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17. September 2020 – Ausgabe 39

 

Leserbriefe zu „Laufen und laufen lassen“ von Petra Pinzler

 

Seit langen Jahren bin ich begeisterter Leser der Zeit. Aber… Wie kann man einen Bericht zum Thema Kfz-Verkehr in Städten verfassen, ohne das Thema Elektromobilität und autonomes Fahren auch nur zu streifen, es ist mir ein Rätsel. Zum einen wegen der geringeren Lärm- und Abgasemmissionen sowie der geringeren Staubbelastung (Bremsscheiben) durch die Rekuperation von Elektrofahrzeugen, aber besonders wegen der Möglichkeiten, die das autonome Fahre in Zukunft bietet, gerade im Bereich „stehender Verkehr“. Ein mittlerweile sehr bekanntes Unternehmen namens Tesla zeigt, was in naher Zukunft möglich ist, auch hier verschläft die hiesige Automobilindustrie das Naheliegende. Ich habe den Artikel bis zum Ende gelesen in der Erwartung, das diese Themen behandelt werden, und dann von Seite 3 auf Seite 4 umgeblättert, um erstaunt festzustellen, dass da nichts mehr kommt. – Jörg Lojewski

 

Wie errechnen Sie die Zahlenangaben in der Grafik in der Kopfzeile? Der Bus vor meiner Tür, mit einer Person besetzt, ist 60 m2 groß (20*3), mein Auto 6,3 m2 (3,9*1,6). Und mein Rad ist auch keine 8 m2 groß. Haben Sie da etwas verwechselt? Wie wäre es, wenn Sie per Angabe eines link im Internet die Berechnungsmethode solcher Tabellen nachvollziehbar machen? So können Polemik und fake news besser von Fakten getrennt werden. – Thomas Groß

 

Der Beitrag kommt mir sehr gelegen. Ich lebe in Singapur. Aus politischen Gründen habe ich mein Geburtsland vor über 20 Jahren verlassen. In Singapur bin ich gewohnt, mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs zu sein. Wenn ich zu Besuch in Deutschland verweile, habe ich das fortgesetzt. Jetzt habe ich mir ein PKW gemietet. Nachdem ich festgestellt habe, daß aufgrund des Personals und der Zustand der Fahrzeuge für die Fahrgäste eine Strafe bedeutet. Jetzt bin ich zum PKW zurückgekehrt. Das Fahrpersonal betrachten die Fahrgäste als Feinde, und nicht nur das, die Fahrzeuge machen jede Fahrt zur Strapaze. Die Fahrer sind nicht mehr in der Lage eine vernünftige Auskunft zu geben. Manche sind erbost, daß man sie überhaupt fragt. „Ich bin Fahrer und kein Auskunftsbüro.“ Die Stoßdämpfer scheinen alle desolat zu sein. Jedes Schlagloch und Unebenheit nimmt die Straße wahr. Jedenfalls in Düsseldorf und Umgebung ist das so. – Gunter Knauer

 

Zu 2 Punkten des newsletter oder der Vorschau auf die Donnerstags erscheinende Ausgabe: 1. Stadt ohne Auto Schöner Titel für Besinnungsaufsätze der Oberstufe von Gymnasien. Wer macht sich die Mühe zu ermitteln, welchen Steuerausfall dies für den Fiskus bedeutet und wie die Kompensation des Einnahmeausfalls aussehen soll? Dies wären Zahlen, die in die öffentliche Diskussion gehören, weil dadurch wesentlich der Rahmen dessen definiert wird, was realisierbar ist. Wo liegen die Gründe, dass ausschließlich die Elektromobilität in den Vordergrund gerückt und mit Milliarden Euro subventioniert wird, obwohl die toxischen Bedenken sowohl beim Abbau der Grundstoffe zur Herstellung der Silizium/Ionen- Akkus, als auch das Risiko der nicht ansatzweise gelösten Entsorgungs und Unfallschutzfrage? Synthetische Kraftstoffe treten in den Hintergrund und Herr Hofreiter diskriminiert weiter fröhlich Verbrennungsmotoren wider besseres Wissen?

2. Bundeskulturministerin Ob es bezüglich sexueller Aufklärung unter Mädchen offener zugeht kann ich nicht beurteilen, da ich männlichen Geschlechts bin. Ein Erfahrungssatz (67 Jahre alt) spricht dafür, dass umgekehrt Frau Bundeskulturministerin in Gespräche unter Jungs nicht eingeweiht war und ist. Daraus ergibt sich den Gesetzen der Logik folgend, dass in Person der Bundeskulturministerin ein wertender Vergleich nicht möglich ist! Diese Grundlagen setze ich bei den Redaktionsmitgliedern der Zeit als vorhanden voraus. Daraus ergibt sich die Frage, weshalb trotzdem solche Klischées bedient werden? Unterstellt man Vorsatz, so liegt der Schluss nahe, es ist diskriminierend zu Lasten der Betroffenen männlichen Geschlechts gemeint. Das wiederum widerspricht dann wohl dem Niveau der Zeit! So lassen Sie und die Bundeskulturministerin mich irritiert zurück, denn ich gehe davon aus, dass Kultur erstens Ländersache und zweitens nicht ausschließlich Frauen zusteht! – Ulrich Cronmüller

 

Die Ambivalenz des Autos Endlich hat eine bedeutende überregionale Zeitung den Mut, die Notwendigkeit eines der großen Probleme der Gegenwart, den motorisierten Individualverkehr, systematisch und historisch in Ansätzen zu thematisieren. Dafür der „Zeit“ und ihrer Redakteurin Petra Pinzler Dank. Der Artikel bildet den Widerstreit zweier Positionen ab, der eine weitere rationale Diskussion ermöglicht. Leider verfehlt das Titelbild diesen Ansatz, weil es autofrei und nahezu menschenfrei in eins setzt. In einer autofreien Straße kämen die „Vertriebenen“ wieder in ihr angestammtes Umfeld flanierend, spielend, sich unterhaltend und oft mit einem gegenseitigen Lächeln zurück. – Boje Maaßen

 

Petra Pinzler fragt in ihrem Artikel „Laufen und Laufen lassen“, wem die Stadt gehöre. Etwa denen, die drin wohnen? Ja, wem denn sonst?! Wenn die schön und ruhig in der Natur gelegenen Ziele der Wochenendausflügler aus den Großstädten sich per Zufahrtsverbot oder Parkplatzsperre gegen den Overtourism wehren, fragt ja auch niemand nach deren Berechtigung. Wenn sich nun also die Stadtbewohner gegen Abgas- und Lärmemissionen durch Berufspendler aus den Vororten und ineffizient genutzten Stadtraum wehren, haben sie dazu jedes Recht. Es gibt nun mal kein allgemeines Recht darauf, dass jeder mit dem eigenen Pkw zur Arbeitsstätte oder zum Einkaufen vorfahren darf. Gleichwohl ist es aber Aufgabe der Regierenden, für jede Einschränkung des motorisierten Individualverkehrs gleichzeitig entsprechende Alternativen durch den öffentlichen Nahverkehr und besser ausgebaute Rad- und Fußwege bereitzustellen. Nur wenn beides gleichzeitig passiert, kann die Mobilitätswende gelingen. Andere Metropolen dieser Welt zeigen uns seit Jahrzehnten, wie es gehen kann. – Peter Warsow

 

Zu Ihren Ausführungen 2 Anmerkungen: 1) In Hannover sind Radschnellwege zwar seit ca. 2 Jahren in der politischen Diskussion, der neue OB hat sich vor kurzem eine mögliche Strecke angesehen. Aber bis jetzt haben konkrete Planungen noch nicht einmal begonnen. Sollten diese Schnellwege in 15 Jahren fertig sein, so fehlen immer noch tausend weitere, ausreichend breite Wege. Aber Hannover hat schon einige passable Radwege, etwa in der Eilenriede (=Stadtwald), entlang der Bahnstrecke nach Berlin, aber dies ist alles Stückwerk und Flickwerk. 2) Dass Verbesserungen im Straßennetz zu mehr Stau führen, stimmt in dieser Absolutheit nicht. Wenn ich vor/ um das Jahr 2000 von Hannover nach Halle/Saale fuhr, so brauchte ich mindetens 5 Stunden, egal ob ich über Magdeburg, Bad Harzburg oder Nordhausen fuhr. Irgendwo, ,,in Berneburg, Aschersleben, Nordhausen oder…, geriet ich in einen Stau, eine halbe Stunde bis zu einer Stunde. Als dann die Autobahn von Magdeburg nach Halle fertig war, halbierte sich die Fahrzeit, größere Staus habe ich dann nicht erlebt. Inzwischen ist die neue B6 fertig und die Fahrzeit verringert sich weiter. – Adolf Ronnenberg

 

Den Grundsatz, der Langsamere habe auf den Schnelleren Rücksicht zu nehmen, kritisieren Sie aus meiner Sicht zu pauschal. Nicht durch Zufall haben doch Nahverkehrszüge regelmäßig auf „einen überholenden Fernverkehrszug“ zu warten, wird es als rücksichtslos wahrgenommen, wenn sich Passagiere nach dem Aussteigen der S-Bahn-Tür häuslich niederlassen oder wenn auf der Autobahn ohne jede Vernunft die linke Spur gebraucht wird. Im Übrigen wird nicht nur in den Niederlanden das Verschulden eines KfZ-Fahrers gegenüber Fußgängern vermutet, wie es Ihr Beitrag glauben macht. Auch das deutsche Recht beruht hier auf dem sogar noch strengeren Grundsatz der Gefährdungshaftung (§ 7 StVG). – Ludwig Wegmann

 

Eine Stadt ohne Autos – geht das? NEIN ! Hans-Emil Schuster

 

Vielen Dank für den langen Artikel, der u.a. auch die Gedanken formulierte, die ich mir gelegentlich gemacht habe. Ich will bei dem Begriff „Bequemlichkeit“ einhaken, der meines Erachtens der zentrale ist: Die Stadt wird erst dann autofreier, wenn Autofahren unbequem geworden ist. Bis dahin wird sich nichts ändern, da helfen Parkraummanagement (€ 30 pro Jahr für einen Stellplatz in der Strasse) oder ähnliches nicht weiter. Beispiel: Es ist Winter und der Autofahrer steht vor der Wahl, entweder sich warm anzuziehen und zum Bus zu gehen durch die Kälte, oder ins warme Auto mit Sitzheizung einzusteigen. Was wird wohl gewählt ? Das natürlich bequemere ist der Gang in die Tiefgarage. Erst wenn endlose Staus auf den Strassen, kein Parkplatz am Ziel etc. drohen, dann wird der ÖPNV eine Chance bekommen.

Die Diskussion über kostenlosen Nahverkehr ist eine Farce, denn kaum ein Autofahrer wird sich dadurch bei schlechtem Wetter vom eigenen Auto weglocken lassen. Oder wollen wir eine Situation wie bei den Radfahrern im Sommer: Wenn das Wetter schön ist, herrscht reges Treiben auf den Radwegen und es sind kaum Stellplätze zum Parken zu bekommen. Wenn es jedoch regnet, fehlen plötzlich 80% der Radfahrer, da es ja „unzumutbar ist, bei Regen Rad zu fahren“. Meines Erachtens muss der Autoverkehr massiv zurückgedrängt werden, indem er unbequem wird; parallel müssen die öffentlichen Verkehrsmittel vor allem auf dem Land ausgebaut werden … und wir müssen von dem Gedanken Abstand nehmen, dass wir zu jeder Tages- und Nachtzeit mit wenig Aufwand mobil sein können. Denn da wird der ÖPNV immer schlechte Karten haben und es wird immer genügend Ausreden geben, wieso „man weder Rad noch ÖPNV“ hat nutzen können.

Letzter Gedanke: Wenn bei der Frage „Wie komme ich von A nach B“ immer zuerst das Auto in den Sinn kommt, dann wird es sehr schwer, den Gedanken auf anderes zu lenken. Wenn ich jedoch (zumindest für den Nahverkehr) die Alternative Auto von vorherein ausschliesse, dann werde ich mir überlegen, wie ich mit U-Bahn, Bus oder Fahrrad das Ziel erreiche. Es ist an der Zeit, einen Paradigmenwechsel einzuleiten, nämlich weg von einer Autogesellschaft zu einer Gesellschaft möglichst ohne Auto im Nahverkehr. Dazu wird sich die Politik zumindest mit den Wählern, die auf Bequemlichkeit nicht verzichten wollen, und der Autoindustrie, die ihre Autos verkaufen will, anlegen müssen. Ich bezweifle, dass dies ein Politiker, der wiedergewählt werden will, zu tun wagt, weshalb es nur ganz kleine Tippel-Schritte geben wird, wenn überhaupt welche. – Würth

 

Selbstverständlich muss – u.a. aus Umweltschutzgründen – endlich etwas gegen den zuhnehmenden Autoverkehr unternommen werden. Autofreie Großstädte – eine gute Idee. Allerdings müsste auch der Radverkehr unbedingt geregelt werden. In München ist die Situation für Fußgänger mittlerweile unerträglich. Viele Radler fahren absolut rücksichtslos (viel zu schnell, nachts ohne Licht, bei Rot über die Ampel, auf dem Bürgersteig – trotz Radweg daneben, usw.). Nicht nur die Zahl der Radfahrer, die durch Autos veletzt werden steigt – auch die Zahl der Fußgänger, die durch Radfahrer in Unfälle verwickelt werden.

Aber Radfahrer können sich dann einfach unerkannt aus dem Staub machen. Und wie oft wird über solche Unfälle tatsächlich berichtet? Die vom ADFC propagierten Radschnellwege sind m. E. das falsche Signal. Fahrradführerschein, Nummernschilder für Räder und mehr Kontrollen, wären notwendig. Und der Öffentliche Nahverkehr sollte kostenlos sein. Es mangelt nicht nur an Politikern, die das Autothema angehen, sondern auch an solchen, die sich um ein Lösungskonzept bezüglich Radfverkehr und Schutz für die Fußgänger kümmern. – Eva Gruber

 

Dieses Vergöttern der Radfahrer nervt mich zunehmend. Ich würde sehr gerne öfters mit dem Rad fahren. Jedoch das äußerst aggressive, verbissene, unfreundliche und rücksichtslose Verhalten der hiesigen Radfahrern (München) schreckt mich ab. Nicht zu verschweigen, dass rote Ampel und andere Verkehrsregeln für sie nicht zu gelten scheinen. Und diese Arroganz, wenn ich versuche, mich zu wehren… aber vielleicht ist es nur in München so. – Nathalie Meinecke

 

Ich denke die Frage ist nicht: Ob es geht? Sondern, wie es geht? Einige Antworten haben Sie hierzu ja in Ihrem Beitrag dargestellt. Sie stellen eine Vision in den Raum. Es geht um eine Zukunft die wir nicht kennen, eine Zukunft die von Menschen gebildet werden muss und Relevanz bekommt, weil sie ein besseres Leben bedeuten kann. Die Veränderungen hin zu einer Autofreien Stadt betrifft die Interessen im sozialen Miteinander der Menschen, sie betrifft ihre soziale Wirklichkeit. Eine neue Möglichkeit einer sozialen Wirklichkeit, die darauf verweist, dass jede Wirklichkeit möglich ist und konstruiert werden kann. Die Veränderung findet in unseren Köpfen statt. Zu glauben, dass unsere gegenwärtige Art zu leben die Beste sei, ist auch nur eine geistige Konstruktion (und hinreichend widerlegt). Wir halten trotzdem am Auto, mit seinem zentralen Stellenwert, fest. Hartnäckig halten wir uns an den Glauben, das Auto verschaffe uns Freiheit und Mobilität. Das mit der Freiheit erscheint mir hier als Thema zu groß.

Aber Mobilität? Ich meine insbesondere das Auto hat in wahnwitziger Weise zur Immobilität des Menschen geführt. Manche Autofahrer*innen erscheinen mir in ihrer Bewegungsunfähigkeit dermaßen eingeschränkt, dass mir, bei der Vorstellung, Angst und Bange wird, sie könnten im Straßenverkehr in meiner Nähe sein. Ich möchte behaupten, dass insbesondere die Verinnerlichung, der tiefverwurzelte kollektive Glaube an gegenwärtige kulturelle hegemoniale Strukturen, die Idee untermauert, wir könnten ohne das Automobil nicht leben. Liebe Menschen erlaubt euch, unter Voraussetzung bestimmter Rahmenbedingungen (bspw. die Gewährleistung einer bequemen und schnellen Art den Arbeitsplatz zu erreichen oder anderer notwendiger Infrastruktur bei der ein Auto/ Lkw benötigt wird), visionär zu denken. Visionen, die eine Utopie Wirklichkeit werden lässt, in der wir eine soziale Wirklichkeit erfinden könnten, die ein besseres und nachhaltigeres miteinander leben ermöglicht. – Mario José Cuadra Braatz

 

Vielen Dank für das Aufgreifen des Themas „Autofreie Stadt“, das auch mich umtreibt. Ich lebe seit 24 Jahren in Frankfurt am Main und hatte schon lange vor der Corona-Krise zunehmend den Eindruck, dass die Blechlawinen der Autos die Stadt immer mehr fluten. Straßen werden durch parkende Autos zu schmalen Schluchten und das selbstverständliche Halten und Parken auf Radwegen hat sich auch durch die Änderung der StVO nicht reduziert. Was mich an der Diskussion zur Reduktion von Autoverkehr in den Städten besonders stört, ist die vehemente Art, mit der „die Autofans“ auftreten und für sich ein Vorrecht in Anspruch nehmen, als sei dies ein Naturgesetz. Jeder Jota für eine Verbesserung der Fahrradinfrastruktur muss bitter erstritten werden. Dies zeigt sich besonders an der die Verkehrsberuhigung in der Berliner Friedrichstraße begleitenden Diskussion, die ich über die sozialen Medien verfolgt habe.

Parteien wie die FDP, die sich hinsichtlich des Autos nie um ein Tempolimit bemüht haben, meinen plötzlich, ein Tempolimit für den Radverkehr auf die Agenda setzen zu müssen. Das ist eine unglaublich kindische Argumentation, nach dem Motto, wenn ich mit meinem Auto nicht dadurch darf, mache ich dir die Zufahrt für dein Fahrrad auch kaputt. Sie erwähnen in Ihrem Bericht auch die Sichtweise von Menschen, die außerhalb der Berliner Innenstadt leben und meinen, auf das Auto in der Innenstadt angewiesen zu sein. Dazu fallen mir zwei Dinge ein: Die sozial Benachteiligten werden in meiner Wahrnehmung immer nur dann ins Feld geführt, wenn ihre Lage dazu dient, die Aufrechterhaltung der eigenen Privilegien zu sichern. Warum fordert man nicht besseren, sicheren ÖPNV auch in den Außenbezirken, auch in der Nacht, statt zu vertreten, dass den Armen in Berlin-Marzahn nur das eigene Auto helfen kann?

Warum wird die Idee des kostenlosen oder massiv verbilligten ÖPNV so oft ins Reich der Träumerei verbannt, während die Unsummen, die für ein paar Kilometer Stadtautobahn ausgegeben werden, nahezu unkommentiert bleiben? Was Sie über die Geschichte der Straßenverkehrsordnung aufgezeigt haben, war mir bisher nicht bekannt, sehr interessant, aber zugleich auch irritierend, wie lange doch alte Zöpfe in unsere Gegenwart hineinwirken und – wie man beim Thema Pop-Up-Radwege und die AfD sieht – rückwärts gewandten Akteuren dazu dienen, den Fortschritt zu blockieren. Ich wundere mich trotzdem, warum die Pop-Up-Radwege in Berlin gerichtlich aufgehoben wurden. Der Grund für die „Verkehrsbehinderung“ (allein diese Sichtweise ist schon eine Frechheit! Sind Fußgänger und Radfahrer kein Verkehr?) lag mit der Corona-Pandemie und dem steigenden Radverkehr doch auf der Hand! Auch ich habe in meinem Leben schon von einem PKW profitiert, obwohl ich selbst nie einen besessen habe.

Mir geht es auch gar nicht um die Maximalforderung, das Auto müsse komplett verschwinden. Aber eine annähernde Gleichberechtigung der unterschiedlichen Gruppen – Fußgänger, Radfahrer, ÖPNV, Auto – halte ich für erstrebenswert. Und davon sind wir weit entfernt. Die mangelnde Bereitschaft der „Autofans“, ein wenig von ihren ungerechtfertigten Privilegien abzugeben und die selbstherrliche Haltung, mit der sie voller Empörung jegliche Veränderung mit an den Haaren herbeigezogenen Argumenten blockieren, ärgert mich maßlos. Wie oft habe ich schon gelesen, dass die Radfahrer aber auch so rücksichtslos seien, wenn sie als Kampfradler über den Gehweg oder die rote Ampel jagen. Ja, das ist für sich genommen kritikwürdig, legitimiert aber in keiner Weise die Aufrechterhaltung der Dominanz des Autos.

Nach meiner Auffassung behindert die Penetranz der „Autofans“ eine gedeihliche Weiterentwicklung eines so dringend erforderlichen neuen Mobilitätskonzeptes in deutschen Städten. Die Debatte wird angesichts dessen sicher absehbar nicht sanfter, aber ich hoffe, dass jene Akteure, die sich an vielen Stellen in der Gesellschaft zunehmend vernehmbar für mehr Gleichberechtigung unter den Verkehrsmitteln einsetzen, nicht mehr zum Schweigen zu bringen sind. – Erika S. Becker

 

Schon der bekannte Schriftsteller Hermann Löns schrieb über Verkehrsprobleme in der Stadt, zu einer Zeit, als es noch keinen Automobilverkehr gab. In der 4. Beilage des Hannover’schen Tageblatts vom 4. Juni 1911 konnte man unter dem Titel „Ein ekliges Tier“ – worunter nicht Fußgänger im Allgemeinen, sondern Schnecken im Besonderen gemeint waren – neben anderem lesen:

„Fi, diese ekligen Tiere!“ ruft entrüstet ein blondgezöpfter Backfisch, der dicht bei mir vorüberradelt, einem braungezöpften zu. In ihrer Weise hat die Kleine schon recht, denn angenehm ist es nicht, knallt es alle Augenblicke unter dem Vorderreifen zum Zeichen, daß wieder einmal eine Schnecke nicht darauf geachtet hat, daß dieser Weg nur für Radfahrer da ist, und daß es Fußgängern bei zwei Talern Strafe, im Unvermögensfalle einem Tage Haft, verboten ist, wie deutlich auf den Warntafeln zu lesen ist.Dr. Wolfgang Hachtel

 

Dieser ausführliche Artikel zeigt, dass die Zeit mit weniger Autos in der Stadt immer näher rückt, dass es gleichwohl sehr schwierig sein wird, dieses Ziel auch in die Tat umzusetzen. Vielleicht geht dieser ganze Prozess schneller, wenn man sich endlich auch einmal auch die Frage stellt und beantwortet: Wohin mit den Autos, die dann nicht mehr fahren oder parken dürfen? Dazu eine Idee: Wenn man an (End)Haltestellen öffentlicher Verkehrsbetriebe riesige, einfach konstruierte Parkhäuser baut – ob unterirdisch, überirdisch oder beides zusammen – und Autofahrern so die Möglichkeit gibt, dort garantiert zu parken, würde man sich als eingefleischter Autofahrer vermutlich leichter tun, den Rest der Strecke mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu bewältigen. Dabei wäre vorstellbar, Parkplätze auch an Autobesitzer selbst zu verkaufen, die dann deren Inhabern garantiert zur Verfügung stehen. Ein nicht zu hoher 5-stelliger Betrag müsste für einen solchen Garagenplatz ausreichen, so wie dies ja auch in Mehrfamilienhäusern praktiziert wird. – Prof. Dr. Manfred Lange

 

Herzlichen Dank für Ihren großartig recherchierten, differenzierten Artikel über die Perspektive der autofreien Stadt! Lange nicht mehr so eine kluge Analyse gelesen, die einerseits klar Stellung bezieht, jedoch in keiner Weise polemisch wird, sondern das Thema aus jeder Richtung aufrollt. Das ist wirklich außergewöhnlich und toll! – Anton von Lucke

 

Vollständig autofreie Großstädte wird es voraussichtlich nie geben. Eine realistische Perspektive hingegen sind Städte mit wesentlich weniger Autoverkehr. Wir sollten diese Perspektive nicht „autoarm“ nennen, denn der Begriff „arm“ ist negativ besetzt. Stadtviertel und Straßen mit keinen oder nur wenigen fahrenden und parkenden Autos dagegen sind reich: Reich an Leben und Urbanität, reich an guter Luft und gesundem Leben. Und auch die Einzelhändler z.B. in Pontevedra, der galizischen Stadt, in der besonders konsequent der Autoverkehr zurückgedrängt wurde, sind nach anfänglichem Widerstand nun aufgrund der guten Umsätze mittlerweile „reich“ und zufrieden mit der weitgehenden Freiheit vom Autoverkehr, ebenso wie die Einzelhändler in fast allen deutschen Fußgängerzonen.

Zweifelsfrei ist es dringlich, den Autoverkehr stadtverträglicher zu gestalten, zu domestizieren. Ein erster wichtiger Schritt dazu ist die Senkung der zulässigen Innerorts-Höchstgeschwindigkeit. Das Beispiel Helsinki (630 000 Einwohner) zeigt, dass ein solcher anderer Umgang mit dem Auto möglich und nötig ist: Dort wurde im Jahr 2019 erstmals kein Fußgänger oder Radfahrer durch einen Verkehrsunfall getötet. Möglich wurde dies durch das abgesenkte Geschwindigkeitsniveau des KFZ-Verkehrs: Die „Vision Zero“, Null Verkehrstote, rückt in greifbare Nähe, wenn auch die Bundespolitik endlich den Mut hätte, die höchstzulässige Innerortsgeschwindigkeit auf 30 KM/h zu senken. 40 oder 50 KM/h wäre dann die Ausnahmegeschwindigkeit auf wenigen relativ sicheren Hauptverkehrsstraßen. Dies hatte der Deutsche Städtetag schon 1988 (!) beim Bund beantragt.

Ein mit 50 KM/h von einem Auto angefahrener Fußgänger wird mit ca. 90%iger Wahrscheinlichkeit getötet. Erfolgt der Unfall dagegen mit 30 KM/h, stirbt der Fußgänger mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 10%. Viele hundert Menschen weniger würden jedes Jahr getötet, Tausende weniger würden verletzt, wenn die innerörtliche Höchstgeschwindigkeit auf 30 KM/h herabgesetzt würde: Diese nur sehr moderate Einschränkung der Mobilität der Autofahrer erscheint mir dringend geboten, um dem Recht jedes Einzelnen auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) zu entsprechen.

„Die größte Manipulation in der Geschichte der Menschheit“ hat der Kopenhagener Stadtplaner Jan Gehl die Ausbreitung des Autos genannt. Die Mobilität, also die Möglichkeit, sich von Ort zu Ort zu bewegen, ist durch die Erfindung und Verbreitung des Autos enorm gestiegen. Zugleich wurde sie jedoch durch die vom Autoverkehr ausgehenden Gefahren für einen beachtlichen Teil der Bevölkerung auf Null reduziert, für einen großen weiteren Teil stark vermindert, nämlich für sehr viele Kinder, ältere Bürger, Behinderte. Viele von ihnen dürfen sich heute gar nicht oder räumlich nur sehr eingeschränkt unbegleitet im öffentlichen Raum, „auf der Straße“ aufhalten. Ich halte dies für eine krasse Ungerechtigkeit. Auch hier würde eine Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit von 50 auf 30 KM/h wesentliche Verbesserungen bringen.

Das Europäische Parlament hat am 28.Mai 2019 festgestellt, dass wir uns im Klimanotstand befinden. Der Verkehrssektor hat in Deutschland bislang überhaupt keinen Beitrag zur Senkung des CO2 – Ausstoßes geleistet. Wenn Deutschland ernsthaft die Klimaziele einhalten will, erscheint mir eine Verminderung des KFZ-Verkehrs , eine deutliche Senkung des Treibstoffverbrauchs durch kleinere Fahrzeuggrößen (z.B. keine SUV) und die Absenkung des Geschwindigkeitsniveaus der verbleibenden Fahrzeuge unvermeidbar: Keine Klimawende ohne Verkehrswende! Zugleich sollten die Bußgelder für das Fehlverhalten von Autofahrern massiv auf das deutlich höhere Niveau der Staaten um uns herum angehoben werden und damit in höherem Maße als bisher gewährleisten, dass die geltenden Regeln des Straßenverkehrs (z.B. die zulässige Höchstgeschwindigkeit und das Parken nur auf den dafür vorgesehenen Flächen) wirklich eingehalten werden. Dies wären zugleich wirksame Beiträge zur Verkehrssicherheit und zu mehr Gerechtigkeit in der Mobilität. – Dr. Rudolf Menke

 

Auch wenn ich den meisten Ihrer Argumente zustimme, so halte ich doch die Kosten für einen öffentlichen Stellplatz für den „Steuerzahler zwischen 5000 bis 7000 Euro“ für maßlos übertrieben. Dann müssten ja die privaten Vermieter einer Garage (hier in Bielefeld zwischen 30 und 50 Euro pro Monat) ökonomisch unbedarft oder recht altruistisch sein. Auch Parkhäuser liegen in den Tagesgebühren in Bielefeld meist zwischen 5 und 10 Euro (bei 16 von 23 Parkhäuser, bei den übrigen sieben ist die Obergrenze: 15 Euro pro Tag). Steuerzahler mit solchen Zahlen auf die Palme zu bringen schadet nur der Zielrichtung ihres Artikels.

Übrigens bin ich fast 20 Jahre lang mit Bahnen und Bussen ins Büro gefahren, brauchte dafür bei 25 km Entfernung – wenn alle Anschlüsse gut klappten – für Hin- und Rückfahrt zweieinhalb Stunden. Nur wenn ich an deutschen Feiertage arbeitete, die für unsere ausländischen Kunden keine waren, musste ich mit dem Auto fahren, weil es dann für die letzten fünf Kilometer keine Busverbindungen gab. Meine Kollegen haben nie verstanden, dass ich den ÖPNV genutzt habe, denn per Auto braucht man für die beiden Strecken nur eine Stunde (auch wieder ohne Staus und dergleichen, damit es vergleichbar bleibt).

Jetzt bin ich in Rente und fahre in Bielefeld mit dem Fahrrad und dem hiesigen ÖPNV, der recht gut ausgebaut ist und einen erfreulich kurzen Takt von zehn Minuten auf den Hauptstrecken fährt (an Wochentagen bis ca. 20 Uhr, danach noch bis ca. 1 Uhr jede Viertelstunde). Und das ob meines Alters für nur 36 Euro im Monat. Hingegen hatte man in Gütersloh sogar noch den Takt der Buslinie zu meinem Arbeitsplatz an der Autobahn von 20 auf 30 Minuten ausgedehnt. Und der Medienkonzern, für den ich tätig war, hat lieber Hunderttausende für einen neuen Parkplatz ausgegeben, aber für ein Bus-Wartehäuschen diesem Parkplatz gegenüber war kein Cent übrig. – H. Peter Stock

 

Glaubt die Autorin denn tatsächlich, dass die Menschen demnächst massenhaft mit Fahrrädern in die Innenstädte fahren, um dort die Einkäufe für den wöchentlichen Bedarf zu erledigen? Vielmehr werden sie, nach US-amerikanischem Vorbild, auf Einkaufszentren und Supermärkte „auf der grünen Wiese“ ausweichen, was für die Umwelt nicht besser wäre und die Innenstädte zu verlassenen Geisterstädten werden lassen würde. Auch das ist in den USA gut zu beobachten. Eine vernünftige Alternative besteht in ausreichendem Verkehrs- und Parkraum in der Nähe der Geschäfte in den Städten. Wer aus ideologischen Gründen keine bessere Infrastruktur schaffen, bzw. diese kontinuierlich zurückbauen möchte, sollte das auch sagen und nicht mit pseudowissenschaftlichen „Paradoxien“ argumentieren. Die beschriebenen Gängelungen der Autofahrer sind in den letzten Jahren bereits stark angestiegen. – Dr. Michael Dorra

 

Dfür den guten Artkel, ich fand ihn sehr anregend. Wie errechnen sich die „15€ pro Tag“, die ein Parkplatz in Deutschland die Steuerzahler kostet? Danke für eine Antwort. – Karin Erbacher

 

Ich weiß, dass deutsche Medien eine sichere Obsession für Amsterdam haben und manchmal diese Stadt als Synonym für die gesamten Niederlande verwenden. Nur ist Amsterdam als Vorbild um deutsche Städte autofreundlicher zu bekommen, leider gar nicht zu gebrauchen. Mit ihrem mittelalterlichen Stadtkern ist sie nämlich nicht wirklich zu vergleichen mit den autogerechten deutschen Großstädten. Ein besserer Vergleich wäre vielleicht Rotterdam, eine Stadt die ebenso wie zum Beispiel Köln im zweiten Weltkrieg viel zu leiden hatte und nach dem Krieg autogerecht wieder aufgebaut wurde. Schauen Sie sich also lieber mal auch andere niederländische Städte an, als immer wieder (und, wie in diesem Falle, leider etwas kurzsichtig) Amsterdam zu bemühen.

Im Übrigen lohnt es sich auch näher hinzuschauen und sich über mehr allgemeine Vorurteile über die Niederlande hinwegzusetzen („überall Fahrräder!“): dann könnten Sie auch benennen, dass hier der Fahrradboom und vor allem die städtische Infrastruktur inzwischen auch auf ihre Grenzen stoßen. Vor allem in den großen niederländischen Städten gibt es einen bisweilen knallhart geführten Verdrängungswettbewerb, aber nicht zwischen Auto und Fahrrad, sondern zwischen Fahrradfahrern und Fußgängern. Diese Folge eines stärkeren Fokus auf andere Transportmittel als das Auto, sollten nicht unerwähnt bleiben. – Dr. Philip Marcel Karré

 

Da musste also wieder mal das populärste Plattencover der besten Band ever herhalten. Das wirft Fragen auf. Zunächst mal: Ist so was eigentlich teuer? Dann: Hätte die Retusche nicht etwas großzügiger ausfallen und gleich auch dem bekanntesten Zebrastreifen der Welt den Garaus machen müssen? Oder wofür braucht es den noch in der autofreien City? Und schließlich: Passt Pauls demonstrativ zur Schau gestellte Kippe eigentlich noch in die gesunde neue Welt des 21. Jahrhunderts? – Torsten Beckel

 

Ihr Artikel trifft es und gibt ein breites differenziertes Bild der bestehenden „Ungleich“verhältnisse im deutschen Straßenverkehr. Dieser Satz sitzt: „Jeder Versuch das Auto einzuhegen, wird als Angriff auf die Freiheit gewertet“. Das Schlimme ist: Damit ist in Deutschland automatisch und intuitiv die Freiheit der AutofahrerInnen gemeint. Der Freiheitsanspruch gilt anscheinend aber nicht für die Menschen, die aufgrund geringer Mieten an mehrspurigen Straßen tagtäglich den Dreck und den Lärm ertragen müssen. Er gilt auch nicht für die, die in den letzten 15 Jahren die doppelt so stark gestiegenen Kosten im ÖPNV tragen müssen, verglichen mit den Kosten für ein KFZ. Und er gilt auch nicht für die schwächsten radelnden und laufenden Menschen, oft junge und ganz alte Menschen, die sich auf immer engerem Raum bewegen müssen. Denn wenn sie auf den Straßen fahren, riskieren sie Gesundheit oder sogar ihr Leben. Und es gilt auch nicht für alle SteuerzahlerInnen, die kein Auto haben, aber die absurd hohen Subventionen für den KFZ-Verkehr mittragen müssen.

Dieser Zustand ist zutiefst sozial ungerecht und es gilt sich dagegen zu wehren. Wir vom Fuß- und Radentscheid Freiburg mobilisieren (zusammen mit 39 weiteren Radentscheiden in Dtld.) für diese soziale Verkehrswende. Schade, dass diese Bewegung nicht bis zur ZEIT durchgedrungen ist. Und auch nicht, dass zwei Tage nach Erscheinen der ZEIT am 21./22.09.2020 in zahlreichen Städten zahlreiche Kinder bei „Kidical Masses“ mit ihren Eltern demonstriert haben. Ein bewegendes Bild: Straßen voller Kinderräder, bunt, langsam und lebendig. Freiheit kann auch so aussehen. – Nele Schreiber

 

Mit großem Interesse habe ich Ihren lesenswerten Artikel „Laufen und laufen lassen“ (Zeit Nr.39) gelesen. Dabei tat sich jedoch eine Frage auf, die unbeantwortet blieb: Sie schreiben, ein Parkplatz koste den Steuerzahler 15 Euro pro Tag – wie setzt sich dieser Betrag zusammen? Denn alleine mit der 15-Euro Aussage ist das Argument in der Diskussion mit notorischen Autofahren, die auf einen Parkplatzanspruch pochen, nichts wert. – Brigitte Sachs-Wullenweber

 

Ihren Artikel habe ich mit Interesse und Freude gelesen. Vielen Dank dafür! Seit Tagen denke ich darüber nach, wie ich etwas dazu einbringen kann. Selbstverständlich habe ich ein paar „gute“ Ideen, und bin froh darüber, dass sie mir nie ausgehen. Ob sie in irgendeiner Weise Sinn machen in unserer Gesellschaft und Zeit, darüber wage ich kein Urteil. Einerseits schreit die Jugend jeden Freitag, so sie kann, wir sollen endlich aufhören mit der Zerstörung, andererseits geht der Irrsinn sofort weiter, wenn möglich. Der motorisierte Verkehr ist ja längst kein Segen mehr und nicht nur die Groß- und Kleinstädte versuchen dem Herr zu werden; wer mutig genug ist, verbietet ihn ganz in der Innenstadt. Sondern er ist vollkommen un-natürlich. Die Bewegungsform des Menschen ist nun mal zu Fuß! Wenn der Zeitgeist aber dann unbedingt nach MOBILITÄT ruft und die Menschen sich in Maschinen in Bewegung setzen, dann hat das ein sich-entfremden zur Folge. Denn man fährt überall hin, um fort zu sein und man fährt immer nur, um in Bewegung zu bleiben.

Man muss schon sehr reflektiert sein, um sich dem zu wiedersetzen und darin auch noch einen Gewinn zu sehen. Und: man wird einsam wenn man nicht mitmacht, wie mein Mann immer so schön sagt. Wenn alle immer von der tollen Ferne reden und man (mittlerweile) nur das eigene Land bereist. Die Fahrten in andere Länder sind lang und stressig, und das Ergebnis ist nicht persönlicher. Es geht mir um persönlichen Kontakt mit Menschen, hier und anderswo. Und Entspannung, die endet bei mir schon mit Datensuche im Netz nach Quartier und Flugbuchungen. Da lobe ich mir doch mein Urlaubsquartier in Deutschland, 2-3 verschiedene, wo man sich freut, sich wiederzusehen und auch mal raus zu sein. Ist nicht salonfähig – ich weiß! Aber sollte es werden. Es hat hohe Qualität! So wie eine Regierung zum Beispiel MOBILISIERUNG oder aktuell DIGITALISIERUNG zum Trend ausrufen kann, ohne die Folgen abzusehen, so könnte sie auch eine NATURALISIERUNG zum allgemeinen Trend werden lassen.

Was genau würde das bedeuten: Bewegung und Arbeit finden in gut erreichbarer Nähe statt – ist beides gesund! Kleinere und mittelständige Unternehmen in der Region sind anzustreben, keine globalen. Arbeit und Einkauf in der Nähe erfordert keinen motorisierten Verkehr – und bringt Zeitgewinn, also mehr Freizeit! Digitale Kontakte sind leicht – weil unpersönlich – Kontakte von Auge zu Auge erfordern Mut und bringen Vertrauen! Persönliche Kommunikation ist wichtig. Es gibt also einige/viele Gründe von selbst darauf zu kommen, was einem gut tut. Ich frage mich immer, warum es so wenige können. Ach ja, Ablenkung ist der Grund: Ablenkung von was? Von mir und meinen Lebensumständen. Das ist doch traurig. Versuchen wir es doch mal ohne Ablenkung und gehen wieder in Kontakt miteinander, in persönlichen, zu Fuß und im gesunden Tempo.

Ihrem wunderbaren Artikel fehlt also meiner Meinung nach die Grundlage. Ich hätte noch so viele Ideen und Vorschläge zu machen zu einer Recherche. Aber ich denke, dass ist ihr Spezialgebiet. Ich fahre lieber mit dem Fahrrad wieder in die Stadt, kaufe bei meinem Gemüsehändler (inhabergeführtes Geschäft) mein Obst und Gemüse, so es nicht im Garten von mir angebaut wurde und vorhanden und plaudere mit Hinz und Kunz vor dem Lieblingscafè meiner Stadt. Wenn dann vor dem schönen Lieblingscafé auch noch der Blick auf den schönen Platz vor der Laurentiuskirche nicht mit „dicken“ Autos verstellt ist, dann denke ich, ein Traum! Bekanntlich können Träume wahr werden, man muss sich nur trauen. In diesem Sinne, vielen Dank für diesen Artikel, er hat etwas von meinen Träumen und gab mir „Futter“. – Steffi Billert

 

In Ihrem ausführlichen Beitrag vom 17. September Sprechen Sie Themenpunkte an, die ich im Wochenende in der Volkskrant (NL) – ähnlich aber auch anders – gelesen habe. Ganz konkret aber möchte ich auf das Beispiel Mailand eingehen. Dass es Autos dort erschwert wird, überhaupt in die Innenstadt zu fahren, habe ich unlängst auf einen Wochenendtrip zusammen mit Mitgliedern der ADFC-Ortsgruppe Düren nach Den Bosch (NL) auch erlebt. Erst seit dem Volkskrant-Artikel weiß ich, dass Den Bosch da offenbar eine Vorreiterrolle hat. Und drei anderen Städten haben mit Hilfe von Kamerasystemen einiges erreichen können. Dem Volkskrant-Beitrag habe ich übersetzt angehängt (dass wurde aber für die Ortsgruppe gemacht, nicht etwa für Sie).

Auszüge aus dem Volkskrant-Artikel: Eine Statistik, die zum Nachdenken anregt, betrifft zum Beispiel „das Stauproblem“. Nur 15 Prozent der Niederländer stehen jede Woche im Stau, und nur 5 Prozent erleben dies als ein Problem in ihrem eigenen Leben. Dennoch sind 35 Prozent der Bevölkerung der Meinung, dass Staus ein großes soziales Problem darstellen. War dies ein Fall von herzerwärmender Solidarität, oder war es vor allem eine erfolgreiche Lobby, die jahrelang Bestand hatte? Ist es nicht seltsam, dass die Verkehrszentrale zum Beispiel stündlich auf allen Radiosendern die Staus ansprechen darf? Apropos Staus: Seit Jahren ist bekannt, dass mehr Asphalt sie nicht ausmerzt. Mehr Asphalt zieht nur mehr Autos an. Dieses Prinzip wird als grundlegendes Staugesetz bezeichnet. Deshalb ist das Problem der Staus in den letzten Jahrzehnten trotz des enormen Ausbaus der Autobahnen nicht gelöst worden.

Und doch verspricht (und verlegt) jedes neue Kabinett weiterhin mehr Asphalt. Verkehr ist wie Wasser, ist eine alte Redewendung unter Verkehrsexperten: Wenn man ihn irgendwo absperrt, fließt er woanders hin. Ein Missverständnis, sagen Experten jetzt. Verkehr ist kein Naturphänomen, sondern ein Verhalten. Und Sie können das Verhalten durch Anpassung der Umgebung beeinflussen. Mache eine Straße breiter, und es wird schneller fahrender Verkehr kommen. Stelle große Blumenkästen an die Seite, oder baue Schwellen, und die Menschen werden von sich aus langsamer fahren. Und nach einer Weile die Straße meiden. […] Wenn jemand auf der Autobahn einen tragischen Tod erleidet, schreibt die Regionalzeitung über das „Stauleid“, das dadurch entstanden ist. Denn dieses Leiden berührt unmittelbar die gesellschaftlichen Auswirkungen:

Wir müssen gemeinsam weitermachen, die Produktivität darf nicht beeinträchtigt werden. Und natürlich ist es in einigen Fällen auch eine reale Gefahr, dass die Stadt oder der Verkehr stecken bleibt. Aber die Lösung liegt nicht in der Ermöglichung von mehr und schnellerem Verkehr, wie das grundlegende Staugesetz zeigt. Gerade Staus sind ein wirksames Mittel zur Staubekämpfung, weil sie abschreckend wirken. Wenn öffentliche Verkehrsmittel und Radfahren einfacher und schneller als das Auto sind, erfolgt der Wechsel automatisch. Tatsächlich findet diese Umstellung in den Niederlanden schon seit langem statt. Achten Sie auf diese Statistik:

Ein Drittel aller Radfahrer in der Stadt radeln von oder zur Bahn(hof). […] Es gibt noch eine andere Lösung, die bei einigen Verkehrsexperten auf dem Vormarsch ist. Vielleicht sollten wir von der Vorstellung abrücken, dass wir immer weiter von der Arbeit weg leben können, weil unsere Mobilität ständig zunimmt. Wir stecken in einem Mechanismus fest, der als Reisezeitkonstante bezeichnet wird: Die Mehrheit der Menschen fährt immer 70 bis 80 Minuten pro Tag zur und von der Arbeit. Seit den 1950er Jahren legen wir immer größere Entfernungen zurück – mit dem gleichen Zeitverbrauch. – Rob Maris

 

Vielen Dank für den Artikel „Laufen und laufen lassen“. Ich habe mich für einen Tag weniger frustriert gefühlt, weil in Ihrem Artikel so umfassend zusammengefasst ist, wie zerstörerisch der motorisierte Individualverkehr ist und wie sehr diese Art der Nicht-/Mobilität, vor allem durch den ruhenden, ein- und ausparkenden, sich und andere behinderten Autoverkehr, die Freiheit und Bewegungsfreude anderer eingeschränkt ist. Sie haben in Ihrem Artikel darauf hingewiesen, dass laut StVO „Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs“ möglichst zu vermeiden seien. Aber gerade dazu führt der Autoverkehr, der in seiner Mehrzahl gar kein Verkehr mehr ist.

Die Stadt ist zugeparkt. Überdimensionierte Fahrzeuge und zunehmend abgestellte mobile Ferienwohnungen in Form von Camper, die nur wenige Tage und Wochen im Jahr mobil sind, werden über Wochen und Monate im öffentlichem Raum kostenlos abgestellt, ragen in Straßen rein und führen dazu, dass noch mehr Autos in zweiter Reihe geparkt werden. Dies hat zur Folge, dass der schnelle Rad-, Roller- und Skaterverkehr permanent behindert wird durch ein- und ausparkende Autos, Autos im Gegenverkehr, die sich um parkende Autos herumschlängeln müssen und zwangsläufig auch Fahrradfahrende ausbremsen.

Es ist für mich unfassbar, wie es passieren kann, dass in einer Zeit, wo der öffentliche Raum, im besten Fall unversiegelt, anderweitig genutzt werden muss, Autobesitzende sich für ihre Autos ungehindert und meist kostenlos den öffentlichen Raum aneignen. Dies führt dazu, dass in den Städten nicht genug Platz bleibt für: · Kinder („Generation unsportlich“ nennt sie die Stuttgarter Zeitung am 22.09.2020), über die regelmäßig geklagt wird, dass ihre körperliche Fitness abnimmt und sie zuviel vor dem Computer sitzen (dieses Phändomen korreliert direkt mit der Aufenthaltsqualität des öffentlichen Raums in ihrem Wohnumfeld), · Gesundheitsfördernde und die Umwelt schonende Mobilität zu Fuß, auf dem Rad, dem Roller, dem Skateboard, · Begegnungsmöglichkeiten (zu Zeiten von Corona besonders wichtig, da draußen der Infektionsschutz am besten eingehalten werden kann), · Begrünung, Durchlüftung und Temperaturregulierung, ein wichtiger Faktor für die Gesundheit der Menschen bei zunehmender Hitze, insbesondere in den Städten, · Stadtansichten, die beispielsweise durch auf Dauer geparkte Camper in LKW-Format verdeckt werden (das Gleiche gilt für den Blick aus der eigenen Wohnung).

Sie schreiben, dass auf tausend Einwohner 575 Autos kommen. Interessant zu wissen wäre, auf wie viele Einwohner*innen sich diese Autos eigentlich verteilen, da eine nicht unerhebliche Anzahl von Personen mehrere Fahrzeuge (für jedes Bedürfnis ein extra Fahrzeug) angemeldet hat. – Susanne Heynen

 


 

 

Leserbriefe zu „Wir gegen uns“ von Bernd Ulrich

 

Dass Sie Frau Merkel als „eine der klügsten, effizientesten, klimabewusstesten Politikerinnen der Erde“ bezeichnen, kann niemanden überraschen, der sich Ihre üblichen Elogen auf die Kanzlerin regelmäßig zumutet. Um so merkwürdiger mutet es an, dass gerade Sie allen Ernstes die offenbar nicht nur rhetorische Frage stellen, warum „um Himmels Willen“ die derart verklärte Kanzlerin „mit diesen wirklichen Krisen keine Politik“ macht. Die ganz irdische Begründung lautet, dass es einfach nicht ausreicht, klüger, effizienter und klimabewusster als beispielsweise Frau von der Leyen (Hunderte von Millionen an Beraterkosten für den Scherbenhaufen Bundes- wehr verprasst), Frau Fernández de Kirchner (Argentinien ruiniert), Imelda Marcos (die Philippinen verwüstet) oder gar Jiang Qing (Mitglied der berüchtigten Viererbande) zu sein.

Zur Bewältigung der Klimakrise, nein, -katastrophe, reicht das kleine Karo („Sie kennen mich!“) der Frau Merkel einfach nicht aus. Da bedarf es eines starken Willens zur Gestaltung und einer herausragenden Kraft zur Umsetzung dessen, was man als höchste Priorität erkannt hat. An all dem mangelt es – so einfach lässt sich Ihre Frage beantworten. – Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Heilmann

 

Zu Ihrem Leitartikel kann ich in fast allen Belangen nur Ja sagen. Den Druck, den Sie empfinden, empfinde ich auch. Sie fragen, warum wir alle – und insbesondere unsere Politiker – bei dem Thema Klimakrise blockiert sind. Sie fragen, „wieviel Krise“ Angela Merkel denn noch braucht. Wieviel Krise brauchen wir alle noch? Die Frage nach unseren inneren Blockaden, den Blockaden unserer Politiker, und die Angst, dass wir erst dann auf die Klimakrise und die damit zusammenhängenden Probleme wie Flüchtlingswellen etc. reagieren werden, wenn es zu spät ist, treibt auch mich seit langem um. Als in der Psychiatrie arbeitender Trauma-Kunsttherapeut, als Dichter, Maler und Phänomenologe habe ich zu unseren Blockaden geschrieben und gemalt. Ich versuche, diese Blockaden zu bearbeiten, um etwas in Bewegung zu bringen. So ist ein Buch entstanden: Seelenschwärze – Seelenwärme. Es wird in den kommenden Tagen frisch aus der Druckerei kommen. – Ralf Matti Jäger

 

Strände verschwinden nicht, sie wandern, in Zeiten des Meeresspiegelanstiegs landeinwärts. Die Natur ist nicht statisch, sondern dynamisch. Alles fließt, nichts ist von Dauer. – Konrad Sauheitl

 

Seit Jahren schildern Sie mit Klarheit und Engagement das Verhängnis, das die Wirtschafts- und Lebensweise der Industrienationen auf unserem Planeten hervorruft. Daher erscheint mir Ihre Frage nach der Tatenlosigkeit unserer Kanzlerin aus zwei Gründen unangemessen: Zum einen dürfte Angela Merkels Intellekt hinreichen, um die Unvernunft des kapitalistischen Naturverbrauchs zu durchschauen. Aber die Macht, diesem systemischen Irrsinn Einhalt zu gebieten, hat sie nicht. Diese Macht liegt bei den Kommandohöhen global agierender Großunternehmen. Zum anderen gehört Frau Merkel einer Partei an, die seit Adenauers Bruch mit dem Ahlener Programm der CDU von 1947 die Ideologie des Kapitalismus propagiert, dass nämlich Freiheit in erster Linie die größtmögliche Unabhängigkeit der Eigentümermacht von politischer Kontrolle sei.

Freiheit wird seit der Aufklärung als die Unabhängigkeit von nötigender Willkür verstanden (Kant). Im 18. Jahrhundert hatten die Aufklärer die absolutistische Allmacht im Blick. Ideologisch konnten sich die Fürsten auf den Einfluss der Kirchen auf die Köpfe der Untertanen verlassen. Heutzutage haben sich die Glaubensinhalte verändert, der ideologische Einfluss der Herrschenden auf die Köpfe der Menschen jedoch nicht. Solange es als naturgegeben angesehen wird, dass der gesellschaftlich erwirtschaftete Reichtum privatisiert werden kann, während Risiken und Verluste zu sozialisieren sind, wird den Ursachen des „Wir gegen uns“ der Boden niemals entzogen. – Viktor Rintelen

 

Demokratische Entscheidungen laufen anders, als es B.U. beschreibt. Der Super-Gau von Fukushima wurde nicht von Frau Merkel nach Deutschland geholt. Es war eine mediale Meisterleistung, in der Berichterstattung den Eindruck zu erwecken, dass viele Tausende in Folge des Atomunfalls starben. Die Kanzlerin reagierte darauf entsprechend der machtpolitischen Notwendigkeiten und läutete das Ende der Atomkraft in Deutschland ein. Dies war eine vergleichsweise einfache Aufgabe. Kernenergie war in weiten Bevölkerungskreisen schon ein NoGo, und nennenswerte Einschränkungen und Umstellungen der Lebensweisen waren nicht zu befürchten.

Die Umwelt- und Klimakrise ist eine Herausforderung, die genau dies von den Bürgern verlangt. Seit Jahrzehnten steigen Umweltbewusstsein und Ressourcenverbrauch quasi parallel in Deutschland, ursächlich getrieben vom Privaten Verbrauch, überproportional von den Freizeitausgaben. Die Politik laviert mit Einzelmaßnahmen, wie dem Verbot von Plastiktüten, die niemandem wirklich einschränken. Die Maxime über alle Parteien ist unabhängig von der Rhetorik, wasch den Bürger, mach aber seinen Pelz nicht nass! Herr B.U. überschätzt massiv den Handlungsspielraum den ein Regierungschef in einer parlamentarischen, dem Bürger verpflichteten Demokratie hat, leider! – Dr. Hans-Günther Vieweg

 

Auch dieses Probe-Abo kündige ich hiermit nach Erhalt der 3. Ausgabe! Wiederum sehr enttäuscht bezüglich Ihrer unzureichenden Berichterstattung zum Thema Klimawandel. In den beiden vorangegangenen Ausgaben fand ich wieder nichts zum Klimawandel… Das Thema wurde zum ersten Mal in der gestrigen Ausgabe vom 17.09.2020 „angesprochen“. Und zwar auf der Titelseite im Beitrag von Herrn Bernd Ulrich „Wir gegen uns – Die Klimakrise ist so greifbar wie noch nie. Warum kann die Klima-Kanzlerin damit politisch so wenig anfangen?“ Siehe hierzu Anlage! Ich erspare es mir, auf diesen unsachlichen Beitrag näher einzugehen, da er nur so von einseitigen Fehl- ja Falschinformationen wimmelt. Übrigens die Eisbären leben nach über 6000 Jahren Erdgeschichte immer noch! Ihre Population hat sich wieder weiter erhöht. Und auch die Malediven können Sie immer noch besuchen…

Diese Art der Berichterstattung entbehrt jeglicher Sachkenntnis und Objektivität! Nun, Herr di Lorenzo wie auch bei den letzten Malen werde ich wohl auch dieses Mal keinerlei Reaktion von Ihnen oder der Redaktion auf meine Anmerkungen erhalten… Um sich zumindest „versuchsweise“ einmal näher und differenzierender mit dem Thema Klimawandel auseinander zu setzen, empfehle ich Ihnen und Herrn Ulrich schon einmal als Lesetipp das gerade gestern erschienene Fachbuch „Unerwünschte Wahrheiten – Was Sie über den Klimawandel wissen sollten“ Viel Spaß beim Lesen. Und hoffentlich auch einige Einsichten und Erkenntnisse… Mir ist leider der Spaß an der Lektüre der ZEIT wieder einmal vergangen. Schade. So werden Sie mich als Leser nicht zurück gewinnen können. – Jens Möller

 

Vielleicht mag sie nicht mehr oder hat keine Kraft mehr oder ist frustriert ob der Ignoranz und des Egoismus der Menschen? Die Visitenkarte, die wir übergeben, ist zum übergeben. Herr Ulrich, Sie sprechen Merkel an und ich hoffe auf die Zukunft – Greta Thunberg und ihresgleichen! – Wolfgang Sauer

 

CO2 Gas in der Atmosphäre vermindert die Abstrahlung vom Boden, indem sie einen Teil der Wärme wieder zur Erdoberfläche zurückstrahlt. Damit beeinflusst das Gas die Tiefsttemperaturen im Tagesablauf oder Jahresablauf, die sonst durch die Abstrahlung erreicht würden. Es ist plausibel, dass dies die Ursache für den Rückgang der Gletscher bildet, indem nämlich die Tiefsttemperaturen auf bestimmter Höhe nicht oder zu selten unter den Gefrierpunkt fallen. Welche Rolle spielt dieser Faktor aber auf andere Wetterphänomene? Wie beeinflusst er die Höchsttemperaturen, die Hochs und Tiefs, Luftmassenbewegungen, Niederschlag, Meeresströmungen, Jetstream.? Urich bietet nicht einmal Spekulationen darüber an, wie das zusammenhängen soll. Mit religiöser Gewissheit warnt er vor schrecklichen Folgen. Ja, warum bloß kann die Kanzlerin und andere damit so wenig anfangen? Niemand erklärt uns, wie dieser relativ unwesentliche Wetterfaktor zu diesen apokalyptischen Folgen führen soll. – Peter Hellwig

 

Ich verstehe Sie! Gerade (18.9.20) habe ich die Bilder in den Medien aus dem Pantanal/Brasilien gesehen. Tiere und Bäume sind verbrannt. Fast tränenblind lese ich dann Ihren Leitartikel und werde noch zorniger als Sie. Viele haben es noch nicht verinnerlicht: Es gibt KEIN wichtigeres Anliegen, als den Schutz des Klimas zu intensivieren. Auf Ihre Frage: “Wie viel Krise braucht es denn noch?“ – kann ich nur antworten: „Es tut noch nicht weh genug“ – auch unserer Kanzlerin Frau Merkel! Solange Großeltern ihren Enkeln das antun, und dreimal im Jahr in den Urlaub fliegen oder sich anderswo Nationen von Dummköpfen ohne Herzensbildung führen lassen – tut es noch nicht weh genug! Wenn bei uns kein Wasser mehr aus dem Wasserhahn fließen wird und die neuen Sommertemparaturen bei 45 – 50 Grad Celsius liegen werden, dann tut es allen weh, aber da wird es zu spät sein. Und dann muss auch uns die UNHCR neuen Lebensraum zuweisen, wenn es den noch geben wird. Meine Frau und ich sind Ende 60 – Gott sei Dank! – Klaus Prinz

 

Die Frage, wieso die Krisenkanzlerin mit der Klimakrise politisch so wenig anfangen kann, ist sehr leicht zu beantworten: In einer Demokratie ist die Kanzlerin davon abhängig, gewählt zu werden. Erst wenn die potentiellen Wähler signalisieren, dass sie den Kurs der Regierung mittragen, wird die Regierung gewillt sein , Veränderungen anzugehen. Beispiel: Die Regierung verkündet, dass ab 2021 keine Autos mit Verbrennungsmotor mehr in D zugelassen werden dürfen. Was ist der Effekt ? Die Autolobby schreit „Zetermordio“, die AFD verkündet den „Anschlag auf die Freiheit der mobilen Bürger“, es wird mit „Liebesentzug“ gedroht und wie seinerzeit bei den Grünen steht die Regierung vor der Wahl der politischen Belanglosigkeit oder des Überlebens [durch Verzicht auf die Forderung und in der Hoffnung, dass die Wähler ein „kurzes Gedächtnis“ haben].

Deshalb wird die Regierung auf keinen Fall etwas wollen, was den Wähler verschrecken könnte, was nach Einschränkung oder gar Verzicht klingen könnte (schliesslich könnte das „Wasser auf die Mühlen der Rechten sein“) und AFD & Co. würden verstärkten Zulauf bekommen. Alleine kleinere politisch unbedeutende Gruppen können sich erdreisten etwas zu fordern, was die Mehrheit der Wähler vielleicht sogar als progressiv und sehr wichtig einschätzen wird, was aber sofort ignoriert wird, wenn es um die Umsetzung geht. Deshalb befürchte ich, dass die Grünen in der Nähe der Macht viele Ihrer Ziele „weichspülen“ und „wählerkompatibel“ machen, denn mit Veggie-Day und € 5/l Benzin ist der politische Tod sicher. – Würth

 

Wer sagt es endlich klar und deutlich: Die Erderwärmung ist von uns nicht zu stoppen. Die Erde hat leider keinen Thermostat, an dem man 1,5 oder 2 Grad plus oder minus einstellen kann, solche Zielsetzungen sind per se absurd. Das hat unter anderen zwei Gründe: Die gegenwärtig beobachtete Aufheizung beschleunigt sich ohne weiteres Zutun des Menschen von selbst (tauende Tundren emittieren Methan, schmelzende Gletscher und Schneeflächen bewirken die Erwärmung des Bodens, aus brennenden Wäldern wird CO2, die wachsende Erdbevölkerung will nicht nur atmen). Einflüsse von exterrestrischen, erdzeitlichen Schwankungen sind auch nicht auszuschließen.

Zum andern werfe man einen Blick auf den Globus und suche Deutschland, und schaue dann auf Amerika, Brasilien, Asien. Selbst wenn wir Deutschen nicht ein Gramm CO2 produzieren würden, wäre die Auswirkung auf das Weltklima zu vernachlässigen. Vor diesem Hintergrund ist ein bisschen Egoismus wohl erlaubt. Wir sollten unsere Wirtschaft nicht ruinieren, um stark zu sein, in Erwartung von klimatischen Veränderungen. Ggf. sind wir dann potent genug, um anderen auf der Welt zu helfen.

D.h. Prävention besteht nicht in Vermeidung von CO2, sondern in Hochwasserschutz, Wärmedämmung, einer starken Infrastruktur und vielleicht im „Fällen von Bäumen“, dort nämlich, wo sie z.B. auf Häuser oder Bahngleise fallen können oder eine Schneise im Wald sinnvoll erscheint. Es macht mich wütend, wenn ein paar Abenteuerurlauber sich für Millionen aus Steuergeld in der Arktis einfrieren lassen, um festzustellen, dass das Eis schmilzt, wenn Tausende zu Klimakonferenzen um die halbe Welt fliegen, um kontraproduktive Resolutionen zu verabschieden oder wenn Schüler am Freitag die Schule zu schwänzen, statt Wissen zu gewinnen, um auf neue Lebensbedingungen intelligent zu reagieren. – Dr. Raban Grundmann

 

In Deutschland stirbt nicht nur der Wald, sondern Büsche und Bäume aller Arten verdorren allüberall. „Der Krieg des Menschen gegen alle anderen Arten…gefährdet ein leidlich zuträgliches Leben des Menschen auf diesem Planeten“ schreiben Sie. Das ist so euphemistisch wie „Klimawandel“ und „Klimakrise“. Wer eine 400km dünne Lufthülle um einen Planeten von nur 12.742km Durchmesser mit unfassbaren Mengen von Kohlendioxid vollpumpt, das von der Natur in Jahrzehnten oder Jahrhunderten nicht abgebaut wird, und selbst dann nicht voll auf die Bremse tritt, wenn die von der Wissenschaft vor 40 Jahren vorhergesagten Folgen eintreten, ist…ja was? Mindestens völlig verantwortungslos. Selbstmord in Raten träfe es auch. Mord nicht weniger.

Frau Merkel wird uns nicht mehr retten. Sie hatte weiß Gott genug Zeit. Entschiedenes Handeln muss her. Vor allem muss radikal teurer werden, was zur Klimakatastrophe führt. Diesel, Super, Heizöl und Gas sind zu billig. 2€/l an der Tankstelle, Fleischpreise, die den Konsum auf die Hälfte der 60kg/Person und Jahr sinken lassen, Kohleausstieg spätestens 2028 statt 2038, besser noch 2025, Pflicht zur Nutzung der Sonnenenergie bei jedem Neubau, Nachrüstung bei Altbauten usw. Das soll schwierig sein? Wie lange sehen wir uns den Irrsinn am Amazonas noch tatenlos an? Müssen wir Elon Musk bitten, die Regierung zu führen? Okay, ich rufe ihn an. – Martin Erdelen

 

Ein flammendes Plädoyer und ein flehentlicher Hilferuf an die Kanzlerin, so könnte man den Artikel von Bernd Ulrich auf einen kurzen Nenner bringen. Kein Zweifel, die Klimaerwärmung ist evident. Als Kinder erfreuten wir uns noch der eiskalten Kriegswinter mit ihren Schneemassen und monatelang zugefrorenen Seen. Jetzt erleben wir eine globale Erderwärmung, die uns Angst und Schrecken einjagt. Ursache, so die Wissenschaft, ist der Treibhauseffekt, der wesentlich durch die übermäßige Anreicherung der Atmosphäre mit Kohlendioxid bedingt ist.

So die Diagnose. Und die Therapie? Plakativ fragt der Autor: „Warum, um Himmels willen, macht die Kanzlerin mit diesen wirklich krassen Krisen keine Politik?“ Nun, sie ist keine Diktatorin, sondern eine Demokratin. Als solche weiß sie, dass Politik zu schwierig ist, um sich ohne Rücksicht auf das Machbare in spektakulärer Eindimensionalität erschöpfen zu können. Es ist einfach, unerbittlich zu denken, wenn man vieles unerbittlich nicht denkt.Schon objektiv fragt sich, wie soll, was durch die Industrialisierung in drei Jahrhunderten „kaputt“ gemacht wurde, in zwei oder drei Jahrzehnten „repariert“ werden können? Grenzt eine solche, zumal globale, Erwartung nicht an Hysterie?

Vor allem aber: Menschen sind, wie sie sind, es gibt keine anderen, soll heißen, wer kann sich schon ändern, wer will sich schon bescheiden? Der real existierende Wachstums,- Geschwindigkeits- und Wohlstandswahn, diese modernen „Götter“ des Kapitalismus, überwölben mit ihrer rastlosen ökonomischen Effizienz alle Gefahren der zerstörerischen Ausbeutung und Verschmutzung von Boden, Wasser, Luft und zunehmend auch noch des Weltraums. Wem genug zu wenig ist, der hat nie genug. Diese Mentalität ist kleinen Pfennigfuchsern prinzipiell genau so eigen wie großmächtigen Börsenspekulanten, die täglich auf die Fieberkurven des Kapitalismus starren. – Dr. Eugen Schmid

 

Zu Beginn der Coronazeit haben wir dann doch Abschied von der SZ genommen und festgestellt, dass wir uns durch die ZEIT sehr gut informiert fühlen. Einen großen Pluspunkt empfinden wir auch darin, dass Sie den Mut haben kontroverse Themen wie Homöopathie sachlich darzustellen, bzw. Streitgespräche darüber führen zu lassen. Dass ein vermutlich nicht ganz ernst gemeinter Artikel (es gab eigentlich keine Hintergrundinformationen) wie der über Horoskope einen Großteil der Leserschaft in Rage bringt, können wir uns gut vorstellen. Wir empfinden es als Ausdruck der Vielfalt in unserer Welt.

UND – wie wäre es, mal von den vielen Initiativen zu berichten, die bereits tatkräftig daran arbeiten, den Klimawandel aufzuhalten? Das würde uns als Leser/in sehr interessieren, denn so erfahren wir, wie wir vielleicht auch noch dazu beitragen können und außerdem würde einem das Mut und Zuversicht bescheren. In Kalifornien gibt es eine Gruppe von Farmern, die sich an die Natives gewandt hat mit der Bitte, ihnen eine nachhaltige Bewirtschaftung des Landes nahe zu bringen, inklusive durch kontrollierte Feuer geschaffene Brandschneisen, die Großbrände verhindern. Es gibt Vereine, die Baumpflanzungen gegen den Klimawandel vorantreiben: funktioniert das eigentlich, wie wird da genau vorgegangen, ist das durchdacht?

Darüber möchten wir mehr wissen. Was ist mit Humusaufbau und Pflanzenkohle (Stichwort Terra Prata) im großen Stil, hier wird das überschüssige CO2 aus der Atmosphäre dem Boden zurück gegeben, wo Kohlenstoff fehlt. Gucken Sie doch mal hier: www.stiftunglebensraum.org oder www.positerra.de Und das sind nur einige Beispiele, von denen viel zu wenig berichtet wird. Vielleicht würden mehr Informationen auch dazu führen, dass die Freitagsdemonstrationen nicht mehr im Stillstand stattfinden, sondern die Schülerinnen und Schüler gemeinsam an tatkräftigen Aktionen in Betrieben vor Ort teilnehmen, die tatsächlich etwas bewirken und uns allen zeigen, wie es gehen könnte. Dann könnten Sie den reißerischen Betroffenheitsjournalismus wie im Artikel ‚Wir gegen uns‘, Zeit Nr. 39 Titelseite, der BILD überlassen, wo wir mit sowas unbedingt rechnen. – Kirsten Schmitt, Daniel Engelhardt

 

Es gibt bekanntlich zwei entscheidende Parameter, die die Klimakrise steuern: der Ressourcenverbrauch und das Wachstum der Weltbevölkerung. Beide Parameter ungebremst steigen zu lassen, kann nur in die Katastrophe führen. Der moderne Mensch ist offenbar so programmiert, dass er nicht in der Lage ist, sich mit dem einmal erreichten Lebensstandard zufrieden zu geben oder ihn gar zu verringern, denn damit hängt all das zusammen, was wir heute unter Wirtschaft, Arbeitsplätzen, Einkommen und Lebenszufriedenheit subsumieren.

Wenn also die Politik, ob autoritär oder demokratisch/wählerabhängig, nicht in der Lage ist, den Ressourcenverbrauch per Dekret entscheidend zu reduzieren, müsste zumindest versucht werden, den anderen Parameter auf Dauer zu verändern, nämlich das explosionsartige Bevölkerungs-wachstum auf unserem kleinen Planeten. Doch dazu müsste in vielen Ländern auch die Mentalität der Menschen verändert und die tatsächliche, gefühlte oder traditionelle Abhängigkeit vieler Eltern vom Kinderreichtum drastisch nach unten korrigiert werden – keine leichte Aufgabe! Selbst bei stagnierendem Verbrauch von fossilen Ressourcen wäre ansonsten ein Überleben auf unserem Planeten mit demnächst 10 Milliarden Menschen auf Dauer nicht mehr darstellbar.

Aber da wären ja noch die Erfolge unserer modernen Wissenschaften, mit deren Hilfe versucht wird, bei Erhaltung des Lebensstandards die Katastrophe zu verhindern. Nach aller bisherigen Erfahrung bin ich der Meinung, dass die Erfolge und Auswirkungen wissenschaftlicher Erneuerungen immer weiter hinter den sich beschleunigenden Zerstörungskräften der beiden o.g. Parameter zurückbleiben werden. Wenn man also mangelnde politische Aktivität bezüglich der Klimakrise rügen will, sollte man vielleicht nicht bei Angela Merkel beginnen, sondern „weiter oben“, z.B. bei Donald Trump (Austritt aus dem Weltklimarat) oder Jair Bolsonaro (Zerstörung des Regenwaldes). Solche Politiker machen nicht einmal den Versuch, die Klimakatastrophe zu verlangsamen, sondern beschleunigen sie noch mit voller Absicht. Warum lassen die Völker der Erde es zu, dass solche Politiker wegen eines kurzzeitigen und sehr persönlichen „Erfolgs“ die gesamte restliche Menschheit in Geiselhaft nehmen? – Karl H. Kirch

 

Ich fuhr jüngst – als Beifahrer in einem trotz state-of-the-art-Filterung möglicherweise feinstaubträchtigeren, aber, was CO2 betrifft, nur irgendwie schlechteren als einem E-Automobil – durch eine weitgehend menschenleere Landschaft an der Havelmündung. Dort stehen auch die Räder, die vorzugsweise für Städter die Energie liefern sollen. Mir kam der Herwegh-Vers in den Sinn: „Alle Räder stehen still, wenn…“. Das Lied der sterbenden Wälder ist emotionsbeladen. Heute stehen auf knapp 32 % der Fläche Deutschland Bäume gegenüber 26 % vor hundert Jahren und im Mittelalter. Zugegeben, oft die falschen. Aber die wurden z.T. auch schon vor langer Zeit nach dem Kahlschlag angepflanzt. Als die „Klimakrise“ in weiter Ferne lag. Anderenorts und -erdteils wurde gar nicht aufgeforstet.

Die fast messianischen Heilserwartungen von Herrn Ulrich an die Kanzlerin (und die Politik schlechthin) sind bemerkenswert. Ihre Entscheidung zur Abschaltung der AKWs 2011 angesichts der CO2-Problematik immer noch als großen Wurf zu betrachten, wirkt da fast absurd. Wir hätten alle gern den großen Befreiungsschlag in Menschheitsfragen. Wenn ich mir die vielen Artikel in allen Sparten der „Zeit“ durchlese, habe ich aber Zweifel, ob das per Handstreich geht. Aber vielleicht kann man schon mit angemessener Waldpflege in Kalifornien anfangen. – Dietrich Heuer

 

Bernd Ulrich stellt die Frage: «Warum, um Himmels willen, macht die Kanzlerin mit diesen wirklich krassen Krisen keine Politik?» Nun, angenommen Angela Merkel könnte eine den Krisen angemessene Politik machen, was wären die Grundlagen? Für mich ist die Antwort klar. Denn 1991 habe ich an einem breit ausgeschriebenen Wettbewerb zum Thema «Vision eine permanenzfähigen Weltgesellschaft» teilgenommen. Die Einsender waren für die hochkarätig besetzte Jury anonym. Vielleicht auch darum habe ich einen der vier Preise von je 8000 SFr gewonnen und die Jury fand: «Nach Meinung des Preisgerichts stellen die vom Autor beschriebenen Modelle einer permanenzfähigen Gesellschaft sehr interessante Beispiele dar. Sie zeigen, dass die vom Wettbewerb angestrebte Zielsetzung, … ohne weiteres als erfüllbar zu betrachten ist.»

Der Titel des Beitrags (29 Seiten) lautete «Durch Gefahrenbewusstsein zur Überlebensfähigkeit oder Der Aspekt des Werkzeugs» Aufgrund dieser Ermutigung hab ich dann im Jahre 2016 bei BoD (Book on Demand) ein Buch veröffentlicht (259 Seiten). Titel «Die Technik reicht nicht. Was ist nötig, damit die Menschheit noch lange gut fortbestehen kann? Fragen, Beispiele, Vorschläge». Gerne schicke ich Frau Merkel das Buch zu. Hier ein paar Angaben zum Buch. Die wichtigsten Themen betreffen die demographischen und ökonomischen Gräben in der Welt und deren Zusammenhang mit den Themen Wirtschaftswachstum und Ökologie. Die Probleme können nur durch eine weltweit gemeinsame, umfassende (auf die miteinander verknüpften Krisen bezogene) Weltsicht-Komponente unter Kontrolle gebracht werden.

Ein Beispiel für die Verknüpfung: Afrikas Bevölkerung wird sich laut UN-Prognose bis 2050 verdoppeln. Das empfohlene Mittel diese Entwicklung zu stoppen, ist Bildung (OK) und entsprechendes Wirtschaftswachstum. Doch einerseits vergrössert das die ökologischen Probleme, andererseits werden die Einkünftige von Staaten im Süden zurückgehen, wenn im Norden der Konsum (z.B. Öl, Textilien) sinkt. Weltweites bedingungsloses Grundeinkommen setzt Durchsetzten von verantwortungsvoller Elternschaft voraus, denn ohne solche würden die verfügbaren Mittel auf ein Fass ohne Boden treffen (eine Art «Tragik der Allmend»). Es ist also nicht ganz zutreffend «Klima als Chiffre für den Zustand unserer Welt» zu bezeichnen. Denn das Hauptproblem ist doch die Demographie und deren Verknüpfung mit den anderen Problemen.

Europa und speziell Deutschland haben Vorleistungen erbracht. Z.B. einst waren 30% der Menschen Europäer, heute sind es noch 10%. Wir haben daher das Recht, aber auch die Pflicht, Vorschläge zu machen, die weltweit Einschränkungen erfordern. Zum Buch ist zu sagen, eine Buchbesprechung wurde mehrfach abgelehnt z.B. von «Bild der Wissenschaft», da bei BoD erschienen. Hingegen fand ein Redakteur derselben Zeitschrift, das Buch sei gut lesbar und veröffentlichte meinen Leserbrief zu einem Thema des Buchs. Wenn ich hier das Buch erwähne, dann nicht weil ich mich als Weltverbesserer profilieren möchte (bin Jahrgang 1941). Ich bin Techniker und mir macht Problemlösen Spass, daneben gehts aber vor allem um die Verantwortung als Techniker. – Dr. tech. Gernot Gwehenberger

 

Grundsätzlich stimme ich diesem Artikel eindeutig zu, aber bei zwei Stellen muss ich doch Einspruch einlegen. Stelle 1: „…in Deutschland stirbt der Wald, aber nicht so wie in den Achtzigerjahren..“. Wenn Sie in Deutschland (wahlweise Österreich) in den 70er oder 80er Jahren Ihr Augenmerk zeitweilig auf den Wald gerichtet hätten, hätten Sie durchaus feststellen können, dass der Zustand der Bäume bedenklich war. In den Siebzigern hat der Wald noch vielen Personen als einfacher Ort der Müllentsorgung gegolten, wer damals durch den Wald spaziert ist, ist auf Deponien mit alten Kühlschränken, Medikamentenflaschen etc. gestoßen.

Dies war in den 80ern schon wesentlich besser, aber die Luft, die damals aus Industrieschloten und Autoauspuffen kam, war (jedenfalls bis Mitte der 80er) nicht von wie heute von Filtern und Katalysatoren auf ein Wald-verträgliches Maß gefiltert (was natürlcih mittlerweile durch die erhöhte Anzahl von Autos wieder wettgemacht ist) – und das hat man den Bäumen auch angesehen! Die Poltik hat Ende der 70er und in den 80er Jahren in Punkto Umwelt einen Riesenschritt getan – und zwar schlicht und einfach mit Gesetzen und Vorschriften, nicht mit irgendwelchen vagen „finanziellen Anreizen“ wie man das jetzt so nebulos verspricht. Und natürlich auch nicht aufgrund der Ein- und Weitsicht damaliger Politiker, sondern schlicht und einfach aus Angst vor der/den damals neu gegründeten Grün-Parteien, aufgrund derer die etablierten Parteien Einbußen an Wählerstimmen befürchteten.

Diese Furcht scheint sich mittlerweile ziemlich gelegt zu haben, nur hin und wieder flackert sie noch auf – und hier komme ich zu Stelle Nummer 2: „(Einmal hat sie sich sogar eine Krise aus Japan geholt, um daheim AKWs abzuschalten)“ Also wie bitte??? Die Rot/ Grüne Regierung unter Schröder/Fischer hatte bereits die Abschaltung der Atomkraftwerke beschlossen, die aber unter Kanzlerin Merkel (die ich in anderen Punkten als umsichtige Politikerin schätze – nur an Umweltpolitik ist sie offensichtlich nicht interessiert) wieder zurückgenommen wurde. Erst als nach der Atomkatastrophe von Fukushima in einer deutschen Regionalwahl die Grünen über 20% der Stimmen hatten, setzte plötzlich das Umdenken ein und der Austritt vom Austritt vom Atomkraft- Austritt wurde verkündet.

Mittlerweile gibt es kaum noch „Fridays for Future“ und die Grünen spielen nur eine Nebenrolle – mal ehrlich, solange der Wald in Deutschland nicht brennt, sondern nur ein paar borkenkäferzerfressene Bäume umfallen und solange die Wähler nicht scharenweise zu den Grünen wechseln oder zumindest für Umweltschutz demonstrieren, wird sich politisch nicht viel ändern. Allerdings sind regierungsbeteiligte Grüne leider auch nicht unbedingt ein Garant für die Umsetzung einer Politik, die deren früheren Idealen entspricht (wie man momentan in Österreich sieht).

Als Österreicherin habe ich immerhin das Glück, dass ich persönlich die Möglichkeit habe, vom Auto auf Öffis/Bahn umzusteigen, was in Deutschland mit der Unzuverlässigkeit der Deutschen Bahn ein echtes Problem wäre. Selbst da müsste zuerst mal die Politik ihre Hausaufgaben machen. Mit freundlichen Grüßen und in der Hoffnung, dass wir für die Umsetzung einer umwelt- und klimafreundlichen Politik nicht auf eine Katastrophe hierzulande warten müssen. – Regina Stammler

 

Bernd Ulrich muss Bundeskanzler werden Die dauernde journalistische Besserwisserei und die wiederholten Angriffe von Herrn Ulrich in Sachen Klimapolitik auf Frau Merkel sind unerträglich. Wenn dieser naive grüne Apostel offenbar ernsthaft glaubt, eine deutsche Bundeskanzlerin oder ein Bundeskanzler könne mit nationalen Maßnahmen in absehbarer Zeit das Weltklima retten, dann sollte man ihn selbst schleunigst in dieses Amt wählen und ihm Greta Thunberg als „kompetente“ Umweltministerin zur Seite stellen. – Dieter Kempf

 

Danke für die Kurz-Analyse der Klimakrise mit den vielfältigen Auswirkungen auf viele Lebensbereiche fast aller Menschen. Angesichts der weltumspannenden Krise ist eine überzeugende Politik dringend erforderlich, um für nachfolgende Generationen ein lebenswertes Umfeld zu retten. Leider ist aktuell von unserer Kanzlerin neben Corona dazu nichts zu hören. Anstatt die Bevölkerung darauf einzuschwören, dass es so nicht weitergehen kann hinsichtlich Ressourcenverbrauch und Umweltzerstörung, erweckt die CDU zusammen mit CSU den Einruck, dass die Sicherung des Wohlstandes mit all den bekannten Folgen oberstes Priorität hat.

Dazu gibt es viele traurige Beispiele: der vehemente Kampf gegen strengere Abgasnormen in der EU, die strikte Ablehnung eines generellen Tempolimits auf Autobahnen, die verpfuschte Energiewende, die Überschreitung der CO2-Reduktionsziele, …. Wie der Autor des Artikels zur Einschätzung kommt, dass wir mit unserer Kanzlerin „eine der klügsten, effizientesten, klimabewusstesten Politikerinnen der Erde“ haben, ist ist mir völlig schleierhaft. Es hat während der langen Amtszeit von Frau Merkel außer Lippenbekenntnissen zum Klima- und Umweltschutz regelmäßig ein konsequentes Umsetzen der Maßnahmen gefehlt inklusive einer umfassenden Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung.

Somit ist in meiner Wahrnehmung die Politik unserer Kanzlerin von Versäumnissen geprägt, und dies nicht nur bei Klima und Umweltschutz, sondern auch beispielsweise beim großen Thema Digitalisierung, Flüchtlingspolitik in der EU. Daneben durch Kehrtwenden bei Atomkraft (Wiedereinstieg, dann Ausstieg), Flüchtlingspolitik nach 2015, Maut-Einführung. Dies sind nur wenige Beispiele für eine teilweise verfehlte Politik. Aus meiner Sicht ist es nicht nachvollziehbar, warum DIE ZEIT nicht nur im vorliegenden Artikel sondern auch in vergangenen Ausgaben immer wieder lobende Worte für die Kanzlerin veröffentlicht. – Dieter Stöckle

 


 

 

Leserbriefe zu „Und raus bist du“ von Sebastian Kempkens

 

Im Dossier beschweren Sie sich langatmig über heuschreckenartiges Geldverdienen im Wohnungsmarkt, gleichzeitig drucken Sie im Wirtschaftsteil eine zweiseitige Anzeige, die die erzielbaren Traumrenditen im Wohnungsmarkt anpreist. Hier werden zweistellige Mietsteigerungsraten bejubelt, weiter vorne in derselben Zeitung sind sie eine humanitäre Katastrophe. Sowas kommt von sowas. – Johannes Koch

 

Die hier beschriebenen Zustände in München-Feldmoching zeigen wie unter einem Brennglas das ganze Versagen bundesdeutscher Wohnungspolitik. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Neubauoffensiven entweder im falschen Preissegment stattfinden oder mit viel zu kurzen Bindungsfristen von 10-15 Jahren ausgestattet sind. Als werdenden Stadtplaner erfüllen mich diese Entwicklungen mit Sorge, aber auch Wut auf die Politik, die oft unfähig (oder unwillig?) erscheint, hier lösungsorientiert tätig zu werden. Jedoch: bei allem Verständnis für die Wut auf die profitgierige Unternehmerin, spiegelt dieses Feindbild nur selten den tatsächlichen Kern des Problems dar. Die aktivsten Käufergruppen (ehemals) städtischer Wohnungsbestände sind seit Jahren Pensionskassen, Rentenfonds und Banken. Auf der Suche nach Lösungen sollte sich die gutverdienende Mittelschicht daher auch der eigenen Nase fassen, wenn mal wieder auf den „bösen Investor“ von nebenan geschimpft wird. – Tamino Kuhlmann

 

Im Wirtschaftteil der ZEIT (S.32) wird der Kauf von Wohnungen beworben, die 10.000 bis 13.500€/ m2 WF kosten. bei einem angenommenen Kapitaldienst von 3% ergibt sich eine Belastung von 25 bis 34€ pro m2 Wohnfläche im Monat; hinzu kommen die Betriebskosten. Eine geringe Rendite ergäbe sich dabei nur für das eingesetzte Eigenkapital, da für dieses ja keine Zinsen zu zahlen sind. Dies sind extreme Beispiele vom Immobilienmarkt. Zu den Extremen in Deutschland auf dem Mietmarkt gehört auch das Stadtgebiet und Umland von München, wie Sie selbst schreiben. Leider unterscheiden Sie nicht Grundmiete (auch Nettokaltmiete genannt) und Gesamtmiete (also einschließlich der Umlage der Betriebskosten) und Sie erwähnen nicht, auf welcher Datenbasis die Berechnung basiert. Vermutlich handelt es sich – wie im Wirtschafsteil auf S.33 – um „inserierte Mieten“, auch Angebotsmieten genannt.

Diese spiegeln nur einen Teil der aktuell angebotenen Wohnungen wieder, eher die hochpreisigen. Frei gewordene Wohnungen der Wohnungsgenossenschaften und die von vielen privaten Vermietern werden oft über andere Kanäle angeboten, können von dem von Ihnen beauftragten Forschungsinstitut gar nicht erfasst werden. Wer ein umfassenderes Bild erhalten möchte, wie „die Mieten“ in den vergangenen Jahren gestiegen sind, der sollte die Mietspiegel der jeweiligen Städte heranziehen. Dann erhält man ein differenzierteres Bild, einen insgesamt wesentlich langsameren Anstieg der „ortsüblichen Vergleichsmiete“. Aber auch dies überzeichnet noch die Entwicklung, da dabei der ländliche Raum und ein Großteil der Bestandsmieten nicht erfasst ist. Den wohl korrektesten Wert ermittelt das Statistische Bundesamt bei der Berechnung der Inflationsrate.

Dabei ergibt sich für die Grundmiete für die letzten 25 Jahre eine insgesamt unterdurchschnittliche Entwicklung. Ich bin enttäuscht, dass eine Qualitätszeitung nur die Extreme aufzeigt, nicht auf die breite Masse hinweist. Ich habe nicht gedacht, dass die örtliche Tageszeitung „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ in dieser Hinsicht ihre Leser umfassender informiert als DIE ZEIT. Aber einen Vorteil haben die Berichte „in den Medien“ über die Auswüchse auf dem Immobilienmarkt: 20 Millionen Mieter in Deutschland (von 21 Millionen) sind mit „ihrem“ Vermieter noch zufriedener, da er die Grundmiete entweder gar nicht oder nur moderat angehoben hat. – Adolf Ronnenberg

 

Es ist überaus aufschlussreich, wie in dem Dossier anhand der Schicksale dreier Mieterhaushalte die Kardinalfehler bundesdeutscher Wohnungspolitik der letzten 70 Jahre dargelegt und sichtbar gemacht werden: 1) die Mietbindungsfrist von Sozialwohnungen ist begrenzt, sie endet mit der Rückzahlung der öffentlichen Wohnungsbaudarlehen ( in Wien bleiben Gemeindewohnungen auf Dauer Gemeindewohnungen), 2) Abschaffung der Wohnungsgemeinnützigkeit, 3) Verkauf großer öffentlicher Wohnungsbestände ( Bahn, Post, Kommunen) an Wohnungskonzerne und Investoren/Spekulanten, 4) Fehlen einer Bodenordnung, die Grundstücksspekulation unterbindet. Mietendeckel oder Mietpreisbremse werden nicht ausreichen, um die Fehlentwicklungen zu korrigieren. Der Staat hat den Wohnungsmarkt weigehend dem Markt überlassen und der frisst nun seine Kinder. –Stefan Kaisers

 

Ihr Dossier beschreibt sehr schön einen der größten Missstände unserer Zeit und ebenso ein monumentales politisches Versagen der vergangenen Jahrzehnte. Eine Wohnung dieser Art in Feldmoching für 330000 Euro zu ver- bzw. zu kaufen zeugt nicht nur von maßlosen Zuständen auf dem Wohnungsmarkt, sondern meiner Meinung nach auch von dem völligen Verlust eines gesunden Menschenverstandes. Würde mir ein derartiges Objekt zu diesem Preis angeboten, würde ich mir auf gut bayerisch „an´s Hirn langen“, sonst nix. Ich gehöre selbst zu den Privilegierten, die sich im Speckgürtel einer boomenden bayerischen Stadt ein Eigenheim leisten können. Dieses Privileg verstehe ich aber auch als Verpflichtung, nicht Maß und Verantwortungsbewusstsein denjenigen gegenüber zu verlieren, die nicht zu diesem illustren Kreis zählen.

Es hatte schon einen Grund, warum Männer wie Adenauer und Vogel bezahlbaren Wohnraum ganz oben auf ihre politische Agenda gesetzt haben. Ein Beitrag zum sozialen Frieden, der uns im Nachkriegsdeutschland steigenden Wohlstand garantierte, von dem ich als Nachkommin der Wirtschaftswunder- Generation profitiere. Es macht mich wütend, von sogenannten „Unternehmern“ zu lesen, die anscheinend nicht verstehen, welche historischen Gegebenheiten ihren Wohlstand garantierten und welch hohes Gut sie mit ihrer egoistischen und meiner Meinung nach verwerflichen Vorgehensweise auf´s Spiel setzen. Für diese Art von Unternehmertum habe ich nur noch Verachtung übrig. Ich befürchte, die Allgemeinheit wird dafür noch teuer bezahlen müssen, während die eigentlich Schuldigen sich hinter sehr, sehr hohen Mauern verschanzen werden. Armes, reiches Deutschland! – Helena Schmid

 

Vielen Dank für den klasse Artikel zur Wohnungsnot. Sie schreiben einen bewegenden und analytisch messerscharfen Text, ich habe eine Menge gelernt, und das passiert bei dem Thema nicht mehr oft. Tolle Hintergrundrecherche zu einem hochrelevanten Thema, bei dem in Deutschland der soziale Frieden gefährdet wird, jeden Tag! ZEIT-Journalismus at its best! – Peter Marx

 

Dieses Thema ist m.E. vollkommen unterbeleuchtet und birgt großen sozialen Sprengstoff. Inzwischen müssen Menschen , die, auch wirtschaftlich, in der Mitte der Gesellschaft stehen, mehr als 30 % ihres laufenden verfügbaren Einkommens für angemessenen Wohnraum aufwenden. Für Familien mit Kindern ist es bereits heute ungeachtet der Höhe der Mieten besonders schwierig, ausreichend große Wohnungen zu finden. Der Wohnungsmarkt entwickelt sich in weiten Teilen unreguliert. Es entscheiden hier Kriterien wie Rendite und Wertsteigerungen.

Da läuft etwas gründlich falsch. Schlaglichtartig wird das deutlich, wenn man sieht, dass inzwischen im DAX mit den 30 stärksten Aktiengesellschaften mit Deutsche Wohnenund Vonoviazwei Unternehmen vertreten sind, die über tausende von Wohnungen verfügen. Ich halte es schon für fast skandalös, dass dies in unserer Gesellschaft und in der aktuellen politischen Diskussion ohne Echo bleibt. Der Wohnungsmarkt, bei dem es um ein nicht beliebig vermehrbares oder reproduzierbares Gut geht, dem freien Spiel dieser Kräfte zu überlassen, ist politisch ein folgenreiches Unterlassen. Nicht zuletzt auch, weil es viele Menschen ausschließt, selbst Immobilen-Eigentum zu bilden. – Johannes Gasber

 

Mit meinen 28 Jahren arbeite ich nun seit vier Jahren in Vollzeit. Mein Mann ist ebenso vollberufstätig. Ob wir mal Kinder haben werden wissen wir noch nicht so recht. Maximal eins. Warum? WIR möchte einem Kind etwas bieten können: Wohnraum, Zeit, Freizeitmöglichkeiten. Wir verdienen beide gut. Die Familie Rahimzadas hat die Hälfte unseres Einkommens, aber vier Kinder. Schon vor 14 Jahren waren Wohnungen teuer, natürlich nicht so wie heute. Aber trotzdem, wieso vier Kinder? Entweder kann ich mir vier Kinder leisten oder nicht. Dann darf ich aber auch nicht jammern, wenn ich zu wenig Platz in der Wohnung habe. Ich persönlich könnte es mir nicht leisten vier Kinder zu versorgen. Dazu müssten die Kinder oder ich auf viel viel verzichten. Mitleid ist hier wirklich nicht angebracht; es ist die eigene Entscheidung wie viele Kinder man bekommt und dann muss man eben vorher planen, nachdenken und realistisch in die Zukunft blicken. – Katharina

 

Vieles was Sebastian Kempkes schreibt, sehe ich auch so! Aber was den Wohnraum von 50 qm pro Person angeht, erstaunt mich sehr. Wenn ich da meinen Verlauf ansehe: 1943 verloren meine Eltern mit 2 Kindern ihre Wohnung. Ein Jahr wurde zur Not bei nicht ausgebombten Verwandten verbracht. Dann 1 Wohnung von 18 qm ( 4 Personen) In den 50 er Jahren dann 50 qm. —- Meine erste Wohnung mit 3 Kindern hatte 60 qm. Später 80 qm. Meine Eltern und meine Frau und ich haben also nicht zu einem erlesenen Kreis gehört! – Manfred Lück

 

Ich bin geschockt und angewidert über die Ungerechtigkeit, die Frau Yovodevi in diesem Land erleben muss. Wenn im Verhalten der neuen Wohnungseigentümerin zu augenscheinlichem Rassismus, Skrupellosigkeit und Unmenschlichkeit noch Geldgier hinzukommt, dann sieht man an diesem Beispiel, was passieren kann: dass anständige Menschen mit kleinen Kindern einfach ihre Wohnung verlieren können, weil ein anderer Mensch den Hals nicht voll genug bekommt. Die Eigentümerin möge an ihrem Reichtum ersticken! Und Frau Yovodevi so schnell wie möglich eine neue, schöne und bezahlbare (!) Wohnung finden. – Kathrin Oscheka

 

Am Beispiel München wird anschaulich dargestellt, wie der Kampf um bezahlbaren Wohnraum in vielen deutschen Städten abläuft. In München wird seit Jahren soviel gebaut, dass München die dichtest besiedelte Stadt Deutschlands ist. München ist zur Dauerbaustelle geworden, die öffentlichen Verkehrsmittel und Straßen sind überfüllt und die Immobilienpreise steigen trotzdem immer weiter. Gegen diese Entwicklung haben sich Bürgerinitiativen gebildet, die nicht hinnehmen wollen, dass auch noch die letzte Grünfläche den Investoren, die beim Bau von Wohnungen und Gewerbeflächen sehr viel Geld verdienen, zum Opfer fällt. Auch gegen die SEM ist eine solche Bürgerinitiative gebildet worden. Hier sollen die teilweise seit Generationen ansässigen Familien sogar enteignet werden, um Tausende von Wohnungen zu bauen.

Aber auch der Bau von diesen weiteren Tausenden von Wohnungen in Feldmoching wird das Problem nicht lösen, solange immer mehr Menschen zuziehen und der Zuzug durch die Stadtpolitik gefördert wird. Besonders gut ausgebildete und gut verdienende Neubürger verdrängen die bereits in München lebenden Menschen. Eine andere Politik ist gefragt, es gibt viele schöne Städte in Deutschland, die unter Abwanderung leiden und Zuzug begrüßen würden. – Sabine Kiermaier

 

Endlich greift Ihre Redaktion dieses wichtige Thema einmal auf. Ich selbst drohe an meinen steigenden Mieten zu ersticken, die Lage in den deutschen Städten bedrückt mich. Begeistert war ich, dass Sie die wichtige Rolle der Neuen Heimat dargestellt haben, weiterhin auch die Rolle von Dr. Vogel. Solche Politiker bräuchte das Land deutlich mehr. Ich habe Herrn Vogel einmal bei einer Veranstaltung Anno 1967 in München erlebt. Ein großer Staatsmann. Auch Herrn Kempkgens möchte ich meine Anerkennung ausdrücken für seinen hervorragenden Artikel! Weiter so, junger Mann! – Dr. Bernhard Meininger

 

Der Tenor des Artikels ist klar: die böse Vermieterin, die sich erdreistet, ihre Wohnung aufzuhübschen und zu einem marktüblichen Preis zu vermieten. Dabei wird andersrum ein Schuh draus: Im Gegensatz zum weitsichtig agierenden Arbeitgeber des jungen IT-Mannes, der seinem geschätzten Mitarbeiter die Wohnungsmiete bezahlt, kümmert sich die Kita als Arbeitgeberin von Frau Yovodevi offenbar einen Dreck um ihre angestellte Köchin. Wenn die Köchin in der Kita wirklich wertgeschätzt würde, müsste die Kita sich in einer teuren Großstadt wie München auch um die Wohnung ihrer Mitarbeiterin kümmern.

Das scheint aber nicht der Fall zu sein. Man kann Frau Yovodevi deshalb nur den dringenden Rat geben, in eine andere Gegend zu ziehen, wo das Wohnen preiswerter und ihre Arbeit als Köchin mehr wertgeschätzt wird. Es gibt kein Menschenrecht auf das Leben in einer teuren Großstadt wie München! Vielerorts in Deutschland stehen Wohnungen leer oder werden zu einem Bruchteil des Preises angeboten. Und Köchinnen werden allerorts händeringend gesucht, auch und gerade in der sogenannten „Provinz“. – Birgitta vom Lehn

 

die journalistische Unfähigkeit, die wahre Ursache für die Wohnungsnot und die dadurch gestiegenen, horrenden Mieten herauszuarbeiten und zu benennen, wer daran hauptsächlich schuldig ist, bringt mich auf die Palme. Es ist die CDU Regierung von Helmut Kohl gewesen, die 1988 die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen gekippt hat. Dies konnte einem kleinen versteckten Absatz in dem drei Seiten langen von Betroffenheit über beschriebene Schicksale nur so triefenden Dossier entnommen werden. Angemessen wäre es gewesen, den unsozialen Charakter der damaligen, wie auch der heutigen CDU, die unter Angela Merkel diesbezüglich nichts geändert hat, zu entlarven. Die CDU ist geradewegs keine Volkspartei, weil sie fortlaufend seit Jahrzehnten eine Klientelpolitik für die Interessen des Kapitals, sprich für diejenigen betreibt, die Grund und Boden und eben Kapital besitzen. Das hätte mit dem Thema Wohnungsnot klar herausgearbeitet und gebrandmarkt werden müssen, aber das Dossier bleibt hier im Ungefähren stecken.

Dazu hätte auch gehört, zu erwähnen, wie auf Betreiben der CDU unter Helmut Kohl im Jahr 1998 aus dem Besitz der Deutschen Bahn rund 30.000 soziale Eisenbahnerwohnungen unter Preis an das Milliardärs-Ehepaar Karl und Ingrid Ehlerding verkauft wurden, die sich daraufhin mit einer der höchsten privaten Parteispende in der Geschichte der Bundesrepublik in Höhe von umgerechnet rund 3 Millionen Euro bei der CDU bedankt haben. Zweifelsohne wurde durch diese Art der Deregulierung eine Verknappung des sozialen Wohnungsbestandes erreicht und gepaart mit einer Vernachlässigung der Schaffung von neuen Sozialwohnungen haben dann Angebot und Nachfrage zwangsläufig dafür gesorgt, daß die Mieteinnahmen der Besitzenden in die Höhe getrieben wurden, zu Lasten der im Dossier beispielhaft – aber übertrieben ausführlich – beschriebenen Mieter.

Unerwähnt blieb auch die nicht funktionierende Mietpreisbremse, die, wie der ehemalige Oberbürgermeister von München in einem Interview mit der ZEIT unlängst darlegte, sich auf Verlangen der CDU nur nach den steigenden Miethöhen der Neuvermietungen im Bezirk richtet, nicht aber sich an dem allgemeinen Mietniveau der Bestandsmieten orientiert, so daß sich eine Bremsfunktion gar nicht entwickeln kann. Warum benennen Sie nicht die wahren Urheber und Mechanismen, die Profiteure und ihre Helfershelfer in der Politik und in den Parteien, wenn Sie dieses Thema der Leserschaft ernsthaft näher bringen wollen? – Karsten H.H. Poetzsch

 

In dem Bericht wird ein Problem dargestellt aber nicht ausgesprochen: wer in Deutschland eine kinderreiche Familie will, muss mindestens wohlhabend, besser reich sein, wenn er in einer attraktiven Grossstadt leben will. Wahr ist auch, dass nicht alle in München, Berlin, Hamburg usw leben können, aber ist das wirklich erstrebenswert? – Peter Pielmeier

 

Die Deutschen Gewerkschaftbunden haben nicht ihre Rolle gespielt hatten zum Beispiel in den Kohljahren ein Palast in Monaco gekauft… hätten besser die Wohnungen gekauft als sie nach der „40 Jahren“ auf dem freien Markt gekommen sind Für wenn ein DOSSIER in DIE ZEIT über die Verantwortung den Gewerkschaften? andere Fragen, wer waren die Wohnungsminister in diesen Zeiten? Wer war Burgermeister Kiel 1999 Berlin 2004 Dresde 2006 – michel marx

 

Ich lebe in München und finde die hohen Wohnkosten auch nicht gut. Aber: Ich kenne Familien, die aus München weggezogen sind. Dies sollte doch auch für Frau Yovodevi möglich sein, da es ihr mit zwei abgeschlossenen Ausbildungen kein Problem bereitet, einen Job zu finden. Vielerorts in Deutschland gibt es bezahlbaren Wohnraum. Familie Rahimzada „musste aus Unterschleißheim nach München pendeln“? Das sind zwei S-Bahn-Stationen mehr = sieben Minuten Fahrzeit! Wie fühlt sich der „echte“ Pendler, wenn er so etwas liest? Genau! Weiters sollte man bedenken, dass es Familien gibt, die sich aus Platz- d. h. Preisgründen kein zweites, drittes, viertes Kind leisten. München ist ein (zu) teures Pflaster, das stimmt, aber niemand wird gezwungen, hier zu leben. Zum Schluss eine Frage zur Recherche: Die neuen Fenster der alten Wohnung der Frau Y. haben Fünffachverglasung? Wo gibt´s denn sowas? – Martina Wagner

 

Vielen Dank für Ihren wichtigen Bericht, das sollte täglich auf den Titelseiten der Zeitungen stehen. Wir müssen diesen Menschen eine Stimme geben! In was für einem Land leben wir eigentlich, das so eine Lage akzeptiert? Arbeitende Menschen, die obdachlos sind. Eine alleinerziehende Mutter! Ich finde, das ist wirklich unfassbar. Zumal sie arbeitet, sich Mühe gibt. Unsere Soziale Marktwirtschaft scheint alles mögliche zu sein – aber sozial ist sie schon lange nicht mehr. – Eleonore Brüssel

 

Sehr gutes Dossier! Nur ein (Rand?)Aspekt ist m.E. etwas zu kurz gekommen: Crowding/Überbelegung ist (auch?) eine Folge gestiegener/zugestandener Ansprüche — 84 qm große Wohnung für Vater, Mutter und vier Kinder gilt heute als „überfüllt“. Ich bin Ende der 50er Jahre mit Eltern und drei Geschwistern auf ca. 55 qm, Anfang der 60er mit inzwischen 5 Geschwistern auf 75 qm groß geworden (die beiden jüngsten hatten ihre Betten im Elternschlafzimmer, wir Großen hatten ein Kinderzimmer mit zwei Doppelstockbetten). Wir haben das nicht als beengt erlebt. 15 Jahre später hielt ich für meine eigene kleine Familie (Eltern und zwei Mädchen, wohnend auf 65 qm) eine Wohnung mit zwei Kinderzimmern für angemessen. Damals hat es geklappt — es gab im Wohnungswesen noch die soziale Marktwirtschaft, mehr soziale Gerechtigkeit und eine deutlich geringere soziale Spaltung. – Holger Gundlach

 


 

 

Leserbriefe zu „Der Hafen Europa“ von Ulrich Ladurner

 

Einspruch! Ein geradezu widerlicher Moralismus hat sich in Deutschland der Politik bemächtigt. Massengesellschaft und technokratische Politik hat unser Land geschwächt. Demografie Makulatur. Peter Sloterdijk, die Instanz der Sozialwissenschaft spricht von Überrollung, in der sich Deutschland befindet. Die Ausländer werden alles mögliche tun, um nach Deutschland einreisen zu können. Wie ich lesen konnte, sitzen in Afrika rund 240 Millionen auf gepackten Koffern, um nach Deutschland zu kommen. Andere EU-Staaten, auch Frankreich, kommen nicht infrage. Frau Merkel hat sich kürzlich erst von allen anderen Staaten einen Korb abgeholt. Das wird auch so bleiben. Weil diese Staaten zwischen Moral und Politik unterscheiden können. Deutschland muß das noch lernen. Ich zitiere Arthur Schopenhauer: „Ich lege für den Fall meines Todes das Bekenntnis ab, dass ich die deutsche Nation wegen ihrer überschwänglichen Dummheit verachte und mich schäme, ihr anzugehören.“ – Gunter Knauer

 

Bitte um Klartext in der Migrationsdebatte Anna Goldenberg schreibt in der “Presse”, es gäbe keine Belege für einen “Pull-Faktor” in der Migration, also könne man die 13.000 Menschen aus Moria problemlos aufnehmen. 2015 ging´s um 70.000 Migranten die in Ungarn gestrandet waren. Gekommen sind 2015/2016 nach Öffnung der Grenzen über 2.5 Millionen. Und wären die Grenzen nicht geschlossen worden, würden immer noch hunderttausende jeden Monat Zuflucht in Europa suchen. Frau Goldenberg schreibt auch konsequent von Flüchtlingen, nicht Migranten. Ebenso wie immer von der Aufnahme unbegleiteter Kinder gesprochen wird. Laut EKKA und UNHCR geht es in Moria um circa 30 alleinstehende Kinder unter 14. Der überwiegende Teil sind männliche Afghanen über 14. Klaus Schwertner von der Caritas twittert den Artikel 1 der EU-Grundrechtscharta, “Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie ist zu achten und zu schützen.”

Auf die Frage, ob die Würde des Menschen nur in Europa zu schützen ist, oder ob eventuell auch eine Unterstützung bei der Heimreise und Neustarthilfe möglich wären, schweigt er. Ebenso verschweigt er die Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention die sogar die In-Haft-Name illegaler Migranten ausdrücklich vorsehen. Michael Landau, der Caritas Präsident, twittert “Menschen sind keine Symbole. Menschen sind Menschen. Und wer ein Leben rettet, rettet die ganze Welt.” Da stimme ich ihm aus ganzem Herzen zu. Aber auch bei ihm kann ein Mensch offenbar nur in Europa gerettet werden. Eine Rückkehr ins Heimatland ist ausgeschlossen, da ist keine Rettung möglich. Ich verstehe die moralische Problematik.

Ich persönlich unterstütze seit Jahren Kinder in Honduras (dagegen ist Afghanistan ein Urlaubsland). Aber ich würde nicht auf die Idee kommen, ganz Honduras aufnehmen zu wollen. Weil es nicht möglich ist. Ich möchte deshalb bitte – endlich – um Ehrlichkeit in der Migrationsdebatte ersuchen. Wer will dass wir wirklich alle Menschen in Not aufnehmen, soll dazu öffentlich stehen. Und erklären wie das funktionieren soll. Oder für immer schweigen und aufhören, alle Menschen die nach realistischen Lösungen suchen, als rechts zu diffamieren. – Chris Veber

 

Entweder Hafen oder Festung? Den Kampf um das einzig wahre Bild kann ich schon lange nicht mehr nachvollziehen. Der Eifer der Kombattanten erinnert gelegentlich an den Wettstreit der Religionen. Wenn die Anerkennungsquoto bei 38% liegt, werden 62% der Asylanträge abgelehnt. Europa ist offensichtlich Hafen UND Festung. Was ist so schwer daran, das auszusprechen? Vielleicht will jeder der ein oder anderen Extrem-Position möglichst viel Gewicht verleihen, um das resultierende dynamische Gleichgewicht in die gewünschte Richtung zu verlagern? Kann man schon machen, führt aber zu dem, was man für gewöhnlich „Polarisierung“ nennt. – Dr. Christian Voll

 

Die EU präsentiert sich als zahnloser Papiertiger und (leider) nicht als europäische Gemeinschaft. Geld und Lobbypolitik bestimmen das Handeln der EU. Nur mit monetären Sanktionen ist den Regierungen in Ungarn, Polen und Tschechien beizukommen. Griechenland, Italien und Spanien werden mit der Vielzahl von Flüchtlingen allein auf Dauer nicht klarkommen. Das Geld das für Ungarn, Polen und Tschechien eingespart werden könnte müsste auf die stark betroffenen Länder verteilt werden. Wer sich nicht solidarisch verhält muss eben dafür zahlen. Aber ich fürchte ein Abkommen für diese Aufnahmeländer, wie mit der Türkei beschlossen, wird so bald nicht kommen. Wenn man sich die Brexit Verhandlungen (eine unendliche Geschichte) anschaut und den bisherigen Zeitablauf ohne nennenswerte Lösungsansätze sieht man wie die EU arbeitet. Wer Butter haben will muss Milch auf den EU-Dienstweg schicken. – Felix Bicker

 

Pacta servanda sunt. In beiden Artikeln erscheint die Rolle Deutschlands vorbildlich zu sein.Dagegen spricht die weitverbreitete Tendenz, so schnell abzuschieben wie möglich, wobei gelungene Integration und feste Arbeit hier in Bayern kein Hinderungsgrund im Umgang mit „Asyltouristen“ ist.Im Umgang mit europäischen Ländern, die sich weigern, ihren Verpflichtungen bei der Aufnahme von Flüchtlingen nachzukommen sollten europäische Gesetze umgesetzt werden.Dabei geht es nicht darum ,an das Bestehen von Vereinbarungen zu erinnern, sondern um das umgehende Umsetzen von Sanktionen und Mittelkürzungen.Ohne diesen Schritt verliert das Modell Europa fundamental an Glaubwürdigkeit. – C.Stellmacher

 

„2015 darf sich nicht wiederholen!“ – und es wiederholt sich doch! Müssen wir schon wieder als erste unsere riesengroße moralische Klappe aufreißen, statt einfach nur still vor Ort zu helfen? Handeln andere europäische Länder unmoralisch, wenn sie sich weigern, ständig und zeitlich unbefristet Menschen aus Asien und Afrika aufzunehmen? Vielleicht schreckt sie eine Zukunft, die in Deutschland längst begonnen hat: mit Parallelgesellschaften, Clans, Gangs, Anschlägen, Übergriffen, religiöser Intoleranz, Regeln , die mehr und mehr von den „Gästen“ festgeschrieben werden? Schließlich steigt ja auch ihre Zahl stetig an!

Vielleicht aber haben die Regierungen der „Unwilligen“ auch ihr Ohr näher am Volk, während bei uns eine (linke) Minderheit mit lautstarker medialer Präsenz Einfluß nimmt auf politische Entscheidungen, die von der Gegenwartsmoral bestimmt und oft zukunftsblind sind! Die alte (politische) Mahnung: quidquid agis, prudenter agas, et respice finem! verfängt nicht mehr, wird nicht mehr gehört von denen, deren Erinnerungsvermögen nicht einmal bis 2015, deren Denkhorizont gerade einmal bis zum Ende einer Legislaturperiode reicht! Da aber beginnt sie erst – die Zukunft! – Dr. med. Ulrich Pietsch

 

Die beiden Artikel von Ladurner, Middelhoff & Lau haben das Niveau von Stammtischdiskussionen verpackt in einem pseudo- intellektuellem Gewand. Die Inhalte sind ein Schlag ins Gesicht für alle Flüchtlinge und aktiven Helferorganisationen, die die fehlerhafte europäische Migrationspolitik in den griechischen Camps seit Jahren auf ihren Rücken austragen müssen und es auf unabsehbare Zeit auch weiterhin werden müssen. Und während unsere Politiker nach einer europäischen Gesamtlösung suchen, ihre Verantwortungen von Regierung zu Regierung schieben und das den Steuerzahler auch viel Geld kosten lassen, verstossen sie täglich gegen alle Menschenrechtskonventionen und humanitäre Hilfsverpflichtungen, ohne je dafür zur Verantwortung gezogen zu werden. Ladurners „Lobhuddelei“ dieses gar nicht so schlechten Europas hat vielleicht System? Und Middelhoff & Lau, sind Sie je Zeuge eines „Frontex Light Programms“ gewesen? Mir ist jedenfalls so eben klar geworden, dass Sie in Zukunft einen Abonnenten dieser Zeitung weniger haben werden. – Anja Hahn

 

Ein guter Artikel von Herrn Ladurner. Dazu noch folgende ergänzende Anmerkungen: Erinnern wir uns: das „Schengener Abkommen“ erlaubte den Bürgern der EU-Staaten, künftig ohne Grenzkontrollen innerhalb dieser Staatenunion zu reisen und sich auch sesshaft machen – heute eine Selbstverständlichkeit. Kontrollen waren nur noch an den Außengrenzen geboten – vor allem in Griechenland, in Italien und in Spanien. Versäumt wurde eine klare Regelung für eine geordnete Zuwanderung über diese Grenzen und wer für die Einhaltung der Regelungen verantwortlich ist. Versäumt wurde auch die Kontrolle über die Mittel, die für diese Aufgabe bereitgestellt wurden (siehe Griechenland).

Die Folge war nicht nur eine ungeordnete Zuwanderung, sondern – viel schlimmer – das Entstehen von Schlepperorganisationen, die erheblichen finanziellen Profit aus dieser Situation zogen, aber für die teilweise unmenschlichen Folgen nicht zur Verantwortung gezogen werden können. Moria ist der augenblickliche Brennpunkt des öffentlichen Interesses, aber was geschieht weiter mit den <boat peaple>, die in Nordafrika aufs Meer gesetzt werden? Wie geht die EU mit den eigenen Ländern um, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen (z.B. Ungarn, Österreich)? Es wird Zeit, dass klare Verhältnisse geschaffen werden – Frau von der Leyen hat hier viel zu tun! – Klaus Grieshaber

 

Die grösste Gefährdung für die EU ist wohl der Defaitismus. Denn: Wer sucht schon Asyl in China oder Russland (abgesehen von Leuten wie Marsalek)? – Silvia Kraus-Billeter

 

Den Artikel von Ulrich Ladurner in der Ausgabe Nr. 38 vom 10. Sept (Das Recht auf Gotteslästerung) las ich mit Interesse. Jedoch scheinen sich dort ein paar Fehler eingeschlichen zu haben, Absicht oder Nachlässigkeit? Auf der Original-Webseite von Ifop steht, dass 59% der Franzosen finden, dass Charlie-Hebdo Recht hatte, die Karikaturen nochmals zu veröffentlichen 69% der frz. Muslime die Wiederveröffentlichung der Karikaturen als Fehler sehen und 47% der frz. Muslime unter 25 dasselbe denken 72% der frz. Muslime die Anschläge auf Charlie Hebdo verurteilen 88% der Franzosen die Anschläge auf Charlie Hebdo verurteilen 40% der frz. Muslime ihre religiösen Überzeugungen über Werte wie Meinungsfreiheit und Demokratie setzen, während nur 17% der Franzosen dasselbe denken https://www.ifop.com/publication/droit-au-blaspheme-caricatures-liberte-dexpression-les-francais-sont-ils-encore-charlie/Das stimmt nicht mit den Zahlen in der ZEIT überein. Absicht oder Nachlässigkeit? – Dr. Wolfgang Glebe

 

Ich empfinde Ihren Kommentar in der ZEIT vom 16.09.20 als problematisch und fehlgeleitet. Die Leser*innen der ZEIT durften einen Kommentar zum Brand im Flüchtlingslager Moria auf der ersten Seite erwarten – was sie bekamen war jedoch mehr eine Replik auf vermeintlichen EU-Fatalismus und eine Entgegnung auf die Empörung der vergangenen Tage. Um mein Hauptanliegen direkt vorneweg zu äußern: Für wen und aus welcher Sicht schreiben Sie diesen Artikel? Schreibt da ein überzeugter Europäer, der das europäische Projekt durch die Debatte um Asylpolitik und Aufnahme von Geflüchteten, die nicht erst seit den Bränden existiert, ernsthaft verunglimpft oder gar gefährdet sieht?

Wollen Sie unruhige Gemüter beseelen, die den Brand des Lagers und die Schicksale der Menschen an den europäischen Außengrenzen ‚überbewerten‘? Wollen Sie die Debatte versachlichen, indem sie auf die vermeintlichen Erfolge der deutschen und europäischen Asylpolitik verweisen? Ihre Argumentation gleicht jener von Regierungspolitiker*innen, die von Problemen ablenken, und auf das große Gesamtbild verweisen wollen. Ich gehe wohlwollend davon aus, dass es Ihre Absicht war, die Sachlage ins rechte Licht zu rücken – daran sind sie meiner Auffassung nach aber deutlich gescheitert.

Der Reihe nach: Unabhängig von der Unklarheit um die Brandursache und die Identität der vermeintlichen Brandstifter, die im Artikel ihrer Kollegin Anna Mayr ja ausführlich beleuchtet wird – woraus schließen Sie, dass der Brand europäische Politik „diktiert“? Mit diesem Argument einzusteigen, bedeutet, die Bedeutung des Brandes von vornherein auf einen Unfall herunterzustufen, der unnötig skandalisiert wird. Wer „diktiert“ denn hier was? Ist es nicht vielmehr so, dass die Stimmen für eine andere Migrationspolitik, die aktuelle Zustände anprangern, lauter geworden sind und sich vermehrt haben, aber keineswegs irgendein maßgeblicher Politikwechsel abzusehen ist?

Die Vielzahl an Bürger*innen, Organisationen und politischen Akteuren, die seit dem Brand in Moria die sofortige Aufnahme von obdachlos gewordenen Geflüchteten fordert und die Forderung einer Neuordnung europäischer Migrationspolitik erneuert, behandelt die Ereignisse der letzten Woche als das, was sie sind: als Symptom einer größeren, strukturellen Katastrophe. Daher frage ich nochmal: Welcher Akteur skandalisiert den Brand in Moria dermaßen als „Diktion“, der vorher schwieg und vorher keine Asylproblematik sah?

Ich möchte Sie nicht davon überzeugen, dass die Zustände in Moria katastrophal waren, das schreiben Sie ja selbst – aber ich kritisiere den engen Blick, mit dem Sie Kritik an der Asylpolitik Europas auf die Brandkatastrophe verdichten. Von der „Bankrotterklärung“, vom „Totalversagen“ wird nicht erst seit dem 9. September gesprochen, sondern schon seit Monaten und Jahren. Ob Sie es beabsichtigen oder nicht – sie nehmen den Menschen, die sich gegen die aktuelle Situation an Europas Außengrenzen stellen und für eine humanitärere Politik einstehen, brutal den Wind aus den Segeln. Das Friedensprojekt Europa als partiell scheinheilig und inhuman zu identifizieren, ist legitim und schlicht eine zutreffende Analyse. Ihr herbeizitierter Vergleich mit Russland oder China wirkt da fast verzweifelt – niemand muss einen V ergleich Europas mit anderen Herrschaftsformen anstellen, um Stärken oder Defizite festzustellen. Das Leid und die Unmenschlichkeit an Europas Außengrenzen wird durch russische Bomben in Aleppo oder chinesische Konzentrationslager für die uigurische Bevölkerung nicht besser oder schlechter – es bleibt politisch legitimiertes, aktiv produziertes Leid, hingenommene Unmenschlichkeit. Niemand sollte sich verbieten lassen, das auszusprechen und festzustellen.

Erst recht nicht die Betroffenen selbst, die in den Tagen nach dem Brand in großen Gruppen von den Straßen vor dem Camp zu spontanen Sprechchören und Demonstrationen aufbrachen – und von griechischen Sicherheitsbehörden mit Tränengasgeschossen zurückgedrängt wurden. Das Versprechen auf freie Meinungsäußerung steht dem Bild von Kindern im Vorschulalter gegenüber, die weinend mit versehrten und verätzten Beinen und Gesichtern in provisorischen Zelten liegen. Diese zum Himmel schreiende Diskrepanz bekommt niemand kleingeredet. Leid zu vergleichen, und gegeneinander abzuwägen, das ist der „Unsinn“, den Sie in Ihrem Text aktiv mitbetreiben.

Ich möchte Sie darüber hinaus darauf hinweisen, dass es nicht die oberste Priorität der Asylbehörden sein sollte, die Motive der Geflüchteten „schnell“ zu prüfen, sondern dies sorgfältig zu tun. Sorgfalt benötigt Ressourcen – genug Personal seitens der Behörden, und eine menschenwürdige Behandlung der Antragsteller*innen, wo immer sie sich befinden mögen. Europäische Migrationspolitik ist eine Herausforderung, da stimme ich Ihnen zu – aber sie ist kein Test, kein Probefeld, an dem sich die EU bewähren darf. Sie ist vielmehr im Herzen des europäischen Projekts anzusiedeln. Menschliches Miteinander aktiv zu gestalten, Rechtsstaatlichkeit und Menschenwürde zu sichern, um damit Frieden zu konsolidieren – Asylpolitik sollte der EU ein Herzensanliegen sein statt unliebsamem Beiwerk. Dass Sie außerdem eine biblische Metapher bemühen, um den Hafen Europas zu bestärken, kann ich nur zynisch nennen, angesichts privat finanzierter Rettungsschiffe, die verzweifelt sichere Häfen suchen. Eine EKD, die sich mit anderen zivilen Akteuren mittels gesonderter Spendengelder aktiv an der Rettung in Seenot geratener Menschen beteiligt, darf sich gerne mit Slogans aus dem Matthäus- Evangelium brüsten – die politischen Institutionen der EU in ihrer aktuellen Verfassung sollten sich besser davor hüten.

Sie weisen den Vorwurf von sich, dass Europa oder Deutschland eine Festung sei. Ich finde es mühselig, über die Benutzung dieses Begriffs zu streiten, auch wenn ich Ihnen widerspreche. Ich frage sie lieber, welchen Begriff Sie lieber wählen mögen für ein nach wie vor gültiges Rechtssystem, das die südeuropäischen Grenzstaaten mit der Asylorganisation nahezu allein lässt. Für ein System, das schutzbedürftigen Menschen den Asylantrag bei Botschaften in ihrem Herkunftsland aufgrund unmenschlicher Wartezeiten und Sprachbarrieren unmöglich macht und für den Fakt, das Deutschland maßgeblich für die Errichtung und Aufrechterhaltung dieses Rechtssystems verantwortlich ist.

Moria ist kein europäisches Problem, wie Sie es nennen, sondern Moria ist das Symptom eines größeren, strukturellen Problems. Dass die vielzitierte europäische Lösung keine Realität wird, hat die Europapolitik der deutschen Bundesregierung des letzten Jahrzehnts mitzuverantworten. Nicht singulär, nicht ausschließlich, aber sie trug und trägt ihren Teil zur verkeilten Lage bei. Sich diese Tatsache einzugestehen, die Ehrlichkeit zu besitzen, sich für über Jahre aufrechterhaltenes Desinteresse und mangelnde Solidarität gegenüber den europäischen Nachbarn zu entschuldigen – und ja, sich seiner Verfehlungen und Unaufrichtigkeit bewusst zu werden und selbst zu bezichtigen – darin läge ein würdiger Neuanfang und der einzige Weg, dass deutsche und europäische Migrationspolitik keine menschengemachte Katastrophe bleibt. – Janne Linder

 

Curd Jürgens hat es schon in den 1970ern geahnt: Fünf (60) Jahre …“und kein bisschen weise, aus gehabtem Schaden nichts gelernt …“ Und wieder tun sie es: Ein weiteres Mal seit 2015 nimmt Deutschland fast im Alleingang Migranten von den griechischen Inseln auf. Täglich seitenweise Artikel in den Zeitungen, „Extra“- und „Spezial“– Sendungen sowie ausführliche Berichte in den Politmagazinen von ARD und ZDF – das Haltungsfernsehen mit seinem angemaßten Erziehungsauftrag lief zu großer Form auf. Diesem Mediendruck hielten CDU/CSU erwartungsgemäß nicht stand, die Grünen und die Linken begrüßen den Wiedereinstieg in die Willkommenskultur und die AFD wird’s freuen.

Wie anders dagegen unsere europäischen Nachbarn! Zappte man dieser Tage durch die Online-Ausgaben von Figaro und Guardian oder sah z.B. gelegentlich France 24, wurde Moria allenfalls am Rande erwähnt. Hier beherrschte Covd-19 die Schlagzeilen. Was lernen wir daraus? Am rot-grünen Wesen soll Europa genesen! Hatten wir das nicht so oder so ähnlich schon einmal? – Ernst-Peter Hoffmann

 

In dem Artikel “Der Hafen Europa” von Ulrich Ladurner (DIE ZEIT vom 17. September 2020) wird die Europäische Union (EU) durchweg mit “Europa” identifiziert. Spätestens seit dem Austritt Großbritanniens aus der EU ist dies eine unzutreffende Identifizierung. Zudem sind u. a. Albanien, Bosnien und Herzegovina, Norwegen, Russland, die Schweiz, Weißrussland, nicht in der EU, gehören aber zu “Europa”, das geographisch der Erdteil ist, der sich über das westliche Fünftel der eurasischen Landmasse erstreckt. Der Begriff “Europa” ist jedoch nicht nur geographisch definiert, sondern auch durch historische, ideelle, kulturelle, politische, rechtliche und wirtschaftliche, Aspekte gekennzeichnet. Auch wenn es bei Politikern üblich ist, die EU mit “Europa“ zu identifizieren, sollten Berichterstatter der ZEIT dieser unzutreffenden Bezeichnung nicht folgen. – Dr Dietrich Schwela

 

Es war schon immer ein starkes Argument, von Andersdenkenden zu behaupten, sie hätten keine Ahnung. Für Ulrich Ladurner mag es noch Zeit geben, eine „europäische Lösung“ herbeizuführen. Für die verzweifelten Flüchtlinge und die Länder, die sich (blöd für sie) an den Außengrenzen Europas befinden und die seit fünf Jahren vergeblich auf ein kleines Zeichen europäischer Solidarität warten, gilt das nicht.

Ladurners in diesem Zusammenhang seltsam fehlgeleitete Feststellung, dass „weder die Euro-Krise noch die Pandemie Europa kaputtgekriegt haben“, ist für eine in Moria auf der Straße lebende syrische Familie mit kleinen Kindern wenig tröstlich. Vor der Lektüre seines Beitrags hätte ich nicht behauptet, dass ich sowohl von Europa wie von Migration nicht viel weniger verstehe als Ulrich Ladurner; und von Menschenrechten und Mitmenschlichkeit (wie es scheint) mehr als er. – Sven Herfurth

 

Ulrich Laduner stellt fest; «Die Flüchtlinge und Migranten sind keine Bedrohung, sie sind eine Herausforderung für Europa, ob es Humanität und Ordnung verbinden kann.» Die Herausforderung besteht zunächst darin, genug Mittel zur Verfügung zu stellen, um die Situation zu bereinigen. Doch die eigentliche Herausforderung ist, die Ursachen zu beseitigen, die zur Situation in Moria geführt haben. Es gilt einen Zielkonflikt zu lösen. Es geht letztlich um den Zielkonflikt zwischen den Menschenrechten auf Lebensunterhalt (betrifft Nahrung, Wohnen, Kinderzahl, Asyl, etc.) und dem Menschenrecht auf Eigentum. Die exzessive Nutzung der ersteren Rechte gefährdet die Nachhaltigkeit (Stichwort «Tragik der Allmend»).

Allmend das sind nicht nur die natürlichen Ressourcen, sondern auch Soziale Netze oder die Möglichkeit, Kinder in die Welt zu setzen. Das Gegenmittel liefert das Menschenrecht auf Eigentum. Wer keinen Zugriff auf fremdes Eigentum hat, ist gezwungen, die eigenen Ressourcen nachhaltig zu nutzen. Der Ausgleich zwischen den genannten Menschenrechten ist nötig für ein höheres Ziel, das Erhalten eines lebenswerten Planeten. Dazu folgendes: Erstens (Einschränkungen): Europa hat ein Recht darauf, Einschränkungen zum Thema Geburtenrate zu verlangen, auch weil Europäer ähnliche Einschränkungen akzeptieren mussten. Es geht um Einschränkungen, die zum Verzicht auf mehr als ein, zwei Kinder bis hin zum Verzicht auf Familiengründung führten. Einst waren 30 % der Menschen Europäer, heute sind es 10 %. Europa hat also eine massive Vorleistung erbracht.

Zweitens (Finanzen): Europa hat ein Recht, Einschränkungen zu fordern, damit die Mittel ausreichen, um allen Europäern (mit und ohne Migrationshintergrund) die nötigen staatlichen Dienstleistungen und die Voraussetzungen für eine gute Zukunft zu liefern. Zum Beispiel: Die Aufwendungen für Migration reduzieren die Mittel von Kommunen. Das kann dazu führen, dass Schwimmbäder nicht öffnen und Schwimmunterricht entfällt mit gravierenden Folgen. Ein weiteres Beispiel: «Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE)» kann den Zwang zu umweltschädigendem Wirtschaftswachstum beseitigen. Auch dies benötigt Mittel.

Drittens (Gerechtigkeit): Die Unterscheidung zwischen Asylberechtigten und Wirtschaftsflüchtlingen ist nicht gerecht. Die Zahl der Menschen, die Asylanträge stellen könnten (und zwar erfolgreiche, wenn sie die Mittel für Transport, juristischen Beistand sowie ausreichend Phantasie fürs Erzeugen einer Asylberechtigung oder fürs Belegen einer solchen) übersteigt langfristig die Möglichkeiten Europas. Viertens (Wohlstandsgefälle): Das Wohlstandsgefälle zwischen Nord und Süd beruht nicht auf Ausbeutung sondern ist eine Folge des technischen Fortschritts, der durch Konditionierung bis hin zum Prinzip «The Winner takes it all» ökonomische Gräben begünstigt. Transferleistungen sind daher gerechtfertigt, müssen aber mit der Förderung der Eigenverantwortung auch auf dem Gebiet der Demographie verbunden sein.

Fazit: Es scheint unausweichlich zu sein, Lösungen zu suchen, die auf die demographische Problematik zugeschnitten sind. Etwa von Asylanten zu verlangen, sich fürs Lösen des demographischen Problems einzusetzen. Dies etwa durch eine Verpflichtung, im eigenen Bereich für eine Geburtenrate zu sorgen, die die des Gastlandes nicht übersteigt. Eine Ursache dafür, dass Moria entstehen konnte besteht darin, dass keine weltweite Übereinkunft zur Lösung des demographischen Problems besteht, konkreter zur Lösung des genannten Zielkonflikts innerhalb der Menschenrechte, noch konkreter zur Verpflichtung der Herkunftsländer der Migration und ihrer Bewohner. Sichtbares Bemühen, diese Ursache zu beseitigen, könnte die Akzeptanz für eine Lösung des Moria-Problems wesentlich erhöhen. – Dr. tech. Gernot Gwehenberger

 

KlarheitIn der Diskussion um Flüchtlinge fällt u. a. ein Mangel an Klarheit auf. Wer sagt: „Es darf keinen deutschen Alleingang geben, es muss eine europäische Lösung gefunden werden!“, der sollte lieber Klartext reden. Diese Aussage bedeutet doch faktisch: „Ich will nicht, dass Flüchtlinge aufgenommen werden, falls es doch unumgänglich ist, dann so wenige und so spät wie möglich!“ Das soll nicht bedeuten, dass eine solche Lösung nicht zu erreichen ist, sondern das man lieber in Kauf nimmt, dass Flüchtlinge unter unmenschlichen Bedingungen auf unabsehbare Zeit in Lagern zusammengepfercht leben müssen. Die Älteren unter uns erinnern sich vielleicht noch an Jürgen von Manger, der gerne die typischen Ruhrpottsprüche zitierte.

Nein, nicht „Ährlich“, obwohl das hier auch passen würde, sondern „Mänsch bleim“. Obwohl es auch fraglich ist, ob man diesen Spruch den Flüchtlingsgegnern entgegen halten kann. Man kann ja nur dann Mensch bleiben, wenn man einmal zuvor seine Menschlichkeit gezeigt hat. Das ist bei Leuten kaum zu sehen, die es viel wichtiger finden, welche Signale ausgesendet werden, als die Not von Menschen. Sie finden es falsch, Signale auszusenden, wie „Wenn Menschen in Not sind, sollte man helfen“. Welche Signale sollten das stattdessen sein, etwa „Denkt bloss nicht, dass wir euch helfen, wir können auch unmenschlich!“ Man muss sich wundern, dass es den Flüchtlingsgegnern nicht peinlich ist, zu so durchsichtigen Scheinargumenten greifen zu müssen. – Dr. G. Zeyer

 

Der werte Ulrich Ladurner fordert von Europa (hier im Zusammenhang mit der seit fünf! Jahren anhaltenden, sogenannten Flüchtlingskrise) ein realistisches Selbstbild ein. Nachvollziehbarerweise, zumal – gute – Politik allenthalben mit dem Betrachten der Wirklichkeit beginnt. Die Frage ist freilich (unter anderem), wie man die Wirklichkeit zuvor betrachtet und gestaltet hat. Spätestens bei der Definition dessen, trennt sich die (gesinnungs- ethische?) Spreu vom (verantwortungsethischen?) Weizen. Das besagte (Selbst-)Bild, welches „derzeit“ ohnehin nur ein recht übersichtlicher Teil europäischer Staaten abgibt, müsste also die normative Erkenntnis festhalten, dass Würde kein absoluter, sondern ein relativer, aporematischer Wert ist. Dieses (weitere) Dilemma menschlichen Seins erinnert mich durchaus an Oscar Wildes „Das Bildnis des Dorian Grey“. Indes mit dem signifikanten Unterschied, dass hierbei, bei der Realpolitik Europas, nicht das Selbstbildnis „altert“ und „die Sünden widerspiegelt“. – Matthias Bartsch

 

Ich habe soeben den Beitrag von Ulrich Ladurner in der aktuellen Zeit gelesen. Leider findet man online keine direkte Kontaktmöglichkeit zu ihm. Deshalb schreibe ich an die generelle Leserbrief-Adresse. Vielleicht können sie diese Nachricht an ihn weiterleiten. Folgenden Aspekt in Ihrem Kommentar finde ich bedenklich: bei der im Raum stehenden Brandstiftung gehen sie ganz selbstverständlich davon aus, dass diese von den Insassen des Lagers selbst ausging. Mit keiner Silbe wird erwähnt, dass es genauso gut Anwohner auf der Insel gewesen sein könnten. Schließlich ist hinlänglich bekannt, wie die gebürtigen Bewohner Lesbos den Geflüchteten im Camp gegenüber stehen. Eine Brandstiftung von dieser Seite ist mindestens genauso plausibel. – Lukas Adolphi

 


 

 

Leserbriefe zu „»Wenn eine Frau redet, drehen sich viele Männer um, quatschen, hören nicht mehr zu«“ aufgezeichnet von Peter Dausend

 

Ich habe einmal gehört, dass der Anteil der Frauen in den Bundestagsfraktionen ungefähr dem Anteil der Frauen in der jeweiligen Partei entspricht. Stimmt das…? – Christian Voll

 

Erschütternd! Bitte bitte lasst euch parteiübergreifend kleine fiese Aktionen vor Ort einfallen, die dieses Verhalten entlarven. – Elsabe Elson

 

Herzlichen Dank für Ihre überfällige Veröffentlichung des Artikels von Peter Dausend. Man sollte eigentlich meinen, wenn etwas überfällig ist oder Verhaltensweisen veraltet sind, hätten wir das bereits hinter uns. Weit gefehlt. Es ist folgerichtig, dass Frauen Männern Angst machen können. Warum wohl- es liegt auf der Hand. Jeder ruft nach Demokratie und einem funktionierenden Sozialwesen. Prima. Gerne weiter so. Nur: Wie soll eine demokratische und ethisch bewusste Sozialisation in unserer Gesellschaft implementiert werden können, wenn das kleine 1×1 des respektvollen Umgangs sogar unter „den Politiker*innen“ kein Konsens ist? Eins wird gerne vergessen, und das wurde auch in dem Artikel Ihrer Zeitschrift nicht ansatzweise angesprochen: Machen wir uns bitte alle klar, dass die Frauen es sind, die ihre Söhne zu solchen Männern erziehen. Und dass Frauen es sind, die Männern solch ein Verhalten in den heterosexuellen Partnerschaften offenbar durchgehen lassen. – Barbara Kruse

 

Struktureller Sexismus Auf Seite 8 lässt die ZEIT drei Politikerinnen zu Wort kommen, die anschaulich berichten, in welchem Maß struktureller Sexismus weiterhin vorhanden ist. Das Übergewicht der männlichen Abgeordneten im Bundestag, ein zunehmend Testosteron gesteuertes Gehabe und die geringe Achtung, die den weiblichen Abgeordneten bei ihren Auftritten gezollt wird, zeigten, dass beim Umgang mit Politikerinnen die Bemühungen um Gleichberechtigung den Rückwärtsgang eingelegt haben. Was in diesem Beitrag an Argumenten aufgebaut wird, wird dann im Feuilleton, Seite 59, mit Bravour eingerissen. Unter dem Bild der Vorsitzenden der Linkspartei prangt in riesigen Buchstaben die Überschrift: „Privat mag ich eher so ganz flache Witze“.

Dass es in dem Artikel vor allem darum geht, wie man unsere Gesellschaft verändern könnte, lässt sich nicht einmal erahnen, obwohl eine Überschrift doch dem Leser zumindest einen Hinweis geben sollte, was ihn in dem darunter stehenden Text erwartet. Katja Kipping wird mit dieser Überschrift für den Leser oder die Leserin beim ersten Hinsehen auf flache Witze reduziert. Deutlicher kann man den auf Seite 8 beklagten strukturellen Sexismus nicht vorführen. Dass dies im Feuilleton der ZEIT geschieht, zeigt, wie unsensibel noch immer mit Politikerinnen umgegangen wird und wie weit der Weg noch ist, bis Politikerinnen nicht mehr nach ihrer Kleidung, ihrer Frisur oder welche Witze sie mögen, beurteilt werden, sondern danach, für welche Inhalte sie brennen. – Dr. Ortlieb Fliedner

 

Mit Interesse habe ich die Berichte dreier Parlamentarierinnen über ihre Erfahrungen als Frauen im Bundestag gelesen und muss sagen – ich bin sehr ernüchtert. Ich dachte, wir seien in unserer Gesellschaft beim Thema Gleichberechtigung von Männern und Frauen schon weiter. Aber nein, offenbar entwickeln wir uns zurück! Oder vielmehr die Männer. Die Berichte von Emmi Zeulner, Claudia Roth und Josephine Ortleb erwecken bei mir den Eindruck, als seien Männer aller Parteien geradezu erleichtert, dass die AfD machohaftes Dominanzverhalten gegenüber Frauen wieder salonfähig macht. Da scheint man sich gerne anzuschließen! Dass das nicht nur widerwärtig ist in einer Gesellschaft, die sich zumindest vermeintlich gerne als modern und vielfältig präsentiert, sondern hier ganz offensichtlich auch ein unkultiviertes, ungezogenes Primatenverhalten Einzug hält, das als gebildet geltenden Menschen unwürdig ist, scheint den Herren Parlamentariern offenbar egal.

Von solchen Exemplaren möchte ich als Bürgerin eigentlich nicht vertreten werden. Hinsichtlich der AfD sind die Ausführungen der in Rede stehenden Parlamentarierinnen für mich im Besonderen aufschlussreich. Ist es nicht die AfD, die sich regelmäßig darüber beklagt, dass mit zunehmender Einwanderung von Migranten aus islamischen Ländern eine patriarchale Kultur nach Deutschland einwandert, die der Gleichberechtigung von Frau und Mann zuwiderläuft? Und nun muss ich also lesen, dass gerade die selbsternannten Hüter der Gleichberechtigung sich regelmäßig sexistisch und abwertend gegenüber Frauen im Parlament aufführen?! Nicht, dass es mich wundert, aber es bestätigt mein Bild von dieser doppelzüngigen rückwärtsgewandten Partei. Mein Dank und Respekt gilt allen Frauen wirklich demokratischer Parteien, die sich im Parlament diesem vorgestrigen, unterentwickelten Dominanzverhalten entgegenstellen. – Erika S. Becker

 

Ich bin wütend, einfach nur wütend, erfüllt von einer alles verzehrenden Wut, und das schon mein ganzes Leben lang. Einen riesigen Teil meiner Energie brauche ich jeden Tag, um mit dieser Wut zu leben, nicht vor lauter Hoffnungslosigkeit und Nicht-mehr-ertragen-Können Suizid zu begehen. Oder Genozid. Genauer: Virizid. Es geht nicht um Gender, es geht um Macht. Und Macht ist männlich. Selbst wenn das nicht in jedem individuellen Fall so ist, gilt es doch gesamtgesellschaftlich. Und hat Auswirkungen für jede einzelne Frau: machtlos sein. Ich kann noch so gut sein, noch so viel leisten, noch so sozial engagiert sein, noch so gut aussehen, noch so… eigentlich heilig sein: Macht wie ein Mann habe ich nie. Die Berichte von Frau Roth, Frau Ortleb und Frau Zeulner machen mich kurzfristig fassungslos, dann sofort wieder wütend: was hast du erwartet?

Dass es im Deutschen Bundestag anders ist? Frau Kellermann beneide ich um die Karrieremöglichkeiten, die sie im Körper eines Mannes hatte. Und Frau Rowling kann ich verstehen. Hier geht es meiner Meinung nach eben nicht um Gender oder Transphobie, sondern um Macht. Eine Frau im Männerkörper hat eine andere Macht als eine Frau im Frauenkörper. Und sicher gibt es einzelne, die diese Macht missbrauchen. Ich finde es legitim, sich schützen zu wollen. (Für alle, die glauben, das sei jetzt zu einfach: ja, ich habe es auf den Punkt Macht verkürzt…). Wie soll ich bloß leben mit dieser Wut? Jeden Tag mit den Trumps, Putins, Meiers, Müllers, Spahns, Weinbergs dieser Welt konfrontiert. – Monika Krabbe

 

Wenn man die Mitgliedschaft in einer Partei als Gradmesser für ernsthaftes politisches Engagement wählt, kommt man zum Schluss, dass sich „die Frauen“ weniger für Politik interessieren als „die Männer“. Vielleicht sitzen auch deshalb weniger Frauen im Bundestag. Übrigens gibt es „die Frauen“ und „die Männer“ hinsichtlich kollektiver Eigenschaften genauso wenig wie „die Araber“ oder „die Juden“. Da sind sich hoffentlich alle einig. – Dr. Christian Voll

 

Schlechte Bildung frisst ihre Kinder, leider immer wieder. Erstaunlicher- wie enttäuschenderweise bestätigt sich dieses Unding sogar in den höchsten Gestaltungsstätten unserer Demokratie. Jedenfalls konnten den von den Damen beschriebenen Protagonisten offenbar weder durch Elternhaus, Kindergarten, Schul- und Berufsausbildung noch durch eigenen „erwachenden Intellekt“ die Grundsätze würde- und sinnvoller Dialogführung sowie die basisdemokratischen Notwendigkeiten des gegenseitigen Respekts und aufgeklärter Dialektik vermittelt werden. Von der einen oder anderen ganz menschlichen – nicht geschlechtsspezifischen Ermüdungserscheinung – eines gewiss durchweg anstrengenden Arbeitstages abgesehen:

Sie, die Damen und Herren in den Parlamenten unserer Republik, sind gewählt und beauftragt von Menschen, die alle ihr Stimmrecht gleich und gerecht wahrgenommen haben wollen. Die zudem alle den Willen haben, dass hinsichtlich der (vermeintlich) kleinen und großen Probleme unter den Bedingungen der Vernunft stets um die besten Lösungen gerungen wird. Mögen sich hiernach gerne jene Herren und mutmaßlichen Mansplainer melden (ganz sicher unter erhöhter Aufmerksamkeit), die, zumal im 21. Jahrhundert, die Möglichkeit ausschließen, dass auch Frauen gute Politik realisieren können.

PS (was mich „in Sachen Zuhören“ seit geraumer Zeit mächtig nervt, wenngleich die Konditionen freilich deutlich andere sind): Gäste in Talkshows, denen ob ihres offenkundigen Desinteresses, ihres einprägsamen Langweilens an Mitgästen und deren Themen, bisweilen die Gesichtszüge geradezu entgleisen; meinen Beobachtungen zufolge geschieht dies indes geschlechtsunabhängig. Ein bisschen mehr optische Aufmerksamkeit darf also so gesehen geheuchelt werden. – Ira Bartsch

 

Die Aussagen der drei Abgeordneten sind ernüchternd. Es sollte dringend (vielleicht einhergehend mit der Verkleinerung des Parlaments) eine Frauenquote her. Das Präsidium des Bundestages könnte einige Änderungen beschließen/ zum Beschluß vorbereiten, welche dann unakzeptable Zustände verändern: zB die Redezeit von Politikerinnen um die Zeitspanne verlängern, bzw die Redezeit der männlichen Abgeordneten um die Zeit kürzen, die Männer mit Despektierlichkeiten verbringen während Politikerinnen reden! Schließlich finanzieren die Bürger nicht die Anwesenheit mancher Herren sondern die aktive und respektvolle Arbeit im Parlament! – Ralf Krieger

 

Unglaublich! Wenn parlamentarische Biedermänner wiederholt auffallen, dass sie Beiträge von Frauen verunglimpfen durch offensichtliches Sich- Abwenden und Erhöhung des Geräuschpegels mit ihrem Geschwätz, dann ist das _unentschuldbar_ für einen Volksvertreter, der seinen Job auch dem Votum von Frauen verdankt. – S. Creutzburg

 

Vielen Dank für Ihre Aufzeichnung der Stimmen der Frauen im Bundestag in der Zeit Nr. 39. „Der Fisch fängt vom Kopf her zu stinken an.“ Ich bin erschüttert über den offensichtlichen und aggressiven Sexismus im Bundestag. Vermeintlich Konservative, die selbsternannten Retter von Ehre und Anstand, beschmutzen und entehren Frauen öffentlich in unserem höchsten Haus. Kann ein männerübergewichtiger Bundestag jemals Chancengleichheit, Schutz und Wohlergehen unser aller Mütter, Großmütter, Ehegatten, Schwestern und (Enkel-)Töchter garantieren? Von (non-)verbaler zur körperlichen Herabwürdigung ist es nur ein kleiner Schritt. Offener oder versteckter Sexismus im Bundestag ebnet sexualisierter Gewalt gegen Frauen und Mädchen den Weg. Um diesem Einhalt zu bieten ist es höchste Zeit, dass paritätisch besetzte Bundes- und Landtage kommen. – Klaus Siersch

 

Danke für den Artikel Herr Dausend! Was haben die Mütter „dieser Jungs“ falsch gemacht? Meine beiden Söhne sind Mitte dreissig und Mitte vierzig: Keiner würde sich Frauen gegenüber so missachtend benehmen! Erziehungsarbeit in der „Aufzucht“ (klingt entsetzlich – ich weiss) – Aber das ist das A und O fürs spätere Leben, wird oft, sehr oft zu klein geschrieben. Es strengt an, und das über Jahrzehnte. Und wenn das versäumt wird, sitzten solche bzw. lümmeln diese unerzogenen HERREN auf unseren Parlamentsbänken herum. Ein trauriges Bild!! – Henriette Schade Hölz

 

Wäre es nicht mal an der Zeit, statt diese schwachen, greinenden Frauen zu zeigen, Frauen zu präsentieren, die Männern eins überbraten können ? Die Männern zeigen, wo der Hammer hängt ? Frauen wie Frau Merkel also ? Also STARKE Frauen, die für andere Frauen beispielgebend sein können ? Und warum unternehmen die Mädels im Bundestag nichts ? So kommt es jedenfalls in diesem Artikel heraus. Warum nehmen sie keinen Kommunikationsunterricht oder interessieren sich für Krisenmanagement ? Und bilden – natürlich !! – Netzwerke ?? – Dr. Verena Streitenberg

 


 

 

Leserbriefe zu „Wer hat Moria angezündet?“ von Anna Mayr

 

Ich zitiere Pierre Chaunu: „Ja, man muß dem Deutschen Volk sagen, dass es den Tod gewählt hat, und dass der Tod des großen und Intelligenten Deutschen Volkes der Tod Europas ist und das Unglück der Welt.“ Ihre Autorin Anna Mayr sollte den Spruch auf sich wirken lassen. Deutschland habe ich schon vor über 20 Jahren verlassen, weil ich damals erkannt hatte, daś Deutschland politisch auf dem falschen Weg unterwegs ist. Und die Armut war durch die Währungsumstellung in 2002 vorbereitet. Ich bin etwas vom Thema abgekommen. Die EU und ihre Mitglieder denken nicht daran, sich von Frau Merkel beeinflussen zu lassen. Die Flüchtlinge werden sich auf Deutschland konzentrieren. Die wissen längst, daß sie in Europa unerwünscht sind. Es war mit Ausnahme der syrischen Bewohner anfangs eine gerechtfertigte Hilfestellung. Bürger aus anderen Nationen wollten auch raus aus ihrer Armut.

Die haben schnell gemerkt, dass die deutsche Bundeskanzlerin alle Menschen, egal woher, auch willkommen sind. Unsere Regierung unter Merkel wird noch ihr blaues Wunder erleben. Wenn man liest, es stehen Millionen Ausländer auf gepackten Koffern. Und wer nicht erwünscht ist, wie jetzt in Moria, der lässt sich was einfallen, wie man doch noch nach Deutschland kommt. Auch diese Menschen werden noch Einlass finden. Das wird weitergehen, so lange wie Frau Merkel regiert. Die Moral und die Menschenrechte, die Frau Merkel gern vorlebt, dagegen ist kein Kraut gewachsen. Thomas Mann hat schon gesagt: „Die Deutschen sind unpolitisch, weil er grundsätzlich in moralischen Kategorien denkt.“ – Gunter Knauer

 

Wenn ich die verschiedenen Artikel über die Katastrophe in Moria zusammen fasse, dann lautet mein Fazit : Es wird immer Stimmen auf beiden Seiten geben, die sich die Schuld dafür gegenseitig zuschieben. Um sich der menschlichen Verantwortung und moralischen Pflicht zu entziehen, finden sich immer Ausflüchte. Dafür müssen dann eben die „Faschisten“ und die Flüchtlinge selbst herhalten. Man muss sich nur bewusst die Bilder dieser Tragödie betrachten, dann fragt man sich doch nicht mehr „Knallhart Kurs“ oder Zurückhaltung. Jetzt geht es um nacktes Überleben ! Die Obdachlosen können nicht darauf warten, bis sich die EU endlich zur Hilfe entschließt. Außerdem wird sich kaum die Haltung der Autokraten in den Ostblockstaaten zur Aufnahme von Flüchtlingen ändern. Einige Bürgermeister in den Bundesländer haben sich zur christlichen Hilfe und Übernahme entschlossen. Gut so, denn „Wir schaffen das“ ! Jetzt wird sich zeigen, ob den schönen Worten auch Taten folgen. – Hannelore Justin

 

Die Zeit hat drei Artikel zum Thema Moria verfasst. Einer davon sogar auf der Titelseite. Schade dass es dafür erst brennen musste. Die Artikel selbst waren gut recherchiert, durchdacht und es wurde viel über das politische Handeln (oder eigentlich Nicht-Handeln) philosophiert und prophezeit. Was aber keiner der drei Artikel gezeigt hat ist Menschlichkeit. Das es hier um grausame Schicksale vieler einzelner Menschen geht und um schwere Verstöße gegen Menschenrechte – und das der Bedarf nach Handlung absolut dringend ist und zwar schon seit viel zu langer Zeit, wurde kaum thematisiert. Stattdessen soll Deutschland nicht „einknicken“ und hat ja schon 2015 „Menschlichkeit“ gezeigt – reicht ja erst mal. Wenn die politische Position wichtiger ist als Menschenleben, läuft es mir eiskalt den Rücken runter. – Alena Scharrer

 

Seit dem verheerenden Brand am 9.September leben geflüchtete Menschen aus dem Camp Moria unter menschenunwürdigen, dramatischen Verhältnissen. Der deutsche Innenminister blockiert Hilfe für die Menschen in Moria und anderen Lagern an den EU-Außengrenzen, um sich hierzulande der rechten Strömung zu unterwerfen. Die HAMBURGER OMAS GEGEN RECHTS können und wollen diesem unerträglichen Elend nicht tatenlos zuschauen. Wir fordern daher von der Bundesregierung konkrete politische Handlungen: – Einreise aller geflüchteten Menschen aus den griechischen Lagern, – Ermöglichung von Asylanträgen der Einreisenden in den aufnahmewilligen Kommunen und Ländern, – nachdrückliches Engagement auf EU-Ebene, um sämtliche Lager an den EU-Außengrenzen aufzulösen, – sofortiges Ende der menschenverachtenden Politik der Abschreckung. Deutschland und die EU treten in der Asylpolitik Demokratie und Menschenrechte mit den Füßen. Die nächste Generation braucht Vorbilder in sozial verantwortlicher und demokratischer Politik, um die Fahne der Menschenrechte in die Zukunft zu tragen. Wir OMAS GEGEN RECHTS fordern einen menschenwürdigen Umgang mit den Geflüchteten an Europas Grenzen. Denn: Wir haben Platz in unserer Mitte. – OMAS GEGEN RECHTS HAMBURG-BÜNDNIS

 

Warum wird in ihren Artikeln zu Moria nicht deutlich gemacht, dass wohl kein Asylbewerber aus Moria nach Deutschland kommen wird? Die griechische Regierung hat nach ARD-Angaben deutlich gemacht, dass man nur anerkannte Asylberechtigte vom Festland abgeben wolle. Damit ändert sich die skandalöse Lage auf Lesbos nicht im geringsten und das soll sie wohl auch nicht. – Rainer Gilgen

 

Wenn man schon den Aufwand betreibt, eine Journalistin nach Lesbos zu schicken, dann ist es wirklich schade, wenn dabei ein Artikel herauskommt, der letztlich mit suggestiven Berichten aus dritter Hand die Gerüchteküche in richtige Richtung zu lenken versucht. Qualitätsjournalismus sieht anders aus. Genauso gut kann man wohl irgendeinen beliebigen Post auf Facebook lesen. Stelle ich mir zumindest so vor. Und wenn auch ich meiner Phantasie einmal freien Lauf lassen darf: vielleicht haben die Feuerwehrleute auf Lesbos gerade tatsächlich anderes zu tun, als misstrauische Journalisten zu beschädigten Feuerwehrautos zu führen. Ich weiß es natürlich auch nicht, aber ich kenne einen, der von einem anderen gehört hat, da seien gerade tausende von Menschen zu versorgen… – Christian Voll

 

In Ihrem Beitrag stellen Sie Ihre Moral voran. Fakten werden benannt, wenn sie einseitig, zielgerichtet bestimmte Verschwörungstheorien stützen. Um ein Problem unvoreingenommen zu betrachten, sollten aus meiner Sicht zuerst sämtliche Fakten auf den Tisch. Dazu gehören die Erfahrungen und Stellungnahmen der griechischen Politiker und Behörden. Sie beurteilen die Situation im Lager Moria offensichtlich von Ihren persönlichen Lebensumständen im mitteleuropäischen Klima, mit einer umfangreichen Infrastruktur. Aus dieser Perspektive wird in anderen Zusammenhängen leicht körperlich arbeiten als „schuften“ bezechtet und schwitzen ist unmenschlich. Dieser Eindruck entsteht entsteht auch in Ihrem Bericht, wenn Sie feststellen: „Es ist heiß. Menschen wandern mehrere Stunden durch die Sonne. … Aber nur in der Stadt gibt es etwas zu essen“ – welch eine Neuheit für Menschen aus Syrien, Irak, Afghanistan, Pakistan und Afrika auf einer griechischen Insel!

Zu den Fakten gehört, dass im Jahre 2018 etwa 5.000 Migranten in Moria waren. 2019 öffnete Erdogan die Grenze gegenüber Griechenland und stellte Busse für die Anreise von Migranten zur Küste bereit. Die Zahl der Migranten stieg allein im Lager Moria im vergangenen Jahr von 5.000 auf 20.000 Menschen. Gegenwärtig sind es etwa 12.500 Menschen. Die griechischen Behörden haben folglich in relativ kurzer Zeit in diesem einen von insgesamt fünf Lagern von mindestens 7.500 Migranten die Identität festgestellt, Anträge formuliert und abschließend positiv beschieden. Die Asylberechtigten wurden auf das Festland gebracht. Warum wird hierüber kein Wort verloren? Warum spricht niemand mit den griechischen Behörde für Asyl imd Migration?

Da Sie sich mit den Problemen der Migranten auf Lesbos befasst haben, kennen Sie offensichtlich den Anteil derer, die keinen Anspruch auf Asyl in Europa haben. Hierüber verlieren Sie ebenfalls kein Wort. Richard Jefferies (1838 bis 1887) stellte bereits fest: „Geben Sie sich niemals mit einem beliebigen Kreis von Perspektiven zufrieden, sondern sind Sie immer sicher, dass eine weitere noch möglich ist.“ Von dieser Warte betrachtet, lässt Ihr Beitrag viele Fragen offen. – R. Schmolling

 

Von grün bis rot Empörung, Erschütterung und verbale Anklagen. Das wars denn wieder zu Moria, zu den Morias dieser Welt. Ach , ja, symbolisch zeigt sich das christliche Deutschland und nimmt einige Menschen aus dem Elend auf. Wirklich Hilfe ist es nicht. Im Gegenteil es wird geduldet dass medial Stimmung erzeugt werden darf in Politformaten und Auftreten von Kritikern und Hassern. Die lautstark empörten PolitikerInnen dürfen und müssen sich fragen lassen, was sie kraft ihres hohen Amtes, ihrer demokratischen Gewalt und Regierens denn nun mehr als empörte Worte hervorbringen. Was ist dann Demokratie-und Menschenrechtsgeschrei wert, was ändert es? Was ändern die Ausflügevon Göring- Eckert und Co vor Ort des Elends?

Sie müssen sich fragen lassen, warum sie jederzeit aktiv und tatkräftig dabei sind Sanktionen und Strafen, Disziplinierungen und wirtschaftliche bis militärische Drohungen aufzubauen gegen Staaten und Regierungen, die sie angeblich auch der Menschenrechte wegen verurteilen. Von den regierenden Parteien ist wenig anderes zu erwarten, den Politik ist nicht Menschenrechts- sondern Interessensfrage. Gerade aber eine Linke, die mitregieren will, die muss sich der Frage konkret stellen, Antwort geben, oder geht sie unter wie schon Grüne? – Roland Winkler

 

Wenn wir den – ehemaligen – Lagerinsassen der (Feuer-)Hölle von Moria nicht endlich sinnvoll helfen, wenn wir also das jetzt nicht schaffen, dann haben wir „es“ nicht geschafft. Das Gewichten sachlicher und ethischer Gründe hierbei ist im Übrigen weniger linker Populismus, als vielmehr die profane wie christliche Achtung der Menschenwürde – und nicht nur die der Flüchtlinge. Oder anders herum: Wenn christliches Ansinnen populistisch ist, dann ist die Union allein ob ihrer gefälligen „C’s“ in den Parteinamen wegen populistisch.

Wehe uns Europäern, die wir auch dank der Gnade von Zeit und Raum unter recht friedlichen und gesunden Umständen unser Leben gestalten können, und die wir trotz allem bereits das temporäre Tragen einer Maske für eine außerordentliche Zumutung halten; wehe uns, wenn wir mal selbst auf die gesicherte Wahrung der Menschenrechte angewiesen sind. Schon klar, Politik sollte zuvorderst mit dem Verstand gemacht werden. Also, werte Damen und Herren, bitte sehr. Denn, was in Moria geschehen bzw. nicht geschehen ist, war freilich schon lange kein Ausweis (mehr) von politischer Betätigung, sondern der schrillende Hinweis auf absolute politische Notwendigkeiten.

Die europäische bzw. an der EU/von der EU profitierende Regierung, die selbst jetzt nicht, nach Jahren wabernder Schande bereit ist, wesentliche Mithilfe und Unterstützung zu leisten, gehört schlichtweg nicht in eine Gemeinschaft, die die Achtung der Menschenwürde preist und die sich durchaus als High-End menschlicher Zivilisation begreift. „They are humans, stupid.“ Zu „schlechter“ Letzt: Ganz gleich, wie viele vermeintliche Brandstifter die griechische Polizei (noch) verhaften wird; Wahrheit und Schuld dürften viel tiefer liegen, viel schmutziger sein und viel früher begonnen haben. – Ira Bartsch

 


 

 

Leserbriefe zu „Angeboren oder anerzogen?“ von Jochen Bittner und Georgine Kellermann

 

Entgegen der in diesem Artikel vertreten Auffassung bin ich der Auffassung, dass Geschlecht anerzogen ist. Geschlecht ist also Kultur und nicht Natur. Zunächst würde ich jedoch zwischen Geschlecht und Sexualität trennen. Die Antwort auf beide Fragen ist allerdings dieselbe, ohne dass es darum ginge, dass Homosexualität antrainiert sei. Denn m. E. beginnt die Prägung der menschlichen Persönlichkeit bereits im Mutterleib. So kann es durchaus sein, dass Frau Georgine Kellermann bereits als Frau zur Welt kam. In diesem Fall war die geschlechtliche Prägung im Mutterleib ausschlaggebend.

Ebenso verhält es sich mit der Homosexualität. Auch für diese kann die Prägung der Persönlichkeit im Mutterleib ausschlaggebend sein. Möglich ist jedoch auch eine Prägung der Persönlichkeit im Laufe des weiteren Lebens, die dazu führt, dass ein Mensch zunächst dem einen Geschlecht zugehörig ist und später einem anderen. Oder dass ein Mensch im Laufe des Lebens eine andere sexuelle Orientierung entwickelt als zuvor. Auch das ist dann nicht antrainiert, sondern Ergebnis der Persönlichkeitsentwicklung eines Menschen. Es wäre ein unzulässiger Eingriff in die Persönlichkeit eines Menschen, würde man dies von außen ändern wollen. Daher können wir dem gegenwärtigen Bundesgesundheitsminister für das Verbot der Konversionstherapie dankbar sein.

Im Übrigen scheint mir dies ein geeignetes Thema für die Zwillingsforschung zu sein. Hier wie dort geht es im Kern um die Frage, ob Menschen gleich sind, und damit auch um Machtfragen. Daher sollten die Ergebnisse einer solchen Forschung dennoch immer kritisch hinterfragt werden. Denn, wenn Forschung derart angelegt ist, dass sie das Ergebnis bestätigt, das man erreichen wollte, sagt ein solches Ergebnis nichts aus. Darüber hinaus muss selbstverständlich auch die Kritik an der Zwillingsmethode berücksichtigt werden. Lässt sich die Kritik beheben, könnte die Zwillingsforschung jedoch durchaus zu einer besseren Aufklärung dieser Frage beitragen. – Atefeh Shariatmadari

 

Danke für diesen anrührenden Briefwechsel! Ja, wer die Betroffenen direkt fragt, bekommt klare persönliche Antworten: „Ich bin Frau, weil ich es schon immer war.“ Oder: „Anerzogen – nicht angeboren – ist die Art und Weise, wie die Gesellschaft Frauen behandelt.“ Und ja macht auch „Studien“ daraus: Wie wirken diese beiden starken Motoren menschlichen Verhaltens bei anderen, auch sogenannten „Normalos“, was bestimmt jeweils ihr Verhältnis zu einander, wieviel „freier“ Wille bleibt dem Einzelnen, wird uns überhaupt bewusst… Forscht natur- und geisteswissenschaftlich, doch bitte soweit wie irgend möglich ohne ideologische Scheuklappen oder dogmatische Festlegungen vorher oder nachher! Gerade der Fall von Frau Kellermann zeigt: Das „Leben“, die „Natur“ oder die „Evolution“ kennt viele „Regeln“, aber wahrscheinlich keine ohne Ausnahmen.

Adornos gern zitiertes Diktum trifft einfach nicht zu: Es gibt ein „richtiges“ Leben im „falschen“ – ebenso wie ein „falsches“ im angeblich „richtigen“! Eins allerdings hätte ich gern noch von Frau Kellermann erfahren: War die Frage von Herrn Bittner in ihrer Situation und angesichts der öffentlichen Debatte um die gestellte Frage seit mehr als 100 Jahren wirklich so überraschend neu für sie, wie sie schreibt? Für mich jedenfalls, einen ziemlich „normalen“ Hetero (Eigen- und Partnerwahrnehmung), war sie bereits zu Schul- und Studienzeiten überlebenswichtig und lebensbestimmend – keineswegs immer nur zur eigenen Zufriedenheit. – Eckkhard Heumann

 

Das biologische Geschlecht ist eine Tatsache und keine Einbildung. Es ist aber nur ein Teil unserer Persönlichkeit. Daraus den ganzen Menschen abzuleiten ist Unsinn und nennt man Vorurteil. Ein richtiger Junge muß Fußball spielen? Und was machen dann die Mädchen, mit Puppen spielen? Ich kann diesen ganzen Geschlechterunsinn nicht mehr hören. Immer noch müssen Frauen sich dumme Sprüche anhören über Frauenfußball, das sie keine Ahnung von Technik haben usw. Mit dem Transgender wird wieder schön eingeteilt. Frauen sind so und Männer sind so. Was soll das? Ich trage Röcke und lange Haare, beschäftige mich nicht mit „Jungskram“ und fertig ist die Frau? Echt jetzt? Viele Frauen und Mädchen treiben Sport, sind bei der Freiwilligen Feuerwehr. Es ist endlich normal geworden das Frauen bei der Polizei und in der Bundeswehr dienen.

Und dann höre ich ständig das diese Menschen sich im falschen Körper fühlen und plötzlich haben sie andere Interessen und sind ganz anderen Menschen. So nach dem Motto früher war ich eine Junge der spielt Fußball, jetzt bin ich ein Mädchen das spielt nur mit Puppen? Das sind doch alles überholte Rollenklischees, die nichts mit dem Geschlecht zu tun haben. Ich interessiere mich nicht für Technik und will partout keinen Panzer fahren, und ist das jetzt Transgender? Weder meine Frau noch ich passen in eine dieser Schubladen, es nervt einfach nur. Was im Kopf steckt zählt, nicht was in der Hose ist. Wir sind keine Geschlechtsteile auf zwei Beinen. Angeboren oder anerzogen? Das Geschlecht, die Interessen und Fähigkeiten sind angeboren. Oder sagen sie zu Ihrem Sohn so hier haste ne Bohrmaschine mach ma? Und die Tochter bekommt einen Kinderwagen da hat’se was fürs Leben? Ne macht kein Mensch. – Olaf Goldschmidt

 

Danke für den Versuch, mit einem/einer besonders Betroffenen Licht ins Dunkel der geschlechtlichen Identität zu bringen. Mir fehlt aber das Vordringen zum Kern des Problems: Wenn ich fühle, dann fühle ICH, um Descartes zu paraphrasieren; manchmal sind es angenehme, manchmal unangenehme Gefühle und manchmal irgendwas dazwischen oder ganz neutral. Gefühle haben kein Geschlecht. Woher soll mein Wissen kommen, dass meine Empfindung (typisch) weiblich oder männlich ist? Das können doch nur gesellschaftliche Zuschreibungen sein (gender), die ich für mich übernehmen oder ablehnen kann. Körperschmuck und aufwendige Kleidung waren über lange Zeit, zumindest in den „gehobenen“ Gesellschaftschichten unangefochten auch die Domäne des Mannes.

Erst im 19. Jahrhundert hat sich die bürgerliche Persönlichkeit des Mannes in dunkles Tuch geworfen und die (Ehe-)Frau repräsentierte mit ihrem Putz den Status des Mannes. Was spricht also dagegen, wenn sich Männer genauso schmücken wie Frauen? Nichts. Genausowenig, dass Frauen den Schmuckcode der Männer übernehmen. Was also sind Frauen, was Männer? Besondere Menschen mit besonderen Fähigkeiten. – Udo Kroschewski

 

Danke, Jochen Bittner, dass Sie am Sonderfall „Transgender“ auch das allgemeinere Problem der Geschlechtsprägung des Menschen zu artikulieren versuchen (ZEIT No. 39). Natürlich geht es um die altehrwürdige Anlage-Umwelt-Debatte (nature-nurture), in der sich die feministische Genderforschung, biologische Aspekte weitgehend negierend, klar soziozentrisch, also dezidiert auf die (soziale) Umwelt bezogen positioniert. Aus heutiger biopsychologischer bzw. psycho-endokrinologischer Sicht ist diese Position kaum durchzuhalten. Vielmehr wissen wir, dass die normale maskuline Strukturierung, einschließlich der Ausbildung eines geschlechtstypischen Gehirns, beim XY-chromosomalen männlichen Föten ab etwa der 8. Schwangerschaftswoche hormonell über Testosteron bzw. seinen Metaboliten getriggert wird. Im chromosomalen XX-Fall erfolgt die weibliche Strukturierung – mit einem weiblichen Gehirn – entlang der Östrogen-Schiene. Dass es demnach männliche und weibliche Gehirnstrukturen gibt, ist für manche sicher überraschend und klingt politisch wenig korrekt, ist aber interdisziplinär gut belegt.

Aber auch aus anderer Perspektive wird die nature-Position der Geschlechtsidentität bestätigt. So haben wir, ein Forschungsverbund von Wissenschaftlern aus Bochum, Düsseldorf und Münster, nämlich gezeigt, dass nach vorgeburtlicher Belastung mit hormonell wirksamen Fremdstoffen aus der physischen Umwelt, den sog. „Umwelthormonen“, das von den Eltern beschriebene geschlechtstypische Spielverhalten von Mädchen und Jungen belastungsabhängig in atypischer Weise verändert wird: stärker belastete Jungen spielen „mädchenhafter“ und Mädchen entsprechend „jungenhafter“. Dass aber das hormonelle Milieu in utero einen erklärenden Bezug zur Transsexualität oder anderen atypischen Sexualentwicklungen haben könnte ist allenfalls plausibel, aber noch nicht belegt. – Dr. rer. nat. Gerhard Winneke, Dipl.-Psych. Prof. (em.) für Medizinische Psychologie

 

In einem widerspreche ich Frau Kellermann entschieden: Eine „Frau“ ist nichteine „Frau“ ist nicht eine „Frau“. Denn offensichtlich gibt es grundlegend verschiedene individuelle Definitionen des Begriffes. Für mich steht die biologische Definition eines Mannes oder einer Frau zum Beispiel nicht wirklich zur Debatte. Das hat übrigens auch einen Grund abseits der puren Rechthaberei oder der gedanklichen Trägheit. Wenn jedes Wort ab jetzt mit einem individuellen, jeweils „richtig gefühlten“ Inhalt belegt wird, wird eine wirkliche Verständigung unmöglich, da es keine gemeinsame semantische Basis mehr dafür gibt. Babylonische Verwirrung nennt man dieses altbekannte Phänomen, welches längst Eingang gefunden hat in die Gender-Debatten, und welches letztlich zu sinnentleerten, für alle Seiten unbefriedigenden verbalen Grabenkämpfen und zur Polarisierung führt.

Wenn Inhalte benannt werden sollen, für die in der historischen Sprachentwicklung noch keine Worte gewachsen sind, so wäre es im Sinne einer gewollten Verständigung besser, neue Begrifflichkeiten zu finden, als alte Worte zu „kapern“, also umzudeuten. Denn selbst wenn wir uns darauf einigen würden, dass ab sofort die seelische Identifikation Grundlage für die Geschlechterzugehörigkeit sein soll: Wie wollen Sie ab sofort die biologische Frau (oder den biologischen Mann) nennen? Wir brüchten dafür ein neues Wort, anderenfalls verordnen wir der Sprache einen blinden Fleck und damit ein echtes Tabu. Auch nach diesem gedruckten Frage-Antwort-Dialog ist das Geschlecht für mich eine (in den allermeisten Fällen) eindeutige genetische Vorgabe, die mit einem äußeren Erscheinungsbild und einer biologischen Funktionalität verbunden ist.

Ob jemand Mann oder Frau ist, ist – daran gemessen – in aller Regel genau so eindeutig, wie die Frage, ob Lassie ein Hund oder eine Katze ist. Wenn ich ganz ehrlich bin, fühle ich Frau Kellermann noch immer als Mann. Ich denke, auch ich habe ein Recht auf meine Gefühle. Frau Kellermann wird das vielleicht als Respektlosigkeit deuten. Ist es aber nicht. Warum soll ich nicht vor einem Mann, der sich eindeutig als Frau fühlt, genau so viel Respekt haben, wie vor einem Menschen, der sich auch seelisch mit seinem körperlichen Geschlecht identifiert? Ich erwarte in keiner Weise, dass jemand seine innersten Gefühle der gesellschaftlichen Erwartung anpasst. Darum geht es nicht. Wie Transsexualität (oder auch die im Artikel angesprochene Homosexualität) zustande kommt, ist letztlich nicht geklärt. Natürlich ist es nicht „antrainiert“.

Und vor allem lässt es sich offensichtlich nicht „umtrainieren“. Es ist individuelle Normalität, unabhängig von einer gesellschaftlichen Wertung. Ob Transsexualität oder Homosexualität allerdings in den ersten Anfängen vorbestimmt war, lässt sich nicht sagen. Genetische Vorgabe, epigenetische Determination, embryonale oder frühkindliche Prägung: all diese Mechanismen sind denkbar. Eine eindeutige genetische Vorgabe ist allerdings sehr unwahrscheinlich, da diesbezüglich schon viel gesucht, aber nichts gefunden wurde. Manche Leute glauben, eine Persönlichkeit gibt es schon, bevor ihr die befruchtete Eizelle Gelegenheit gibt, Fleisch zu werden. Das ist eine Frage der Religion. Wie in allen religiösen Fragen sollte man sich deswegen davor hüten, in dieser Frage eine „Wahrheit“ für sich zu beanspruchen.

Die Vorstellung, dass es einen Gott gibt, der einem aus Versehen oder aus unergründlichem Grund den falschen Körper zuteilte, ist für den einen ein Erklärungsmodell, welches sich gut und stimmig anfühlt, für den anderen eine völlig abstruse Idee. Das Thema der Transsexualität sollte genau so wenig tabuisiert werden wie das biologisch fast immer eindeutige Geschlecht. Für ein Gespräch braucht man eine gemeinsame Sprache. Wenn ich jemand von einem Mann erzähle, der sich als Frau identifiziert, werde ich meist inhaltlich korrekt verstanden. Wenn ich dagegen von einer Frau erzähle, die eigentlich aussieht wie ein Mann, weiß mein Gegenüber nicht unbedingt, wie das gemeint ist. Die Umdeutung von Worten mag durch ihren irgendwie auch provokativen Charakter eine notwendige Diskussion anregen. Konsequent vorangebtrieben wird diese unkonsentierte individuelle Umdeutung aber auch verhindern, dass diese notwendige Diskussion wirklich fruchtbar wird. – Dr. Christian Voll

 

Danke für den Versuch, mit einem/einer besonders Betroffenen Licht ins Dunkel der geschlechtlichen Identität zu bringen. Mir fehlt aber das Vordringen zum Kern des Problems: Wenn ich fühle, dann fühle ICH, um Descartes zu paraphrasieren; manchmal sind es angenehme, manchmal unangenehme Gefühle und manchmal irgendwas dazwischen oder ganz neutral. Gefühle haben kein Geschlecht. Woher soll mein Wissen kommen, dass meine Empfindung (typisch) weiblich oder männlich ist? Das können doch nur gesellschaftliche Zuschreibungen sein (gender), die ich für mich übernehmen oder ablehnen kann.

Körperschmuck und aufwendige Kleidung waren über lange Zeit, zumindest in den „gehobenen“ Gesellschaftschichten unangefochten auch die Domäne des Mannes. Erst im 19. Jahrhundert hat sich die bürgerliche Persönlichkeit des Mannes in dunkles Tuch geworfen und die (Ehe-)Frau repräsentierte mit ihrem Putz den Status des Mannes. Was spricht also dagegen, wenn sich Männer genauso schmücken wie Frauen? Nichts. Genausowenig, dass Frauen den Schmuckcode der Männer übernehmen. Was also sind Frauen, was Männer? Besondere Menschen mit besonderen Fähigkeiten. – Udo Kroschewski

 

Liebe Georgine Kellermann, herzlichsten Dank für Ihren Beitrag in der Zeit vom 17.9.2020, den ich mit großem Interesse gelesen habe. Ich bin der tiefen Überzeugung, dass eine Gesellschaft, die nicht nur das Zusammenleben, sondern auch das Privatleben seiner Mitglieder regulieren will, sowohl den einzelnen Mitgliedern Unrecht tut, als auch allgemein Schaden nimmt. Umso mehr freue ich mich über jede mutige Seele, die sich wie Sie nicht mit den Erwartungen der Gesellschaft abfindet, sondern trotz Gegenwind bereit ist, für ein aufrichtiges Miteinander einzustehen. Was das Gefühl betrifft, im falschen Körper geboren zu sein, begleitet mich seit langem eine heikle Frage:

Fühlt man sich in einem Körper unwohl, weil dieser die falschen biologischen Eigenschaften besitzt – oder weil die Gesellschaft einem Körper mit bestimmten körperlichen Eigenschaften eine bestimmte soziale Rolle zuschreibt? Wenn ich mich zu chirurgischen oder hormonellen Eingriffen entscheide, wechsle ich dann deshalb mein biologisches Geschlecht, um die soziale Rolle leben zu können, die mit meinem neuen biologischen Geschlecht verknüpft ist? Sie schreiben selbst, Frau zu sein, sei keine Frage äußerlicher Geschlechtsmerkmale. Die einzelne Entscheidung zu medizinischen Eingriffen in Frage zu stellen, maße ich mir nicht an.

In einer Gesellschaft, in der das soziale Geschlecht nach wie vor weitreichende Implikationen mit sich bringt, ist die Anpassung des biologischen Geschlechts möglicherweise der erfolgversprechendste Weg, sich selbst gerecht zu werden. Aber – nun endlich kommt die These, die mich grübeln lässt – würde eine wahrhaft aufgeklärte Gesellschaft es nicht jedem Menschen ermöglichen, diejenige soziale Rolle anzunehmen, die ihm am nächsten ist – unabhängig von den biologischen Merkmalen seines Körpers? Sollten wir nicht danach streben, eine solche Gesellschaft zu erreichen? – Lucas Fassnacht

 


 

 

Leserbriefe zu „Überheblich oder unterwürfig?“ Streit von ZEIT-LeserInnen und Marieluise Beck

 

In der neuesten Ausgabe der ZEIT schreibt ein Herr Clausmeyer in einem der auf Seite 10 zitierten Leserbriefe zu Russland etwas von der „von Jelzin verschenkten Krim“. Dieser Gedanke war mir völlig neu; immerhin stieß ich durch eigene Recherchen auf einen Sachverhalt, der diese Formulierung gerade noch rechtfertigen kann: „In den Neunziger Jahren gab es schon einmal einen Moment, 1993/94, als es auf der Krim zu einem Konflikt hätte kommen können. Das ist aber entschärft worden. Und das hat in großem Maße damit zu tun, dass Russland unter Boris Jelzin diesen Anspruch nicht formuliert hat und sich auf Verhandlungen eingelassen hat.“ (mdr.de, 2017, siehe https://www.mdr.de/heute-im-osten/krim-zankapfel-interview-gwendolyn-sasse-100.html). Wenn man die Bereitschaft zu Verhandlungen als „Verschenken“ ansehen will, ist die Formulierung vielleicht gerade noch vertretbar. Aber normalerweise denkt man beim Sprechen vom „Verschenken“ der Krim an Chruschtschow, siehe z.B. hier: https://www.zeit.de/politik/ausland/2014-03/russland-ukraine-geschichte/seite-2Aus meiner Sicht wäre es hilfreich gewesen, wenn dieser Sachverhalt dem Leserbrief als erläuternde Fußnote nachgestellt worden wäre. – Corinna Friesen

 

Unbeabsichtigt ehrlicher kann Ihre Positionierung zu den Leserbriefen auf einen Leitartikel von Jörg Lau vom 10. September („Ende der Illusion“) eigentlich kaum sein. Offensichtlich gehen Sie davon aus: „Wer nicht so tickt wie wir, der kann ohne Zweifel nur einen Tick haben.“ Haben Sie keine Bedenken, ob der von Ihnen beanspruchten Förderung des freien Geistes wirklich mit maßloser Selbstgewissheit, Bigotterie, erstaunlicher meinungsbildender Uniformität und Starrheit sowie Abwesenheit von auch jeglichem fragenden Zweifel ein liberaler Dienst zu erweisen sei? Was halten Sie, liebe und zum Teil auch öffentlich geförderte DenkfabrikantInnen, demgegenüber zum Beispiel von einem Zitat des ehemaligen CDU-Generalsekretärs Heiner Geißler: „Wo alle dasselbe denken, wird nicht viel gedacht.“ oder insbesondere vom zentralen Motto, das eine große Berliner Tagezeitung über ihre journalistische Arbeit gestellt hat: „Rerum cognoscere causas“, in Anlehnung an die immerhin schon seit zweitausend Jahren (und inzwischen auch für den Bereich der Meinungsbildung) verfügbare Erkenntnis: „Glücklich, wem es gelang, den Grund der Dinge zu erkennen. – Vergil, Georgica 2,490“`? Bernd Nickel

 

In 75 Zeilen einen Standpunkt und eine klare Meinung so zu vertreten, wie es Frau Beck gelungen ist, habe ich selten gelesen. Politiker brauchen dazu in Talkshows Stunden und schaffen es nicht. Schon der einleitende Satz: „Das Russlandbild vieler Deutschen ist geprägt von Schuld…“, bringt die Sache auf den Punkt. Gezuckt habe ich bei: „In der deutschen Pädagogik herrscht eine irritierende Zrückhaltung, die Schreckensbilanz zu thematisieren, vielleicht weil sich Lehrkräfte nicht dem Vorwurf aussetzen wollen, die NS-Verbrechen zu relativieren“. Das trifft es genau, das habe ich in meiner Schulzeit genauso erlebt. Da hat sich keiner ran getraut, denn „wir“ waren ja Schuld. Es ist noch immer ein Tabuthema, was sich auch in dem Umfrageergebnis wiederspiegelt:

66 Prozent sind laut Umfrage der Meinung, dass das Thema Stalinismus während ihrer Schullzeit nicht ausreichend behandelt wurde. Relativiert, wie Beck schreibt, muss da nichts werden. Aber fast zwei Generationen später, darf man das auch in Schulen darüber sprechen, was in Russland unter Stalin passiert ist. Das angespannte Verhältnis zu Putin wird sich auf absehbare Zeit nicht ändern – im Gegenteil. aber wenn endlich nach dem Motto: Bangemachen gilt nicht – Politik mit Russland betrieben wird, kann sich etwas ändern. Solange aber die Spannungen der Europäer mit Amerika anhalten, wird sich da nichts tun. Jeder alleine ist zu schwach, Putin die Stirn zu bieten. – Lutz Herzog

 

Da ich befürchte, dass Sie wieder allerlei ungerechtfertigte Kritik erhalten werden, möchte ich Sie mit meiner Nachricht unterstützen. Ich kenne Russland besser als die meisten Deutschen: Ich habe selbst 5 Jahre in der untergehenden Sowjetunion gelebt und bin mit einer ehemaligen Sowjetbürgerin seit 32 Jahren verheiratet. Ich reise regelmässig in das Land und nutze russischsprachige Medien. Die Stellungnahme von Frau Beck ist überaus zutreffendund lässt sich ausgiebig belegen. Das Putinsche Regime ist zu einer der grössten Herausforderungen des demokratischen, liberalen Rechtsstaats und Gemeinwesens in Deutschland und Europa geworden. Es ist in diesen Zeiten der verbreiteten gezielten Fehlinformation wichtig, einen klaren Kopf zu behalten und die Wahrheit nüchtern zu benennen, wie es im Beitrag der Autorin geschieht. – Jan Backmann

 

“Haben die Deutschen einen Russland-Tick ?” Offensichtlich. Sie betrachten Russland als ihren Erzfeind (wie bis Mitte vorigen Jahrhunderts Frankreich). Verstaendnis fuer die russische Seite zu aeussern ist ein Fauxpas. Man sieht es an der ehemaligen Moskau-Korrespondentin der ARD, Krone-Schmalz: Seit Veroeffentlichung ihres Buches “Russland verstehen” ist sie von der journalistischen Buehne verbannt. – Hermann Weigmann

 

Das Verhältnis zu Russland muss man, so auch meine Meinung, differenziert betrachten und beurteilen. Allerdings, was ich in der letzten Ausgabe als entgegnenden Beitrag der Autorin Marieluise Beck zu den linksseitig abgedruckten Lesermeinungen las, erinnert mich als gelernten DDR-Bürger in seiner Diktion stark an Karl-Eduard von Schnitzler. Der agitierte nach dem Prinzip, nur die andere Seite, aus seiner Sicht der Westen ist böse. Aus Sicht der Autorin Beck sind nur Russland und Putin die Bösen. Damals war kalter Krieg und der ist zum Glück vorbei! Oder doch nicht? – Detlev Lehmann

 

Berichtigung des Leserbriefes von Herrn Wolfgang Clausmeyer. Die Krim wurde 1954 unter der Regie von Nikita Chrustschow an seine Heimat, die Ukraine, übergeben/angegliedert. Natürlich war das zu dieser Zeit alles Sowjetunion. Boris Jelzin hatte nach dem Zerfall der Sowjetunion nichts mehr zu „verschenken“. – Hartmut Wagener

 


 

 

Leserbriefe zu „Der Busen als Brust“ von Christine Lemke-Matwey

 

Sie argumentieren wie die Müttergeneration der vielgescholtenen Babyboomer, denen erfolgreich in den Geburtskliniken gesponsert von Nährmittelherstellern eingeredet worden war, dass Stillen unsauber, ungesund und unästhetisch sei. Ach unsere armen Mütter ! So ein schlechtes Verhältnis zum eigenen weiblichen Körper! Wir die Töchter befreiten uns stolz davon. Legten unsere BH`s weg und hatten einen freien Umgang mit unseren Brüsten. Einige wurden später Mütter andere nicht. Ich kann für meinen Teil sagen, mich haben stillende Frauen nie gestört. Als späte Mutter habe ich zwei Töchter gerne und überall und völlig ungeniert gestillt. Die Sache ist ja ganz einfach: Stillen ist die bequemste Angelegenheit der Welt für eine Mutter und das Baby. Gestört hat mich dagegen schon immer eine männlich sexualisierte Betrachtungsweise des weiblichen Körpers. Stehen Sie doch zu Ihrem Körper und allen seinen Attributen. Befreien Sie sich von dem Sexismus einer patriarchalen Welt, die Ihnen das Leben diesbezüglich schwer zu machen scheint….. – Susanne Pohlmann

 

Ich als Gestillt-Habende und Mutter, mittlerweile Großmutter- Seiende finde den Vorgang des Stillens auch ästhetisch, nicht unbedingt in der Öffentlichkeit aber auch nicht mehr hinter verschlossenen Türen. Ich weiß nicht, wo Christine Lemke-Metwey wohnt, aber in meiner Kleinstadt (Provinz zwischen Franken und Thüringen) ist dieser Hype seit 10 Jahren vorbei. Wir haben in Coburg auch genügend Kinder, vor 3 Jahren reichten nicht mal die Entbindungsstationsbetten, Kinder sind in meinem zum Teil intellektuellen Umfeld schon lange kein Minenfeld mehr. Noch ein Wort zur Brust oder deren Größe: Sowohl in meiner Generation als auch heute haben schlanke Frauen nach, manchmal sogar während des Stillens eine Mädchenbrust. Ich stellte auch mit Verwunderung fest, dass Frauen ohne Kinder dann ab 30 eine große Brust haben, prominente Beispiele gibt es.

Wie kommt Frau Lemke darauf, dass eine“ Stillende“ oder irgend eine Frau optimale Gleichberechtigung in Sachen Stillen haben möchte? Nein sie selbst kann nichts dafür, dass Männer nicht stillen. Der Gesamteindruck dieses Artikels: Wenn Frauen, die keine Kinder haben oder haben wollen, sich nicht mehr interessant genug wegen dieser ihrer Entscheidung finden, dann muss irgend ein Thema her, das wieder Aufmerksamkeit bringt. – Brigitte Faber

 

Respekt, mutig, mutig. – Dr. Gernot Henseler

 

Die Muttermilch, die nach der Beschreibung von Frau Lemke-Matwey im Restaurant aufs Tischtuch tropft, erinnert mich an die Zwangsvorstelung von Adolf Süsterhenn, der 1961 die „Aktion Subere Leinwand“ ins Leben rief und als Begründung erklärte, man müsse sich nur Geschlechtsverkehr auf öffentlichen Plätzen vorstellen. – Lutz Landorff

 

Heute Morgen las ich Ihre Kolumne mit dem Artikel „Der Busen als Brust“ und war ehrlich gesagt sprachlos über die Position der Autorin, die stillenden Müttern die Teilnahme am öffentlichen Leben quasi versagt. Die Autorin zeigt mit ihrem Beitrag, dass sie sich mit der weiblichen Brust nicht wirklich auseinandergesetzt hat. An allererster Stelle dient die weibliche Brust der Ernährung von Babys und Kleinkindern. Erst durch die Sexualisierung der Brust ändert sich unser Schwerpunkt in der Wahrnehmung. Die Brust als Lustobjekt ist omnipräsent, in den Medien oder in der Werbung, wird als eye catcher genutzt, denn „sex sells“.

Liebe Frau Lemke-Matwey, in meinen Augen wirken die Erlebnisse, die Sie schildern, sehr extrem. Als in der Öffentlichkeit stillende Mutter wäre dies nicht mein Stillstil. Ja, auch ich habe schon in der Trage gestillt, als mein Baby noch ein Neugeborenes war, doch bemerkte dies sogar im Supermarkt niemand. Die Alternative wäre es gewesen, dass ich mich entweder daheim verkrieche oder mein Kind im Supermarkt brüllen lasse. Ein für mich nicht akzeptables Verhalten. Ja, ich bedecke mein Kind nicht, da Stillen DIE natürliche Ernährungsform eines Babys ist. Das Abdecken des Kindes ist für mich eine genauso irrsinnige Forderung, wie wenn ich von einem Erwachsenen im Restaurant verlangen würde, beim Essen die Serviette vors Gesicht zu halten. Macht niemand!

Dennoch setzen sich die meisten Frauen, so auch ich, nicht demonstrativ in den Mittelpunkt und packen ihre Brust komplett aus. Sie suchen sich, gerade schon den Kindern zuliebe, meist ein ruhiges Örtchen, dort wo sie gerade sind, um möglichst ungestört das Kind zu ernähren. Das mag im Restaurant ein ruhiger Tisch sein, im Park eine Bank. Im Kleidungsgeschäft eine Umkleidekabine oder aber auch eine Seitenstraße, wenn gerade nichts Bequemeres zur Verfügung steht. Damit schaukeln sie mindestens zwei Dinge, ihre Babys und die Teilnahme am öffentlichen Leben. Für mich ist es absolut inakzeptabel, dass Stillende sich bitte verstecken und daheimbleiben oder nur raus gehen sollen, wenn das Baby oder auch Kleinkind gerade definitiv keinen Hunger nach Milch haben wird.

Was quasi nie der Fall ist, wie die meisten Eltern höchstwahrscheinlich wissen oder noch dunkel erinnern. Artikel wie der Ihre machen es Frauen immer noch schwer, in der Öffentlichkeit zu stillen. Teilweise verkriechen sich Frauen sogar auf Toiletten um nicht angegangen oder genötigt zu werden. Würden Sie gerne Ihre Mahlzeiten dort einnehmen? Wenn wir Gleichberechtigung für Frauen in unserer Gesellschaft wirklich möchten, dann ist es zwingend nötig, dass unsere Gesellschaft auf die Bedürfnisse von diesen 50% der Bevölkerung eingeht und Frauen in allen Lebenslagen sichtbar sind und bleiben. – Jennifer Moosheimer

 

Nachdem ich Frau Lemke-Matweys zu Buchstaben gewordene Schnappatmung gelesen hatte, schossen mir zwei Fragen durch den Kopf. Erstens, was will sie damit ausdrücken, hat sie ein Problem grundsätzlich mit Babys oder dahingehend dass auch junge Familien am öffentlichen Leben teilnehmen wollen? Zweitens, gibt es – wenn man einmal die alltäglichen Nachrichten reflektiert – tatsächlich nichts Wichtigeres, als sich pseudomoralisch über einen der normalsten Vorgänge zu erheben? So tacuisses, philosopha mansisses. – Ulrich Bostelmann

 

Vor einigen Jahren durfte/musste ich in einem Bistro miterleben, wie eine Mutter ihr Baby auf dem Tisch der Terrasse wickelte. Ähnliches habe ich in einer Bäckerei mit Sitzgelegenheit erlebt; gut erkennbar am Geruch nach Windel und Penaten. Die Peinlichkeit bleibt beim Betrachter. Fragt sich nur, ob der eigene Küchentisch ähnlich herhalten muss, um wenige Minuten später der gemeinsamen Mahlzeit mit Freunden zu dienen. Man möchte es nicht wirklich wissen. – Claudia Westermann

 


 

 

Leserbriefe zu „Wer hat, dem wird gegeben“ von Marc Widmann

 

Vorab: Mehrwertsteuer ist kein Synonym für Umsatzsteuer, sondern eine spezielle Form der Umsatzsteuer. Bis 1967 zahlte jedes gewerbliche Unternehmen auf den gesamten Umsatz einen bestimmten Umsatzsteuersatz, differenziert nach Produktion, Groß- und Einzelhandel. Dies förderte die Konzentration der Wirtschaft, da zum Beispiel Warenhauskonzerne und Versandhäuser Groß- und Einzelhandel in sich vereinten und daher nur einmal Umsatzsteuer anfiel. Auch Industriebetriebe, die alle Produktionsstufen, möglichst von den Rohstoffen bis zum fertigen Produkt, selbst erledigten, sparten Umsatzsteuer. Im Durchschnitt lagen auf dem Endprodukt 10% Umsatzsteuer. Um die weitere Konzentration der Wirtschaft abzubremsen wurde 1968 die Mehrwertsteuer eingeführt, der Steuersatz aber noch vor der Umsetzung von 10 auf 11% erhöht (wegen der damaligen Rezession brauchte der Staat mehr Einnahmen).

Nun konnte der Unternehmer die von ihm gezahlte Steuer auf die Vorprodukte von der eingenommenen Steuer abziehen und nur den verbleibenden Betrag ans Finanzamt abführen. Im Ergebnis zahlt der Unternehmer auf den von ihm erwirtschafteten Mehrwert die anteilige Umsatzsteuer ans Finanzamt. Nur der Verbraucher kann keine Vorsteuer geltend machen. Daher ist die Mehrwertsteuer klar eine Verbrauchssteuer. Komplizierter wird es dadurch, dass für manche Produkte (insbesondere Lebensmittel) ein geringerer Steuersatz gilt, manche Leistungen mehrwertsteuerfrei sind (z.B. Leistungen der Humanärzte). Anfangs erhielten die Bauern den für Lebensmittel geltenden Steuersatz. Modellrechnungen ergaben, dass dadurch die von ihnen zu tragende Steuer auf die Vorprodukte (zum Beispiel Düngemittel, Maschinen) gerade ausgeglichen ist.

Der Staat bot daher die Pauschalierung an, wodurch ihm insgesamt keine Steuereinnahme entging, er aber mehrere tausend Beamte weniger benötigte. Landwirte, die durch diiese pauschale Regelung benachteiligt waren, konnten für das Abrechnungsverfahren optieren (lohnend bei großen Investitionen). In über 50Jahren wurden die Steuersätze mehrfach geändert (meist erhöht), auch der Satz für die pauschalierenden Landwirte. In der Landwirtschaft sank die Gewinnrate (in % vom Umsatz); dies bedeutet, dass zur Erreichung eines bestimmten Gewinns ein höherer Umsatz generiert werden muss. Um den höheren Umsatz und den dadurch erhöhten Arbeitaufwand überhaupt schaffen zu können, müssen mehr industrielle Vorprodukte (Maschinen, Betriebsvorrichtungen, bauliche Anlagen, Gebäude) eingesetzt werden. Beide Tendenzen bewirken, dass die Vorsteuerbelastung der Landwirte in Relation zum Umsatz steigt und damit auch der pauschale Steuersatz. Ob dieser richtig berechnet ist, war mehrmals umstritten.

Nun zum Aktuellen: Wenn Herr Foldenauer, der eine Landwirt, den Sie aufgesucht haben, meint, die Umsatzsteuererklärung sei ein Knopfdruck, so mag dies für ihn zutreffen (falls er die Buchführung tatsächlich persönlich macht und die Steuerbeträge gesondert erfasst), nicht aber für das Gros der Landwirte. Zunächst sind bei jeder Rechnung der Nettobetrag und der Steuerbetrag gesondert zu buchen. Die Anzahl der Buchungen verdoppelt sich dadurch fast; bei aktivierungspflichtigen Wirtschaftsgütern (Maschinen, Gebäuden…) war auch bisher schon die Mehrwertsteuer gesondert auszuweisen. Wenn bisher der Datenerfasser der Buchstelle im Rhythmus von ein bis zwei Monaten auf den Hof kam, so muss er nun in der ersten Woche eines Monats (bis zum 10. des Monats) alle Umsätze des Vormonats erfasst haben.

Dies kann er nur, wenn er (bei 50 bis 60 Klienten) etwa jede Woche jeden Betrieb erfasst. Der Organisationsaufwand und die Reisezeiten vermehrfachen sich. Oder der Landwirt (oft seine Frau oder Schwiegertochter) bucht die ständig wiederkehrenden Vorgänge selbst und die Buchstelle ist nur für die schwierigen Vorgänge, den Abschluß und die Steuererklärung zuständig. Ein weiteres Problem ist, dass Landwirte meistens für ihre verkauften Produkte keine eigene Rechnung erstellen, sondern von ihrer Molkerei, Viehhändler, Zuckerfabrik etc. mit zeitlicher Verzögerung eine „Abrechnung“ erhalten, für die Milch zum Beispiel für den vergangenen Monat erst, wenn die Umsatzsteuererklärung schon beim Finanzamt sein sollte.

Unter einer bestimmten Umsatzgrenze ist die Umsatzsteuererlärung vierteljährlich abzugeben. (Übrigens gibt es für weitere Branchen Erleichterungen; §23 Umsatzsteuergesetz) Die von der Regierung angestrebte Begrenzung der Durchschnittssatzbesteuerung bis zu einer bestimmten Umsatz-/ Gewinngrenze halte ich für angebracht. Sollten Bundestag und Bundesrat aber anders entscheiden, so wird dies das Höfesterben noch beschleunigen. – Adolf Ronnenberg

 

Ich lese gerade in der aktuellen Ausgabe der Zeit den Bericht über die Steuersubvention der Landwirte von Marc Widmann. Darin stellen Sie in einer Graphik das sog. Ferkelkarussel dar. Die grds. Aussage ist richtig und das Modell seit Jahren bekannt. In der Graphik hat sich meiner Meinung jedoch ein Fehler eingeschlichen. Der Mäster kann aus der Rechnung des Viehhändlers sich nur die Vorsteuer in Höhe von 7% bzw. aktuell 5% zurückholen. – Sascha Drees

 

Auf der Seite 23 ist im lila Kasten ein Fehler enthalten. Der Mäster zahlt richtigerweise 7,0 % USt an die Viehhandelsfirma. Er würde sich dann diese 7%vom Finanzamt zurückholen. Unterhalb des Blocks MÄSTER steht jedoch, dass er sich 10,7% vom FA zurückholt. Das ist falsch. Ansonsten ist es ein sehrguter Artikel. – Norbert Steger

 

Bekam die Zeit zum lesen. Recherche ist immer richtig. Die Interpretation manchmal falsch. Pauschalierter bekommt 10,7% und zahlt 7 bzw. 19% keine Verrechnung. Optierender zahlt 7 bzw. 19% bekommt 7 oder 19% und verrechnet, wie jeder andere Unternehmer. Die ca. 300€ pro /ha Ausgleichszahlung sind ein Relikt aus der Umstellung zur Marktwirtschaft. Die Politiker haben vergessen diese Zahlungen einzustampfen. – Hans-Jürgen Scheele

 


 

 

Leserbriefe zu „Macht ihr mal“ von Mariam Lau und Paul Middelhoff

 

Bei aller Betroffenheit über die Einzelschicksale Geflüchteter in griechischen Insellagern sollte der kritische Beobachter eins nicht vergessen: Bereits im April ist deutlich geworden, dass Deutschland so gar keinen Einfluss auf die Auswahl „seiner“ minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge hat. So waren die meisten der Aufgenommenen keine Kinder mehr, sondern über 14 Jahre alt und älter und männlich. Angeblich gab es kaum Mädchen, die unseren Schutz sicherlich dringender gebraucht hätten. Der kritische Beobachter dieser Tage möge seine eigenen Schlüsse daraus ziehen. Kürzere Asylverfahren vor Ort, Einflussnahme der EU auf Griechenland und die Türkei, humanitäre Hilfen für die Lager wären vielleicht doch die bessere Lösung, zumindest der erste „grüne“ Schritt! – Sylvia Heger

 

Auch im Hinblick auf die Vergangenheit Deutschlands ist es erstens eine humanitäre Pflicht zu helfen sogut man kann. Sogar wenn andere europäische Länder nur mühsam zu gemeinsamem Handeln zu bewegen sind. „Will man einen Teich trockenlegen darf man nicht die Frösche fragen.“ Aber das ist nur eine Seite der Medaille. Genauso wichtig ist zweitens die Schleuser dingfest zu machen. Und drittens darf man nicht durch subventionierte Wirtschaftsförderung in Deutschland und EU die heimische Wirtschaft der sog. dritten Welt unterlaufen und lokale Strukturen zerstören. – Thomas Miesel

 

Frau Merkel und Herr Seehofer haben gerade wieder mal ihre Unglaubwürdigkeit bewiesen, daran sollte man sich bei der nächsten Wahl erinnern. Warum lässt man die Griechen nicht selbst entscheiden was zu tun ist, so dumm sind die gar nicht. Ich verstehe auch nicht das jetzt jeder Trottel nach Griechenland reisen muss um sich ein Bild zu machen. Jeder soll erstmal den Dreck vor der eigenen Tür wegfegen. – Liane Hampel

 

Flüchtlingspolitik sollte im Zusammenhang mit Einwanderungs- und Integrationspolitik gesehen werden: In der aktuellen Diskussion wird oft vergessen, dass Deutschland mit seiner vergleichsweise großzügigen Flüchtlingspolitik nicht nur humanitär, sondern auch zum eigenen Nutzen und Vorteil handelt. So kann durch die Aufnahme von Migranten mittel- und langfristig einem Fach- bzw. Arbeitskräftemangel sowie einer Überalterung unserer Gesellschaft entgegengewirkt werden – vorausgesetzt man verfolgt eine konsequente, auch fordernde Integrationspolitik. Dieser Nützlichkeitsgedanke mag Menschen mit humanitärer Gesinnung angesichts der katastrophalen Situation auf den griechischen Inseln unangemessen vorkommen, könnte aber einige europäische „Nein-Sager“ zum Nachdenken anregen. – Klaus Botzenhardt

 


 

 

Leserbriefe zu „Der Wahr-Sager“ von Thomas E. Schmidt

 

D’accor, persönlich und begrifflich erstaunlich mutig haben Sie uns Ihren Lesern erklärt, was den sagenhaften Erfolg von Ferdinand von Schirach ausmacht. Danke. – Dr. Gernot Henseler

 

Korrektur- im Buch Gott v. F v. Schirach geht es nicht um den Freitod von Frau sondern von Herrn Gärtner. Seine Ehefrau Elisabeth ist vor 3 Jahren gestorben u. er möchte ihr aus freien Stücken u. mit Hilfe seiner HÄ sterben. –Dr. D. Brügge

 

Ich habe ein oder zwei Bücher von Ferdinand von Schirach gelesen. Im Gegensatz zum Artikel von Thomas E. Schmidt kann man bei F. von Schirach auch schon beim ersten Durchlesen den Inhalt verstehen. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil, wenn am Sonntagmorgen nicht um sehr komplexe Fachliteratur geht. – G. Kellersmann

 

Was macht den sagenhaften Erfolg von Ferdinand von Schirach aus?, fragt DIE ZEIT. Ganz einfach: Er berührt die Leser. Laut Schirach selbst sei dies das einzige Kriterium, das beim Schreiben wirklich zähle. Schirach urteilt nicht, er beschreibt und beobachtet nur. Seine Sprache ist von einer tollen Präzision gekennzeichnet. Schirach bringt die Leser dazu, zu verstehen, dass es immer Menschen mit unterschiedlichen Problemen und Lebensgeschichten sind, die hinter einem Verbrechen stehen. Er verteidigt in seinen Büchern die Würde des Menschen. Sein neues Werk GOTT behandelt ein hochaktuelles Thema auf eine interessante Art und Weise. Auch bei der Frage „Wie wollen wir sterben?“ gilt es, die Würde des Menschen zu verteidigen. Ich habe all seine Bücher gelesen – und sie haben mich alle berührt. – Alexander Andrée

 


 

 

Leserbriefe zu „»Unter Mädchen ist man freier«“. Gespräch mit Monika Grütters geführt von Mariam Lau und Martin Spiewak

 

Das Interview mit Frau Grütters ist Ihnen in dieser Dreieinigkeit bestens gelungen, gute Fragen und mindestens ebensolche Antworten; Frau Grütters hat uns Ihren Lesern gutes und wahres Kulturgut auf überzeugende Art erläutert. – Dr. Gernot Henseler

 

Die Authorin glaubt ,man ist da freier. Da irrt sie. Auf diesem Planeten endet Freiheit immer beim nächsten höhereren Vorgesetzten.Im Falle der jungen Damen auf der Schule ohne Jungs beim Lehrpersonal. Da soll man penibel sein damit,was für Klamotten die jungen Damen tragen,wie man hört.Wenn es denn stimmt? Aber egal,Freiheit gibt nirgends. Der Saügling wird ja auch nicht gefragt,ob er getauft werden will oder nicht. – Hans-Emil Schuster

 

Die Zeit vom 17.09.2020, S. 46: „Monika Grüters ging aufs Nonnengymnasium. Heute ist sie Staatsminiserin für Kultur.“Ich verstehe: DIE ZEIT sorgt sich um die Zahl ihrer Leser und Abonnenten. Aber gerade deshalb sollte sie nicht dem Vorbild der BILDZEITUNG nacheifern und mit vulgär-prägnanten Schlagzeilen auf Leserfang gehen. Ein Beispiel dieser propagandistischen Technik lese mich in der Ausgabe vom 17. September: „Monika Grüters ging aufs Nonnengymnasium. Heute ist sie Staatsminiserin für Kultur.“ Vertretbar wäre dieses subtil werbende Statement allenfalls, wenn es durch andere Überschriften neutralisiert würde, etwa: „Vanessa Seifert ging aufs Nonnengymnasium. Heute geht sie auf den Strich“ oder „Jana Moldau ging aufs Nonnengymnasium. Heute sitzt sie in der Klapse.“ – Prof. Dr. mult. Kurt Guss

 

Seit Beginn der Corona-Krise warten unzählige Künstler, Techniker und freiberufliche Kulturschaffende auf Antworten von Frau Grütters: Wie geht es weiter mit der Kultur? Was tun gegen die Existenzängste? Im Interview stattdessen: eine ganze Seite Selbstdarstellung der Staatsministerin und nicht eine einzige Frage zu den brennenden Themen dieser Zeit. Sehr schade. – Manuel Ohlemeyer

 


 

 

Leserbriefe zu „Sie wollen uns zermürben“ von Josef Joffe

 

Der Artikel „Sie wollen uns zermürben“ beschreibt mit nostalgischem Rückblick auf Tante Emma-Zeiten den Ärger, den jeder kennt, der sich auf Online-Käufe eingelassen hat. Der Ärger basiert verkürzt auf einem Gegensatz von Kundenfreundlichkeit/-zufriedenheit und Profit, einer Entwicklung der MARKTwirtschaft, die auch durch den Anstrich „soziale“, ihre Versprechungen auf gerechten Wohlstand nicht erfüllen konnte. Im Gegenteil, sie erweist sich als Treiberin der globalen ökologischen Krise. Der Artikel übersieht die jahrzehntelange Beförderung der Marktwirtschaft durch den Autoren und viele seiner Kollegen mit den erreichten Entscheidern im Gefolge. Minister Altmaier erkennt gerade die Versäumnisse der Regierungspolitik (zu spät). Vergleichbares könnte man sich vom Autoren wünschen, der damit seine Involviertheit in das Thema des Artikels andeuten würde – wäre eine schöne Ergänzung zur Bezos-Irione. – Peter Vollmer

 

So sehr ich Ihre Zermürbung nachempfinden kann, in einigen Punkten sehe ich die Situation anders: Sie können noch zu Tante Emma gehen, wenn Sie es sich leisten können oder wollen. Sie würde sich bestimmt auch freuen. Es gibt tatsächlich noch viele Elektro-Geschäfte, mit persönlicher Bedienung und Fachwissen, die sogar auch zum Teil kostenlos liefern. Alles in einer Hand, aber vielleicht etwas teurer. Oder man lasse sich zB. von „Profis“ das Bad bauen, was zu einer 6-monatigen Odyssee führt, obwohl Abmessung, Bestellung, Herstellung, Lieferung und Einbau alles von einer Firma erbracht wird. Nur leider hat der Verkauf nicht mit dem Kundendienst und der Kundendienst nicht mit den Handwerkern gesprochen, obwohl sie alle vom selben Arbeitgeber bezahlt werden. Outsourcing fand übrigens lange vor der Gründung Amazons statt und ist wie man an meinem Beispiel sieht nicht die Quelle für fehlende Kommunikation oder Kundenorientierung. – Mattias Kleine

 

Nur wer im Internet bestellt, weiß was Herr Joffe leidet.Den Nagel auf den Kopf getroffen. Soe läuft das ab. Und die genervten, unterbezahlten Courier-Fahrer suchen in den vollgestellten Straßen/Fußgängerzonen nach Parkplätzen, damit sie ihre max. 6 Pakete /31 kg auf dem Arm, in die Häuser verteilen können. – Hartmut Wagener

 

In Ihr Klagelied kann ich nur einstimmen. Ich kaufe deshalb möglichst nur vor Ort bei Händler*innen, die größere Teile selbst liefern und bei Bedarf auch aufbauen und anschließen. Allerdings fürchte ich, dass das irgendwann gar nicht mehr möglich sein wird, weil der Online-Handel die bisherigen stationären Geschäfte in den Ruin treiben wird. Und die neuen Filialen von Amazon werden, sobald sie keine Konkurrenz mehr zu fürchten haben, auf die Bedürfnisse der Kund*innen wohl kaum so viel Rücksicht nehmen wie die bisherigen regionalen Händler*innen. – Dr. Ulrich Willmes

 


 

 

Leserbriefe zu „Für mehr Verstand“ von Martin Spiewak

 

Ideologie siegt über Sachverstand Die optimistische Prophezeiung von Martin Spiewak wird nicht in Erfüllung gehen. Der Nationale Bildungsrat wäre – wenn er denn käme – ein ebenso zahnloser Tiger, wie es die Kultusministerkonferenz bislang gewesen ist. Woran liegt das? Bildungspolitik ist eines der letzten Politikfelder, in denen Politiker ihren ideologischen Präferenzen freien Lauf lassen können. In Berlin kann man das beispielhaft studieren. Seit über zehn Jahren rangiert die Hauptstadt im bundesweiten Leistungsvergleich der Schulen auf dem letzten Platz. Die Ursachen der Misere sind bekannt. Trotzdem weigert sich die Bildungsverwaltung, die erfolgreichen Konzepte der Siegerländer Thüringen, Bayern und Sachsen zu übernehmen.

Sie nimmt lieber 2000 Schüler ohne Abschluss jährlich in Kauf, als von einem verfehlten Differenzierungskonzept im Unterricht zu lassen. Für den Bildungssenat ist Bildungspolitik in erster Linie Sozialpolitik. Der Leistungsgedanke ist dabei völlig in den Hintergrund getreten. Ich halte es auch für undenkbar, dass sich die Kultusminister jemals auf ein bundesweit einheitliches Abitur einigen könnten. Vor allem die sozialdemokratischen Kultusminister werden die Gestaltungsspielräume des dezentralen Abiturs mit Zähnen und Klauen verteidigen, weil sie ihnen ermöglichen, das Abitur zu erleichtern, ohne dass es – anders als bei der Verwendung der zentralen Pool-Aufgaben – von der Öffentlichkeit bemerkt wird. Wem vor allem das Paradigma der sozialen Gerechtigkeit am Herzen liegt, wird alles tun, um eine Erschwerung des Abiturs durch Angleichung der Regularien zu verhindern.

Martin Spiewak vertraut auf die Evidenz wissenschaftlicher Erkenntnisse, die mit dem Bildungsrat Einzug halten würde. Diese Erkenntnisse gibt es doch heute schon. Sie werden leider ignoriert. Bildungsforscher haben z.B. die Ergebnisse der PISA-Studien nach Schulformen differenziert analysiert und dabei die wenig überraschende Erkenntnis gewonnen, dass das Lernen in homogenen Lerngruppen dem in heterogenen Klassen überlegen ist. Dieser Befund ficht die Vertreter der Gleichheit nicht an. Für sie ist die heterogene Schülermischung das, was für die Katholische Kirche die Monstranz ist: heilig und sakrosankt. Dabei gehen Sozialdemokraten so weit, die erfolgreiche Gesamtschule (ihre eigene Erfindung!) für überholt zu erklären, weil sie die Schüler in Fachleistungskursen unterrichtet. Dieses Kurssystem halten sie für ein schädliches Überbleibsel des „selektiven“ Schulsystems.

Also: Weg damit! Ich habe 12 Jahre lang an einer Gesamtschule unterrichtet und immer wieder festgestellt, dass der sozialen Gerechtigkeit mehr gedient ist, wenn die Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern einen Schulabschluss schaffen und dann eine Lehre beginnen können. Was nützt es einem Schüler, der an einer Berliner Sekundarschule keinen Schulabschluss schafft, wenn er anschließend sagen kann, er habe wenigstens eine Schule besucht, an der die soziale Gerechtigkeit Vorrang gehabt habe. Wie sollte ein Nationaler Bildungsrat solche ideologischen Verblendungen jemals auflösen können? – Rainer Werner

 

Anhand vieler Erscheinungen im Bildungsbereich zeigt Martin Spiewak auf, wie „föderales Kleinklein“ die Schulpolitik prägt und ein Nationaler Bildungsrat in der Lage wäre, eine dringend notwendige Modernisierung im Bildungsbereich anzustoßen. Ein von ihm angesprochenes Phänomen erscheint mir besonders problematisch. Es gibt keine Untersuchung auf Bundesebene, ob und wie Flüchtlingskinder schulisch integriert wurden. Eigentlich eine Frage an der die Kultusministerkonferenz (KMK) ein großes Interesse haben müsste. Schließlich – und darauf hat Anant Agarwala bereits in „Die Zeit“ Nr.38 hingewiesen – kamen vor fünf Jahren Hunderttausende geflüchtete Kinder in deutsche Schulen.

Ein schlimmer Verdacht taucht auf: Vielleicht hat die KMK mehrheitlich gar keine Interesse an dieser höchst brisanten Fragestellung. Schließlich werden in vielen Regionen Deutschlands Kinder nach wie vor im Alter von zehn Jahren aufgeteilt: In Haupt-(Real) Schüler*innen, in Realschüler*innen und in Gymnasiat*innen. Wenn Sonderschulen im jeweiligen Bundesland eingerichtet sind, ergeben sich noch mehr Sortierungsmöglichkeiten. So mancher Integrationsprozess endet dann bereits im Alter von 10 Jahren …. und das trifft Flüchtlingskinder mit Sicherheit besonders hart. – Helmut Gattermann

 

Der Traum von einer Bundeseinheitsbildung mit wissenschaftlichem Bildungsrat ist ein Alptraum. Erstens sind Bildungswissenschaften meist Modewissenschaften, mehr von Ideologien als von der Praxis des Unterrichts bestimmt. Am besten sind bislang Schulen und Länder gefahren, wenn sie zu solchen Wissenschaften eine kluge kritische Distanz gehalten haben.

Zweitens: Wenn eine pädagogische Modetorheit auf Landesebene eingeführt wurde, kann man sie da auch leichter wieder abschaffen, nachdem man sie als solche erkannt hat. Hat sich eine Modetorheit bundesweit und mit quasi-wissenschaftlichem Segen festgesetzt (wie zur Zeit die Kompetenzorientierung), ist es schwer, sie wieder durch den gesunden Menschenverstand zu ersetzten. Drum lasst die Kirche im Dorf und die Bildung bei den Ländern – deren Wettbewerb bringt mehr Nutzen als Schaden. – Günther Hoffmann

 


 

 

Leserbriefe zu „In der Türkei verfolgt, in Deutschland verurteilt“ von Laura Meschede

 

Dieser Artikel erinnert mich an den bis in die 60er Jahre sehr bekannten juristischen Repetitor Rottmann, der den Studenten zu Auslegungsfragen eines Gesetzes anmerkte: „ Sie müssen immer überlegen: Was hat sich der Gesetzgeber dabei gedacht“ – Pause – „im Zweifel nichts“. So zutreffend diese Aussage weitgehend für die Gesetzgebung sein mag, scheint es, dass mittlerweile auch die Rechtsprechung davon befallen ist. Man könnte durchaus auf die Idee kommen, dass das Urteil zumindest auch von der Furcht getragen ist, für die lange Untersuchungshaft sonst eine nicht unerhebliche Entschädigung an Herrn Aktürk bezahlen zu müssen. Dieser Leserbrief steht selbstverständlich unter dem Vorbehalt, dass in diesem Artikel sowohl der Verfahrensablauf als auch die mündliche Urteilsbegründung inhaltlich zu belegen sind. – Gert Krais

 

Als Untersuchungshäftling jemanden in eine derartige Isolationshaft zu stecken ist doch Folter. Ich dachte das gäbe es in Deutschland nicht. Überhaupt ist dieser Prozess meiner Meinung nach eines Rechtstaates unwürdig. Die Justiz macht sich hier zum Büttel Erdogans. – Hans Straub

 

Eine unfassbare Tatsache: für die Mitgliedschaft und das Engagement in einer Partei, die in der Türkei verboten, in Deutschland aber legal ist, muss ein seit über 30 Jahren in der Bundesrepublik lebender Türke für Jahre in Deutschland ins Gefängnis, sprich, das Unrechtsregime der Regierung Erdogan beeinflusst und lenkt die Deutsche Justiz. Überraschend und mutig, dass die ZEIT über dieses Unrecht berichtet. Danke dafür! – Sabine Kauf

 


 

 

Leserbriefe zu „»Schießt nicht nur, tötet sie«“ von Kerstin Kohlenberg

 

Vielen Dank für die tollen Geschichten, die Sie regelmäßig an die ZEIT liefern. Immer wieder einen neuen Zugang zu den bekannten Themen aus den USA zu finden, ist nicht leicht. Außerdem merkt man, dass Sie sich um einen möglichst objektiven Duktus bemühen – auch das ist nicht leicht angesichts eines solchen Präsidenten und der aufgeheizten Stimmung. Für mich ein Grund, immer wieder die ZEIT zu lesen. Ich freue mich auf weitere spannende Storys! – Constantin Hegel

 

Ich finde es fatal, dass Sie den Artikel auf S. 6 mit den – aus dem Zusammenhang gerissenen – Worten »Schießt nicht nur, sondern tötet sie.« überschrieben haben. Das gesamte Zitat findet sich erst am Ende des Beitrags – somit sehr spät. Möglicherweise liest das nicht mehr jede*r Leser*in. Da es sich um ein höchst brisantes Thema handelt, in dem viel Sprengstoff (!) steckt, hat es etwas Irreführendes und auch Reißerisches, so zu titeln – und das hat die ZEIT doch wirklich nicht nötig. – Sabine Zorn

 

Bewaffnete US-Milizen:“Schießt nicht nur, tötet sie“ Weiße Milizen in den USA mobilisieren gegen Corona-Maßnahmen und die Proteste der Schwarzen – die bilden nun auch bewaffnete Gruppen zur Selbstverteidigung. Schwarze schießen auch auf weiße schon vergessen? In den USA sitzen Gefängnissen zu 70% meist schwarze oder Afroamerikaner. – Wolfgang Wahl

 


 

 

Leserbriefe zu „Pssssst!“ von Lars Weisbrod

 

Identitätspolitik bestimmt der Autor als „Zeichenpolitik“, bei der die „Trennung zwischen den beiden Reichen (dem der Zeichen und dem der materiellen Wirklichkeit) … gänzlich aufgehoben“ ist. Aber verhält es sich nicht umgekehrt: Identitäres Denken schreibt der Sprache als der Bezeichnung von Dingen gerade nicht Zeichen-ontologischen, sondern Substanz-ontologischen Charakter zu. Ein Siegesdenkmal aus vergangenen Zeiten (obschon kein sprachliches Zeichen, nämlich ein Artefakt früherer Erinnerungskultur) meint keine Verherrlichung von Siegen und Kriegen mehr, sondern stellt historisierend ein Mahn- und Denk-mal dar. In diesem Sinne beleidigt der Name der Berliner Mohrenstraße heute objektiv niemanden; er verweist jedoch auf historische Tatbestände, die Betroffene seinerzeit als Herabsetzung empfinden mussten. – Dr. Helmut Haupt

 

Das erste und das letzte Wort dieses Beitrages im Feuilleton- Pssssst und Schweigen- hätte auch gut für diesen Erguss selbst gelten können. – Wolfgang Burkhardt

 

Jetzt, da Sie sicherlich tun, was Sie selbst empfehlen, nämlich „auch sonst öfter mal den Mund halten“, empfehle ich Ihnen für die stillen Stunden eine Lektüre: „Politisches Framing“ von Elisabeth Wehling. Nach dem Lesen werden Sie gelernt haben, was Wissenschaftler*innen wie Frau Wehling schon länger wissen: Unsere Sprache beeinflusst unser Denken und unser Denken beeinflusst unser Handeln. Ich gebe Ihnen Recht, dass sich die Realität nicht schlagartig ändern wird, nur weil Straßen mit rassistischen Begriffen im Namen umbenannt werden (an dem Beispiel hängen Sie sich im Artikel irgendwie auf, daher tue ich es Ihnen nun gleich). Nur ist das kein Argument gegen eine Umbenennung.

Warum der Begriff M**r nicht mehr tragbar ist, hat Jürgen Overhoff in einer der letzten Ausgaben sehr schön auf den Punkt gebracht: der Begriff wurde über Jahrhunderte rassistisch und herabwertend gebraucht. (Kleine Notiz am Rande: Wer hier mit Etymologie oder „in meinen Augen ist das aber nicht rassistisch“ argumentieren möchte, der*die muss damit leben, wenn ich ihn*sie einen Idioten nennt. „Idiot“ leitet sich aus dem Altgriechischen ab, dort hieß es so viel wie „Privatperson“.) Insofern sollte jedem denkenden Menschen klar sein, dass dieser Begriff in unserem Sprachgebrauch nichts verloren hat. Und deshalb ist der genaue, kritische Blick auf Zeichen – wenn sie auch unscheinbar wirken – wichtig. Für unsere Politik und für unsere Gesellschaft. Ich sage nicht: das ist das Wichtigste. Ich sage nur: auch das ist wichtig.

Die M-Straße in Berlin umzubenennen mag den strukturellen Rassismus in Deutschland nicht von heute auf morgen auslöschen. Aber es nimmt Personen eine Rechtfertigungsmöglichkeit, den Begriff in ihrem alltäglichen Sprachgebrauch zu verwenden (weil ja auch Straßen so heißen) und damit Schwarze Mitbürger*innen zu verletzen. Es verbietet natürlich niemandem, den Begriff weiter zu benutzen. Jede*r darf gerne mit Wörtern um sich werfen, wie er*sie möchte. Aber er*sie darf sich nicht über die Konsequenzen beschweren. Wer gerne seinen Wortschatz mit rassistischen Wörtern füllen möchte, der mag das tun, denn anders als es die Beschwerden in Kommentarspalten sozialer Medien vermuten lassen, gibt es in Deutschland Meinungsfreiheit. Jede*r darf sagen, was er*sie möchte. Aber er*sie soll sich nicht empören, wenn jemand ihn*sie dann als rassistisch oder Rassist*in bezeichnet. – Daniela Brock

 


 

 

Leserbriefe zu „Ornamente der Ewigkeit“ von Thomas Assheuer

 

Richtig: nicht nur eine glückliche Fügung, sondern ein Coup. Denn als Auftraggeber liegt es nahe, den Auftragsgegenstand konkret zu beschreiben. Im Falle der Chorfenster der Abteikirche in Tholey z.B. mit einem festen Bildprogramm. In der Regel gibt es zumindest ein Ziel, wenigstens einen Rahmen. Sich ganz zurückzunehmen, die Aufgabenbeschreibung dem Gotteshaus selbst zu überlassen und sich voll der Freiheit des richtigen Künstlers anzuvertrauen ist kühn. Und demütig. Und zugleich für ein Gotteshaus geradezu angemessen. Dass die Mönche diesen Punkt erreicht haben, nichts Eigenes zu wollen und dem Fernliegenden Raum zu geben, verdient Respekt und Dankbarkeit. So konnte durch einen sehr freien Künstler etwas wunderbar durchlässig leuchtend immer Gültiges entstehen. Die Mönche haben es ihm abverlangt. – Reinhard Koine

 

Der Hersteller der Kirchenfenster ist Atheist, erfährt man.Das ist inkonsequent, aber vielleicht verständlich, Auch Atheisten wollen leben.Und das Leben ist teuer. Also Augen zu und durch. – Hans-Emil Schuster

 

Thomas Assheuer ist wohl nicht bekannt, dass Markus Lüpertz sehr schöne Kirchenfenster in St. Andreas Köln gemacht hat. – Manfred Lück

 


 

 

Leserbriefe zu „Zwei gegen den Umsturz“ von Alice Bota

 

Gratulation zur Analyse der Situation Putin Belarus. Putin sollte die führenden Frauen nicht unterschätzen, Zusammenarbeit mit ihnen könnte ihn langfristig stärken, auch die anstehenden Reformen in Russland würden davon profitieren. „Wenn ihr sagt, dass die Frauen nich zur Versammlung zugelassen werden sollen, weil sie unwürdig seien, dann sagt ihr, dass die wissend Kraft in allem unwürdig sei…“ So sagt der höchste Menschheitslehrer. – Hans Joachim Hühner

 

Auf den Punkt gebracht! Alice Bota hat das schwierige Verhältnis Europas und insbesondere Deutschlands zu Putin-Russland brillant analysiert und die wesentlichen Fakten zusammengefasst und richtig gestellt. Jedes einzelne Argument kann ich nur bekräftigen. Putin ist ein skrupelloser Machtpolitiker, der dem imperialen Gebaren der Sowjetunion nachhängt und der die Rolle des bösen Buben in Europa übernommen hat. Ohne ihn wäre Europa eine Insel des Friedens in der Welt. Ich bin zurzeit in Georgien unterwegs. Jeder leidgeprüfte Georgier wird meinem Befund fraglos zustimmen. – Josef Welle

 

Wer eine härtere Gangart gegenüber Putin fordert, vergisst keineswegs die historische Verantwortung gegenüber Russland. Es gilt, unbedingt zu unterscheiden zwischen dem Wohl des russischen Volkes und den Interessen der korrupten Politikerkaste und der kriminellen Oligarchen. Wir sollten Putin sehr wohl Grenzen aufzeigen und die demokratischen Kräfte des Landes unterstützen. Sollte man andererseits etwa Trump entgegenkommen, weil die USA Deutschlands Wiederaufbau nach dem 2.Weltkrieg befördert und die demokratische Entwicklung ermöglicht haben? Binäre Denkmuster sind ein Relikt des kalten Krieges. Die Verbrechen der einen Seite relativieren nicht die der anderen. – Horst Winkler

 


 

 

Leserbriefe zu „Der lange Weg …“ von Heinrich August Winkler

 

Nach Winkler war der Erfolg der Wiedervereinigung “ Nicht zuletzt der Umsicht der Bonner Akteure, an ihrer Spitze Bundeskanzler Kohl zu verdanken…“. Man kann unterstellen, dass ein Historiker von Rang seine Worte mit Bedacht wählt. Das relativierende „nicht zuletzt“ lässt auf einen noch immer verletzten Stolz der Sozialdemokraten schließen, denen Winkler ja angehört, zumindest auf ein bewußt verkürztes Narrativ. Aber hatte Volker Rühe mit seinem ätzenden Bonmot vom “ Wandel durch ANBIEDERUNG “ im Sommer ’89 an die Adresse dieser Partei nicht ins Schwarze getroffen? Willy Brandt war die einzige Ausnahme, alle anderen maßgeblichen Wortführer in der SPD wollten Monate vor dem Fall der Mauer nichts von Wiedervereinigung wissen, im Gegenteil (zB Erhard Eppler mit seinem Versöhnungspapier ).Umso größer und singulärer das historische Verdienst von Kohl , umso deprimierender das Versagen oder die Indolenz der anderen. – Christoph Schönberger

 

Dank an Heinrich August Winkler, der sonst stets deutsche Selbstüberschätzung und langen Weg gen Westen ortet, dass er nun einmal dem deutschen Nationalstaat nach seiner späten Gründung vor 150 Jahren nicht nur Militarismus und Chauvinismus zuordnet, sondern „Parlamentskultur, Rechts- und Sozialstaat“ auch schon im Kaiserreich (Die Zeit v. 17. 9. 2020). Freilich ward der Wunsch der Revolutionäre von 1848 – und der Einwohner Österreichs – nach einem Staat aller Deutsch sprechenden („Großdeutschland“) nicht erfüllt, gar 1919 von den West-Alliierten verboten. Doch Professor Winkler meint, das habe dem europäischen Gleichgewicht gedient, wie später die Nato-Mitgliedschaft der europäischen Sicherheit (gegenüber dem ruinierten Russland, dem in Jalta halb Europa geschenkt worden war, oder gar dem zerhackten Deutschland?).

Dank auch dem Professor, dass er an die deutschen Soldaten erinnert, welche mitten im Feindesland standen, den Weltkrieg von sich aus beendeten und nach Hause gingen, zusammen mit den Arbeitern die Monarchen stürzten – im Vertrauen auf die Zusagen des US-Präsidenten Wilson, die aber nicht eingehalten wurden, und deren Rätekongreß die parlamentarische Demokratie gründete, mit dem Frauen-Wahlrecht, dieses Jahre vor England, Jahrzehnte vor Frankreich und der Schweiz: ein langer Weg, nicht nach Westen, sondern umgekehrt, sozusagen in Richtung „moralischer Leitnation“.Für das Scheitern der Weimarer Republik macht Winkler dennoch ein „Scheitern der Freiheitsfrage im 19. Jahrhundert“ verantwortlich, dazu mit Recht „die Geburt aus der Niederlage“, also den Versailler „Vertrag“.

Die weiteren , erdrückenden Bürden der Republik waren gleichfalls Importe: die Inflation als Folge der französischen Ruhr-Besetzung, die Weltwirtschaftskrise, der Aufstieg der KPD mit der Aussicht auf „Sowjetdeutschland“ (so Klara Zetkin im Reichstag), was den einzig möglichen Widerstand gegen die NS-Barbarei ausschloß, den Generalstreik zusammen mit den „Sozialfaschisten“, der SPD. Die Nazis hatten keineswegs, wie Winkler meint, „die Oberhand“ gewonnen, sondern in den letzten feien Wahlen versagte ihnen die Zweidrittelmehrheit der Wahlberechtigten ihre Stimmen, nachdem der Zuwanderer aus Österreich die Reichspräsidenten-Wahl schon gegen den verfassungstreuen Hindenburg verloren hatte.

Dem Tyrannen gelang es, die genannten Bürden der Weimarer Republik abzutragen, dank derer, die mit ihm jene Verträge schlossen, die sie Weimar verweigert hatten.- England, Polen, Frankreich, die Haavarah. Nun erst duldeten die Westmächte die Wiedervereinigung mit dem Rheinland, dem Saarland, Österreich, Memelland, Sudetenland. An Hitlers Kolonisierung von Böhmen und Mähren hatte sich Polen beteiligt, das ihm gleich darauf, am 26.März 1939, eine bedingte Kriegserklärung lieferte, für den Fall der Wiedervereinigung mit Danzig (das nicht Polen gehörte, sondern dem Völkebund), und mobil machte. Englands und seines Empires Weltkriegserklärung am 3. September 1939 galt laut Churchill der „Vernichtung Deutschlands“, der Beistand für Polen, ein Vorwand, wurde nicht geleistet, galt nicht gegen den anderen Aggressor UdSSR, dem nach dem Sieg POLEN geschenkt wurde.

Der kriegslüsterne Hitler hatte nicht den Krieg bekommen, den er haben wollte: um Kolonien („Lebensraum“) im Stil des Westens. Nach der Niederlage von 1945 verordnet Winkler „breiten Schichten“ des deutschen Volkes ein Umdenken. Warum nur? Die alliierten Geheimdienste hatten 1943 – nach Stalingrad – doch schon erkundet, dass 75 Prozent der Deutschen gegen das NS.Regime eingestellt sind – vor allem Arbeiter und Soldaten. Wie 1919, zur Geburtsstunde der parlamentarischen Demokratie. Ein langer Weg. – FRITJOF MEYER

 


 

 

Leserbriefe zum Titelthema „Die Stadt ohne Autos – geht das?“ von Petra Pinzler et al.

 

TITELFOTO: Die Stadt ohne Autos-geht das? Für was THE BEATLES (für mich die beste MUSIKBAND ALLER ZEITEN) doch alles gut sind, nur auf dem Original-Cover sind auch Autos zu sehen, aber gut gemacht von DIE ZEIT – Dieter Kiefer

 

Mein Vergleich zur reißerischen Titelseite „Stadt ohne Autos“: Das Original und die Fälschung. Es hätte wohl passendere Bilder zur Story gegeben. Wie wäre es mit Bildern aus der deutschen Ölkrise gewesen. Das hätte zumindest auch einen Grund für Überlegungen dieser Art geliefert . – Klaus Englmeier

 


 

 

Leserbriefe zu „PROMINENT IGNORIERT. Verkehrte Welt“ von GRN.

 

Danke für das heutige PROMINENT IGNORIERT: „Verkehrte Welt“. Es passt so schön zu meinem Foto vom 21.03.2020 (Postagentur am Herdweg in Böblingen): „NUR LIEBESBRIEFE“. Immerhin stand dieser Hinweis mehrere Wochen auf dem Postkasten, immerhin. Mich hat der Hinweis spontan dazu gebracht, die wunderbare Liebesgeschichte von Gabriel Garcia Márquez „Die Liebe in Zeiten der Cholera“ nochmals zu lesen. 51 Jahre, 9 Monate und 4 Tage hat Florentino Ariza auf Fermina Daza gewartet, ihr viele poetische Briefe geschrieben. Jetzt wo der Gatte gestorben ist, vollendet sich seine Jugendliebe… „In Zeiten der Cholera ist die Liebe die Konstante“.

Warum sollte es dann in Zeiten von Corona anders sein? Heute fällt mir spontan Heinrich Heines Gedicht (Neuer Frühling / XXXIV) Der Brief, den du geschrieben, Er macht mich gar nicht bang; Du willst mich nicht mehr lieben, Aber dein Brief ist lang. Zwölf Seiten, eng und zierlich! Ein kleines Manuskript! Man schreibt nicht so ausführlich Wenn man den Abschied gibt. Ja, Liebesbriefe sind wichtig und immer eilig. Allen Unkenrufen zum Trotz, es gibt sie noch, die Romantiker, die lange Briefe schreiben. – Helmut Possiel

 

Verkehrte Welt. Auch wegen solcher Zeilen bin ich Ihr Leser… – Klaus Busch

 


 

 

Leserbriefe zu „Die Religionsführerinnen“ aufgezeichnet von Evelyn Finger

 

Mit Verlaub, Ihre immer wieder ungebrochene öffentliche Selbstdarstellung empfinde ich zumindest verwunderlich. Sie selbst waren es, die Ihre Vorbildwirkung in der öffentlichen Wahrnehmung fahrlässig verwirkt hat. Dem Vernehmen nach nicht nur durch Trunkenheit am Steuer, sondern vielmehr auch in problematischer Herrenbegleitung? Darf die Öffentlichkeit von einer Bischöfin und Ratsvorsitzenden a. D. im seinerzeitigen Kontext Zurückhaltung erwarten? – Dr. Gernot Henseler

 

Dieser Artikel hat mir Mut gemacht und mich sehr berührt. Was Frauen auf dieser Welt für den Frieden und die Menschlichkeit tun, zumeist still und leise, wie sollte es anders sein, kann nicht genug gewürdigt werden. Von der Zeit wünsche ich mir mehr solcher Artikel und für die Welt wünsche ich mir mehr solcher Frauen. Das ist die frohe Botschaft, gerade auch „für uns Männer“: den Frauen gehört die Zukunft. Daran glaube ich – zweifellos. – Jost Vogelsang

 


 

 

Leserbriefe zu „Wir müssen auch anders können“ von Ulrich Schnabel

 

Danke für diesen Artikel. Eins ist mir aufgestoßen: „Angela Merkels Satz ‚wir schaffen das'“ So hat sie das nicht gesagt. „Wir sollten mit der Einstellung darangehen, wir schaffen das“ war sinngemäß Ihre Aussage. Und das ist nicht anders als die Friseuraussage von Spahn. Denn es beinhaltet klar die Möglichkeit, es nicht zu schaffen. – Fritjof Möckel

 

Dieses Thema hat Erich Kästner schön auf den Punkt gebracht: „Was kommt? Wird’s schlimmer? Das fragen wir immer. Doch seien wir ehrlich! Das ganze Leben ist lebensgefährlich!“ Wenn man aktuelle Diskussionen verfolgt, dann möchte man vielen Teilnehmern diese Verse vorhalten! – Dr. G. Zeyer

 


 

 

Leserbriefe zu „Die Pest und das Schweinesystem“ von Fritz Habekuß

 

Bei der Behandlung des Themas Afrikanische Schweinepest ( ASP) wurde eine bedeutende Übertragungsmöglichkeit nicht bedacht,die des Wolfes. Der Wolf ernährt sich nicht nur von Niederwild und Nutztieren , nein, auch Wildschweine stehen auf seiner „Speisekarte“. Kranke und schwache Tiere an erster Stelle. Wildschweine die an ASP erkrankt sind sind schwach. Der Wolf kann in einer Nacht über 60 km zurücklegen. Über Absperrzäune zur Eingrenzung der ASP hinweg, über Pufferzonen die behördlich verordnet wurden. In Niedersachsen leben derzeit 35 nachgewiesene Wolfsrudel, 2 nachgewiesene Wolfspaare und Einzelwölfe. Nimmt man eine nicht registrierte, geschätzte Anzahl dazu, dann sind es ca. 200 Wölfe mit zumnehmender Tendenz. ( 30% jählich).

Der Großteil kam durch Zuwanderung aus Sachsen, aber auch aus Mecklenburg- Vorpommern ! Zwar fehlen noch eindeutige wissenschaftliche Ergebnisse wie groß die Rolle des Wolfes bei der Verbreitung der ASP ist, aber die sprunghafte, territoriale Ausbreitung rückt ihn immer stärker in den Vordergrund. Niedersachsen verfügt über die größte Schweineaufzucht- und Schweinemastdichte bundesweit, aber auch über die größte Wolfsdichte pro km² weltweit ! Geschiet, außer Pufferzonen um Ausbreitungsgebiete, Betretungsverbote der Wälder, Verkaufsverbot für Schweinefleisch und massiver Wildschweinbejagung nichts, dann wurde ein wesentlicher Faktor zur Eindämmung der ASP vergessen, der Wolf. – Reinhard Schmitz

 

Ich möchte Herrn Fritz Habekuss grüßen und ihn bitten, sich doch mal wirklich in einer Sauenzuchtanlage (so der offizielle Titel z. B. für unsere Ferkelfabrik in Alt Tellin) gründlich umsehen. Die Sauen werfen nicht mehr acht bis zehn Ferkel, sondern 14 bis 18. Da reicht manchmal die Anzahl der Zitzen nicht, es müssen Ammensauen ran, die Totgeburten hatten. Die „Jungtiere“ bleiben auch schon lange nicht mehr 35 Tage bei der Muttersau. Mit Inbetriebnahme der größten Ferkelfabrik Europas hatte Schweinebaron Straathof bei einer „Präsentation“ meine entsprechende Frage bereits 2012 mit 25 Tagen beantwortet. Kurz darauf stellte er einen Erweiterungsantrag. Dabei sollten kaum mehr Muttersauen eingestallt werden, die Anzahl der Ferkelplätze jedochum ca. 40 % steigen. Die Schweinehalteverordnung der EU lässt schließlich das Trennen der Ferkel von der Muttersau nach bereits 21 Tagen zu. Herr Habekuss, ihre Aussagen stammen aus der Zeit unserer Großeltern. – Günter Hegewald

 


 

 

Leserbriefe zu „»Privat mag ich eher so ganz flache Witze«“. Gespräch mit Katja Kipping geführt von Moritz von Uslar

 

Mit fortschreitender Lektüre des Interviews, geführt von Moritz von Uslar, stieg das Ausmaß des Ärgers. Die Art der Gesprächsführung empfanden wir als arrogant & herablassend; zudem wurde es deutlich von der chauvinistischen Position eines Mannes getragen. Einem Mann als Gegenüber hätte der „Interviewer“ Herr Moritz von Uslar diesen Ton wohl nicht zugemutet. Zusätzlich wird die eher für ein banales Geplauder passende Schlagzeile des Artikels „Privat mag ich eher so ganz flache Witze“ der Essenz der im Prinzip gewichtigen politischen Aussagen der Interviewten nicht gerecht. – Monika Wall-Penz

 

Bewundernswert mit welcher Gelassenheit und Sachkenntnis Frau Kipping Ihre doch eher oberflächlichen und provozierenden Fragen beantwortet. Auch wenn wir eine gegensätzliche politische Meinung habe, hätten wir einen respektvollen, wertschätzenden Ton für die geleistete Arbeit erwartet. Schade, dass Ihr Interview jeden roten Faden vermissen lässt. – Luise Hahn und Franz Schmidt

 


 

 

Leserbriefe zu „»Weiberwirtschaft«“ von Anne Hähnig

 

In Ihrem Artikel „Weiberwirtschaft“, Nr. 39, 17.09.2020, Seite 34, berichten Sie über eine weibliche Stadtspitze der Gemeinde Lommatzsch (4.800 Einwohner). Gestatten Sie mir, bitte, den Hinweis, dass dies keine Besonderheit ist. In der Stadt Speyer mit über 50.000 Einwohnern ist die gesamte Stadtspitze (Oberbürgermeisterin, Bürgermeisterin, hauptamtliche Beigeordnete und ehrenamtliche Beigeordnete) weiblich; zudem ist die leitende Verwaltungsbeamtin auch weiblich. Dies ist , soweit ich weiß, in Deutschland einmalig. Und es funktioniert gut. – Volker Weinmkann

 

Mit Interesse habe ich Ihren Artikel über die Frauen im Rathaus der Stadt Lommatzsch gelesen. Wie schön, dass es tatsächlich Rathäuser gibt, in denen die Posten ausschließlich nach Fachwissen und anderen für solche Ämter wichtigen Kompetenzen besetzt werden. Was mich allerdings sehr gestört hat und was ich von einer Journalistin in heutigen Zeiten bei der Berichterstattung nicht mehr erwartet hätte, war, dass Sie bei der Beschreibung der Bürgermeisterin Anita Maaß und der Kämmerin Silke Herzog Frisur und Haarfarbe erwähnt haben!!!! Es interessiert doch niemanden, ob Frau Maaß „kurze, blonde Haare“ hat oder ob Frau Herzog „rot gefärbte kurze Haare trägt“. Ich habe noch in keinem Artikel über Bürgermeister oder Kämmerer gelesen, dass die Herren Halbglatze oder gefärbte Resthaare tragen. Bitte, verzichten Sie in Zukunft bei Ihren ansonsten sehr informativen Artikeln bei uns Frauen auf Beschreibungen unser Frisuren, Figuren oder Kleidung…. – Ute-Barbara Morguet

 


 

 

Leserbrief zu „Angst vor dem Todesstoß“ von Niclas Seydack

 

Es gibt Hoffnungsschimmer: In den letzten Tagen liest man auch außerhalb der neuen Medien immer wieder von Menschen, die die offizielle, panikmachende Darstellung der „Corona-Zahlen“ selbst überprüfen und die sich der unermesslichen Folgen der Panik bewusst werden. Diese Zahlen sind Rohmaterial, das ohnehin erst durch einige Siebe laufen muss. Dann kann man sich der Wirklichkeit nähern. Denn viele Covid-19-Tote gibt es ja in Europa schon seit Monaten nicht mehr. Die Angst vor dem Tod treibt uns in die Irrationalität. Wenn wir das merken, können wir auch den verheerenden Folgen der Maßnahmen und dem unermesslichen Umfang des durch die Maßnahmen verursachten Leids in unserem Land und weltweit ehrlich ins Auge blicken, wieder alle miteinander reden und gemeinsam versuchen, das Schlimmste noch zu vermeiden. Mehrere Experten gehen davon aus, dass die Maßnahmen deutlich mehr Leben fordern als das Virus selbst. Weltweit sind Milliarden Menschen vom akuten Verlust ihrer Lebensgrundlagen bedroht.

Sieb 1: Wenn man sich die OFFIZIELLE WORLDOMETER-CORONAVIRUS-STATISTIK im Internet anschaut, stellt man fest, dass nur 1 % der aktuell infizierten Fälle weltweit ernst oder kritisch sind. Wenn die Zahlen stimmen, könnte eine sehr hohe Immunitätsrate vorliegen. Wahrscheinlich liegt der wahre Wert wesentlich unter 1 %, weil ja längst nicht alle symptomlos Erkrankten als Fälle erfasst wurden. Man sieht, dass ca. 160 Länder – teilweise wesentlich – geringere Todeszahlen als Deutschland mit 113 Toten pro Millionen Einwohnern haben (TEILWEISE HUNDERT MAL WENIGER, z.B. Thailand mit 0,8). Z.B. haben europäische LÄNDER MIT SEHR STRENGEN LOCKDOWNS MANCHMAL TAUSEND MAL MEHR TOTE PRO MIO. EINWOHNERN GEGENÜBER LÄNDERN IN OSTASIEN UND AFRIKA (z.B. Spanien mit 647 und Vietnam mit 0,4 Toten pro Mio. Einwohnern).

Es sind also nicht die Maßnahmen gegen Corona, die über gutes oder schlechtes Abschneiden entscheiden. Eine sehr große Rolle spielt offensichtlich die bereits vorliegende IMMUNITÄT gegen dieses Virus, z.B. aufgrund von T-Zellen-Kreuzimmunität durch andere Coronaviren oder Betacoronaviren, die infektionslos z. B. durch Kühe und Hunde übertragen werden. Studien zeigen in diese Richtungen). Sieb 2 (siehe auch Sieb 5 unten): Und diese Zahlen werden oft durch den PCR-Test gewonnen, DER GAR NICHT NACHWEIST, OB INFEKTIONEN ODER ERKRANKUNGEN VORLIEGEN. Das RKI zählt alle SARS-CoV2-positiven Testergebnisse als COVID-19-Fälle und setzt sie COVID-19-Infektionen bzw. Erkrankungen gleich. Diese Gleichsetzung widerspricht jedoch dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) und der WHO.

Denn positive Testergebnisse belegen keine Infektion und erst recht keine Erkrankung im Sinne des IfSG. Die WHO fordert den Nachweis einer Infektion, das RKI konzentriert sich auf den Nachweis von SARS-CoV-2 (also des Virus oder nicht vermehrungsfähiger Teile desselben). Ob ein Virus vermehrungsfähig ist und eine Krankheit im Sinne des IfSG erregt hat oder nicht, wird durch die PCR-Tests jedoch nicht festgestellt. Ein gesetzlich korrekter Nachweis der Fallzahlen wäre um so wichtiger, als die Infektionszahlen Dreh- und Angelpunkt für staatliches Handeln sind, insbesondere für die Abschaffung, Beibehaltung oder gar Verschärfung von COVID-19-Maßnahmen. Sieb 3: Je mehr getestet werden, desto mehr positiv Getestete gibt es!

Also müssen die Zahlen der positiv Getesteten IMMER in Bezug auf die Anzahl der Getesteten genannt werden, um vergleichbar sein zu können. Wenn man zehn Mal mehr Leute ohne Symptome testet als zuvor, erhält man durchschnittlich auch zehn Mal mehr positiv Getestete, auch wenn der Anteil der positiv Getesten in Wirklichkeit gleich geblieben ist. Das erklärt zum Teil die „exponentiellen“ Kurven am Anfang der Epidemie und jetzt bei dem starken Anstieg der Testungen, die nur deshalb exponentiell erscheinen, weil sie den Bezug auf die Anzahl der Tests auslassen. Die weltweit vergleichbaren Phasen der Epidemiekurvenverläufe sind unbedingt zu berücksichtigen. Sieb 4: Wegen Mess-Ungenauigkeit (falsch positive Testungen) kann es bei Massentestungen von symptomfreien Menschen vorkommen, dass z.B. nur ca. 5 % der positiv Getesteten überhaupt Viren oder Virenteile haben (siehe Dr. Dagmar Lühmann vom EbM-Netzwerk).

Sieb 5: Die Tests berücksichtigen außerdem nicht die Viruslast der Getesteten, die für eine Ansteckungsgefährdung entscheidend ist. Sie sind zu sensitiv. Je nach Messung sind z.B. nur 10 % der positiv Getesteten wirklich mit Viren infiziert (siehe Michael Mina/Harvard). Somit könnten die Zahlen der ansteckungsgefährdenten Infizierten z.B. im einstelligen Promille-Bereich der üblicherweise veröffentlichen Infizierten-Zahlen liegen. Sieb 6: Wenn ein Land die Totenscheine mit alleiniger Covid-19-Ursache z.B. mit 6 % der offiziellen Covid-19-Toten angibt, sollte man sorgfältig erforschen, welche Rolle die anderen Erkrankungen auf den Totenscheinen spielten. Prof. Püschel aus Hamburg hat hier mit seinen Obduktionen von Anfang an Pionierarbeit geleistet. Die Anti-Corona-Maßnahmen sollten deshalb dringend sachlich auf ihren Nutzen und ihre Folgeschäden in dieser Phase der Epidemie überprüft werden.

Die Unterscheidung der einzelnen Epidemiephasen ist wesentlich. Wir sollten schnellstmöglich jede Panikmache in den Medien aufgrund falsch interpretierter Zahlen beenden. Wie bei allen Krankheiten sollten wir Immunschwache sehr human schützen. Das wurde leider oft vernachlässigt. Nur durch Zahlen im realistischen Zusammenhang können wir die Panik und Angst vermeiden, die uns in eine „Zweite Welle“ treiben. Dieses Phänomen beschrieb Ernest Hemingway unglaublich treffend in seiner Kurzgeschichte „A day’s wait“ (Einen Tag warten). Der Arzt sagte einem kranken Jungen, er habe 102 Grad Fieber.

Da verfiel der Junge in eine Art Schockstarre. Er wartete gefasst auf den Tod. Nach einiger Zeit klärte sich auf, dass er etwas missverstanden hatte, denn er war zuvor in Frankreich gewesen und dort hatten einige Jungen ihm gesagt, dass man an Fieber über 44 Grad stirbt. Als der Vater ihn aufklärte, dass der Arzt Fahrenheit gemeint hatte und die Jungen in Frankreich von Celsius (102 F = 38,9 C) redeten, erwachte der Junge aus seiner Benommenheit und Panik. „Es ist wie Meilen und Kilometer“, erklärte der Vater. Genauso befindet sich fast die ganze Gesellschaft jetzt in einem Zustand des Stupors. Statt ruhigem, wissenschaftlichem Vorgehen, das alle Aspekte berücksichtigt, finden wir überall Stress. Stress ist sehr schlecht für unser Immunsystem. Prof. Streeck ermahnte bei einem Interview bei Frau Maischberger Ende August, dass wir aufhören sollen auf nicht aussagefähigen Zahlen zu starren. Stattdessen sollten die Krankenhäuser und Intensivstationen beobachtet werden. Die Bevölkerung muss endlich aus der Panik entlassen werden. – Gerhard Jahnke

 


 

 

Leserbrief zu „Verblüffend konzentriert“ von Jens Tönnesmann

 

Es ist ernüchternd zu sehen, wie das Tendenziöse in vielen Ressorts der Zeit auf ganz subtile und vermeintlich belanglose Weise Einzug hält. Ich mag mich täuschen, aber mir scheint, dass in der Grafik zum Artikel eine Hauptanlaufstelle der Internet-Nutzer, nämlich pornografische Streamingdienste, ausgespart wurden und dies auch im Artikel nicht thematisiert wurde. Warum passiert das? Aus einer falsch verstanden Pietät der älteren Kernleserschaft gegenüber? Wenn so etwas schon in derartigen Nischenthemen passiert, sollte man Ihrer Zeitung auch sonst skeptischer gegenüber stehen. – Mats Väisänen

 


 

 

Leserbrief zu „Weizen provoziert“ von Andreas Sentker

 

Sie schreiben, dass die gentechnisch bearbeiteten Merkmal gewiss nicht dem Konsumente nützten. Eine so pauschale Aussage scheint mir nicht haltbar. Ich denke z.B. an Raps mit optimiertem Fettsäuremuster und Goldenen Reis. Deren Nutzlosigkeit ist m.E. nicht „gewiss“. Es ist sehr wichtig, dass Sie auf Pilton und Crispr hinweisen. Gerade Crispr wir die deutsche, EU und globale Saatzucht noch massiv beschäftigen. – Christoph Schröder

 


 

 

Leserbrief zu „Was kann man aus meinem Gesicht lesen?“ von Jonas Seufert

 

Eine grausige Vorstellung,das kann zur totalen Kontrolle jeden Bürgers führen.Interessant dabei : zu wissen, kann eine Gesichtsoperation was dagegen tun ? Oder wird die neue Visage auch entschlüsselt ? – Hans-Emil Schuster

 


 

 

Leserbrief zu „Hört auf, Schäfchen zu zählen!“ von Christoph Lundgreen und Erik Schilling

 

„Naturwissenschaftler können den Klimawandel erforschen, aber Geisteswissenschaftler können erörtern, warum das eine gute Idee ist“. So könnte man das Eingangsstatement variieren. Im SPIEGEL der gleichen Woche wird Naomi Seibt als Anti-Greta dargestellt. Was führt eine hochintelligente Gymnasiastin dazu, den Naturwissenschaften ein prinzipielles Misstrauen entgegenzubringen? Was veranlasst viele Bildungsbürger zu Ähnlichem? Vermutlich gibt es Verallgemeinerungen des Böckenförde-Diktums, angewendet auf (Natur)-Wissenschaften; etwa: Wissenschaften leben von Voraussetzungen, die sie selbst nicht garantieren können. Offenbar sind diese Voraussetzungen für große Bereiche der Naturwissenschaften – aber nicht nur dort – erodiert.

Auslöser ist zum Teil der Zweifel an der Methodik (Peer-Review, Reproduzierbarkeit, etc.) oder an der Unabhängigkeit der Forschungseinrichtungen und Wissenschaftler. Auch mangelnde Kommunikation kann eine Ursache sein. Aber der Kern des Problems scheint woanders zu liegen. Ist es die digital katalysierte Vermischung von Meinung und Wissen, ist es ein Wertewandel der Postmoderne, oder ist es noch etwas anderes? Ein wichtiges Thema für die Erörterung innerhalb der Geisteswissenschaften? Wenn ja, dann sollten diese Erörterungen auch dem Publikum außerhalb der Wissenschaft verständlich dargestellt werden.

P.S.: Ich habe in einer Naturwissenschaft promoviert, bin seit über 50 Jahre Mitglied der Gesellschaft Deutscher Chemiker, war dort in verschiedenen Gremien aktiv, und war bei der BASF zuletzt als wissenschaftlicher Direktor für einen Teil der technischen Chemie tätig. Als Industrieforscher ist man kein Wissenschaftler im engeren Sinn, aber die Berührungspunkte zur Wissenschaft – nicht nur zur Wissenschaft der eigenen Disziplin – sind zahlreich. – Hermann Pütter

 


 

 

Leserbrief zu „Er ist wieder da“ von Mariam Lau

 

Herr Laschet war nie weg…… Ich nehme den Beitrag zum Anlass ihnen mitzuteilen; die parlamentarische Demokratie geht so langsam aber sicher unter. Ein Politiker in der heutigen Zeit, wird nicht mehr gewählt wenn er nicht das macht was das Volk will. So einfach ist das. Was sagt das über unsere Demokratie aus? Das Parlament hat nichts mehr zu melden. Die sitzen nur da wegen der Kohle. So der Volksmund. Frau Merkel schwebt über allem. Obwohl ihr Wort in der europäischen Welt nicht mehr zählt. Die Frau hat es in ganz Europa verschissen. Das sollte auch ihrer Redaktion klar sein. Herr Ulrich übernehmen sie. – Gunter Knauer

 


 

 

Leserbrief zu „Lässt sich Putin zum Umdenken bewegen, wenn man Nord Stream 2 stoppt?“ von Malte Born et al.

 

Ja, natürlich kann man wegen des Anschlags auf Nawalny Sanktionen gegen Russland verhängen. Aber dann bitte auch gegen Staaten, deren Vollzugsorgane farbige Bürger umbringen; gegen Staaten, deren Präsidenten Todesurteile außerhalb ihrer Grenzen vollstrecken lassen, unter Inkaufnahme von zivilen Opfern; gegen Staaten, in denen Abkehr von der Staatsreligion oder Homosexualität zur Todesstrafe führen; gegen Staaten, die Morde an Journalisten zulassen (darunter nicht nur Russland, sondern: Mexiko, Israel, Brasilien, Malta, Slowakei, Ukraine und viele andere). Wenn schon Sanktionen – dann bitte konsequent. – Dr. habil. Roland Wagner-Döbler

 


 

 

Leserbrief zu „Der Zweifel. Quarks sind so real wie der Papst“ von Ulrich Schnabel

 

Jede ernsthafte Betrachtung einer physikalischen Theorie muss unterscheiden zwischen der objektiven Realität, die unabhängig von irgendeiner Theorie ist, und den physikalischen Konzepten, mit denen die Theorie arbeitet, und mit denen wir uns diese Realität vorstellen. Um den Erfolg einer physikalischen Theorie zu beurteilen, muss man fragen:“Ist die Theorie korrekt?“ Nur in dem Fall, in dem diese Frage positiv beantwortet werden kann, können die Konzepte der Theorie als zufriedenstellend bezeichnet werden. Die Richtigkeit der Theorie wird anhand der Übereinstimmung zwischen ihren Schlussfolgerungen und der menschlichen Erfahrung beurteilt. Diese Erfahrung, die es uns allein ermöglicht, Rückschlüsse auf die Realität zu ziehen, beruht in der Physik auf Experimenten und Messungen.

Murray Gell-Mann hat die Quarks zur Erklärung des Baryonen-Spektrums aus Symmetriebetrachtungen abgeleitet. Kwan C. Chiang hat dazu seinen Überlegungen andere Symmetrien zugrundegelegt, die ohne die Forderung von Quarks auszukommen scheinen (er drückt sich sehr vorsichtig aus). Mithin haben wir zwei konkurrierende Schlussfolgerungen, von denen keine experimentell nachgewiesen ist. Aus diesen Überlegungen ist zu folgern, dass Sätze des Authors wie “Quarks sind so real wie der Papst” oder “Solange genügend “(viele) “Physiker an sie glauben, existieren sie”, nicht nur wissenschaftlich unhaltbar sind. – Dr Dietrich Schwela

 


 

 

Leserbrief zu „Er sagt. Sie sagt“. Gespräche geführt von Sarah Levy

 

Die Paar-Interviews „Getrennt befragt“ lese ich besonders gerne und es freut mich, dass die ZEIT hier auch die Diversität der Gesellschaft widerzuspiegeln versucht – mit gleichgeschlechtlichen Partner*innen, solchen mit großem Altersunterschied oder eben wie in der letzten Ausgabe mit einem Schwarzen deutschen Paar. Ich hoffe, dass dieses Zuwortkommenlassen gerade auch von Minderheiten in der Mehrheitsgesellschaft Vorurteile gegen Minderheiten abbauen kann. Dass Menschen sehen: das ist etwas völlig normales, LGBTQ*-Paare, Schwarze Deutsche, Paare mit großem Altersunterschied, diese Personen sind Teil unserer Gesellschaft.

Es hat mich gefreut, dass Sie „Schwarz“ großgeschrieben und das N-Wort nicht ausgeschrieben haben, denn leider ist das noch nicht in allen Medien gängig. Dass die Verwendung diskriminierungssensibler Sprache im Disclaimer nach dem Artikel noch erkärt (und damit quasi gerechtfertigt) wurde, hat mich etwas irritiert und zeigt, dass wir als Gesellschaft hier noch einen weiten Weg vor uns haben. Ich hoffe, dass wir bald an einem Punkt sind, an dem es selbstverständlich ist, dass wir nichtdiskriminierende Sprache benutzen. Nicht, weil es uns jemand vorschreibt (die in Kommentarspalten sozialer Medien heraufbeschworene „Sprachpolizei“), sondern weil wir es möchten. Weil uns wichtig ist, andere mit unseren Worten nicht zu diskrimieren oder zu verletzen. – Daniela Brock

 


 

 

Leserbrief zu „Profit oder Menschenrechte? Wie halten sie es mit China?“ von Claas Tatje

 

Im Wirtschaftsteil Ihrer letzten Ausgabe find ich auf S.21 einen Artikel mit dem Thema: „Profit oder Menschenrechte? – Wie halten sie es mit China?“ 8 Seiten weiter finde ich eine ganzseitige Anzeige von TikTok – einem nicht ganz unumstrittenen Dienst aus China….. Das hat mich doch sehr verwundert – und deshalb meine Frage: Wie halten SIE es denn mit China ?? Sehe Ihrer Antwort mit Interesse entgegen… – Jörn Jans

 


 

 

Leserbrief zur Infografik „Multitalent“ von Oriana Fenwick (Illustration) und Mats Schönauer (Recherche)

 

Schade, dass bei Ihrer Infografik Botanik über die Kokosnuss, beim Öl-wechsel plötzlich das Palmöl (von der Ölpalme, Elaeis guineensis) auftaucht, ohne jegliche Erklärung woher es kommt. Bitte präziser recherchieren! – M.Klemm

 


 

 

Leserbriefe zu „Das Tier meines Lebens“ von Ilka Piepgras im ZEIT Magazin

 

Ein gelungener Artikel den ich gerne gelesen habe. Der Autorin ist für ihre Ehrlichkeit zu danken, damit hat sie gewiss vielen anderen „Hundeeinsteigern“ geholfen. Ich gebe zu: ich gehöre zu der Kategorie von Hundehaltern, die gefragt haben: „Ist das ihr erster Hund?“ Wer mit einem 50kg-Berner-Sennen-Rüden beginnt, ist fast wie ein Fahranfänger, der seine Fahrstunden auf einem Massarati absolviert. Man sollte nie mit Internetbildern einen Hund aussuchen und sich schon gar nicht direkt herzigen Welpen aussetzen. Da bricht jede Vernunft zusammen. Stattdessen ruhig analysieren: Was bin ich für ein Mensch und welcher Hund passt dann zu mir? Es gibt inzwischen gute Fragebögen, die dabei helfen.

Sehr schön hat die Autorin die Entwicklung ihres Hundes geschildert, ein gutes Stück Hunde-Entwicklungspsychologie. Eine kluge Entscheidung, den Hund nicht kastrieren zu lassen, inzwischen sprechen sich Fachleute wie Dr. Udo Gansloßer eindeutig dagegen aus. Gut auch zu sehen, dass eine große Stadt wie Berlin ein Heer von professionellen Helfern hat, die der Hundehalterin bei fast allen Problemen weiterhelfen. Die Schlusspassage des Artikels ist stark, weil sie zeigt wie viel positive Energie ein Hund in einen Familie bringen kann. Und völlig stimme ich damit überein, dass man jedem Hund ein Stück seiner Wildheit lassen muss und ihn nicht völlig zum Zivilisationskrüppel werden lassen darf. – Thomas Oesterle

 

Ich habe in Ihrem neuen MAGAZIN vom 17.9. S.17ff den Text „Das Tier meines Lebens“ von Ilka Piepgrass gelesen und möchte Ihnen meine kleine Satire schicken, die sich ebenfalls mit dem Hund beschäftigt: Der Hund, die Stadt und der Müll „Der Hund ist des Joggers Feind“, so heißt es in in Bruno Bettelheims grundlegendem Werk „Die psychosoziale Befindlichkeit des Hundes unter Berücksichtigung seiner genetischen Ausstattung“ (Boston 1938). Diese eindeutige und unmissverständliche Formulierung über die aggressive Fixierung des Hundes auf den joggenden Menschen lässt sich anhand von Beobachtungen, z.B. in den Münchner Isarauen oder am Dutzendteich in Nürnberg jederzeit empirisch exemplifizieren. Täglich gehen dort Hunderte -meist Frauen- mit ihren frei laufenden Hunden spazieren und registrieren emotionslos, wie ihre „Vierbeiner“ über die Jogger herfallen, sie wild anbellen oder gar zu Boden werfen.

Sozial sensible Hundebesitzer raffen sich höchstens zur Bemerkung auf: „Der macht nichts, der will nur spielen“. Wenn behauptet wird, dass z.B. München eine Single-Zentrale sei, dann vergessen die kommunalen Statistiker, dass sie die Hunde von Single-Frauen hinzurechnen müssten, denn sie sind in jeder Hinsicht die Partner ihrer Besitzerinnen, sodass diese damit nicht mehr den Status des Singles erfüllen. Ähnlich, wie in der menschlichen Gesellschaft sind die aggressivsten Exemplare der Gattung Hund die männlichen Kleinwüchsigen: Sie bellen am lautesten und beißen am schnellsten. Ein Betrunkener hat mir einmal im Fahrstuhl entgegen gelallt: „Hüten Sie sich vor kleinen Menschen!“ Auch in der Hunde-Sozietät gilt: Je kleiner, desto schlimmer. Beispiele aus der Geschichte und der aktuellen Politik bestätigen diese Beobachtung vom aggressiven Charakter der Kleinwüchsigen bei Mensch und Hund nachdrücklich.

Was ist ein Hund? Der berühmte Kurt Tucholsky hat ihn in seinem „Traktat über den Hund“ (1927) mit Bezug auf den Philosophen Leibniz als „ein von Flöhen bewohnte(n) Organismus, der bellt“ definiert und die Hundehalter als „die rücksichtslosesten Menschen auf der Welt“ beschimpft. In diesem Zusammenhang stellt sich natürlich auch die Frage nach dem Menschen, dem „alter ego“ des Hundes. Ihn bezeichnet Tucholsky als ein „Lebewesen das klopft, schlechte Musik macht und seinen Hund bellen läßt“. Und er ergänzt in einem fingierten Schüleraufsatz über den Menschen: „Neben den Menschen gibt es noch Sachsen und Amerikaner, aber die haben wir noch nicht gehabt und bekommen Zoologie erst in der nächsten Klasse“(1931).

Nürnberg z.B. ist eine Hunde-freundliche Stadt, und in der Stadtverwaltung gibt es eine eigene Hundeabteilung, die von einem als Foxterrier verkleideten Beamten in der Besoldungsstufe A 13 geführt wird, der die Besucher, wie es sich für einen eifrigen Beamten gehört, anbellt. Für den Jogger existiert keine vergleichbare Institution, die seine Interessen vertritt. Er tritt auf der Stelle und kann sich vor der Hunde-Meute nur durch Flucht entziehen. Alle Versuche, eine Koexistenz von Hund und Jogger herzustellen, scheitern zumeist an den Besitzern des Tieres, die im Jogger ihren natürlichen Feind sehen.

Welche herausragende Bedeutung der Hund für die bayerische Gesellschaft hat, dokumentiert nachdrücklich die populäre Redewendung „A Hund is er scho“. Diese Aussage adelt den Menschen mehr als der bayrische Verdienstorden, denn hier wird der Mensch mit dem Hund auf die gleiche Stufe gestellt, und das will in einer Hunde-fixierten Gesellschaft schon etwas heißen. Jogger und Hund, das ist ein weites Thema, das dringend einer eingehenden wissenschaftlichen Untersuchung bedarf, und hier sind die Universitäten gefragt, die -betrachtet man die philosophische- bisher mehr den Menschen als den Hund in das Zentrum ihrer Forschung gestellt haben. Die Zukunft gehört zweifellos dem Hund und nicht dem Menschen, das erfahren Jogger täglich in einer Stadt, die sich als Experimentierfeld für soziale Konflikte ausweist. Politik und Gesellschaft haben die herausragende Bedeutung des Hundes bisher viel zu wenig in ihr Denken und Handeln einbezogen.

Die bayerische SPD z.B., die bisher vergeblich nach politischen Alternativen zur regierenden CSU gesucht hat, wäre gut beraten dem Hund in ihrem Parteiprogramm eine größere Bedeutung einzuräumen. Denn dem Hund und nicht dem Jogger gehört die Zukunft. Dass der Hund auch integraler Bestandteil des Bildungssystems ist, bewies die im Bayerischen Fernsehen vorgestellte Aktion vom „Lesehund“. Er soll gemeinsam mit pädagogischem Personal Kindern mit Leseschwierigkeiten helfen, ihre Lesedefizite abzubauen, indem er am Unterricht teilnimmt und eine spannungsfreie Atmosphäre schafft.

Der „Lesehund“: die Alternative zum menschlichen Pädagogen, das wäre moderne bayerische Bildungspolitik, die in Zeiten klammer Haushalte durchaus attraktiv ist. Und in Nürnberg konnte man kürzlich in der Zeitung lesen: „Staatstheater kommt auf den Hund“, denn die Schauspielinszenierung benötige „noch dringend Hunde, genauer gesagt Rottweiler, Dobermänner und Schäferhunde“ für ihr Theater. Von Menschen war hier nicht die Rede, aber dafür vom Hund. Übrigens: Überall in unseren Städten findet man zudem den Hundedreck, die glückliche Hinterlassenschaft unseres geliebten „Vierbeiners“ die nachdrücklich die Allgegenwart des Hundes für die „Zweibeiner“ -auch im Stadtbild- eindrucksvoll dokumentiert. Fazit: Der Hund ist überall, der Mensch noch nicht! – Dr.Hennig

 

Herzlichen Dank für ihren wunderschönen, vielschichtigen und liebevollen Artikel. Wir sind langjährige Zeitabonnenten und waren selten so berührt. Natürlich passt er sehr schön in die COVID-Zeit, aber er ist auch unabhängig davon ein Juwel. Wir haben auch einen Berner, eine Hündin (oder „Bärli“ wie die Schweizer die Rasse nennen; schon nahe dran an ihrem „Teddy“ :-). Wir sind auch Ersthundhalter (nach einem Einbruch und diversen Traumata) und können so viel von dem nachvollziehen, was sie erlebt und gefühlt haben, mit Ersthund im allgemeinen und mit Bernern im besonderen, ihren starken Emotionen einerseits und ihrer tiefentspannten Gelassenheit andererseits, etwas das vielleicht nur Berner-Halter richtig schätzen können.

Wir treffen ab und an Leute, die Chewie (so heisst sie, benannt nach dem unvergessenen Chewbacca) unbedingt streicheln wollen und dann erzählen, dass sie auch mal einen Berner hatten und sie „die besten“ (Hunde) sind. Für die Berner als Familienhund und ab und an als Unterstützung bei kleineren Familien-„Therapien“, individuell oder gemeinsam, stimmt das ganz bestimmt. – Erika de Lima u. Stefan Pappe

 

Ein schöner Artikel. HundefreundInnen geht sicher das Herz auf. Schade, dass die Autorin dieses besonders für eigenständige Aufsichts- und Wachaufgaben in Haus und Hof gezüchtete Nutztier nicht artgerecht halten kann (will?). Seit vielen Jahrzehnten geben sich bewußte Züchter Mühe, geeignete Nutzkandidaten zu züchten, die den Arbeitsanforderungen der BesitzerInnen gerecht werden. Und dann kommen diese Tiere in Hände, die nicht verstehen. Aber dieses Schicksal teilen ja fast alle am Nutzen orientiert gezüchtete Hunderassen (Pirsch- und Jagdhunde, Herden- und Hütehunde, Apportierer, Rattenjäger, etc.). Entfernte Verwandte von mir „halten“ einen Hovawart in der Wohnung und sind weitgehend ohne Besuch. Der passt halt mächtig auf. – Wolfgang Siedler

 

Ihr Artikel, einfach spitze . Sehr schön Wir haben uns Komplett wiedergefunden , beginnend mit dem aussuchen und ersten Autofahrt Wie Sie unten sehen , das ist franz , 6 Jahre und wohnen in Köpenick. Dort hat meine Frau auch eine kleine Buchhandlung Auch am Hunde Auslauf sind wir regelmäßig Dazu hat Franz auch schon in Löwenzahn als Keks mit gespielt , siehe Foto Wenn sie mal einen Erfahrungsaustausch wollen , was sie in den nächsten Jahren mit ihrem Berner erwartet , melden Sie sich für einem Café am Müggelsee oder am Auslauf . Da können wir sehen , ob die Kerle sich verstehen Immerhin mehr als 20 Jahre Berner Erfahrung. – Ludwig Winkelhaus

 

Danke für den schönen Artikel über ihren ersten Familienhund. Wir (Vater 51, Sohn 13) stehen auch kurz vor dieser Entscheidung. Besonders nahegegangen ist mir die Situation in der sie sich so überfordert gefühlt haben „wie ein Vater der zum ersten mal sein Baby wickelt“. Da kam mir meine erste Fahrstunde in den Sinn, da habe ich mich gefühlt wie eine Frau die das erste mal einparkt. ;) – Markus Wenzel

 

Ihr Artikel hat uns ( U. /E. Bernhard ) zutiefst berührt. Auch unsere Töchter ( Jungleser eurer Zeitung ) waren begeistert! Endlich mal ein Positivum in Corona Zeiten,ein Hoch auf alle gewissenhaften Hundehalter, danke. – U. B.

 

Seit drei Tagen überlege ich, wie ich meine Begeisterung über die Hunde-Story im neuesten Zeitmagazin an den Mann und die Frau bringe. Und ich machs jetzt einfach auf diesem Weg, per digitalem Leserbrief, weil auf Insta und FB wird ja mal wieder alles komplett zerredet… So toll geschrieben, bewegend, witzig, fesselnd und lehrreich – klar, trifft der Text wahrscheinlich nur bei Hundebesitzern des Pudels Kern, aber davon gibt es ja wahrlich genügend. Vielen Dank an Ilka Piepgras! – Kerstin Stoll

 

Jede Woche freue ich mich auf das ZEIT-Magazin. Für mein Abo ist das der Hauptgrund. Diese Woche hat es mich so besonders begeistert: Die neue Rubrik „Da draußen“ finde ich eine wunderbare Idee – auch hier die persönliche Tonlage, die ich so gerne mag. Noch mehr gefreut hat mich der Artikel von Frau Piepgras über ihr Leben mit dem Hund: So einfühlsam, so ehrlich, so tiefgehend … Ich kann gar nicht so recht sagen, was die Faszination ausmacht. Ein wunderbarer Text! Ich danke Ihnen für Ihr Magazin – und ganz besonders für diesen Text! – Hermine Edelmann

 

Mit großem Interesse habe ich Ihren Bericht über den Familienzuwachs in Form eines Hundes gelesen. Wie schade, dass da niemand an Ihrer Seite war, der etwas über die neueren Erziehungsmethoden wusste. Erziehen mit Strafe ist oft für beide Seiten schmerzhaft und darüber hinaus sehr oft nicht zielführend. Unterstützt von wissenschaftlich fundierten Studien hat sich das Erziehen mit Lob und Belohnung als der sinnvollere, nachhaltigere und für alle Beteiligten wesentlich erfreulichere Weg gezeigt. Es ist nie zu spät sich noch umzuorientieren. Sollten Sie mit Ihrem Hund mit Spiel und Spaß lernen wollen, finden Sie hier sicher eine Hundeschule, die Ihnen das bieten kann. Ohne Metallkettengerassel. https://www.hundeschulen.de/menschen-mit-hund/hundeschule-finden.html. – Dr. phil. Alexandra Bechter

 

Ihre Leidensphase in den ersten eineinhalb Jahren mit Teddy können wir ganz nachempfinden ,waren wir doch auch während 20 Jahren “ Besitzer“ von nacheinander zweier Berner Sennhündinnen ,die in nichts nachstanden im Verhalten zu ihrem Teddy .Der einzige Vorteil einer Hündin war das Ausbleiben eines gehobenen Beines zur Markierung des eigenen Reviers ,was für uns neben der etwas geringeren Größe auch ein Hauptgrund zum Erwerb eines Berner Hündin war.Wir hatten uns im Berner Oberland in die Hunderasse verliebt ,wo wir jährlich vorwiegend in der Skisaison jeweils mit Mascha und später Ronja in Ferienwohnungen logierten.

Zweimal täglich ging es bei uns zu Hause in die Ausläufer des pfälzer Waldes ( Homburg/Saar) schon wegen der dicken Haufen ,die von Anbeginn im dichten Gestrüpp landeten ,so daß sie nicht in die wohl etwas kleinen Tüten bugsiert werden mußten.Auch war tägliches Lauftraining erforderlich ,das kontinuierlich bis zu 20 km ausgedehnt werden konnte .Neben der Fitnes bleben beide Hunde relativ schlank . In den ersten Monaten wurde der Garten mit Gräben durchzogen und gelegentlich meine Frau mit fletschenden Zähnen umrundet ,so daß sie sich bedroht fühlte und auch an eine Rückgabe an den Züchter dachte. Die heißen Pfasen ließen sich gut mit einer Halbjahres- Hormonspritze bewältigen .Mascha mußte mit etwa vier Jahren an einem Mammacarcinom operiert werden ,starb aber später erst mit 8,5 Jahren an einer Niereninuffiziens ,unter der ja viele Berner leiden sollen. Ronja wurde 12 Jahre alt und hat damit deutlich die übliche etwas kurze Lebenserwartung von Berner Sennhunden überschritten. Beide waren echte Familienmitglieder mit Hund gerechtem Auslaufmöglichkeiten im großen Garten und nahem Wald auf dem Schloßberg. Wir wünschen Ihnen und Ihrer Familie weiterhin viel Freude mit Teddy !

Unser jetziger Begleiter ist ein Retrieverweibchen,von der Tochter erworben ebenfalls als Familienhund, was er auch ist ,jedoch mit dem Temperament eines wilden Hundes mit Jagdtrieb , vom Psychologen(!!) als zurückhaltend und ermächtigt getestet.Einmal mußte ich mich bis auf die Unterhose ausziehen und in den Karlsbergweiher steigen ,weil Juna nicht ablassen wollte in der Verfolgung einer Entenmutter mit ihrem Kleinen. Ich mußte sie schwimmend am Halsband greifen und aus dem Wasser ziehen! – R. u. E. Schuh

 

In Ihrem Beitrag über Ihren Hund in der aktuellen ZEIT haben Sie einen wundervollen Satz formuliert, für den ich mich herzlich bedanken möchte: „Seither habe ich den Eindruck, auf dem Rückweg zu sein – zurück ins Nichts, aus dem ich gekommen bin.“ Ein fast identischer Gedanke hat mich nämlich neulich überrascht, wobei er bei mir nicht mit dem „Nichts“ endete, sondern mit dem „Alles“. Ich bin übrigens auch Jahrgang 1964. Vielleicht sind das Gedanken, die etwas mit unserem Alter zu tun haben? Meine Frau hatte früher auch Hunde und hat bei so manchem Satz aus Ihrem Artikel, den ich ihr vorlas, lachen bzw. schmunzeln müssen :) – Werner Winkler

 

Schön zu lesen, dass Halter von Hunden sich so verantwortungsvoll und mit Hingabe für ihre Tiere einsetzen und der Hundehaltung so viel abgewinnen können. Mit der Haltung von Hunden und Katzen sind allerdings auch Probleme verbunden, die uns alle betreffen. In den Futtermitteln von Hunden und Katzen stecken Produkte aus der Massentierhaltung. Die Dosen, in denen das Futtermittel verpackt wird landen auf unseren Müllbergen. Energie und Rohstoffe werden bei dem Transport und der Produktion dieser Futtermittel verbraucht. Es gehört zwar mittlerweile zum Standard den Hundekot von unseren Wegen, Parks und Spielflächen zu entfernen aber sorgfältig in Plastik verpackt landet der Kot im Restmüll und in der Müllverbrennung. Hunde müssen ausgeführt werden, damit sie ihr Geschäft verrichten können. Sie brauchen Platz zum Laufen und Toben. In der Stadt und auf dem Land nehmen Hundebesitzer dafür unsere öffentlichen Flächen und Naturräume in Anspruch. Alle anderen müssen diese Flächennutzung so hinnehmen, auch wenn sie sich von Hunden gestört oder gar bedroht fühlen.

Katzen nehmen den Platz, den sie brauchen weniger auffällig in Beschlag. Sie laufen in der freien Natur oder im besiedelten Gebiet herum. Eine Gefahr für heimische Vögel und andere heimische Tiere unserer Naturlandschaft. Aber selbst eigene Grundstücke und Flächen können wir nur schwer davor schützen, dass Katzen in ihnen herumstreifen und jagen. In jedem zweiten deutschen Haushalt soll es im Schnitt mittlerweile einen Hund oder eine Katze geben. Eine Art Massentierhaltung in deutschen Privathaushalten! Es sollte eine angemessene kritische Auseinandersetzung darüber geben, welche Auswirkungen die Haustierhaltung mit sich bringt.

Aus Sicht der Haustierhalter mag das eine kleinliche Aufrechnung sein und die Haustierhaltung als gesamtgesellschaftlich zumutbar einstuft werden. Ähnlich werden Autofreaks über ihre Autonutzung und den Artikel „Die Stadt ohne Autos – geht das?“ (Zeit-Artikel vom 17.9.20) denken. Es geht um individuelle Entfaltung, Statussymbol und persönliche Freiheit. Aber es geht eben auch um verantwortungsvolles Handeln gegenüber Umwelt und Gesellschaft. Wenn wir die Verantwortung gegenüber unserer Gesellschaft und unserer Umwelt ernst nehmen, sollten wir unser Handeln und unser Konsumverhalten überdenken. Das Ergebnis unserer Überlegungen könnte bedeuten, dass wir häufiger auf das Auto verzichten, weniger Fleisch konsumieren, weniger Flugreisen unternehmen oder eben auch auf ein Haustier verzichten. – Sebastian Dorn

 

Vielleicht soll der Beitrag von Ilka Piepgras zum Hund ihres Lebens witzig sein, ist es aber nicht. Als ehemalige Hundebesitzerin wundere ich mich erstens über so viele Schwierigkeiten im Zusammenleben mit einem Hund, muss aber zweitens auch sagen, dass man als Stadtbewohner und Ersthundebesitzer nicht unbedingt einen Berner Sennenhund von weit her holen muss, sondern sich – vielleicht auch aus einem Tierheim – einen wohnungsgerechteren Hund, besser noch eine Hündin, hätte anschaffen können. Ein Sennenhund ist dazu bestimmt, in Dauerbewegung auf großen Geländen relativ autonom Herden zu betreuen und nicht sein Leben in einer Wohnung als Kuschelbär und Selbsfindungsobjekt zu verbringen. – Prof. Michaela Böhmig

 

Damit ist dann wohl sehr ausführlich und mäßig interessant beschrieben was man „auf den Hund gekommen“ nennt. Wer´s braucht… – Achim Hauck

 


 

 

Leserbriefe zu „ICH BRAUCHE EINE RETTUNG. MARIEKE KLEIN“ Gespräch geführt von Felicitas Breschendorf im ZEIT Magazin

 

„Eine Lerntherapie ist eine Entlastung für die ganze Familie.“ Dem ist eigentlich nur noch hinzuzufügen „…und die gesamte Gesellschaft!“ Denn Lerntherapie schafft, was Schule oft vergeblich versucht – sie ermöglicht auch Kindern die Teilhabe am Lernen und Leben, die im regulären Unterricht nicht mitschwimmen können. Früh genug unterstützt, holen diese Kinder sehr oft zu den anderen in ihrer Alterskohorte auf, können ihr Potential entwickeln und meist ohne langfristige Begleitung Schule und Ausbildung abschließen.

Leider geht die Kinder- und Jugendhilfe noch immer davon aus, dass Lerntherapie als spezielle Form der Unterstützung zum Ende der Grundschulzeit ausreicht und Lerntherapeut*innen gelegentlich auch ohne spezielle Ausbildung beauftragt werden können. Lese-, Rechtschreib- und Rechenschwäche können aber um so nachhaltiger beseitigt werden, je früher sie zur Verfügung stehen. Das ist eine Aufgabe für Spezialist*innen mit fundierter Ausbildung. Die frühe Bewilligung von Hilfen und die Beauftragung nur von zertifizierten Lerntherapeut*innen sind hier die kritischen Erfolgsfaktoren. Damit ließen sich viel Leid der Kinder und mancher zu spät bewilligte Euro einsparen. – Heinrich B. Pieper

 

Ihr Interview mit MARIEKE KLEIN in der Rubrik “Ich brauche eine Rettung” ist informativ und inhaltlich treffend. Als Leserin und Lerntherapeutin habe ich nur drei Dinge hinzuzufügen: 1.) Wenn die Situation von Schülern während des Home-Schoolings beschrieben wird, wird selten erwähnt, dass den Schülern nicht nur das persönliche Feedback der Lehrer fehlte, sondern dass viele Schüler am Tage auf jüngere Geschwister aufpassen mussten, während die Eltern arbeiteten. 2. )Es bleibt erstrebenswertes Ziel, dass Lehrer und Lerntherapeuten von einander Notiz nehmen und kooperieren in dem Sinne, dass Lehrer Profis sind im Führen einer ganzen Klasse und Lerntherapeuten Experten in Sachen Lernen mit dem einzelnen Kind. 3.) Ein Kind, das den Anschluss an seine Klasse verliert, sollte möglichst zeitnah Lerntherapie und Lernförderung bekommen. Es kostet Zeit, Nerven und Geld, den Seelenknoten eines Kindes (“Ich bin dumm.”) aufzulösen. – Brigitte Kösters-Dwenger

 

Mit Freude und Überraschung sehe ich den kleinen Artikel über eines der führenden Aus-und Weiterbildungsinstitute im Bereich der Lerntherapie. Wie gut, dass unser Berufszweig einmal Öffentlichkeit erfährt, auch wenn der Anlass (Corona) eher traurig stimmt. Ja, gerade jetzt brauchen viele Kinder besondere Hilfen, gerade die mit Lernschwächen und Teilleistungsstörungen (Legasthenie/Dyskalkulie). Keine Lerntherapiepraxis ist derzeit geldlich auf Rosen gebettet, auch zahlen nicht alle Jugendämter Formen der Online-Therapie. Aber der Bedarf an Unterstützung ist gerade jetzt enorm. Ich hatte selten so viele Anfragen nach Therapie wie jetzt. Es wäre gut, wenn Sie auch weiterhin über diesen Bereich der Lernförderung schreiben würden, vor allem über den Fil-Verband, der sich unermüdlich um die Qualität der Ausbildung sorgt und den neuen BLT -Verband, der das einheitliche Berufsbild der Lerntherapeuten voranzubringen versucht. – Hildegard Eich

 

Mit großem Interesse habe ich Ihr Interview mit Marieke Klein vom Kreisel e.V. Hamburg gelesen. Ich selbst habe meine Weiterbildung zur Integrativen Lerntherapeutin beim Kreisel absolviert. Um so mehr freut es mich, dass das Thema Lerntherapie in Ihrer Zeitung aufgegriffen und so einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Lernschwierigkeiten wie LRS/ Legasthenie und Dyskalkulie sind in der Gesellschaft wenig bekannt, betroffene Kinder und ihre Eltern kämpfen häufig viele Jahre um Diagnosestellung, angemessene Förderung und Anerkennung seitens der Schule. Die meisten Kinder mit Lernschwierigkeiten entwickeln massive psychisch-emotionale Beeinträchtigungen, die sich zum Beispiel in Schulangst bis hin zu Schulverweigerung äußern.

Die aktuelle Situation bedingt durch die Corona-Pandemie hat diese Schwierigkeiten auf allen Ebenen verschärft. Während des Lockdowns fanden keine Lerntherapien statt, ganz zu schweigen vom Schulbesuch. Das wiederum bedeutet, dass etwaige Lernschwierigkeiten nicht auffielen, Testungen nicht in die Wege geleitet wurden und Diagnosen nicht gestellt werden konnten. Als LerntherapeutInnen wünschen wir uns mehr öffentliche Aufklärung rund um das Thema Lernen und Lernschwierigkeiten, eine Anerkennung des Berufsbildes Lerntherapie und die Selbstverständlichkeit von lerntherapeutischer Arbeit IN Schulen als Teil multiprofessioneller Teams im Rahmen der Inklusion! – Stefanie Kalus-Winter

 

Integrative Lerntherapie – jetzt erst recht!Mit der Zunahme von schulischen Lern- und Leistungsstörungen hat sich Lerntherapie als feststehende, wenn auch nicht geschützte, Bezeichnung im Bereich möglicher Förderung etabliert. In jeder Schulklasse sitzen circa ein bis zwei Kinder, die mehr Unterstützung benötigen als das, was Schule gegenwärtig zu leisten vermag. Die Ergebnisse der PISA-Studie 2018 haben gezeigt, dass in Deutschland 21 Prozent der 15-jährigen Schülerinnen und Schüler große Mühen haben, komplexe Texte zu lesen und zu verstehen.

Lesen&Schreiben bleiben, auch in Zeiten digitaler Bildungskonzeptionen, Schlüsselqualifikation zu allem sonstigen schulischen Lernen. Das Entwickeln von Grundvorstellungen zu mathematischen Operationen ist Kernkompetenz im Aufbau von individuellem Problemlösungsverständnis und Handlungsplanung. Lerntherapie ist dabei zu einem gängigen Baustein außerschulischer Förderung geworden, ohne dass der Zugang zu dieser Unterstützung hinreichend geregelt ist.

Die sinnvollerweise frühe Förderung liegt bisher fast ausschließlich im Bereich der privaten Finanzierung – wer kann das schon? Die durch Träger finanzierte Lerntherapie kommt aufgrund der Regularien oftmals erst zum Ende der dritten oder aber der vierten Klassen zustande – diese Kinder erleben über lange Zeit einen Spagat zwischen den weiterhin bestehenden Anforderungen und ihrem aktuellen Lernstand. Lerntherapie bietet denen im Schulalltag abgehängten Kindern einen Schutzraum, in dem sie Kraft ihrer Ressourcen wieder Zugang zur Weiterentwicklung ihrer Kompetenzen finden können.

Können wir hier von Minimierung sozialer Disparitäten (erklärtes Ziel laut Bildungsbericht 2020!) sprechen, wenn die volle oder anteilige Finanzierung einer Lerntherapie von den Familien aufzubringen ist? Noch dazu zeigen die 2018 veröffentlichten Ergebnisse der „Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland“ (KiGGS), „dass sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche einen schlechteren allgemeinen Gesundheitszustand und häufiger gesundheitsbezogene Einschränkungen aufweisen“. Untersucht wurden hier u.a. Mangel im Bewegungsverhalten und Ernährungsfehlverhalten – maßgebliche Voraussetzungen für gelingendes Lernen. Längst sind Lese- und Rechtschreibstörung (F81.0), Isolierte Rechtschreibstörung (F81.1) und Rechenstörung (F81.2) als Umschriebene Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten (F81) in der ICD-10, dem geltenden Klassifikationssystem medizinischer Diagnosen, erfasst. Wieso aber ist nach wie vor kein Zugang zur Lerntherapie im Bereich der Heilmittel angesiedelt?

Und dann noch … auf Seiten der Leistungserbringer, zum überwiegenden Teil Frauen im Übrigen, ist weder die Finanzierung der Weiterbildung, im Range einer Aufstiegsfortbildung, noch das Honorar adäquat geregelt. Die zurückliegende gesundheitspolitische wie auch bildungspolitische Entwicklung hat den Bedarf dieses neuen Berufsbildes hervorgebracht – nun bedarf es der notwendigen Regelungen der staatlichen Ausbildungsförderung sowie Vergütung. Andernfalls zerschellen die Bemühungen jahrzehntelanger Aufbauarbeit und vorhandene Ressourcen möglicher Daseinsvorsorge. Hilfe, wir brauchen eine Rettung!! Das Problem der Fachkräftesicherung ist kein Privatvergnügen, sondern gehört zum staatlichen Bildungsauftrag. – Gunhild Reinicke

 

Ich habe einen Artikel zum Thema Lerntherapie weitergeleitet bekommen und möchte gerne zum Thema Gendern kommentieren, da der Rollback in die maskuline Form für mich unerträglich ist: Bequemlichkeit und Ignoranz sind unsere größten Schwächen, zu erklären, dass Gendern im Schrift- und Verbalsprachlichen müßig oder gar unnnötig sei, ist der beste Beweis. Eine ausschließliche Nennung der maskulinen Berufsbezeichnung aufgrund von Überforderung oder oben genanntem führt zu einem Sich-übergangen-fühlen beim (weiblichen) Gegenüber. Haben Sie sich mal mit Ihren Töchtern und Enkel:innen unterhalten, möchte sie Schüler sein oder von ihrem weiblichen Klassenlehrer berichten?

Im Folgenden ein Kommentar, den ich zu einem Essay im Tagesspiegel geschickt hatte (Die Autorin argumentierte, dass in England entschieden wurde, nur noch die männliche Form zu nutzen, da es mittlerweile jedem klar sein müsste, dass Schriftsteller etc. auch weiblich sein können und genau hier liegt für mich der Fehler, da ich genau das (alle Geschlechter können alles sein und haben diesbzüglich gleiche Rechte -> Paygap) noch nicht in unserer Gesellschaft erkennen kann. Daher und aus Gründen der Non-Binarität ist mir auch der Gender-Doppelpunkt so wichtig.)

Das Hauptgegenargument, dass ein Gendern den biologischen Unterschied eher betont, denn Geschlechter gleichstellt, greift nicht, da es genau darum geht. Es heißt eben nicht Alllivesmatter sondern Blacklivesmatter, um den Fokus auf BIPoC zu legen. So wie hier dient es als wichtige Brücke auf dem Weg zur Gleichbehandlung. Wenn wir also im Sprachgebrauch bei den Professionen nicht mehr gendern wollen, dann bitte der ausgleichenden Gerechtigkeit wegen, ab jetzt so: Thomas Meier wird Bundeskanzlerin, Stefan Müller ist Ärztin und Sebastian Schmidt Fußballerin. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird für mich jedoch ein */: unvermeidlich bleiben, um baldigst der inkorrekten Binarität zu entkommen. Des weiteren ist mir ein Rätsel, warum im Schriftsprachlichen die Anrede Herr und Dame Verwendung findet, im Verbalsprachlichen Herr und Frau.

Zur LerntherapieWunderbar und sehr wichtig, dass die Lerntherapie Eingang in das Zeit-Magazin gefunden hat. Laut der letzten LEO-Studie von 2018 befinden sich ca. 12 % der Erwachsenen in Deutschland auf einem Literalitätsniveau des Alpha-Levels 1-3, d.h. auf der Buchstaben-, Wort- und Satz-Ebene. Die Text-Ebene erschließt sich ihnen noch nicht. Das sind 6,2 Millionen Menschen in Deutschland! Siehe link: https://leo.blogs.uni-hamburg.de/wp-content/uploads/2019/05/LEO2018-Presseheft.pdfAus diesem Grund sind Institute, wie der Kreisel in Hamburg, von besonderer bildungspolitischer Bedeutung. IBB-Gelder wurden zügig und großzügig verteilt, waren und sind jedoch nicht ausreichend. Einrichtungen dieser Art sollten also von einer besonderen Förderung profitieren, denn ohne sie wird es weniger Gleichberechtigung in den Bildungs-Biographien unserer Kinder und der späteren Erwachsenen geben. – Franziska Bender

 

Vielen Dank für diesen Artikel! Es ist einfach so wichtig in der Öffentlichkeit die Möglichkeiten bekannt zu machen, die Lerntherapie Kindern und Jugendlichen bietet und die Familien entlastet. In Zeiten der Pandemie, durch Lockdown und fehlenden Schulbesuch sind Kinder, die eh schon Probleme haben, noch mehr benachteiligt und benötigen dringend diese qualifizierte, lerntherapeutische Unterstützung. – Sabine Buschbeck

 

Vielen Dank für das Interview mit Marieke Klein im letzten Zeit Magazin. Der Beruf der Lerntherapeutin ist leider großen Teilen der Bevölkerung noch unbekannt, Eltern eines betroffenen Kindes oder Jugendlichen sind meist länger auf der Suche nach angemessener Hilfe. Leider fallen die Schwierigkeiten oft viel zu spät auf, ein frühes Eingreifen kann hingegen viel Kummer ersparen. In der heutigen Zeit nach dem Lockdown und den damit verbundenen Schulschließungen drängt sich geradezu auf, dass unser Bildungssystem mehr und differenzierte Angebote braucht für alle Kinder, unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten der Familie oder den Lernvoraussetzungen des Kindes selbst. Schön, dass Sie zu diesem Thema einen Anstoß gaben. – Uta Köke

 


 

 

Leserbriefe zu „Über Wörter, die alles offenlassen, die Last des eigenen Namens und die Schwierigkeit, sich selbst zu definieren“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

 

Spar mir n ordentlichen Text. H.Martenstein sollte über was schreiben wovon er vielleicht ne Ahnung hat absoluter Mumpitz voll daneben. Seit Seppels über scharfe Taschenmesser und Zähne verfügen essen 95% der BY’s ihre Weißwürste anders. Holareidulijö – Fritz Urban

 

Aus einer sensiblen Epoche grüßen – der Uli und die Gundi

 

Ich verspreche, solange Abonnent der Zeit zu bleiben, wie gedruckt wird, was Harald Martenstein schreibt. Das ist das einzige in der Zeit, was meiner Befindlichkeit wohltuend entgegen kommt. (Das ist eine Zuspitzung, um die Bedeutung dieser Stimme, nicht meiner, sondern seiner, hervorzuheben.) – Georg Andrae

 


 

 

Leserbriefe zu „Da draußen“ von Heike Faller im ZEIT Magazin

 

Ich gratuliere Ihnen zu der ersten Kolumne „Da draussen“. Das Thema interessiert mich sehr und es freut mich, dass es einen so wichtigen Platz direkt am Anfang des Magazins bekommen hat. Allerdings fühle ich mich genötigt, direkt nach der ersten Ausgabe einen Leserbrief zu schreiben. Das Taubenschwänzchen macht mir in unserem Garten in der Stadt Zürich immer besonders Freude. In unserer genossenschaftlichen Siedlung haben wir uns schon vor Jahren die Förderung der Biodiversität zum Ziel gesetzt. Wir setzen auf naturnahe Gärten, die Wahl einheimischer Pflanzenarten und Dünge- und Pestizidverzicht. Mit viel Überzeugungsarbeit und tatkräftiger Hilfe haben wir auch die Gärten von invasiven Neophyten befreit. Die Arbeit hat sich gelohnt: In den letzten Jahren gab es einen erfreulichen Anstieg von Insekten, Gartenvögeln und Fledermäusen zu verzeichnen.

Umso bedauerlicher finde ich es, dass in der Kolumne empfohlen wird, Sommerflieder anzupflanzen. Buddleja davidii ist ein invasiver Neophyt, der die einheimischen Arten verdrängt und sich oft unkontrolliert und stark in der Natur ausbreitet. Zudem lockt er Schmetterlinge durch seinen Geruch an, bietet den Raupen aber keine Nahrungsgrundlage. Er ist also mehrfach problematisch und ist in der Schweiz informationspflichtig. Der korrekte Umgang damit sollte jedem Gärtner bewusst sein (Blütenstände vor Samenreife abschneiden, Samenstände in geschlossenen Behältern in Biogas- oder Kompostieranlagen über 65Grad entsorgen). Es wird empfohlen, diese Pflanze im Fachhandel nicht mehr anzubieten.

Um Schmetterlinge im Garten anzulocken braucht es Nektarpflanzen für die Schmetterlinge (z.B.Mohn, Nelken, Lavendel, Mädchenauge, Sonnenhut, Sonnenblumen, Thymian, Astern, Fetthennen) und Futterpflanzen für die Raupen (Dill, wilde Möhre, Fenchel, Brennnesseln!!, Brom- und Himbeeren, Disteln, Klee). Im Herbst sollten Pflanzenstängel nicht abgeschnitten werden und es darf gerne etwas Unordnung im Garten herrschen um Überwinterungsmöglichkeiten zu erhalten. – Jana Brors

 

Die neue Naturkolumne hat mir gut gefallen, weiter so! Ein Taubenschwänzchen hatte ich vorletztes Jahr erstmals in unserem Garten realsiert. Da gab’s einen Topf mit Blumen, die Trichterblüten hatten. Aufmerksam geworden bin ich auf das Insekt durch den anhaltend hochfrequenten Flügelschlag. Nachdem dieses Surren nicht aufgehört hatte, bin ich näher gekommen: Das Taubenschwänzchen hatte mit seinem Rüssel die Trichterblüte durchbohrt und war dabei mit dem Rüssel steckengeblieben. Ich habe dem Schmetterling aus dieser Verlegenheit geholfen, indem ich die Trichterblüte aufgeschlitz habe … Wenn ich diese Geschichte erzähle, füge ich folgende „Moral von der Geschicht“ an: Man soll nicht überall seinen Rüssel reinhängen :-) – Günter Kaiser

 


 

 

Leserbriefzur Deutschlandkarte „GESCHÜTZTE SPIRITUOSEN“ von Matthias Stolz im ZEIT Magazin

 

Es wird Ihnen sicher aufgefallen sein, dass in den „neuen Bundesländern“ keine einzige Spirituose geschützt ist. Ein Spirituosenhersteller in Rathen/Sachsen erzählt meinen Freunden und mir, dass Lothar Späth in Zuge der Einheit durchsetzte, dass in Ostdeutschland keine Obstbrände mehr hergestellt werden durften – nur Geist sei seither noch erlaubt. M. W. hat diese Bestimmung auch heute noch Bestand, die eine reiche Obstbrand-Kultur vernichtete. Können Sie dies bestätigen? Wäre das nicht ein Thema? Oder zumindest eine Bemerkung wert? – Dr. Joachim Fleing

 


 

 

Leserbrief zu „Frag doch den Therapeuten: Ist er zu still geworden?“ von Wolfgang Schmidbauer im ZEIT Magazin

 

Was seid ihr eigentlich für ein komisches Redaktionsteam? Eine Redaktion, die so tolle Serien wie „Ich brauche eine Rettung“ schafft, bringt nebenbei Rubriken wie „Frag doch den Therapeuten“ mit Schmidbauer zu Stande. Der kriegt es doch tatsächlich hin, dass das ZEITMAGAZIN zu einem Anzeigenblättchen verkommt, das es schafft, Anzeigen für seine Bücher (nicht als solche gekennzeichnet) als Rubrik zu präsentieren. Fehlt noch, dass ihr drunter den Bestellcoupon für seine Bücher (natürlich ohne Preisangabe) abdruckt. Der Schmidbauer begleitet mich seit meinem Studium in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts.

Damals habe ich schon gerafft, dass er ein mieser Schreiberling ist, der es halt bewerkstelligt, mit ZEITgeist-Anbiederung auch (neuerdings) als Paartherapeut durchzugehen. Nun druckt ihr seine debilen Ratschläge ab. Ist das Verarsche oder glaubt ihr wirklich an diesen Dreck? Zum Problem mit der offenen Liebe aus Nr. 38 vom 10.09.2020: Mein Ratschlag an die Leser wäre: Glaubt auf keinen Fall an ein „Gesetz“, das aus einem Milieu von Notgeilen stammt. Das kann nur schief gehen! Bei euch kriegt dieser Schwachsinnige eine halbe Seite. Was kostet bei euch eine halbe Seite als Anzeige? Bezahlt er euch das? Ich schlage vor, für euch eine neue Rubrik zu machen: Frag doch den Fliegerverbandspräsidenten (gelernter Bäcker und Sozialpädagoge) ….

Jo Konrad antwortet: „Nicole sollte Oliver vorschlagen, er solle sie am Arsch lecken“ (aber ihm nicht gleich dazu den Arsch hinhalten). Ich weiß natürlich, dass das für eine Rubrik ein etwas knapper Text wäre. Ein paar Füllwörter würden mir schon dazu einfallen. Billiger wird das allerdings nicht, denn bezahlen würde ich euch dafür nix! Da gibt sich das Layout und die Graphik so viel Mühe und die Redaktion versagt so kläglich. (?????) – Jo Konrad