nicht geführt. Wo sind die Stimmen der Kritiker dieser Coronamaßnahmen? Prof. Bhakdi hat schon am 29.03. einen offenen Brief an Angela Merkel geschrieben mit 5 Fragen zum Coronakrisenmanagement und hat bis heute keine Antwort darauf bekommen. Es gibt inzwischen hochkarätige Wissenschaftler, Ärzte und Anwälte, die die Corona Maßnahmen heftig kritisieren und eine echte Diskussion über das Coronaregime fordern.

Keiner diese Leute kommt in den sog. Mainstreammedien vor. Statt dessen sieht man seit Monaten nur Drosten und Wieler und ihre immer gleichen Statements. Wie kann es sein, dass in den Abendnachrichten eine völig friedliche Demonstration von mehreren Hunderttausend Menschen einfach ausgeblendet wird und stattdessen eine kleines Häuflein von sog. Reichsbürgern, die die Treppe des Reichstags stürmen, auf allen Kanälen gezeigt wird? Wer die Sache genau betrachtet wird feststellen, dass das Ganze eine Inszenierung war, die die Regierung gebraucht hat, um eine große, kraftvolle Manifestation von vielen unzufriedenen Bürgern aus der Mitte der Gesellschaft zu bagatellisieren und in die rechte Ecke zu schieben. Die Sache ist so durchsichtig, dass es mich wundert, dass gut ausgebildete Journalisten das nicht durchschauen. Ich bin nun als langjähriger Abonnent der ZEIT zum Schluss gekommen, dass ich diese Art des Journalismus nicht länger unterstützen kann und habe mein Abo gekündigt. – Thomas Finkbeiner

 

Ergänzend zu Ihrer aktuellen Titelgeschichte („Wie solidarisch sind wir noch?“) möchte ich an ein Ereignis vom 3. September vor genau 60 Jahren erinnern – unseren Olympiasieg im Ruderachter. Karl-Heinz Hopp, Manfred Rulffs, Kraft Schepke und ich als Schlagmann hatten bei den Europameisterschaften ein Jahr zuvor in Posen den EM-Titel im Vierer ohne gewonnen. Es schien eher möglich, in Rom beide Vierer zu gewinnen als den Achter. Doch unserem Trainer Karl Adam und Präsidenten Walter Wülfing sei Dank, dass sie alle überzeugen konnten, im Achter zu starten. Der Achter war und ist das Königsboot des Rudersports.

Der Achter ist nun mal die Mannschaft an sich. Das Zusammenspiel der Kräfte, das gemeinschaftliche, formgleiche Zusammenhandeln wird dort besonders versinnbildlicht. Alle sind gleich wichtig. Alle ziehen am gleichen Riemen – mit gleicher Druckverteilung, gleicher Bewegung in die gleiche Richtung. Keiner kann sich allein hervortun. Vom einzelnen, jeweils gleichen, rhythmisch integrierten und koordinierten, aber kraftmäßig additiven Beitrag jedes einzelnen hängen die Gesamtbewegung und der Erfolg aller ab. Die Metapher trägt weiter. Das Bild hat mythische Faszination, ist ein geradezu philosophisch bedeutsames Symbol.

Ich bin in Ratzeburg aufgewachsen, und Karl Adam war seit der Obertertia bis zum Abitur mein Klassenlehrer. Wir haben stets und ständig diskutiert. Da ich ohne Vater aufwuchs, war er mein Vaterstellvertreter und ich sein Stellvertretersohn. Zwei Jahre vor meinem Schulabschluss wurde 1953 der Ratzeburger Ruderklub gegründet. In der Schüler-Ruderriege der Lauenburgischen Gelehrtenschule begann ich mit dem Rudern – übrigens unter Adam als Protektor. Ohne ihn hätten wir die Geschichte im Achter niemals geschrieben, weil er eine ganz besondere, einzigartige Leistungsatmosphäre prägte, indem er uns ohne viele Worte zur steten Selbstüberwindung und damit zu extremen Hochleistungen zu motivieren vermochte. Das Mitmachen, Dabeisein faszinierte so sehr, dass man sich trotz allem Individualismus dem Ansporn dieser Gruppenstimmung nicht entziehen konnte und wollte. Dadurch überwand man sogar manche heftigen Binnenkonflikte, die auf dem Höhepunkt jeder enervierenden Saison mit gruppendynamischer Regelmäßigkeit ausbrachen.

Er behauptete sogar, dass Konflikte intern ein bisschen angeheizt werden müssen, um eine größere „Wut“ im Bauch zu erzeugen, die durchaus positive Leistungseffekte auslösen kann. Das muss aber gesteuert werden, damit die Mannschaft daran nicht zerbricht. Trotz aller Unterschiede und gelegentlichen inneren Streitigkeiten und Konkurrenzen entwickelte sich ein Wir-Gruppen-Bewusstsein, eine Art gelebter Schicksalsgemeinschaft, eine gemeinsam geschätzte, in gewissem Sinne heroische Tatbereitschaft, mit der sich jeder Beteiligte insgeheim stolz identifizierte – und es im Nachhinein heute noch tut. Auch wenn sich unsere Wege trennten, so lebt doch die Mannschaft im Geiste weiter. Die Erinnerung bleibt, idealisiert, vergoldet. Wenn wir uns treffen, zeigen sich alte Beziehungen, Positionen, Hackordnungen, Freundschaften, Sympathien wieder ganz lebendig.

Solche Eigenhandlung und Eigenleistung, wie ich sie später beschrieb, schien uns damals Lebenssinn zu geben: Im Handeln liegt der Sinn. Das galt aber auch in der gemeinsamen Aktion, im perfekt abgestimmten Ruderschlag, dem Mannschaftsrhythmus. Dessen Takt trug uns manchmal wie von selbst voran – im fast melodischen Gleichklang, getragen auf den Wellen des gemeinsam erlebten Fließens, des rhythmisch sich selber fortsetzenden Flow-Erlebens. Selbst zu handeln, selbst zu rudern – das haben wir im Sport gelernt, geübt, genossen. Der Sport als anspruchsvollste Schule der Eigenleistung, diese Prägung blieb uns allen fürs Leben. – Prof. Dr. Hans Lenk

 

Martin Machowecz verharmlost das, was am letzten Samstag im August in Berlin geschehen ist. Zu Recht haben Bundespräsident und haben andere Spitzenpolitiker darauf hingewiesen, dass man zwar die Maßnahmen zur Corona-Eindämmung der Regierung kritisieren und dagegen demonstrieren kann, dass man aber nicht mit Rechtsradikalen zusammen auf die Straße geht. Natürlich ist es ein gefährliches Spiel, wenn die „Mitte der Gesellschaft“ mit Rechtsradikalen und Verschwörungstheoretikern gemeinsame Sache macht. Die Pegida-Anhänger pauschal als Wutbürger zu verharmlosen ist ebenso wenig hilfreich wie die Charakterisierung der Corona-Leugner als Wutbürger 2.0. – Winfried Wolf

 

Ich verstehe kaum, warum darüber überhaupt geredet wird: Demokratie heißt, miteinander zu reden, zu verhandeln, mit Achtung – so lange, bis man Kompromisse findet oder bis man merkt, dass man sich alles gesagt hat und sich zu wenig annähert, dann sollte man schweigen, nicht schlagen (mit Worten oder Fäusten). Manche meinen, sie wollen nicht mit Menschen anderer Meinung reden, um denen keine Gelegenheit geben, ihre Überzeugungen mitzuteilen, also die Verbreitung zu verringern. Ich finde das unsinnig, diese Menschen finden dann andere Gelegenheiten. Ich vermute eher, wer Gespräch verweigert, der fürchtet, die eigene Meinung zu wenig vertreten zu können. Pack Herr Gabiel sagt, er wollte „dem selbst ernannten Volk…ein Signal senden“: Es sei nicht erlaubt, zur Gewalt aufzurufen oder sie anzuwenden:

Für mich ist „Pack“ Gewalt in Worten, sie verletzt die Menschenwürde, da sie Menschen bezeichnet und herabwürdigt. Gut fände ich, wenn Herr Gabriel „verletztende Worte und Taten“ verurteilt hätte oder eine „furchtbar gewalttätige Stimmung“, sicher gibt es treffendere Formulierungen. Herr Opitz, das sehe ich als Christ wie Sie: böse Gedanken, Worte und Handlungen verurteilen, aber den Menschen, der sie äußert, zu verstehen suchen und ihm zeigen, dass man ihn als Menschen achtet, würdigt. Sophie Garbe: Satan, Weltherrschaft und Attila Hildmann Wie kann so eine Theorie oder Vorstellung so viele überzeugen oder mitreißen? „Verschwörungsmythen als Mittel, die Ungerechtigkeiten der Welt zu erklären,“ fasst Sophie Garbe das gut zusammen. Das dürfte einigen Anhängern so gehen: So viel bleibt schlimm, obwohl viele sich für Frieden, Bildung, Arbeit und Gesundheit einsetzen:

Krieg in Syrien, Explosion in Beirut und vieles anderes. Es bleibt verletzend, weil auch viele dafür sorgen, dass es so bleibt, weil sie Vorteile davon haben. Ich weiß so wenig darüber. Da ist ein (scheinbarer) Vorsprung an Wissen verlockend und „dieses Gefühl, dass man mehr weiß als die anderen, macht abhängig“, das erklärt Moritz Seger gut. Ich kenne jemanden, die viel Wut auf „das System“ hat, weil sie politische Vertreter für große Schwierigkeiten ihres Privatlebens verantwortlich macht. Manchmal kommen bestimmte Ereignisse mir so absurd vor, dass ich überlege, ob manches doch (ganz) anders ist als es in Medien, die ich sehe (überregionale Tageszeitungen, Talkshows von ARD und ZDF), dargestellt wird:

Welche Macht haben Bundestag, bestimmte Konzerne oder Organisationen? Ich zweifle z.B. etwas an den Corona-Maßnahmen, weil Menschen, die ich für sehr verständig halte, die Corona-Maßnahmen völlig übertrieben finden. Oder ich finde es verrückt, dass Trump gewählt wurde und so beliebt ist. Jan Ross und Heinrich Wefing: Mit Ungeduld und Spucke Sie erklären das überzeugend: Teilnehmer der Anti-Corona-Demo meinen: „Es gibt eine andere, wahrere Wirklichkeit hinter den vermeintlichen Lügen. Und wir haben sie erkannt.“ Ich nehme an, dass das nicht (hauptsächlich) an den Corona-Nachrichten und -Maßnahmen liegt, diese verstärken aber ein Gefühl, den Eindruck, dass zu viel verschwiegen wird, dass einige Mächtige (Politiker, Konzernmanager, Milliardäre…) mehr bestimmen, als Bürger das wissen. Der Autor spricht sich dafür aus zu experimentieren, die Debatte um Corona-Maßnahmen sehr offen auszutragen. Ja, das kann helfen. Ich finde es gut, Bildung zu stärken (Kita, Schule) und den investigativen Journalismus. – J Müller

 

Was passiert hier gerade? Ich wundere mich über die allgemeine und insbesondere Ihre Berichterstattung über die Demonstrationen in Berlin. Warum werden die Menschen, die daran teilnahmen in Schubladen gepackt? Ich bin weder Virologin, Ärztin oder Epidemologin, aber ich verfüge über einen gesunden Menschenverstand. Da frage ich mich, warum Sie von 50.000 Demonstranten berichten, wenn es doch auf den Photos ganz offensichtlich viel mehr Menschen waren, die daran teilnahmen? Sie berichten von den Wenigen am Rande, die den Reichstag gestürmt haben. Sie berichten von QAnon-Anhängern, Rechtsextremen, Reichsbürgern, Systemkritikern, Linken, Coronaleugnern und Verschwörungstheoretikern. Warum fragt niemand, was so viele Familien, so viele friedliche Menschen ohne obengenannte Schubladenzugehörigkeit auf die Demonstrationen treibt? Die Gefahr ist groß, dass nur auf die Extreme und nicht auf die Mehrheit geschaut wird. Wo sind die Journalisten, die kritische Fragen stellen, die forschen, recherchieren und hinterfragen? Was passiert hier gerade? – Christiane Neß

 

Ihr Leitartikel ist erholsam nach dem hilflosen Geschrei der Gutbürger (Politik und Medien) anlässlich des sogenannten Reichstagssturms. Sie haben erkannt, dass die eigentliche Querdenker -Demo ein politisches diskursives Interesse hatte und man dieses keinesfalls (wie noch vor vier bei Ihnen in der Zeit) abkanzeln oder totschweigen sollte. Eröffnen Sie das lang ersehnte Gespräch! Wir müssen jetzt eine Debatte über die Coronapolitik führen und mit Fakten statt mit Moral argumentieren. Es kann nicht sein, dass sich Gutbürger (Wir denken an unsere Mitmenschen und befürworten daher alles ,was die Regierung uns vorschreibt) über Wutbürger moralisch erheben und keinerlei Diskussion zulassen. Die Demokratie lebt vom Streit (H.Schmidt), das ist das Motto Ihrer Zeitung und diesem sollten Sie treu bleiben. – Thomas J.Birgel

 


 

 

Leserbriefe zu „Mit Ungeduld und Spucke“ von Jan Roß und Heinrich Wefing

 

Ja, wir sollten wieder zu einem Modus der Vernunft zurückkommen. Man könnte noch ergänzen, dass die Grippe in Deutschland im Jahre 2017/18 nach vorsichtigen Schätzungen 325 Tote pro 1 Mio. Einwohnern (27.000:83 Mio) gefordert hat. Keine weltweit wirkenden Maßnahmen hatten stattgefunden. Bei Covid-19 waren es bisher, wenn die Messungen und Todesursachen stimmen, 112 Tote pro Mio Einwohnern. In ca. 165 Ländern der Welt sind es – zum Teil sehr viel – weniger, viele Länder haben unter einem 1 Toten pro Mio. Einwohnern. Aus den Statistiken des offiziellen Worldometer und dem Coronavirus-government-response tracker ist zu ersehen, dass weltweit zwischen Maßnahmen und Todeszahlen pro Mio. Einwohnern keine Korrelation oder Kausalität abzuleiten ist. https://www.worldometers.info/coronavirus/?utm_campaign=homeAdvegas1? https://www.bsg.ox.ac.uk/research/research-projects/coronavirus-government-response-tracker

Besonders der „Government response stringency index“ über der Zeitachse im zweiten Link spricht Bände. Viele Länder mit sehr stringenten Maßnahmen wie manche europäische Länder haben zum Beispiel sehr viel (z.B. hundertfach) mehr Tote pro Mio. Einwohnern zu verzeichnen als Länder mit gemäßigten Maßnahmen. Wie es Prof. Dr. Daniel Davis in seinem spannenden und allgemein verständlichen Buch über Immunologie „The beautiful cure“ (Die schöne Heilung) so wunderbar beschreibt: Unser Immunsystem ist wunderbar gemacht und bewirkt wunderbaren Schutz, wenn es gut funktioniert. Wirklich Immunschwache sind also human zu schützen. Viele Studien belegen diese Beobachtungen auch wissenschaftlich: Unser Immunsystem (z.B. T-Zellen Kreuzimmunität aufgrund anderer Coronaviren) spielt die entscheidende Rolle bei der Bekämpfung von SARS-CoV-2.

Ich meine, es wäre gut, wenn Politiker und Medien Herrn Prof. Streeck (z.B. vor einigen Tagen im Interview mit Frau Maischberger), Herrn Prof. Bhagdi und Herrn Prof. Ioannidis endlich gebührend Gehör schenken. Das ist immer noch möglich. Und dann merken wir: Das Corona-Fiasko ist der Geist aus der Flasche unseres endlichen Daseins auf dieser Erde, den wir mit Gewalt und vergeblich durch den Stopfen unseres funktionalen Materialismus einzusperren versuchen. Oder etwas prosaischer: Die Angst vor dem Tod treibt uns in die Irrationalität. Dann können wir auch den verheerenden Folgen der Maßnahmen in unserem Land und weltweit ehrlich ins Auge blicken, wieder alle miteinander reden und gemeinsam versuchen, das Schlimmste noch zu vermeiden. – Gerhard Jahnke

 

Die Autoren konstatieren, das Irritierendste an den („Corona“)-Protesten sei die Umdeutung der Realität. Gestritten werde nicht mehr über die Bewertung von Fakten und die politischen Schlussfolgerungen daraus, sondern über die Fakten selbst. Genau darum geht es. Ein Fakt, eine Tatsache, ist etwas, das über etwas wahr ist. Fakten sind also Aussagen. Wer bestimmt, ob diese Aussagen wahr sind? Vor allem im Bereich der Politik. Bedürfen bestimmte (Zombie)-Begriffe wie „rechts“ oder „links“ nicht der Erklärung? Sind sich alle einig in der Frage, wer ein „Flüchtling“ ist? Ist Trump uneingeschränkt der „Bäh-Tyrann“, der die Lüge propagiert? Der demokratische Diskurs braucht die rationale Auseinandersetzung, das setzt aber voraus, dass auch Andersdenkende und Kritiker des herrschenden Diskurses gehört und ernst genommen werden, insofern es sich nicht nur um leere Redebereiche und damit um leeres Geschwätz handelt.

Vielleicht täusche ich mich, aber nach meiner Wahrnehmung findet eine solche breite rationale Auseinandersetzung in Deutschland kaum statt. Die Nachrichtensendungen nicht nur der öffentlich Rechtlichen präsentieren uns eine mehr oder weniger einheitliche Sicht auf die Welt, dasselbe gilt für die politischen Magazine und Talkshows. Warum sehe ich keine kritischen, andersdenkenden Köpfe in den Talkshows, wie z.B. Norbert Bolz, Roland Tichy, Rüdiger Safranski oder Henrik M. Broder? Das Gemeinwohl existiert nicht a priori, sondern es entsteht erst im kritischen Diskurs unterschiedlicher Gruppen und Interessen. Das ist die Grundidee einer pluralistischen Demokratie. Wenn aber jeder Kritiker ein Populist oder ein Verschwörungstheoretiker ist, was bleibt da, als zu behaupten, die Erde sei eine Scheibe oder Corona existiere nicht. – Klaus Lüßenhop

 

Zu Ihrer aktuellen Titelgeschichte („Wie solidarisch sind wir noch?“): Prof. Dr. Dres. Hans Lenk schreibt in seinen Erinnerungen: „Es ist der 3. September 1960. Wir sind auf dem Albaner-See bei Rom, unterhalb des Papstpalastes von Castelgandolfo. Ein Kratersee, auf dem schon in der Antike Bootsschlachten und Ruderregatten stattfanden. Historisches Terrain.“ Erstmalig gewann vor genau 60 Jahren ein deutscher Achter (mit Studen­ten-Ruderern aus Ratzeburg und Kiel) die olympische Gold­medaille. Diamantenes Jubiläum! Der Deutschlandachter wurde fortan zu einer festen Größe im weltweiten Rudersport. Der Dichter Hagelstange schrieb über dieses historische Rom-Rennen: „Der Achter, das ist die Mannschaft an sich!“ Gerade in Coronazeiten ein tröstliches Leitwort gegen jede Isolation und Selbstbezogenheit. – Felix Evers

 

Zum wiederholten Male bin ich nun durch die aktuelle Ausgabe (Nr. 37) sehr enttäuscht von der immer weniger kritisch werdenderen BerichterstattungAber der Artikel von Heinrich Werfing und Jan Ross „Mit Ungeduld und Spucke“ ist nur unwesentlich weniger unfreundlich den Demonstranten und Gegnern der aktuellen Corona Maßnahmen gegenüber, als der Leitartikel den Heinrich Werfing vor ein paar Wochen geschrieben hat. Das experimentierfreudige Klima, das sich die Autoren für das weitere Vorgehen in der Krise wünschen, ist ein frommer Wunsch, der in keiner Weise im Text konkretisiert. Er widerspricht dem ängstlichen Bemühen der Umfragewerte der neuesten Studien (die aus meiner Sicht stark von Ängsten und den unkritischen Medien Konsum beeinflußt sind) und dem erneuten Ein-Kategorisieren der Maßnahmen Kritiker! Wie wär´s mit selbst mal Hingehen um sich ein differenzierteres Bild machen zu können? Vielleicht würde das die Gereiztheit auf beiden Seiten abbauen helfen?

Wie wäre es außerdem mit wissenschaftlich neueren Erkenntnissen über die Gefährlichkeit des Virus (Lethalitäts-Spanne, im Vergleich mit anderen Viren) anstatt der Aussage, dass der Virus von einer „apokalyptischen Bedrohung“ zu einer „mittelschweren Gefahr“ eingestuft werden kann!? Der Artikel macht Angst vor dem Verwirrung und dem Taumeln in den Herbst und Winter mit diesem Journalismus voller Ressentiments und eben fehlender Experimentierfreude! Oder habe ich etwas überlesen?

Außerdem wurde mir richtiggehend übel als ich auf der Terrasse des Helmut-Schmidt-Hauses das „Zeit-Weiterentwicklungs-Team“ gesehen habe- alle mit Maske, im Sommer, an der frischen Luft, bei minimalem Infektionsgeschehen!? Kein Wunder dass die Berichterstattung zum Thema Mund-Nasen-Schutz beklagenswert einseitig in den letzten Ausgaben ausgefallen sind… Hallo!? Sie brauchen für ihre, eigentlich großartige, Zeitung keine neuen Ressorts, sondern eine Rückbesinnung auf die Werte die guten, kritischen Journalismus eigentlich ausmachen! Ich bitte sie um ein kurzes Innehalten genau an diesem Punkt in dieser Krise, bevor wir uns als Gesellschaft an noch mehr Verordnungen und moralinsauren Appellen noch weiter aufreiben. – Claudius Merz

 

Sie fragen:“Wie kommt die Republik wieder zur Vernunft?“ Leider gehört „Die Zeit“ zur Zeit, nicht gerade zu den Leuchttürmen des investigativen Journalismus. Was Sie meiner Meinung nach sehr gut beherrschen, sind die Interview Artikel. Zitate und Gedanken aus dem im Betreff genannten Artikel: „…die lächelnde Verbrüderung mit den Rechtsextremisten. Das Irritierendste ist die Umdeutung der Realität.“ Im Gegenteil. Die meisten der protestierenden sind friedliebende Bürger, die sich von links und Rechtsextremisten durch ihr Verhalten distanzieren. Sie wollen eine auf Augenhöhe geführte Diskusion über die Realität. „Mediziner verkünden, es gebe das Virus gar nicht und auch keine Kranken in den Krankenhäusern.“

„Aber welche politischen Angebote kann man heute skeptischen Menschen machen, die mitten in der Pandemie bestreiten, das es das Virus überhaupt nicht gibt?“ Wer sind diese Mediziner? Kein ernstzunemender leugnet den Virus, noch die Kranken und auch nicht die Verstorbenen. Es ist vielleicht eine geringe Minderheit (keine Mediziner), die behauptet, den Virus gebe es nicht. Warum sollten aber diese in einer Demokratie diffamiert werden? „Gestritten wird hier nicht mehr über die Bewertung von Fakten…“ Wie währe es, wenn „Die Zeit“ diese Plattform bieten würde? „…sind immerhin 26 Prozent der Deutschen davon überzeugt, das Corona Virus sei in einem chinesischen Labor hergestellt worden.“

Wenn sowohl der amerikanischer wie auch der chinesischer Außenminister dieses behaupten, wo bleibt dann der investigative Beitrag der Zeit dies zu widerlegen, damit das „Fußvolk“ aufgeklärt wird? Nein, es kommt keine Medienschelte an die genannten Außenminister, sondern an die Leute die diese Gedanken auch äußern. Fair? „Die Infektionszahlen steigen,…“ Fakten über die Zahlen die man in Relation setzt? Artikel über positiv getestete, infizierte, Kranke mit mildem oder schwerem Krankheitsverlauf? Die Grundlage aller Entscheidungen, der PCR Test? – welche Aussagekraft hat er, ist er validiert, warum bis heute nicht, wo bleibt die Aufklärung, die ausgewogene Berichterstattung?

Bitte nicht nur die zwei medial omnipräsente Experten fragen! „Bevor ein verlässlicher Impfstoff zur Verfügung steht, hört dieser Stress jedenfalls nicht auf.“ Wie kommen Sie zu so einem Satz? Wo bleiben die Artikel über Sinn und Unsinn einer Covid 19 Impfung? Gelebte Demokratie ist, wenn die Menschen aufeinander respektvoll zugehen, Gegensätze aushalten, Kompromisse finden und friedliebend ihre Zukunft gemeinsam gestalten. Die Zeitung „Die Zeit“ hat bei der Mitgestaltung eine sehr verantwortliche und privilegierte Position. – Arpad Grieshaber

 

Guter Artikel. Allerdings: „Nur zehn Prozent meinten, die Maßnahmen seien übertrieben. Zehn Prozent aller Deutschen wären allerdings immer noch acht Millionen Menschen.“ Ich bin nun wirklich kein Mathe-Genie, aber: Die 10% aus der Umfrage waren, nehme ich an, Erwachsene, mündige Bürger. Bei den 80 Millionen Deutschen sind ALLE drin: mündige und unmündige, alte und junge, große und kleine, Erwachsene und Kinder. Insofern hinkt für mich Ihre Rechnung. Sollten Sie mir zustimmen, dann erhören Sie meine Bitte: Seien Sie exakt. Die ZEIT hat es verdient. Merci. – Kurt Eimers

 

Es ist schon beeindruckend, mit welcher Stoik die Autoren den Demonstrierenden demokratisches Verhalten absprechen. Die subtile Haltung im Artikel, dass keine andere Wahrheit neben der einen (medial hochgehaltenen) Mehrheits-Wahrheit (?) ‚diskutiert’ werden darf, ist sowas von lächerlich. Wo sind die Karl Popper in diesem achso wissenschaftlichen öffentlichen „Diskurs“ über die Relevanz der Corona-Maßnahmen? – Alexander Buddrick

 

Gott sei Dank sind Sie nicht auf den Zug der empörten Gutbürger aufgestiegen, die das Ende der Demokratie in der sogenannten Reichstagserstürmung herannahen sahen. Auch Sie werden sich gefragt haben, wo denn plötzlich die Polizei und die BTPol waren? Andreas Geisel hatte es doch geahnt und trotzdem kam es zum „Sturm“…??? Zuviele Fragen blieben offen. Sie haben diese primitive Ablenkungsmanöver vieler Politiker und Medien nicht mitgetragen, und das ist gut so! Anders noch als in der Ausgabe nach dem 1.8 werden die Demonstranten in der Zeit nicht mehr generell als Rechtsexteme oder Althippies diffamiert, sondern Sie gehen noch subtiler vor und versuchen die Demonstrierenden pauschal als realitätsfern,Realitätsleugner oder Umdeuter der Realität ins Lächerliche zu ziehen.

Sie sagen es werden Fakten geleugnet, Fakten und Wissenschaft werden nicht anerkannt. Nein, es ist leider umgekehrt. Die Regierung und auch Sie erkennen die Fakten nicht an. Sonst würden Sie die vom Robert Koch Institut herausgegebenen Zahlen zum Coronavirus der Öffentlichkeit präsentieren und auch realistisch deuten. Das wäre ihre Aufgabe und dann käme vielleicht ein Diskurs zustande, der von Ihnen scheinbar nicht gewünscht ist. Nehmen wir zwei Ihrer Aussagen heraus: 1.Mediziner sagen, es gebe keinen(Corona) Kranken in den Krankenhäusern. Betreffende Mediziner sagen aber eher, es gebe so gut wie keine Kranken. Bei ungefähr 240 Covid 19 Fällen auf deutschen Intensivstationen (seit mehreren Wochen) hat diese Aussage natürlich einen weitaus höheren Wahrheitsgehalt als von einem der Pandemie geschuldeten Zusammenbruch des Gesundheitssystem zu sprechen.

Damit wurden ja auch die Maßnahmen begründet. (Deutschland hat mehr als 80 Millonen Einwohner) 2. Auch die Todesfälle halten sich, wie Sie dann selbst schreiben in Grenzen. Immer muss eine solche Zahl im Vergleich gesehen werden, das wissen Sie selbst. Und das machen auch tausende für Sie realitätsferne Menschen. Natürlich steigen auch die „Infektionszahlen“, auch Sie werden jeden Tag älter. Sie müssten aber eher schreiben, dass die Anzahl der positiv Getesteten im Verhältnis zur Anzahl der Getesteten seit Wochen kontinuierlich abnimmt und in der 35 Kalenderwoche nur noch bei 0,77% liegt. Nur dann können Sie und auch Jens Spahn von einem demokratischen Diskurs sprechen, wenn Sie in der Lage sind , Zahlen richtig zu deuten. Übrigens 10% Der Corona Politik Kritiker sind immer noch mehr als die Wählerschaft der Grünen bei der letzten Bundestagswahl.

Diese waren ja auch mal realitätsfern. Das lässt hoffen, nur bitte ohne die polymorphe Perversion der Grünen. Es bleibt noch die Frage mit wem Sie überhaupt überhaupt über Alternativen in der Coronapolitik reden wollen, denn von Seiten der Politik ob Regierung oder Opposition oder der ach so freien Presse ist ja bislang wenig gekommen. Und ohne den Druck der Straße (der Rechten und Realitätsleugner) und den alternativen Medien (natürlich auch rechte Verschwörungstheoretiker) hätten Sie weiterhin die krude nicht mehr verständliche Corona-Politik der Regierenden ungestört unterstützen können. – Thomas J. Birgel

 

Ja- Geduld braucht man jetzt. Spätestens nach der Studie der Uni Tübingen vom Juni 20 steht fest, daß wir alle Von Anfang an eine ausreichende Immunität gegen alles und jedes, auch gegen Corona hatten und haben – nämlich die bekannte Herdenimmunität. Daher waren (und sind)ALLE Maßnahmen von Anfang an entbehrlich und falsch. Jedes Jahr sterben hierzulande ca. 800.000 Menschen, davon ca. 2% an Grippe. Dies wird auch dieses Jahr nicht anders sein. Kein bisschen anders. Bitte widerlegen Sie mich-bitte! Warum also dieser Hype. Können Sie keine Kurven/Zahlen lesen ?? – Fritz Junghans

 


 

 

Leserbriefe zu „»Kann sein, dass ich kein guter Jude bin«“. Gespräch mit Daniel Cohn-Bendit geführt von Giovanni di Lorenzo

 

Ich kenne als ehemaliger Stadtbaurat von Hanau Daniel Cohn-Bendit in seiner zeitgleichen Rolle als Frankfurter Stadtrat und uns trennen auch nur zwei Jahre. Meine große Sympathie für ihn war u.a. von seiner erkennbaren Distanz zu religiösen Einflüssen bestimmt, gerade weil man von seiner jüdischen Herkunft wusste. Ich habe eine christliche Herkunft und Teile meiner Familie haben „den Geist Adolf Hitlers“ bis ins jetzige Jahrtausend nicht ablegen wollen. Weil ich mich aber mit 15 in ein sehr schönes und hoch gebildetes jüdisches Mädchen verliebte, kam es wegen deutlicher und artikulierter, von mir nicht nachvollziehbarer Vorbehalte zum Bruch mit meiner Religion und Teilen meiner Familie.

Dieser Umstand führte mich dann zu einer sehr persönlichen und bis heute geltenden Beschäftigung mit den Gründen des Antisemitismus. Dabei führt es auch bei mir zu tränenreichen Momenten und zur gnadenlosen Verachtung für Antisemiten, wenn ich filmische Aufarbeitungen sehe oder Besuche in den Konzentrationslagern erlebe. Seine ehemalige Sicht der politischen und vielschichtigen Identität, welche nichts mit religiösen Hintergründen zu tun hat, bleibt jedoch mein uneingeschränktes Credo, weil eine Abkehr in meinem Verständnis eine völlig überflüssige Stärkung identitärer Strömungen fördert. – Jürgen Dressler

 

Wunderbarer Parfoceritt durch die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland von den Fünfzigerjahren bis in die Jetztzeit. Aus der Sicht eines Protagonisten (Daniel Cohn-Bendit) der die studentischen Revolten/Unruhen 1968 in Frankreich theoretisch und praktisch mitgestaltet hat. Der wie Wolf Biermann aus seinem Land ausgewiesen wurde, aber wie Biermann sich mittlerweile wieder, wie es scheint, ausgesöhnt hat. Vom Häuserkampf in Frankfurt letztendlich in das Europäische Parlament und zu guter Letzt zurück zu seinen jüdischen Wurzeln. Eine frohe Botschaft von ihm ist, dass nach seiner Meinung Juden in Deutschlan sich relativ sicher fühlen können. Aber der latente Antisemitismus ist leider auch hier vorhanden. Deutschland hat noch nicht ausgelernt was den Umgang mit Rassismus und Antisemitismus betrifft. Das hervorragende Interview mit Daniel Cohn-Bendit gehört in die Hauspost für jede und jeden Bundestagsabgeordnete/Bundestagsabgeordneten. Vor allem in die Postkästen der AfD. – Felix Bicker

 

Sie füllen das Dossier vom 3. September 2020 mit einer Aneinanderreihung langweiliger Anekdoten eines selbstverliebten Cohn-Bendit, und schon die erste Anrede: „Lieber Herr Cohn-Bendit…“ bereitet uns darauf vor, dass wir es in keiner Weise mit einer kritischen Auseinandersetzung zu tun haben. So hole ich das denn mal nach.

Lieber Herr Giovanni di Lorenzo, Lieber Herr Cohn-Bendit, es gibt Zeilen, die wir alle ganz sicherlich schon häufig gelesen haben. Wir sollten es in diesem Zusammenhang wieder und wieder tun: „Die Sexualität eines Kindes ist etwas Fantastisches. Man muss aufrichtig sein, seriös, mit den ganz Kleinen ist es etwas anderes“, berichtet Cohn-Bendit aus seinem Alltag als Erzieher in einem Frankfurter Kinderladen, „aber wenn ein kleines fünfjähriges Mädchen beginnt, sie auszuziehen: Es ist großartig, weil es ein Spiel ist. Ein wahnsinnig erotisches Spiel. Die Sexualität eines Kindes ist etwas Fantastisches.“ Und: „Mein ständiger Flirt mit den Kindern nahm erotische Züge an (…) Es ist mir mehrmals passiert, dass einige Kinder meinen Hosenlatz geöffnet und angefangen haben, mich zu streicheln.(…) wenn sie darauf bestanden, habe ich sie dennoch gestreichelt.“

Cohn-Bendit distanzierte sich selbstverständlich von seinen Aussagen, er ist ganz Karrieremensch. Und viel zu eitel, um jemals von irgendeinem Rampenlicht zurückzutreten. Er sollte aber so billig nicht davonkommen, denn seinen durchaus autobiographisch gesetzten Text als „schlechte Literatur“ wegzureden, lässt ihn nicht aus der Schlinge. Es ist in diesem Zusammenhang interessant zu wissen, dass das Büro Cohn-Bendit den Wegschluss seiner Akten in dieser Sache verfügt hat. An einer wirklichen Aufarbeitung ist er nicht interessiert.

Leider wurde Cohn-Bendit mit dieser „Dummheit“ freiwilliger oder unfreiwilliger Wortfinder von Männern und selten auch Frauen, die die Unschuld und Wehrlosigkeit von Kindern für ihre Zwecke ausnutzten. Über die tragischen Lebenswege, die daraus entstanden, lesen wir auch in der ZEIT. Ihr Interview ist ein Schlag in die Magengrube für all diejenigen, die in den 1960/70er Jahren und später Opfer von Missbrauch wurden. Auch vor dem Hintergrund, dass die Kriminalpolizei derzeit organisierten Kindesmissbrauch von monströsem Ausmaß aufzuklären hat, ist es ein Skandal, dass Sie diese „Episode“ Cohn-Bendits mit zwei, drei Zeilen reinwaschen wollen, nach dem Motto: dann können sie uns nichts vorwerfen, wir habens ja erwähnt, sogar Reue geäfft. Danach kann es weitergehen mit einem Interview, das sich gegenseitig die Eier schaukelt.

Selbstverständlich sind alle, die im Text angeführt werden als solche, die etwas in Cohn-Bendits Leben zu sagen haben, Männer (außer die Ehefrau). Die misogyne Verkumpelung eines Patriarchats, dem hoffentlich bald der Atem ausgeht. Frauen als „Wichsvorlagen“; Straffreiheit für „einvernehmlichen“ Sex zwischen Erwachsenen und Kindern, das alles sind Bereiche, die sie scheinbar wenig interessieren. Stattdessen: sinnfreies Geplauder über Affären mit namenlosen Frauen, den Genuss uneingeschränkter Bewunderung, niederkniende Applausgebung, ein paar Tränchen der Rührung hie und da nicht zu vergessen. Alles hübsch politisch korrekt und dennoch auf ganzer Linie grauenvoll. Warum diese Aneinanderreihung von unerträglichen Eitelkeiten noch eine Katze hinter dem Ofen hervorholen soll, weiß der liebe Gott – oder der liebe Cohn-Bendit.

Und nun: Cohn-Bendit geht auf die Suche nach seiner jüdischen Identität, und das in Israel, was sehr einfallsreich ist. Vielleicht hat die mir unbekannte Redakteurin des WDR (eine weitere namenlose Frau) einfach nur den Mut gefunden, einen Film abzulehnen, dem es an Qualität mangeln könnte – unvorstellbar für einen Superstar, dessen Horizont nur seine eigene Herrlichkeit widerspiegelt. Oder die Dame hatte in ihrer Entscheidungsfindung einfach mehr Anstand als DIE ZEIT. – Paula Wehmeyer

 

Vielen Dank für das interessante Interview! Sprachlos wurde ich an der Stelle an der Sie erklären, dass man sich eine Szene wie in dem Film beschrieben an einer deutschen Schule schwer vorstellen kann. Ich fürchte, Sie leben auf einer Insel der Glückseligen. Das ist bei mir persönlich auch der Fall – ich lebe in einer kleinen Stadt mit vielen internationalen Konzernen in der Nähe, die eine gewisse Weltoffenheit mit sich bringen. Aber auch hier würde ich diese Szene nicht für unmöglich halten – und es gibt auch noch verschlossenere Gegenden in unserem Land mit vielen feindseligen Blicken und ausgegrenzten, unglücklichen Kindern. Vielleicht verstehe ich Ihre Worte aber auch nicht richtig, weil ich die Szene nur aus der Beschreibung in dem Interview und nicht aus dem Film kenne. – Frank Philipp

 

Ihr Interview mit Daniel Cohn-Bendit hat mir gut gefallen. Es ist wirklich spannend, wie dieser linke Heißsporn in seinem Leben hinter so manche Kulisse geschaut hat und wie er das heute beurteilt. Mir ist nur die kleine Episode aufgefallen, in der Sie es sich schwer vorstellen können, dass ein farbiges Mädchen in einer deutschen Schule Anlass hätte, sich an Blicken zu stören. Da haben Sie sich meines Erachten einen „zivilisatorischen Lackschutz“ erhalten können, der Sie die Verhältnisse zwischen Menschen auch in diesem Land nicht vollständig erkennen lässt.

Ich habe mir das einmal anschauen müssen, als ich im Rahmen eines Jobs mit einer afrikanischen Kollegin in den Neunziger Jahren über die Berliner Funkausstellung gelaufen bin. Ich hatte mich noch gewundert, dass sie wie viele Afrikaner Jehovas Zeugin war und auch von diesen Leuten beherbergt worden ist. An dieser Gruppierung stört mich seit jeher viel, aber die Schutzwirkung für farbige Frauen verstehe ich seit diesem Erlebnis grundsätzlich besser. Zunächst dachte ich, heute geht es aber wild zu. Ich war es gewohnt, dass Menschen und gerade Männer (fiel mir vielleicht naturgemäß mehr auf) sich auf Kongressen sexuell anzüglicher benehmen und bewegen als sonst. Aber das damals toppte alles, was ich bis dato kannte. Etliche Herren zeigten uns ihre Zungen, machten unverhohlen eindeutige Bewegungen, dass sie nicht reihenweise die Hosen runterließen, war auch alles.

Ich schreibe Ihnen das, weil ich das bis dahin nie für möglich gehalten hätte und nie vorher oder nachher so erlebt habe. Auch bin ich bis heute baff, wie die Typen es hinkriegten, dass nur wir sie sahen, ich weiß nicht, wie den Leuten das gelingt. Nach einer Weile im Schock merkte ich, dass meine Kollegin deutsche Männer gar nicht anders kannte. Sie hielt das leider Gottes für normal und es fiel ihr gar nicht mehr sonderlich auf! Bei den Jehovas Zeugen ist Sex, ohne verheiratet zu sein, nicht erlaubt – auf einmal machte das eine Menge Sinn.

Es ist nur empfehlenswert, wenn Sie einen farbigen Menschen einmal (verkleidet oder im Hintergrund) kurzzeitig begleiten dürfen, ein Nachmittag dürfte genügen. Sie werden diese Welt mit anderen Augen sehen. Das gilt übrigens auch, wie ich meine, für missbrauchte Kinder. Wir kriegen aus meiner Sicht deswegen so wenig mit, weil wir potenziellen Tätern erwachsen gegenüber treten und uns irgendwann gar nicht mehr vorstellen können, dass diese Masken fallen lassen können, sobald sie einen vermeintlich Schwächeren (ein „Opfer“, wenn Sie so wollen) vor sich sehen. Ich habe meine „Lektion“ in diesen Dingen nie vergessen, es war wirklich sehr eindrücklich. – Dr.rer.nat. Christina Corente

 

Die Autobiographische Unterhaltung mit Daniel Kohn-Bendit ist eigentlich eine Schablone, die man einsetzen könnte, um sich und andere Menschen besser verstehen zu können. Die Verhaltensweise eines Menschen wird nicht nur von seinem nächsten Umfeld, Wirkungskreis und der DNA geprägt, noch prägender, von unmittelbaren Einflüssen und undefinierbaren Verordnungen, denen man sich unterworfen fühlt. Die identitäre Zwangsjacke, die man als Weltbürger nicht anziehen will, wird einem erzwungen. Ein Individuum sollte zuerst Mensch, wenn überhaupt notwendig, dann Muslim, Jude oder Christ sein.. – Ayhan Aslan

 

Mit Großer Freude laß ich das Interview mit Dany Cohn Bendit bei dem ich mich an eine Episode letzten Sommer auf dem Flohmarkt in TEL Aviv mich erinnerte. Ich bin in Israel geboren und mit 10. Jahren nach Deutschland zu meinem Vater geschickt worden. Auf dem Flohmarkt in TEL Aviv kaufte ich für meine Töchter Armbändern für Ihre Freundinnen in Deutschland und sprach mit Ihnen deutsch. Als ich bezahlen wollte sprach ich mit dem Sohn des Verkäufers auf hebräisch und fragte Ihm „kamah seh ohle?“(was kostet es?) Worauf er zu seinem Vater der an der Kasse saß zurief „ho echat me schlano „(Er ist einer von uns“!) Lieber Dany man kann seinen jüdischen Wurzeln nicht entfliehen. – Daniel Rosen

 

Mein Kompliment für das spannende, bewegende Gespräch mit Daniel Cohn-Bendit. Für mich eine der seltenen Sternstunden in dieser Textform. Überrascht war ich bei Ihrer Frage, ob Cohn-Bendit Rudi Dutschke noch kennengelernt habe. Ich erinnere mich an eine Talkshow ca. Mitte der 70er Jahre, in der ein Streitgespräch zwischen Dutschke, Cohn-Bendit und einem rechtslastigen, damals aber in weiten Kreisen populären Journalisten (Walden?? – bei dem Namen dieses Herrn versagt mein Gedächtnis) geführt wurde. Letzterer kam kaum zu Wort und wirkte die ganze Zeit entrüstet. Dutschke und Cohn-Bendit überboten sich in der Schnelligkeit ihres Dialogs zum Thema ’68‘ – an verbaler Rasanz gemessen war Dutschke für mich leichter ‚Punktsieger‘.

In der konservativen Presse (z. B. Hörzu) wurde über die beiden ‚bösen 68er‘ hergezogen, die mit ihren wüsten Tiraden besagten beliebten Journalisten quasi mundtot gemacht und beleidigt hätten. – Ich als Heranwachsender war fasziniert von ihrer dialektischen Brillanz, ohne inhaltlich auf der Höhe des Geschehens zu sein. Zu Cohn-Bendits zweiter Lehre: „Auch Antirassisten können Antisemiten sein“ fällt mir spontan ein Satz von Max Frisch aus seinen Altersgesprächen mit seinem Freund Philippe Pilliod (1985 auf seinem Grundstück im Val Onsernone im Ticino) ein: „Auch ein Jude kann ein Faschist sein.“ Frisch rang damals sichtlich mit sich, ob er diesen Ausspruch der Öffentlichkeit zumuten dürfe. Ich erinnere seinen Zusatz: „Ich möchte jetzt nicht, dass ein alter SA-Mann daherkommt mit den Worten: ‚Sehen Sie, Frisch, sehen Sie…‘ “ Diese Szene, auch in ihrer gestischen Wirkung, die weit ausladenden, rudernden Armbewegungen Frischs, habe ich tatsächlich nie vergessen. – Dr. Andreas Schäfer

 


 

 

Leserbriefe zu „Satan, Weltherrschaft und Attila Hildmann“ von Sophie Garbe

 

Tatsächlich ist die Wirklichkeit eine Störgröße für das so angenehme Wahrheitsgefühl. Das Gefühl, dass entsteht, wenn sich lose Enden im Kopf verbinden. Jenes gute Gefühl von Schlüssigkeit, das durch Wiederholung der immergleichen Gedanken beliebig verlängert werden kann. Für die Bestätigung dieser Gedanken reicht die Kommunikation mit Gleichgesinnten. In dieser Gemeinsamkeit wird daraus sogar ein starkes Gefühl. Und die Krönung: ein Gefühl von Freiheit. Wenn es um Gefühle geht, helfen wohl leider an der Wirklichkeit orientierte Gespräche kaum. Hilft es, nicht miteinander zu reden? Wie in der Familie Seger im Artikel von Sophie Garbe? Diese von QAnon belasteten Familie wechselt inzwischen des Thema, wenn sich jemand unwohl fühlt. Um des lieben Friendens willen. Nur eine Frage der Zeit bis zu der Feststellung, dass es besser gewesen wäre, miteinander zu reden. – Reinhard Koine

 

Angesichts der Tatsache, dass wir eher in einem Verwaltungsstaat leben, der nicht ständig durch unmittelbar wirksame Gesetze oder Erlasse auffällt, ist es nicht verwunderlich, dass staatliche Verordnungen, die von heute auf morgen im Alltag der Menschen wirken und diesen verändern, auf Widerstand stoßen. Dieser Widerstand kommt allerdings nicht von allen Menschen in der Bevölkerung, sondern – dieser Verdacht drängt sich auf – in großen Teilen von denjenigen, die aufgrund von negativen Autoritätserfahrungen (z. B. in der Kindheit oder auch durch das DDR-Regime) für sich entschieden haben, sich „nichts (mehr) sagen zu lassen“. Es geht also nicht um das Tragen einer Maske oder andere Hygienemaßnahmen zur Eindämmung einer Pandemie, sondern um den seltenen Fall, dass die Regierung völlig legitim uns doch einmal etwas „ansagt“, was es sofort zu befolgen gilt. Diese Ereignis wirkt wie ein Trigger und macht all jene sichtbar, die an einem gesunden Umgang mit Autoritäten scheitern. – Benjamin Klimaschewski

 

Ich bin sehr froh darüber, daß, bedingt durch die letzten Vorkommnisse endlich mal die Öffentlichkeit sowie die Medien dieses brisante Thema aufgreifen. In der Vergangenheit wurden Einzelheiten und Meinungen der verschiedenen Verschwörungsanhänger stets als Randerscheinung einiger weniger Spinner abgetan. Das sich dieses krude und bizarre Weltbild dieser Menschen aber immer mehr in die Mitte unserer Gesellschaft festsetzt, haben viele von uns lange nicht bemerkt. Auslöser sind fast immer persönliche Lebenskrisen oder gravierende Veränderungen im Leben. Um nicht zu verzweifeln und die Kontrolle über das eigene Leben zu behalten, verspricht der Verschwörungs- glaube das Gefühl, mehr als andere zu wissen und über alles erhaben zu sein.

Somit also die Kontrolle wieder erlangt zu haben. Ist dieser Mensch dann auch noch besonders naiv und hilfsbereit, sind Tür und Tor für diese Sichtweise geöffnet. Ich schreibe hier als betroffene Mutter eines erwachsenen Sohnes, der seit einigen Jahren diesem Kult anhängt. Mich hat das Schicksal der Familie Seger angesprochen. Meine Familie und ich stehen diesem Phänomen hilflos gegenüber und können nichts ausrichten. Wir können nur zusehen, wie ein Sohn und Bruder immer mehr die Kontrolle über sein Leben verliert. Das Ergebnis ist, die Einschränkung sämtlicher persönlichen Kontakte. – Gabriele Dolmer-Frenken

 

Vorab will ich Sophie Garbe für diesen hervorragenden Artikel danken. Die Perfidie unserer von Informationen nur so strotzenden Welt führt uns nicht ins klare helle Licht der Erkenntnis sondern in die Dunkelkammern des unaufgeklärten Mittelalters. Den Artikel lesend keimte in mir der Gedanke auf, ob diese Verirrten auf einen neuen Messias warten? Einen Satz muss ich allerdings kritisieren. Im Absatz“…die angebliche Sichtung kurioser Flugobjekte“ bitte ich Frau Garbe im eigenen Hause ganz aktuell zu recherchieren: https://www.zeit.de/wissen/2020-08/pentagon-task-force-ufos-usaNicht alles ist nicht wahr. Es ist auch denkbar, dass man einfach nicht alles überblickt. – Jürgen Reimsbach

 

Die Corona-Krise macht zunehmend deutlich: Wir müssen künftig noch mehr Zeit und Geld in Bildung, Aufklärung und eingehende Teilhabe investieren, der (demokratische) Verstand muss lauter und ausdrücklicher werden. Ansonsten drohen Unverstand und Verantwortungslosigkeit, selbstgefällig ausgerichtete Opferschaft und geborgte Empörung dem deutschen Volke immer wieder vor die Füße (etwa die des Reichstages) zu fallen. Es geht im Kern darum, die unserer Demokratie immanente Freiheit bewusst und umsichtig wahrzunehmen. Rechte und Pflichten resultieren aus der grundgesetzlichen Zusage heraus, jedem Menschen die gleiche, die größtmögliche persönliche Freiheit und Souveränität zu gewährleisten.

Das intellektuelle Vermögen und die objektive Anwendung von Wissen und Gewissen bestimmen die demokratische Verfasstheit und liberale Kraft einer Gesellschaft, somit die (gesamtschuldnerisch wirkende) Einsicht in gesellschaftspolitische Notwendigkeiten. Hiernach ist klar: Die größten Narren tragen derzeit keine Maske. Sie sind ob ihrer in Echokammern dynamisierten Faktenresistenz irrational weitestgehend gepusht zu Ideologien und Glaubensbekenntnissen, die an Absurdität und Infantilität kaum zu überbieten und mitnichten ungefährlich sind. Klar ist auch: Wir Menschen sollten uns, so klug sich der eine oder die andere auch einschätzen mag, gedanklich nicht allzu weit von der sokratischen Einsicht – „Ich weiß, dass ich nicht weiß“ – entfernen. Zudem führt selbst der berechtigste Zweifel selten geradewegs über eine Einbahnstraße zum auserkorenen Ziel; Vorsicht und Rücksicht ist also allerseits sehr geboten. – Matthias Bartsch

 

Die Solidarität fristet in der globalisierten Welt ein kümmerliches Dasein! Am ehesten gedeiht sie noch in überschaubaren Räumen, Dörfern oder Stadtteilen, in denen Nachbarschaftshilfe noch kein Fremdwort ist. Läßt der äußere Druck, die gemeinsame Bedrohung, die Not allerdings nach, nach Epidemien, Erdbeben, terroristischen Anschlägen etwa, dann ebbt sie auch wieder ab. Dauerhafteren Glanz könnte ihr die Anerkennung durch eine integre, hohe Persönlichkeit (Bürgermeister, Minister- oder Bundespräsident) verleihen: wer uneigennützig solidarisch handelt, wer von seinem Überfluß an die Gemeinschaft, die Gesellschaft, das Volk abgibt, wer teilt, genießt ein weit höheres Ansehen als der, der egoistisch immer mehr Reichtümer anhäuft, selbst wenn er für sie korrekt Steuern und Abgaben entrichtet! Da der Mensch nun einmal nach Anerkennung strebt, könnte so kriminellen Organisationen wie Mafia, Clans, Drogenkartellen, deren einziges Ziel Macht und Geld ist, nie jedoch Solidarität, auf Dauer die Daseinsgrundlage entzogen werden! Ob da der Idealismus mit mir durchgeht? Das fragt sich – Dr. med. Ulrich Pietsch

 

Vorab will ich Sophie Garbe für diesen hervorragenden Artikel danken. Die Perfidie unserer von Informationen nur so strotzenden Welt führt uns nicht ins klare helle Licht der Erkenntnis sondern in die Dunkelkammern des unaufgeklärten Mittelalters. Den Artikel lesend keimte in mir der Gedanke auf, ob diese Verirrten auf einen neuen Messias warten? Einen Satz muss ich allerdings kritisieren. Im Absatz“…die angebliche Sichtung kurioser Flugobjekte“ bitte ich Frau Garbe im eigenen Hause ganz aktuell zu recherchieren: https://www.zeit.de/wissen/2020-08/pentagon-task-force-ufos-usaNicht alles ist nicht wahr. Es ist auch denkbar, dass man einfach nicht alles überblickt. – Jürgen Reimsbach

 


 

 

Leserbriefe zu „Der Leviathan unserer Tage“ von Botho Strauß

 

Der prophetische Duktus will als Großes verkaufen, was sich inhaltlich rasch als intellektuelle Variante von Martensteins Kolumne entpuppt. Zeigt sich Strauss hier nicht ebenso als Konservativer, der sich vor dem vermeintlichen Verschwinden des verklärten Altbekannten mehr fürchtet als etwa vor der wissenschaftlich nachweisbaren Zerstörung unseres Ökosystems? Die eigene Subjektivität für bedrohte Wahrheit halten, darin folgt Strauss ganz wunderbar dem kritisierten Zeitgeist. – Benjamin Josuneit

 

Nett, dass Botho Strauß nochmal den ultimativen Fluchtpunkt des Konservatismus herausarbeitet, dem sich die Jessens und Joffes unserer Tage, dank ihrer ältlichen Enteignungsangst, unweigerlich annähern: Die Gestaltung durch Vernichtung, die Apotheose des „heilig Unvorhersehbare[n]“. So strebt ihre Naturalisierung der Diskriminierung, also unserer menschenverachtenden Ideengeschichte, geradewegs zu auf den Konvergenzpunkt von konservativ und rechtsradikal: die Feier der ultimativen Disruption, des Holocausts. – Justus Jaguar

 

Das Elend dieses anspruchsvollen, in großer Besorgnis verfassten Beitrags besteht, …bei Fehlanzeige konstrukiver Alternativen, …wie denn diese unsere Demokratie wieder aufzupäppeln wäre? Jene „Massen“, die Botho Strauss nicht mehr glaubt noch ansprechen zu können, haben von Thomas Hobbes Staats- bzw. Menschenlehre, mangels gymnasialer Grundbildung, nie etwas mitbekommen. Die „Masse“, deren dräuender Unmut und Hass sich immer mehr Raum und Machtzuwachs über Internetforen verschafft, scheint der gesamten Elite unseres Landes unerklärbar zu sein. Dabei hat er hauptsächlich zwei Ursachen: Erstens; den Verstoß gegen verbürgtes Gleichheitsgrundrecht, mit dem man 10-jährige Kinder immer noch in mindestens zwei (fortan sich spaltende) Bildungsklassen unterteilt.

Zweitens; die Einführung des digital-plebiszitären Daumens, (rauf oder runter), aus Zeiten der Gladiatorenkämpfe, um sich im Internet schnell, bequem und anonym einer oft blindwütigen Mehrheit anzuschließen. Beides verstößt eklatant gegen Grundgesetzlichkeiten der Menschenwürde, scheint aber nicht einmal das Verfassungsgericht zu stören. Wie ist diese öffentliche Blindheit zu erklären? Ganz einfach: Wer der Hälfte der Bevölkerung jene naturwissenschaftliche und geschichtliche Mindestbildung vorenthält, die heute unverzichtbar ist, um in unserer rasend veränderlichen Welt eigene Identität gleichermaßen zu entwickeln, wie zu bewahren, der hat eben nicht selbst an Leib und Seele erfahren, wie es sich anfühlt, ohne inneren Kompass durch die Anfechtungen der Moderne navigieren zu müssen. DIE ZEIT etwa, bedient hierbei (wie mit Straussens Beitrag) nur ihre elitäre Klientel und verleugnet somit Verantwortung für´s Ganze! – Günther Pohlus

 

Der Künder und Mahner, der Wähner und Warner lässt wieder den Bocksgesang anschwellen. Der Sound ist für kulturskeptische Geister so verführerisch wie eh und je: Die elitäre Attitüde, die zum Teil skurril-originelle Wortwahl, die mutigen (oder mutwilligen) Gedankensprünge, das hat schon was. Nur stört da ein schlank hingelogener Satz, der den Text letztlich zerstört: „…gibt es für den traditionellen Rechten einen kategorischen Gegner von Anfang an, nämlich den Rechtsradikalen.“ Strauß ist sich nicht zu schade, das zu schreiben; er entlarvt sich damit mindestens als Ignorant und als intellektueller Lakai der neuen, im Kern alten Rechten.- Eckhard Hooge

 

Ein sehr interessanter und diskussionswürdiger Artikel. Das ist unser – leider etwas eingeschränkter – Eindruck. Wir haben den Text von Botho Strauß nämlich nur in Teilen verstanden. Könnte Herr Strauß oder die Redaktion diesen Beitrag nochmal in „einfacher“ Sprache formulieren? Für eine Neuveröffentlichung wären wir sehr dankbar. Und es wäre ein interessantes Experiment. – Stephanie und Erwin Hutterer

 

Ich bin jetzt schon sehr gespannt, welche Reaktionen das neue Buch von Botho Straußauslösen wird. Gut, dass ich es bald lesen kann…; von diesem großen Autor konnte ich in den letzten Jahren am meisten lernen…! – Klaus Busch

 

Dem Befund von Botho Strauss über den Zustand von Gesellschaft und Politik kann man nur zustimmen. Wort für Wort, Satz für Satz ein gnadenloser Befund eines Autoren, dessen exzellente Bildung ihm ein historischen Brückenschlag vom Altertum bis in die Gegenwart erlaubt. Dagegen stehen die Schlagworte von Technokraten ohne Tiefengang wie z.B. Globalisierung, Digitalisierung. Wo bleiben in der Wissenschaft die Stimmen der Geisteswissenschaften, vor allem der Philosophie, für die Deutschland einst weltweit führend war? Dafür ein zersplittertes Hochschulwesen, bei dem Grundlagenforschung in den Hintergrund gedrängt wird. Wo bleibt beispielsweise die Technologiefolgenabschätzung an den Universitäten?

Ich fürchte nur, dass dieser Text leider keine Verbreitung findet, weil er eine Bildung voraussetzt, welche das Schulwesen weitgehend nicht mehr vermittelt. Immerhin ist es der ZEIT zu verdanken, dass sie uns Lesern diesen profunden Beitrag anbietet und sich nicht dem sog. Mainstream unterwirft, der diesen Dramatiker in die rechte Ecke stellen will, mit der man sich inhaltlich nicht auseinander muss. Seit längerem präsentiert das Blatt den Diskurs und verlässt den engen Denkkanal, in dem sich Medie noch verfangen. Und dass hier Literaten zu Wort kommen, verdient Anerkennung. – Peter Schmidt

 


 

 

Leserbriefe zu „Wie du mir, so ich dir“ von Uwe Jean Heuser

 

Die Ausgabe der Zeit vom 03. September hat uns Delbrücker Sozialdemokraten hoch erfreut, weil wir in unserer Wahlwerbung zur Kommunalwahl in NRW genau auf das Thema „Solidarität“ gesetzt haben. Diese Ausgabe werden wir auf unseren Wahlständen an Wochenenden auslegen. Dabei ist für uns von besonderem Interesse der Artikel von Jean Heuser „Wie du mir, so ich dir“ mit den dazugehörigen Umfrageergebnissen zur gesellschaftlichen Spaltung. Aber auch die weiteren Artikel haben uns eine Menge Anregungen für unseren Wahlkampf gegeben. Herzlichen Dank dafür. – Norbert Hagenbrock

 

Sehr interessanter Artikel, das Thema beschäftigt mich schon länger und stets (inzwischen drei Mal) stoße ich auf dieses Beispiel mit dem Israelischen Kindergarten. Vielleicht können Sie mir da weiterhelfen, denn nach meinem Dafürhalten ist das Beispiel immer zu früh zu Ende erzählt. Ob die Eltern jetzt öfter zu spät kommen oder nicht, scheint mir nicht spielentscheidend, sondern wie, warum und in welchem Umfang hat sich nun die Einstellung und Wahrnehmung der gleichen Situation sowohl bei Betreuern, als auch Eltern geändert? (oder auch nicht!?!?) Falls nach der Einführung der Geldstrafe alle Beteiligten zufriedener mit der Situation sind, wäre dies ein Beispiel für praktische Anwendung von Reziprozität und das Gegenteil vom abgleiten ins assoziale, wie es stets in diesem Beispiel klingt. – Torsten Heydrich

 

In dem Artikel wird herausgearbeitet, dass es dem Menschen guttut, wenn er für andere da sein kann oder die Hilfe seiner Mitmenschen erfährt. Das Ziel wäre es, „den Sozialstaat hier und da zurückzuziehen, um der gelebten Solidarität Platz zu machen“. Dabei wird ein Gegensatz zwischen institutionalisierter Hilfe und der Solidarität der Menschen aufgebaut. Je weniger ein Sozialstaat entwickelt ist, desto mehr wird die Not durch die Unterstützung anderer Menschen aufgefangen – allerdings nicht immer. Es gibt neben der erfahrenen Hilfe die Vergessenen, die Opfer, für die keiner da ist. Der Autor beschreibt das Gefühl der Solidarität innerhalb der Corona-Krise in Deutschland, wo die Menschen ein viel stärkeres Wir-Gefühl erleben. Das passiert innerhalb eines Sozialstaates, in dem die Gesundheitsvorsorge für die Menschen sichergestellt werden kann und die Menschen auf Grund des Kurzarbeitergeldes ihre Arbeit seltener verlieren.

Die Situation stellt sich in Lateinamerika anders dar. Dort arbeiten viele Menschen im inoffiziellen Bereich. Sie können keine Distanz halten, weil sie Geld verdienen müssen. Viele, die ihre Arbeit verloren haben, stehen mit weißen Fahnen an der Straße, um Lebensmittel zu sammeln. Kranke treffen auf ein überfordertes Gesundheitssystem. Diese Menschen erfahren viel Solidarität: Mitmenschen leisten Spenden und kümmern sich um die Kranken – aber gleichzeitig nehmen Hunger und Kriminalität zu. Rücknahme des Sozialstaates macht die Solidarität größer, jedoch zu einem hohen Preis.

Wollen wir uns wirklich eine schlechtere medizinische Versorgung wünschen, auf die nicht jeder einen Anspruch hat? Wollen wir wirklich mehr Arbeitslose, die durch andere Familienmitglieder unterstützt werden, auch wenn es ihnen selber nicht gut geht? Wollen wir eine schlechte Absicherung der älteren Generation, damit die Kinder für sie eintreten? All das weckt viel Solidarität und Mitmenschlichkeit. Wir sollten keinen Gegensatz zwischen der institutionalisierten Hilfe des Sozialstaates und der solidarischen Hilfe des einzelnen aufbauen: Wir brauchen beides. Und beides hat seinen Preis: Wenn der Sozialstaat hilft, dann ist der einzelne nicht mehr auf die Hilfe einzelner angewiesen. Das Pflegepersonal kümmert sich um den alten Menschen und die Kinder vergessen die notwendige Solidarität. Aber verantwortlich für die mangelnde Solidarität ist dann nicht der Sozialstaat, sondern der einzelne.

Es wird in dem Text noch ein weiterer Gegensatz aufgebaut: ein Gegensatz zwischen solidarischem Handeln und Geld. Dieser Gegensatz wird an einem Kindergarten in Israel erläutert. Früher wurden Eltern kritisiert, die nicht ihre Kinder abholten. Danach führte man einen Geldbetrag ein, der bei Verspätung bezahlt werden muss. Die Eltern zahlten den Betrag gern, entfiel doch dadurch die Abwertung durch den kritischen, enttäuschten Blick der Kindergärtners. Der Autor beklagt: „Aus einer sozialen Situation, in der es um Rücksicht ging, wurde eine Geldfrage.“ Dabei übersieht er die Chance, die in dieser Regelung, im Geld liegt.

Preise haben nicht nur einen Anreiz-, sondern auch eine Kommunikationsfunktion. Indem die Erzieher einen niedrigen Preis setzten, signalisierten sie: „Es ist nicht so schlimm, wenn sie etwas zu spät kommen.“ Die Eltern waren bereit, den Erziehern etwas Geld zu geben und damit deutlich zu machen, dass es für sie einen Wert hat, dass sie sich länger um ihre Kinder gekümmert hatten. Wenn die Erzieher wollen, dass niemand zu spät kommt, müssen sie den Preis erhöhen. Wer mehr als 30 Minuten zu spät kommt, zahlt den 10fachen Preis. Damit ist eine Grenze gezogen. Der Preis wäre ein Mittel, partnerschaftlich und achtungsvoll miteinander umzugehen. Ich brauche hier keinen „Raum jenseits von Wettbewerb und Profit“.

Ich denke, unserer Gesellschaft wäre viel geholfen, wenn wir darauf verzichten, Gegensätze aufzubauen, wo es sie nicht gibt. Wir brauchen den Sozialstaat, der dem einzelnen eine Sicherheit in Notfällten gibt, unabhängig vom Ansehen der Person; und wir brauchen die solidarische Hilfe untereinander. Aber da der Staat niemals die persönliche Nähe ersetzen kann und will, bleibt weiterhin viel Raum für solidarische Hilfe. Nicht umsonst haben ein Drittel der Bevölkerung ein Ehrenamt, in dem sie sich für andere engagieren; und auch heute sind die Menschen bereit, füreinander da zu sein. – Alexander Reese

 

Ihr Artikel hat meine Neugier geweckt, was denn nun Ihr Vorschlag wäre, aus dem vorhandenen Wissen, etwas zu machen. Nach einer guten Analyse kam dann leider nur vages Herumeiern und der Ruf nach Politik und Schule. Schade. Mich hat Ihr Artikel aber zu folgenden Gedanken angeregt. „Man Stelle sich vor, wir würden…. den Zusammenhalt zum wichtigsten Ziel erklären“ um Raum für soziales Handeln zu schaffen. So wird nach Ihrer Vorstellung Solidarität nachhaltig praktiziert und ist nicht mehr dem Auf und Ab von Hilfsbereitschaft und Enttäuschung unterworfen.

Erstaunlich, dass dazu Hilfe zuerst von Politik und Schule kommen soll. Denn wo Autonomie und persönliche Selbstverwirklichung oberste Priorität haben, wird Zusammenhalt und Solidarität immer diesem Ziel nachgeordnet sein. Daran wird auch die beste Politik und Schule nichts ändern – beide sind immer nur Spiegel der Gesellschaft. Bindung ist meines Erachtens das vergessene Zauberwort, das einen trotz Enttäuschung anspornt, weiterhin solidarisch zu bleiben. Wer nachhaltige Solidarität wünscht, muss sich um nachhaltige Bindungen

bemühen.Und wo könnte Bindung besser gelebt und geübt werden als in der Familie am besten erweitert um die Verwandtschaft. Echte Solidarität ist nämlich keine Eintagsfliege aus einer Gefühlsaufwallung heraus, sondern langfristig angelegtes gegenseitiges Wahrnehmen von Bedürfnissen. Dazu ist die Familie ein ideales Übungsfeld mit tagtäglichen Trainingseinheiten. Jeder ist einzigartig, aber jeder ist eben auch nur ein Teil einer Gemeinschaft aus Einzigartigen. Jeder darf schöpfen, aber jeder hat auch etwas einzubringen. Daran hat man hoffentlich viel Freude, aber eben nicht nur.

Es bedeutet auch immer wieder Opfer zu bringen, die eigene Autonomie hinten anzustellen, um des Zusammenhalts der Gemeinschaft Willen, Das beginnt bei Kleinigkeiten wie der Wahl des gemeinsamen Essens…..Eine altmodische oder gar romantische Vorstellung? Mag sein, aber meine alltägliche Erfahrung als Lehrerin und Mutter von mehreren Kindern ist: Familie ist immer noch der beste Ort um Solidarität zu lernen und Bindung die beste Motivation dafür auch Unbequemlichkeiten in Kauf zu nehmen. – Esther Vix

 

Der Artikel läßt mich als Leser etwas ratlos zurück. Was will der Autor mir sagen? Da wird zum einen die schändliche „Spaltung der Gesellschaft“ beklagt. Die Gesellschaft ist doch nicht nur in zwei Teile gespalten, sondern in hunderte von Gruppen, Grüppchen, Schichten, Landsmannschaften etc.etc. fraktioniert. Der Bundestag, unsere demokratische Oberinstanz, ist in diverse Lager „gespalten“, zum Glück, sonst hieße er Volkskongress. Was ist so schlimm an der Spaltung? Arm, Reich, Alte, Junge, Männer, Frauen, Gläubige, Ungläubige, alle verfolgen doch mit Fug und Recht ihre Interessen, allesamt bitterböse Spalter? Unsere Gesellschaft ist weder eine homogene WG noch ein Kameradschaftsverein; manchen kann sie gar nicht bunt genug sein oder multi-kulti. „Corona ist gut gegen Spaltung“ heißt es weiter sinngemäß. Gemeint ist allerdings die uralte Nachbarschaftshilfe, die immer greift, wenn Not an Mann ist.

Das ist das Kümmern und hat mit der Spaltung der „Gesellschaft“ oder ihrem Zusammenhalt nichts zu tun. Ferner wird für das menschliche Miteinander die gute alte „Solidarität“ bemüht. Das ist nun wieder etwas anderes als Kümmern oder Helfen. Solidarisch ist, wer das Anliegen anderer zu seinem eigenen erklärt. Wer anderen hilft ist vielleicht sozial eingestellt , muß aber nicht solidarisch sein. Und schließlich soll nach den Vorstellungen des Autors diese „Solidarität“ den Sozialstaat zurückdrängen. Ja, wo leben wir denn? Der Sozialstaat breitet sich in Gestalt von Wahlgeschenken rasant aus, unter dem Jubel der Massen. Inzwischen hat er nicht nur z.B die Nachbarschaftshilfe durch Pflegedienste verdrängt, sonden auch dem Bürger die Eigen-Versorgung und Eigen-Vorsorge abgenommen z.B. durch Mindestlohn und Grundrente; demnächst mit dem bedingungslosen Grundeinkommen. Der Betrag hätte ohne Sinnentstellung verkürzt werden können: „Seid nett zueinander“. – Lutz Bauermeister

 

In der rechten Spalte , Ende des zweiten Absatzes. Experiment in einem israelischen Kindergarten.Stimmt da die Schlußfolgerung ?: Nun kamen die Eltern VIEL ÖFTER ZU SPÄTAus einre sozialen Situation, in der es um Rücksicht ging,wurde eine Geldfrage.Müsste es nicht umgekehrt sein, daß den Eltern die „bösen“ Blicke der Kindergartner*innen ziemlich egal war, aber als es ans Geld ging, die Eltern pünktlicher wurde ? – Hartmut Wagener

 


 

 

Leserbriefe zu „»Pack«“. Streit von Sigmar Gabriel und Jürgen Opitz

 

Sie betonen, dass Sie das Gespräch der Herren Gabriel und Opitz moderierten. Mit Verlaub, eher haben Sie geschoben, nämlich Herrn Gabriel in die Ecke, in der Sie ihn haben wollten. Moderieren bedingt Neutralität. Beide Herren haben Ihre damaligen, hoch schwierigen Aufgaben mit Einsatz vor Ort sachlich erledigen wollen. Sie, die Journalisten stürzen sich zeitgleich auf Schlagworte und interpretieren diese nach Ihrem Gusto. Ähnlich wie letztens am Reichstag. Ihr journatisches Gebaren diesbezüglich hat Herr Gabriel in seinem Schlusswort sehr exakt beschrieben. Ihre Aufgabe ist es Fakten zu berichten und nicht Meinung zu machen. Dafür gibt es Kommentarspalten. Vor allem haben Demokraten die Pflicht ausgleichend zu agieren und nicht zu polarisieren. Schließt das Pressegesetz Journalisten davon aus? Trotzdem werde ich mein Abo weiterführen. Denn Hoffnung gibt es immer. – Bernd Estermann

 

Diese Diskussion hat endlich wieder einmal das Niveau, das ich von der ZEIT gewohnt war und immer mehr vermisst habe. Die beiden Politiker haben formvollendet argumentiert ohne steif und papageienhaft zu wirken. Auch einem Politiker dürfen manchmal die Nerven durchgehen, das ist ein Zeichen, dass er oder ein echter Mensch ist und nicht nur ein Apparatschik. Danke an die beiden Herren! Vielleicht leiste ich mir doch ein online-Abo. – Afra Margaretha

 

Als ich noch ganz in Deutschland gelebt habe – auch in Niedersachsen, viel mir Sigmar Gabriel besonders als ein Politiker auf, der auch nicht vor Beleidigungen zurückschreckte. Das gefiel auf Dauer seiner Partei ganz und gar nicht. Anfangs haben sie ihn gewähren lassen. Als Aussenminister war er eigentlich ungeeignet. Jetzt muß er in kauf nehmen, daß seine politische Karriere am Ende ist, obwohl er im richtigen Alter dafür wäre. Bei anderen Politiker fängt die Karriere in dem Alter erst an. – Gunter Knauer

 

Welch herrlich erfrischende, klare Aussagen von Sigmar Gabriel und Jürgen Opitz! Das ganze ohne sonst übliches dummes Geschwafel, einfach klasse und vorbehaltlos lesenswert. Schade nur die gewisse Eintrübung durch den ideologischen Touch Ihrer Fragensteller. Noch sehr viel bedauerlicher allerdings, daß solche Aussagen offensichtlich erst im Politikerruhestand möglich sind. Warum versetzen wir also unsere bisherigen Politiker und Journalisten nicht einfach in den Ruhestand und ersetzen diese durch solche, die „Mitglied im Verein für deutsche Aussprache“ und ideologiefrei sind ? Willy Brandt sprach doch einmal von „Neues wagen“. – A.Jeske

 

Ein sehr gutes und gut geführtes Interview. Es wurden ja auch die Medien und die Kirchen erwähnt, wie wäre es, wenn sie mit Vertretern dieser Institutionen auch ein entsprechendes Interview führen würden? Vielleicht mit Heribert Prantl und Bedford Strom? Dürfen aber gerne auch andere sein. Würde mich sehr freuen. – Marlies Wenzel

 


 

 

Leserbriefe zu „Verloren hinter Gittern“ von Dominik Herber

 

Insgesamt sehr spannender Artikel, danke dafür. Ich habe nur eine kurze Anmerkung zu den queren Begrifflichkeit, die Sie im Text verwenden. Zum einen wird transsexuell meines Wissens nach von einigen Betroffenen als diskriminierend empfunden, gängigere Begriffe wären Transgender oder Trans*Personen. Zum anderen bedeutet Intersexuell in meinem Sprachverständnis, dass Menschen bei der Geburt keinem eindeutigen Geschlecht zugeordnet werden, unabhängig davon, ob sie sich selbst dazu entscheiden als Mann/Frau/Nonbinary zu leben.

Soweit ich weiß, dürfen auch nur diese Personen (also Menschen, bei denen bei der Geburt kein eindeutiges Geschlecht festgestellt wird) von der Option Gebrauch machen, das „dritte Geschlecht“ im Personalausweis zu wählen. Menschen, die keinem der beiden Geschlechter angehören wollen, bezeichnen sich, soweit ich weiß, üblicherweise nicht wie von Ihnen im Text beschrieben als Intersexuell, sondern als Nonbinary oder nicht-binär. Jeder wählt natürlich die Begriffe, mit denen er bezeichnet werden möchte, selber. So kann es auch sein, dass Menschen die Begriffe anders wählen als ich es beschrieben habe, aber das entspricht dem wie die Bezeichnungen in meinem Umfeld verwendet werden. – Johanna Bacher

 

Ach hätte Benedikt Herber doch vor dem Verfassen dieses Artikels (über eine Transfrau mit vollem männlichen Genital in der JVA) öfter DIE ZEIT gelesen, namentlich die Beiträge von Martin Spiewak. Er hätte dann die Definitionen von Trans- und Intersexualität gekannt und auch die juristisch korrekte Anwendung der 3. Option beim Geschlechtseintrag. Zur Problematik der Unterbringung biologisch männlicher Insassinnen hätte er „Karen White“ „trans prisoner“ googeln können und hätte aus der Berichterstattung britischer Medien schlussfolgern können, dass die dgti „Expert*innen“ im Sinne von Lobbyist*innen sind. Dies alles hat er aber leider unterlassen und so wäre dieser Artikel wohl besser in der Rubrik „Glauben und Zweifeln“ erschienen. – Lisa Müller

 

Die Beschreibung von Intergeschlechtlichkeit als das „Gefühl, keinem der beiden Geschlechter anzugehören“ ist irreführend. Intergeschlechtlichkeit bezieht sich nicht auf ein Gefühl, sondern auf Menschen, deren Geschlechtsmerkmale sich anatomisch, genetisch oder hormonell nicht eindeutig in eine der gesellschaftlichen Normvorstellungen von „Frau“ oder „Mann“ einordnen lassen. Beispielsweise gibt es Menschen, die mit Penis und Vulva geboren werden. Viele ziehen es übrigens vor, von Trans- und Intergeschlechtlichkeit zu sprechen statt von Trans- und Intersexualitität. Das betont, dass es um die Geschlechtlichkeit und nicht um die sexuelle Orientierung geht. Ansonsten: Schön, dass die ZEIT über das Schicksal von Trans*Personen in Gefängnissen berichtet! – Nicolai Gerbe

 

Intersexualität war, so lange der Begriff in der medizinischen Fachsprache noch gebräuchlich war, auf Menschen mit einem körperlich uneindeutigen Geschlecht begrenzt. Keinesfalls war damit jemals das Gefühl gemeint, weder Mann noch Frau zu sein. Gemau so wenig war Transsexualität das Thema des angesprochenen Verfassungsgerichtsurteils. In einem heiklen Bereich wie diesem sollten Begrifflichkeiten und Inhalte nicht leichtfertigt und uneindeutig vermengt werden, auch wenn das mühsam sein kann. Es kommt übrig häufig vor, dass transsexuelle Menschen wie Laura Meißner von anderen nicht eindeutig als Frau empfunden werden. Diesen Menschen grundsätzlich bösen Willen oder Diskriminierung zu unterstellen, wäre ebenfalls eine Form des Vorurteils. Auch sie haben ein gewisses Recht, das zu fühlen, was sie eben fühlen.

In Ihrem Artikel betonen Sie sehr oft, dass es sich bei Laura Meißner um eine Frau handelt. Es hat den Anschein, als wollten Sie dieser Aussage durch ständige Wiederholung eine Wucht verleihen, die sämtliche Widerstände aus dem Weg räumen soll. Nicht wenige Menschen sehen allerdings in der Geschlechterzugehörigkeit eine natürliche, genetisch bedingte Vorgabe, zumal die körperlichen Merkmale und die Genetik in der Regel eindeutig sind. Trotz aller Belehrungen fühlen solche Menschen die Hauptperson als Mann, der eine Frau sein will. Darin liegt nicht zwingend ein Mangel an Respekt oder Anerkennung. Vielleicht würden Menschen, welche die Hauptperson als Mann fühlen, ähnlich reagieren, wenn ein sehr kleiner Mensch das Gefühl hat, eigentlich sehr groß zu sein, oder wenn ein dunkelhäutiger Mensch das Gefühl hat, eigentlich hellhäutig zu sein. Auch kleine oder dunkelhäutige Menschen leiden nicht selten an ihren natürlichen Vorgaben.

Jeder mag die Hauptperson fühlen, wie er will. Das Gefühl, in der Hauptperson einen Mann zu sehen, hat aus meiner Sicht jedenfalls eine eindeutige sachliche Berechtigung. Man sollte niemanden dazu zwingen wollen, anders zu fühlen. Und man sollte dieses Gefühl auch niemandem zum Vorwurf machen. Sie sagen, Laura Meißner sehe aus, wie eine Frau. Das kann ich natürlich nicht beurteilen, da ich sie nicht gesehen habe. Ich kann aber sicher sagen, dass nicht alle Transgender-Personen von allen als das gesehen werden, als das sie gesehen werden wollen. Wenn Sie dann sagen, Laura Meißner weise eindeutig weiblich Merkmale auf, so könnte man das – Ihren eigenen Schilderungen zufolge – mit mindestens genau so viel Berechtigung über ihre männlichen Merkmale sagen.

Die Formulierung, jemand sei „im falschrn Körper“, versucht, der gefühlten sexuellen Identität eine unangreifbare, objektive Berechtigung zu geben und sie endgültig über jeden Verdacht der Krankhaftigkeit erhaben zu machen. Die Formulierung impliziert aber für viele, dass die Persönlichkeit schon vorhanden ist, bevor die Eizelle, die Grundlage ihrer Körperlichkeit werden wird, befruchtet wird. Eine solche Vermutung bleibt letztlich dem Glauben überlassen. Meines Wissens weiß niemand genau, wie es zur Diskrepanz zwischen dem körperlichen und dem gefühlten Geschlecht kommt. Man weiß lediglich, dass es in den allermeisten Fällen einfacher ist, den Körper der Seele anzupassen als andersherum.

Das Gerichtsurteil des Bundesverfassungsgericht, welches im Artikel ebenfalls bemüht wird, bezog sich dem Wortlaut nach auf Menschen, dessen sexuelle Identität anhand von körperlichen und/oder genetischen Merkmalen nicht sicher objektiv festgestellt werden kann. Dies ist sehr selten, die im Urteil angegebene falsche Häufigkeit von 1:500 entspringt letztlich einem uralten zweizeiligen, nicht belegten Eintrag im medizinischen Wörterbuch „Pschyrembel“. Es wäre interessant, die Quellen für den im Artikel angegebene Häufigkeitsbereich zu kennen.

Das Urteil hatte nichts mit Transsexualität zu tun. Obwohl selbst der Kläger, der sich Vanja nannte, laut diesem Gerichtsurteil „lediglich“ eine x-chromosomale Monosomie (nur ein Geschlechtschromosom, auch als Turner-Syndrom bekannt) hatte, und somit eindeutig weibliche, aber keine männlich anmutenden körperlichen oder genetischen Geschlechtesmerkmale aufwies (dies wurde von den Medien vorsichtshalber unkritisch akzeptiert, sollte das Gerichtsurteil nicht nolens volens von Menschen mit biologisch uneindeutigem Geschlecht auf Transgender-Personen übertragen werden.

Insgesamt finde ich daher einige Ihrer Formulierung unglücklich. Jeder Mensch hat das Recht, sich als der oder die zu fühlen, der oder die er sein will. Genauso gut darf jeder die Hauptperson des Artikels als männlich oder als weiblich zu fühlen, nicht zuletzt, weil ein echter Wechsel des vormalig eindeutigen Geschlechts unmöglich ist, auch wenn die Möglichkeiten des „Umbaus“ sehr weit fortgeschritten und für die Betroffenen in vielen Fällen segensreich sind. Der Strafvollzug kann letztlich nicht jeder Individualität gerecht werden. Zumindest gibt es Aufgaben, die in meinen Augen eine höhere Priorität haben als eine strukturelle Anpassung des Systems an eine fast unendliche Vielfalt an sich seltener Fälle. Hier ist Augenmaß im Einzelfall gefordert und durch kein Regelwerk ersetzbar. – Dr. Christian Voll

 

In dem Artikel über die Transfrau im Männerknast geht einiges durcheinander. Woher will der Autor z.B. wissen, daß die Frau Hormonpillen schluckt. Das ist ein beliebtes Klischee. Tatsächlich ist das Mittel der Wahl ein Hormongel, das auf die Haut gestrichen wird. Eigentlich ist es für Frauen in den Wechseljahren gedacht. Der Vorteil ist, daß es die Leber nicht belastet und unmittelbar wirkt. Dann die Definition von Intersxualität. Das sind Menschen mit „nicht eindeutig zuordenbaren primären Geschlechstmerkmalen“ und nicht, wie der Autor schreibt, Menschen, die sich keinem ‚Geschlecht zugehörig fühlen. Die bezeichnen sich selbst als nichtbinär oder non-binery.

Und die Personenstandsänderung per Bescheinigung vom Hausarzt geht nur von männlich/weiblich nach divers. Das wurde inzwischen klar gestellt. Für eine Personenstandsänderung von männlich nach weiblich braucht es immer noch einen Beschluß vom Betreuungsgericht und zwei Gutachten. Immerhin fällt die Zwangsoperation aus. Ein Skandal bleibt es aber natürlich trotzdem, daß die „Frau mit Penis“ im Männerknast gelandet ist. Ich bin selbst eine Transfrau und wohne in München, den Fall kenne ich aus der Tagespresse. – Monika Forster

 


 

 

Leserbriefe zu „Nur noch ein kleines Stück“ von Stefan Nink

 

Vielen Dank für den wunderbaren Artikel über das Wandern im Pfälzerwald. Genau diese Mischung aus wunderbarere Landschaft, netten Menschen und Weinschorle und Wurstsalat macht das Leben (und Wandern) hier so genussvoll und entspannt. In einer Hymne der Pfalz heißt es: Sicher hoscht du recht wonn du sagscht dass ders onnerschtwu a gfallt Awwer onnerschtwu is onnerscht un halt net wie in de Palz. – Constanze Kraus

 

Ein schöner Artikel sehr authentisch. Also warum einen Leserbrief. Es geht um den höchsten Berg im Pfälzer Wald. Nicht in der Pfalz, das hat der Autor sehr fein und richtig unterschieden. Nur es heißt nicht „der Kalmit“ sondern „die Kalmit. Ich bin Pfälzer und mir sträuben sich die Nackenhaare und diese fallen aus, wenn ich der Kalmit lese. Fragt ein Pfälzer: „Wo gehhd‘ er dann hie? Ah, uff dieh (gehauchtes h) Kallmitt“, Das Pfälzische ist meine Muttersprache, Hochdeutsch meine erste Fremdsprache. Nuff uff de Berg. – Hoch auf den Berg – klar. Aber die Kalmit ist und bleibt weiblich. Kalmit und summit haben nur den Gipfel gemein nicht den Artikel. Die französiche Sprache spricht von le Kalmit. Aber das ist ein anderes Kapitel. Wir in der Pfalz sagen ja auch der Butter – „Geb mer mol de Budder“. – Da sträuben sich den Nordlichtern die Nackenhaare. – Dr. Klaus Bangert

 

Mit Ihrem Artikel über das Wandern im Pfälzer Wald und der wunderbaren Hüttenkultur haben Sie mir aus dem Herzen geschrieben und ich konnte ein kleines Tränchen nicht unterdrücken. Ich bin im Herzen des Pfälzer Waldes zur Welt gekommen und liebe die ganze Region über alles. Sie haben die Besonderheiten genau erfasst und mit Humor und Wärme dargestellt. Nur eine Kleinigkeit muss ich korrigieren: es heisst nicht „der Kalmit“, sondern „die Kalmit“, der Berg ist also weiblich! Ich hoffe, Sie werden bald wieder auf der Kalmit einkehren können. – Friederike Louis

 

Ich habe mit Freude die Reiseeindrücke von Stefan Nink über den Pfälzerwald gelesen. Er ist wohl kein Pfälzer, hat aber die Pfälzer Lebensart sehr schön und komprimiert dargestellt, als hätte er schon längere Zeit am Haardtrand gelebt. Als Pfälzer aus Neustadt darf ich nur eine kleine Verbesserung anmerken: der Hausberge ist die Kalmit und nicht der Kalmit. – Thomas Böhmer

 

Danke für Ihr wunderbares Loblied auf unseren Pfälzer Wald und seine einmalige „Hüttenkultur“. Aber hier eine kleine Berichtigung: „die Kalmit“, nicht „der Kalmit“ ist nur der zweithöchste Berg im Pfälzer Wald, der höchste Berg ist der Donnersberg. – Marguerite Lommatzsch

 


 

 

Leserbriefe zu „Die guten Studenten von Minsk“ von Stephan Wackwitz

 

Der Artikel Die guten Studenten von Minskhat mir sehr gefallen. Der Autor analysiert die aktuelle Situation, stellt mehrfach fest, dass es die Mittelschicht (also ein Teil der Gesellschaft) ist, die nicht mehr von Lukaschenko regiert werden will, zeigt deutlich Sympathie für Belarus und weist auch auf Fortschritte hin, die es gegeben hat. Der Artikel hebt sich wohltuend ab von den Berichten der Frau Bota aus Moskau, die fleißig die dunklen Seiten des Landes darstellt und wohl glaubt, dass es die Russen kaum erwarten können, die „westlichen Werte“ aufgezwungen zu bekommen. – Andreas Vehe

 

Massenproteste in Belarus bewegen scheinbar die gesamte Welt in ihrem Menschenrechtsem-pfinden. Warum werden dabei so viele andere Orte und Geschehnisse in dercWelt bis ganz anhe bei uns vergessen, mit keinem Wort erwähnt oder einfach als Krawalle, Chaoten, Extre-misten abgetan? Sind es keine Menschenerechte, wenn Recht auf Wohnen, Gesundheit, Bil-dung, Arbeit so verletzt werden, dass von menschenwürdigem Recht nicht mehr die Rede sein kann? Nils Schmid (SPD) findet geich große Töne. Menschen in Belarus wollten sich vom Erbe des Kommunismus befreien. Wir kennen zahlreiche der davon befreiten Länder wo längst Millionen alles andere als selbst über ihr Schicksal bestimmen dürfen und ihre frei-heitliche Regierung ganz anders sehen.

Die Landkarte woltten sie nicht verändern, sagt Schmid vorsorglich in Richtung Russland und weiss genau worum es geht, wo Belarus geografisch und kooperativ einzuordnen ist, um wessen Ineteressen es geht, die mit Mensch-enrechten nichts zu tun haben. Schmid weiss auch welche Segnungen viele Länder in Fragen Wohlstand und Menschenrecht erkämpft haben mit Regimewechsel und Hilfe des Westens.Da interessieren Menschen nicht mehr. Berührt es Politik wirklich im Herzen? Auf Öl und Gas zu sprechend kommend wird mehr als Herz und Tränen sichtbar. Wenn Schmid leiden-schaftlich von Wahlen, Freiheit, Befreiung, Leben, Selbstbestimmung usw. redet, so werden sich manche fragen, wie Wahlen im eignem Lande das seit Jahrzehnten widerspiegeln.

Millionen in diesem Lande, die wahrlich ausgegrenzt sind, in Armut leben, von wirklichen Menschenrechten nur träumen können, die arbeiten dürfen und müssen unter menschenun-würdigen Zuständen, empfinden die alle ihre Freiheit und Selbstbestimmung so wie Herr Schmid? Es ist legitim jede Regierung oder Staat der Welt in Kritik zu stellen, auch auf Menschenrechte hinzuweisen. Es ist nicht legitim u d von einer SPD in ihrer gelobten Tradition schon gar nicht, damit zweifelhafte Interessen zu verfolgen, wozu es wenig Verstand braucht, Herr Schmid. Auch darüber sei nur mit einem Lächeln über große Politik und Personen hinweggegangen, wenn diese Personen nicht erkennen und ihnen langsam dämmert, wohin sie das Land treiben, welche Gefahren sie heraufbeschwören, auf welche Risiken sie sich begeben mit deutschem Großmachtgehabe und Glauben die Politik in jeden Lande ihres Interesses bestimmen zu können.- Roland Winkler

 

Die westlichen Medien, insbesondere Deutschland, sind wieder in Aktion getreten. Ein Land wie Weißrussland zur westlichen Gemeinschaft herbei zu reden. Ich wünsche keinem Bürger in Weißrussland, daß er sich gen Westen aufmacht. In Deutschland ist politisch die Hölle los. Todesnachrichten gehören zum Alltag, schwere Kriminalität und Körperverletzungen werden kaum noch öffentlich gemacht. Bildungsstätten hat man verrotten lassen. Die alten Menschen wissen nicht mehr wo sie sind. Die werden mit ihrem Leben nicht mehr fertig. Und die Politik hat auch kaum Interesse. Erst nach harter Kritik der Medien haben sie sich auf den Weg gemacht. Aber auch nur die Alten in den Seniorenheimen.

Die Millionen, die in ihren Wohnungen leben, müssen sehen wie sie klar kommen. Die Ärzte sind überfordert. Zeitnahe Termine gibt es nicht mehr. Und wenn sie einen Termin bekommen haben, müssen sie stundenlang in der Praxis warten. Alles haltlose Zustände. In den Krankenhäusern sieht man nur noch Muslime, die sich fit machen lassen. Warum das alles?: „Wir schaffen das“ In Deutschland trifft man fast nur noch auf Verrückte wegen der Politik. Die Bürger in Weißrussland leben dreimal besser als in Deutschland. Ich habe die Konsequenzen gezogen und bin nach Singapur gezogen. Dort ist für mich das Paradis. – Gunter Knauer

 

Als Bürger und nicht zuletzt als Slavistik-Professor und Osteuropa-Forscher (mit Fokus auf Russland und Belarus) möchte ich mich bei Ihnen für die Anzahl, Intensität und Diversität der Belarus-bezogenen Publikationen bedanken. Immer wieder fragen mich Freunde und Kollegen in Belarus, wie über die sich überschlagenden Ereignisse in Deutschland berichtet wird. Und hier verweise ich auf die Publikationen Ihrer Zeitung, die die diskursive Landschaft in Deutschland entscheidend mitprägt. – Prof. Dr. Heinrich Kirschbaum

 


 

 

Leserbriefe zu „Um Eierstockkrebs früh zu erkennen, bieten Ärzte einen Ultraschall an. Und das soll helfen?“ von Jan Schweitzer

 

Leider sind Sie bei Ihrem Ver- such,den Vaginalultraschall als unseriöse Einnahmequelle geld- gieriger Gynäkologen zu brand- marken,Ihrer Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen.Sonst hätten Sie herausgefunden,daß diese Untersuchung nur zum kleineren Teil der Entdeckung früher Eierstockkrebse dient, sondern ganz allgemein in her- vorragender Form geeignet ist,Veränderungen und Auffäl- ligkeiten im kleinen Becken im Allgemeinen und an der Gebär- mutter und den Eierstöcken im Besonderen zu erkennen.Der vor der Ära des Ultraschalls praktizierte Tastbefund kann da nicht im Entferntesten mithalten und ist in seiner Bedeutung vor dem Hintergrund zuneh- mend adipöser Patienten nur von geringer diagnostischer Aussagekraft.

Im Übrigen wird der vaginale Ultraschall von vielen Kranken- kassen im Rahmen einer Kun- denaquise inzwischen bewor- ben und bezahlt. Zum Thema Studien möchte ich noch anmerken: Es gibt ebenfalls umfangreiche Studien, die die Sinnhaftigkeit des Mam- mographiescreenings anzwei- feln und „belegen“,daß bei aus- schließlicher Tastuntersuchung genauso viele oder weniger Frauen an Brustkrebs versterben wie bei regelmäßiger Mammo- graphie!Mit dem Unterschied, daß die Mammographie im Ge- gensatz zum Ultraschall eine strahlenbelastete Untersuchung ist. – Dr. Jürgen Statz

 

Die Bewertung der in der ZEIT vom 3. 9. 2020 zitierten Studie zur Früherkennung des Ovarialkarzinoms unterliegt einer gravierenden Fehleinschätzung. Obwohl Autor Jan Schweitzer keine Studie zitiert (ist das guter Journalismus?), handelt es sich offenbar um die JAMA Studie von 2011 („The effect of Screening on Ovarian Cancer Mortality“ .The Prostate, Lung, Colorectal and Ovarian (PLCO) Cancer Screening Randomized Controlled Trial.“ Saundra S. Buys, MD; Edward Partridge, MD; Amanda Black, PhD, MPH et al. JAMA 2011; 205 (22):2295-2303.) Diese Studie ist bereits mehrfach kritisiert worden, denn sie hat gravierende methodologische Auffälligkeiten: 1. „Bimanual examination of the ovaries was originally part oft he screening procedures but was discontinued because no cancers were detected solely by ovarian palpation.“ (Es waren ja keine Ärzte, die untersuchten!)

2. „Transvaginal ultrasound was conducted by trained examiners using a 5 to 7.5- MHz transvaginal probe“. (es waren keine Ärzte, die Ultraschall machten!) 3. „Participants and their physicians were notified in writing about suspicious abnormalities.“ (Den Frauen wurde nichts erzählt nach der Untersuchung!) 4. „In accordance with standard US medical practice, it was the responsibility oft he particpant’s primary care physician to manage the diagnostic process to assess abnormalities.“ (Der Hausarzt sollte die weitere Diagnostik machen!) 5. „For the purposes of this study, cancers detected by screening were defined as those diagnosed as a result of investigations initiated after a screening test with a positive result and without a lapse in the diagnostic evaluation exceeding 9 months.“ (In dieser Zeit explodiert so manches Karzinom! 6. „Tumors of low malignant potential (Borderline tumors) were not included in the definition of malignant ovarian neoplasms, but are included as false positive results (n=2) in the intervention gropup , n=6 in the ususal care group).“

2. „Through the follow up period, 212 ovarian cancer cases (5,7/10000 person years) werde diagnosed in the intervention group, and 176 cases (4,7/10000 person years) in the usual care goup (RR 1.21; 95% CI 0,99-1.48). The excess of cases in the intervention group compared with the usual care group increased during the first 2 years, the remained approximately constant after year three.“ (Kein Wunder, die nicht-ärztlichen Untersucher wurden langsam besser in der Diagnostik…) Jeder einzelne dieser Punkte macht die Studie fragwürdig. Vor allem fällt auf: – keine FachärztInnen führten die Untersuchungen durch – keine FachärztInnen sorgten für zeitgerechte Abklärung – Frauen wurden nicht sofort über Auffälligkeiten informiert – es gab Zeitverzögerungen bis zu 9 Monaten bis zur Abklärung. – Borderlinetumore wurden nicht als „Bösartig“ eingestuft.

Dass bei dieser therapeutischen Verzögerung dann die Mortalitäten nach 10 oder mehr Jahren keinen Unterschied aufweisen zwischen der gescreenten und der nichtgesreenten Gruppe, das kann niemanden ernsthaft überraschen. Wer sich mit der Epidemiologie und der Diagnostik von Ovarialkarzinom auskennt, der kann über das Design dieser Studie und die Handhabung auffälliger Eierstocksbefunde nur verblüfft sein. Es scheint geradezu, als wollte man unbedingt die „Nutzlosigkeit des Ultraschall-Screenings“ beweisen.

Und das wollen sicherlich viele so haben: es ist nämlich billiger, 5000 Frauen mit Beschwerden und Karzinom jedes Jahr zu operieren, mit teurer Chemotherapie zu traktieren und nach 3,5 Jahren 50% von ihnen zu beerdigen, als vielleicht 2 Millionen jährlich zu sonografieren (pro GynäkologIn 140 im Jahr), davon 30.000 zu operieren, und vielleicht die Hälfte der Frauen vor dem Tod an Ovarialkarzinom zu bewahren. Das wäre ja zu teuer! Selbst wenn man alle retten würde, „lohnt es sich nicht“ aus Sicht der Kassen – und der Pharmaindustrie. Daher wird es wohl nie eine „vernünftige“ Screening- Studie zur Früherkennung des Ovarialkarzinoms geben. Außer uns Frauen hätte niemand einen Nutzen davon. – Dr. med. Friederike Perl

 

Mit großem Interesse habe ich in der aktuellen Ausgabe der ZEIT (#37) Ihren Artikel zum Thema der Krebsfrüherkennungsuntersuchungen gelesen (Titel: „Um Eierstockkrebs früh zu erkennen, bieten Ärzte einen Ultraschall an“). Sie schildern zunächst sehr aufschlussreich die Vor- und Nachteile der Ultraschalldiagnostik, die einerseits Früherkennung verspricht, andererseits aber auch Fehlalarm auslösen kann. Um diese Aussagen zu belegen, beziehen Sie sich auf „eine große Studie“, bei der ich angesichts Ihrer Beschreibung davon ausgehe, dass es sich um die PLCO-Studie „Effect of Screening on Ovarian Cancer Mortality“ (JAMA 2011) handelt.

Wie Sie richtig schreiben, waren die Forscher*innen der Studie an der Frage interessiert, inwiefern eine regelmäßige Ultraschalluntersuchung das Risiko reduzieren kann, an Eierstockkrebs zu sterben. Ihre Beschreibung der Ergebnisse aber ist m.E. entweder bloß irreführend oder aber grob fahrlässig. Als ersten Punkt – der damit das wesentliche und vor allem signifikante Ergebnis darzustellen scheint – schildern Sie nämlich, dass die Gruppe mit der höheren Mortalität „diejenige [war], in der mit Ultraschall untersucht worden war!“ Implizites Fazit: Ultraschalldiagnostik tötet, Finger weg! Wer Eierstockkrebs mittels Ultraschall zu erkennen versucht, erhöhtdie Wahrscheinlichkeit, daran zu sterben.

Diese Schlussfolgerung ist natürlich falsch, und sicher auch nicht in Ihrem Sinne. Warum aber stellen Sie einen Sachverhalt, der laut Studie ausdrücklich nichtstatistisch signifikant ist (vgl. S. 2301), als Ergebnis dar? Richtig wäre: Die Ultraschalluntersuchungen verhelfen zu keiner signifikanten Reduktion des Mortalitätsrisikos. Ihre Aussage hingegen ist nicht inhaltlich falsch, aber eben auch kein relevantes (da kein signifikantes) Ergebnis, da die höhere Prävalenz in der Treatment- gegenüber der Kontrollgruppe wohl rein dem Zufall geschuldet war.

Was als Spitzfindigkeit interpretiert werden mag, sollte bitte eher als absolute Grundlage der Statistik erachtet werden. Aus nichtsignifikanten Ergebnissen vermeintliche Kausalzusammenhänge abzuleiten, ist gefährlich! Ja, die Ultraschalluntersuchungen sind all zu oft falsch-negativ (sie helfen nicht, vorhandenen Eierstockkrebs rechtzeitig zu erkennen) oder falsch-positiv (sie sorgen für Operationen, die nicht nötig gewesen wären) und damit mit Vorsicht zu genießen. Nein, sie erhöhen nicht die Wahrscheinlichkeit, an Eierstockkrebs zu sterben! Bitte so etwas gar nicht erst andeuten! – Ein Leser

 

Wozu in die Ferne schweifen, wenn die aktuelleren und umfangreicheren Studien auch in Europa zu finden sind. Die Krux beim Ultraschall liegt wie bei den meisten Tätigkeiten im Können und der Erfahrung. Erfahrene Untersucher können Befunde deutlich besser einschätzen als unerfahrene. Also hat eine europäische Gruppe die Iota- Kriterien entwickelt, nach denen die Befunde beim Ultraschall der Eierstöcke beurteilt werden können, so dass möglichst nur die gefährlichen Ovarialveränderungen operiert werden.

Bevor Sie den gynäkologischen Ultraschall also als schädlich darstellen, informieren Sie sich bitte über den aktuellen Stand der Forschung und googeln Sie einfach mal IOTA-Gruppe oder IOTA-Kriterien. Ihre Forschung habe ich bei etlichen Fortbildungen verfolgen können und in den letzten 19 Jahren habe ich keine Patientin mehr durch das Ovarialcarcinom verloren, sondern durch Früherkennung es rechtzeitig entdecken können. Das war zu meiner Assistentenzeit noch ganz anders. Guter transvaginaler Ultraschall kann Leben retten. – Dr. Annemarie Uebe

 


 

 

Leserbriefe zu „Freundlichkeit siegt“. Gespräch mit Brian Hare geführt von Stefan Schmitt

 

Wir sollen eher wie Bonobos sein? Wegen unseres freundlichen Gesichtes? Da war wohl der Wunsch der Vater des Gedanken. Überall wo Homo Sapiens eingewandert ist, sind andere Menschenarten (und Tierarten sowieso) nach wenigen Tausend Jahren verschwunden. In dem Gespräch behauptet Brian Hare, das wäre geschehen, weil andere Menschenarten weniger freundlich waren, als wir? Entschuldigung wenn ich lache. Wir führen Kriege, weil wir unsere Familie und Kinder beschützen – also quasi aus Notwehr? Soso, jaja. Irgendwie schon. Wir vermehren uns wie die Hasen, und müssen dann um Ressourcen kämpfen, für unsere Lieben. Das könnte man auch Notwehr nennen. Aber wie die Schimpansen führen wir Homo Sapiens Kriege auch einfach so. Aus Machtlust. Aus Mordlust. Versuchen andere auszurotten.

Das wurde leider nicht thematisiert. Es ist noch nicht so lange her, übrigens. Haben wir versucht, unsere jüdischen Mitbürger auszurotten, weil wir unsere Familien beschützen wollten? So haben die Nazis argumentiert. Wir wissen es besser. Zwei Weltkriege haben uns so viel gelehrt – über die menschliche Natur. Und dann vergessen wir alles wieder. Die Erkenntnisse der Psychologie, der Geschichte, der Gewaltforschung. Aktuell werden Stimmen laut, die verlangen, dass wir Deutschen unseren notgeborenen Pazifismus aufgeben sollen – um andere wieder besser abschrecken zu können. Mir scheint: Wir wollen weder in den Spiegel sehen, noch wollen wir aus der Geschichte lernen.

Wirklich lernen. Wir sind die zerstörerischste Spezies auf diesem Planeten. Und aktuell fleissig dabei, uns selbst und unsere Natur zu zerstören, also den Ast abzusägen, auf dem wir sitzen. Das auch noch. Über die vielen Kriege hinaus, die wir sinnlos führen. Von den Bonobos könnten wir lernen. Unsere Schimpansen-Natur überwinden, über die wir als Deutsche sehr viel wissen. Aber ich weiß, das ist nicht so einfach. Pazifismus zu leben, ist wirklich nicht einfach. – Iris Rohmann

 

Nachdem ich mir nun auch das farbige Foto im Internet angeschaut habe, bin ich zu 99% sicher, dass es sich bei den abgebildeten Primaten um Schimpansen handelt und nicht zum Teil um Bonobos, wie in der Bildunterschrift in meiner Kindle-ZEIT-Version behauptet. Wir hatten beide Primaten-Arten lange Jahre hier in Stuttgart in der Wilhelma und ich hatte reichlich Gelegenheit, beide Gruppen zu beob- achten und zu vergleichen. Daher meine spontane und jetzt auch vertiefte Gewissheit, dass Ihnen hier ein Fehler unterlaufen ist. – Werner Winkler

 

Mr. Hare bleibt uns seine Definition des Begriffes von „Erfolg“ schuldig. Welche Lebewesen darf man als erfolgreich bezeichnen? Der Hund scheint in seinen Augen sehr erfolgreich zu sein, wahrscheinlich aufgrund seiner weiten Verbreitung. Dieses Kriterium scheint beim wohl ebenfalls sehr erfolgreichen Bonobo aber keine Rolle zu spielen, immerhin kommt er nur in einem vergleichsweise winzigen Gebiet vor und hat es zunehmend schwer, sich selbst dort zu behaupten. Das angeblich erfolgreichste Wesen, der Homo sapiens, ist zwar momentan sehr dominant, existiert aber gerade mal seit ca 200.000 Jahren. Evolutionsbiologisch befindet sich unsere Art daher noch in der frühen Probezeit, über Erfolg brauchen wir sozusagen noch gar nicht zu reden. Ganz anders verhält es sich bei den Krokodilen. Trotz ihrer momentanen Bedrängnis muss man anerkennen, dass sie schon ziemlich lange auf dieser Erde weilen und sich dafür nicht allzustark verändern mussten. Das liegt aber wahrscheinlich ebenfalls an ihrem Teamgeist… – Dr. Christian Voll

 

Die guten Nachrichten zum Titelthema häufen sich. Angesichts der vielen schlechten ist es sicher richtig und wichtig ihnen Gehör zu verschaffen. Hier nun auch von einem „Verhaltensforscher“, der „Professor für Anthropologie“ ist und „sein“ Buch „Survival of the Friendliest“ schon in „Teamarbeit“ (also Kooperation – nicht nur mit der namentlich erwähnten Vanessa Woods) geschrieben hat. Doch schon dieser Titel gibt Anlass für berechtigte Fragen: Aber nein, der sei wohl eher keine „Gegenrede“ zu Darwins survival of the fittest, weil der das „wirklich nur auf die Fähigkeit, Nachwuchs hervorzubringen“ bezog. Was zumindest mißverständlich ist: Unter „fittest“ verstand Darwin alle Lebewesen, die am besten an ihre Umwelt angepasst sind, so am ehesten überlebten und dann auch für den überlebensfähigsten Nachwuchs in dieser Umwelt sorgen konnten.

Ohne diesen Zusammenhang gerät das Verständnis des „fittest“ schnell zu dem verhängnisvollen Mißverständnis des „Stärkeren“, der allein „von Natur aus“ überlebt. Zu einem noch größeren Mißverständnis führt die Formulierung „the Friendliest“ im Titel, der das Überleben allein dem „Freundlichsten“ zuspricht: Wer darunter nur den Menschen versteht, weil „freundlich sein“ nach allgemeinem Sprachgebrauch eine menschliche Eigenschaft ist, muss belehrt werden, dass der Anthropologe diese Eigenschaft in der „Geschichte des Lebens“ bestätigt sieht, also „absolut nicht“ nur in „der Evolution des Menschen“: „Freundlichsein ist die Siegerstrategie des Lebens“,wie die angeführten „Beweisstücke“ aus der Pflanzen- und Tierwelt belegen. In dies Bild passt dann „als Beweisstück Nummer drei“ auch der „Homo sapiens“: „Wir sind einfach für Freundlichkeit gebaut, rein körperlich.

“ Wie bei der „Domestizierung“ (z. B. von Hunden) haben wir nicht nur unser Verhalten, sondern auch unseren Körperbau verändert. Allerdings hatte das auch eine Schattenseite: Die Fähigkeit zur Freundlichkeit kann „ausgeschaltet“ werden, wenn die eigene Gruppe bedroht ist. Daran sind „dieselbe Psychologie und dieselbe Neurobiologie, die uns Empathie und Solidarität verleihen,“ beteiligt: „So sind wir zugleich die grausamste Spezies und die freundlichste.“ Bleibt dann aber die Frage, ob auch künftig unsere „Freundlichkeit siegt“ (d. h. unsere Spezies überleben lässt), wenn wir gerade sie höchst einseitig, also egoistisch einsetzen, nicht weiterhin völlig offen? – Eckhard Heumann

 


 

 

Leserbriefe zu „»Wir müssen uns auch von Kirchengebäuden trennen«. Gespräch mit Gordon Sobbeck geführt von Evelyn Finger und Arne Storn

 

Mit Ihrer Überschrift zum Interview mit Herrn Sobbeck könnte der Eindruck entstehen, der Kölner Dom sei evtl. zu kaufen bzw. die katholische Kirche der Eigentümer. Im Grundbuch der Stadt Köln steht als Eigentümer eine juristische Person mit Namen „Hohe Domkirche zu Köln“. Das heißt, der Kölner Dom hat keinen Eigentümer, sondern gehört tatsächlich sich selbst – oder uns allen! Weil der Dom natürlich nicht für sich selbst sprechen und handeln kann, tut dies das Kölner Domkapitel, das selbst wieder eine eigene Körperschaft des öffentlichen Rechts ist. Das heißt aber nicht, dass der Dom der katholischen Kirche gehört und dass er evtl. zu verkaufen wäre. Die Kirche darf ihn nutzen und für ihn sorgen. Ich bin kein Steuerfachmann und kann daher auch nicht sagen, was der Dom als solcher in der Bilanz des Erzbistums zu suchen hat. M.E. eigentlich s.o. nichts. – Lutz Lorenz

 

Der reine Jammer.Von Kirchengebäuden trennen ? Macht doch nichts, geht doch sowieso keiner mehr hin. Aber kulturhistorisch und archetektonisch sollten sie erhalten und gepflegt werden. Die Kirche hat genug Geld, oder einen Bettelbrief nach Rom schreiben in den Vatikan. – Hans-Emil Schuster

 

Erstmal Dank, dass Sie ein durchaus wichtiges Thema in Ihrem Interview Ihrer letzten Ausgabe vom 3.Sept.20 mit Gordon Sobbeck veröffentlichen. D.h. Sie übernehmen damit eine Verantwortung Ihrer Leserschaft gegenüber, diese sachgerecht bzw. wahrheitsgerecht zu informieren. Nun belog Herr Sobbeck Sie, wo er sagte, dass Rentner keine Steuern zahlen. Vorhin las ich im Netz, dass x Millionen Rentner Steuern zahlen, d.h. ein Teil davon, also y Mio. Rentner zahlen der röm.kath. Kirche Kirchensteuer. Ich erinnere mich an einem Aufruhr in der Presse vor längerer Zeit, wo die Kirche sogar von sauer verdientem Geld der Rentner Kapitaleinkünfte zwangsweise kirchensteuerlich abschöpft. Mit der Kölner Bild gesprochen, könnte man dazu auch sagen, auch das Erzbistum Köln beraubt Rentner um ihr sauer erspartes Geld.

Nun nochmal die Aussage von Herrn Sobeck: „….Kirchesteuer ist ohnehin so ausgelegt, dass….Rentner…zahlen ohnehin nichts“ Das ist schlicht und einfach die Unwahrheit! Weiter muss ich bezweifeln dass Ordensleute, die im vg. Satz mit vorkamen auch keine Kirchensteuer zahlen, denn sonst würden die Ordensleute, die Schwestern im Krankenhaus, Lehrer, Sozialarbeiter etc. die mit einem Gehalt bedacht sind, Steuerhinterziehung betreiben. Sollte diese Gruppe aus Staatkirchenrechtlichen Vereinbarungen keine Kirchensteuer zahlen, bleibt die Frage nach der Gerechtigkeit! Herr Sobbeck führt aus das rd. 2,5 Mio€/Tg. für Seelsorge, Caritas, Menschen in Not… ausgegeben würden. Dazu fehlt m.E. ein differenziertes Nachfragen durch den Interviewer: Z.B. hat Herr Sobbeck bei den 2,5 Mio die staatlichen Zuschüsse mit eingerechnet?

(Die Majorität der Caritasausgaben trägt jeder Steuerzahler – als auch ein Atheist) od. Caritas und Menschen in Not hört sich an wie zwei unterschiedliche Sachstände, jedoch kann dies auch nur rhetorisch verstanden worden sein, denn im ersten Blick ist Caritas und Menschen in Not substantiell gleich. Des weiteres hätte mich interessiert, wieviel Prozent der 2,5Mio aus den üppigen Gehältern der Priester und des Erzbischofes stammen. Nach meinem Kenntnisstand erhält ein Priester grob 3,3T€/Mon der Bischhof kassiert mal schlappe rd. 15-20T€ nicht im Jahr, wie bei Rentner, sondern 15-20T€ im Monat!

Hier hätte m.E. nachgefragt werden müssen, weil hier Herr Sobbeck Nebelkerzen wirft. Es wird signalisiert, dass beim Personal gespart werden soll (vgl.Verwaltung), jedoch nirgends wird im Interwiev abgefragt, dargestellt wieviel Prozent Gehaltsverzicht der Erzbischof, die Priester und gut situierten Priesterrentner aufbringen beim Sparen. Dies gilt auch für so eine gut klingende Aussage von Herrn Sobbeck, dass 50% der Katholiken keine Kirchensteuer zahlen. Hier hätte nachgefasst werden müssen, ob diese Kenngröße überhaupt relevant ist. Relevant ist doch nur der Prozentsatz, von der Gesamtmenge der rein staatskirchenrechtlich verpflichtet wäre, Kirchensteuer zu zahlen. Bei den 50% können z.B. Katholiken enthalten sein, die soviel Geld verdienen, dass der Bischof Ihnen einen großteil der Kirchensteuer entließ – ja sowas gibt es! In den benannten 50% von Herrn Sobbeck, sind auch Kinder, Mütter mit Beruf Mutter u.a. enthalten.

D.H. auch hier eine Nebelkerze, von Herrn Sobbeck. Warum wurde nicht nach Entscheidungsstrukturen gefragt? Jeder Priester hat ein Vetorecht über die Finanzen…auch die ganze materielle Struktur der röm.kath. Kirche ist priesterzentriert. Eine röm.kath.Kirche, die x Mio, x Mrd. Euro irgendwie verbrennen kann, kann keine Arme Kirche sein. Bspl. Hamburg. Limburg, Vatikanbank verzockt sich im Londener Immobiliengeschäft(klar bei Nobelimmobilien der Upperclass) usw. usw. Ein kleines Beispiel, wo Geld verbrannt wird, was der „Normalbürger“ nicht wahrnimmt aus eigener Erfahrung: Die röm.kath. Kirche betreibt ein sog. Eheannulierungsverfahren um festzustellen, ob eine Ehe zustande kam. Für dieses Verfahren werden Gebäude(-teile), hochkarätiges Personal, Lehrstühle, Beschäftigte etc. vorgehalten und dies vom Bistum bis nach Rom.

Auf Basis von Zahlen-Veröffentlichungen der röm.kath.Kirche kalkulierte ich grob rd. 1 Mrd.€, die die röm.kath.Kirche in meiner bisherigen Lebenszeit dafür ausgab. Dies passiert im Wissen und in der Handhabung, dass es unter den Päpsten, also innerhalb der röm.kath.Kirche kostenlose Verfahren gibt, wie die bei den unierten ortho. Kirchen. Ein Händeschütteln, Gesichtsmassage der Bischöfe des Papstes oder Symbolakrobatik wie ein kleines Auto fahren …um dann wieder zurück in den Palast zu gehen, guten Wein zu trinken etc. im Bewußtsein, dass die Priesterschaft, die Fäden in der Hand haben zu den Finanzen ist extrem schmerzhaft und letztlich Betrug am Kirchenvolk.

Das Interview wirkt wie ein nettes Glaubensbekenntnis eines BWLers der sein Honoarar vom Erzbischof von Köln bekommt (was vornehm nicht abgefragt wurde) od. anders formuliert, wessen Brot ich esse, dessen Lied ich singe. ABER: Trotz der o.a. Mängel, schillert in dem Interview auch durch, dass da Druck im Kessel ist, dass da Energie, Kreativität eingesetzt werden muss um Aufgaben nach wie vor zu erfüllen, jedoch etwas intelligenter und glaubwürdiger z.B. sprach Herr Sobbeck von kooperationen. Danke für das Interview. – Hans Schmal

 


 

 

Leserbriefe zu „»Das Ende meiner Träume«“ von Ingo Malcher

 

Wenn aus einem Traum ein Alptraum geworden ist,dann rettet auch ein Betriebsrat nichts mehr. Doch im Einzelfall kann auch eine betriebsbedingte Kündigung bei Widerspruch des Betriebsrates durch das Arbeitsgericht,aus sozialen Gründen für unwirksam erklären. – Thomas Bartsch-Hauschild

 

Ein Betrugsfall, wie es ihn in Deutschland in dieser Form noch nicht gegeben hat? Ja, das stimmt! Jeder erfolgreiche Großbetrug ist nämlich vor allem eines: neuartig. Nur mit einer neuen Masche lassen sich die Opfer, egal ob Kunden, Anleger, Mitarbeiter und/oder Staatsorgane, so hinters Licht führen, dass es erst einmal keiner merkt. Nichts Neues also! Neu erscheint jedoch die Entwicklung, dass offenbar bei den Flaggschiffen der deutschen Wirtschaft die Hemmschwelle zu gewerbsmäßigem Bandenbetrug im großen Stil sinkt. Als Beispiele mögen Abgasbetrug oder „Cum-Ex“ dienen. – Dr.-Ing. Franz Ulrich Häusler

 

Die nächste Gefahr für die EU und hier besonders für Deutschland ist das trojanische Pferd welches Blackrock versucht zum Deutschen Bundeskanzler zu küren. Noch scharrt es mit den Kufen verdeckt und öffentlichkeitsscheu bis es mit Hilfe der schwarzen profitgeilen Politiker, die entgegen ihrem Eid, das deutsche Volk vor Schaden zu bewahren , von der Leine gelassen wird. Hier kann man nur hoffen, dass bei der Wahl besonnene Bürgerinnen und Bürger ihre Entscheidung richtig fällen und dem Einfluss der amerikanischen Erpresserpolitik entgegen wirken. Es wird sonst Wirklichkeit: Die Steuererklärung passt auf einen Bierdeckel: 50 % für den Staat und 50% für die, welche die anderen 50% erschaffen haben. Basta. – Jacob

 


 

 

Leserbriefe zu „»Da waren sie ein paar Sekunden still«“. Gespräch mit Jens Spahn geführt von Mariam Lau

 

„Worüber wollen Sie mit jemandem reden, der glaubt, die Regierung trinke das Blut von Kindern?“ – finden Sie das als Frage nicht ein bisschen arg boulevardesk-überdreht für ein Interview mit dem Gesundheitsminister? Unterstellen Sie den schreienden aggressiven Eltern in Bad Salzuflen damit nicht indirekt, sie seien Qanon-Anhänger? Ein wenig mehr Sachlichkeit von allen Beteiligten wäre wünschenswert, und Sie haben als Redakteurin einer seriösen Zeitung da eine besondere Verantwortung.

Interviewfragen wie diese wird meines Erachtens nicht zu einer Mäßigung und zu einer Wiederaufnahme des Dialogs zwischen den Menschen mit unterschiedlichen Meinungen beitragen. Eine Nachfrage, was denn die Kritiker der Corona-Maßnahmen am häufigsten bewegt, die sich mit Herrn Spahn unterhalten wollten und konnten, wäre erkenntnisreicher gewesen. Denn die Lauten finden überproportional öffentliches Gehör, während man von der Mehrheit der Gemäßigten zu wenig erfährt. Manch Gemäßigter mag daraus schließen, dass er lauter werden muss, um gehört zu werden, und das sollte nicht Ziel in einer demokratischen Debattenkultur sein. – Markus Schilling

 

Etwa zu der Zeit als Herr Spahn die Grundschule verlassen hat, hatten wir in Deutschland noch ein sehr gut funktionierendes Gesundheitssystem. Es hat noch nicht einmal ein Prozent von dem gekostet, was es heute kostet. Die Menschen, die dort gearbeitet haben, konnten nicht nur ihrem Beruf nachgehen, sondern auch ihrer Berufung – ob Ärzte oder Pflegende. Es wurde alles getan, um für den Patienten die beste Therapie zu finden und umzusetzen. Was sich anhört wie eine Idealvorstellung, war tatsächlich Wirklichkeit.

Leider haben die verantwortlichen Politiker und wahrhaft niemand anders als diese, in den letzten 2,5 Jahrzehnten durch gravierende Fehlentscheidungen das gut funktionierende Gesundheitssystem zu einer Krankheitsindustrie verwandelt. Eine der wichtigsten Fehlentscheidung ist die, die Privatisierung der Kliniken und Pflegeheime voran zu treiben. Als zwingende Folge steht nicht mehr der Patient im Mittelpunkt, wichtigstes Ziel ist die Gewinnmaximierung. So werden im Jahr hunderttausende unnötige Operationen durchgeführt, Herzkatheter gesetzt, Medikamente verordnet, nicht zum Nutzen des Patienten; eben nur scheinbar zum Nutzen. Die Patienten und Heimbewohner sind nur noch Mittel und die dort arbeitenden Menschen sind nur noch Zweck.

Und die bisherigen Aktivitäten des Herrn Spahn haben nichts anderes zum Ziel, als diese kranke Industrie noch intensiver zu betreiben. Ein Beispiel ist sein zwanghaftes Anliegen noch mehr Organe zu entnehmen und zu transplantieren. Wer meint, Herrn Spahn ginge es darum Menschenleben zu retten, der befindet sich in einem Zustand himmlischer Naivität. Wenn Herr Spahn Menschenleben retten wollte, würde er dafür sorgen, dass in den Kliniken die Hygienerichtlinien eingehalten werden könnten, dann wären pro Jahr mehr als 6000 Menschenleben gerettet. Wenn er Spahn dann noch dafür sorgen würde, dass im Krankenhaus diejenigen, die die Gabe von Medikamenten anordnen, mehr Zeit hätten darüber nachzudenken und diejenigen, die sie verabreichen besser ausgebildet und weniger gestresst wären, dann kämmen noch einmal 3000 „Gerettete“ hinzu! So viele Menschen sterben in deutschen Krankenhäusern pro Jahr an falschen und/oder überdosierten Medikamenten.

Wenn Herr Spahn sich die Mühe machte nach zu empfinden, was seine Vorgänger und er unserem Gesundheitssystem angetan haben, dann könnte er verstehen, in welchem Land wir leben und in welchem wir nicht leben wollen. Er könnte auch verstehen, woher der Frust und die Energie kommt, ihm zu folgen. Und er könnte auch verstehen, warum die Menschen eben nicht über PCR-Tests oder das richtige Tragen von Masken diskutieren wollen. Wir Bürger ertragen keine Politiker mehr, die nicht wissen, worum es eigentlich geht. Darum sind die Bürger nicht dumm, sondern eher verzweifelt und da hilft manchmal nur noch schreien. Schade, dass weder Herr Spahn noch Frau Lau das erkennen. – Joachim Belzer

 


 

 

Leserbriefe zu „Wer hat das Virus im Gepäck? Eine Spurensuche“ von Mariam Lau

 

ich mag Ihnen gerne nochmals schreiben, daß getestet und infiziert noch lange nicht KRANK heißt ! Wissen Sie, daß von 90 übermittelnden Laboren falsch-positiv in der Kalenderwoche 11 .2020 = 124.716 Testungen erfolgten mit 3.892 „positiv“ = 3,1 % und in der Kalenderwoche 30 von 171 Laboren = 563.553 mit 4.364 „positiv = 0,8 % ? Lt. RKI gab es Stand 29. 8.2020 = 239.507 bestätigte Fälle, davon 9.288 Verstorbene = 3,9 % und ca. 213.200 Genesene. Hört und liest man das ? Das kann man leider alles nur offiziell aus dem Internet erfahren und verifizieren. Es stellt sich doch die Frage, ob die im Ausland angesteckten 13.141 Personen nicht schon vorher „infiziert“ waren und sich hier angesteckt haben. Was sagen die Zahlen 2.946 („falsch-positiv“) positiv Getestete und 2.639 vor allem junge Touristen, die in Kroatien waren, wirklich aus ?

Erlauben Sie mir bitte die kleine Ironie: Wenn man sie einige Tage nach der Testung wieder getestet hätte, wären sie da gar negativ oder angesteckt oder einfach „nur“ infiziert ? Ich würde herzlich gerne wissen, wie hoch die Zahl der Personen zu Beginn der Pandemie mit Testung gewesen wäre l Es wurde erst spät getestet und wie man weiß, sind die Tests nicht zuverlässig. Von daher sind die jetzigen Zahlen natürlich anders und für viele Menschen nach den Aussagen ohne diese Hinweise in den Medien für viele Angst und Panik auslösend. Notstand verführt viele Länder hin zu diktatorischen Maßnahmen, gar zu einer Diktatur ? Der PCR-Test ist unzuverlässig und wohl auch nicht zugelassen ?! – Elfriede E. KLEIS

 

Positiv getestet = infiziert ??? Na endlich, dachte ich, als im „Streit“-Thema der Zeit #36 die statistischen Fakten über die Bewertung der positiven Corona-Tests vom Redakteur MAC dargelegt wurden, nach denen bei der zur Zeit sehr geringen Infektionsrate (Prävalenz) trotz hoher Testgenauigkeit (Spezifität) nur ein Bruchteil der positiven Tests tatsächlich positiv ist. Endlich, dachte ich, hat es diese Erkenntnis mit der „Zeit“ wenigstens in einesder Mainstream-Medien geschafft – noch lange vor dem Spiegel und der taz – es wurde zwar zuvor schon auf tagesschau.de thematisiert (23.6.2020 – „Wie genau ist genau genug?“), aber offenbar ohne nachhaltigen Effekt.

Dieser nachhaltige Effekt war aber auch MAC nicht vergönnt: schon in der nachfolgenden Zeit-Ausgabe #37, in Frau Lau‘s Artikel „Wer hat das Virus im Gepäck?“ wurde wieder „positiv getestet“ und „infiziert“ als Synonym wild durcheinander geworfen. Auch die Erkenntnis, dass da, wo am meisten getestet wird (nämlich an den Flughäfen und Autobahnen), auch am meisten falsch positive auftreten, hatte Frau Lau nicht beindruckt. Aber warum? Sind diese statistischen Fakten, die eigentlich jeder Mathe-LK-Gymnasiast nachrechnen können sollte, es nicht wert, dass man sich mit ihnen auseinandersetzt? Was sagt nun genau die Statistik über die falsch positiven Tests in der aktuellen Situation in Deutschland?

Die Infektionsrate (Prävalenz) liegt gemäß der RKI-Zahlen (Gesamtzahl Infizierter minus Genesene minus Tote) selbst bei einem angenommenen Dunkelzifferfaktor vonfünfmomentan immer noch nur bei 0,1%. Selbst wenn man die Testgenauigkeit sehr hoch ansetzt (Selektivität 99%, Spezifität 99,5%) sind fünf Sechstelder positiven Tests als falsch zu erwarten (83%)! Nur ein sofortiger Folgetest der Positiven könnte das Ergebnis verbessern, dann aber dramatisch (nur noch 2% falsch positive, da die Prävalenz auf 16,5% anstiege). Übrigens zur Beruhigung: die Falsch-Negativen-Quote liegt bei 0,001%. Es wäre ein interessantes psycho-soziologisches Projekt, zu erforschen, warum diese Erkenntnis viele lieber nicht an sich heran lassen wollen… – Dr. Dieter Armbruster

 


 

 

Leserbriefe zu „Die dunkle Seite“ von Urs Willmann

 

Als ehemaliger Beigeordneter und Dezernent der Stadtentwicklung einer NRW-Großstadt habe ich die städtische Archäologie aus dem Kulturbetrieb in die kommunale Planung überführt, um sie zu einem beachtenswerten Abwägungstatbestand der räumlich-gesellschaftlichen Entwicklung gegenüber teilweisen Vorbehalten aus der Politik und Wirtschaft zu bestimmen. Diese Neubestimmung aus einer bis dahin fachlich exklusiven und weitgehend von Öffentlichkeit und Politik entsagten Stellung führte nicht gänzlich zum ersehnten Erfolg, weil das fachliche Personal sich weniger für eine gemeinsame Aufarbeitung des Erkundeten begeistern ließ, als in restpupertärer Manier und mit halbstarker Intellektualität sich gegenseitig wie nun im Fall der Himmelsscheibe zu diskreditieren bis hin zu diffamieren. Archäologie stellt nur einen gesellschaftlichen Wert dar, wenn diese Fachlichkeit integrierter Bestandteil räumlich-gesellschaftlicher Planungen ist. Ohne dessen ist sie eine lediglich akademische und bisweilen überflüssige Betätigung. – Jürgen Dressler

 

Beim Aufschlagen der Seite fiel mein Blick auf die Überschrift und das Foto, Da habe ich gedacht,na toll.DIE ZEIT bringt mal wieder was über die dunkle Seite des Mondes, Wegen der gebundenen Rotation hat uns der arme Kerl ja nie seinen Hintern gezeigt. Den kennen wir jetzt-Nein, es geht um die NIDDA SCHEIBE.Was ist da alles zusammen gefaselt worden. Damit ist jetzt hoffentlich Schluss. Dank der beiden Experten,welche dem Spuk ein Ende bereiten werden. Wer dann noch an Ausserirdische und ähnliche Tollheiten glaubt, dem ist nicht zu helfen.Ich hoffe, das Ding erweist sich als eine gute Fälschnung. Dann hat die Scheibe ihre Ruhe. – Hans-Emil Schuster

 


 

 

Leserbriefe zu „Welches wichtige Buch muss man nicht gelesen haben? Der akademische Rat“ von Hedwig Richter et al.

 

Ausser einer Veralberung (das Kochbuch) halten die Experten sich zurück und überlassen es wohl dem Leser, was dem dazu einfällt. Eine sehr gute Anregung. Man könnte die Frage auch mal umdrehen.Welches wichtige Buch oder Werk sollte man gelesen haben, unbedingt.Das ist Ansichtssache. Mir fallen zwei kleine Werke dazu ein: John Galsworthy „The Man who kept his form“. Gibt es eine deutsche Übersetzung ? Und so weit ich weiss Wolfgang Borchert ?Bill Brook“ Und dann ein dritter Author mit einem Riesenelaborat. HUBERT FICHTE. Und wird es schwierig für mich. Jch tauche da auf, mit Namen und Foto,mit Vornamen, mit Spitznamen und wohl auch anonymisiert. Ein Bekannter von mir sagte: Du hast es ja weit gebracht. Als Figur der Literatur. Na gut, wenn man das so sehen kann.Nur sagen kann ich nichts als Betroffener. – Hans-Emil Schuster

 

Ich möchte etwas dazu beitragen, weil ich es lustig finde. Noch 1969 und in den Folgejahren herrschte die Meinung vor , dass Chemie und Physik für Mädchen eigene Lehrbücher erfordern. Professor Ziegler ( ich war in einer Mädchenklasse und Prof. Ziegler unser Lehrer) war besonders stolz auf diese zwei Ausgaben. Ich sehe ihn vor mir wie er darauf hingewiesen hat, dass man den Mädchen diese zwei Themengebiete einfacher erklären und darstellen muss, um sie für den Unterricht in den beiden Fächern zu begeistern?!?! Damals waren etliche Klassenkameradinnen (auch ich) etwas irritiert. Was die Unterschiede zu den Chemie-/bzw. Physikbüchern in anderen Schultypen waren, haben wir allerdings nicht recherchiert. Komisch fanden wir es trotzdem und haben uns darüber immer wieder amüsiert. Das liegt nun schon über 50 Jahre zurück. Ich habe jedenfalls sehr geschmunzelt als ich den Beitrag in der Zeit gelesen habe. – Theresia Palm

 


 

 

Leserbriefe zu „Solidarität ist ansteckend“ von Viola Diem und Jens Tönnesmann

 

Ist es Zufall, dass drei Damen gezeigt werden, aber kein einziger Mann? Was sagt uns die Auswahl? Zum Auf und Ab der Hilfs- und Spendenbereitschaft: Bei jeder Katastrophe steigt die Spendenbereitschaft rapide an, aber wenn die Katastrophe nicht mehr neu ist oder wenn die Medien nicht mehr berichten, sinkt sie ebenso rasch wieder. Die großen Hilfsorganisationen sind deshalb geradezu auf Katastrophen angewiesen, um überleben zu können. Grundsätzlich: Solange wir ein Wirtschaftssystem haben, das ganz überwiegend auf Egoismus und Habgier aufbaut, wird es Solidarität wohl vorwiegend nur zur gemeinschaftlichen Durchsetzung gemeinsamer materieller Interessen geben, also z. B. gewerkschaftliche. Zum Weiterlesen u. a.: https://www.ulrich-willmes.de/eigentum-verpflichtet.html undhttps://www.ulrich-willmes.de/paradigmenwechsel.htmlDr. Ulrich Willmes

 

Die Zeit fragt aktuell nach unserer „Solidarität“, und ich frage mich tatsächlich, wohin die Solidarität in der Öffentlichkeit, auch in den Medien, in diesem Jahr verschwunden ist. Wo war, als es um Lockerungen ging, die Solidarität mit den Frauen und Kindern, die während des Lockdowns häusliche Gewalt erlitten? Mit den Kindern, die gegen den Rat von mehreren medizinischen Fachgesellschaften (https://dgpi.de/stellungnahme-schulen-und-kitas-sollen-wieder-geoeffnet-werden/) weit über das Nötige hinaus ihre Kita- und Schulfreund*innen nicht sehen durften, von Bildungschancen ferngehalten wurden, die von der Erscheinung von Menschen in Schutzanzügen und ihrer Erzieherinnen mit Masken traumatisiert wurden? Wo war die Solidarität mit den psychisch Angeschlagenen und den Sucht- und Selbstmordgefährdeten? Man möchte ja gar nicht wissen, wie die Zahl der Suizide und Einweisungen in psychiatrische Einrichtungen in diesem Jahr in die Höhe geschnellt ist. Wo war die Solidarität mit den Menschen, die auf Bus und Bahn angewiesen sind und im „RE Superspreader“ zur Arbeit fahren mussten?

Wo die Solidarität mit den in kleinen Betrieben Beschäftigten, mit den Freiberuflern, mit den Kulturschaffenden, mit den Studierenden, die ihre Studienfinanzierung ihres Studiums verloren haben, mit den Zirkusleuten, die nach sechs Monaten immer noch auf „Soforthilfen“ warten, mit den Einzelhändler*innen, deren Geschäfte seit Monaten ausbluten, mit den Gastronom*innen etc.pp.? Mit den Menschen, die große Teile ihrer Altersvorsorgen an den Börsen verloren haben, während andere maßlos profitierten? Mit den 600.000 zusätzlich arbeitslos gewordenen Menschen und denen in Kurzarbeit, an denen immer ganze Familienschicksale hängen? Von der Solidarität mit Menschen in Altenheimen und Krankenhäusern habe ich noch gar nicht angefangen.

Ende Mai 2020 lagen die Zahlen des Statistischen Bundesamtes vor (https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Sterbefaelle-Lebenserwartung/Tabellen/sonderauswertung-sterbefaelle.html?nn=209016 S.220-224), wonach in Deutschland von Januar bis April 2020 etwa 10.000 Menschen weniger verstorben sind als im Durchschnitt der Jahre 2017-2019. Und während die Arbeitslosenzahl bis Mai 2020 gegenüber dem Vorjahr um 577.000 gestiegen ist (https://www.arbeitsagentur.de/news/arbeitsmarkt-2020), firmierte der DAX nach seinem Tief Mitte März (etwa 8.500 Punkte) wieder bei recht komfortablen 11.500 Punkten (vorher etwa 13.000 Punkte). Gute Journalisten kennen diese Zahlen – warum wird darüber nicht berichtet? Während dessen wurde es uns als „Solidarität“ verkauft, dass wir zu Hause bleiben (obwohl 80% der Infektionen zu Hause geschehen …). Stattdessen wurde gar der Mythos verbreitet, Lockerungen seien nur für die Wirtschaft da, und gegen Lockerungen zu sein sei in irgendeiner Weise „solidarisch“.

Und noch schlimmer: Es gab tatsächlich einige, die das auch noch glaubten. Wie tief schläft da die Vernunft – und wie tief schläft die Solidarität? Betriebe wie Tönnies arbeiteten auch während des Lockdowns durch, weil sie als „systemrelevant“ gelten. Aber wenn irgendwer in dieser Gesellschaft systemrelevant ist, dann doch hoffentlich die Kinder. Währenddessen werden regierungskritische Stimmen immer wieder pauschal verunglimpft: Wer die freie Meinungsäußerung, die liberale Demokratie und die Grundrechte in Gefahr sieht, wird mal eben als Verschwörungstheoretiker einsortiert. Unzählige Menschen trauen sich nicht mehr, offen ihre Meinung zu sagen. Diese Atmosphäre der Einschüchterung vergiftet nun schon seit Monaten die Diskussionskultur in diesem Land. Nach einer im Mai 2020 publizierten Umfrage unter 178 Experten aus den Fachgebieten der Virologie, Mikrobiologie, Hygiene, Tropenmedizin, Immunologie, Inneren Medizin und Intensivmedizin vermissten 82,6 Prozent eine ausgewogene Berichterstattung – zu oft würden die gleichen befragt.

Ein Drittel aller Expertinnen und Experten sah „die freie Meinungsäußerung in der Wissenschaft als bedroht.‘“ (https://www.medizin.uni-tuebingen.de/de/das-klinikum/pressemeldungen/261?press_str=) Sind diese medinischen Experten, deren Rat wir in der Öffentlichkeit unbedingt brauchen, Verschwörungstheoretiker? Als 2018 8.000 Menschen in Deutschland in Folge der wochenlangen Hitzeperiode starben, wurde immer noch nicht nennenswert etwas gegen den Klimawandel getan, während in diesem Jahr wegen „Corona“ eine gefühlte „Fantastilliarde“ ausgegeben wurde. Wenn jetzt die Fridays for Future wieder aus Angst um ihre Zukunft, um die Zukunft der Menschheit und dieses Planeten auf die Straße gehen, dann wird es vermutlich heißen: Leider haben wir alles schon für Corona ausgegeben. Und zu all dem zu schweigen – ist das die neue Solidarität 2020? – Prof. Dr. Alexandra Grund-Wittenberg

 


 

 

Leserbriefe zu „Der Eisladen soll bleiben“ von Mark Schieritz

 

Die Frage, ob Kurzarbeit und staatliche Corona-Hilfen die wirtschaftliche Dynamik eher fördern oder nicht, lässt der Autor am Ende unbeantwortet – für beides liefert er gute Argumente. Die Frage aber, ob „Innovation“ tatsächlich „Fortschritt“ bedeutet, stellt Schieritz nicht – er kann sie aus seiner marktliberalen Position heraus auch gar nicht stellen, weil für es für den Marktliberalen schlicht nur um Wachstum geht und nicht um eine Bewertung der Innovation. Aber mit dieser Logik kann man auch SUV-Fahrzeuge als eine äußerst erfolgreiche Innovation sehen, die – Pech nur für’s Klima – der Autoindustrie märchenhafte Gewinne beschert hat.

Und ob der Online-Eisverkauf – um in ihrem Beispiel zu bleiben – wirklich zukunftsfähig ist, ist dabei noch gar nicht ausgemacht, denn wo Gewinn lediglich über die Masse und die Menge der verkauften Eistüten erfolgt und nicht über die Qualität, kann von einem nachhaltigen Geschäftsmodell keine Rede sein, wobei ich von den Arbeitsbedingungen und Löhnen des Online-Händlers noch gar nicht gesprochen habe. Fazit: Wachstum als Fortschrittsindikator hat ausgedient. Und eine Wirtschaftspolitik, die – immer noch – nur dem BIP huldigt auch. – Dr. Dirk Kerber

 

Es ist schon erstaunlich, wenn die neoliberale Zunft der Ökonomen höhere Zinsen für Unternehmen fordert, während sie sonst gegen (höhere) Mindestlöhne argumentiert. Dabei sind aber aus Unternehmenssicht Zinsen auf Fremdkapital ebenso Kosten wie Löhne. Sollten nicht eher Unternehmen, die sich nur dank Lohnsubventionen (z.B. für sog. „Aufstocker“) am Markt halten können, als „Zombies“ bezeichnet werden? – Harald Giese

 


 

 

Leserbriefe zu „Ich staune, also bin ich“ von Hanno Rauterberg

 

Ich bin auch, weil ich gestaunt habe Nämlich am mmeisen über die Illustration, die den Artikel begeleitet. Ein futuristisches Machwerk so scheint es. Aus einem Science Fiction Film oder einer Space Opera.Sind es Mitglieder der Besatzung eines verunglückten Raumkreuzers ? Sicher ist nur sie sind in eine Art Zeittunnel geraten und können den Ausgang nicht finden.Sicher ist auch vor ihnen liegt ein Schwarzes Loch. Und zieht sie magisch an. Und wer da drinne ist kommt nie wieder raus. Raumfahrt tut Not, aber so nicht. Den Artikel kann man sich sparen, Geschmackssache, wem es gefällt , diese Kunst, dann soll er. – Hans-Emil Schuster

 

Sind die künstlichen digitalen Immersion-Welten Kunst oder einfach nur Erlebnis- und Spielwelten wie z.B. Märchenparks, Freizeitparks, Planetarien, Escape Rooms, Indoor Skydiving-Räume, Techno Clubs. Einige dieser Einrichtungen sind sicherlich nicht mehr auf der Höher unserer digital geprägten Zeit. Aber Menschen können auch hier mit Haut und Haaren ganz eintauchen und staunen. Kein Mensch käme auf die Idee, deswegen hier einen Bezug zu Kunst zu suchen. Macht allein das Digitale den Kunstaspekt aus? Oder allein schon der Umstand, dass sich Museen und der Kunstmarkt dafür interessieren. Entsteht die Kunstqualität mit einer inhaltlichen Aufladung (z.B. Habitat). Oder sind die Immersion-Welten doch nur digitale Freizeitparks, wo sich Langeweile breit macht, wenn man sie einige Male „benutzt“ hat. Ein Modephänomen, das rasch vergeht, wenn sich der Kick einfach nicht mehr einstellen mag.

Vielleicht läutet das digitale Immersion-Konzept am Ende doch keine Zeitenwende für die Kunstwelt ein, sondern nur für den stationären Einzelhandel, um ein Einkaufserlebnis zu erzeugen, das im Online-Handel niemals möglich sein wird. Begleitet von digitalen Inszenierungen taucht der Kunde in reale Waren- und Dienstleistungswelten ein, in denen Algorithmen die je individuelle Bedürfnisstruktur jedes Kunden exakt erkennen und die so eine totale Bedürfnisbefriedigung bieten. Es gibt kein Entrinnen. Schöne neue Welt. – Reinhard Koine

 


 

 

Leserbrief zu „Vor Dinosauriern wird gewarnt!“ von Hanan Badr et al.

 

Geistes- und Gesellschaftswissenschaften sind systemrelevant und der Diskurs mit den Naturwissenschaften ist notwendig und kann die Zukunft sichern. Leider wird dieses kooperative Miteinander im Vorfeld wichtiger und langfristiger Entscheidungen nur zu häufig durch antagonistische Haltungen verhindert und leider zeigt der erste Absatz des Artikels diese Haltung. Die Darstellung des dummen Naturwissenschaftlers, der ohne die Beratung der Geisteswissenschaftler Opfer seiner Forschung wird, greift zu kurz. Letztlich sind es nicht die Forscher, die darüber entscheiden, ob eine Technologie eingesetzt wird. Politiker treffen diese langfristigen Entscheidungen und profitieren von ideologischem Streit. Gewarnt werden muss also vor den ideologischen Dinosauriern unter den Vertretern von Geistes- und Naturwissenschaften und ihrem öffentlichen Schlagabtausch, der sich gelegentlich bis in die allgemein bildenden Schulen niederschlägt. – Thomas Wartusch

 


 

 

Leserbrief zu „Radicchio“ von Stefanie Flamm

 

Als Fachfrau schaudert mir zwar manchmal etwas beim Lesen Ihrer Beiträge (bitte nicht böse nehmen) aber zu Ihren Erdbeeren: wohl nichts falsch gemacht, vielleicht war das Wetter in Ihrer Region dagegen? Frost in der Blütezeit? Später Regen? Amseln oder Krähen bedienen sich auch gern mal. Man kann’s nicht erzwingen. Generell sind Erdbeeren ja mehrjährige Pflanzen und der beste Ertrag wird sowieso immer erst im zweiten Jahr zu erwarten sein: die Früchte noch recht groß und die Menge etwa doppelt so hoch wie im ersten Jahr.

Sie können Sie auch ein drittes Jahr stehen lassen wenn es Ihnen nichts ausmacht, dass die Fruchtgröße abnimmt – der Ertrag bleibt etwa gleich. Ich empfehle, frühe und späte Sorten zu pflanzen um die Saison zu verlängern („Mieze Schindler“ ist sehr lecker und recht spät) und immer ein paar Reihen Erdbeeren im ersten Standjahr und ein paar Reihen solcher im 2. (oder 3.) Standjahr im Garten zu haben: dann ernten Sie recht gleichmäßig. – Dr. Gunda Matschonat

 


 

 

Leserbrief zu „Es kribbelt im Schritt“ von Juliane Liebert

 

Eine irreführende Überschrift dieses Artikels. Der Leser muss ja an Filzläuse denken.Und spendet dem Artikel selbst gar nicht die Aufmerksamkeit , gelesen zu werden . – Hans-Emil Schuster

 


 

 

Leserbrief zu „Im Radio klingt’s besser“ von Christine Lemke-Matwey

 

Den unten zitierten Leserbrief sendete ich Ihnen letztes Jahr zur Amtseinführung von K. Petrenko bei den Berliner Philharmonikern. Nun zitieren Sie in der aktuellen Ausgabe der ZEIT (Nr. 37, S. 50) beinahe meine damaligen Befürchtungen. Nein, Petrenko kennt kein Ausphrasieren, kein Stehenlassen von Harmonien; es klingt zornig, trotzig und ruppig und ist voller Wut und Frust. Am Ende bleibt es, um Ihre Worte weiter zu nutzen, effektgetrieben und situativ.

Gerade in dieser von Fake-News, Corona, allgemeiner Unsicherheit etc. gebeutelten Zeit wäre eine Rückbesinnung auf Muße, innere Ruhe und Gelassenheit mehr als ratsam. Musik kann und soll (ja muss!) gerade in Zeiten wie diesen Trost und Geborgenheit spenden, die Seele, das Herz mitreißen und sie nach Abschluss des Konzertes bereichert und getröstet, im besten Falle inspiriert, zurücklassen. Mit Petrenko wird das leider nicht geschehen. Ich trauere nach wie vor um das ungenutzte, brachliegende Potential dieses wunderbaren Klangkörpers. Wenn Sie Ihren Blick gen Süden nach Stuttgart richten, werden Sie, wie unten ebenfalls bereits beschrieben, deutliche Parallelen finden.

Zitat, Leserbrief vom 30. Aug. 2019: Den Beitrag von Frau Lemke-Matwey in der Zeit Nr. 36, Feuilleton S. 39, zum Amtsantritt von Kirill Petrenko als neuer Chefdirigent der Berliner Philharmoniker möchte ich gerne wie folgt kommentieren: Ich stimme Frau Lemke-Matwey in vielen Punkten zu. Leider hat sie in ihrer Aufstellung der Aufnahmen Beethovens 9. Sinfonie einige sehr wichtige Alben der letzten Jahre/-zehnte vergessen: Zinman 72min, Bernstein 71min und Klemperer 72min. Da im heutigen Spielbetrieb offensichtlich die Tempi – nicht nur bei Beethoven – immer schneller und krachender werden und gestenreiches Musizieren fälschlicherweise hochqualitativem Können gleichgesetzt wird, lohnt es sich, auf etwas ältere Aufnahmen zurückzugreifen und in ihnen den langen Atem und die fantastischen Farben zu genießen, die sich dem Hörer dort erschließen (Klemperer!). Ich finde es zutiefst bedauerlich, dass junge Dirigenten scheinbar nur mit krachenden Tempi und Dynamiken auf sich aufmerksam machen können.

Neben Petrenko gilt dies auch für den anderen Superstar der Dirigenten- und Feuilletonszene: Teodor Currentzis. Die Berliner Philharmoniker haben bei ihrer Wahl des neuen Chefdirigenten leider zu sehr auf öffentlichkeitswirksame Punkte Wert gelegt. Hätten sie rein musikalisch entschieden, wäre die Wahl meines Erachtens ohne Zweifel auf Andris Nelsons oder einen anderen Vertreter dieser Qualität gefallen. Die Zeiten, in denen Abbado dieses Orchester zu einem wahren Klangwunder formte und Aufführungen möglich machte, die einem regelrecht den Atem nahmen (Mahler 9. Sinfonie!), sind damit wohl für immer vorbei. Schade! – Dr. Martin Pour Nikfardjam

 


 

 

Leserbrief zu „Die Entdeckung der Macht“ von Klaus Brinkbäumer und Cathrin Gilbert

 

Ihr Artikel „Die Entdeckung der Macht“ in der Ausgabe N 37 trieft leider vor rassistischer Sprache. Es ist sehr bedauerlich, dass die in solch einem Artikel die Bezeichnung der Identität der Schwarzen Protagonisten nicht zu kennen scheinen. „Farbig“ ist eine koloniale Fremdbezeichnung, die Menschen nach der Rassenlehre einordnet. Menschen, die nicht weiß sind, sollen innerhalb weißer Phantasien verortet werden. Da bei weißen Menschen durchweg auf eine Beschreibung der Farbgebung (beige mit Orangestich, hellrosa mit braunen Punkten etc) verzichtet wird, selbst wenn es sich um gesuchte Verbrecher:innen handelt und daher eine möglichst genaue Personenbeschreibung wichtig ist, stellt „farbig“ offensichtlich ein rassistisches Konstrukt dar. Besonders schockierend in Ihrem Artikel ist, dass Sie „farbig“ als Euphemismus von Schwarz zu nutzen scheinen. Dies ist ein weiterer Anzeiger von „farbig“ als gehaltvollem Begriff. Es wirkt als ob Sie der Meinung sind, dass es am Schwarzsein etwas abzuschwächen oder zu beschönigen gibt. Quelle: Noah Sow in Susan Arndt & Nadja Ofuatey-Alazard (Hg.) Wie Rassismus aus Wörtern spricht

Sehr geehrte Frau Gilbert, sehr geehrter Herr Brinkbäumer, rassismuskritische Sprache MUSS Einzug in die deutsche Medienlandschaft finden. Denn Sie tragen zu einem großen Teil dazu bei, dass sich rassistische Sprache verfestigt. Als »Kompetenzzentrum Anti-Schwarzer Rassismus« sind wir vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) im Rahmen des Bundesprogramms »Demokratie leben!« damit betraut, deutschlandweit Organisationen dazu zu beraten, wie ein verantwortungsvoller Umgang mit Rassismus gegenüber Menschen afrikanischer Herkunft gewährleistet werden kann. Grundlage unserer Arbeit ist u.a. die derzeit laufende, größte Befragung unter Schwarzen, afrikanischen, afrodiasporischen Menschen in Deutschland. Als politische Leitung des Kompetenzzentrums bin ich gerne bereit mit Ihnen oder der Reaktion ins Gespräch zu kommen. – Karen Taylor

 


 

 

Leserbrief zu „Bittere Pointe am Polarkreis“ von Stefan Schmitt

 

Schmitt appelliert am Ende seines mit vielen Fakten gespickten Artikels, dass wir uns nicht an die neuen warmen Jahre als Normalzustand gewöhnen sollen, dass wir noch gegensteuern können und dass wir nicht akzeptieren sollen, dass in zukünftigen Jahren unsere heutige Situation noch relativ kühl erscheinen mag. Damit befindet er sich im Mainstream der deutschen Umweltpolitik. Marc Twain soll einmal gesagt haben, wenn man sich bei der Mehrheit wiederfindet, ist es Zeit inne zu halten und neu nachzudenken. Wenn ich innehalte, sehe ich nicht nur die von Schmitt aufgeführten Ereignisse aus 2020 sondern auch langfristige, weltweite Entwicklungen, die es fraglich erscheinen lassen, nicht akzeptieren zu müssen, dass es zukünftig wärmer wird.

Ich denke dabei z. B. an den ungebremsten Bevölkerungsanstieg, den jährlichen Verlust an Waldflächen und die Zunahme von Wüsten, den Verlust an Mangrovensümpfen als Kinderstube der Fische und die Zunahme von Micro Plastik in den Gewässern, den nur durch Corona leicht gebremsten Verbrauch an endlichen Ressourcen. Kurzum den jährlichen Anstieg der weltweiten CO2 Emissionen mit um die 2%. Die deutsche Umweltpolitik konzentriert sich heute auf die Energiewende in Deutschland, um damit die deutschen CO2 Emissionen, die gerade einmal ca. 2% der weltweiten ausmachen, weitestgehend zu minimieren. Solarstrom und die Ausdehnung der Windkraft auf die deutschen Waldflächen der Mittelgebirge stehen dabei im Fokus. Energie daraus war noch nie so teuer.

Die ökologischen Folgen der Zerschneidung und Industrialisierung der ökologisch noch einigermaßen intakten Teile unseres Naturraumes werden im Rahmen von Abwägungen in Kauf genommen. Fledermäuse und Vögel sterben zu vielen Tausenden. Dabei geht es dem deutschen Wald seit Jahren und besonders 2020 schlecht. Trockenheit, Pilze und Insekten setzen ihm zu. Holz findet nur mühsam Absatz und zersetzt sich im Wald ungenutzt, ohne durch seine Verwendung als Rohstoff andere CO2 emittierenden Stoffe zu substituieren und sei es nur durch thermische Verwertung. Der Staat fördert die Wiederaufforstung kahl gefallener Waldflächen. Geht es nicht auch effizienter, das heißt, d Sollten wir nicht statt auf Ackerböden, die Solaranlagen auf bereits versiegelten Flächen oder in der Wüste platzieren? Sollten wir nicht Windkraft statt in süddeutschen Mittelgebirgen in küstennahen Flächen bauen mit mehr Wind? Sollten wir nicht mehr Geld in die Forschung statt in die Subvention und Erzeugung zu teurer Energie stecken?

Sollten wir nicht auf mehr technischen Fortschritt vertrauen und etwas langsamer Energiewende betreiben, wie das viel andere Länder tun? Sollten wir uns nicht auf schwierigere Zeiten einstellen und die Resilienz unsere Wälder für die Zukunft stärken, statt sie durch immer neue Schneisen für Windräder, Straßen und Leitungen zu schwächen? Sollten wir nicht alten ideologischen Müll verwerfen, akzeptieren, dass sich die Welt verändern wird und wir auch mit neuen, nicht heimischen Baumarten den Wald von morgen auf- und umbauen müssen? Sollten wir nicht das, was wir an stabilen Ökosystemen noch haben bewahren und nicht durch immer neue Eingriffe fragiler machen?

Sollten wir nicht den zu erwartenden Wetterextremen wie z. B. Starkregen dadurch Rechnung tragen, dass wir aufhören immer mehr Flächen zu versiegeln bzw. vorsorgende technische Maßnahmen ergreifen? ass man von mehreren ökologisch gleich wirksamen Maßnahmen diejenige auswählt, die mit den geringsten volkswirtschaftlichen Kosten verbunden ist? Wir haben ein weltweites, kein deutsches Problem. Vielleicht wäre das alles vernünftig. Doch der Mensch ist nicht nur vernünftig, was die vielen Verkehrsstaus an Sonntagen, die vielen Motorradunfälle, das Urlaubsverhalten in Corona Zeiten, usw. veranschaulichen. Deshalb sollte zumindest der homo economicus – vielleicht auch der eine oder andere Politiker und Entscheidungsträger – innehalten und neu nachdenken. – Dr. Anton Hammer

 


 

 

Leserbrief zu „Ein Fahrrad, das selbst denken kann. Der Fortschrittsbericht“ von Burkhard Strassmann

 

Dem Bericht vom“Fortschritt“ muß ich entschieden widersprechen, vor allem dem Fazit am Ende des Berichtes : „Das wirklich fertige Fahrrad ist ein Auto“. Pfui, so jemand ist kein wirklicher Fahrradpurist. Aber darum geht es mir auch gar nicht, sondern darum das der Vergleich stark hinkt und auch den Klimawandel gar nicht berücksichtigt. Also zum Faktencheck : Ein Auto wiegt heute meist zwischen 2 – 3 Tonnen, ein Fahrrad zwischen 10 und 30 Kilogramm. Der Platzbedarf für ein Auto ist um ein vielfaches höher als der für ein Fahrrad. In aller Regel haben Autos heutzutage immer noch einen Verbrenner als Motor, egal ob Benzin,Gas oder Diesel. Die Problemlage bei den Elektroautos setze ich mal als bekannt vorraus. Das Auto ist also eher schlecht für unsere Umwelt, es benötigt viele Ressourcen. Das Fahrrad hingegen ist wirklich umweltfreundlich, zudem recht preiswert und obendrein der Gesundheit förderlich.

Und ja, es werden inzwischen viele E – Bikes verkauft ( Pedelecs und S – Pedelecs ). Die Dinger sind sehr beliebt, da sie wirklich Spass machen. Klar, wer fährt nicht gerne immer mit Rückenwind . Aber auch aufgrund der demografischen Entwicklung in Deutschland nimmt ihre Anzahl zu. Fortschritt in diesem Bereich wäre es übrigens, wenn man die Pedelecs bereits vom Hersteller mit Bremslicht und Blinker ausstatten würde. Die Sicherheit wäre damit deutlich verbessert. Gerade ältere Menschen, die häufig diese Art Räder nutzen sind oft eingeschränkt in ihren Bewegungsmöglichkeiten ( z.B. beim Schulterblick nach hinten schauen duch Nackenprobleme ). Sich automatisch einschaltendes Licht gibt es übrigens schon lange, ebenso wie GPS basierte Diebstahlsicherungen. Moderne Mobilität bedeutet heute das Fahrrad nutzen und das Auto stehen zu lassen ! – Helmut Folke

 


 

 

Leserbrief zu „»Wir wussten, dass wir nicht allein sind«“. Gespräch mit Egils Levits geführt von Matthias Krupa

 

In diesem Interview betont der Präsident von Lettland immer wieder, wie wichtig ihm die demokratischen Prinzipien seien und leitet aus eben diesen Prinzipien das Recht ab, sowohl im Namen seines Landes als auch für die EU zu fordern, die Wahlfälschung in Weißrussland anzuprangern. Laut meinen Recherchen hatte Lettland 1991 ein Staatsbürgerschaftsrecht, das mehr als einem Viertel der Bevölkerung die Staatsbürgerschaft und damit das Wahlrecht vorenthielt und derzeit gelten ca. 10% aller Einwohner als Nichtbürger. Dieser Umstand stellt keine Wahlfälschung dar, ich halte aber die Tatsache, dass 10% der überwiegend russischsprachigen Bevölkerung das Wahlrecht vorenthalten wird, nicht für eine Situation, die den Präsidenten Lettlands als jemanden ausweist, anderen demokratiepolitische Ratschläge zu erteilen zu sollen. – Bernhard Frischhut

 


 

 

Leserbrief zu „Flächenbrand“ von Sebastian Kempkens et al.

 

Gut recherchiert und spannend zu lesen. Da gibt es plausible Indizien, die besorgniserregend sind. Aber halt ! Wie viele Luxuskarossen sind in Berlin in den letzten Jahren in Flammen aufgegangen? Deren Besitzer dürften wohl nur vereinzelt zum rotgrünen Milieu gehören. Aufrechnung wäre an der Stelle sicherlich der falsche Impuls. Eine ausgewogene Berichterstattung sollte aber keinen Bogen um Themen machen, die manchen eher als lässliche Entgleisung erscheinen. – Christoph Schönberger

 


 

 

Leserbrief zu „Und am Ende essen wir Maden“. Gespräch mit Mark Bennecke geführt von Merlind Theile

 

Forensiker Mark Benecke erläutert wie «sich problemlos alle wirtschaftlichen Kreisläufe aufrecht erhalten liessen, wenn man die Landwirtschaft umstellen würde – also weg von der heutigen Massentierhaltung. Gesunde Landwirtschaft ist ja total arbeitsintensiv». Diese Aussage und der Titel weisen auf zwei Lösungs-Komponenten hin. Die eine, das wäre gesunde, arbeitsintensive Landwirtschaft mit schonender Belastung der Natur. Die andere, das wäre eine hoch technisierte Produktionsweise, die mit sehr wenig Fläche aber auch mit wenig Arbeitsplätzen auskäme und daher einen grossen Teil der Flächen für die Natur freigeben würde. Massentierhaltung könnte bei dieser Komponenten durch Maden-Produktion ersetzt werden.

Sinnvoll wäre, beide Lösungen zu kombinieren: Alpenweiden für traditionelle Tierhaltung und Gemüse- und Madenfleisch-Fabriken in der Nähe von Gross-Städten. Ein wesentlicher Aspekt dabei wäre die Arbeitsintensivität. Die Idee, dass der durch Automatisierung bewirkte Mangel an Arbeit durch arbeitsintensive Landwirtschaft (Jäten, Hacken, Bohnen-Ernten) ausgeglichen werden kann, erscheint mir nicht realistisch. Auch gesunde Landwirtschaft muss durch Technik unterstützt werden, die mit eher wenigen Arbeitskräften auskommt.

Damit wäre man bei einer dritten Lösungs-Komponente, um ökologisch tragbaren Ersatz für wegfallende Arbeit zu bieten. Das verbreitete Nutzen und Pflegen einer Kombination von Natur/Schreber-Garten könnte dabei helfen. Insgesamt gesehen, braucht es vermutlich noch weitere Anstrengungen, um die Menschen zu motivieren, Perspektiven zu finden und zu nutzen, die mit demographischer und ökologischer Verantwortung verbunden sind. – Dr. tech. Gernot Gwehenberger

 


 

 

Leserbrief zu „Aber kommt sie echt aus Spandau?“ von Ursula März

 

Zuerst habe ich mich über die Kolumne von Ursula März geärgert, denn ich bin ein Renate Bergmann Fan! Beim zweiten Mal lesen dachte ich, ist es vielleicht humorvoll gemeint? Nein, sie kommt bestimmt nicht aus Spandau, aber Torsten Rohde hat den Leuten “ aufs Maul geschaut“ und mich erinnert so manches eine meine längst verstorbene Großmutter und auch meine Mutter. Und viele andere. Ich lache herzlich darüber, gerade in Zeiten von Corona wichtig, egal, wenn sie schon so lange 82 ist. Und nicht berlinert. Ist es humorvoll gemeint – Danke. Wenn nicht – schade. – Brigitte Büttner

 


 

 

Leserbrief zu „»Die Maske ist aufgezwungen«“ von Angela Köckritz

 

Leider erschliesst sich mir der Artikel nicht. Es wird leider nur die ziemlich abstruse Meinung der muslimischen Frau erzählt, ohne jegliche Reflektion. Oder ist die Reflektion dann die Tatsache, dass sie zu einer vom Verfassungsschutz beobachteten Organisation gehört? Der Zusammenhang wird leider nicht klar. – Steffen Kaufmann

 


 

 

Leserbrief zu „Gesprächsstoff: Geosmin“ von Katharina Menne

 

Im Beitrag zum „Gesprächsstoff: Geosmin“ behaupten Sie, „Bodenorganismen produzieren diese Verbindung aus Kohlen-, Wasser- und Sauerstoff“. Ohne mich mit der Chemie des Geosmins näher befasst zu haben (was Sie offensichtlich ebenso wenig getan haben), kann ich eines sicher ausschließen: die bakterielle Synthese dieses Naturstoffs aus den Elementen. Vielmehr werden sie ihn aus strukturverwandten Vorläufersubstanzen produzieren. Abgesehen von energetischen Hinderungsgründen (insbesondere bei Bodenorganismen, die kaum oder keine Photosythese betreiben dürften), stellt sich die Frage nach der Verfügbarkeit: Wo und wie sollten Ihrer Ansicht nach Vorkommen elementaren Kohlenstoffs und „Bodenorganismen“ auftreten, und das auch noch ubiquitär? Und woher sollten sie den elementaren Wasserstoff erhalten? – Tim Leffler

 


 

 

Leserbriefe zu „FAST ÜBERSEHEN“ von Nadine Redlich im ZEIT Magazin

 

finden Sie die zeichnungen von nadine redlich wirklich so toll??? aber halt! neulich habe ich doch mal leicht schmunzeln müsssen. – Arnulf Rädecke

 

Ich bin Abonnent Ihres Blattes und lese mit großer Anerkennung auch die Artikel im Zeit-Magazin. Aber die Kartoons von Nadine Redlich sind für mich ein Ärgernis; ein Ärgernis deshalb, weil ich sie alle nicht „verstehe“. Als Beispiel das Kartoon vom 3. 9. Nr. 37! Wer von Ihnen kann mir dieses Kartoon erklären? D. h. was will die Cartoonistin damit zu Ausdruck bringen, sollte ich über Ihre Idee lachen, mich amysieren, darüber nachdenken? Oder will die Künstlerin Ihre Leser nur „verarschen“, und dieses Bild hat überhaupt keinen Sinn? Oder bin ich zu alt (bin 82 J.) um den tiefen Sinn (oder ihre Aussage) zu kapieren? Ich bin neugierig auf Ihre Meinung, Erklärung… – Helmut Erens

 


 

 

Leserbrief zu „Frag doch den Therapeuten: Hat sie die Stimmung verdorben?“ von Wolfgang Schmidbauer im ZEIT Magazin

 

Frag doch den Musiker: in Bachs Kantate BWV 82‚Ich habe genug‘ singt ein Bass . Es gibt auch eine andere Version für Sopran, aber jedenfalls nicht für Counter-Tenor wie im Text behauptet. – Jens-Joachim Muth

 


 

 

Leserbrief zu „Über wunderbare Fremdwörter und über die segensreiche Erfindung des Rollkoffers“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

 

Ich will Ihnen gar nicht zu nahe treten, geschweige denn beleidigen, wenn Sie jedoch ne Auszeit brauchen als Kolumnist der Zeit, sagen Sie gerne Bescheid. – Claudia Albersmann