Lesezeichen
‹ Alle Einträge

1. Oktober 2020 – Ausgabe 42

 

Leserbriefe zu „Lange Leitung“ von Claas Tatje

 

Haben Sie vielen Dank für Ihre sehr praxisnahe Schilderung zwei Wochen unterwegs in Elektroautos. „Reichweiten-Angstschweiß“, leerer Handy-Akku, dazu fiele mir spontan der uralte Werbespot mit dem „HB-Männchen“ ein: „Wer wird denn gleich in die Luft gehen, greife lieber zur – 200 km-Kabeltrommel“ (…). Für die erlittene Unbill sollte Ihnen die Volkswagen AG zumindest einen großzügigen Gutschein für ein solides Haarfärbemittel zukommen lassen, damit sich Ihre vermutlich erst kürzlich erworbenen grauen Haare nicht dauerhaft manifestieren. Derzeit bleibe ich gerne bis auf Weiteres bei meinem elektrisch unterstützten Fahrrad. – Roland Schwarz

 

Ich habe den Artikel gelesen und bleibe etwas verwirrt zurück. Herr Tatje wollte eigentlich zwei Elektroautos vergleichen, der Bericht handelt aber hauptsächlich von Schwierigkeiten mit der Ladeinfrastruktur. Mir scheint allerdings, dass Herr Tatje einfach schlecht vorbereitet war und er die Probleme beim Laden durch Unwissenheit oder Unfähigkeit provoziert. Was ist beispielsweise mit der einfachsten Möglichkeit, das Fahrzeug über Nacht an einer normalen Haushaltssteckdose zu laden? Die Schlussfolgerung, dass man E-Autos nicht empfehlen kann, ist übereilt. Es ist bekannt, dass es leider eine kaum zu überschauende Vielfalt an Lade- und Abrechnungsmöglichkeiten gibt.

Daraus folgt, dass man sich vorher informieren und entsprechend einrichten muss. Wir sind eben erst am Anfang einer neuen Zeit der Elektromobilität, mit entsprechenden Anlaufschwierigkeiten, aber der Aussicht auf Verbesserung. Insgesamt bietet der Artikel zu wenig Informationen über die Fahrzeuge und zu wenig Informationen über die Lademöglichkeiten (je nachdem, was eigentlich Themas das Artikels sein sollte). Er ist leider nur ein sehr persönlicher Erlebnisbericht, in der Art eines Schüleraufsatzes „Was ich in den Sommerferien erlebt habe“. Das ist in der von mir hochgeschätzten „Zeit“ zu wenig. – Andreas Matt

 

Über Claas Tatjes Bericht seiner Tor-tour mit einem deutschen Elektroauto mußte ich schon sehr schmunzeln. So wird das in Europa respektive Deutschland nie was mit der Elektromobilität, da sie ja auch, wie richtig erkannt, nicht wirklich gewollt ist. Ich fahre ca. 50.000 km im Jahr und seit jetzt genau drei Jahren einen TESLA Model S 75D und könnte mir nichts Anderes mehr vorstellen. Nicht nur, dass ich bei meinen vielen Autobahnfahrten den Strom von Tesla an den Superchargern seither gratis beziehe, die Reparaturen des Fahrzeugs beliefen sich in dieser Zeit auf 0,- Euro und Steuern zahle ich auch keine. Mir tun die „Verbrenner“-Fahrer immer leid, die bei hoch frequentierten billigen Tankstellen schon mal 15 Minuten warten bis eine Zapfsäule frei ist. In der Zeit trinke ich den besagten Kaffee zur Entspannung und dann gehts auch schon die nächsten 250 Kilometer weiter… – Stefan Leicht

 

Da hat sich wohl der Fehlerteufel eingeschlichen. Richtig sollte es wohl heißen: ,,Guten Gewissens kann man heute niemand den VW ID.3für Alltagszwecke empfehlen. Das Land ist noch nicht so weit. Höchst zufriedener TESLA M3Fahrer seit März 2019: – Peter Krieger

 

Dem Artikel über das Dilemma mit den Ladesäulen muss ich, zumindest was den Tesla betrifft, heftig widersprechen. Ich habe am 26.6.20 meinen TESLA 3-2020 ausgeliefert bekommen und inzwischen mehr als 8000 Km gefahren. Ich habe die Version mit „Long Range“ und Dual „Motors“. Bei der Übergabe wurde die TESLA-Aps auf meinem I-Phone freigeschaltet. Weil ich nichts riskieren wollte, habe ich mich in den ersten Wochen auf die SuperCharger von TESLA beschränkt, die in ausreichender Zahl an meinen Autobahnstrecken stehen. Da braucht man keine Legitimation. Die Ladesäule erkennt mich am Steckkontakt am Tesla und der Betrag wird direkt von meinem Konto abgebucht. (keine Ladekarte oder Kreditkarte muss eingelesen werden.) Das Laden an den Superchargern geht so schnell, dass man kaum das Essen bei einem der an allen TESLA Ladestationen vorhandenen Restaurents fertigessen kann. Beim ersten Mal war meine Batterie in 40 Minuten voll geladen! An meinem Ziel im Schwarzwald habe ich dann aber an einer Ladesäule von EnBW die erforderlichen Informationen eingelesen und dann eine Ladekarte beantragt.

Als ADAC-Mitglied bekam ich das Konto ohne Grundgebühr und mit einem erheblichen Bestand für kostenloses Aufladen. Seitdem kann ich an unzähligen Ladesäulen vieler Provider mit meiner ADAC-Karte laden. Es funktioniert tatsächlich. Ich habe es ausprobiert. Außerdem bekam ich am Tag der Auslieferung von meinem Elektriker in meiner Garage eine Wallbox installiertbekommen. Die Kosten dafür einschließlich Montage lagen weit unter 1000€. Wenn ich für den nächsten Tag eine weite Reise plane, schließe ich am Abend vorher meinen TESLA and die Wallbox an, und am nächsten Morgen kann ich mit einer vollen Batterie auf die Strecke gehen. Inzwischen staune ich immer wieder, was die Software des TESLA alles kann.

Herr Tatje mag recht haben, dass der Bildschirm eine Ablenkung bedeuten kann, aber auch daran hat man bei TESLA gedacht. Wenn ich auf der Autobahn oder in der Stadt die Geschwindigkeitsregelung eingestellt habe, hält der TESLA nicht nur die eingegebene Geschwindigkeit konstant. Er tastet auch den Verkehr ständig ab und hält den Mindestabstand zum Vordermann ein, passt sich dessen Geschwindigkeit an und bremst falls erforderlich sanft oder auch rabiat. Dadurch werden Auffahrunfälle bei irgendwelchen Ablenkungen intelligent vermieden. Wenn der Vordermann im Stadtverkehr an der Ampel hält, hält auch der TESLA und fährt genauso wieder an, wenn es weitergeht. Kommt man im Stau der Leitplanke zu nahe, protestiert der TESLA lautstark und macht zur Sicherheit u.U sogar einen Lenkeingriff.

Dass Herr Tatje Mühe hatte in Hamburg eine Ladestation für den Tesla zu finden, tut mir Leid. In und um Hamburg herum gibt es etwa 4 Supercharger für TELAs. Sie erscheinen auch auf der Karte im Navi auf dem Bildschirm. Am letzten Wochenende kam ich vom Bodensee nach Straubenhardt im Nordschwarzwald. Da ich am und um den Bodensee herum viel Ladung verbraucht hatte, führte mich der TESLA unterwegs automatisch an einen Supercharger für TESLAs. Die Zeit für das Nachladen reichte gerade für eine Tasse Kaffee. Ich bin immer wieder begeistert, neue Eigenschaften bei diesem Auto zu finden. Es ist kaum zu glauben, an was diese Konstrukteure alles gedacht haben. Auch Herr Diessen von VW gab vor einigen Monaten zu, dass VW noch weit von dem entfernt ist, was TESLA an Software eingebaut hat. Ich hoffe, mit diesem Beitrag einige Fehlinformationen über das elektrische Fahren berichtigt zu haben. – Dipl.-Ing. Manfred Söllinger

 

Stammt dieser Artikel vielleicht doch von einem eingefleischten Dieselfahrer? Ich fahre seit zwei Monaten einen E-Golf und wohne im Kölner Umland. Mein Arbeitsweg beträgt 15 km hin und 15 zurück (Busverbindung sehr ungünstig). Ich kann locker eine Woche zur Arbeit fahren. In der Umgebung von 5km gibt es mindestens 4 Stromsäulen, die nicht kostenpflichtig sind. Zu Hause kann ich über Nacht mit dem normalen Hausstrom 3/4 der Batterie aufladen. Für eine längere Fahrt am Wochenende muss man sich halt vorbereiten und die entsprechende APP (ADAC) laden. Wenn man sich also nicht so sperrig anstellt wie der Autor, sich etwas vorbereitet und kürzere Strecken zurücklegt, ist das Fahren ein absoluter Genuss! Leider ist das mit den häuslichen Wallboxen bei älteren Häusern ein Problem. Das halten die alten Sicherungen nicht aus, bei uns hätte die Installaltion 10,000€ gekostet. Aber mit etwas Organisation habe ich die perfekte Lösung gefunden. – Doris Rösgen

 

Wir haben die Zeit im Abo seit gefühlt 40 Jahren, vermutlich ist das meine erste Rückmeldung an Sie. Ich habe den Artikel „Lange Leitung“ heute gehört und – geschmunzelt, da er mich an viele Erfahrungen und Schweißausbrüche der Anfangszeit unserer Elektroautoerfahrungen vor etwa drei Jahren erinnerte. Das Spektrum dessen, was Ihr Autor erlebt hat, könnte man durchaus noch erweitern, zum Beispiel um von Verbrennern zugeparkte Ladestationen. – mich geärgert, dass Ihr Autor es nicht für nötig hält, sich vor den ersten Fahrten etwas umfassender zu informieren. Er wusste offenbar nicht einmal um den Unterschied zwischen AC- und DC-Ladestationen und hat sich offenbar nicht einmal mit einer Person beraten, die schon Erfahrung hat. Oder hat er das getan und mimt nun den Ahnungslosen, um zu dem Fazit am Ende zu kommen?

Eigentlich erwarte ich von „meiner“ Zeit eine etwas differenziertere Umgangsweise mit einem solch wichtigen Thema. Sicher könnte man einen Artikel zu dem Wust von Betreibern, Anbietern, Roamingpartnern, Auswüchsen von Förderungen, … schreiben. Ein solcher Artikel müsste dann aber wohl etwas sorgfältiger recherchiert sein. Ein solcher Artikel könnte dann auch als Forderung an die Politik eine ähnliche Gesetzgebung wie beim Strommarkt (oder bei den Mobilfunkzugängen) nahelegen. Oder haben Sie für solche Artikel keine Kapazitäten (mehr)? P.S.: Beim Umzug meiner Tochter vor einem Jahr musste ich mich nach zwei Jahren Elektromobilität wieder auf einen Verbrenner und auch das Tanken an einer Tankstelle einstellen. Auch darüber könnte man eine Glosse schreiben, wenn man wollte! – Christian Koch

 

Danke für die realistische Einschätzung. Zwar werden Beihilfen für den Kauf von E-Autos gegeben, aber was nützt das, wenn die Infrastruktur wie vom Autor beschrieben nicht fertig ist oder nicht funktioniert. Das ist ein Armutszeugnis für die Politik. Was macht uns Elon Musk vor, er baut eine Fabrik in zwei Jahren und wir Deutsche schaffen es nicht in vielen Jahren eine funktionierende Versorgung mit Ladestationen für die E-Mobilität zu bauen. In der Schule würde man sagen, die Politik hat ihre Hausaufgaben nicht gemacht. – Martin Sautter

 

War da ein Skeptiker unterwegs – ganz andere Erfahrungen mit dem Betanken eines E- Auto Mit großem Interesse, weil selbst erst seit einer Woche (stolzer) Besitzer eines E- Auto (Renault ZOE), habe ich den Artikel gelesen, mich amüsiert und teilweise lachen müssen, ob der ungelenken und praxisfernen Argumente wegen des Aufladens eines E- Autos. Ich bin auch ein E-Auto- Fahranfänger und nicht privilegiert wie der Autor des Berichts mit zwei so hochwertigen Fahrzeugen ausgestattet worden zu sein. Ich gebe all denen Recht die behaupten, dass eine längere Tour mit einem E- Auto gut vorbereitet sein will- besser als mit einem Verbrenner- aber eine Tour aus dem Schwarzwald nach Erfurt zu meinen Kindern/ Enkeln ging mit meinem bisherigen BMW Z3 auch nicht ohne tanken.

Hinter Frankfurt zu tanken und dabei eine Tasse Kaffee zu trinken mag für Eilige ein Problem sein, E- Autofahrer werden aufgrund der Tempobeschränkung eh mehr Zeit einplanen müssen, eine Tasse Kaffee trinken und locker einsteigen und weiter fahren ist keine Vision, wie uns der Autor einreden will. Jeder Käufer/Besitzer eines E- Auto ist gut beraten sich eine Wallbox in die Garage einbauen zu lassen, die vom Autor des Berichts kolportierten mehr als tausend Euro kostet es i.d.R. nicht, ich habe inklusive Montage durch einen Fachbetrieb keine 800€ bezahlt und eine vom ADAC empfohlene, hochwertige Wallbox gekauft.

Auf der ersten Ausfahrt – vor drei Tagen- mit unserem „Neuen“ wollten wir im Hochschwarzwald wild tanken, also völlig unvorbereitet möglichst eine Ladestation vor Ort nutzen. Dazu haben wir unterwegs eine App aufs Handy geladen und uns nach Hinterzarten auf einen PP führen lassen und dort getankt, zugegeben erheblich teurer als zuhause. Während des Mittagessens in einem nahe gelegenen Restaurant war die Batterie nach 1,5 Std. voll und wir um die Erfahrung reicher, dass wir auch unvorbereitet losfahren können und nicht liegen bleiben. Den Gegnern und Skeptikern- zu denen ich Herrn Tatje nach dem Lesen seines Berichts auch zähle- sage ich nun aus eigenem Erleben: Ein reines E- Auto ist (noch) kein Auto für lange Strecken, dafür lade ich es zuhause voll und schaffe es in der Regel zurück in die heimische Garage.

Wenn man selbst in einer Gegend wohnt, wo E-Mobilität (noch) nicht ganz oben steht und dann jenen Bericht von Herrn Tatje liest, lasse ich mich zu der Eingebung ein, da hat einer wohl gezielt nach schlechten Lösungen gesucht !? Zurück zu meinen Eindrücken, selbst in der Phase des Probefahrens mit 3 Herstellerautos immer über einen oder mehrere Tage mit der Absicht auch mal das Tanken zu testen, hatten wir keine einzige Panne oder Absage, selbst mittels Steckdose und einem entsprechenden Kabel haben wir in einem kleinen Hotel am Kaiserstuhl tanken können. Ich widerspreche also den Beschreibungen von Herrn Tatje und denke aber auch, dass das Netz der E- Tankstellen größer werden muss und sicher auch wird. Herrn Tatje rate ich weiter seinen Diesel zu fahren und die guten Eindrücke, die er hoffentlich bei E- Fahren gesammelt hat, nicht zu vergessen…. irgendwann wird auch er ein E- Auto tanken. – Roland Buttgereit

 

Ich frage mich in letzter Zeit immer wieder, warum man die Elektromobilität so problematisieren muss. Steckt da – wie so oft – die noch mächtige „fossile Lobby“ dahinter? Oder – wie genau so oft – die innere Trotzeinstellung der überzeugt konservativen „Verbrenner“, nach dem Motto: Siehste, geht doch nicht, habe ich doch gleich gesagt….. Zum Thema: Ist die Ladeinfrastruktur für die komplette Umstellung auf E-Mobilität in Deutschland (d.h. für alle 45 Mio. PKW…) bereits ausreichend etabliert? Sicher nicht! Ist dies erwartbar bzw. nötig? Sicher nicht! Welche Zielgruppe sollte man ansprechen? Etwa die Stadtbewohner ohne eigene private Lademöglichkeit? Sicher nicht! Wen dann? Antwort: Ganz klar: Die fast 20 Mio. Berufspendler in Deutschland (so wie mich)! Bei aktuell noch nicht einmal 300.000 Elektroautos auf deutschen Straßen haben wir damit also genug vor für die nächsten Jahre! Wie funktioniert das? Bei mir super!

Wie? Seit August 2019 fahre ich ein E-Mobil mit – bei moderater Fahrweise – 500 bis 550 km Reichweite (im Sommer bis zu 580 km) täglich zur Arbeit und zurück, ca. 80 km pro Tag. Das Fahren? Wie bereits in Ihrem Artikel angedeutet: Ein Traum: Leise, gleitend, auf der Autobahn autonom (Stufe 3 von 5), entspannend und im Stadtverkehr schwungvoll mit traumhafter Beschleunigung an jeder Ampel, kurz: Ich möchte nicht mehr anders fahren. Das Laden: Zweimal pro Woche (dann mit jeweils noch ca. 250 km Rest-Reichweite!) über Nacht an meiner privaten „Wallbox“ (Kosten incl. Einbau 1200,- €; das sollte bei 6.000-10.000,-€ Förderung sicher zumutbar sein….). Gibt es erschwingliche Autos mit 400-500 km Reichweite? Ja: Hundai Kona electric (den fahre ich), KIA E-Niro und neuerdings (für mich leider 1 Jahr zu spät…) der VW ID3. Damit ist Reichweite wirklich kein Problem mehr. Ob in der Stadt die Ladeinfrastruktur schwierig ist, kann ich nicht beurteilen, halte ich aber für möglich.

Mein Tipp: Die Ladestationen an den Autobahnraststätten benutzen, da wo auch die Tesla-„Supercharger“ stehen ;-); dazu die Lade-App von ENBW-Mobility oder Get-Charge (funktioniert per Handy oder mit Karte, falls man mal „tief im Parkhaus keinen Empfang hat“….). Aber: Ich habe in jetzt gut 1 Jahr noch nicht öffentlich geladen, war nicht nötig (habe es nur mehrfach ohne Probleme ausprobiert). Tankstellen kenne ich eigentlich nicht mehr :-); zugegeben: Für längere Urlaubsfahrten haben wir noch unseren „Familien-VW-Sharan“ (schon aus Platzgründen, weil ja eine 5 köpfige Familie mit Gepäck reinpassen muss). Alles in allem: E-Mobilität ist in Deutschland mit etwas Voraussicht und Planung für die richtige Zielgruppe perfekt möglich, sogar viel besser, nahezu wartungsfrei (!), bequemer und wesentlich preiswerter als die alte Verbrenner-Mobilität. – K. Luther

 

Herzlichen Dank für diesen aufschlussreichen Artikel. Ein sicherlich technikaffiner Tester wie Herr Tatje schildert eindrucksvoll die praktischen Schwierigkeiten der Nutzung eines e-Mobils. Er bestärkt mich definitiv in meiner Auffassung, meinen alten Passat Baujahr 2001 weiter zu nutzen bis dass der TÜV uns scheidet. Neben dem bekanntlich hohen Energieaufwand für die Batteriefertigung fällt bei dem getesteten Modell ID.3 von VW noch die meines Erachtens absurd hohe Motorleistung von 204 PS negativ auf. Die Automobilindustrie macht elektrisch offenbar genauso mit dem PS-Wahn weiter anstatt endlich wirklich energiesparende Autos anzubieten.

Die Regeln der EU-Kommission setzen dem Ganzen noch die Krone an fake-news auf, wenn e-Mobile mit einem CO2-Ausstoß von Null Gramm pro km bewertet werden. Nein – dieser Weg von Politik und Autoindustrie wird weiter das Klima anheizen. Wann kapieren wir endlich, dass man mit der Physik keine „Deals“ abschließen kann. Schöne Absichtserklärungen – Paris lässt grüßen – und dann weiter „business as usual“ – dafür werden wir alle noch eine heftige Quittung bekommen, denn die Naturgesetze lassen sich nicht austricksen. – Thomas Geiger

 

So wie von Herrn Tatje das „abenteuerliche“ Aufladen des neuen ID.3 beschrieben wurde, kann dies wohl kaum zu einem größeren Interesse potentieller Kunden oder Elektrofahrern überhaupt führen. Eine etwas intensivere Vorbereitung betreffs ‚Ladekarten‘ wäre sicherlich hilfreich gewesen. Die von EnWB in Verbindung mit dem ADAC (für Mitglieder) unentgeltlich erhältliche Ladekarte ist an so gut wie allen E-Ladesäulen in D, Ö, NL, F, I und der Schweiz einsetzbar. Der Preis pro kwh – über die hinterlegten persönlichen Bankdaten abgerechnet – ist zudem günstiger als über den jeweiligen Betreiber selbst.

Ein kwh kostet 29 ct (AC-Laden) bzw. 39 ct für das schnellere DC-Laden. Per „EnBW mobility+ App“ sind die inzwischen über 100.000 Ladepunkte leicht zu finden. Ich selber habe an solchen in 1.5 Jahren nie ein Ladeproblem gehabt. Daneben gibt es Karten, RFID-Schlüssel oder Smartphone-Apps u.a. für „Plugsurfing“ (Zugang zum Großteil aller Ladepunkte in Europa) oder „New Motion“ (35 europäische Länder), mit denen ebenfalls an tausenden von Ladestationen in Europa Strom zu laden ist. Somit hat die Aussage Herrn Tatjes „Auf der Straße herrscht E-Chaos“ auf jeden Fall ihre Gültigkeit verloren. – Helmuth Feuerriegel

 

Wichtiger als die behebbaren Kinderkrankheiten wie beim ID.3 ist die Stromversorgungsseite. Wachsende E-Mobilität + Heizen mit Wärmepumpen lassen die Abendspitze in den Wintermona-ten im Jahr 2030 auf über 100 GW (= Mill. kW) ansteigen. Woher kommt der „grüne Strom“, wenn PV = NULL und die Windkraftverfügbarkeit für viele Stunden unter 3 % liegt? Wasser-stoffspeicherung + Wiederverstromung im Mrd. kWh-Bereich sind nicht verfügbar und wenn, dann treibt dies zusammen mit dem nötigen Netzausbau den Strompreis drastisch auf real über das Dop-pelte von heute. Das Batterie-E-Auto funktioniert dann nicht, und Spaß macht es erst recht nicht!

Begründung: Der Artikel springt zu kurz: a)      Kinderkrankheiten sind anfangs im gewissen Rahmen normal und sprechen nicht unbedingt gegen eine Technik. b)      Spannender als einige Kinderkrankheiten des ID.3 sind zwei andere Punkte: Absehbar stellen wir bis 2030 – 2035 weder abends ausreichend ver¬fügbare „grüne“ Stromerzeugung sicher, noch liegen in den Wohngebieten ausreichend dimensionierte Strom-Verteilungsleitungen. In den letz-ten 20 Jahren gebaute Einfamilienhäuser sind auf etwa 3*36 Ampère ausgelegt, was bei 230 Volt rund 25 kW ergibt. Ältere Häuser können eventuell nicht einmal 50 % davon erreichen: Das Aufla-den eines E-Autos dauert dann bei 90 kWh Ladebedarf rund 8 Stunden, in denen die übrigen Stromverbraucher des Hauses (Heizungspumpe, Computer, Fernseher, Bügeleisen, Herd, …) nicht benutzt werden dürfen. Die abendlichen Spitzenlasten im Winter gehen dank E-Mobilität und Wärmepumpensystemen auf 115 GW und wären nur bei gutem Wind zu bedienen.

Den hat Mitteleuropa aber nicht immer! Gehen wir für 2035 rund 14 Millionen E-Fahrzeugen in Deutschland aus. Wenn abends lediglich 4,75 % davon – also ⅔ Millionen – gleichzeitig aufladen wollen bei einer Mischung von „Super¬chargern“ à 125 kW, andere von 16 bis 60 kW , steigt die abendliche Leistungsspitze im Winter von bisher 75 bis 80 Mill. kW [= GW] um rund 45 % auf ca. 110 GW. Addieren wir noch 7,5 GW für elektrisch Heizen mit Wärmepumpen, werden etwa von 18:30 – 22 Uhr rund 110 – 117 GW tatsächlich verfügbare „grüne“ Stromerzeugung für einige Stunden benötigt. Da PV abends ausfällt, und Windkraft dank un-günstiger Wetterlage viel Stunden nacheinander unter 3 % ihrer Kapazitäten verfügbar sein kann, blei-ben bestenfalls Wasserkraft und Biomasse mit maximal 15 GW; bei strenger Kälter eher deutlich weni-ger (ebenfalls empirisch überprüfbar)!

Bei nur 33 % Anteil E-Autos (67 % Verbrenner) und einigen Millionen Wärmepumpen für Heizen im Jahr 2035 wird die gesamte abendliche nötige Leistung (bisher 75 – 80 GW) wiederholt über viele Stunden im Winter um 115 GW liegen. Photovoltaik ist dann systematisch NULL. Die Windkraft bleibt (wie empirisch mehrfach bestätigt) bei Flaute-Wetterlagen stundenlang unter 3 % der installierten Kapazität, was selbst bei 200 GW Windkraft nur faktisch < 6 GW verfügbar ergibt: Gesamt-EE-Verfügbarkeit bei Kälte < 20 GW = 20 Mill. kW! Das Ganze proportional kleiner für 2030 (9 Mill. E-Autos) endet ähnlich! Wenn bis dahin nicht riesige Wasserstoff-Zwischenspeichersysteme im Bereich von 15 – 20 Mrd. kWh und hohe Wiederverstromungsleistungen in MW verfügbar sind, dann spielen wir Lotterie mit dem Wetter – auch für Feuerwehr, Taxis, Rettungsfahrzeuge?

Und mit einer Wasserstoff-Zwischenspeicherung kann man grob von bis zu einer realen Verdreifachung des heutigen Stromprei-ses ausgehen (EE-Strom-Vergütung, Wirkungsgrad-Probleme, Kapitalkosten, steigende Netzkosten). Fragen Sie einen Elektroingenieur-Professor der RWTH Aachen (bspw. Prof. Dr. Albert Moser), TU Harburg oder Hannover. – Prof. Emeritus Dr. Wolfgang Ströbele

 

Ich finde es bedauerlich, dass der Autor eine so negative Erfahrung bei der Nutzung eines E-Fahrzeuges gemacht hat, dass er „(…) niemand das E-Auto für Alltagszwecke empfehlen kann.“ Mein eigener Alltag wird seit Jahresanfang von einem Renault Zoe (52kwh-Batterie) erleichtert und ich spreche mich anderen gegenüber immer wieder und vehement dafür aus. Wir brauchen nicht über permanente Langstrecken reden, doch für das Stadtleben, gerade in Großstädten wie Hamburg oder Hannover, selbst für einen Urlaub nach Mitteldeutschland ist ein E-Auto hervorragend. Hamburg hat ein sehr gut ausgebautes Ladenetzwerk von Hamburg Energie, dessen Nutzung mit einer Karte unkompliziert ist. Darüber hinaus hat Shell ein gut ausgebautes Netz, ebenfalls mit einer Karte und einer App, in der Ladestände, Verfügbarkeiten etc. einsehbar sind.

Das sind, keine Frage, Dinge, die man vorher wissen sollte. Im Vergleich zum Verbrenner bedeutet es: die Zeit, die man sonst bei einem Autokauf bzw. Leasing darauf verwendet, welche Art und so weiter und so fort, diese Zeit (bei mir waren es zwei Nachmittage im Internet) hier für die Überlegungen und Bestellungen von Ladekarten und Apps zu verwenden. Ja, mit einem E-Auto muss man Strecken planen. Mir persönlich ist es, im Gegenzug für ein Fahren mit gutem Gewissen, den „Preis“ wert. – Lea Balkenhol

 

100% richtig berichtet, sehr gut beschrieben!!! Seit über 16Monaten und 40tausend Kilometern bin ich nun ausschließlich mit dem BMW i3s unterwegs. Ich wollte es wissen! Nun muss ich zugeben, es ist auch heute nach dieser langen „Probefahrt“ noch so, die Technik Top, die Ladestellen auf der Langstrecke ein Grauen. Hier vor Ort in Überlingen und in BW hat EnBW sehr gute Arbeit geleistet und man kann kann sehr gut klar kommen mit der Infrastruktur der Schnellladesäulen. Aber wehe man fährt durch Bayern. Würzburg hat zum Beispiel nicht eine Schnellladestation und die EINE an der Autobahnraststelle A3, ach vergessen Sie die , der übliche Bezahlhorror, anders kann man es nicht nennen.

Aber an allen Säulen finden Sie Aufkleber“gefördert durch die EU“ was führ ein Schwachsinn. Fahren sie mal von Braunschweig nach Kassel! Neu gebaute Tank und Raststätte an der A39, bis heute keine Ladesäule, weiter an der Raststätte Harz, suchen sie hier mal!!!Nichts! Mehrmals im Jahr fahre ich die Strecke zu meiner Mutter nach Salzwedel. Abgehangen? In Sachsen Anhalt? Aber sie hat eine Ladesäule und sie lädt. Den Artikel kann man noch weiter fortführen, sie haben es angerissen, IONITY zockt gerade ab. Bitte weitere Artikel zu diesem Thema! Hier muss Druck auf die Tube!!! Danke auf jeden Fall für diesen! – Michael Schauer

 

Es ist schon etwas einfältig und für einen Journalisten, der sich mit seinem Thema auseinander setzen sollte, wenig professionell, sich ein Elektroauto vor die Tür stellen zu lassen, ohne sich vorher wenigstens etwas informiert zu haben. Dann wüsste er, dass man mit zwei oder maximal drei Ladekarten oder Ladechips bestens zurecht kommt und dann nicht solche Probleme beim Laden hat, wie die über die Herr Tatje in seinem Artikel berichtet. Denn mit diesen Karten/Chips bekommt man den Strom an fast allen Ladestationen freigeschaltet. Vermutlich hätte ihm auch schon allein die Karte eines großen Automobilclubs ausgereicht. (Es wundert mich, dass VW keine mitgeliefert hat, wie das eigentlich bei Pressefahrzeugen anderer Hersteller üblich ist.)

Grundsätzlich hat er jedoch dahingehend Recht, dass die Ladeinfrastruktur den limitierenden Faktor der Elektromobilitäti darstellt. Es muss noch sehr, sehr viel passieren um die zunehmende Zahl an Fahrzeugen im Alltag auch ausreichend mit Strom zu versorgen zu können. 80% aller Fahrten sind nicht weiter als 20 Kilometer und die durchschnittliche Kilometerzahl aller in Deutschland zugelassenen Fahrzeuge liegt bei unter 50 Kilometern am Tag. Für all diese Fahrten machen Elektrofahrzeuge Sinn (soweit nicht die Benzin- und Dieselpreise auf dem derzeit niedrigen Niveau verharren). Ein tägliches Pendeln von Hannover nach Hamburg und zurück erfordert wie jede längere Fahrt mit einem Elektrofahrzeug natürlich ein gewisses Maß an Planung. – Michael Grethe

 

Zu dem Artikel „Lange Leitung“ von Claas Tatje, Die Zeit v. 01.10.20 als sehr zufriedener Fahrer eines E-Golf hatte ich mich gefreut, einen Artikel über den neuen ID.3 von VW zu finden. Leider ist das Auto selbst in dem Artikel zu kurz gekommen da es die meiste Zeit um die Frage der Ladestationen ging. Der Flickenteppich, der auf diesem Gebiet in Deutschland angerichtet wurde, ist tatsächlich erschreckend. Falls man keinen Tesla fährt, findet man überall unterschiedliche Systeme, zum Teil von lokalen Energie-Anbietern, vor. Jedes Mal von Neuem muss man sich an der Ladesäule über das jeweilige System informieren. Laden per App, EC-Karte oder Mastercard funktioniert fast nie. Was man Ihnen offenbar (genau wie mir) bei der Übergabe des Autos verschwiegen hat ist, dass sie mehrere Ladekarten unterschiedlicher Anbieter brauchen. Zu empfehlen sind z.B. New Motion, Plugsurfing und Maingau Energie, die an vielen Ladestation akzeptiert werden und akzeptable Preise bieten.

Außerdem braucht man eine App auf dem Handy, die die Ladestationen in einer Karte anzeigt. Wirklich empfehlenswert ist eigentlich nur Charge Map und F-Droid EV Map , die tatsächlich fast alle Stationen anzeigen. Die App von VW weist zum Beispiel für Marburg keine einzige Ladestation aus, was natürlich Unsinn ist. Auch die meisten anderen Apps sind in dieser Hinsicht weitgehend unbrauchbar. Bei der Förderung der Elektromobilität hat jedenfalls die Politik bisher auf ganzer Linie versagt. Auch in meiner Heimatstadt Frankfurt ist das Netz außerordentlich dünn. Häufig parken Verbrenner an den Ladestationen. Oder die Ladestation ist im Freien positioniert, was im Winter ziemlich unangenehm sein kann, während in dem daneben gelegenen riesigen Parkhaus keine einzige Ladestation vorhanden ist.

Vernünftigerweise hätte man einheitliche Ladestationen mit einer einheitlichen Ladekarte, vorfinanziert durch Autohersteller und Energieanbieter, in ausreichender Dichte zur Vorschrift machen müssen. Und zwar an den Orten, wo sich Menschen längere Zeit aufhalten (Einkaufszentren, Theater, Kino, Innenstädte, Arbeitsplatz etc.). Bleibt immer noch die Frage, wo z.B. die Bewohner eines 6-stöckigen Mietshauses mit 4 Eingängen, die ihr Auto am Straßenrand parken, ihr Auto aufladen sollen. Evtl. könnte man die Stromkabel der Strassenlaternen so weit verstärken, dass man dort Ladestationen mit anbringen kann. – Prof. Dr. med. Jan Goßmann

 

Dieser Artikel wird die E-Mobilität nicht voran bringen. Erschreckend war für mich, dass sich der Schreiber in ein E-Auto setzt, ohne sich vorher über Lademöglichkeiten, Reichweite ecta. zu informieren. Ich selbst fahre seit Mitte Dezember 2018 einen Hyundai Elektro Ioniq mit einer Batterie von 28 Kw. Die Reichweite liegt im Sommer bei 230 km und im Winter bei 200 km. Im Vorfeld der Lieferung des Fahrzeugs habe ich mir über das Internet die Bedienungsanleitung des Autos sowie entsprechende Ladekarten besorgt. Außerdem habe ich mir auf mein Smartphon Apps heruntergeladen, mit denen eine Routenplanung ganz einfach ist. Dabei werden die Lademöglichkeiten auch mit angezeigt. Ein E-Auto zu fahren ist für mich eine sehr positive Erfahrung. Man hört nur die Abrollgeräusche der Räder sowie die Geräusche des Windes. Im Stau herrscht eine totale Stille im Auto. Ich würde mein E-Auto gegen meinen alten Verbrenner nicht mehr tauschen.

Da ich mein Auto mit 70 KwH laden kann, ist mein Auto nach ca. 35 Minuten wieder zu 94 % geladen. Es ist damit langstreckentauglich. Übrigens gibt es mittlerweile E-Autos mit Reichweiten von ca. 500 km. Damit gibt es keine Reichweitenangst mehr. Nach solch einer Fahrstrecke macht man als vernünftiger Fahrer spätestens eine Pause und kann während dieser Zeit wieder sein Auto aufladen. Einem Umstieg auf solch ein Fahrzeug mit fast 10.000 Euro Kaufprämie steht damit nichts mehr im Wege. Außerdem hilft man der Umwelt, weil man ohne C02-Ausstoß fährt.

Mein Auto lade ich ausschließlich mit regenerativem Strom. Die energieaufwendige Produktion der Batterien wird als Treibhausgas- Rucksack bezeichnet, Mit Nutzung von regenerativem Strom erfolgt die Amortisation im Vergleich zu Bezin und Diesel bei meinem Fahrzeug nach 26.250 oder 28.350 km. Hierbei stütze ich mich auf Berechnungen des ADAC( Magazin 9/2019). Schon jetzt ist ein Umstieg von einem Auto mit Verbrennungsmotor auf ein E-Auto wegen der Vermeidung von CO2 ein Segen für die Umwelt. – Horst Seel

 

Herr Tatje schreibt, er bringe seine Kinder in Hamburg mit dem ID3 mit gutem Gewissen zum Kindergarten. Leider verdrängt er dabei nicht nur die nach wie vor immensen gesellschaftlichen Kosten, die der motorisierte Individualverkehr vor allem in den Städten auch elektrifiziert mit sich bringt, sondern er erliegt auch einer omnipräsenten, aber dadurch nicht weniger falschen Erzählung über den CO2 Ausstoß elektrischer Fahrzeuge. Hiernach fahre ein Elektrofahrzeug mindestens mit dem deutschen Strommix von z.Zt. ca. 30 Prozent regenerativ erzeugter Energie, wenn nicht sogar mit 100% Ökostrom. Aber was geschieht, wenn Herr Tatje seinen ID3 zum Laden ans Stromnetz anschließt? WIrd irgendeine Solaranlage oder irgendein Windrad jetzt die Leistung erhöhen, um die benötigte elektrische Energie zu liefern? Natürlich nicht, alle Anlagen zur Erzeugung regenerativen Stroms speisen stets alle von ihnen erzeugte Energie ins Stromnetz ein, sie können nicht bei Bedarf noch zusätzlichen Strom herstellen.

Dies können und tun aber die konventionellen Kraftwerke v.a. auf Basis von Kohle und Gas. Wenn Herr Tatje also seinen VW ans Ladegerät anschließt, erhöht irgendein konventionelles Kraftwerk seine Leistung um genau den Betrag, der zum Aufladen benötigt wird und stößt dafür die entsprechende Menge CO2 aus. Dies ist simple Physik. Zweifellos wird ca. 30 Prozent der aktuell in D verbrauchten elektrischen Energie regenerativ erzeugt, der Umstieg des Individualverkehrs von Verbrennern auf Elektroantriebe bedeutet aber einen zusätzlichen Bedarf an elektrischer Energie, der aus o.g. Gründen ausschließlich aus fossilen Quellen gedeckt wird. Der Ausbau der regenerativen Stromerzeugung ist völlig unabhängig davon und nur er trägt (in diesem Zusammenhang) zur CO2 Einsparung bei. Auf diesen entscheidenden Zusammenhang macht auch die im Juni erschienene Studie des IFW Kiel (https://www.ifw-kiel.de/de/publikationen/medieninformationen/2020/zusaetzlicher-strombedarf-hebelt-klimavorteile-von-e-autos-aus/) aufmerksam. Elektroautos fahren mit Energie aus Kohle und Gas, alles andere ist Augenwischerei. – Dipl.-Ing. Friedrich Ach

 

Könnte es sein, dass die Alltagsprobleme mit dem ID.3 von VW dem Konzern ganz gelegen kommen? Volkswagen und Co zeigen so zweierlei: 1. Wir bauen moderne Elektroautos und 2. Wir brauchen den Diesel eben doch noch (recht lange)! – Dr. Jürgen Hagemeyer

 

Ich fahre seit knapp 3 Jahren einen vollelektrischen Renault Zoe (5.000 km pro Jahr, Zweitfahrzeug) und kann Ihren Beitrag hinsichtlich der Ladestruktur in Deutschland nur eingeschränkt nachvollziehen. 1. Ich lade meinen Zoe bequem in der eigenen Garage mit 230 V, zweimal im Monat, jeweils in maximal 10 Stunden. Die Wallbox kostet nicht mehrere 1.000 Euro, sondern knapp 1.000 Euro. Aber es geht auch mit einer ganz normalen Schuko-Steckdose und einer Kabeltrommel mit einem 25 m langen stabilen Standardkabel, dauert dann 16 Stunden. 2. Mit der Ladekarte des ADAC (Energieversorger EnBW) lade ich an jeder öffentlichen Ladestation für 0,29 €/kWh (22,0 kW AC) bzw. 0,39 €/kWh (50,0 kW DC), bei sofortiger präziser Abrechnung auf 0,1 kWh genau. Auf einer Fahrt von Aschaffenburg nach Oberstdorf (400 km auf der A3 / A7) habe ich die Ladestationen (22,0 kW AC) der Raststätten getestet.

Bis auf 2 Ausnahmen haben alle sofortiges und problemloses Laden ermöglicht, trotzdem besteht noch Verbesserungsbedarf. Auch in Österreich funktioniert die ADAC-Ladekarte problemlos. Statt der Ladekarte kann ich auch die App auf meinem Smartphone nutzen. 3. Gestern bin ich einen VW ID.3 zur Probe gefahren und kann Ihren positiven Fahrbericht uneingeschränkt bestätigen. Wenn sich die große 77 kWh Batterie bewährt und tatsächlich bis zu 550 km Reichweite ermöglicht (wobei angeblich in 30 min bis zu 290 km Reichweite zugeladen werden können), denke ich tatsächlich auch an ein vollelektrisches Erstfahrzeug. Sie sind leider etwas blauäugig an Ihre erste Fahrt mit einem vollelektrischen Fahrzeug herangegangen. Meine Erfahrungen zeichnen aber ein wesentlich optimistischeres Bild. – Dr. Hans Strack

 

Ich habe die Zeit abonniert, weil ich intelligenten und guten Journalismus bevorzuge. Doch was Sie in Ihrem Artikel „Lange Leitung“ beschreiben, ist weit unter Bild-Zeitung-Niveau. Das Sie nicht in der Lage sind in Hannover eine Ladestation zu finden, können Sie unmöglich dem Auto (es ist eine Maschine) anlasten, das Sie benutzen, denn letztendlich sind Sie es, der es lenkt und bedient. Oder machen Sie einem verbrennungsgetriebenen Fahrzeug (ebenfalls eine Maschine) den Vorwurf eine Tankstelle nicht finden zu können? Was soll das alberne Beispiel von einer nicht funktionierenden Ladesäule im Kontext mit der Elektromobilität? Es kann Ihnen ebenfalls passieren, dass eine Tankstelle für verbrennungsgetriebene Fahrzeuge geschlossen oder defekt ist. In Ihrem Kontext entsteht der Eindruck, dass alle Ladesäulen immer defekt sind. Und das ist falsch. Ihre Unfähigkeit eine vermeintlich versteckte Ladesäule zu finden bleibt unkommentiert, aber auch hier suggerieren Sie wieder, dass eine Ladesäule entweder defekt oder erst gar nicht zu finden ist. Ja es stimmt, die Kredit oder EC-Zahlung bei Ladesäulen ist unterentwickelt. Man sollte aber doch von einem Nutzer eines Elektroautos erwarten können, dass dieser sich vorher informiert, wie die üblichen Zahlungsmethoden bei Ladesäulen sind.

Es gibt Anbieter, bei denen Sie – Ladesäulen-Betreiber übergreifend – mit Karte bezahlen können. Die Alternative ist der QR-Code und die allermeisten Ladesäulen stehen nicht in der Tiefgarage und wenn, sind Sie auch alternativ mit einer Karte zu bedienen. Sie schreiben von der Wallbox zuhause, die mehr als 1.000 € kostet, verschweigen aber die Förderungen der öffentlichen Hand, die bis zu 50% dieser Kosten übernehmen! Im Gegensatz zu Ihnen finde ich mich im „E-Chaos“ bundesweit gut zurecht. Insbesondere dann, wenn Sie sich, wie die allermeisten Autofahrer, häufig in Ihrer Heimatregion aufhalten, sind die Fragen der öffentlichen E-Versorgung und deren Handhabung schnell geklärt. Das heißt, dass Sie sich, verglichen mit einem Verbrenner, deutlich günstiger beim Energieverbrauch bewegen. Sie verbrauchen ca. 10-15 kwh pro 100 km und zahlen üblicherweise ca. 0,40 € pro kwh. Das heißt 4-6, € per 100 km.

Den Verbrenner müssen Sie mir zeigen, der so günstig zu betreiben werden kann. Aber in Ihrer Welt scheint es nur Ionity zu geben, die unverschämte Preise aufrufen, die vielen Stadtwerke-Betreiber mit günstigen Preisen bleiben unerwähnt. Im Rest Ihres tendenziösen Artikel nur Desaster-Beschreibungen beim Laden. Was soll das? Sie können Ihr eigenes Unvermögen, die richtige Ladesäule für Ihr Auto zu nutzen, doch nicht als Allgemeingut verkaufen? Was hat die Ladestruktur in Deutschland mit der Ladesäule vor der Zeit-Redaktion zu tun? Sie lassen ja auch den Leser im Dunklen, warum es nicht funktioniert hat. Vielleicht haben Sie ja etwas falsch gemacht? Im übrigen sollte man – gerade wenn man noch nicht so häufig geladen hat – prüfen, ob wirklich geladen wird, oder ob man möglicherweise – mangels Routine – etwas falsch gemacht hat! In der Welt der Verbrenner würde auch eine falsche Handhabe einem Fahrzeug schwersten Schaden zufügen, wenn man statt Super Diesel tankt.

Also, alles eine Frage des Know-hows. Es macht müde immer wieder gegen die gleichen klischeebeladenen Journalisten anzurennen. Zum Beispiel, dass man sehr wohl schnell laden kann, und nicht stundenlang warten muss, wenn man keine Zeit hat. Zwei Buchstaben helfen Ihnen dabei: AC und DC mit entsprechender kw-Stunden – Zahl. Diese Angaben, oft mit Zeit/Reichweite für das Laden sind auf jeder Anbieter App für Ladesäulen zu finden. Ihr Artikel ist insofern so traurig, weil er einfache Basics zur Nutzung der Ladung als unüberwindbare Hürde darstellt und damit wieder viele Menschen von der Anschaffung eine Elektrofahrzeuges abhält. – Thomas Möller

 

Ihren Erfahrungsbericht über die beiden E-Autos sowie die deutsche Ladestruktur habe ich – kein Witz – während einer E-Motorrad-Tour an den Gardasee gelesen. Das waren über 2.500 km in zehn Tagen – und mit der entsprechenden Vorbereitung überhaupt kein Problem. Hr. Diess hat nicht zu viel versprochen! Sie outen sich als E-Neuling, wollen zwei E-Autos testen, fahren an die Ladesäulen und wundern sich dann darüber, dass man dort nicht mit EC- oder Kreditkarte bezahlen kann. Stattdessen erfolgt die Freischaltung per App oder Chip, wie Sie schnell feststellen. Mit Verlaub, Sie haben sich schlicht nicht vorab informiert bzw. informieren lassen.

Ich beobachte dies aber in letzter Zeit immer öfter – da stehen verzweifelte E-Neulinge mit ihrem Wagen vor der Säule und wissen nicht was zu tun ist. Anscheinend wird der Ladeprozess bei den Fahrzeug-Auslieferungen nicht besprochen; und viele Käufer halten es auch nicht für nötig, sich vorab zu informieren – wird schon irgendwie gehen. Der ADAC bietet beispielsweise in Zusammenarbeit mit EnBW eine ganz hervorragende App inkl. Ladekarte an; damit laden Sie in sechs Ländern zum Einheitstarif. Die Fahrt an den Gardasee war damit auch für mich und mein E-Motorrad überhaupt kein Problem. Schade, dass Sie Ihre anfänglichen Wissensdefizite der E-Mobilität im Allgemeinen anlasten. – Sebastian Goeß

 

Schade, dass der „Vergleich“ (zumindest hätte es laut Autor einer werden sollen) derart tendentiös und über weite Teile recht polemisch ausgefallen ist. Es hätte interessant werden können. Über weite Teile wird über das Chaos beim Laden berichtet (was zugegebenermaßen tatsächlich ein Problem ist), zum Tesla-Modell reicht es nur zu wenig mehr, als sich über das Karaoke-Programm lustig zu machen. Genau das Thema Laden hat Tesla, neben vielen anderen Dingen, genau richtig gemacht. Man fährt zur Supercharger Station, steckt an, und das Auto beginnt – oh Wunder – zu laden. Keine Karte, kein QR-Code, keine Bezahlmethode, kein Anmelden. Einfach einstecken und los – und das nochdazu sehr schnell – 150kW neuerdings an den V3 Supercharger Stationen. VW & Co müssen noch vieles aufholen. Darüber, und über vieles mehr hätte man berichten können. Dann wäre es vielleicht auch ein Vergleich geworden. – Udo Bräu

 

Ich bin mir unschlüssig: Ist Ihr Artikel Realsatire, oder einfach nur naiv oder eine gelungen Demonstration, dass es so mit der Verkehrswende nicht geht? Ausführlicher: Es geht doch um die Begrenzung des CO2 Ausstoßes, um die Klimaziele zu erreichen. Dafür braucht es Veränderungen in unserer Lebensweise. Da ein größerer CO2 Eintrag durch Verkehr verursacht wird, braucht es eine Verkehrswende. E-Mobilität soll da ein Baustein werden. In ihrem Artikel gehen Sie doch – nicht explizit – davon aus, dass das „V“ (Verbrenner) nur durch ein „E“ (Elektro) ersetzt werden braucht, dann wird alles gut. Scheint doch so nicht zu funktionieren. Verkehrswende braucht doch auch eine Änderung unseres Lebensstils. In Hannover wohnen und in Hamburg arbeiten und täglich fahren, dass geht am einfachsten mit dem V-Mobil. Vielleicht ginge es auch mit der Eisenbahn. In Hannover mit dem (E-)bike zum Bahnhof, in HH mit einem anderen zur ZEIT. In der Bahn am Laptop könnten Sie arbeiten.

Ob die Nettofahrtzeit dann viel länger ist als jetzt, mal die Stauzeiten mit gerechnet? Brutto, von Tür zu Tür dauert sicher länger. Zur Verkehrswende muss es auch eine Lebensstilwende geben, die beinhaltet, dass wir einfach weniger fahren, weniger pendeln, kürzer pendeln, Wohnort nahes Arbeiten, einkaufen, Vergnügen, Urlauben. Dass der ID3, den Sie testeten, 204 PS hat!? Wofür? Um von Hannover nach Hamburg zu fahren würden es auch 50PS tun. Wenn es wirklich nur um Mobilität ginge. Ein 50 PS Auto mit einer Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h könnte leichter sein, würde dadurch auch weniger Strom verbrauchen, bräuchte dann auch eine kleinere Batterie und dann ist es mit der Ladeinfrastruktur auch einfacher. Aber, die Firma VW hat doch drei wesentliche Funktionen; in absteigender Wichtigkeit hier aufgeführt. 1. Geld zu erwirtschaften. Das macht sie damit, dass sie zwei Produkte anbietet. 2. Prestige (je größer, je stärker, je werthaltiger, um so größer ist der Gewinn.) 3. Mobilität.

Ein bisschen sind ja auch Sie den 204 PS erlegen („…beschleunigt wie ein Sportwagen…“). E-Mobiltät wird doch nur mit einem massiven downsizing gelingen können. Das stellt unsere Wirtschaft und auch die Automobilproduzenten vor erheblich Anpassungen. Aber ein Weiter so, dann halt mit „E-„, wird nicht klappen, wie Sie sehr schön und eindrucksvoll beschreiben. Z. Z. ist doch der Beitrag der E-bikes zur Verkehrswende größer als der der E-Autos. (Ich muss zugeben, dass die ja auch mit einem „Schneller und Weiter“ so erfolgreich sind.) Es gibt doch viele, die mit dem E-bike statt mit dem V-Auto zur Arbeit fahren. Wichtig wäre doch, dass wir unser Leben so organisieren, dass wir weniger Mobilität brauchen und nutzen. Dann geht das Reduzierte auch mit E-Auto.

Um meinen Standpunkt zu erklären: Ich bin Rentner, vor unserer Tür steht ein alter Peugeot 307 Kombi mit Diesel mit satten 136PS und ein Citroen C1. Meist stehen sie dort. In Coronazeiten nehmen wir dann doch öfter mal den kleineren Wagen, statt in die Straßenbahn zu steigen. Nochmal zusammengefasst: Ihr Artikel beschreibt schön, dass es so nicht geht. Aber es scheint nicht durch, was Sie denken, was es braucht, damit eine Verkehrswende wirklich gelingen kann. – Christian Willnow

 

Herr Tatje hat völlig recht, die sehr langen Ladezeiten gehören zu den entscheidenden Gründen, warum nicht mehr Besitzer*innen von Autos mit Verbrennungsmotren auf Elektro-Autos umsteigen. Was ich mich aber seit 20 Jahren frage: Warum muss der einzelne PKW-Fahrer seine Batterie selbst aufladen? Wieso kann er nicht an einer Tankstelle anhalten und mit wenigen, maschinenunterstützen Handgrifen, seine leere oder halbleere Baterei gegen eine volle eintauschen? Der „Tank“-Prozess würde nicht länger daern als zur Zeit. Natürlich erfordert das, neben einer Vereinheitlichung der Batterien, große Infrastrukturmaßnahmen (Tankstellen müssten geladene Batterien in großer Zahl vorhalten), aber die sind doch ohnehin nötig! – Michael Serrer

 

In der Zeit vom 1. Oktober 2020 findet sich ein Beitrag von Claas Tatje zum Thema Elektroauto, dessen Tenor ich nun schon seit einigen Jahren in vergleichbaren Beiträgen anderer großer Tagszeitungen und Journale vernehme. Da diese Beiträge geeignet sind, vom Kauf eines E-Autos abzuschrecken, möchte ich dazu endlich kritisch Stellung beziehen. Als vor drei Jahren die Renovierung unseres Hausdachs anstand und ein Blick in den niedersächsischen Solaratlas meine vier Dachseiten als solarzellengeeignet auswies, habe ich den Schritt gewagt, mich von fossiler Energie unabhängig zu machen und eine Solaranlage installiert, die meinen Eigendarf an Strom (inklusive Heizung) weitgehend abdeckt. Bei dieser Gelegenheit habe ich auch den Wechsel zur E-Mobilität vollzogen, zumal mir der Solarstromanbieter eine Walbox finanzierte.

Meine Wahl fiel auf den Kona Elektro von Hyundai, der 2018 als einziges, für mich erschwingliches Elektroauto, eine akzeptable Reichweite bot. Ich habe diesen Schritt nie bereut. Zwar habe ich Motorsport-Journalisten vom Vibrieren der Verbrennungsmotoren und deren sattem Sound schwärmen gelesen, aber es soll auch Leute geben, die dem Klappern der Schreibmaschine dem leisen Surren eines PC’s den Vorzug geben. Das fast geräuschfreie, emissionslose Dahingleiten und die unmittelbare Beschleunigung eines E-Autos hat mir jedenfalls die Freude am Autofahren zurückgebracht.

Seit den ersten Bemühungen, in Deutschland die Elektromobilität zu fördern, wurden in der Presse (ich argwöhne auf Einflussnahme der Automobillobby) neben den hohen Anschaffungskosten, der geringen Reichweite und der umweltschädlichen Batterieproduktion vor allem die Probleme des Aufladens beschworen und dabei in Fahrberichten regelrechte Horrorszenarien entworfen. Zugegeben, einfach einsteigen und losfahren ist bei E-Autos nur bedingt empfehlenswert, vor allem dann nicht, wenn es eine längere Strecke zu bewältigen gilt. Mit etwas Planung allerdings, so meine Erfahrung nach fast zwei Jahren Fahrpraxis, lassen sich alle Probleme mühelos meistern. Dabei sollte man ein paar einfache Grundregeln beachten. 1. Autobahnen sind Stromfresser. Auf der A 7 Richtung Süden verliere ich bei einer Reisegeschwindigkeit von 120-130 kmh gut und gerne 170 km gegen die Kilometeranzeige bis zum ersten Aufladepunkt. 2. Starkes Beschleunigen ist ebenfalls ein Stromfresser.

Am weitesten kommt man im Eco-Modus bei einigermaßen konstanter Geschwindigkeit. 3. Bei niedrigen Temperaturen sinkt die Reichweite deutlich. Unseren Kona kann ich in der kalten Jahreszeit überhaupt nur bis 360 km aufladen, im Sommer dagegen auf 460 (warum ich im Sommerurlaub in Dänemark auf sage und schreibe 550 km aufladen kann, ist ein Rätsel, das mir bislang niemand erklären konnte). 4. Längere Strecken sollten immer anhand einer der vielen Ladestationen-Apps im Voraus geplant werden. Dabei ist es wichtig, zu den ausgewählten Ladestationen Alternativen einzuplanen, um vor unangenehmen Überraschungen (vor allem besetzte oder nicht funktionierende Ladestationen), gefeit zu sein. Dies bedeutet auch, dass immer eine ausreichende Ladereserve vorhanden sein muss. Nie auf Kante fahren! 5. Das deutsche Ladestationenwirrwarr ist eine Frechheit, eine Zumutung, ein einziger Krampf.

Nur in den wenigsten Fällen kann man mit EC- oder Kreditkarte bezahlen. Es empfiehlt sich daher dringend, sich eine ADAC Ladekarte anzuschaffen und sich die Lade-Apps möglichst vieler Stromanbieter herunterzuladen (die Ladestationen der deutschen Autohersteller unter dem Label Ionity sind übrigens die reinste, unverschämte Abzocke). Meine an sich wenig technikaffine Frau hat zu meiner Freude den Ehrgeiz entwickelt, die Ladestationenplanung zu übernehmen. Es funktioniert perfekt! Wir sind inzwischen für alle Eventualitäten gerüstet. Zudem haben wir auf den öfter befahrenen Strecken schnell eine gewisse Routine entwickelt. Wir wissen auf diesen Strecken inzwischen genau, welche Ladestationen wir anfahren können und welche zu vermeiden sind. Nach und nach haben wir so unseren Radius erweitert und trauen uns nun auch, mit unserem E-Auto ins Ausland zu reisen. Das Beste zum Schluss. Bei uns hat sich nach und nach ein wunderschönes Gefühl der Entschleunigung eingestellt. Wir haben es plötzlich nicht mehr eilig. – Wilhelm Heizmann

 

Bei Ihrem Bericht Lange Leitung(von Claus Tatje) der das Fahrzeug VW ID.3 mit dem Tesla Modell vergleicht frage ich mich ernsthaft wie es einem Privatmann gelingt ein Fahrzeug ohne jegliche staatliche Hilfe mit einem funktionierenden Elektrosäulen Netz aufzubauen. Im sogenannten Autoland geleitet von gut dotierten Managern ist dies offensichtlich ohne staatliche Unterstützung nicht möglich. – Alfred Aldenhoven

 

Dem Artikel liegt – wie so oft – der Denkfehler zugrunde, dass die Mobilitätswende einfach darin bestehen kann, private Pkws mit Verbrennungsmotoren durch E-Autos zu ersetzen. Das kann jedoch aufgrund der ressourcenintensiven Batterieherstellung nicht nachhaltig sein und löst auch das Problem der verstopften Straßen und des Flächenfraßes beim Straßen- und Parkplatzbau nicht. Eine mehrdimensionale Lösung wäre die folgende: Wir benutzen auf langen Strecken die Bahn, innerorts Fahrrad und ÖPNV, und die dann noch verbleibenden Lücken können kleine Elektroautos mit kurzer Reichweite schließen. Dann fallen die im Artikel beschriebenen Probleme weg. – Christian Röck

 

Wer sich erwartete, etwas über den ID.3 von VW zu erfahren, wurde leider enttäuscht. Da bringt VW zum normalen Preis eines Kleinwagens das erste rein elektrisch betriebene Auto mit ausreichender Reichweite auf den Markt, mit welchem man ohne Probleme quer durch Europa fahren kann, und dem Autor fällt nichts anderes ein, als sich über die schlechte Ladeinfrastruktur aufzuregen. Und das auch noch zu Unrecht. Für guten Journalismus gehört Recherche zum Handwerkszeug. Der Autor hat es scheinbar nicht einmal auf die einschlägigen Foren zu Elektroautos geschafft.

Es wäre so einfach gewesen: Zu einem Elektroauto gehört ein RFID-Chip, mit einer hinterlegten Zahlungsmöglichkeit. Diesen erhält man innerhalb weniger Tage umsonst von vielen Anbietern. Fast alle Ladesäulen lassen sich mit so einem Chip bedienen. Einfach den Chip an die Säule halten, das Kabel in die Säule und das Auto stecken, und schon wird geladen. Genauso einfach wie an der Tankstelle. Hat man diesen Chip, benötigt man kein Mobiltelefon, also auch keinen Empfang. Ladesäulen gibt es inzwischen ausreichend, um mit einem Elektroauto dieser Reichweite keine Probleme haben zu müssen. Die Beschwerden des Autors sind vergleichbar mit jemandem, der einen Benziner / Diesel über den Reservekanister auftanken will, und sich beschwert, dass in den Kanister so wenig hineinpasst. Die Bezahlmöglichkeit über Kreditkarte ist eben nur eine Notlösung, falls der Chip einmal nicht zur Hand ist. Sehr schade, der ID.3 hätte einen Tester mit mehr Kompetenz verdient gehabt. – Holger Feist

 

Was man dem Autor dieses Artikels nicht vorwerfen kann- die Grammatik des Artikels ist einwandfrei. Alles andere zeigt, das der Autor sich allenfalls oberflächlich mit der Elektromobilität befasst hat. Es gibt diverse Apps, die Ladestationen anzeigen. Diese sind sogar so schlau, dass sie bei einer bestimmten Strecke genau ausrechnen, wo man nachladen muss. Die Apps oder die dazugehörige Ladekarte kann über das Internet herunterladen/ bestellen und die Preise nachlesen.Die Kritik an Tesla ist oberflächlich. Wenn man die Betriebsanleitung eines Gerätes nicht liest, dann kann man seine Funktionen auch nicht nutzen oder macht Fehler. Ich habe mittlerweile 80.00 km mit meinem Model X zurückgelegt. Sicher gibt es technische Schwierigkeiten bzw. Störungen, die das Wohlgefühl manchmal beeinträchtigen. Aber der Service ist genial. Egal zu welcher Tages- und Nachtzeit- der Tesla-Service ist 24/7 erreichbar und welche Deutsche Premiummarke kann das schon von sich behaupten.

…und wenn der Autor diese Artikels sich dann bei VW einmal nach den Lieferzeiten erkundigt hätte? Mir persönlich ist ein Fall bekannt, da wartet der Kunde seit neun Monaten auf sein Fahrzeug .. wahrscheinlich ist es dann ohnehin nicht mehr familientauglich…er durfte sich aber immerhin schon an der Facebook Gruppe beteiligen..na, ja!? Keine Frage, ein Fahrzeug der Marke Tesla ist ein I-Phone auf Rädern und nicht für jeden erschwinglich. Wenn aber ein Unternehmen, das einmal den Käfer und den Golf entwickelt hat, sich darauf beschränkt, einen Dieselmotor mit einer Täuschungssoftware am Markt zu halten und sich sonst um keine Innovationen bemüht, dann ist das die Folge… war da ‘mal was mit Borgward…? – Stephan Heinrichsmeyer

 

Es wirkt für mich wie die Ruhe vor dem Sturm. Rund 47. Millionen Autofahrer bei uns fahren scheinbar völlig unberührt von allen Zukunftszenarien umher, wohlwissend, das sie in nächster Zeit bitte schön auf Autos mit Steckdose umsteigen sollen, müssen oder dürfen. Was da auf uns zukommt, ist der Fortschritt, von langer Hand vorbereitet oder besser gesagt herbei erzwungen, geredet aber auch politisch durch Vorgabe von Grenzwerten verordnet. Der Artikel beschreibt sehr anschaulich die völlige Unzulänglichkeiten derzeit in der Handhabung der „Betankung“. Es kann also oder muß besser werden. Schön geredet wie so oft bei der E-Mobilität, wird vom Autor nichts.

Als „verbrennungsversauter“ leidenschaftlicher Dieselfahrer spreche ich von Betankung und möchte noch etwas zur Ladedauer hinzufügen. Ein Diesel mit einem 60 Liter Tank ist in ein paar Minuten vollgetankt. (ca. 1,20 €/l), reicht für 800 bis 1000 km. Der Energiegehalt des Tanks liegt bei ca. 600 kWh (0,12 €/kWh). Der Tesla mit 90 kWh (0,30 €/kWh derzeit noch vom Hersteller übernommen) ist nach ca. 40 Minuten zu 80 % aufgeladen. Reicht für ca. die Hälfte an Kilometer. Und da ist da noch ein riesen Platzproblem bei den angestrebten Millionen E Autos an den Ladestationen bei der „zeitintensiven Betankung“. Der Schlußsatz des Artikels „Das Land ist noch nicht so weit“, verharmlost die Situation. Es gibt neben dem E – Auto noch viele Alternativen. – Walter Schroiff

 


 

 

Leserbriefe zu „Gesinnung oder Gesundheit?“ Streit von Viviane Fischer et al.

 

Vielen Dank für die Unterredung mit Herrn Siber, Frau Fischer, Herrn Roth und Herrn Geisel. Schön, dass wir endlich wieder alle miteinander reden können. Zu lange hatte das undefinierte Zahlenwirrwar zu einem Reden übereinander statt miteinander geführt. Jetzt können wir uns in Ruhe und im Kontext die veröffentlichten „Corona“-Zahlen anschauen, mit deren Hilfe Angst und Schrecken verbreitet wird. Was bedeuten sie eigentlich in ihrem Kontext? Wie exakt sind Definitionen und Zuordnungen? Begriffe wie Covid-19, SARS-CoV-2, Coronavirus, Laborbefund, Getestete, positiv Getestete, falsch positiv Getestete, infiziert positiv Getestete, krankmachend positiv Getestete und aktuell ernsthaft oder kritisch Erkrankte müssen klar definiert und auseinandergehalten werden. Dann zeigen sich interessante Dinge:

Wenn bei 1400 Testungen an symptomlosen Urlaubsrückkehrern 1 (ein!) Mensch ein positives Ergebnis erhält, entspricht das 0,07 Prozent der Testungen. Das könnte bedeuten, dass, wie folgende Berechnung zeigt, nur 294 Personen (!!) von den 84 Mio Einwohnern Deutschlands mit einer SARS-Cov-2-Viruslast getestet wurden, die sie krank macht. Und die Worldometer-Statistik gibt für heute z.B. tatsächlich 355 ernsthaft oder kritische aktive Fälle an!! Selbst wenn die Annahmen dieser Berechnung nicht unangreifbar sind, besteht doch die Tatsache der völligen Unverhältnismäßigkeit der gegenwärtigen Maßnahmen aufgrund der Statistikangabe, diese 355 aktiven ernsten Fälle für ganz Deutschland, und die können vielleicht auch mit etwas anderen Annahmen erklärt werden.

Wenn man (wie Frau Dr. Dagmar Lühman vom EbM-Netzwerk), https://www.aachener-zeitung.de/panorama/falsch-positive-ergebnisse-bei-ausgeweiteten-corona-tests_aid-53106559, hypothetisch 1 % als Fehlerquote des PCR-Tests annimmt, würde das bedeuten, dass z.B. bei 100.000 Messungen von Symptomlosen und einer tatsächlichen Anzahl von hypothetisch 50 Infizierten (im Verhältnis von 2000:1, vergleichbar mit dem obigen konkreten Beispiel aus dem Landkreis mit 1400:1) „der Test bei jedem Hundertsten Nicht-Infizierten anschlägt. Der tatsächliche Wert für die Falsch-Positiv-Rate der PCR-Tests kann für Deutschland laut Robert Koch-Institut (RKI) in der Gesamtheit nicht angegeben werden.

Bei den 99.950 Nicht-Infizierten in Lühmanns Rechenbeispiel würden die Tests also in 98.951 Fällen ein korrektes Ergebnis anzeigen. 999 Mal aber wäre der Test (falsch) positiv. Das heißt: Insgesamt bekämen 1048 Getestete ein positives Ergebnis. Davon wären aber nur 49 tatsächlich Corona-infiziert, also knapp fünf Prozent.“ D.h., 5 % von 0,07 % dieser Testungen im Landkreis wären korrekt positiv. Ob die für eine Erkrankung erforderliche Virus-Last vorliegt, ist aber noch nicht sicher. Nach Angaben von Prof. Michael Mina/Harvard, https://www.heise.de/tp/features/Was-sagen-die-PCR-Tests-fuer-den-Coronavirus-aus-4884437.html, könnte aufgrund der zu hohen Zyklenanzahl bei den Tests die tatsächlich krankmachende Viruslast möglicherweise nur bei etwa 10 % dieser positiv Getesten auftreten, d.h. hypothetisch 10 % von den 5 % von den 0,07 % der Getesteten könnten krankmachend positiv sein.

Das heißt, auf 10 Mio anlasslos oder symptomlos Getestete kommen 7000 Positiv Getestete (0,07 % von 10 Mio), davon 350 korrekt positiv Getestete (5 % von 7000), davon 35 krankmachend positiv Getestete (10% von 350). Wenn wir die 35 infiziert positiv Getesten zu den ca. 84 Milionen Einwohnern Deutschlands in Bezug setzen, 8,3 x 35, erhalten wir 294 infiziert positiv Geteste. Jetzt schauen wir uns zum Vergleich die Statistik an: Unter https://www.worldometers.info/coronavirus/#countries finden wir am 1. Oktober 2020 für Deutschland 355 ernsthafte, kritische aktive Fälle (serious, critical active cases) – bei 84 Millionen Einwohnern!! Das spricht für eine ganz starke Hintergrundimmunität (T-Zell-Immunität) gegen SARS-CoV-2.

Nun sollten wir wirklich ganz schnell alle wieder ganz offen und demokratisch miteinander reden und entsprechend handeln! Die Zahlen, auch wenn sie wegen der fehlenden klaren offiziellen Definitionen nur eine Anregung sein können und von Expertenkommissionen schnellstmöglich aufgearbeitet und dann bekannt gegeben werden sollten, sprechen für Herrn Siber, Herrn Roth und Frau Fischer. Und Herr Geisel kann an der nächsten Demo für Freiheit und Demokratie teilnehmen und zu seinem Zitat vor zwei Jahren stehen: „Wenn ich als Demokrat gefordert bin, gehe ich auf die Straße. Und ich lasse mich nicht davon hindern, dass auch Extremisten die Möglichkeit nutzen, dort ihre Meinung zu sagen.“ – Gerhard Jahnke

 

Die Argumentationsweise der drei Corona-Maßnahmen-Gegner ging mir zunehmend auf die Nerven. Auf die rechten Teilnehmer der Demonstrationen an diesem Tag angesprochen, kam immer nur ‚weiß ich nicht‘, ‚hab ich nicht gesehen‘, ‚kenne ich nicht‘. AFD, NPD und andere erklärte Neonazis haben zu diesen Demonstrationen aufgerufen, und wer dann erscheint, macht sich mit diesen Leuten gemein, auch wenn er oder sie deren Ansichten nicht teilt. Die geplante ‚Schadenersatzforderung‘ an Christian Drosten schließlich ist einfach zum Lachen. Nochmal zum Mitschreiben: Drosten ist Wissenschaftler, er erforscht das Virus und seine Eigenschaften. Die Maßnahmen hingegen werden von der Politik getroffen. Da könnte Herr Roth genausogut vom Virus selbst Schadenersatz fordern. – Dr. Dagmar Paulus

 

„Ich war auf der Demo nicht als Rechter oder als Linker – sondern als Mensch.“ Dieser Satz bringt für mich das Problem gut auf den Punkt. Natürlich haben auch Rechtsextreme das Recht für oder gegen Corona-Schutzmaßnahmen, für oder gegen Kernkraftwerke, für oder gegen was auch immer zu sein. Wenn sie dann als Mensch neben Menschen anderer politischer Gesinnung in einer Demonstration mitlaufen, ist das in Ordnung. Wenn sie aber ihre Gesinnung auf Flaggen oder Plakaten vor sich her tragen, wie es hier ja geschieht, dann ist das für mich nicht mehr akzeptabel.

Dann muss ich (habe ich für mich entschieden) dafür sorgen, dass sie von dort verschwinden oder ich gehe und tue meine Meinung an anderer Stelle kund. Hier müssen sich die Organisatoren schon Versagen vorwerfen und die Frage stellen lassen, ob sie vielleicht sogar rechtsextremes Gedankengut auf den Corona-Demonstrationen haben wollen. Selbstmurmelnd gilt das Gesagte analog für andere politische Gesinnungen ebenso. Ich darf nicht mit zweierlei Maß messen, habe aber den Eindruck, dass dies hier geschieht. Zumindest habe ich noch nicht mitbekommen, dass sich jemand über Grüne, FDP-, SPD-Signale etc mokiert hat. – Iman Schwäbe

 

ich empfinde es als eine gute Idee, kritisch Hinterfragende und Befürwortende der Coronamaßnahmen an einen Tisch zu setzen und diskutieren zu lassen. Auch ist eine immerwährende Abwägung zwischen den einzelnen Grundgesetzen und dem Gesundheitsschutz grundsätzlich zu begrüßen. Unsere Demokratie lebt von dieser Auseinandersetzung. Nur war die Zusammensetzung der Gesprächsrunde alles andere als gelungen. Drei Personen, die die Maßnahmen verständlicherweise kritisieren, nur einen Befürworter entgegenzustellen, bildet weder die Stimmungslage im Land ab, noch sorgt es für ein ausgeglichenes und faires Gespräch.

Herr Geisel stand mit dem Rücken zur Wand und musste sich gegen unsachliche Angriffe aus drei Seiten verteidigen. Die Darstellung des Interviews in dem Artikel zeugt ebenfalls von einem chaotischen Gesprächsablauf und nicht von einer fairen und sachlichen Debatte. Dieses Interview hat mich nicht zum Nachdenken oder zum Anhören der Gegenseite angeregt. Vielmehr verspürte ich ein starkes Mitgefühl mit Herrn Geisel und Fremdscham für die ZEIT-Redaktion, die Herrn Geisel in diese zweifelhaften Umstände brachte und sich mit der unausgeglichenen Wahl der Interviewgäste selbst düpierte. – Sebastian Küppers

 

Indem Sie einen hilflos stammelnden Landespolitiker gegen drei hervorragend vorbereitete „Wutbürger“ antreten lassen, erwecken sie den Eindruck, in Deutschland stünde eine zu recht empörte Bevölkerung einem völlig überforderten „Unrechtsstaat“ gegenüber. So glaubt auch Oma Erna bald die Lügen, die Frau Fischer und Herr Roth direkt aus ihren Telegram Gruppen in Ihre Zeitung tragen durften. Wenn Sie wissen möchten, welchen Dienst Sie damit z.B. 100.000 in Deutschland lebenden Juden erwiesen haben, gehen Sie doch mal selbst nachlesen, welche Narrative in diesen Gruppen, neben dem von den Millionen Demoteilnehmern, noch verbreitet werden. Mit diesem Interview haben Sie mehr für die Mobilisierung der neuen Rechten getan, als Attila Hildmann sich in seinen feuchtesten Träumen ausmalen kann. Herzlichen Glückwunsch! – Philipp Höck

 

Frau Fischer braucht keine Petition und keinen Corona-Ausschuss – nur die Bereitwilligkeit sich zu informieren, was dur h Lesen seriöser Zeitungen und schauen von TV-Dokumentationen in öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern problemlos möglich ist. Ich bin jedenfalls sehr froh, das meine Freiheit -gesund bleiben zu wollen- durch vorgegebene Regeln gewahrt bleibt. – Eva Tophoven

 

„Ich hab recht! Nein, ich hab recht! Nein, ich! Nein, ich!“ Das war kein Streit mehr. Das war Gezänk. Unerträglich. Und dennoch danke ich der ZEIT für diese Dokumentation aus dem Herzen der kommunikativen Finsternis. – Kurt Eimers

 

GEFÄHRDUNG UNSERER VOLKSWIRTSCHAFT Gerade in Krisenzeiten ist eine demokratische Grundhaltung unabdingbar, sonst verliert unsere Gesellschaft die Akzeptanz für erlassene Maßnahmen zur Abwendung der Krise. Für eine weiterhin gut funktionierende Volkswirtschaft benötigt man aber auch eine rücksichtsvolle Grundhaltung. Durch Nichteinhaltung von Maßnahmen ist unsere Volkswirtschaft gefährdet. Das hat doch Herr Roth durch seine finanziellen Einbußen erkennen müssen. Die Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit, die sich zur eigenen Selbstentfaltung erhebt,sollte in Krisenzeiten zum Wohle der Gesellschaft ausgerichtet sein. Gerade die Rücksichtnahme untereinander zeichnet in diesen Zeiten das Gefühl von Freiheit aus, und darf für rechtspopulistische und antisemitische Mitläufer bei Demos nicht zur Bühne werden. Warum bei den Großdemos Frau Fischer und die Herren Roth und Siber über diese Mitläufer nichts wußten, oder sie als WENIGE bezeichneten,bleibt mir schleierhaft. – WERNER BETTMANN

 

Eine Juristin, die ganz offensichtlich Ursache und Wirkung vertauscht („Wieso haben wir die größten Grundrechtseingriffe in der Geschichte der Bundesrepublik, wenn die Viruslage offensichtlich nicht so dramatisch ist?“), ein Lokalpolitiker, der von seiner Partei „mundtot“ gemacht wurde, weil er anscheinend ein Problem mit der Wissenschaft hat und ein Gastwirt, der sich – wie es scheint zu recht – von der Stadtverwaltung ungerecht behandelt fühlt. Solche Personen fühlen sich also berufen, wissenschaftliche Erkenntnisse und die daraus folgenden Schutzmaßnahmen coram publico in Zweifel zu ziehen.

Wie zynisch kann ein Mensch sein, die Gefährlichkeit des Virus anhand der Sterberaten oder der freien Intensivbetten bewerten zu wollen? Oberstes Ziel muss es doch sein, die Ansteckungsgefahr so gering wie möglich zu halten. Dazu müssen eben alle beitragen: der Staat mit den Maßnahmen, die das Infektionsschutzgesetz gebietet und jede einzelne Person, indem sie sich und andere schützt. Es gibt genügend Berichte über Langzeitschäden auch nach leichten Verläufen. Nach der Lektüre dieses Streitgesprächs könnte ich mich eigentlich entspannt zurücklehnen, da sich meine Vorurteile gegenüber den Teilnehmenden an solchen „Corona-Demos“ vollauf bestätigt haben. Stattdessen bin ich aber beunruhigt, weil zumindest die Personen, denen hier in der ZEIT eine Bühne gegeben wurde, nicht nur die gerade in Zeiten der Pandemie notwendige Solidarität aufgekündigt haben, sondern Ihnen die Nähe zu Rechtsextremisten nichts als ein Kollateralschaden ist. – Susanne Göttker

 

Das ist wieder ein Artikel, der mich in der Auffassung bestärkt, dass wir in einer gut aufgestellten Gesellschaft leben in der die meisten anständig zuhören, die Meinung sagen und vielleicht auch etwas von einander lernen können. Herr Geisel hat als Politprofi und Mensch seinen Einsatz für die Menschen und gegen Corona in vorbildicher Weise dargestellt. Gefehlt hat mir nur ein Hinweis darauf, dass der eigene Körper für jedes Lebewesen das wertvollste Gut ist. Das ergibt sich nicht nur aus den Artikeln 1 und 2 GG sondern auch aus der einfachen Tatsache, dass ohne ihn nichts ist und nichts geht, keine Gesinnung und auch keine Demonstration. – Kurt Heinz

 

Ist DIE ZEIT nun endlich wieder in ihren demokratischen Urzustand der fairen politischen Debatte zurückgekehrt? Ich habe mich jedenfalls sehr gefreut, unterdrückte aber prominente Stimmen der Berlin -Demonstrierenden in der Rubrik Streit zu hören. Warum Innensenator Geisel es aber gleich mit dreien aufzunehmen hatte verstehe ich nicht ganz? Ja, er ist Politiker und wiederholt Gesagtes solange bis es wahr ist. Er ist ja „mit sich im Reinen“. Doch leider ist ihm das nicht ganz gelungen. Eine Demonstration gegen die Grundrechtseinschränkungen zu verbieten, weil Berlin sonst als Bühne für Rechtsextreme, Corona-Leugner, Reichsbürger missbraucht werde, ist schon ein starkes Stück. Denn leider erinnern diese Diffamierungen an (Geisels) gute alte SED Zeiten, wo politische Gegner per se als Rechte beschimpft wurden.

Man hatte da ja Gott Sei Dank einen „antifaschistischen Schutzwall“ errichtet, den er mit seiner Genossin Saskia Esken anscheinend wieder gerne gegen die „Covidioten“ (zumindest ideologisch) reaktivieren würde. Ärgerlich ist auch, dass Andreas Geisel den“Sturm auf den Reichstag“ zugelassen hat. Die Bewegung wurde durch diesen medial hochgeputschten Focus verunglimpft. Geisel hätte,wenn es wirklich so gewesen wäre, umgehend seinen Posten räumen müssen. Aber es waren ja nicht nur drei Polizisten , sondern laut Geisel 280 (die haben ja scheinbar erstmal zugeguckt).“Der Bundestag war nie in Gefahr“, daher ist Geisel auch mit sich im Reinen.

Wenn er schließlich von exponentiellem Wachstum, überfüllten Intensivstationen spricht und den Blick auf das Ausland wirft, um Grundrechtseinschränkungen zu rechtfertigen, wirkt das wie die Wiederkehr des Immergleichen Nonsens,den wir uns schon im Frühjahr dieses Jahres haben anhören müssen. Manchmal muss man eine Lage auch als Politiker neu und angemessen bewerten können. Und was heisst Gesinnung oder Gesundheit? Was ist mit der Gesundheit all jener Lockdown Opfer und Maskenträger (siehe Siber) und der Gesinnung unserer autoritären Regierung? – Thomas J.Birgel

 

Für eine Diskussion braucht es schon Interviewpartner, die sich auch die Argumente der Gegenseite anhören. Teilnehmer von Corona-Demonstrationen, die völlig schleierhafte Demonstrantenzahlen und Klagen gegen u.a Professor Drosten erzählen, sind doch keine Teilnehmer für eine konstruktive Diskussion. Beim lesen erschrickt man über die festgefahrene Meinung mancher Menschen. – Christopher Beckenbach

 

Einem Zusammenschluss von 4 Anwälten den Namen „Corona-Ausschuss“ zu geben, zeugt von einer gehörigen Portion Selbstvertrauen bzw. von dem Selbstverständnis eines berufenen und richtenden Gremiums. Das weckt schon zumindest bei mir schon so viel Misstrauen, dass ich gut verstehen kann, warum sich kein Politiker in diesen Kreis ein- bzw. vorladen lässt. Es ist eher peinlich für Herrn Geisel, sich dahingehend herauszureden, die Einladung habe ihn persönlich nicht erreicht.

Für mich wäre eine objektive Analyse der „10 Studien“ der Frau Fischer übrigens hilfreicher als das gesamte Interview. Welche Situationen wurden miteinander verglichen? Gibt es Kontrollgruppen? Wurden Infektionswege systematisch nachverfolgt? Wie soll das gehen? Soll man die Personalien der Demostranten aufnehmen und Infektionsketten in deren persönlichem Umfeld nachverfolgen? Frau Fischer ist Rechtsanwältin. Epidemiologie ist vielleicht nicht ihre Sache. – Dr. Christian Voll

 

Dass man nicht alle Corona-Demonstranten in einen Topf werfen oder gar mit Nazis und Reichsbürgern gleichsetzen kann, zeigen schon die Teilnehmer der Runde: Sie haben alle verschiedene Anliegen. Am verständlichsten ist mir die Position des Karaokebar-Wirts, bei dem bisher keine Hilfe angekommen ist. Auch der Vorwurf an die Politik, dass flankierende Forschungen zur Ausbreitungsdynamik fehlen und dadurch ein Nachjustieren der Infektionsschutzmaßnahmen unterbleibt, muss ernst genommen werden.

Aber wo – bitte schön – werden denn durch diese Maßnahmen Grundrechte verletzt? Innensenator Geisel verweist völlig zurecht darauf, dass das Demonstrationsrecht ja auch gegen die Politik durch Gerichte durchgesetzt wurde. Bleibt also das Gebot zum Maskentragen und zum Abstandhalten. Ist es wirklich ein Grundrecht, keine Maske tragen zu müssen? Das hat leider auch der Interviewer der ZEIT versäumt, die Diskutanten zu fragen. – Dr. Dirk Kerber

 

Ich bin eigentlich schon sehr lange keine Leserin Ihres Wochenblattes mehr, aber letzte Woche habe ich mir Ihre Ausgabe gekauft, weil Frau Fischer den Artikel „Streit: Gesinnung oder Gesundheit?“ im Corona- Ausschuss wohlwollend empfahl. Ich möchte Ihnen meinen Dank und meine Erleichterung aussprechen, dass Sie sich endlich des Corona-Themas ausgewogener annehmen. Ich kann mich nur des Kommentars von Herrn Siber zum Schluss anschließen: ein Gewinn für die Demokratie. Und ein Gewinn für den seriösen Journalismus, der seit dem Frühjahr anscheinend mundtot, eingeschläfert und in Quarantäne war. Glückwunsch zum Erwachen!

Das Thema ist doch eigentlich ein gefundenes Fressen für jeden investigativen Journalisten. Seltsam, dass die Traditionsmedien, das verschlafen haben. Ich habe gerade den Film „Die Verlegerin“ gesehen (Pentagon Papers, Watergate). Was ist in den vergangenen 50 Jahren mit der couragierten Presse passiert? Sie können die Pressefreiheit und Ihre Arbeit nur schützen und bewahren, wenn Sie mutig veröffentlichen, auch und besonders gegen politisches Establishment. Dazu gehört eben manchmal auch – und gerade in Krisenzeiten – vorurteilsfreie und intensive Recherche. Es fehlte bisher an allem und ich bin froh, dass Sie jetzt einen Anfang gemacht haben, wieder Ihrer Pflicht – ja, ich sehe das als Pflicht – nachzukommen.

Wir Bürger*innen brauchen Ihre Unterstützung, denn – auch darin kann ich nur Herrn Siber zustimmen – der Wissenstand, nicht nur in der Grünen Partei, sondern in der breiten Öffentlichkeit ist erschreckend oberflächlich und das ist nach meiner Erfahrung noch euphemistisch dargestellt. Die meisten Leute wissen gar nichts, wirklich gar nichts und warten nur ab, dass ein „Erlöser“ sie wieder von ihren Masken befreit. Obwohl auch das nur noch teilweise stimmt.

Die Lethargie, die allumfassend im größten Teil der Bevölkerung geworden scheint, erinnert mich eher an Schlachtvieh, dass in aller Unkenntnis und Stumpfsinn sich von Gebell und Peitschen in einen „alternativlosen“ grauen Stillstand, in eine leblose Dauergegenwart, ohne Zukunft, ohne Perspektiven, ohne Freude und Lebendigkeit, ohne überhaupt noch etwas Lebenswertes zu erwarten, treiben lässt. Ich wünsche mir, dass Sie den Raum für Demokratie weiter offen halten und dass dieser Artikel kein einmaliger Testballon bleibt. Machen wir aus dem Schlachtvieh wieder einen Souverän. – Petra Gradert

 


 

 

Leserbriefe zu „»Der Islam gehört zu Deutschland«“ von Tina Hildebrandt

 

Das kulturelle Erbe Europas entstand zwischen 800 und 200 v.Chr. im Zusammentreffen des Glaubens Israels, aus dem später das Christentum hervorgegangen ist, der Philosophie Griechenlands und dem Staats-/Rechtsverständnis Roms. Das islamische Gottesbild lässt sich ebenfalls auf den Glauben Israels zurückführen, das Menschenbild und das Rechtsverständnis leiten sich jedoch im Islam aus der Religion ab und sind damit fundamental anders als in Europa.

Der Islam gehört insofern nicht zu Deutschland. Millionen Menschen muslimischen Glaubens sind dagegen fester Bestandteil der europäischen Gesellschaft. Der dauerhafte Konflikt zwischen islamischer und okzidentaler Welt gründet sich unter anderem auf der Diskrepanz zwischen religions-/philosophischer Herkunft des Islam, seinem Menschenbild und seinem Rechtsverständnis und dem gesellschaftlichen Alltag in Europa. – Bruno Fey

 

Ein guter berührender Bericht. Alle Muslime sollten die Möglichkeit haben, wenn sie bei der Bundeswehr sind, Seelsorge ihres Glaubens zu erhalten. Aber für mich als Frau, vielleicht sehen Männer das anders, gehören Muslime zu Deutschland aber noch nicht der Islam. Die Soldatin Nariman Hammouti durfte nicht die Predigt des Imam hören. Ist nur e i n Beispiel und vielleicht nicht wichtig. Gleichberechtigung ist auch in der katholischen Kirche nicht vollständig gegeben, aber Frauen können darüber offen diskutieren und fordern, das macht den Unterschied. Wenn Frau Hammouni als Muslima nicht in Deutschland leben würde bzw. keine Deutsche wäre, wäre sie dann auch Soldatin? Nicht nur Christen und Juden müssen immer wieder über Gleichberechtigung von Frauen und Männern nachdenken, und damit meine ich nicht Gleichheit. – Brigitte Faber

 

Das hat gesessen. Die Wirkung hat ganz andere Größenordnungen erreicht als vermutet worden ist. Die Frage ist nur: Sind diese religiösen Praktiken und Vorstellungen kompatibel mit der Kultur des Aufnahmelandes, können sie sich in die politisch-kulturelle Grundordnung des Aufnahmelandes einfügen? Kann durch die Aufnahme der neuen Religionsform wie in Sonderheit des Islam der evolutionäre Standard des Aufnahmelandes – die säkulare Kultur, die politische und gesellschaftliche Toleranz inklusive des Prinzips der Religionsfreiheit, der individualisierte Lebensstil, die Menschenrechte etc. – aufrechterhalten und weiterentwickelt werden oder muß damit gerechnet werden, das die Anhänger der neuen importierten Religionsausübung mit diesen Universalien der Moderne nicht zurechtkommen und dadurch massive gesellschaftliche Konfliktfronten entstehen.

Wie wir sie bereits haben. Und Politik lässt es schleifen und scheint bereit zu sein, auch eine Religionsform ins Land zu holen die nicht mit dem Lebensstiel und Lebenswandel im westlich geprägten Europa kompatibel sind. In den westlichen Ländern ist die Religion mehr oder weniger zu einer Privatsache geworden. Religion ist eine Nebensache, so ist es völlig egal, was und wie eine Person glaubt. Im Islam diktiert die Religion das Leben der Menschen. Damit sind Auseinandersetzungen vorprogrammiert. Die Politik, insbesondere die Bundeskanzlerin, will davon nichts wissen. Unbeirrt geht sie ihren Weg weiter. Rein was Beine hat ohne Rücksicht auf Verluste. – Gunter Knauer

 

Den genannten Beitrag habe ich mit Interesse gelesen. Er regte mich zu verschiedenen Überlegungen an. . Zunächst erinnerte ich mich der klugen Feststellung des Engländers Richard Jefferies vor bereits etwa 150 Jahren: „Never,never rest contented with any circles of perspectives, but always be certaun that a wider one is still possible.“Das freie Denken hat sich in Europa und in Deutschland weitgehend durchgesetzt. Es bietet mir die Möglichkeit einer etwas anderen Betrachtungsweise des in Rede stehenden Themas. Religiöse Dogmen beherrschten im Mittelalter die Gesellschaften in Europa. Kriege im Namen Gottes führten zur Verwüstung ganzer Landstriche. Diese Kriege forderten sehr viele Opfer unter der Zivilbevölkerung. Angesichts dieser Tatsachen begann vor etwa 300 Jahren in Europa der Prozess der Aufklärung. Diese stellte die Vernunft vor das religiöse Dogma. Die Freiheit des einzelnen und die Gleichheit aller Individuen untereinander, wie auch vor dem Gesetz wurde zum Grundsatz erklärt.

Diese Zeit wird in Frankreich inhaltlich sehr zutreffend als Jahrhundert des Lichts („le siècle des Lumières“) bezeichnet. Immanuel Kant mahnte vor 200 Jahren: „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen“. Das bedeutet Erkenntnisgewinn mit seiner individuell angeborenenVernunft auf der Grundlage der sichtbaren Wirklichkeit. Heute sind der Staat mit seinen öffentlichen Angelegenheiten und die Religionen verfassungsrechtlich – im Sinne einer Scheidung der Institutionen „in der Wurzel“ – getrennt. Trotz oder gerade wegen der strengen Glaubensvorschriften des Islam treten Muslime im Sinne der Aufklärung für ein freies Denken, für eine aufklärerische Reform des Islam ein. Hierzu gehören Kamel Daout, Chardortt Djavann, Ahmad Mansour, Seyran Ateš, Dr. Necla Kelek, Abdel-Hakim Ourghi, Murathan Mungan und viele andere. – Dieser andauernde Prozess der Aufklärung gehört zu Deutschland! – Muslime werden in den Islam hineingeboren.

Die Kinder muslimischer Eltern sind automatisch Muslime. Nach den Regeln ihrer Religion bindet sie diese Tatsache an den Islam für immer. Der Islam ist für Musliminnen und Muslime alles, Religiosität, Gemeinschaft, Kultur und Staat zugleich. In der Minderheit stellen sie eine Parallelgesellschaft dar. Die religiösen Regeln aus der Zeit vor etwa 1.300 Jahren bestimmen viele Einzelheiten des alltäglichen Lebens bis in kleinste Einzelheiten. Sie sind die Grundlage der Gemeinsamkeit und der sozialen Kontrolle zu deren Einhaltung. Diese Regeln sind aus Sicht des Islam für immer heilig, unantastbar. Daher sollen diese Regeln in allen Bereichen der Gesellschaft schrittweise durchgesetzt werden. Als Leutnant der BW kennt Frau Hamouti sicherlich die Geschichte der Aufklärung in Deutschland.

Dennoch vertritt sie den Anspruch, ihre religiösen Vorschriften auch in der Bundeswehr durchzusetzen. Dort beträgt der Anteil der Menschen, die aufgrund ihrer Geburt Muslime sind, 1,6 bis 2,7 Prozent. Niemand fragt diese Menschen, welchem Islam sie huldigen, ob sie überhaupt religiös/gläubig sind. Welchen Islam soll der Seelsorger in der Truppe predigen, den politischen Islam, den Suffismus, den Islamismus, den Islam der Abgrenzung („nehmt Euch nicht die Ungläubigen zu Freunden.“)? Selbstverständlich ist jede Gemeinschaftsverpflegung nach dem mehrheitlichen Geschmack der Gemeinschaft ausgerichtet. Es erscheint mir jedoch fragwürdig, durchschnittlich 4 Muslime unter 200 Soldaten mit speziellem Essen zu versorgen. Wo bleiben dann die anderen Überzeugungen, wie die der Vegetarier?

Theorie und Praxis des Islam wie auch anderer großer Religionen in der Welt beschränken sich nicht auf die Pflege ihrer Glaubensvorstellungen, auf religiöse Riten und Kulte. Sie streben nach Einfluss auf die Gesellschaft und nach Macht. Lehrerinnen fordern immer wieder erneut, die religiöse Verhüllung des Kopfes auch im Unterricht zu tragen. Die selbsternannten konservativen Islamverbände fordern Mitsprache darüber, was an den Universitäten gelehrt, was in den Medien verbreitet werden darf. So wird die Freiheit als Leitsatz der Aufklärung schrittweise in Frage gestellt. – Schmolling

 

Danke für Ihren Artikel “Der Islam gehört zu Deutschland”. Gestatten Sie mir aber bitte, auf einen Punkt zurückzukommen der in Ihrem Zusammenhang nur beiläufig auftaucht, mir aber in den verschiedensten Texten verschiedener Medien immer wieder auffällt. Sie sprechen von einem “sogenannten Migrationshintergrund”. Ich bin eine Betroffene: Ich habe vier Großeltern aus vier verschiedenen Ländern, keiner von ihnen aus Deutschland. Ist das kein Migrationshintergrund? Sogenannt– was soll das heißen?? Wie soll ich mich denn nennen??? Sogenanntklingt für mich, als wollten Sie unsereinem unsere Eltern und Großeltern absprechen. Ich bin eine deutsche Staatsangehörige und Verfassungspatriotin, aber Staatsangehörigkeit, Nationalität und Identität sind drei Paar Stiefel.

In eins fallen sie nur bei Quadratdeutschen (oder was auch immer für “Quadratnationalen”, Personen also, die vier Großeltern gleicher Nationalität haben und in deren Land wohnen geblieben sind). Und wir, die wir keine sind, sondern einen ganz realen Migrationshintergrundhaben, machen mittlerweile gut ein Viertel der Bevölkerung aus! Aus gegebenem Anlass habe ich in dieser Sache einen Brief an die Landtagspräsidentin von Baden-Württemberg geschrieben, die von Geburt Kurdin ist. Dass sie darauf freundlich reagiert hat, zeigt, dass Hand und Fuß hat, was ich geschrieben habe. So erlaube ich mir, Ihnen diesen Brief im Anhang zu schicken und Sie zu bitten, ihn zu lesen. Ich gehe dabei von der Annahme aus, dass Sie die Sache interessiert:

Hochverehrte Frau Aras, die Süddeutsche Zeitung vom 10. August enthält ein Interview mit Ihnen, das mich sehr beeindruckt. Ich lebe in Niedersachsen, aber als Bürgerin der Bundesrepublik fühle ich mich auch von dem betroffen, was sich in anderen Bundesländern abspielt. Darum danke Ihnen für Ihre Arbeit als Präsidentin des Landtags von Baden-Württemberg!

Gestatten Sie mir bitte, Ihnen dennoch in einem Punkt zu widerspre-chen, der für mich sehr viel bedeutet. Sie finden das Wort Migrationshintergrund„echt schwierig“. Ich fühlte mich enorm erleichtert, als es aufkam: Endlich gab es einen Ausdruck für das, was ich bin. Sprache macht sichtbar! Nun aber setzen Sie – und nicht nur Sie – sich dafür ein, es zu einem „M-Wort“ und also un-brauchbar zu machen. Falls Sie damit Erfolg haben, bin ich in die Situa-tion zurückgeworfen, aus dem mich der Ausdruck Migrationshintergrundbefreite. Um mitzuteilen, was ich bin, müsste ich wieder ausführliche Er-klärungen abgeben, die nicht jeder hören will. Da werden Sie gewiss rufen: „Aber das doch gerade NICHT ! Sie könn-ten ja einfach sagen Ich bin Deutsche– ohne Zusatz!“ Das will ich nicht. Denn das bin ich nicht.

Ich bin eine deutsche Staatsangehörige mit Migrationshintergrund. Der besteht aus vier Großeltern aus vier verschiedenen Ländern, keiner von ihnen aus Deutschland, und einer Kindheit in einem zweisprachigen Land in einer dreisprachigen Familie. Darin gründet meine Identität. Da ich aussehe wie Inländer und fehlerfrei Deutsch spreche, fällt nicht gleich auf, dass ich nicht „von hier“ bin. Stellt es sich dann irgendwann heraus, höre ich manchmal: „Aber Sie sind doch Deutsche?“, nicht als Nachfrage, sondern als Kompliment gemeint. Dieses impliziert aber, dass eine Deutsche zu sein etwas Feineres, Besseres, Höherstehendes ist als das, was ich sonst wäre. Das Kompliment freut mich nicht. Wieso bin ich keine Deutsche „ohne Zusatz“, obwohl ich die deutsche Staatsangehörigkeit legal erworben, hier jahrzehntelang gearbeitet und Steuern gezahlt, hier mich sozial eingebracht habe?

In ein Land kann man einwandern, aber nicht in seine Geschichte. Schon die Formulierung erweist die Idee als absurd. Die deutsche Geschichte ist nicht „meine“ und kann es niemals werden. Von “meiner“, der Ge-schichte Finnlands (und Schwedens und Russlands, zu deren Staatsgebiet Finnland bis 1809 bzw. 1917 gehörte) und deren Folgen bis heute wissen die meisten Deutschen so gut wie nichts. Davon würde ich gern erzäh-len! Nur interessierte sich bis 2001 (PISA!) so gut wie niemand dafür und auch seitdem nur wenige. Finnland ist ein „kleines“ und extrem dünn be-siedeltes Land an der Peripherie Europas. Deutsche reisen im Urlaub meist südwärts. Nordische Sprachen lernt keiner – warum sollten sie auch?! Mein Horizont, in jedem Sinn des Wortes, ist in ihrem nicht enthalten. Sehr wohl aber ihrer in meinem (deutsches Abitur, deutsches Staatsexamen, deutsche Berufswelt)!

Quadratdeutsche – also solche mit vier deutschen Großeltern und einem „binnendeutschen“ Lebenslauf – haben meist einen Horizont wie der sprichwörtliche Suppenteller (es gibt andere, aber das ist eine Bildungsfrage). Für Quadratfinnen, Quadratchilenen oder Quadrat-chinesen gilt das natürlich genau so. Menschen, die jahrelang im Ausland wohnen, entsteigen damit dem heimischen Suppenteller, auch wenn sie die Staatsangehörigkeit nicht wechseln. Die dadurch unvermeidliche Re-lativierung der Herkunftswelt und Erweiterung des Horizonts ist ein an-spruchsvoller psychischer Prozess. Der strukturiert die Identität dessen, der ihn durchläuft. Darum zeigt der Zusatz „mit Migrationshinter-grund“ ein Schicksal an, und dieses verbindet mich mit jedem, der einen solchen hat.

Wenn das Wort in den Ohren mancher Betroffenen herabsetzend klingt – und in manchen Fällen gewiss auch so gemeint ist – sind diejenigen daran schuld, die es nur auf Problemfälle anwenden. In Wirklichkeit aber haben einen Migrationshintergrund sehr viele Menschen, die voll inte-griert sind und ein großer Gewinn für die deutsche Gesellschaft. Mehr als 25% der Bevölkerung heißen nicht mehr Meyer oder Müller. Meine Hausärztin kommt aus Lateinamerika; man sieht und hört es. Ein Glück, dass wir sie haben! Mein Autoschlosser ist Türke und wir sind befreun-det; mit einem quadratdeutschen Autoschlosser wüsste ich einfach nichts zu reden. Das Impressum der ZEIT enthält so viele nichtdeutsche Na-men, dass ich das Zählen aufgab; dass dieses Blatt international so einzigartig ist, hängt gewiss mit der Auswahl der Mitarbeiter zusammen. In meiner Buchhandlung liegen Bücher aus, deren Autoren auf Deutsch schreiben, aber andere Gesichtswinkel mitbringen, andere Geschichten erzählen, andere Welten schaffen als ihre deutschen Kollegen. Genau darum sind sie interessant!

Diese Liste könnte ich endlos fortsetzen. Wir – alle diese und Sie, hochverehrte Frau Aras, und ich! – bringen mit unserem je eigenen Horizont, der in jedem einzelnen Fall über den deutschen hinausgeht, Reichtum mit. Durch uns wird die Gesamtgesellschaft reicher. Wollen wir wirklich diese unsere reale Identität per Terminologie verleugnen und einfach Deutsche heißen??? Ich will das nicht für mich und mag es nicht bei anderen. Es ist eine Art Etikettenschwindel. Und wem würde der nützen? Wie man behandelt wird, hängt nicht vom Etikett ab. Wenn man als „anders“ wahrgenom-men wird, dies auch wirklich istund eben deshalbnicht akzeptiert wird, ist es ohne jede Bedeutung, ob man für deutschgehalten wird oder nicht (ich weiß, wovon ich rede!!!). Das Problem liegt nicht in der Nomenklatur und lässt sich mit deren Mitteln nicht lösen. Wer möchte nicht respektiert und akzeptiert werden als der, der er in Wahrheit ist ? Wen freuen Respekt und Akzeptanz, die nicht seinem realen Selbst, sondern einem vorgetäuschten gelten? Und andererseits: Wer bringt Respekt und Akzeptanz für Menschen auf, die selber nicht zu dem stehen mögen, was sie sind?

Wir gehören zur Gesellschaft dieses Landes. Wir bringen uns als Mit-bürger ein, vom Nobelpreisträger (Stefan Hell hat den Nobelpreis für Chemie bekommen, aber dass er einen Migrationshintergrund hat, wur-de in den Medien typischerweise nicht erwähnt!) bis zum Kriminellen. Wir sind keine Bürger „zweiter Klasse“. So etwas gibt es gar nicht. Aber wenn jemand möchte, dass ich mich „schrumpfe“, bis ich in einen quadratdeutschen Suppenteller hineinpasse, damit ich in seinen Augen eine Bürgerin „erster Klasse“ sein kann, verzichte ich auf diese Ehre. – Thelma von Freymann

 

Frau Hammouti kritisiert die Ausgrenzung, welche ihr aufgrund ihrer Religion und ihrer Herkunft in der Bundeswehr widerfährt. Kann ich gut verstehen, da besteht auf jeden Fall Handlungsbedarf von Seiten ihres Arbeitgebers. Anscheinend problemlos akzeptiert sie allerdings die Ausgrenzung als Frau, die vom Islam ausgeht. Es ist ihr verboten, bei der Predigt in der Moschee dabei zu sein zu sein. Diese kruden patriarchalen Strukturen des Islams machen es mir schwer, dem Satz zuzustimmen, dass der Islam zu Deutschland gehört. Wie gehen die muslimischen Verbände mit einer kritischen Auseinandersetzung des Islams um? Werden liberale Gegenbewegungen nicht oft mundtot gemacht? Mir reicht schon der Sexismus und die Homophobie der katholischen Kirche – auf den Einfluss einer noch konservativeren Religion kann ich gerne verzichten. – Katrin Stern

 

Für die Bundeswehrsoldatin Nariman Hammouti hat sich Christian Wulff Aufsehen erregende Feststellung «Der Islam gehört zu Deutschland» immer noch nicht erfüllt. Doch die – eher theoretische – Frage, ob eine bestimmte Religion zu einem bestimmten Land gehört oder eben nicht, verliert an Gewicht angesichts der Tatsache, dass die Menschheit vor existentiellen Problemen steht, die nur gemeinsam gelöst werden können, gemeinsam von allem Nationen, Religionen und Parteien.

Das wesentliche Problem betrifft nicht weltanschauliche Unterschiede sondern die Demographie. Langfristig gibt’s da eine fundamentale Tatsache: Die Menschheit hat dann, aber auch nur dann eine gute Zukunft, wenn auf lange Sicht jeder Mensch im Durchschnitt nur zwei Kinder hat. Wenn die durchschnittliche Geburtenrate langfristig grösser als 2 ist, bewirkt das, dass die Menschheit ihre Kopfzahl immer wieder verdoppelt. Der genannte Durchschnitt darf sich dabei nicht nur global auf die Menschheit beziehen, sondern muss sich auf jede Religion und Nation beziehen. Den hinter dieser Forderung stehende Mechanismus illustriert ein einfaches Rechenbeispiel. Angenommen, von 1000 Menschen haben 900 die Geburtenrate 1 (Halbieren pro Generation) und 100 die Geburtenrate 4 (Verdoppeln pro Generation), dann gibt es – trotz anfänglicher Abnahme – nach 10 Generation ca. 100 000 Menschen (denn 10 mal verdoppeln ergibt den Faktor 1024). Auch bei ihrem Einsatz im Sudan (mit dem Krisengebiert Dafur) wird Hammouti mit den Folgen des demographischen Problems konfrontiert sein, ebenso wie es bei ihrem Einsatz in Afghanistan war.

Es ist dies ein Problem, das die Menschheit nur gemeinsam lösen kann. Die dafür nötigen gemeinsamen Anstrengungen sind aber auch ein Mittel, weltanschauliche und religiöse Unterschiede zu relativieren und Gemeinschaftsgefühl zu erzeugen. Was die Religionen betrifft, so ist den Religionen der Glaube an einen barmherzigen Gott gemeinsam. Aus dieser Barmherzigkeit folgt, dass ein langes, gutes Fortbestehen der Menschheit von Gott gewollt ist und dementsprechend auch die Lösung des besagten Problems eine von Gott gewollte Aufgabe der Religionen ist. – Dr. tech. Gernot Gwehenberger

 

Der Islam gehört nicht zu Deutschland Kein Historiker würde behaupten, der Islam habe in Mittelalter und Früher Neuzeit Deutschland in nachhaltiger Weise geprägt. Man hat sich dessen eher erwehrt. Die beiden Belagerungen Wiens durch Truppen des Osmanischen Reichs (1529 und 1683) wurden durch Reichstruppen zurückgeschlagen. Kulturelle Annäherungen wie durch Goethes Gedichtzyklus „West-östlicher Divan“ (1819) blieben auf die kulturelle Sphäre beschränkt und weitgehend wirkungslos. Ab 1961 gab es durch die Arbeitsmigration einen Zuzug von ca. 800.000 Menschen aus der Türkei, die man damals Gastarbeiter nannte. Sie brachten natürlich ihre Religion, den Islam, mit. Heute leben Türken der vierten Generation in Deutschland. Die nächste Welle an muslimischer Migration gab es nach der Flüchtlingskrise in Syrien und im Irak.

Ab 2015 zogen rd. eine Million Muslime nach Deutschland. Heute beträgt der muslimische Bevölkerungsanteil 4,7 Millionen Menschen. Die meisten Muslime leben ihren Glauben, wie es auch Christen, Juden und Buddhisten tun: Sie betrachten ihn als Privatsache. Leider gibt es in Deutschland aber auch den politischen Islam. Er verunglimpft die Angehörigen anderer Religionen als „Ungläubige“ und versucht, wichtige Bastionen in der Gesellschaft zu erobern. Der aggressivste Teil der Anhänger dieser Ideologie begeht Terroranschläge, wie den auf dem Berliner Weihnachtsmarkt im Jahr 2016. In der öffentlichen Wahrnehmung des politischen Islam wird gerne übersehen, wie raffiniert die Methoden sind, die er anwendet, um der säkularen Mehrheitsgesellschaft seine Gesetze aufzuzwingen.

Junge Frauen werden veranlasst, gegen den Staat zu klagen, wenn ihnen ein Staatsamt verwehrt wird, weil sie ein Kopftuch tragen. Die Neutralitätspflicht, die ein staatliches Amt verlangt, soll geschwächt oder ganz ausgehebelt werden. Muslimische Schüler werden veranlasst, von ihren Schulen Gebetsräume zu verlangen, um dort die vom Glauben verlangten Gebete verrichten zu können. In Berlin haben muslimische Väter vom Schulleiter verlangt, aus der Klasse ihrer Söhne die Lehrerinnen abzuziehen. Ihre Söhne hätten vor Frauen nicht den nötigen Respekt, um erfolgreich lernen zu können. Muslimische Verbände fordern von der Schulverwaltung, auf dem Ramadan Rücksicht zu nehmen. Wegen der Unterzuckerung der Kinder seien Klassenarbeiten in diesem Zeitraum auszusetzen. Ich kenne keine andere Religion, die mit ähnlicher Entschlossenheit versuchen würde, Einfluss auf die säkulare Staatssphäre zu nehmen. Als der Islamische Staat 2014 in Syrien und im Irak das Kalifat ausrief, zogen 1.000 jungen Menschen aus Deutschland – Frauen wie Männer – in das Kriegsgebiet und beteiligten sich an den Gräueltaten dieser Miliz. Diese jungen Menschen haben deutsche Schulen besucht. Die Faszination eines gewaltbereiten Islam war offensichtlich stärker als unsere humanistische Bildung.

Es gibt eine Dunkelzone des Islam, die in der Öffentlichkeit nicht genügend ausgeleuchtet wird. Die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes schätzt die Zahl der erzwungenen Kinderehen auf über 1.000 im Jahr. Die Zahl weiblicher Genitalverstümmelungen lag 2019 bei 68.000 Fällen. Diese Zahl ist seit dem Flüchtlingszuzug 2015/2016 stark gestiegen. Die Muslime bringen ihre Sitten und Gebräuche mit und wenden sie im Gastland an, obwohl beides – Kinderehe und Genitalverstümmelung – bei uns Straftaten sind. Alle Versuche liberal gesinnter Muslime, einen Islam zu schaffen, der die Menschenrechte achtet und die Trennung von Staat und Religion akzeptiert, sind gescheitert. Die Imamin Seyran Ates, die die Ibn Rushd-Goethe-Moschee in Berlin-Moabit leitet, steht nach mehreren Morddrohungen unter ständigem Polizeischutz. Das Zentrum für Islamische Theologie in Münster, das für religiöse Pluralität eintritt und den Islam als Religion der Barmherzigkeit neu bewerten will, wird von denselben Islamverbänden, mit denen der Innenminister bei den Islamkonferenzen an einem Tisch sitzt, bekämpft.

Einer klugen und couragierten Frau wie Nariman Hammouti gebührt unser aller Respekt. Ich habe als Lehrer zahlreiche begabte und selbstbewusste muslimische Mädchen unterrichtet. Nicht alle konnten ihre Gaben frei entfalten. Viele wurden von ihren orthodoxen Familien gezwungen, die Schule zu verlassen, um sich der Tradition der Familie – frühe Heirat, Kinder, Unterordnung unter den Mann – zu fügen. Würden wir den Satz von Christian Wulff „Der Islam gehört zu Deutschland“ zum offiziellen Diktum machen, gewährten wir den Strömungen des Islam Absolution, die diese Religion als Ideologie verstehen, mit der sie unsere freiheitliche und pluralistische Gesellschaft zerstören wollen. Als Menschen gehören alle Muslime selbstverständlich zu Deutschland. Der Islam kann erst dazugehören, wenn er sich als moderne, pluralistische und den Menschenrechten verpflichtete Religion versteht. – Rainer Werner

 

Die Politik meidet inzwischen den Wulf´schen Satz, die Medien wollen dagegen nicht von ihm lassen. Denn ein Satz, der so banal ist, dass ihn ohnehin jeder anders versteht, eignet sich vortrefflich, schwelende Debatten zu nähren und ist aus diese Weise dem Geschäftsmodell dienlich. Mit ihrer kontinuierlichen Überbetonung identitätspolitischer Themen beteiligt sich auch die ZEIT aktiv an der zunehmenden Polarisierung unserer Gesellschaft. – Dr. Christian Voll

 

Zunächst einmal möchte ich sagen, dass ich Frau Hammouti nach allem, was ich bis jetzt von und über sie gehört und gelesen habe, als eine angenehme und gewissenhafte Person empfinde. Zur Sache: Ja, ich bin der Meinung, dass der Islam zu Deutschland gehört. Ließe man ihn außen vor, würde man die Auseinandersetzung mit ihm marginalisieren oder gar umgehen. Wenn man sich nicht auf die jeweiligen Selbstdarstellungen verlassen will, stoßen wir hier auf ein Konfliktpotenzial aller Religionen und Konfessionen. Hier also exemplarisch am Islam dargestellt: Was ist der Islam überhaupt? Eine Religion, ein Kult, eine Vorschriftensammlung, ein geschlossenes System oder ein Sammelbecken für Zugehörigkeiten und Rituale? Das sollte ein Ansatz für interne, aber auch für Debatten des Dialogs der Kulturen und Religionen sein – ergebnisoffen. Nur eins sollte ausgeschlossen werden: Gewaltanwendungen jeglicher Art im Namen von Religionen. Die widersprechen deren Wesen und Sinn. – Christoph Müller-Luckwald

 

Da ist seinerzeit mal wieder so eine Floskel herausgehauen worden ohne irgendeine Hintergrundangabe. Zu der o.g. Formulierung gehört zumindest mal eine Definition, was ‚gehört zu‘ bedeutet. Da soll sich jeder das Eigene und möglichst etwas Anderes denken, sodass man dann munter aufeinander losgehen kann. Das wird in Ihrem Artikel auch nicht getan, sondern munter weiter herumphilosophiert. Das Gleiche gilt in abgeschwächtem Maße auch für den Islam und Deutschland. Darunter kann und soll man wohl sehr Unterschiedliches verstehen.

Sie beziehen sich auch auf Sarrazin und meinen, er räsonnierte herum. In vielem habe ich Vorbehalte gegen Sarrazin, aber er macht sachliche Ausführungen aufgrund von Statistiken. Man sollte mal die Texte Sarrazins neben Ihren o.g. Artikel legen und dann feststellen, wer hier wohl räsonniert. Vom Judengen steht meines Wissens in seinen Büchern nichts, auch ist als Begründung für seinen Parteiausschluss aus der Volkspartei SPD zumindest nach außen hin kein Zitat publiziert worden, das dies rechtfertigt. Etwas mehr Neutralität wäre schon angebracht. – Peter Reimsbach

 

Was für eine religiöse Verblendung gehört eigentlich dazu, Ungleichbehandlung von Religionen zu beklagen und Sonderrechte einzufordern und es auf der anderen Seite wie selbstverständlich hinzunehmen, dass man als Frau nicht bei einer muslimischen Predigt dabei sein darf?! Niemand darf wegen seines Glaubens, aber auch nicht wegen seines Geschlechts benachteiligt werden. Und eine Ideologie, die dies tut, gehört nicht zu Deutschland. Das gilt für den Islam, aber auch für alle anderen Religionen, die nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sind. –M. Neuser

 

Frau Hammoutis Klage ist berechtigt. Sie hat ein Anrecht darauf, von einem muslimischen Geistlichen seelsorgerisch betreut zu werden, sie hat ein Anrecht darauf, im Todesfall nach ihrem Glauben begraben zu werden, sie hat ein Anrecht darauf, das Essen zu bekommen, das ihr nach ihren Glaubensregeln erlaubt ist. Das hat damit zu tun, dass sie ein Mitmensch ist, dessen Glauben und dessen Kultur jeder zu achten hat. Es hat aber nichts mit der historisch höchst unzutreffenden Aussage zu tun, der Islam gehöre zu Deutschland.

Dass die deutsche Sprache arabische Worte übernommen hat und dass die arabischen, eigentlich indischen oder indisch-arabischen, Zahlen allen Rechenoperationen zugrundeliegen, hat nichts mit dem Islam zu tun, sondern mit dem Interaktion von Menschen, Kulturen und Handelsbeziehungen. Würden wir den Glauben der Römer und Griechen an eine Vielzahl von Gottheiten als zu Deutschland gehörig betrachten, bloß weil ein großer Teil deutscher Worte lateinische und griechische Wurzeln hat? Gehört der Anglikanismus zu Deutschland, nur weil wir mittlerweile viele Anglizismen verwenden und viele Engländer in Deutschland leben und arbeiten? – Dr Dietrich Schwela

 

Warum der Islam bis heute nicht zu Deutschland gehört. Hier wird eine mit Manöverwundenblut und weißem Leichentuch dramatisierte Story geboten, die an objektiven Fakten – bis auf wenig aufschlussreiche Zahlen – zum Thema so gut wie nichts hergibt. Dafür wird eine vermeintliche Polarität zwischen dem Wulffsatz (Der Islam gehört zu Deutschland) einerseits und den Sarrazin-Veröffentlichungen andererseits herbeigeschrieben, die an Naivität kaum zu überbieten ist. Unter anderem wird behauptet, Wulff habe sich vor seiner Islam-Äußerung mit Geisteswissenschaftlern beraten, die ihn mit den Argumenten der „Arabischen Zahlen“ und der Herkunft des „Sofas“ auf dem er gerade saß, davon habe überzeugen können, dass die geplante und dann ja auch getätigte Äußerung unbedingt richtig sei. Sollte es wirklich zutreffen, dass der ehemalige Bundespräsident Wulff nicht zwischen arabisch geprägtem Kulturgut einerseits und islamisch, also religiös motivierten Prägungen andererseits hat unterscheiden können, so wäre er viel zu spät zurückgetreten.

Nach dem Wulffsatz aber ging das Leichentuchfalten der Frau Nariman Hammouti unbeschwert von der Hand, bis Sarazin die durch Wulff quasi mit einem heiligen Satz geschaffene Islamintegration wieder zerstörte. Das andere Autoren die Integrationschwierigkeiten insbesondere von Personen Islamischen Glaubens viel intensiver hervorgehoben haben, bleibt gänzlich unerwähnt. Statt vieler: Constantin Schreiber „Inside Islam“, Hamed Abdel-Samad „Integration, ein Protokoll des Scheiterns“, Ahmad Mansour „Generation Allah“, Susanne Schröter „Politischer Islam“. Es geht also in dem Beitrag nicht um eine etwas breitere Problematisierung, sondern um eine persönliche Hetze gegen Herrn Sarazin, der man hier unkritisch öffentlichen Zeitungsraum gegeben hat.

Warum der Islam bis heute nicht zu Deutschland gehört, beweißt Frau Nariman Hammouti am Ende des Artikels von Tina Hildebrandt. Dort läßt sie mitteilen, dass sie heute wieder muslimischer geworden sei als es noch vor 10 Jahren der Fall war und betont ausdrücklich, dass dieser Wandel nicht religiös motiviert sei. Denn: „Durch Sarrazin….habe sie etwas verteidigen müssen“. Sie sei aber nicht gläubiger oder frommer geworden. Gleichwohl – und das ist der eigentliche Skandal – benutzt sie ihre Religion zur Durchsetzung eigener Forderungen und narürlich mit Briefen gleich an die höchsten Staatsverterter. Sie missbraucht die ihrem Glauben zu Grunde liegenden Bestattungsrituale um Aufmerksamkeit zu erreichen.

Sehet her, ich als Muslima finde keine Berücksichtigung falls ich einmal als Berufssoldatin sterben sollte! Genau mit dieser Haltung als Opfer im eventuell zu verpassenden Bestattungsritual bedient sie das u.a. von Herrn Sarrazin beschriebene Opferverhalten der Muslime und verdirbt jede wünschenswerte Normalität des Nebeneinanders verschiedener Religionen. Allah wird ihr genauso gnädig sein wie Gott oder Jahwe ihren Kammeraden, wenn die Beisetzung aus kriesgbedingten Umständen im jeweiligen religiösen Sinne etwas mangelhaft ausfallen sollte. Muslime sterben nicht anders als beispielsweise christliche oder jüdische Soldaten. – Axel Ströder

 


 

 

Leserbriefe zu „»Wir wollen Migration stoppen«. Gespräch mit Judit Varga geführt von Matthias Krupa

 

Frau Varga vertritt knallhart die Politik der Abschottung des Präsidenten Viktor Orban. Sie besteht auf der Freiheit Ungarns jegliche Migration abzulehnen. Bei Kritik an der Rechtsstaatlichkeit behauptet sie letztlich, dies sein Definitionssache. Ich dachte Themen wie Gewaltenteilung, Unabhängigkeit der Justiz oder Schutz vor staatlicher Willkür sind Teil der gemeinsamen Werte der EU – ebenso wie die Lastenteilung etwa bei der Flüchtlingsfrage. Von solchen gemeinsamen Werten scheint sie (wie auch Orban) nichts wissen zu wollen. Ich frage mich weshalb Ungarn dann noch Mitglied dieser EU ist. Anscheinend nur um Agrarsubventionen und sonstige Vergünstigungen abzugreifen. Beschämend! – Harald Oelschlegel

 

Mit diesem Interview hat die „Zeit“ der ungarischen Regierungspolitik eine breite Bühne gegeben. Aber die Pressefreiheit muss das ertragen. Jedenfalls hat Frau Varga mit ihren glattgebügelten Worten klar gezeigt, wie zynisch sie mit Menschen umzugehen gedenkt. Für sie und ihre Kulturkämpfer ist Ungarn offenbar etwas ganz Besonderes, das vor allen ausländischen Einflüssen geschützt werden muss, und so denken wohl zwei Drittel aller Ungarn. Das ist schlicht ein Rückfall in die Horthy-Ära. Wo ist da noch Hoffnung? – Franz Müller

 

Die Frau spricht mir aus der Seele, die würd ich sofort wählen. Muss ich jetzt in die Ecke und mich schämen? – Klaus Lüßenhop

 

Die Justizministerin eines EU- Landes, die die Rechtstaatlichkeit infrage stellt, weil ihr keine exakte Definition einfällt, disqualifiziert sich selbst. Da aber in Ungarn die Rechtstaatlichkeit abgeschafft wurde, braucht die Justizministerin auch keine Definition. – W.Scheer

 

Über das Interview habe ich mich sehr gefreut. Schon lange wird über Ungarns Migrationspolitik geurteilt. Es werden Etiketten verteilt, Orban ist „unmöglich“. Eine Debatte über die sachlichen Argumente der ungarischen Regierung wurde bish er sehr wenig bzw. garnichts berichtet. Trotzdem blieb an der ungarischen Migrationspolitik“kein Haar trocken“. Der spanische Zaun um Ceuter ist kein Thema. Woran liegt es? Offensichtlich ist es Stimmungsmache – oder? Wo bleibt die unvoreingenommene Debatte mit sachlichen Argumenten, wie in der Demokratie üblich? Sind die Gedanken der Aufklärung bereits Vergangenheit? Sehr spät erfahre ich nun endlich aus dem Interview mit der Außenministerin, welche sachlichen Argumente die Haltung Ungarns in der Migrationspolitik bestimmen.

Bereits vor bereits etwa 150 Jahren stellte der Engländer Richard Jefferies fest: „Never, never rest contented with any circles of perspectives, but always be certaun that a wider one is still possible.“Seit 2015 hat sich bei Emigrationswilligen, und nicht nur bei denen, in Asien und Afrika herumgesprochen, dass für die Aufnahme in Europa kein Nachweis der Identität notwendig ist (lt. Video des BAMF im Internet und fünfjähriger Verfahrenspraxis in Deutschland). Wo ist das Selbstbewusstsein der Europäer, um statt bedingungsloser Aufnahme von Personen die Identität von Migranten in der Türkei und in den Herkunftsländern Nordafrikas zu fordern und durchzuführen bzw. Zu prüfen. In diesem Zusammenhang ist auch möglich, über den Asylantrag zu entscheiden.

P.S.: Beim nochmaligen Lesen Ihres Interviews mit der Außenministerin Ungarns, Frau Judit Varga, fiel mir Ihre Feststellung auf: In Mitteleuropa lebten jahrhundertelang verschiedene Kulturen, Ethnien, Religionen “In Mitteleuropa lebten jahrhundertelang verschiedene Kulturen, Ethnien, Religionen zusammen“. Diese Feststellung ist m. E. unvollständig. Zu dem erwähnten Zusammenleben gehören unbedingt folgende Tatsachen:Bei dem Zusammenleben ging es um ähnliche Kulturen und Religionen.Trotzdem kämpften diese gegeneinander um Einfluss und Macht, um die Vorherrschaft über die „Anderen“.

Heute handelt es sich um eine globale Migration. Die Migranten kommen überwiegend aus muslimischen Ländern und aus Afrika. Diese bringen völlig andere Kulturen und Religionen mit. Teilweise stehen diese Werte und Vorschriften im krassen Gegensatz zu den im Grundgesetz verankerten Werten. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die „Kairoer Erklärung über die Menschenrechte im Islam“. Diese Erklärung wurde von vielen Herkunftsländern der Migranten verabschiedet und ist dort Glaubens- und damit Staatsdoktrin.

Nicht zu vergessen ist der „Heilige Krieg“ der muslimischen Staaten Nordafrikas, den sogenannten Barbaresken-Staaten, gegen Europa. Bis Anfang des 19. Jahrhunderts überfielen diese arabischen Korsaren die Handelsschiffe Europas und Amerikas. Sie überfielen die euopäischen Küsten, mordeten, raubten Menschen und verkauften diese auf ihren Sklavenmärkten.Aus diesem Grunde ist die Herausstellung des historischen „jahrhundertelangen Zusammenlebens“ m. E. kein Argument zur Befürwortung von Migration.- Schmolling

 

Zufall oder gutes ZEITliches Gespür, zum Jahrestag der deutschen Einheit eine Frau zu Wort kommen zu lassen aus einem Land, das ebenfalls ein gutes zeitliches Gespür gezeigt hat, wann Zäune niedergerissen oder aber hochgezogen werden müssen? Wenn es uns nicht gelingt, einen wie auch gearteten Schutzwall zu errichten – wirksame Sperren u n d (Über)Lebenshilfe vor Ort – wird eine Flüchtlingswelle nach der anderen nach Europa schwappen, nicht nach ganz Europa, sondern nur in die Länder der „Willigen“! Dann wird unser Kontinent bald wieder geteilt sein: diesmal in ein europäisch- und ein asiatisch-afrikanisch geprägtes Europa! Wollen wir das wirklich? – Dr. med. Ulrich Pietsch

 

„Die von Frau Varga vermisste Definition der Rechtsstaatlichkeit ist so einfach, dass sie nicht aufgeschrieben zu werden braucht: Rechtsstaatlichkeit ist die Eigenschaft eines Staates, Rechtsstaat zu sein. Wirklich problematisch ist, dass sie nicht zu wissen scheint, was einen Rechtstaat ausmacht. Als Justizministerin! Macht freut sich über ihre Willfährigen. Frau Varga hat gemauert und nicht von sich aus gesagt, was konkret getan werden müsste, um Fluchtursachen in den Herkunftsländern zu beseitigen, und vor allem nicht, was Urgarn dazu beisteuern will. Damit hätte man sie nicht davonkommen lassen dürfen.“ – Axel Mittelstaedt

 

Das Interview mit der ungarischen Justizministerin verdeutlicht, wie unterschiedlich die Interessen und Vorstellungen in den Mitgliedstaaten der EU sind. Eine Flüchtlingsverteilung ist völlig illusorisch. Moralinsaure Belehrungen helfen nicht weiter – sie werden weder andere Regierungen noch deren Bevölkerungen umstimmen. Zu einer effektiven Verknüpfung zwischen Haushaltsmitteln und Rechtsstaatlichkeit wird es nicht kommen. Die EU wird durch Verteilungspolitik aufrechterhalten. Wenn diese restriktiver wird, würde sich für Ungarn, Polen oder Rumänien die Frage stellen, warum sie noch Mitglied sein sollten. Schließlich wird die EU umso weniger glaubwürdig, je mehr sie selbst die Verträge „flexibel auslegt“. – Patrick Zimmermann

 

Frau Varga legt den Finger mit einer gewissen Berechtigung in 2 weitgehend tabuisierte Wunden. Erstens rückt sie die Bekämpfung von Fluchtursachen in den Vordergrund. Dieses Thema ist nicht zuletzt in der ZEIT dramtisch unterrepräsentiert. Vielleicht mangelt es diesem Thema schlicht an bildgewaltiger Dramatik. Moria nimmt zwar viel Aufmerksamkeit in Anspruch, steht ganz am Ende einer langen Kette von ignorierten Missständen. Zudem drängt Frau Varga auf eine differenzierte Terminologie. Wer ist Flüchtling, wer ist Migrant? Kann ein Mensch beides sein? Wenn er zwar sicher ist, aber noch nicht an seinem Sehnsuchtsort? Unabhängig davon, wie man in der Sache urteilt, benötigt eine konstruktive Diskussion zunächst eine gemeinsame Sprache.

Mit dem Zaunbau hat Ungarn übrigens die vertraglichen Pflichten des Schengen-Vertrags erfüllt. Dies anzuerkennen, oder sogar ein Dankeschön auszusprechen, wäre ein echter Schritt in Richtung auf ein gemeinsames Europa. Denn wenn Frau Merkel betont, dass sich 2015 nicht wiederholen darf, erklärt sie damit auch, dass auch die „edlen“ Länder der EU den ungarischen Zaun brauchen. Den Bau des Grenzzauns im spanischen Ceuta, mittlerweile eine 6 Meter hohe Anläge aus 2 stacheldrahtbewehrten Zaunreihen, hat die EU im Jahr 1993 tatsächlich zu großen Teilen (75%) mitfinanziert. Wird da nicht mit zweierlei Maß gemessen? – Dr. Christian Voll

 

Die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge aus Griechenland 2019 reisten ca. 9000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Deutschland ein. 1/3 von Ihnen war unter 16 Jahre , 20% Mädchen(1). Im Rahmen der Familienzusammenführung können ihre Eltern und Geschwister nachkommen (2). Das Land Hessen zahlte bspw. 2018 für jeden minderjährigen Flüchtling ohne elterliche Begleitung 8 469 Euro im Monat (3). Hinzu kamen Kosten für nachfolgende Familienangehörige.

Afghanistan ist seit Jahren eines der Hauptherkunftsländer von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen (4). Der Weg von Afghanistan nach Deutschland beträgt auf den Landweg zwischen 6000 und 7000 km, je nachdem welche Route genommen wird. Mindestens 6 Länder müssten von den Minderjährigen ohne Sprachkenntnisse durchquert werden. Hohe Berge und Flüsse überwunden, auch das Durchqueren von Wüsten würde ihnen nicht erspart bleiben. Unterkunft und Essen gibt es nicht umsonst. Mit anderen Worten, so einfach loslaufen geht nicht. Nur mit viel Geld und der Hilfe von Schlepperbanden können die minderjährigen Flüchtlinge nach Deutschland gelangen. Viel Geld dürften die wenigsten Familien haben, also werden sie sich Geld zusammenborgen, in dem Glauben, dass, wenn erst eines ihrer Kinder in Deutschland ist, Eltern und Geschwister nachkommen können.

Österreich lehnt nach der Brandstiftung im griechischen Flüchtlingslager Moria die Aufnahme minderjähriger Flüchtlinge ab. Die Begründung:( 5 ) : „ die Verteilung der Flüchtlinge in Europa nährt die Hoffnung , erst einmal mal in Europa, dann geht es auch weiter. Nach kurzer Zeit wäre das Lager wieder voll „ . Unsere Politiker wissen dies natürlich auch. Es auszusprechen, wagen sie aber nicht, man könnte es ja als rechtsradikal auslegen und das wäre schädlich für ihre Kariere. Anderseits, je mehr man sich für die minderjährigen Flüchtlinge einsetzt, umso edler erscheint man, was der Karriere gut tut. Zuhause aufnehmen muss man ja eh keinen Flüchtling. – Dr. Karl Hahn

 

Trotz längerer Tätigkeit beim Europaparlament hat Frau Ministerin Varga noch nicht begriffen, dass Freizügigkeit im Schengenraum mit voller nationaler Souveränität nicht vereinbar ist. Die Osterweiterung der EU ohne Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips in allen Bereichen, die ein gemeinsames essentielles Interesse betreffen, war ein Irrtum. Jetzt geht es wohl nur noch darum, wie man Ungarn und Polen zur Tür begleiten kann. – Jean Ortmann

 


 

 

Leserbriefe zu „Maskenmüde“ von Marc Brost

 

Sie schreiben am Ende Ihres Beitrags „Es liegt nun an Merkel, sie zu ueberzeugen“. Merkwuerdig – bisher dachte ich, dass die Corona-Regeln, wie z.B. das Tragen von Masken,in der Verantwortung der Laender und Kommunen liegen. Also waeren doch wohl die MinisterpraesidentInnen und/oder die Leitungen der Kommunen hier in der Pflicht. Vielleicht auch die Medien und JournalistInnen, die – so mein Eindruck – sich sonst auch nicht schwer tun, ihre Meinung ueber das richtige Verhalten zu aeussern Statt dessen reduzieren Sie die Pflicht auf eine Person, Bundeskanzlerin Merkel. Wie einfach. Wie bequem. Wie feige. – Sabine Moehler

 

Jippie! Ich muss mein ZEIT-Abo doch nicht kündigen! Nach sechs Monaten ‘Pandemie’ haben Sie jetzt endlich auf zwei Seiten auch die Gegenmeinung zur ‘offiziellen Corona-Verlautbarung” zu Wort kommen lassen. Glückwunsch! Ab sofort glaube ich wieder, dass die ZEIT eines der wenigen kritischen Blätter in der Republik ist. Und sogar geneigte Artikel zur Astrologie und Homöopathie. Respekt für den Mut, sich den erwartbaren Shitstorm abzuholen.

Und noch ein Hinweis zum Leitartikel von Herrn Brost: Wie haben eine Zweitwohnung in Konstanz, da meine Frau dort praktiziert. Wir verbringen viel Zeit im Thurgau, vor allem in der dortigen Gastronomie. Dort ist seit Wochen Corona kein Thema mehr. Maske? Nein, danke! Wenn man aber die Konstanzer Hauspostille, den “Südkurier”, liest, müsste hinter der Grenze die Todeszone beginnen. Die Schweizer sind aber alle fröhlich und kerngesund. Es ist einfach irre!! Bleiben Sie kritisch!! – Dr. Peter Michel

 

Die Maßnahmen der Bundesregierung mit der Einschränkung von vielen Lebensbereichen und die Reaktion von Teilen der Gesellschaft darauf erinnern mich an folgende kurze Geschichte: Der Arzt redet seinem Patienten ins Gewissen: “ Wenn Sie das Rauchen aufgeben, auf Alkohol verzichten und auch ihr Liebesleben einschränken, können Sie hundert Jahre alt werden.“ Der Patient antwortet gelassen: „Und wozu soll ich dann hundert Jahre alt werden?“ Und wie hat Erich Kästner gedichtet? „Wird’s besser? Wird’s schlimmer? So fragen wir immer. Doch seien wir ehrlich. Leben ist lebensgefährlich (ich ergänze: ein „lebenswertes Leben“!)

Zur Gefährdung anderer: Jeder kann in eigener (!) Verantwortung die Risiken für seine Person minimieren, indem er Abstand hält oder Menschenansammlungen jeder Art meidet, mindestens in geschlossenen Räumen oder sich, wenn er ganz auf Nummer sicher gehen will, zu Hause einschließt und sich das Essen liefern lässt. Manche sind schon so weit neurotisiert, dass sie sich am Tag hundert mal die Hände waschen oder Familien mit Kindern als Virusschleudern beschimpfen. Wer glaubt, seinen Beruf, ich denke an Lehrer, nicht ausüben zu können, ohne seine Gesundheit zu gefährden, soll zu Hause bleiben, aber nicht erwarten, weiterhin sein Gehalt zu bekommen. Zur Belastung des Gesundheitssystems: Unsere Krankenversicherungen schließen Sanktionen grundsätzlich aus, wenn ein Versicherter eine Krankheit oder einen Unfall persönlich verschuldet, ich denke an Risikosportarten, z.B. Skifahren oder anderes risikobehaftetes Verhalten.

Die Unfallversicherung ist etwas anders, da kann es zu Sanktionen kommen, wenn ein Arbeitsunfall unter Alkoholeinfluss passiert oder die Schutzausrüstng nicht getragen wird. Auch die Haftpflichtversicherung zahlt nicht bei bestimmtem eigenem Fehlverhalten, z.B. Alkoholgenuss am Steuer.. Und zur Freihaltung von Intensivbetten für eventuelle Covid-Kranke: Es gibt nicht nur Covid 19. Wenn ich eine intensivbedürftige Krankheit erleide (Herzinfarkt, Schlaganfall) habe ich das Recht der sofortigen Aufnahme in ein freies Intensivbett ohne Rücksicht darauf, dass es möglicherweise in 2 Wochen von einem Covidkranken benötigt wird. – Dr. Wilfried Kurz

 

Ich war – wie übrigens auch einige Bekannte von mir – bereits drauf und dran, die ZEIT abzubestellen, wegen der u.A. nach sehr unausgewogenen Berichterstattung zu Corona. In dieser Woche plötzlich gleich mehrere Artikel, die in eine neue Richtung gehen: auf der Titelseite über das Maskentragen und die Bundeskanzlerin, dann das große Interview mit den Herren Geisel, Siber und Roth sowie Frau Fischer. Im Interview mit der Bürgermeisterin von Marseille werden ohne die bislang übliche Relativierung die Todeszahlen von Frankreich (mit z.T. extremen Maßnahmen) und Schweden (ohne dieselben) verglichen, zuletzt über die Berichterstattung zur angeblichen „Superspraeaderin“ von Garmisch kritisch berichtet. Sollte das etwa wieder die ZEIT sein, wie wir sie vor der Pandemie kannten? Objektiv aber doch auch kritisch? Es ist zu hoffen. Wir freuen uns. Weiter so! – Andreas Dilles

 

Kein Wunder, dass Merkel und ihre Mitstreiter langsam die Unterstützung der Bürger verlieren. Nicht die Bürger verbreiten den Stress, sondern seit Monaten hallen die Kassandrarufe der Politiker und Virologen durchs Land, sie verbreiten Angst und Panik, fleißig unterstützt von den Medien, die dankbar das Thema aufgreifen, es sensationalisieren und dramatisieren. Immer wieder die Zahl der Infizierten, ohne diese in Relation zu setzen zu der der Intensivpatienten, der Toten, der Tests usw. In den Talkschows immer die gleichen Gesichter, seichte Diskussionen, wirklich kritische Fragen werden nicht gestellt, Experten mit einer kontroversen Meinung werden erst gar nicht eingeladen. Transparenz, investigativer Journalismus und demokratischer Diskurs gehen anders.

Es könnte der Eindruck entstehen, die vielen Fehler der Verantwortlichen sollen vertuscht und die Bürger in Angst gehalten werden. Immer wieder diese Floskeln: Wir haben es doch ganz gut gemacht, besser als in den anderen Ländern. Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen. Das ist Schönrederei. Deutlich spürbar sind jetzt schon die Folgen der Coronamaßnahmen, die sogenannten Kollateralschäden, über die nur wenig berichtet wird. Die Verarmung des kulturellen und zwischenmenschlichen Lebens, die wirtschaftliche Verwerfungen, die gesundheitlichen Folgen der Maßnahmen, die meistens übertrieben, kaum nachvollziehbar, völlig undifferenziert waren. Jetzt wäre endlich die Zeit für einen Strategiewechsel, wie Streeck es fordert.

Die Regierenden müssen aufhören mit ihren oft falschen Voraussagen, Androhungen und Eitelkeiten, sie müssen ihren Coronavermeidungsabsolutismus aufgeben. In den Medien muss wieder offen und kontrovers diskutiert werden dürfen. Transparenz ist gefordert. Die meisten Menschen handeln verantwortungsbewusst und mit Abweichlern muss man immer leben. Strafen und Angst erzeugen waren noch nie ein probates Mittel für nachhaltigen Erfolg. – Herbert Freyaldenhoven

 

Wiederholt lese ich in euren Artikeln, dass Intensiv- und Krankenhausbetten „leer“ stehen. Das ist so absolut nicht richtig. Es gibt auf die Schnelle im Frühjahr geschaffene Überkapazitäten ohne Personal, bei uns im Klinikum der Universität München in Großhadern steht kein moralisch mit gutem Gewissen benutzbares Bett leer! Wie auch? Wir waren schon vor Corona die meiste Zeit überbelegt. Woher kommt diese Aussage? Könnten Sie das einmal klar stellen? Das suggeriert der Bevölkerung, wir hätten leer stehende Betten und genau das Gegenteil ist seit über 5 Jahren der Fall! – Dr. med. Laura Fischer

 

Nein, nicht Merkel muss jetzt reagieren, Herr Marc Brost. Sie bemühen plakativ das uralte Mother Blaming ( Mutter ist immer alleine verantwortlich) Wir alle haben die Steuerung der Infektionsrate zu verantworten. Insbesondere die Multiplikatoren der Datenvermittlung aus den jeweils aktuellen wissenschaftlichen Studien : Journalisten-Talker-Nachrichtensprecher. :zB wurde gebetsmühlenhaft wiederholt, dass Hochzeitsfeiern Hotspot sind, o h n e genauso auf die Gründe hinzuweisen : für ein Infektionsrisiko SARS-COvid-2 über Aerosole bedeutsam ist die Dichte des Virus/m3 und die Dauer mit der wir dem ausgesetzt sind.( derzeit internationaler Konsens virologischer Studien)

Kann man doch auch immer wieder benennen und eindrucksvolle Grafiken einblenden, die die Anordnungen -ein Gedränge, erst recht längere Zeit in geschlossenem Raum- zu meiden, veranschaulichen ?! Ohne Wiederholungen der Zusammenhänge werden nur Schlagzeilen kolportiert: keine Hochzeiten- kein Alkohol nach…Uhr etc- und die Vernunft gebotenen Anordnungen geraten in ihrer Verkürzung – bei dafür Sensibilisierten -missverständlich zur Bevormundung, gegen die man sich meint verweigern zu müssen. – Antje Indorf-Fischer

 

Ich bin nicht nur Maskenmüde, sondern auch Poltikmüde. Unsere Regierung setzt mit der Behauptung von einer „Pandemie von nationaler Tragweite“ bestehendes Recht ausser Kraft. Die Kanzlerin hält Hof und stellt mit ihren „Landesfürsten“ neue Regeln und Verbote für das Land auf. Recht ist jetzt, was entschieden ist, und dafür braucht man kein Parlament und keine Debatte. Die Entscheidung und nicht das argumentative Gespräch bestimmt nach Carl Schmitt ((Staatstheoretiker und NSDAP Mitglied) die Poltik und die Justiz. Hatten wir nicht einmal eine parlamentarische Demokratie? Wie lange sollen wir uns den Zerfall unserer Demokratie noch ansehen?

Doch auch in der DDR war der Dezisionismus hoch im Kurs und das spürt man bei der Kanzlerin immer mehr. Ihre Wortwahl wird ungezügelter, ihre Berechnungen 19000 Infizierte pro Tag sind panikschürend und in keiner Weise wahr, ihre Perspektivlosigkeit nahezu erschütternd. Macht um jeden Preis? Nichts von den Corona Regeln lässt sich noch rechtfertigen, auch wenn der sich ständig missverstanden fühlende Hofvirologe Christian Drosten (für seine Verständlichkeit gerade noch mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet) das immer wieder versucht. Zum Dezisionismus gehören auch Wissenschaftler, die die Politik der Regierung rechtfertigen. Das war bei den Nazis nicht anders! Und das wissen Sie auch. Sie haben erkannt, wenn auch spät, dass die Stimmen der Kritiker lauter werden. Stimmen Sie mit ein, denn dann gäbe vielleicht noch etwas zu retten. Denn es gibt nichts und wieder nichts ,womit Angela Merkel die „Maßnahmen“ -Kritiker überzeugen könnte.

Überzeugen Sie Ihre Leser, dass die Politik (sowohl Regierung als auch Opposition )versagt hat und unfähig ist, unsere Demokratie vor ihren Feinden (und damit sind ausnahmsweise mal nicht die Reichsbürger gemeint, sondern die Interessen der Finanzeliten, der Pharmaindustrie …) zu schützen. Führen Sie den Streit fort und fragen auch Sie immer wieder nach der wirklichen Bedrohung der Pandemie, die in unserem Land nicht mehr besteht. Die Menschen haben zunehmend Angst vor den Maßnahmen, den Schikanen, und nicht mehr vor einem unbekannten Virus. Denn Leben lässt sich nicht auf morgen verschieben. Recherchieren Sie, die Kritiker werden mehr, und helfen Sie nicht dabei, die Menschen in ihre selbstverschuldete Unmündigkeit zu treiben. – Thomas J.Birgel

 

Die Deutschen seien masken-müde, konstatiert Marc Brost völlig zu Recht; die Kanzlerin müsse sich wieder mal direkt ans Volk wenden. Wir brauchten den Mut, neue Wege zu gehen, erklärt die Angesprochene selbst in einer Rede zum Tag der deutschen Einheit. Bloß: Welche Wege? Die Antwort bleibt sie im praktischen Regierungshandeln schuldig. So stößt die viel gepriesene Methode Merkel des bevorzugten Regierens im Krisen-Modus an ihre Grenzen. Genau wie in der „Flüchtlingskrise“ 2015: Die anfängliche Begeisterung der Willkommenskultur schrumpft mehr und mehr auf den Kern der bewunderswert Aufrechten zusammen, die Disziplin von Abstand-Maske-Händehygiene auf den Kern der unverdrossen Vernünftigen.

Wo ist da noch ein Sinn zu erkennen, wenn die Regierenden selbst pausenlos nach Wegen suchen, die empfohlenen Einschränkungen wieder zu lockern, Milliarden verteilen, um die einstürzenden Altbauten des Wirtschaftslebens zu konservieren – und dann kündigt die Lufthansa trotzdem einen drastischen Personalabbau an… Währenddessen steigen die Corona-Zahlen und steigen, Weihnachten droht als totenstille Nacht, und immer mehr Sehnsuchtsziele scheinen sich zu No-Go-Areas zu entwickeln. Dabei dämmerten in den ersten Wochen der Pandemie doch durchaus Einsichten, die neue Wege nahelegten: die bestürzende Entdeckung, dass zentrale Systeme unserer Gesellschaft (Bildung, Gesundheit, Familie) auf Kante genäht sind, die Einsicht, welche Jobs wirklich „systemrelevant“ sind. Statt sich wie die Ministerpräsidenten vor allem um Event- und Reiseveranstalter, Karnevalisten und Fußballer zu sorgen, müsste Frau Merkel also erklären:

Ja, wir haben verstanden, wir werden gezielt in die unterfinanzierten Systeme investieren – nicht nur in die digitale und Maschinen-Ausstattung, sondern vor allem in die Stellenpläne und Gehälter für Alten- und Krankenpflegerinnen, Lehrer und Erzieherinnen. Damit reparieren wir längst bekannte Schwachstellen der Gesellschaft, wird uns die nächste Pandemie nicht noch einmal so kalt erwischen – und dann ließe sich auch der Sinn der Masken wieder besser vermitteln. – Josef Pütz

 

Es wäre schön würden sich die Artikelschreibenden Journalisten auch mal ein eigenes Bild machen von den Infektionsraten, die sich lt RKI in bedenkliche Höhe entwickeln. Die Übersicht über die Infektionszahlen auf der Homepage des RKI vom 30.09., Seite10 stellt fest, dass die Rate der positiven Testergebnisse bei 1,22 % liegt. In dieser Größenordnung liegt sie schon seit Wochen. Warum entgeht Ihnen so etwas in Ihrer Berichterstattung? Es werden seit einigen Wochen die Anzahl der Tests massiv nach oben gefahren und damit ist es logisch, dass es zu mehr „positiven“ Ergebnissen kommt. Warum das RKI darauf besteht, dass sich die Gefahrenlage deutlich erhöht hat entzieht sich mir ebenfalls komplett.

Ich denke es wird mehr Bürger geben, die sich informieren und die richtigen Rückschlüsse ziehen. Damit erklärt sich vielleicht die Maskenmüdigkeit…. Noch Fragen? Mit der ungenauen Berichterstattung der ZEIT bin ich schon seit einiger Zeit unzufrieden und muss leider zunehmend darüber nachdenken, mein Abo zu stornieren. – Dagmar Epke

 

Es überrascht mich immer wieder, wie viel Hoffnung die ZEIT noch in Angela Merkel setzt: In der Vorwoche setzt Kollege Bernd Ulrich sie als Hoffnungsträgerin gar mit Greta Thunberg auf eine Stufe, und nun erwartet Marc Brost eine Durchhalterede der Kanzlerin, die uns durch den Winter bringen soll. Dabei ist doch eigentlich offensichlich, dass aus der Kanzlerschaft von Frau Merkel längst die Luft raus ist. Sie mag in Krisen, speziell in der Coron a-Krise ein gutes Krisenmanagement gezeigt haben – in erster Linie aber dadurch, dass sie sich zurückgenommen und die Ministerpräsidenten hat machen lassen.

Auch verstehe ich das ständige Lob ihres angeblich so tollen Krisen-Managements überhaupt nicht: Krisen muss erst managen, wer sie nicht durch vorausschaunde Politik verhindern oder abmildern konnte. Gut, bei einer Narurkatastrophe wie Corona ist solche Voraussicht nicht möglich, aber in den anderen großen Krisen, der Finanzkrise und der Massenmigration hätte Merkel durch frühere Einsicht viel verhindern können. Sie selbst hat aber inzwischen offenbar resigniert – nicht mal einen untragbaren Verkehrsminister, der in jedem anderen Kabinett längst rausgeflogen wäre, kann sie noch entlassen, was kann man da noch von ihr erwarten? – Dr. Dirk Kerber

 


 

 

Leserbriefe zu „Geteilte Freude“ von Martin Machowecz

 

In Dresden sehr schöne Kathedrale und die berühmte Semperoper. Die Menschen sind meist sommerlich – westlich kostümiert,die ganze Atmosphäre ist eher heiter-gelockert. Mittendrin ein Augustiner Bierzelt aus München mit einer österreichischen Stimmungskapelle. Die zunächst ruhigen Dresdner verwandeln sich nach und nach zu fröhlichen „Augustinern“,man tanzt,steigt auf die Tische und singt sich den Sozialismus aus dem Herz und Gemüt. In meinem Hotel ein gewisser „DDR-Charm“: Die Dusche tropft,das Licht flackert,die Tel.-Auskunft meldet mit Routine-Stimme,dass für ein Gespräch nach München mit Wartezeit von unbestimmter Dauer und einer Gebühr von DM 7,00 pro Minute zu rechnen ist. Ich verzichte. Bei meiner Rückfahrt an der noch bestehenden Grenzkontrolle zur BRD: Ein junger Beamter kontrolliert meine Ausweispapiere und meldet seinem Chef,der im Häuschen sitzt: „ Das ist ein Österreicher,was machen wir mit dem?“ Der Chef ließ dann einen fahren . . . nämlich mich. Dank dieser DDR-Erfahrung war eine problemlose Rückfahrt nach München möglich. – Dr. Rudolf Mittendorfer

 

In der DDR geboren und in Jahrzehnten auch dort sozialisiert, leben meine Frau und ich seit drei Jahren heute im Rhein-Main Gebiet in der Nähe unserer Kinder. Aus persönlichem Erleben kenne ich beide Teile unseres vereinigten Vaterlandes. Daher kann ich es nur bestätigen, dass wir die Verschiedenheit akzeptieren und nicht Einheit mit Einheitlichkeit verwechseln sollten. Die 16 Bundesländer (unabhängig von der beliebten Einteilung in Ost und West!) waren nie gleich, sind nicht gleich und werden es auch nie sein. Alle haben in der Historie eine unterschiedliche Entwicklung, sind in ihren ökonomischen Grundlagen stark differenziert und haben auch sehr verschiedene gesellschaftlich geprägte Lebensgewohnheiten. „Die blühenden Landschaften“ waren eine politische Zielstellung für eine langfristige wirtschaftlich und soziale Entwicklung im Beitrittsgebiet.

Aber für jeden realistischen „DDR-Bürger“ war klar, dass er in seiner Lebenszeit nicht den Lebensstandard von München in seiner Heimat erleben wird. Daher kann ich auch schon seit längerer Zeit das politische Bemühen „Wir müssen die Lebensleistung der Ostdeutschen anerkennen“ nicht mehr ungetrübt ernst nehmen. Sie ist genauso unehrlich, wie das Hochjubeln der beachtlichen Leistungen der Helden des Kampfes gegen die Corona-Pandemie (z. B. Gesundheitswesen, Verkehr und Handel) im Frühjahr und das gegenwärtige kleinliche Gerangel um eine entsprechende finanzielle Würdigung der Leistungen dieser Menschen, die unsere Gesellschaft aufrecht erhalten haben. Es geht immer um die Macht seine Interessen durchzusetzen.

Demokratie lebt von kulturellen und politisch differenzierten Positionen, ob ostdeutsche Ministerpräsidenten oder gewerkschaftlicher Interessenvertretung. Also lieber die nächsten 30 Jahre demokratischer Streit, als autoritäre Führung und Gleichmacherei. Es galt schon immer, dass alle gleich sind, aber einige sind gleicher. Selbst wenn man´s irre findet, es ist der beste Weg! – Klaus-Dieter Busche

 

Im Zusammenhang mit der deutschen Wiedervereinigung bleiben meines Erachtens ein paar wichtige Gesichtspunkte immer wieder unerwähnt: Die alte BRD wäre nicht die alte BRD, wenn es nicht die DDR gegeben hätte – erstens, weil die BRD immer auf die Ideale und Visionen eines Sozialismus eine Antwort geben musste, und zweitens, weil eine riesige Zahl von Politikern, Intellektuellen, Akademikern aus der DDR in die BRD wechselten und sie prägten – mit all den inneren Konflikten, die sie mitbrachten. Das aus Sicht von 1989 entscheidende Ereignis war jene heldenhafte, gewaltfreie, idealistische erste erfolgreiche Revolution auf deutschem Boden, mit der sich die DDR-Bürger selbst befreiten – nicht die Wiedervereinigung, mit der westliche Politiker aus einer Sehnsucht der Ostdeutschen Realpolitik machten.

Heute wird die Revolution von 1989 in der Öffentlichkeit oft so dargestellt, als ob da bloß ein paar senile Pappkameraden, von denen sich ein Volk 40 Jahre lang hatte entmündigen lassen, quasi von allein umkippten. Tatsächlich haben viele, viele Menschen alles aufs Spiel gesetzt und ein Maß an Zivilcourage gezeigt, wie es vorher und hinterher in der deutschen Geschichte selten war. Nach 1989 verloren ca. 70% aller ehem. DDR-Bürger ihren Arbeitsplatz, und wenn sie wieder Arbeit hatten, war in über 70% ihr Chef ein Westdeutscher – ebenso wie die meisten Politiker, Verwaltungschefs, Juristen, Journalisten. Und diese bestimmten dann den Alltag. Über so etwas wie eine „Diagnose: Ossi“ zu spekulieren ist genauso angemessen wie über eine „Diagnose: Wessi“. Leider geschieht das Letztere viel zu wenig. – CF Classen

 

Hurra, wir müssen nicht mehr einig sein. Jedenfalls in der ZEIT-Ausgabe ist das Jubiläum zu 30 Jahre Deutscher Einheit keine Einheits-Jubelveranstaltung mehr. Wir feiern unsere selbstbewusste Verschiedenheit, so Martin Machowecz. Spurensuche: Jana Hensel findet den Einigungsvertrag im Keller des Auswärtigen Amtes und unterscheidet zwischen Vertrag und Realität, zwischen Ost- und Westverhandlungsanteilen und zwischen Einschätzungen von Lothar de Maizière und Günther Krause. Die Hirnforscherin Hannah Monyer: Menschen erinnern sich grundsätzlich ganz unterschiedlich, sehr individuell. Und Erinnerung verändert sich mit der Aktivität des Erinnerns.

Thomas Oberender sucht nach Erinnerungen, die Kraft für die Zukunft geben. Eine ganz andere Programmatik: zusammen wachsen statt zusammenwachsen. Die Luft ist raus aus dem mit Einheitspathos, Einheitsnarrativen und Einheitsprojektionen aufgeblasenen Einheitsballon. Nach einer Generationenspanne von 30 Jahren erscheint die Befreiung von den leerlaufenden Einheitsritualen als Emanzipation: Freilegung zur Verschiedenheit, jener produktiven Kraft, die Humanität, Kultur, Selbstbewusssein, Solidarität und Wohlstand eher hervorbringt als Einheitlichkeit. – Reinhard Koine

 

Das Hauptmotiv des friedlichen Bürgeraufstandes in der DDR war weniger ein zu kurz gekommenes Bedürfnis nach „Brot und Spielen“. Natürlich ging es auch um eine erhoffte Wohlstandssteigerung, die den fähigen und fleißigen Menschen von einer sozialistischen Misswirtschaft verwehrt wurde. Was die Bürger hauptsächlich auf die Straße trieb, war die Forderung nach politischer Selbstbestimmung sowie der Unmut über eine politische Klasse, die ihre Unfähigkeit zur Lösung der vielen Probleme mit Bespitzelung, Gängelung, Lüge und hohler Propaganda zu kompensieren suchte. In diesem historischen Moment wurde das ganze Volk von einem nationalen Impuls ergriffen. Die Deutschen wollten nach 45 Jahren der Teilung wieder in einem Land zusammenleben. Vergessen wir nicht, daß der Parteipolitiker Helmut Kohl noch im Herbst 1988 die Wiedervereinigung als „blühenden Unsinn“ bezeichnet hat.

Nach 1990 war Kohl, Genscher u. a. die „europäische Integration“ wichtiger, als die Vollendung der nationalen Einheit. Trotz der eindringlichen Warnung von von vielen Fachleuten, wurde die ostdeutsche Industrie platt gemacht und ein Millionenheer von Arbeiteslosen geschaffen, die D-Mark dem hochproblematischen Euro geopfert und das Land für Millionen Immigranten geöffnet, um eine neue Gemeinschaft der Deutschen zu verhindern. Was hätte die „Berliner Republik“ alles werden können, wenn fähige und willensstarke und dem Wohl der eigenen Nation verpflichtete Politiker das Ruder in den Händen gehabt hätten! Eine Chance vertan. – Oliver Stumpf

 

Danke fuer einen sehr lesenswerten Artikel. Des Autor’s merkbare Empoerung ueber das unterschiedliche Nettohaushaltsvermoegen ist sachlich nicht haltbar: Faktisch war es fast unmoeglich den Unterschied kleiner zu machen, immerhin stehen mehr als 70 Jahren soziale Marktwirtschaft West , (leider) nur 30 Jahre in Ost gegenüber. Die vorherigen 40 Jahre Kommunismus konnten natuerlich nicht den westlichen Vermoegensaufbau ermoeglichen. Ein fairer Vergleich – wenn auch praktisch fast unmöglich – waere die beiden Vermoegen 1990 mit denen von 2020 zu vergleichen. – H. Peter Krebs

 

Mauern muss man feiern, wenn sie fallen. Zumal das Zeitfenster für „selbstständige“ Entscheidungen der Deutschen insbesondere durch die politischen und wirtschaftlichen Umstände in der ehemaligen UdSSR vorgegeben und begrenzt war. Den Weg zur friedlichen Wiedervereinigung haben freilich die DDR-Bürger mit dem entschlossenen Einsatz ihrer Menschenwürde und Solidarität geebnet. Dieses im besten Sinne vorbildlich basisdemokratische Handeln in einem undemokratisch regierten Land sollte uns heutigen gesamtdeutschen Demokraten nicht nur an feierlichen Gedenktagen ein verbindlicher Anlass und identitätsstiftender Referenzwert dazu sein, den gesellschaftlichen Kompass hinsichtlich aller Kardinalpunkte – Respekt, Gerechtigkeit, Aufklärung und Teilhabe – zu kalibrieren.

Seit der Ratifizierung des Zwei-plus-Vier-Vertrages vor dreißig Jahren bestimmt nunmehr allein der Wille zu Wahrnehmung und Verständigung über das Erfolgsmaß der Deutschen Einheit. Die Einheit einer Nation, der Friede und die Freiheit einer Gesellschaft, ist ohnedies ein permanenter Prozess (von Wachstum und Bildung) und somit eine generationenübergreifende Aufgabe aller seiner öffentlichen und privaten „Gesellschafter“. Erhalten wir ebendieses Bewusstsein, zuvorderst in menschlicher Vernunft begründet und in unserer Verfassung zum Ausdruck gebracht, und bemühen wir uns nicht zuletzt um einen klaren, differenzierten Blick auf die geschichtlichen Entwicklungen und Verantwortungen Europas und seiner Anrainerstaaten, so dürfen wir in gleicher Weise besonnen optimistisch sein: Wir schaffen das. – Matthias Bartsch

 

Ich stelle mir oft die Frage, warum die Menschen im Osten Deutschlands so „wütend“ zu sein scheinen. Der Autor erklärt dies sehr unbefriedigend, ja verharmlosend, was da gerade passiert. Große Teile des Osten wählen fast mehrheitlich eine verfassungsrechtlich bedenkliche Partei. Das ist mit Nichten ein Bruch des Schweigens, dies ist eine Gesinnung, die in einer Demokratie mit der Geschichte wie unserer, nichts zu suchen hat. Das hat nichts mit Meinung oder Protest zu tun, hier wird rechtsradikales Gedankengut kleingeredet. Vieles hätte man hier anführen können, es hätte mich wirklich interessiert. Einblicke in die Gedanken der „Ostdeutschen“. Aber eine Verniedlichung dieses Rechtsruckes, der sicher nicht von allen im Osten unterstütz wird aber zu viel zu großen Teilen, ist inakzeptabel. Dieser Artikel hat mich zutiefst verwirrt. Wollte er Verständnis schaffen- Ziel klar Verfehlt! – Oliver Laugszims

 

Herr Martin Machowecz schreibt sehr treffend : „Warum es wichtig ist, dass aus der Einheit bis heute keine Einheitlichkeit wurde.“ — Es gibt noch eine andere Sichtweise : Seit Jahrzehnten frage ich mich, ob es vor 30 Jahren eine Wiedervereinigung war oder nur ein Anschluss der DDR an die BRD. Im Wesentlichen war es doch Michail Gorbatschow, der den friedlichen (!) Mauerfall möglich machte. Im DER SPIEGEL vom 18. Dezember 1989 wurde über eine SPIEGEL/ZDF-Umfrage in der DDR berichtet. Ein Ergebnis (Auszug) : Nur 27 Prozent der Deutschen zwischen Elbe und Oder/Neiße wollen, daß die DDR „mit der BRD einen gemeinsamen Staat bildet“. 71 Prozent hingegen meinen, daß die DDR „ein souveräner Staat bleiben“ solle. — Ist die Würde (GG Art. 1) dieser 71 Prozent der Bürger der DDR nicht grob verletzt worden ? Zwei deutsche Staaten in friedlicher Freundschaft; das wäre doch möglich gewesen ! Hätte der große Bruder dem kleinen Bruder diesbezüglich nicht bedingungslos (!) helfen müssen ? Die Unzufriedenheit in Ostdeutschland wird wohl noch lange andauern. – Volker Freiesleben

 

Ich fand die Bilder, die unterschiedliche Orte in Ostberlin vor dem Mauerfall und 2019 zeigen, sehr eindrucksvoll. Was mir hier allerdings fehlt, sind repräsentative Bilder aus Westberlin aus den gleichen Jahren. Ich bin mir ziemlich sicher, hier hat sich auch sehr viel verändert. Man bekommt tatsächlich den Eindruck, im Osten war alles grau und öd (was ja auch tatsächlich so war) und dank der Wiedervereinigung ist nun alles schöner und grüner.. (was auch vielerorts zutrifft). War denn der Westen von Berlin so viel hübscher.. auch schon vor 30Jahren? Oder hat auch er sich mutverändert? Da ich zur Zeit der Mauer nicht in Berlin sondern in Süddeutschland gewohnt habe und wenig von der Teilung mitbekam, (ich war noch ein kleines Kind), habe ich wenig Vorstellung von Berlin in den 1980iger Jahren… und davon, wie krass sich die Stadtteile unterschieden haben. Eine Gegenüberstellung beider Stadtteile vermisse ich daher. – Barbara Bizer

 


 

 

Leserbriefe zu „Hier walten geheime Mächte“ von Thomas Assheuer

 

Wie damit umgehen, dass vernünftige Bürger an Verschwörungen glauben? Hier der Versuch einer Antwort auf die ungestellte Frage: Wenn wir unsere aktuelle Zeit als Pubertät betrachten, dann bieten sich entsprechende Erklärungen, Rollen und Haltungen an. Vor allem beinhaltet diese Sichtweise eine positive Pointe, nämlich die der Herausbildung einer erwachsenen Persönlichkeit. Eltern kennen diese schwierige Phase, in der junge Menschen unerreichbar scheinen und mit einem übersteigerten Selbstbewusstsein die eigene Welt gegen die der Erwachsenen setzen. Viele kennen das sicherlich auch aus der eigenen Jugend. Nicht einfach, in dieser Phase in der Rolle des Erwachsenen zu bleiben, klar zu argumentieren, immer geduldig zu sein und die innere Verbindung zu den eigenen Kindern zu behalten.

Ein gewisses Verständnis für den schmerzhaften Prozess der Integration wird im Artikel von Thomas Assheuer deutlich, wenn er sehr eindrucksvoll die furchtbaren Fragmente unserer Welt skizziert, die zu keinem positiven Gesamtbild sich fügen wollen. Wie kann Integration in unsere Welt unter diesen Voraussetzungen erfolgreich gelingen? Eine große Herausforderung für alle Beteiligten. Es bleibt nur, selbst vernünftig zu sein und die Verbindung zu den „vernünftigen Bürgern, die an Verschwörungen glauben“ nicht abreißen zu lassen. Und in besonders schwierigen Fällen das Instrument der paradoxen Intervention zu nutzen, um Irrsinn als Irrsinn real sich selbst vorzuführen zu lassen. Auf einer ganz anderen Ebene müssen Gesellschaft, Öffentlichkeit, Politik und Staat jenen begegnen, die mit Verschwörungstheorien rechte Projekte verfolgen. Es bleibt nur, immer gut zu differenzieren. – Reinhard Koine

 

Der Text über Leo Löwenthal zieht interessante Parallelen zu einer ferneren Vergangenheit und zur heutigen Situation. Allerdings drückt sich Assheuers Darstellung und Deutung Löwenthals konsequent vor dem Aussprechen einer entscheidenden Folgerung aus der Fragestellung: Woher kommen Verschwörungstheorien? –Wieso ist man eigentlich so heuchlerisch erstaunt über die abstruse „Theorie“, Bill Gates und Hillary Clinton tränken Kinderblut usw. ? Physikalisch wäre das ja immerhin noch möglich. Hingegen gehört es seit rund zweitausend Jahren zum abendländischen geistlichen Mainstream (um nicht zu sagen Meinungsterror, wenn man an das gesamte Mittelalter denkt), dass die Frau aus der Rippe des Mannes geschaffen sei, eine jungfräuliche Geburt möglich sei, eine Person über das Wasser laufen könne usw. usw.

Konsequente Wissenschaftsfeindlichkeit (Fall Galilei u.v.a.) über Jahrhunderte hinweg, auch heute noch z.B. bei (nur katholischen?) Beerdigungen und Predigten herablassend und in plumper Weise dargeboten, hinterlässt eben ihre Spuren. Die erwähnten antisemitischen Sündenbock-Mechanismen, mit maßgeblicher Federführung der Kirche, lassen sich durch das ganze Mittelalter verfolgen. Verschwörungstheoretisch steckte hinter allem letztlich immer „der Satan“. Die scheinheilige Entrüstung über Verschwörungstheorien beinhaltet insofern eine gute Portion Schizophrenie, die von den eigentlichen, tief sitzenden historischen Ursachen von Irrationalität ablenkt. Diese „amtlich anerkannte“ Irrationalität bezieht ihre prätendierte „Berechtigung“ aus Problemen der Wissenschaft, welche aber niemandem so gut bewusst sind wie seriösen Wissenschaftlern selbst. – Dr. Norbert Thinnes

 

Warum glauben vernünftige Bürger an Verschwörungen und globale Drahtzieher? Ich denke die Antwort auf diese Frage ist viel älter als 70 Jahre. Die Centurien des Nostradamus sind ein Gemisch aus Altfranzösich, Latein und Wortneu -und umbildungen die in nebelhaften Bildern münden. Hiermit wird dann nach dem Eintritt verschiedener Katastrophen, z. B. Terroranschläge am 11.September 2001 unterstellt, Nostradamus habe dieses Ereignis bereits im 16. Jahrhundert vorausgesagt. Im Übrigen natürlich auch die Corona-Pandemie. Aber es finden sich keinerlei Belege in den Centurien. Deshalb werden erfundene Aussagen unterstellt die nicht vorhanden sind und schon gar nicht von Nostradamus stammen. Das gleiche gilt heutzutage für die neuen Verschwörungstheoretiker. Erasmus von Rotterdam hat, ebenfalls im 16. Jahrhundert geschrieben:

„Die höchste Form des Glücks ist ein Leben mit einem gewissen Grad an Verrücktheit. Von den Schlechten verlacht zu werden ist fast ein Lob. Der Körper kann ohne Geist nicht bestehen, aber der Geist bedarf nicht des Körpers.“ QAnon Anhänger, also verquere Geister, also Menschen die ungehemmt Fake News verbreiten sind an einem Umsturz interessiert. Ob Mr. Trump zu dieser Gruppe gehört ist eine der ungeklärten Fragen. Die QAnon Anhänger rühmen sich im Mainstream angekommen zu sein. Wieder werden die üblichen Verdächtigen, wie immer bei Rechten, vor allem die Juden, für Covid-19 und alles was derzeit schief läuft verantwortlich gemacht. Richtig schlimm ist, dass Mr. Trump in seiner bekannten Faktenverkennenden Art den Querköpfen Raum und Bühne, also eine Plattform einräumt. Der amerikanische Wähler hat es alsbald in der Hand sein Kreuz an der richtigen Stelle zu machen. God bless Amerika. Aber auch hierzulande gilt: „Wehret den Anfängen.“ – Felix Bicker

 

Danke. Danke, danke! für diesen Text. Beim Lesen Ihrer Aneinanderreihung beängstigender Entwicklungen unserer Zeit genauso wie den mehr als treffenden Beschreibungen der Querdenker kommen die Gedanken ins Rollen. Unweigerlich führt man diese Reihungen innerlich fort mit all jenem was einen selbst umtreibt. Um danach bei Ihnen lesen zu können wie einfach man es sich doch machen könnte mit einer Erklärung dafür. Sie liefern Argumentationsketten dafür zu erklären, dass es eben nicht so einfach ist. Danke dafür. – Martin Thema

 

Sie schreiben: „ man sieht…laktosefreie Anthroposophen mit Blütenträumen aus geistig biologischem Anbau in und um Stuttgart herum“ Sie haben sicher gut recherchiert, um eine solche Feststellung treffen zu können. Bitte teilen Sie mir die Quelle mit, damit ich Verbindung aufnehmen kann. – Helmut Reibold

 

Das Stück „Hier walten geheime Mächte“ von Thomas Assheuer (ZEIT vom 1.10., S. 47) habe ich mit großem Vergnügen gelesen. Bei der Erwähnung der Vorläufer unserer aktuellen Verschwörungstheorien aus dem 19. Und 18. Jahrhundert dachte ich an möglicherweise noch ältere Vorgeschichte, die man erreichen kann, wenn man auf den logischen Zwang zur jeweilige Gegenwart des Unheils verzichtet und auch Zukunft zulässt, das heißt Prophezeiungen. In Zusammenhang mit dem blühenden Unsinn, der heutzutage manche Gemüter erregt, denkt man da zuerst an Nostradamus und dann wie selbstverständlich an sein großes Vorbild, die Offenbarung des Johannes, das letzte Stück des Neuen Testaments. Könnten diese beiden populären Prophezeiungen von Unheil den Weg geebnet haben für die spätere Verschwörerei? Das Mittelalter war ja wohl noch mehr gesättigt mit aller Art dieses Unfugs als die Neuzeit. – Manfred Bühner

 

Hier walten überhaupt keine geheimen Mächte.Weil es sie nicht gibt.Was hier waltet,ist die Bequemlichkeit . Schuld haben immer die Anderen.Und diese Anderen geben die Schuld wieder zurück an die anderen Anderen.Und sofort. Ein schönes Null Summen Spiel.Ganz fanatische Mitbürger glauben vielleicht auch an ausserirdische geheime Mächte.Es soll ja auch Leute geben,die glauben immer noch, die Erde sei eine Scheibe.Na dann, jeder wie es ihm in Kram passt. – Hans-Emil Schuster

 

Es ist genau diese arrogant-diagnostische Herablassung, was einen großen Teil des gegenwärtigen Journalismus und speziell diesen Artikel so unerträglich für mich macht. Ich bin Jahrgang `71, in meiner Jugend beschäftigten und betrübten mich die Berichte über den Holocaust sehr und ich lernte und verstand: „Nie wieder Krieg“, später schrieb ich lange an meiner Kriegsdienstverweigerung, demonstrierte etwa zeitgleich gegen den ersten Irakkrieg, wählte stets links bzw. meist grün und konnte und kann mit meinem Deutschsein wenig anfangen. 2015 erlebte ich immerhin durch die Willkommenskultur das erste Mal im Leben und sehr überraschend so etwas wie Stolz auf dieses Land.

Im Frühjahr 2020 fragte ich mich dann, warum die offiziell kommunizierten Zahlen des RKI nie ins Verhältnis zur Testhäufigkeit gesetzt wurden und das so erzeugte statistisch unbereinigte Kuriosum der Absolutzahlen Testpositiver von der Politik als „exponentieller Anstieg“ bezeichnet wurde. Ich wunderte mich über die Zählweise der Covid-19-Toten ohne Differenzierung der Todesursachen, fragte mich, wann der hochsensible PCR-Test ohne Zulassung für Diagnostik endlich einem Validierungsprozess unterzogen würde, wann eine repräsentative Baseline-Studie zum Infektionsgeschehen erstellt würde und inwieweit die massiven medizinischen Kollateralschäden des Lockdowns mitberücksichtigt werden.

Besonders aber irritierte mich, dass ich all diese meine Verwunderung und das Hinterfragen der Regierungsentscheidungen – jenseits irgendeiner Verschwörungstheorie – in keinem der großen Medien ZEIT, Spiegel, FAZ, taz, ARD, ZDF etc. wiederfand, wohl aber in den geschmähten alternativen Medien, welche allein jene ebenfalls ausführlich diffamierten Menschen interviewten, die diese aus meiner Sicht berechtigten Fragen sachlich und gut begründet ausformulierten. Und ja: ich war dann auch auf den beiden großen Querdenken-Demos in Berlin, nachdem ich mich entschied, dass ein paar mutmaßlich mitlaufende Rechtsaußen nicht über meine Teilnahme bestimmen sollten – weil in meinem Leben von dieser Seite eben NIE etwas bestimmt werden soll.

Und nun lese ich von Herrn Assheuer schon wieder das altbekannte, psycho-diagnostisch verbrämte Demonstranten-Bashing: „Quacksalber und Graswurzelbewegte, dazwischen gläubige Impfgegner und laktosefreie Anthroposophen mit Blütenträumen aus geistig-biologischem Anbau“. Nun ja, ich war tatsächlich zurückhaltend beim Impfen meiner Kinder und arbeite in einer – nicht-laktosefreien – anthroposophischen sozial-therapeutischen Einrichtung. Bin ich dann also „Narrensaum“? Wo sind die nachdenklich interessierten Journalisten geblieben, die sich für die Motive der Menschen interessieren, wenn sie Impfungen hinterfragen? Wieviel Millionen Euro zahlt der Staat eigentlich jährlich für behördlich anerkannte Impfschäden? Welche Impulse hat ein Mensch, der sich der Anthroposophie zuwendet? Gibt es eigentlich Normalbürger? Könnte das stete Schwimmen in der Mitte der Mehrheitsmeinung psychologisch nicht ähnlich motiviert sein wie die Identifikation mit „Verschwörungsmythen“?

Die Sehnsucht, alles mit deutscher Gründlichkeit geordnet zu sehen in „Vernünftige“ und den „Narrensaum“ – und sich selbst beruhigt und quasi verbeamtet auf der richtigen Seite zu verorten? Könnte das verstörend regierungsnahe Unisono der deutschen Presse im Frühjahr und Sommer 2020 nicht darauf hinweisen, dass besonders der ehemals kritische Journalismus den Weisungen jenes fiktiven Demagogen verfallen ist, der da – womöglich hinter einer blau-weiß karierten Alltagsmaske – tönt: „Und ich bin euer Führer. Ich werde für euch denken und euch sagen, wann was zu tun ist. In meiner Führerrolle werde ich euch euer Leben vorleben, und ich werde euer Beschützer sein“?

Und könnte das lustvolle Entwerten Andersdenkender durch Herrn Assheuer nicht Trumps narzisstischen Reflexen viel näherstehen als dem Autor recht oder bewusst ist? Wie versöhnend und eine respektvolle Diskurskultur wiederherstellend daneben Ihr Interview mit Siber, Fischer, Roth und Innensenator Geisel. Was für ein himmelweiter Kontrast. Danke hierfür an Charlotte Parnack und Stefan Schirmer. Bitte mehr davon! – Christian Ruoff

 

Toll! Ergänzend möchte ich ( was in den Zeilen versteckt schon steht) noch einmaldeutlich aussprechen: Der Verlust der Religion, also der mit heiligem Ernst zelebrierten Irrationalität, hat eine Leerstelle hinterlassen, die zu füllen der Moderne bis heute nicht gelungen ist. Eine riesen Aufgabe für die Psychologie. Der Verlust der Welterklärung und des Trostes über das kathastrophale Ende /den Tod) müssen ertragbar gemacht, und verbunden damit eine neue „Seelsorge“ gestaltet werden. – Dieter Herrmann

 


 

 

Leserbriefe zu „Biden schlägt Trump, und dann ist alles wieder gut? (…)“ von Holger Stark und Bernd Ulrich

 

Nun wird allenthalben das Ende der Demokratie in Amerika beschworen. Das, was die Auguren der ZEIT hier an sattsam bekannten gesellschaftspolitischen Zusammenhängen aufbieten, ist mittlerweile Unterrichtsgegenstand in jedem Englisch-Leistungskurs. Doch wo bleibt der tiefergehende Blick in die Verfasstheit dieses Landes? Die ‚älteste Demokratie‘ lebt seit über zwei Jahrhunderten mit Geburtsfehlern, die schon immer Zweifel an ihrer demokratischen Substanz haben aufkommen lassen:

Eine Gesellschaft, die den Individualismus über das Gemeinwohl stellt und damit die materielle Ungleichheit festschreibt, ein Land, das durch sein Sendungsbewußtsein andere Kulturen und Völker herabsetzt und damit rigoros seine globale Vormachtstellung durchsetzt und ein Staat, der Gewalt zur Maxime innerstaatlicher Auseinandersetzung und außenpolitischen Handelns macht und damit friedliche Lösungen erschwert – kann ein Amerika angesichts dieses alle und alles durchdringenden ideologischen Wahnsinns noch ernsthaft als „Vorgriff auf eine bessere Menschheit“ bezeichnet werden? Die Vereinigten Staaten von Amerika sind nicht „schwer erkrankt“, sie waren noch nie gesund. – Willi Goldstein

 

Mit Bezug auf Ihre Berichterstattung über das TV-Duell zwischen Donald Trump und Joe Biden würde ich mich über die Veröffentlichung meines nachfolgenden Polidichtes (Politik, Gedicht) sehr freuen. Donald Trump, der alte Narzisst und Bösewicht, leugnet Fakten und lügt, auf ihn das wirft ein schlechtes Licht. Sollte er damit allen Ernstes die Wahl am 3. November gewinnen, kann man eigentlich nur konstatieren ‚Die Amerikaner, die spinnen‘. – Dr. Jens Brökelschen

 

In dem nachdenklich stimmenden Artikel „Amerikas Horror” argumentieren die Autoren mit Blick auf Christinnen und Christen in den USA, die Demokratie sei darauf angewiesen, „dass entweder alle ungefähr dasselbe glauben, oder dass der Glaube selber nicht politisch wird.” Weshalb diese Notwendigkeitsrelation bestehen sollte, wird nicht näher erläutert. Umso mehr verwundert diese These, denn charakteristisch für die Demokratie scheint mir gerade nicht das Beharren auf eine einförmige, gleichdenkende Gruppe von Bürgerinnen und Bürgern oder das Knüpfen der Teilnahme am politischen Diskurs an die Bedingung, die Motivation für das eigene Handeln bloß nicht aus der eigenen religiösen Tradition zu gewinnen.

Wie sollte auch ein Glaube aussehen, der unpolitisch bleibt? Für viele religiöse Menschen ergibt sich aus der eigenen religiösen Überzeugung ein gesellschaftlicher Gestaltungsanspruch. So sieht beispielsweise die gläubige Katholikin und New-York-Times-Journalistin Elizabeth Bruenig eine große Übereinstimmung der christlichen Soziallehre mit linken Idealen wie Gleichheit, Solidarität und Armutsbekämpfung. Wird ein solches Engagement in einer pluralen Gesellschaft implizit als Bedrohung dargestellt, wird die Vielfalt christlichen Engagements ausgeblendet. Vielleicht kann es auch hoffnungsstiftend sein, sich erneut vor Augen zu führen, dass längst nicht alle Christinnen und Christen in den Vereinigten Staaten weiße, Trump wählende Evangelikale sind. – Lena Könemann

 

Den Vergleich USA hat 3 x so hohe Militäraushaben wie China finde ich sehr bemerkenswert. Dieselbe Argumentation hört man von u. a. Die Linke. Wenn so einen Vergleich gelten soll muss m. e. Soldatengehälter, Ersatzkosten, Einkauf, Wohnkosten etc. für beide Länder annährend gleich groß sind. Sind sie das? Wenn nicht ist es nur dummes Geschwätz und wir haben mit dem Apfel/Birnen Komplex zu tun. – Stein-Erik Greter

 

Obschon die Autoren systemische Probleme der U.S.-Gesellschaft recht zutreffend beschreiben, sind sie doch auch Kinder der (jungen) deutschen Demokratie. Zu behaupten, Demokratie sei etwa darauf angewiesen, „dass alle ungefähr dasselbe glauben“ ist bestenfalls ein von der bundesdeutschen Konsensgesellschaft gewünschtes Element. Demokratie muss zuvorderst jedoch divergierende Interessen befrieden können. Auch das Entsetzen der Autoren darüber, dass Führungsfiguren staatlicher Macht wie etwa Richter und Staatsanwälte gewählt werden und dann gegebenenfalls „ihren Wählern gefallen müssten“ spiegelt eine ähnliche politische Unreife wider. Im Gegenteil ist es urdemokratisch, wenn selbst die Elternvertreter des örtlichen Gymnasiums von der gesamten Bevölkerung ins Amt gewählt werden und nicht nur von einer interessierten Elite der Eltern dieser Schüler. Ein Bürgermeister wird ja schließlich auch von der gesamten Bevölkerung gewählt. – Dr. Stefan Prystawik

 

Ich denke, der Grundirrtum des „amerikanischen“ Jahrhunderts ist der springende Punkt. Nicht das vermeintlich „gute Funktionieren“ der Gesellschaft, sondern der unermessliche Reichtum war der Grund für die globale Dominanz. Und solange es der Mehrheit der Bevölkerung immer ein klein wenig besser ging, funktionierte es ja auch ganz gut. Geld macht nun mal „schön“ und „anziehend“. Der „globale Süden“, durch dessen gnadenlose Ausbeutung und Ausplünderung dieser Reichtum zustande kam, wird aber bald vor den Türen des Nordens stehen und seinen Anteil daran einfordern. Spätestens dann, wenn ganze Kontinente kaum noch bewohnbar sein werden.

Das amerikanische Gesellschaftsmodell, die amerikanischen Vorstellungen von „Freiheit und Demokratie“, die auf diesem „Hyperreichtum“ basieren, wurde nach dem 2. Weltkrieg dem Westen Europas im Doppelpack mit dem Marshall-Plan „geschenkt“. Mit einem etwas sozialeren Anstrich. Die Versuche, es in andere Teile der Welt zu exportieren, oft verbunden mit politischen Morden und/oder militärischen Interventionen, haben aber nur noch mehr Chaos und Gewalt gebracht. Oder man wollte gleich ein ganzes Land in die Steinzeit zurückbomben. Alles natürlich im Namen von Freiheit und Demokratie.

Dass die USA im vergangenen Jahrhundert „die Welt zweimal vor Diktatur und Chaos gerettet“ hätten, muss da wohl doch etwas relativiert werden. Ich vermute, von den Autoren sind hier die „nationalsozialistisch-faschistische Diktatur“ und die „kommunistischen Diktaturen“ gemeint. Die Hauptlast bei der Befreiung vom Hitler-Faschismus hat aber die damalige Sowjetunion getragen. Über fünfundzwanzig Millionen Kriegstote, ein von den Faschisten weitgehend verwüstetes Land. Die USA dagegen hatten knapp eine halbe Million gefallener Soldaten zu beklagen. Sie gehörten nicht nur zu den Siegermächten, sie waren auch der eigentliche Gewinner dieses Krieges.

Und die „kommunistischen Diktaturen“ sind maßgeblich durch innere „Veränderungsbestrebungen“ an ihren eigenen, nicht erfüllten (unter den gegebenen Bedingungen auch gar nicht erfüllbaren) Ansprüchen gescheitert. Der Beitrag der USA dazu war lediglich, dass die Sowjetunion gezwungen war, bis zu 30% ihres BIP für die Rüstung auszugeben, die USA, bei einem etwa dreimal so hohen BIP, aber nur maximal 10%. Um das „Gleichgewicht des Schreckens“ aufrechtzuerhalten, hat sich, oder wurde, je nach Sichtweise, die Sowjetunion, und damit der ganze Ostenblock, „zu Tode“ gerüstet. Das Bild vom „unendlich zerdehnten Saigon-Moment“ schien mir zunächst etwas abwegig. Mit den Bildern und Nachrichten vom Vietnam-Krieg bin ich aufgewachsen. Aber je länger ich darüber nachdenke, desto passender finde ich es. – Uwe Held

 

Ich habe Ihren Artikel mit Interesse gelesen, bin jedoch entsetzt über die Einseitigkeit der Darstellung. Es gibt an den USA manches zu kritisieren, dass ein Staat oder ein Land aber nur Negatives zu bieten hat, ist unglaublich. Wenn man Ihren Artikel unvoreingenommen liest, dürft man nie auf die Idee kommen, dorthin zu fahren bzw. fliegen. Amerika war mal eine befreundete Nation, die uns sehr geholfen, verteidigt und wirtschaftlich auf Schwung gebracht hat. Es kann nicht sein, dass es nur aus Negativem besteht. Gerade vernehme ich, dass Nobelpreise verteilt werden. Da sind immer Amerikaner dabei, von Moslem höre ich da selten was, dgl. von Elite-Universitäten. Es wäre abgebracht, wenn DIE ZEIT vergleichsweise mal derart negativ und vorurteilsgeladen über die neuen Heilsbringer Russland, China, Türkei berichten würde. – Peter Reimsbach

 

In dem im Betreff genannten Artikel beschreiben sie eindrûcklich woran die die amerikanische Gesellschaft, die Verfassung und ihre Institutionen und die zwei Parteien kranken. Es wäre interessant zu erfahren, wie ihre amerikanischen Kolleginnen und Kollegen diese Analyse beurteilen und – vor allen Dingen – welche Lösungen sie für diese gravierende, schlimme Krise sehen. – Ernst Söbbeler

 

Eine vorzügliche Analyse der Herren Stark und Ulrich. Donald Trump ist in der Tat nicht nur eine Antwort auf die gesellschaftspolitische Dekadenz der USA, er ist zudem die Fortsetzung ebendieser mit außerordentlichen Mitteln. Seine Regentschaft bedeutet schlichtweg die Annullierung von Vernunft und somit die Destruktion von Demokratie. Auch taugt der fortlaufend in die Amtsführung eingebrachte Habitus des 45. US-Präsidenten schon längst nicht mehr für eine denkbare Dystopie: eindeutig zu unrealistisch. Umso mehr bedarf es den USA der Versöhnung mit der Wirklichkeit, der heilsamen Anwendung von Vernunft und einer konsequenten Verständigung darüber.

Das Land braucht vor allem anderen das „Pathos des Verstandes“ hin zu deutlich mehr innerem Frieden, aus dem sich (wieder) der Glauben an die Kraft des Einzelnen wie an die Kraft der Gemeinschaft – die nationale Identität – entwickeln kann. Kein (demokratisches) Land der Welt kann an substanzieller Größe und an Wohlergehen gewinnen, wenn es sich durch das Aufbringen von Unwahrheiten, Ideologien und negativen, demoralisierenden Emotionen permanent um einen Großteil seiner gesellschaftlichen Integrität und intellektuellen Energie beraubt. – Matthias Bartsch

 


 

 

Leserbriefe zu „Warum ist das DDR-Exemplar dicker?“ von Jana Hensel

 

Es ist unverständlich, dass in ihrer Zeitung zur Frage, ob je von dem in Art. 44 Einigungsvertrag verankerten (übrigens jedem einzelnen Land auf dem ehemaligen DDR-Gebiet zustehenden) „Recht, gegen die Nichteinhaltung des Vertrags zu klagen, Gebrauch gemacht worden“ ist, nur die konträren Stimmen der Herren Krause (nein) und de Maizière (ja) angeführt werden, ohne diesen Dissens aufzulösen. Denn der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 29. April 1996 – 2 BvG 1/93 – (BVerfGE 94, 297) über einen sog. Bund-Länder-Streit zwischen dem Land Brandenburg und dem Bund (bzw. den jeweiligen Regierungen) müsste jedem, der sich mit Verfassungsprozessrecht beschäftigt, bekannt sein.

Dort (BVerfGE 94 297 [310]) heißt es in aller Klarheit: „Art. 44 EV gestattet nach dem Wirksamwerden des Beitritts jedem der in Art. 1 des Einigungsvertrages genannten Länder Rechte geltend zu machen, die zugunsten der Deutschen Demokratischen Republik oder zu ihren eigenen Gunsten unmittelbar in dem Vertrag begründet worden sind. Erwachsen zwischen solchen Ländern und dem Bund Streitigkeiten über diese Rechte, so können sie gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 GG (§ 71 Abs. 1 Nr. 1 BVerfGG) beim Bundesverfassungsgericht anhängig gemacht werden.“ – Prof. Dr. Michael Sachs

 

Ihren Artikel in der aktuellen Ausgabe DER ZEIT auf Seite 6 über Ihre Recherchen zum Einigungsvertrag habe ich mit Interesse gelesen. Sie drangen auf der Suche nach dem Originalvertrag vor bis ins Archiv des Auswärtigen Amtes und fanden dort in der grauen DDR-Kiste noch eine rote Kiste, über die Sie lachen mußten. Auf dieser prangten nämlich „Hammer, Sichel und Ährenkranz“. Zweifellos mußten Sie als in der DDR Geborene darüber lachen, daß eine Sichel abgebildet war, denn Sie wußten es von ehedem doch besser, daß da nämlich ein Zirkelhingehörte… Auch wenn es nur ein Schreibfehler sein sollte, ein hübsches Bonmot wäre es zweifellos! – Dr. Peter Rieper

 

Normalerweise wird ja die Thematik vieler Ihrer Artikel und deren journalistische Umsetzung – mit Berechtigung – oft gelobt … An sich ist dieser Artikel informativ und lesenswert. Hier aber ist Frau Hensel ein grober Schnitzer unterlaufen: Hammer, SICHEL und Ährenkranz finden sich nicht im Emblem der DDR, vielmehr jedoch: Hammer, ZIRKEL, Ährenkranz. ( Ausführungen zur seinerzeitigen Symbolik tun hier nichts zur Sache; die Sichel fand sich z. B. auf der Flagge der ehemaligen UdSSR)

Alles eigentlich nicht so schlimm, wenn die Autorin nicht den Eindruck erwecken würde, als hätte sie dem Archivar beim Auspacken des Original-Einigungsvertrages live über die Schulter geschaut und als geborene Ostdeutsche ohnehin vielleicht einen Vorsprung an besonderer Beziehung zur Sache. Angesichts dessen, dass manche Zeitgenossen heutzutage grundsätzlich am Wahrheitsgehalt von Aussagen auch der seriösesten Zeitung zweifeln und diese persönliche Meinung auch gern ungefragt Dritten aufdrängen wollen, sollte eben noch mehr Sorgfalt als Verpflichtung gegenüber dem Leser gelten. – Norbert Fricke

 

Ich bin vor drei Tagen von einer Sizilienreise zurück gekehrt und habe heute begonnen, die Zeit-Ausgabe Nr. 41 zu lesen. Da hat mir aber gleich die Fotoserie auf den Seiten 6 und 7 die Sprache verschlagen. Wieso, frage ich mich, untergräbt die Zeit die, wenn auch leider nur geringen, Fortschritte bei der Einheit Deutschlands? Wieso trampelt die Zeit auf den Empfindungen der Ostdeutschen herum? Reklamiert sie das Recht der Sieger für sich? Hat die Zeit keine richtigen und guten Journalisten (mehr)? Genau die alten Klischees aus den Zeiten des Kalten Krieges werden bedient, wenn in der oberen Reihe die Fotos aus DDR-Zeiten in trübem Schwarz-Weiß und die vergleichbaren unteren Fotos aus der jetzigen Zeit in sonnenüberfluteten Farben gedruckt werden. Sie sollten sich einfach nur schämen, so etwas Unverfrorenes zu 30 Jahren Deutscher Einheit in Ihrem Blatt zu drucken. Damit stellen Sie sich auf eine Stufe mit der Boulevard-Zeitung mit den vier großen Buchstaben. Haben wir eine solche Medienlandschaft wirklich verdient? Wahrscheinlich ja, so traurig es auch ist. – Ulrich Fischer

 

Auf dem Bild „Eselsbrücke, Berlin Prenzlauer Berg. 1984 und 2019“ stimmt nur eine Sache, Sie zeigen eine Brücke. Es ist die selbe Brücke auf der der Fotograf zum 1. Bilderpaar auf der Seite 6 steht und in die Greifenhagener Str. hinein fotografiert (Richtung Wichert Straße). Der Fotograf steht am Ende der Greifenhagener Brücke. Im 5. Bilderpaar wird dann aus der v. g. Brücke (Greifenhagener Brücke) die Eselsbrücke. Der Esel, welcher die Brücke mit dem Titel belegt war aber vorher in der Bar mit dem Namen „Eselsbrücke“ in der Greifenhagener Straße 18, und hat den Namen beim überschreiten der Brücke im besoffenen Zustand ausgewählt und so im Gedächtnis behalten. So soll die Legende der Namensgebung lauten. Gegen den Beitrag auf der Seite 6 gibt es keinen Einwand. – Klaus Aßmuß

 

Danke für Ihre Würdigung des 30. Jahrestages des Wunders der Deutschen Einheit. Walter Kempowski, dessen Witwe vor kurzem in Nartum das Zeitliche gesegnet hat, erinnerte sich in seinem „Echolot“ an folgende Episode: Am 10. November 1989, dem Tag nach dem Mauerfall, notierte er in sein Tagebuch: „Wieso hat niemand den Choral ,Nun danket alle Gott!‘ angestimmt? – Weil niemand mehr den Text kennt. – Aber woher kennen sie den Schlager ,So ein Tag, so wunderschön wie heute‘?“ Stefan Zweig notierte 1927 in seinem Sammelband von Miniaturen „Sternstunden der Menschheit“ in seinem Vorwort:

„Solche dramatisch geballten, solche schicksalsträchtigen Stunden, in denen eine zeitüberdauernde Entscheidung auf ein einziges Datum, eine einzige Stunde und oft nur eine Minute zusammengedrängt ist, sind selten im Leben eines Einzelnen und selten im Laufe der Geschichte. […] Ich habe sie so genannt, weil sie leuchtend und unwandelbar wie Sterne die Nacht der Vergänglichkeit überglänzen.“ Die Friedliche Revolution, die zur Deutschen Einheit führte und die alle Grenzopfer und Mauertoten gern erlebt hätten, ist eine „Sternstunde der Menschheit“ und ein „Wunder Gottes“. – Felix Evers

 

Ihre Autorin Jana Hensel vermeldet einen Gefühlsausbruch, welcher sich bei ihr beim behutsamen Öffnen der grauen Standardkiste mit dem DDR-Exemplar des Einheitsvertrages im Archiv des Auswärtigen Amtes einstellte. Die graue Kiste enthält eine rote, welche „ Hammer, Sichel und Ährenkranz“ zeigt – sie musste lachen. Bei mir brechen auch Gefühle durch – ich muss weinen, wenn ich dreißig Jahre nach dem Ende der DDR derartigen Stuss lesen muss. Die Sichel gehörte nicht zu den im Wappen der DDR gezeigten Insignien, die hatten schon die „Freunde“ im Wappen der UdSSR belegt. Wir zeigten den Zirkel . Wer im Unterricht in der DDR nicht nur geschlafen hat, der wird den Unterschied zwischen einer Sichel und einem Zirkel verinnerlicht haben und beim Anblick der roten Kiste nicht lachen. Das würde dem Ansehen von Frau Hensel nützen, denn schon unsere Alten meinten: Am Lachen erkennt man den Narren! – Rudolf Müller

 


 

 

Leserbriefe zu „Alles Lebendmasse“ von Merlind Theile

 

„Einen Unterschied zwischen Mensch und Tier macht die Sprache schon lange“. Das Problem fängt schon früher an: Zwischen Mensch und Tier zu unterscheiden ist sachlich falsch und m. E. ethisch verheerend. Wir sind SäugeTIERE. Und auf einer falschen Grundlage kann kein richtiges Gedankengebäude ent(stehen). – Iman Schwäbe

 

Ihre eindrucksvoller Beitrag zur Tiernutzung hat in seiner Lakonie schon satirische Qualität, er geht aber nicht weit genug. Es fehlt das Stichwort „Kastration ohne Betäubung“ mit der Tatsache dass die deutschen Ferkelzüchter eine Frist von fünf Jahren zur Einführung einer Betäubung bei der Kastration einfach verstreichen ließen, Diesem Skandal ließ Landwirtschaftsministerin Klöckner einen zweiten folgen, indem sie eine Fristverlängerung um zwei Jahre einräumte. Nun darf gewettet werden, was dann geschehen wird. Nicht wird geschehen. Frau Klöckner und die Agrarlobbby werden schon sorgen. – Lutz Landorff

 

Sie werfen der Landwirtschaft in anklagendem Ton vor, dass Komfortmaßnahmen im Stall, wie z.B. Gummimatten bei Kühen, in erster Linie dazu dienen würden, Veterinärkosten zu reduzieren. Das ist übertragen auf den Menschen genauso, wie wenn sie ihm vorwerfen würden, dass er sich nur aus dem Grund gesund ernährt, weil er Arztkosten sparen will. – Bernhard Beck

 

Worte sind mächtig. Sie können gewisse Umstände verniedlichen, verschlimmern oder treffend beschreiben. Die Fleischindustrie entschied sich bei Ihren Fachbegriffen fürs Verniedlichen – aus wirtschaftlichen Gründen. Ich bin froh, dass ich vor einigen Jahren Vegetarier wurde und mich nicht mehr von den Leichenteilen gequälter Zwei- oder Vierbeiner ernähren muß. Trotzdem kann ich die Haltungsbedingungen dieser armen Tiere nicht akzeptieren. Hier muss umgehend Abhilfe geschaffen werden. Halbherziges Handeln oder Hoffen auf die Eigenverantwortung von Tierhaltern (…) bringen nichts. – Achim Bothmann

 

Herzlichen Dank für Ihren Artikel. Der Stein, das Mineral schenkt dem Menschen Stabilität und Struktur, die Pflanze schenkt Wachstum und Farbe. Das Tier schenkt dem Menschen Seelenreichtum. Meines Erachtens ist die Massentierhaltung und der bewußtlose Konsum von Fleisch nach dem Holocaust das Schlimmste, was Menschen anderen Wesen antun und angetan haben. – Hans Joachim Hühner

 

Wahrscheinlich kommt mein Leserbrief zu spät, aber es ist mir trotzdem ein grosses Anliegen Ihnen zu schreiben. Erschütternd ist die Begrifflichkeit, mit der wir Menschen versuchen,das Leid der Nutztiere zu erklären.Das Leben einer Sau oder die brutale Methode ein Kalb seiner Mutter schon kurz nach der Geburt wegzunehmen!!!! Gibt es denn wirklich so viele Menschen, die sich darüber keine Gedanken machen, was es für die Tiere bedeutet und welche Schmerzen und Trauer sie auszuhalten haben?? Das bestätigt mich in meiner Entscheidung Vegetarierin zu sein. Mut machen mir solche Menschen wie Mechthild Knösel, die nicht müde wird, andere Bauern von ihrer guten Idee der Kälberaufzucht zu überzeugen. Danke, dass sie versuchen mit ihrem Artikel zu sensibilisieren, auch wenn es schwerfällt diese Tatsachen zu lesen. – Susanne Weyrich

 


 

 

Leserbriefe zu „Was hat dieser Mann mit Wirecard zu tun?“ von Ingo Malcher et al.

 

Wer geglaubt hatte, dass er beim Wirecard-Betrugssystem mitreden könnte, muss sich nach dem Studium Ihres detaillierten und hochspannenden Dossier-Beitrag eines besseren belehren lassen. Ihr Macher-Team (Malcher, Schieritz,Willeke, Misir) zeigt nicht nur unbekannte, sondern auch schier unvorstellbare Facetten dieses Skandals auf. Es wäre nur gerecht, wenn jetzt alle (!) „Heiligenschein-Anbeter“, auch ein K.T. Zu Guttenberg, nicht so ganz ungeschoren davonkommen würden. Aber wahrscheinlich haben er und andere selbsternannte „Outstanding People“ inzwischen bereits weitere Meteore im Visier ! – Georg Jahn

 

Die zutreffende Bezeichnung des „Darkrooms der Börse“ erlaubt die Nachfrage, warum öffentlich-rechtliche Sender wie ARD und ZDF jeden Tag unkritisch und unreflektiert davon berichten und sich damit auch zu Handlangern solcher Schergen machen. – Jürgen Dressler

 

Jedes Mal, wenn ich Beiträge und Artikel oder auch nur Randnotizen zum Fall Wirecard lese,
bin ich immer wieder aufs Neue absolut fassungslos. Wie kann so etwas passieren? Es gibt Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung! Ich habe in meiner Ausbildung gelernt: Keine Buchung ohne Beleg! Wie können hier einfach so 1,9 Milliarden Euro verschwinden, sich in Luft auflösen, verpuffen. Unglaublich! Genau so muss es aber auch Nachweise und Belege über die Herkunft des Geldes gegeben haben! Jede Bank muss nach strikten Vorgaben unter anderem Sorge dafür tragen, dass es in ihren Reihen keine geldwäscherelevanten Vorgänge gibt.

Kontoumsätze werden ständig gescannt auf ungewöhnliche Umsätze. Es muss solch ein großes und korruptes Netzwerk bestanden haben, um alles zu verschleiern. Anders kann ich es mir nicht erklären. Am meisten macht mich die Art und Weise, wie Deutschlands Behörden mit dem Fall umgegangen sind, ratlos. Sie ignorieren jede einzelne kritische Information und steuern sogar gegen die vermeintlichen FakeNews. Wahnsinn! Wozu alle Kontrollinstanzen? Wozu die Gesetze? Wozu die Behörden? Wenn ein scheinbar so großes Unternehmen, das auch eine eigene Bank betrieben hat, nicht entsprechend geprüft wird. – Yves Pulst

 

Ich möchte an dieser Stelle etwas Feedback zur Darstellung von Accompong im Dossier-Artikel zu Wirecard geben: Der erste Teil des Artikels ist sehr reißerisch dargestellt und eher auf Sprachniveau der BILD. Accompong ist kein “Fantasiereich” sondern ein teilautonomes Gebiet von Jamaica (was im Artikel immerhin im Nebensatz erwähnt wird). Jamaica hat die Community von Accompong entsprechend der UN-Deklaration der Rechte indigener Völker anerkannt und, vergleichbar mit den Ureinwohnern Nordamerikas, interne und lokale Autonomie gewährt. Für weiteren Kontext: Die Maroons mussten ihre Unabhängigkeit sowohl gegen die Kolonialreiche Spaniens, als auch Großbritanniens verteidigen und sind mehr als die Nachfahren “entlaufener Sklaven”. Die Darstellung als “Absurdistan” und die weitere Abhandlung von oben herab ist doch etwas albern und entspricht weder dem sonstigen Niveau der Zeit, noch dem des restlichen Artikels. Ein kurze Recherche über Wikipedia hätte eine nuancierteren Einblick gegeben… – Philipp Wiedekamp

 

Nach der Lektüre des ZEIT-Dossiers fällt es schwer zu glauben, dass das Versagen der behördlichen und privatwirtschaftlichen Aufsichtsinstitutionen Zufall war. Folgende Fragen drängen sich auf: 1. Warum hat die BAFIN zwei Journalisten der Financial Times angeklagt statt deren Hinweise zwecks Aufklärung des Skandals nachzugehen? 2. Warum wird die überfällige personelle und inhaltliche Neuauszurichtung der BAFIN nicht unverzüglich eingeleitet? 3. Oder ist der Finanzminister durch die Cum-ex Affäre der Hamburger Warburg Bank in seinem Handlungsspielraum eingeschränkt?

4. Warum hat die KfW der Wirecard AG einen 100 Millionen Euro Kredit ohne Sicherheiten eingeräumt? 5. Warum drückte der Wirtschaftsprüfer EY bei der 2018er Prüfung scheinbar beide Augen zu, obwohl es bereits vor diesem Zeitpunkt Anzeichen krimineller Machenschaften gab? 6. Sind die Kriterien, die es erlauben, in den DAX aufzusteigen, heute noch zeitgemäß? Sollten die verantwortlichen Protagonisten der GroKo nach Wirecard und Cum-ex die systemischen Fehler der Finanzaufsicht(en) nicht grundlegend beseitigen, dann wäre der Niedergang des Finanzplatzes Deutschland vorgezeichnet; „Accompong“ lässt grüßen! – Jürgen Rohlfshagen

 


 

 

Leserbriefe zu „Israel, voller Lärm und Gewürz“ von Lena Gorelik

 

S.62 „Die Welt bleibt groß“: Das Farbfoto über dem Israeltext zeigt den Felsendom, nicht die Al-Aksa-Moschee. Leider werden beide Gebäude häufig verwechselt ! – Helmut P.Hagge

 

Auf Seite 62 der aktuellen Ausgabe ist Ihnen ein Fehler unterlaufen. Es ist nicht die Al-Aksa-Moschee, die Sie hier abgedruckt haben, sondern der Felsendom! Und der Artikel über Peru (fromm und frei) hat mich an meinen zweiwöchigen Aufenthalt in Cusco erinnert. Sehr schön und treffend beschrieben, einfach gut! – Helmut Schmitz

 

In einer Bildunterschrift auf Seite 62 heißt es: „Fototermin vor der Al-Aksa-Moschee in Jerusalem“. Das Gebäude im Hintergrund ist aber der Felsendom; die Al-Aksa-Moschee ist außerhalb des Bildes rechts und hat keine Kuppel, sondern ein Minarett. – Dr. Klaus H. Grabowski

 

Warum muss bei Fotos so häufig geschlampt werden? Jeder, der nur einmal in Jerusalem war, wird sofort sehen, dass die goldene Kuppel NICHT die Al-Aksa-Moschee und NICHT die Omar-Moschee (wird auch häufig behauptet) ist, sondern der FELSENDOM (englisch: Dome of the Rocks). – Dr. Almut Mey

 


 

 

Leserbriefe zu „Gefechte um Bergkarabach. Worum wird im Kaukasus gekämpft?“ von Michael Thumann

 

Der Konflikt um Berg Karabach In der Berichterstattung über die gegenwärtigen Kämpfe in Berg Karabach ist vielfach zu lesen, dass diese Regien „heute von christlichen Armeniern“ bewohnt werde. Dieser Satz ist irreführend oder sogar falsch, weil er den Schluss nahelegt, dass es in früheren Zeiten einmal anders gewesen ist. Tatsächlich ist es so, dass Berg Karabach, oder auch „Arzakh“, wie die dort lebenden Menschen diese Region nennen, schon immer ein Land gewesen ist, welches mehrheitlich von Armeniern besiedelt worden ist.

Wer einmal durch Berg Karabach reist, wird schnell feststellen, wie tief die armenische Kultur und Religion dort verwurzelt ist: Alle paar Kilometer stößt man auf armenische Kirchen, von denen die meisten ihren Ursprung im Mittelalter haben. Berg Karabach ist historisches armenisches Siedlungsgebiet, auch wenn dort immer auch andere Bevölkerungsgruppen gelebt und ihr kulturelles Erbe hinterlassen haben. Selten ist die Siedlungsstruktur einheitlich, schon gar nicht im Kaukasus oder im vorderasiatischen Raum. Im Jahre 1920, kurz nach dem 1. Weltkrieg, waren über 90 % der Bevölkerung Berg Karabachs Armenier. Damals fiel die Region, welche in ihrer Geschichte viele verschiedene Herrscher erlebt und durchlitten hatte, an die Sowjetunion. Das Zentralkomitee der KPdSU entschied, Karabach der Sowjetrepublik Aserbaidschan zuzuschlagen und nicht der Sowjetrepublik Armenien, was naheliegend gewesen wäre. Aber es waren politische Gründe, die dafür ausschlaggebend gewesen waren, und nicht ethnografische.

Hätte man eine Volksabstimmung durchgeführt – was man tatsächlich zwischenzeitlich erwogen hatte – wäre das Votum ziemlich eindeutig ausgefallen. Aber wie so oft hat man über die Köpfe der Menschen hinweg entschieden, die in den strategischen Überlegungen der Machthaber nicht mehr als eine Manövriermasse waren, über die man beliebig verfügen konnte. Aus ebenfalls politischen Interessen heraus versuchte Moskau die Zusammensetzung der Bevölkerung in den Republiken der Sowjetunion zu durchmischen, vor allem dort, wo es kompakte Siedlungsstrukturen gab. So wurde Einwanderung von außen nach Berg Karabach gefördert. Dennoch betrug der armenische Anteil der Bevölkerung in Karabach im Jahre 1976 noch immer 77 %.

Als die Sowjetunion 1991 zerfiel, entstanden an vielen Stellen des Territoriums Nationalbewegungen, so auch im Kaukasus und in Berg Karabach. Die Region ergriff die Gelegenheit, die Fremdherrschaft abzuwerfen, sich von Aserbaidschan loszusagen und einen eigenen Staat aufzubauen. Das war übrigens nichts anderes als das, was auch die Amerikaner taten, als sie 1776 ihre Unabhängigkeitserklärung verkündeten und die englische Kolonialmacht vom Kontinent vertrieben. Oder wie auch die Niederländer 1648 die spanische Fremdherrschaft abschüttelten, worauf beide Nationen bis heute sehr stolz sind. Dennoch erkennen die Vereinten Nationen den Staat Berg Karabach nicht an und begründen es damit, dass Berg Karabach völkerrechtlich noch immer zu Aserbaidschan gehört. Dann sollte man auch konsequent sein und die USA wieder an Großbritannien angliedern und die Niederlande zu einer spanischen Provinz machen wie damals.

Um tatsächlich zu verstehen, was gegenwärtig in Berg Karabach geschieht, muss man noch einmal die Geschichte bemühen und den Fokus dabei auf ein anderes Ereignis richten. Während des Ersten Weltkrieges fand im Osten des damaligen Osmanischen Reiches eines der größten Verbrechen der Menschheit statt: Der Völkermord an den Armeniern. Etwa 1,5 Millionen Armenier wurden planmäßig und im Auftrage der jungtürkischen Regierung auf bestialische Weise umgebracht. Die Welt schaute weg, und bevor Hitler den Überfall auf die Sowjetunion und die Vernichtung der Juden organisierte, konnte er befriedigt feststellen: „Wer redet heute noch von den Armeniern!“

Bis heute hat sich die Türkei diesem Kapitel ihrer eigenen Geschichte nicht gestellt. Der Völkermord wird verdrängt, geleugnet und verfälscht. Man besuche z.B. die ostanatolische Stadt Iğdir, gelegen in einer Region, die in früheren Zeiten einmal zum Großreich Armenien gehörte und die bis zum Völkermord von 1915 einen hohen Anteil an armenischer Bevölkerung besaß – wie übrigens der gesamte Ostteil der heutigen Türkei. Dieses armenische Erbe der Türkei ist heute ausgelöscht, nicht nur physisch, sondern auch kulturell.

In Iğdir gibt es eine staatliche Gedenkstätte zum Völkermord. Allerdings lesen wir dort auf den ausgestellten Tafeln Erstaunliches, was man kaum glauben mag. Ich zitiere von einer dieser Gedenktafeln: „Die Absicht und der Zweck dieser Ausstellung ist es, eine Dokumentation des türkischen Genozids zu präsentieren, begangen von den Armeniern und unterstützt von den Westmächten und des zaristischen Russlands.“ Das ist in etwa so, als würden wir auf deutschem Boden eine Gedenkstätte errichten, in der wir dokumentieren, wie die Juden einen Völkermord an der deutschen Bevölkerung begangen haben.

Das alles muss man wissen, um sich in die Seelenlage der Armenier zu versetzen. Als es während des Bürgerkrieges 1988 in der aserbaidschanischen Küstenstadt Sumgajt zu Pogromen an den dort lebenden Armeniern kam, fühlten sich manche an die Vergangenheit erinnert. Es erklärt auch, warum sie mit so viel Nachdruck auf die Abtrennung von Aserbaidschan drängten – einfach um Schutz zu suchen und in Frieden zu leben. Natürlich wird es in der gegenwärtigen Situation nicht dazu kommen, dass Berg Karabach wieder an Aserbaidschan fällt, denn der Staat wird von Armenien unterstützt und Russland wird es nicht zulassen, dass seine strategischen Interessen in der Region gefährdet werden.

Wer in dem gegenwärtigen Konflikt den ersten Schuss abgegeben hat, wird sich im Nachhinein nicht feststellen lassen, ist für das Verständnis des Problems auch völlig unerheblich. Um den Konflikt zu verstehen, muss man der Tatsache ins Auge sehen, dass es auf Seiten der Türkei und Aserbaidschans Kriegstreiber gibt, die nur einen Anlass suchen oder einen solchen schaffen, um Armenien oder Berg Karabach zu destabilisieren, sei es, um von innenpolitischen Schwierigkeiten abzulenken oder sei es aus nationalistischen oder revanchistischen Beweggründen heraus. Was dabei besonders beunruhigend ist: Den letzten Meldungen nach ergeben sich Anzeichen, dass die Türkei und Aserbaidschan islamistische Terroristen aus den Nachbarländern dazu ermuntern oder sogar auffordern, in die Kämpfe einzugreifen. Es ist also weniger zu befürchten, dass Berg Karabach wieder an Aserbaidschan fällt, sondern eher, dass die Region zu einem Dauerkriegsgebiet wird.

Es ist zweifellos wichtig, von Seiten der EU und anderer Staaten die kriegführenden Parteien zu mäßigen und zum sofortigen Abbruch der Kampfhandlungen aufzufordern. Genauso wichtig aber ist es, den Kriegstreibern und Waffenschiebern unmissverständlich deutlich zu machen, dass hier eine rote Linie überschritten ist. Und diese sind keine Unbekannten, sondern sie haben Namen und Gesichter: Ganz vorne in der ersten Reihe steht der türkische Präsident Erdoğan. Ein alter Bekannter und Wiederholungstäter, wenn es um Hetze und das Schüren von Konflikten geht.

Wenn sich die Kampfhandlungen fortsetzen, sollte die EU gegenüber der Türkei und Aserbaidschan das ganze Spektrum politischer und wirtschaftlicher Möglichkeiten ausreizen, um die dortigen Kriegstreiber wieder zur Raison zu bringen, denn das ist häufig die einzige Sprache, die Erdoğan & Co. verstehen. Darüber hinaus wäre zu prüfen, wer sich am Internationalen Gerichtshof in Den Haag zu verantworten hat. Insgesamt gesehen ist der gegenwärtige Konflikt keine Auseinandersetzung, an der beide Kriegsparteien in etwa die gleiche Schuld tragen, sondern die Rollen zwischen Opfer und Täter sind ziemlich klar verteilt.

Die Möglichkeit, dass Berg Karabach wieder an Aserbaidschan angegliedert wird, ist, wie schon erwähnt, gegenwärtig nicht sehr wahrscheinlich. Glücklicherweise, muss man sagen, denn es ist kaum anzunehmen, dass die Russen ein weiteres Tschetschenien an ihrer Haustür wünschen. Aber man kann diesen Fall durchaus einmal gedanklich durchspielen: Was hätten die Menschen dann zu erwarten? Die Antwort: Nichts anderes als Unterdrückung, Verfolgung, ungezähltes Leid und die Zerstörung von Lebensentwürfen. In Berg Karabach und beim Nachbarn Armenien herrscht überall Armut, aber es gibt wenigstens Freiheit und Demokratie, seit der sogenannten „Samtenen Revolution“ 2018 in Eriwan sogar eine Demokratie mit Vorbildcharakter und Zuständen, von denen man in den USA gegenwärtig nur träumen kann.

Aserbaidschan hingegen ist ein Staat mit kriminellen Clanstrukturen, eine klassische „orientalische Despotie“. Seit 2003 wird dieser Staat von Ilham Alijev regiert. Wie soll man ihn nennen? Einen Diktator, einen Kleptokraten oder schlicht einen „Mafia Gangsterboss“, wie in diplomatischen US Depeschen zu lesen ist? Das „Organised Crime and Corruption Reporting Project“ kürte ihn 2012 zum „korruptesten Mann des Jahres.“ Schon für die dort lebende Bevölkerung sind die Zustände bedrückend genug, sollte Berg Karabach zwangsweise wieder an Aserbaidschan angegliedert werden, kann man sich leicht vorstellen, dass es die Armenier noch viel schlimmer treffen würde. Was wäre die Folge? Auswanderung und Flucht. Die Menschen würden nach Armenien gehen, nach Russland, vielleicht auch in der EU um Aufnahme bitten und sich in die lange Schlange derer einreihen, die bereits an die Türen klopfen. Das kann nicht im europäischen Interesse sein.

Welchen Weg sollten Deutschland, die EU und die internationale Staatengemeinschaft gehen? Wenn die kriegerischen Auseinandersetzungen andauern und Sanktionen nicht greifen, müsste eine internationale Friedenstruppe entsandt werden, um die Ordnung und Sicherheit in der Region wiederherzustellen. Das sollte rasch geschehen, bevor das aserbaidschanische oder türkische Militär dort größere Gebietsgewinne erlangt, die sie später als Faustpfand in den Händen halten oder aber sich dort islamistische Terrorgruppen dauerhaft festgesetzt haben. Die Beispiele Syrien und Irak zeigen deutlich, wohin eine solche Entwicklung führen würde. Gleichzeitig ist es notwendig, Berg Karabach völkerrechtlich als Staat anzuerkennen – was selbstverständlich auch ein Rückkehrrecht der aserbaidschanischen Flüchtlinge und Vertriebenen einschließt, die während des Bürgerkrieges in den 1990er Jahren ihre Heimat verloren haben und genauso zu den Opfern zählen. Sie sind Opfer im doppelten Sinne, denn mit ihren Schicksalen legitimieren die Kriegstreiber ihre Rhetorik und ihr Eingreifen in der Region.

Es wird für Armenier und die aserbaidschanischen Rückkehrer, die kommen möchten, nicht leicht sein, wieder Seite an Seite zusammenzuleben, dieser Teil ist in Konfliktgebieten immer der schwerste, und es wird Zeit brauchen. Nicht immer gelingt es auch, weil die Wunden zu tief sind und jeder seine eigene Erzählung von den Ereignissen hat. Dennoch muss man den Versuch unternehmen, einander zu verstehen und zu akzeptieren und auf eine Zukunft hinarbeiten, in der man Streitigkeiten auf eine friedliche Art und Weise löst und langfristig eine Zivilgesellschaft aufbaut, in der es nicht mehr auf die nationalen und kulturellen Identitäten ankommt, sondern wo nur noch der einzelne Mensch zählt. Das ist kein kompletter Neuanfang, denn trotz aller Konflikte hat es auch immer funktionierende Nachbarschaften gegeben, wo man den Nachbarn vor Verfolgung geschützt hat, ganz gleich, ob dieser Armenier oder Aserbaidschaner war. Ebenso gibt es in vielen Fällen untereinander auch verwandtschaftliche Beziehungen und vieles andere, was man teilt oder im Alltag ganz ähnlich erlebt.

Die internationale Anerkennung Berg Karabachs und die Stabilisierung der Region hätte auch den Vorteil, dass dadurch die Grundvoraussetzungen geschaffen würden, in dieser Region zu investieren. Zwar verfügen weder Armenien noch Berg Karabach über nennenswerte Bodenschätze, dafür aber über eine gut ausgebildete Bevölkerung. Im Osmanischen Reich waren die Armenier zusammen mit den Juden und Griechen die wirtschaftlich aktiven Kräfte, ohne die dieses Imperium niemals hätte existieren oder expandieren können. Noch heute sind die vielen Auslandsarmenier in den USA oder anderswo wirtschaftlich überaus erfolgreich und überdurchschnittlich oft vertreten in Wissenschaft, Kultur und den freien Berufen. Dieses Potenzial zu nutzen, könnte auch im Interesse europäischer Unternehmen sein. Aber dazu braucht es eben Sicherheit und Stabilität.

Ein wirtschaftlicher Aufschwung der Region hätte auch zur Folge, dass die bestehenden Konflikte entschärft würden, denn Arbeitsplätze, geregelte Einkommen und ein Vertrauen in die Zukunft würden nicht nur die Abwanderung stoppen, sondern dem Nationalismus auch den Boden entziehen. Aserbaidschan ist ein Beispiel dafür, wo die Milliarden aus dem Ölgeschäft im Sumpf der Korruption und Vetternwirtschaft verschwinden, Armenien und Berg Karabach aber könnten Beispiele dafür werden, wo jeder Dollar oder Euro gut angelegt ist – wenn man den Ländern nur eine Chance gibt. – Roger Zabel

 

In Karabach – Armenisch Arzach – kämpften nicht zwei Staaten miteinander, sondern eine Region um die Bewahrung ihrer Unabhängigkeit. Es handelt sich um die Unvereinbarkeit zweier Völkerrechtsgrundsätze: des nationalen Selbstbestimmungsrechts sowie des Schutzes territorialer Integrität. Aber sind die Ansprüche des erst 1918 entstandenen Staates Aserbaidschan auf Karabach historisch und völkerrechtlich gerechtfertigt?

Der Konflikt entstand nicht „erst“ vor 32 Jahren, sondern nach dem Ersten Weltkrieg, als sich die Pariser Friedenskonferenz hinsichtlich Karabachs nicht dauerhaft festlegen wollte. Die Sowjetmacht versprach zwischen Dezember 1920 und Juni 1921 zunächst Sowjetarmenien die Regionen Nachitschewan und Karabach, letzteres zu über 90 Prozent von Armeniern bevölkert. Dann schlug Moskau beide Gebiete auf Drängen der kemalistischen Türkei im Juli 1921 Aserbaidschan zu. Gerade Deutsche müssten gut verstehen, dass über Jahrzehnte bei den von Armenien abgetrennten Karabach-Armeniern einen starken Vereinigungswillen bestand, der sich in der Reformperiode 1988 in einer Massenbewegung unter der Losung „Miazum!“ („Vereinigung“) Bahn brach. Doch der Antrag des Obersten Sowjets von Berg-Karabach, aus Aserbaidschan entlassen und Armenien angegliedert zu werden, scheiterte.

Als sich im September 1991 Karabach von Aserbaidschan lossagte, reagierte dies mit dem Versuch einer militärischen Rückeroberung. Dieser unerklärte Krieg kostete 40.000 Menschen das Leben, davon 23.000 Armenier, überwiegend Zivilisten. Befriedet wurde der Konflikt nie. Seit 2012 wiederholt Aserbaidschan, unterstützt vom Erdoğan-Regime, seine Rückeroberungsversuche. Im Unterschied zur Türkei, die Nordzypern als Staat anerkannte, hat Armenien bis heute weder die Anerkennung der Republik Arzach gewagt, geschweige denn deren Anschluss. – Dr. Tessa Hofmann

 

Seit dem 27. September wütet ein schwerer Krieg zwischen Aserbaidschan und Armenien in der abtrünnigen Grenzregion Berg-Karabach, in der vor allem die Armenier ihre friedliche und vertraute Heimat gefunden haben. Die Lingua franca des Präsidenten von Aserbaidschan ist die gleiche wie die des Präsidenten unseres NATO-Partners Türkei. Die Türkei hat in der Tat eine weitere direkte Konfrontation begonnen. Übrigens ist die Türkei ein besonderes Land, das Grenzen überschreitet, und schaut, wie weit es gehen kann, wenn jemand gegen „sie“ vorgeht. Vielleicht hat Erdogan deshalb auf zwei Pferde gewettet und strategisch russische Waffen gekauft, die alle so kalkuliert sind, als ob ein Diktator nichts tun würde, weil es schwierig ist, jemanden anzugreifen, der in einer strategischen Partnerschaft steht.

Eines ist klar: Aus diesem Grund liegt niemand wirklich wach vom Krieg mit Armenien und die Armenier sind derzeit und leider auf sich allein gestellt… Es gibt viele europäische Politiker, die das Vorgehen der Türkei verurteilen, aber es sind nur Worte. Um den Streit zwischen Aserbaidschan und Armenien beizulegen, heuert die Türkei sogar „Isis“-Soldaten an, um den Armeniern eine Lektion zu erteilen. Die NATO, die USA und die EU spielen anscheinend keine Rolle mehr. Das ist klar. Die Türkei macht, was sie will. Deshalb ruft das armenische Volk jetzt die Hilfe Russlands herbei, denn alle anderen sehen zu, wie das armenische Volk massakriert wird, und sagen, dass es ihnen leid tut. Zuvor war die Türkei an dem feigen Angriff auf die Kurden in Syrien und im Irak, der Verletzung des Waffenembargos in Libyen und dem Konflikt mit Griechenland im Mittelmeer beteiligt, und jetzt ist die NATO-Nation Türkei auch in den Konflikt mit Armenien verwickelt, wo Erdogan erneut Zerstörung und Krieg führt….

Der Krieg als letztes Mittel, um sein Land zu vereinen… Das Feindbild als Waffe, um die Probleme im eigenen Land zu verschleiern, das ist leider die Arbeitsweise von Diktatoren. Die Türkei hat anfangs die Rolle des kriegstreiberischen Verbündeten Aserbaidschans übernommen. Übrigens bestätigt der französische Präsident Macron, dass die Türkei syrische Dschihadisten in die Region schickt und dass es über 10.000 wären, die von der Türkei großzügig für das Massaker an den Armeniern bezahlt würden. Stolz berichtet die Türkei auch, dass ein armenisches Kampfflugzeug aus der Luft geholt wurde. Mit dieser erneuten türkischen Feindschaft gegenüber Armenien wenden sich die Gedanken schnell dem armenischen Völkermord von vor mehr als hundert Jahren zu, den sie selbst immer noch leugnen. Es ist klar, dass die Europäische Union und die NATO die türkische und aserbaidschanische Aggression scharf verurteilen müssen, aber sie bleiben auf der Strecke.

Die Türkei wäre dann in der Lage, das Flüchtlingsabkommen der EU zu kündigen, was dazu geführt hat, dass in den letzten Jahren viel weniger Flüchtlinge nach Europa gekommen sind, was zur Folge hat, dass Europa die Menschen in Armenien völlig im Stich gelassen hat. Europa muss nun einen sofortigen Waffenstillstand fordern, tut dies aber nicht auf Ersuchen der Vereinigten Staaten, nicht einmal mit Sanktionen. Ich möchte mich dafür entschuldigen, dass ich Armenien auf diese Weise im Stich gelassen habe, aber dafür, dass ich Sanktionen gegen Russland verhängen wollte, ohne überhaupt sicher zu sein, dass Russland etwas mit der Vergiftung der Marine zu tun hat.

Ich möchte mich beim armenischen Volk für die mangelnde Entschlossenheit des Westens entschuldigen, Ihnen in diesem Konflikt zu helfen. Es ist höchste Zeit, dass die Europäische Union und die NATO die türkische Einmischung offiziell verurteilen und zum Abzug der Truppen aus Berg-Karabach und Armenien auffordern. Welche Legitimität hat Europa noch, wenn es über sein Ziel, Kriege zu vermeiden, hinausschießt? – Andy Vermaut

 


 

 

Leserbriefe zu „»Wir sind doch nicht die Aktivisten«“. Gespräch mit Florian Gless und Anna-Beeke Gretemeier geführt von Hannah Knuth und Stefan Schirmer

 

Ein gutes Interview, von zwei die ehrlich rüberkommen. Und der Vorwurf des Interessenkonfliktes ist übertrieben, wenn ein maßgeblicher Umschwung durchgesetzt werden soll, ist eine begrenzte Mitsprache dieser Bewegung sinnvoll. – Harald Rehn

 

Ich war erschrocken über die Art, wie Sie das Interview zu der Klimaausgabe des Stern geführt haben (DIE ZEIT Nr. 41, S.23). Es klingt daraus für mich eine sehr verzagte Haltung und Sie scheinen mir einen neutral bleibenden, sachlich begründeten „Kommentar- Journalismus “ fordern zu wollen und auf dem Prinzip der „neutralen Berichterstattung “ zu bestehen, dem Stern kommerzielle oder Anbiederung an die Jugend zu unterstellen. Ich halte die Vorgehensweise des stern für bewundernswert und klar. Diese Klimakrise fordert klare Positionierung und in dem Heft wird klar, dass der Stern der Fff Bewegung ein Forum in der Öffentlichkeit bietet und sie und vor allem deren Ziel ernst nimmt. Nur so, über ein etabliertes Blatt können Argumente auch in zusätzliche Gesellschaftsgruppen hörbar gemacht werden, die nicht aus dem Dunstkreis von Fff kommen. Ich finde die Vorgehensweise mutig , sie ist klar kommuniziert und ein Einzelheft!

Klarer als im Normalfall, wenn man nicht die Bedeutung der finanziellen Interessen der Blätter (Anzeigenkunden) und Haltung der Journalisten und deren Meinung zum Thema kennt. Die Redaktion des Stern positioniert sich durch die Aktion klar zu der Bewegung. Das ist nicht verwerflich sondern bringt Klarheit. Diese Klarheit sucht man als Leser. Das ist vertrauenswürdiger als ein scheinbar sachlich recherchierter Artikel, der aufgrund der Überzeugung der Journalisten auch allein durch Auswahl und Wichtung der Fakten ebenso, aber unausgesrochen Position bezieht. Es steht für mich nicht für die Souveränität der ZEIT, dass sie den Ansatz des Stern so negativ bewerten. Vielleicht ist diese Art Journalismus, der klar Position bezieht um zu verändern anpackender . Dadurch ist er auch für mich sehr attraktiv. – Dr. Sabine Rebstock

 

Endlich eine angemessene Reaktion der Medien: Das Magazin „Stern“ widmete der Klimakrise eine ganze Ausgabe: > kein Grad weiter – Die Klimakrise ist längst da< (Nr. 40 vom 24. 9. 2020) und zwar in Zusammenarbeit mit den jungen Menschen von Fridays for Future. Die Reaktionen aus der ZEIT – Redaktion, Aufzeichnungen eines Interviews von Frau Hannah Knuth und Herrn Stefan Schirmer, bezeugen glaubhaft, dass sie den Ernst der Klimakrise immer noch nicht verstanden haben oder / und neidisch sind, nicht selbst den Schritt zum effektiven Zusammenwirken mit Klimaaktivisten und / oder der Wissenschaft gewagt zu haben. – Hjalmar Thiel

 


 

 

Leserbriefe zu „»Es ist schwer, bei diesem Clown zu Wort zu kommen«“ von Kerstin Kohlenberg

 

Als Jugendlicher habe ich mich mit der Geschichte der Indianer Nordamerikas beschäftigt, als Student mit der Rolle der USA in Lateinamerika, als Erwachsener mussten wir die imperialen Kriege in Afghanistan und dem Irak erleben, und reden wir nicht von Vietnam. Mein Amerikabild ist nicht sehr rosig, die Probleme von Freunden, die als Schwarze in New York leben, haben es nicht aufgehellt. Mein Mitleid mit dem Land, das um seine vermeintliche Größe trauert, hält sich dementsprechend sehr im Rahmen. Aber dass sich die beiden Konkurrenten um das höchste Amt im Staat auf einem solchen Niveau begegnen, ohne Argumente, ohne Respekt, ohne sich an Regeln des Debattenformats noch der Höflichkeit zu halten, das haben die Amerikaner und Amerika nicht verdient. – Dieter Schöneborn

 

Die Wahl ist doch längst entschieden. Egal wie oft die Beiden sich noch streiten. Ihre Autorin bedenkt nicht, das Biden nichts anzubieten hat. Seinen Kontrahenten zu kritisieren ist zu wenig. So ähnlich wie bei der SPD, das hat am vergangenen Sonntag die Wahl in NRW gezeigt. Die sind bei der nächsten Wahl ohnehin Vergangenheit. So schnell wird die SPD nicht wieder an die Macht kommen. Und das ist alles hausgemacht. Wie konnte man nur den Vorsitz Politikern (ich wäre mich gegen die geschlechtliche Trennung) übergeben, die in NRW nicht ansatzweise eine Wahl gewinnen würden. Für die Schweizer Regierung ist Herr Borjans ein Krimineller. Für mich wird Trump ein noch besseres Ergebnis einfahren als bei der letzte Wahl. – Gunter Knauer

 

Es heißt bekanntlich, die Sprache sei das Haus des Seins, des Denkens (Heidegger) und der Schlüssel zur Welt (Humboldt). Wer dennoch mehr als dieses infantile Verbalgemetzel vor hochpolitischem Hintergrund erwartet hat, dessen konsistenter Aufmerksamkeit dürfte in den letzten vier Jahren einiges entgangen sein. Joe Biden ist gewiss kein demokratischer Supermann; auch wäre Kamala Harris nach meiner Einschätzung die geeignetere Präsidentschaftskandidatin gewesen. Gleichwohl möchte ich den „ausgeschlafenen“ Politiker egal welcher Partei sehen, der, – moderatorische Begleitversuche hin oder her – unter der Prämisse jedweder Respekt- und Prinzipienlosigkeit einem Donald Trump nur annähernd das (vergiftete) Wasser reichen kann, ohne dabei die intellektuelle Selbstachtung zu verlieren.

Die TV-Debatte war absehbar ein Schrei-Kampf ohne verbindliche Regeln; ein weiteres bedenkliches Momentum, allenfalls dazu qualifiziert, die gesellschaftlichen Spaltungen in den USA zur „besten Sendezeit“ dick zu unterstreichen. Zwei weitere dieser inhaltlich sinnlosen Debatten soll es also noch geben. Biden wird sie nicht absagen können (er wäre sodann vermutlich ein schlechter Verlierer und Feigling), Trump wird sie nicht absagen wollen (er mag bekanntlich Sandkastenspiele und die dementsprechende Gesprächskultur). Die Hoffnung auf eine hohe US-Wahlbeteiligung und eine demokratische Heilung der USA bleibt nicht nur trotz des soeben dargereichten unterirdischen Novums, sondern genau deshalb. – Matthias Bartsch

 


 

 

Leserbriefe zu „Droht eine große Pleitewelle?“ von Kolja Rudzio

 

Die Sichtweise des Autors kann ich nur bestätigen. Meine Kanzlei ist seit 21 Jahren auch im Insolvenzrecht tätig und wir vertreten dabei ausschließlich Insolvenzschuldner. Zwar ist bereits in der zurückliegenden Woche eine Zunahme der Anfragen zu verzeichnen. Diese ist aber maßvoll. Richtig und für bedenklich halte ich, daß viele kleinere Unternehmer nach wie vor den Eindruck haben, die Insolvenzantragspflicht sei bis Ende 2020 ausgesetzt. Der Unterschied zwischen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit ist kleineren Unternehmern häufig nicht geläufig. Sie haben darüber hinaus keinen Rechtsanwalt, der Sie ständig berät und der sie nun über diesen Unterschied aufklärt bzw. bei dem sie sich nach diesem Unterschied erkundigen können.

Für Geschäftsführer kleinerer Gesellschaften entsteht hier ein großes Risiko, da Insolvenzverwalter diese regelmäßig nach § 64 GmbHG persönlich in Anspruch nehmen. Hinzu kommt die persönliche Haftung für nicht gezahlte Lohn- und Umsatzsteuer, nicht gezahlte Arbeitnehmeranteile an Sozialversicherungen sowie last but not least die mögliche Strafbarkeit wegen Insolvenzverschleppung. Die Bundesregierung hätte aus meiner Sicht hier deutlicher klarmachen müssen, daß die Insolvenzantragspflicht nun eigentlich nicht mehr ausgesetzt ist und die Aussetzung nur noch in Ausnahmefällen gilt. Aus Sicht der Unternehmer ist es aber gerade andersrum, diese gehen davon aus, daß die Insolvenzantragspflicht weiter ausgesetzt ist und man nur in Ausnahmefällen Insolvenzantrag stellen muß. Aus diesem Grund und wegen des relativ stabilen Zustandes der deutschen Wirtschaft wird die Anzahl der Unternehmen, die jetzt Insolvenz anmelden, keine große Pleitewelle auslösen. Naturgemäß ist in den vergangenen Monaten ein Nachholbedarf entstanden, der mutmaßlich nun bis Ende diesen Jahres eingeholt werden wird.

Dadurch werden die Zahlen nach meiner Einschätzung in den nächsten drei Monaten ansteigen aber in der Gesamtbetrachtung des Jahres 2020 nicht deutlich über den Zahlen der Vorjahre liegen. Die stabilen Unternehmen, die die letzten Jahre genutzt haben, um Rücklagen zu bilden, haben für die kommenden Monate entweder vorgesorgt, z.B. durch die vorsorgliche Inanspruchnahme von KfW-Krediten, oder schließen einfach ihre Geschäfte für das kommende halbe Jahr. Gerade im Bereich Touristik und Gastronomie ist mir dies aus meiner Arbeit bekannt. Die Schließung ist insoweit ein adäquates Mittel, um die Unsicherheiten der kommenden Monate zu überbrücken. Leider haben sich weder die Bundes- noch die Landesregierungen oder die kommunalen Stellen durch eine berechenbare Politik in den vergangenen Monaten ausgezeichnet.

Unternehmer sind daher gut beraten, keine größeren Investitionen für die nächsten zumindest sechs Monate zu tätigen, denn niemand kann zum jetzigen Stand vorhersagen, ob sich diese Investitionen amortisieren werden oder bei sich ständig verändernden Corona-Vorschriften als Faß ohne Boden herausstellen. Diese Unternehmen werden also jetzt nicht Insolvenz anmelden sondern auf jeden Fall das nächste Jahr erreichen. Ob Sie dieses nächste Jahr überleben werden, wird dann aber stark von den politischen Entscheidungen und insbesondere von deren Planbarkeit und Verläßlichkeit abhängen. Sollte die Bundesregierung nicht in der Lage sein, im nächsten Jahr eine planbare und verlässliche Politik für die deutsche Wirtschaft vorzugeben, dann befürchte ich allerdings, daß uns die Pleitewelle im nächsten Jahr erreichen wird. – Volker v. Moers

 

Natürlich werden in Deutschland die Insolvenzen steigen. In Singapur oder den USA kennt man keine Insolvenzen. Es wird Zeit, daß solche Firmen wie die Schufa oder Creditreform in Deutschland abgeschafft werden. Das ist nicht mehr zeitgemäß und kontraproduktiv. Milliarden gehen der Wirtschaft verloren. In Singapur kümmert sich die Regierung um solche Firmen. Ähnlich ist es in Amerika. Die Banken gehen ins Risiko und arbeiten mit dem Insolvent an einem Konzept, damit er oder sie wieder auf die Beine kommen. – Gunter Knauer

 


 

 

Leserbriefe zu „Sie war die Kunst, die Kunst war sie“ von Hanno Rauterberg

 

Worum geht es im Gemälde „Selbstbildnis als Allegorie der Malerei“ von Artemisia Gentileschi: Um die Malerin? Um das Malen? Wer das Gemälde von links oben zu lesen beginnt, wird „Opfer“ einer wahrnehmungspsychologisch erstaunlich wirksamen Bildkomposition. Links oben kommt die Malerin dem suchenden Betrachter entgegen, mit einer sehr eigenständig pinselführenden rechten Hand. Weiter mit einem sezierend aufnehmenden Blick und bedrohlich entspannten Gesichtszügen. Und noch weiter durch ihr Zurückweichen nach unten rechts und die wartende, Farbpalette-haltende, ebenso eigenständige linke Hand als Basis.

Im ersten Moment noch als Subjekt wird der Betrachter schon im nächsten Moment zum Objekt, unwillkürlich, um sich dann ganz zu verlieren und einzugehen in das amorphe Nichts, in die Leere. In jene seltsam bauchige Leere, die als Negativfigur der Malerin entsteht. Die Malerin, einziges Objekt des Bildes, wird bei diesem Vorgang des Aufnehmens ganz zum Subjekt, die die Welt objektiviert, sichtbar macht: Alles, und daher nichts. Unendliche Möglichkeit. Um Artemisia Gentileschi geht es nicht. – Reinhard Koine

 

Ihren Artikel in der aktuellen Ausgabe DER ZEIT auf Seite 6 über Ihre Recherchen zum Einigungsvertrag habe ich mit Interesse gelesen. Sie drangen auf der Suche nach dem Originalvertrag vor bis ins Archiv des Auswärtigen Amtes und fanden dort in der grauen DDR-Kiste noch eine rote Kiste, über die Sie lachen mußten. Auf dieser prangten nämlich „Hammer, Sichel und Ährenkranz“. Zweifellos mußten Sie als in der DDR Geborene darüber lachen, daß eine Sichel abgebildet war, denn Sie wußten es von ehedem doch besser, daß da nämlich ein Zirkel hingehörte… Auch wenn es nur ein Schreibfehler sein sollte, ein hübsches Bonmot wäre es zweifellos! – Dr. Peter Rieper

 


 

 

Leserbriefe zu „Und es war doch schön“ von Thomas Kerstan

 

Unsere Schulen sind besser als ihr Ruf. Aber sie brauchen Hilfe, um heutige Schüler*innen besser zu fördern: Maximal 16 Schüler*innen pro Klasse, immer eine weitere pädagogische Fachkraft (etwa eine Erzieherin) im Klassenraum, Richtmaße von 5 statt 2 qm pro Schüler*in, jeden Tag zwei Stunden Sport oder ein herausforderndes Outdoor-Angebot, viel mehr Schulsozialarbeiter*innen und Schulpsycholog*inn*en… Investieren wir jetzt in unsere Kids und unsere Zukunft! – Dr. Ansgar M. Cordie

 

Thomas Kerstans Feststellungen sprechen mir, Abi-Jahrgan 56, aus der Seele. Als oberfauler Schüler hatte ich viel Freizeit, die ich als Sportbegeisteter in Timmendorfer Strand an der Ostsee gut zu nutzen wusste: Bolzen, Baden, Biken, Biertrinken. Im Kino wurde jeder Film angeschaut (Wechsel Montag und Freitag). Es gab keinen NC, ein 3er-Abitur reichte für fast jede Ausbildung. Irgendwie muss ich im Unterricht trotz mangelnden Interesses an den meisten Fächern, außer Englisch (AFN, BFN), Musik (Klarinette) und Sport (einzige 1 im Abi-Zeugnis) un- oder unterbewusst so viel Wissen aufgesaugt haben, dass ich heute z. B. Geflüchteten aus Syrien und Afghanistan die deutsche Grammatik beibringen kann; mit Hilfe von vor 65 Jahren „gelernten“ Regeln und Eselsbrücken. (Dabei habe ich meinen Lebensunterhalt als Kaufmann verdient.)

Während ich mir immer bewusst war, dass ich eine sehr schöne Schulzeit hatte (anfangs auf Gartenstühlen in den Räumen ehemaliger Hotels, in der 1947 aus einem Lehrgang enstandenen Staatl. Oberschule Timmendorfer Strand), ist es mir erst Jahre später aufgegangen, was für großartige, engagierte Lehrer wir hatten (bis auf zwei). Meine Dankbarkeit ist grenzenlos. Trotz vieler real bestehender Mängel – das Klagen über Lehrer und Schulen findet heutzutage auf einem sehr hohen Niveau statt. Da ich in unserer Famile etwa 20 Lehrer in vier Generationen, mit verschiedenen Lehrfächern und unterschiedlichen Schularten aufzählen kann, weiß ich, wovon ich rede. Herrn Kerstan sei Dank gesagt für seinen Beitrag, der einiges zurechtrückt. – Sven Herfurth

 


 

 

Leserbriefe zu „Die Schiene der Zukunft quietscht nicht mehr: Der Fortschrittsbericht“ von Burkhard Straßmann

 

Vielen Dank für den Artikel „Die Schiene der Zukunft quietscht nicht mehr“, der den Hauptvorteil des Schienenverkehrs herausstreicht: Die geringe Reibung zwischen Rad und Schiene. Was Sie über den Schlupf von kurveninnerem und kurvenäußerem Rad beim Schienenverkehr schreiben, ist dagegen im Fall des Eisenbahnverkehrs nicht richtig. Da die Laufflächen der Räder konisch sind, drehen sich auch in der Kurve beide Räder ohne Schlupf mit der gleichen Drehzahl, sie „lenken“ damit auch das Schienenfahrzeug in die Richtung des Schienenverlaufs. Das bogenäußere Rad stellt sich auf einen passenden größeren Radius ein, gleichzeitig das bogeninnere Rad auf einen kleineren Radius.

Schlupf tritt nur in sehr engen Kurven auf, z.B. in Weichen mit kleinem Radius oder bei Straßenbahnen, nur dort quietscht es. Bei Straßenbahnen hat man längst Einzelrad-Laufwerke, die Niederflurbahnen ermöglichen und auch das Kurvenquietschen wenigstens teilweise vermeiden. Allerdings fallen diese Fahrzeuge im Geradeauslauf durch eine „rumpelige“ Fahrweise auf, die wohl Folge der Einzelräder ist. Im Eisenbahnverkehr hat auch die Firma Talgo seit vielen Jahrzehnten Züge mit Einzelrädern gebaut, die in einigen Ländern auf der Welt im Einsatz sind, u.a. auch im Hochgeschwindigkeitsverkehr in Spanien und Saudi-Arabien, sich aber andererseits nicht wirklich gegen die klassische Konstruktion von Eisenbahnfahrzeugen (feste Achsen, selbsttätige „Lenkung“ mit konischen Rädern) mit durchgesetzt haben.

Was am Fahrwerk des „Next Generation Train“ wirklich neu sein soll, ist kritisch zu hinterfragen. Etwas, das bei jedem Eisenbahnfahrzeug seit 1835 mit konischen Rädern ohne Computersteuerung bestens funktioniert, durch Computersteuerung zu ersetzen, ist an sich noch kein Wert. Weniger Verschleiß ist jedenfalls nicht unbedingt ein Vorteil der existierenden Systeme mit Einzelrädern, eher im Gegenteil: Die Niederflurstraßenbahnen haben eine deutlich geringere Lebensdauer der Radreifen im Vergleich zu klassischen Eisenbahn-Laufwerken, aber den Vorteil des bequemen und auch für mobilitätseingeschränkte Fahrgäste einfachen Einstiegs. – Hans Leister

 

Ich schlage vor die Rubrik in „Technik für Geisteswissenschaftler“ umzubenennen. Dem Techniker stellt es nämlich die Haare auf, wie Sie die Begriffe verwenden. Im ersten Absatz schreiben Sie , dass der Reibwertvon Asphalt zu Gummi zehnmal so groß ist wie von Stahl zu Stahl. Sie meinen aber den Rollwiederstand. Dieser hat Einfluss auf den Energieverbrauch. Der Reibwert hat Einfluss auf die übertragbare Antriebs bzw. Bremskraft. Im vorletzten Absatz Schreiben Sie, dass der Motor so gesteuert wird, dass kein Schlupfauftritt. Das ist die perfekte Lösung für den Klimaschutz, denn ohne Schlupf kann man bei einem Radantrieb keine Kraft übertragen, verbraucht also bei stehendem Zug keine Energie. Der Nachteil ist natürlich, dass man nicht vorwärts kommt. Sie meinen den Schlupf der durch den unterschiedlichen Weg den die beiden Räder in einer Kurve zurücklegen. – Helmut Huber

 


 

 

Leserbriefe zu „Nagel im Herz“ von Alard von Kittlitz

 

Ihre kurzweilige Geschichte über den Nagel im Herz und übertriebene Rrücksichtsname hat mir gefallen und mich zum Nachdenken veranlasst: Sie müssen nicht in die Ferne schweifen, etwa nach Japan, um Folgen unerwünschter Rücksichtnahme oder Hilfsbereitschaft zu beobachten, etwa wenn in einer Münchner Straßenbahn einem stehenden älteren Herrn ein Sitzplatz angeboten wird, er aber – fast unwillig- entgegnet: “Seh ich den wirklich schon so alt aus?” oder wenn die Oma unbedingt dem Enkel beim anständigen Essen helfen will, der aber meint: “Das kann ich doch alleine!” In beiden Fällen fühlt sich der Adressat der allzu guten Absicht bevormundet, die geschilderte japanische Höflichkeit wäre dann durchaus ein Vorbild. Im Süden unserer Republik sind die Leute in dieser Hinsicht oft empfindlich, soweit ich Hamburger kenne, auch im schönen Norden. – Prof. Dr. med. Walter Dorsch

 

Wer verantwortet “Nagel im Herz” ? Ich vermute, nicht der Verfasser, sondern jemand vom Ressort ENTDECKEN. Aber wer auch immer: Schande über Sie! Kann man bei der ZEIT nicht mehr Deutsch??? – Thelma von Freymann

 


 

 

Leserbriefe zu „Ausgerechnet die Chinesen!“ von Stefan Schmitt

 

Um das Feindbild „ China“ zu füttern und um eine journalistische Pointe zu setzen, wird China oft – auch in diesem Beitrag – in einem Ländervergleich als Weltmeister im O2 Ausstoß diskreditiert. Tatsächlich aber sind die pro Kopf CO2-Emissionen der USA mit ca. 16 Tonnen doppelt so hoch und selbst die Deutschen verursachen mit ca 9 Tonnen pro Jahr durchschnittlich mehr Kohlendioxid als die Bürger der VR. Die größten Umweltsünder sind die kleinen arabischen Golfstaate und die Vereinigten Arabische Emirate. Die CO2 Emission neben dem Exportaufkommen in erster Linie am Menschen. Somit war die chinesische Einkindpolitik ein früher, einzigartiger Beitrag zum Umweltschutz. Da müssen wir uns noch was Besseres, möglichst nicht so Brutales, überlegen. – Uwe-Carsten Edeler

 

Dieser Artikel auf der ersten Seite der Zeit hat mich verärgert und verstört weil er exemplarisch die aktuellen Probleme der publizistischen Meinungsbildung in sich vereint. Von einer Qualitätspublikation muss – zumal auf der ersten Seite – mehr erwartet werden. Dass dieser Anspruch nicht nur mit diesem Artikel – hier nur besonders klar – immer wieder verfehlt wird, ist für mich das Verstörende.

Es beginnt mit der Überschrift “Ausgerechnet die Chinesen!“, die für mein Gefühl schon ein negatives Vorurteil gegenüber diesem absolutistischen Staat kommuniziert. Die ersten beiden Absätze sind als Einleitung o.k; im dritten Absatz ist mir dann jedoch die Kinnlade nach unten gefallen: “…fragwürdige Ausgleichsmaßnahmen – wie Biosprit, …“ ist als Vorwurf von einem deutschen Autor ohne den kleinsten Hinweis darauf, dass Deutschland und die EU – wenn vielleicht nicht die Erfinder, habe ich jetzt nicht recherchiert – so doch zumindest große Verfechter genau dieser extrem schädlichen Ausgleichsmaßnahme sind, wirklich sehr dreist. Die von der energetischen Verwendung von Landwirtschaftsprodukten getriebene Flächenkonkurrenz ist es zu einem nicht unwesentlichen Teil, die die Urwälder rund um den Globus in Flammen aufgehen lässt.

Ich kann Ihnen hier auch den Hinweis nicht ersparen, dass es genau diese ideologiegetriebene Doppelmoral ist, die den unsäglichen und immer von den Falschen erhobenen Vorwurf der Lügenpresse zumindest im Osten des Landes mit seinem geschärften Blick auf ideologiegetriebene Wahrheitsfindung am Leben hält. Im letzten Absatz kommt der Autor selbst zu der Erkenntnis, dass es China durchaus sehr ernst sein könnte mit der Klimaneutralität. Das wäre das Thema für die Kolumne gewesen: Warum nimmt die EU China hier nicht beim Wort und stimmt ein gemeinsames Vorgehen ab, dem sich dann niemand auf der Welt auf Dauer widersetzten könnte. – Dr. Frank Scholze

 


 

 

Leserbriefe zu „Es schwelt“ von Paul Middelhoff

 

Es gilt die Behauptung von einer Stammwählerschaft der AFD generaliter zu akzeptieren, weil die Dummheit ein in jeder menschlichen Gemeinschaft anzutreffendes Merkmal ist und dieses Merkmal sich in einem konstanten Verhältnis gleichmäßig verteilt. Das Gute daran ist, dass die Anzahl dummer Menschen nicht unendlich sein kann, da die Anzahl lebender Menschen endlich ist. – Jürgen Dressler

 

Wie schön, wenn die Zeit mir, als junger Frau, Perspektiven aufzeigt. Dank des Satzes „Referenten und Sekretärinnen“ weiß ich, wo meine Rolle in der Gesellschaft ist. Denn was können Frauen* sonst sein außer Sekretärinnen? Politikerinnen auf jeden Fall nicht, denn die sind ja alle „Polizisten, Lehrer und Professoren“. Die Zeit versucht Missstände aufzuzeigen. Doch warum scheitern Sie in fast allen Artikeln daran, Frauen*zu integrieren? Sexismus ist ein ziemlich großer Missstand, der unter anderem durch nicht gendergerechte Sprache weiter aufrecht erhalten wird. Wieso wundern Sie sich eigentlich dann, dass nur 31% der Bundestagsabgeordneten Frauen* sind, aber so viele Sekretärinnen? – Emma Grünmüller

 


 

 

Leserbriefe zu „Wie hoch ist der Preis für die Einigkeit der EU?“ von Caterina Lobenstein

 

Sie schreiben in Ihrer Spalte, dass 2018 „rund 140.000“ und „2020 bislang 58.000“ Asylsuchende nach Europa gekommen seien. Die Bundeszentrale für politische Bildung veröffentlich Zahlen, die besagen, dass 2018 allein in Deutschland 161.931 Menschen Asylantrag gestellt haben. Und 2020 (Stand 24. August) bisher 64.790. Haben die sich verzählt? Gehört Deutschland nicht mehr zur EU? Oder stellen tatsächlich mehr Menschen in Deutschland Antrag auf Asyl als überhaupt in die EU gelangt sind? – Hans List

 

Der o.a. Artikel auf derselben Seite mit dem Interview mit der ungarischen Justizministerin, hat die unterschiedlichen Sichtweisen der europäischen Asylpolitik anschaulich dargelegt. Die Einigung auf eine gemeinsame EU-Asylpolitik ist nicht in Sicht (ist diese überhaupt Ziel?) – es wird also auf eine „Koalition der Willigen“ hinauslaufen und halbherzige Sanktionen werden die „Unwilligen“ nicht umstimmen. Europa nimmt in der Flüchtlingsfrage die Rolle eines Wasserschlosses ein (umgeben von Wasser) und wird und wird mit steigendem Migrationsdruck den Grenzschutz verstärken sowie die Asylprüfung beschleunigen (MitwirkungsPFLICHT der Antragsteller, z.B. Ausweise!) und/oder in die Herkunftsländer sowie angrenzende Nicht-EU-Staaten ausgelagert.

Bisher wurden die Mittelmeeranrainer-Staaten mit Dublin II weitgehend alleine gelassen (nicht zu einladende Bilder transportieren), von der annähernden Schließung der Balkanroute (= Schlossbrücke s.o.) profitierten insbesondere die Hauptzielländer der Migranten. Da fällt uns Deutschen die humanitäre Geste leicht, einige unbegleitete Jugendliche aufzunehmen (bad cop, good cop). Irritiert hat mich, dass z.B. 2018 noch rund 140.000 Asylsuchende in die EU gekommen sein sollen. In ihrer Zeitung (Ausgabe 39?) und nach eigener Recherche war 2019 von 676.300 Asylanträgen in der EU die Rede, von denen 38 % erstinstanzlich anerkannt wurden. Was für einen Status haben die übrigen 62 % = 420.000 Asylbewerber? Wie hoch ist die Anzahl der illegalen Migranten – die keinen Asylantrag stellen – in der EU pro Jahr? – M. Linder

 


 

 

Leserbriefe zu „»Wir rollen nicht stoisch weiter«“. Gespräch mit Ronald Pofalla geführt von Claas Tatje

 

Ich saß in niederrheinischer Gemeinsamkeit einmal bei einer Rede von Merkel neben Profalla und kann nur bestätigen, das Foto von ihm lügt nicht. – Jürgen Dressler

 

Herr Pofalla kündigt in seinem Interview eine gigantische Investitionssumme von 170 Mrd € für die Bahn an. Soweit, so gut; im weiteren Verlauf erfährt der Leser auch das Zauberwort, mit dem alle Probleme aus der Welt geschafft werden sollen: „Die Digitalisierungführt uns in ein neues Eisenbahnzeitalter.“ Doch wie, so möchte ich einwerfen, steht es eigentlich mit der Elektrifizierung der Bahn? Die Deutsche Umwelthilfe wies kürzlich darauf hin, dass Deutschland verglichen mit seinen Nachbarländern hier das Schlusslicht darstellt; sogar in Polen ist die Ausstattung der Schienen mit Oberleitungen weiter fortgeschritten als bei uns. Dies deutet auf gravierende Planungsfehler in der Vergangenheit hin; das im Koalitionsvertrag festgesetzte Ausbauziel von 70% der Strecke bis zum Jahre 2025 ist ein Armutszeugnis. Vielleicht zeigt sich hier auch das erfolgreiche Arbeiten der Transport-Lobby?

So muss ein aus Basel in der Schweiz (100% elektrifiziert) kommender Güterzug auf der Strecke nach Ulm an der deutschen Grenze stoppen: Die nächsten 50 km sind frei von Oberleitungen! Also muss vor der Weiterfahrt die starke und schnellere E-Lok gegen eine veraltete Diesellok ausgetauscht werden. Kein Wunder, dass Waren überwiegend auf LKW umgeladen werden. Angesichts der angestrebten CO2-Reduktionen besonders im Transportwesen geht an einer beschleunigten Elektrifizierung aller Bahnstrecken kein Weg vorbei; hier sind die eine oder andere Investitionsmilliarde sehr gut aufgehoben. – Dirk Krämer

 


 

 

Leserbriefe zu „Woran die Corona-App krankt“ von Jens Tönnesmann

 

Eine Krankheitsursache liegt in der Hürde Google oder Apple. Wer hier kein Konto ( aus Datenschutzgründen ) hat kann die App nicht herunterladen. – H. Hatting

 

Den wichtigsten Punkt haben Sie vergessen: Die App kann auf älteren Smartphones nicht installiert werden. In meinem Bekanntenkreis, unter älteren, auch gesundheitlich, weniger datenschutzmässig besorgten Bürgern findet sich kaum jemand, der die App installieren könnte, obwohl es gewünscht wäre. Vielleicht sollte die Regierung den Erwerb eines neuen Gerätes subventionieren? Übrigens eine Gelegenheit, die Handyproduktion in Deutschland wieder zu reaktivieren, Siemens hatte das mal … – Dr. Michael Zieger

 


 

 

Leserbrief zu „Bequem auf dem Katastrophenstuhl“ von Antonia Baum

 

Ihre Kolumne habe ich erst so nebenbei überflogen, aber dann…! Der Humor Ihrer Kunstfigur ist einfach göttlich, man möchte sie kennenlernen. – Sie als Autorin sollten ihr unbedingt einen Roman widmen. – Gottfried Julius

 


 

 

Leserbrief zu „Peru, fromm und frei“ von Michael Allmaier

 

Michael Allmaier schreibt, er sei erstmals lachend aus einer Kirche gekommen, weil er eine lustige Abendmahlsszene sah. Ich kam traurig aus dieser Kirche in Cusco, denn der Künstler , welcher die Szene mit Meerschweinchen und Maisbier malte , wurde von den Spaniern gevierteilt! (sehr lustig? ) – Tillmann Zeller

 


 

 

Leserbrief zu „Intensivstation Kanzleramt“ von Mariam Lau

 

Natürlich wissen Sie, daß die Basis der Pandemiepolitik der Regierung ein nicht validierter, zur Diagnostik von Krankheit ungeeigneter Drosten-PCR-Test ist, eine Mogelpackung also, die demnächst (Sie haben ja Amerikanistik studiert) in Form einer „Class action“ in USA auf den Prüfstand kommt. Herrn Braun wird man dafür allerdings bestimmt nicht zur Verantwortung ziehen. – Fritz Junghans

 


 

 

Leserbrief zur Infografik „Zählen!“ von Pia Bublies (Infografik) und Tin Fischer (Recherche)

 

Wie werden Besucherzahlen von Volksfesten ermittelt? Alljährlich verkündet der Ministerpräsident Schleswig-Holsteins, niemals hinterfragt, in Medien aller Art, man erwarte 3,5 Millionen Besucher zur Kieler Woche. Mit Schwankungen sind das 300.000 bis 1.000.000 Menschen pro Tag, an acht aufeinander folgenden Tagen. Angesichts der Größe Kiels und der Kapazität seiner Zufahrtswege wären bereits 5 – 10% davon, eine kaum zu bewältigende Menschenmenge. Wo liegt mein Denkfehler? Ich wäre ihnen sehr dankbar, wenn sie mir da auf die Sprünge helfen könnten. – Kai Sievers

 


 

 

Leserbrief zu „Steuertipps vom Präsidenten“ von Mark Schieritz

 

Steuertipps vom Präsidenten der USA brauchen wir doch nicht. Ihr Autor Mark Schieritz hat doch bestimmt auch einen Steuerberater, der ihn die Geheimnisse vorführen kann. Wenn er mehr als 25% p.a. seines Einkommens an Steuern zahlt, dann sollte er den Steuerberater wechseln. Es gibt außerdem Firmen die Milliarden verdienen und überhaupt keine Steuern zahlen. Das ist alles möglich. Und zwar ganz legal. Die Spenden lieber für eine gute Sache, die dann gegengerechnet werden kann. Alles legal. – Gunter Knauer

 


 

 

Leserbrief zu „Höckmayrs Zorn“ von Niclas Seydack

 

Robert Höckmayrs Zorn über die Fehlleistung des Generalbundesanwalts und die mangelnde Menschlichkeit staatlicher Institutionen ist gerechtfertigt. Selbst der Opferfonds in Höhe von 1,2 Millionen Euro, mit dem angeblich „der Opfer des Oktoberfest Attentats angemessen gedacht” wird, ist lächerlich niedrig, wenn man bedenkt dass sich diese Summe auf weniger als 200 noch lebende Opfer verteilt, mithin etwas mehr als €6.000 pro Opfer für 40 Jahre Leiden und Verlust von Familienangehörigen. Ist denn wirklich keiner auf die Idee gekommen, von jeden Wies’n Besucher eine Spende im Gegenwert von nur einer (einer!) Maß Bier zu erbitten und die so erhaltene Spendensumme an die Opfer zu verteilen??? Da wären pro Jahr bei etwa sechs Millionen Besuchern und den erklecklichen Maßpreisen viel höhere Entschädigungen pro Opfer herausgekommen, selbst wenn nur jeder 10. Besucher der Spendenbitte entsprochen hätte (für das Jahr 2019 zum Beispiel über €36.000 pro Opfer). Das hätte zwar nichts geändert an dem Verlust von Geschwistern und lebenslangem Leiden, wie Herr Robert Höckmayr treffend sagt, aber es hätte das Überleben der Opfer wenigstens etwas erleichtert. – Dr Dietrich Schwela

 


 

 

Leserbrief zu „Ohne Geld ins nächste Semester“ von Malte Born und Maren Jensen

 

Die finanzielle Situation von vielen Studierenden ist durch den Wegfall von Minijobs in der Coronakrise noch schwieriger geworden. Gleichzeitig wird in derselben Ausgabe wie auch bereits in vorangegangenen Artikeln auf die massiven Benachteiligungen von Kindern und Jugendlichen eingegangen, die durch die Schulschließungen nicht durch bildungsaffine und betuchte Eltern ersatzbeschult werden konnten. Diese beiden Sachverhalte kann man doch auch zusammen denken: Den Studierenden sollten von den Bildungsministerien Teilzeitjobs angeboten werden, um benachteiligten Kindern unter die Arme zu greifen. Dann benötigten die Studierenden keine Kredite und den Kindern wäre geholfen. – Dr. Ingrid Jung

 


 

 

Leserbrief zu „Oder war es doch ein bisschen anders?“ von Matthias Kirsch und Marcel Laskus

 

Was wollen Sie mit diesem Beitrag bezwecken? Egal ob 1 Angesteckter oder 10 !! Die Frau hätte daheim bleiben müssen. Es war einfach nur Glück!!! Für mich stellt sich ihr Beitrag wie ein Freifahrschein dar!!! Sie unterstützen damit die Meinung aller Coronaleugner!! – S. Wohlfromm

 


 

 

Leserbrief zu „Der Asi hinten rechts“ von Francesco Giammarco

 

Schade, verehrter Francesco Giammarco – da hatten Sie so viel Platz für ein Porträt über Oliver Masucci, aber kein Sterbenswörtchen dazu, wie ausgerechnet so einer zum Film gekommen ist. – Ulrich Georg

 


 

 

Leserbrief zu „Libanon: Premier gesucht. Warum ist das Land unregierbar?“ von Lea Frehse

 

Sie schreiben über die korrupten Machthaber des Libanon. „Ihre eigenen Vermögen haben sie längst außer Landes geschafft“. Ich würde mir eine Fortsetzung des Artikels wünschen: Wo ist all das Geld? In den zahlreichen Steueroasen der EU? Wo stehen die Häuser der Machthaber? In Paris oder London oder sonstigen attraktiven europäischen Städten? Wird das Vermögen der Machthaber also auch in der EU verwaltet? Oder sind unsere Systeme so intransparent, dass wir diese Fragen gar nicht beantworten können? Der Libanon steht hier pars pro toto. Wir müssen uns grundsätzlich entscheiden, ob wir korrupt erworbenen Gelder weiterhin in unsere Systeme hineinfließen lassen wollen oder nicht. Wenn wir es abstellen, wäre das wohl die beste und wirksamste Form der Entwicklungshilfe. – Dr. Christian Voll

 


 

 

Leserbrief zu „Dahin, wo es wehtut“ von Katja Nicodemus

 

Vielen Dank für diesen gelungenen Text. Er eignet sich zum Lautlesen. Währenddessen habe ich mehrmals an Sebald denken müssen. Der Maler Hänsli würde in einen seiner Romane gepasst haben. Hat er nicht Ähnlichkeit mit dem Butterfly Man? Dass sie mit dem Schlussgedanken zur Melancholie diese Verbindung bestätigen, war dann noch eine weitere Freude der Wiedererkennung. – Peter Dahlhaus

 


 

 

Leserbriefezur Deutschlandkarte „KÜHE IN ELTERNZEIT“ von Matthias Stolz im ZEIT Magazin

 

Ich muss Ihnen schreiben, weil mich der erste Satz empört hat: „Kühe müssen schwanger werden, damit sie Milch geben.“ Zuerst dachte ich an die Städter, die Kühe nur aus dem Fernsehen kennen. Aber dieser Satz steht hier offensichtlich nicht wegen Ahnungslosigkeit, sondern aus Nachlässigkeit, wie mir scheint. Würde der Satz für sich allein stehen, wäre klar, dass er falsch ist, denn keine Kuh auf der Welt gibt Milch, weil sie trächtig ist. (Ich finde das Wort „schwanger“ für ein Tier nicht angebracht) Eine Kuh muss ein Kalb zur Welt bringen, damit sie Milch geben kann. Der Satz ist also in seiner Logik falsch. Freilich müssen Kühe auch trächtig werden, damit sie Milch geben, weil das die Voraussetzung dafür ist, ein Kalb zu bekommen.

Aber die Trächtigkeit ist nicht die Ursache für die Fähigkeit, Milch zu geben. Abgesehen davon führt auch nicht jede Trächtigkeit zu einer Geburt. Von meinem Wissensstand und nach meiner Auffassung ist also dieser erste Satz ein denkbar schlechter Anfang. Ich lasse mich gerne eines Besseren belehren, falls ich falsch liegen sollte. Ansonsten bitte ich um mehr Sorgfalt bei den Formulierungen. Die Sprache und das Denken bedingen einander und wer ungenau formuliert, kann nur ungenau denken. – Andreas Matt

 

Meine Gratulation zu dieser Idee und der Karte dazu! Bedauerlicherweise gibt’s im „Milchland“ Niedersachsen kaum solche Höfe, Wie die Dichte am Bodensee zeigt, ist ja wohl die Verbraucherinformation der Schlüssel für Änderungen. So gesehen ist Ihr Beitrag schon mal ein sehr guter Schritt. Ich freue mich deshalb schon, demnächst sehen zu können, wo keine männlichen Küken geschreddert werden, wo Kühe keine 365 Tage im Stall stehen müssen und importiertes Kraftfutter zu fressen bekommen und wo sich Hühner im Freien mit genug Platz aufhalten dürfen. Letzeres gilt hin und wieder auch die sonst armen Schweine – aber die Zahl dieser Höfe ist vermutlich so gering, dass sie die Deutschlandkarte nicht annäherend werden füllen können. – Jürgen Schmidt

 

Vielen Dank für das Thema dieser Deutschlandkarte. Halb Deutschland spricht über Fleisch, aber die Produktion von Milch ist mindestens genauso relevant beim Thema „Tierwohl“. Anbei 2 Bilder von einer Sorte Milch, die ich hier (Dachau, Bayern) im Bioladen kaufe. Sie schrieben: „Ein Siegel fehlt noch.“ Ich würde den Deckel mit dem Kuh/Kalb-Logo schon als eine Art Siegel betrachten. – Ruth E. Göttler

 

Jeden Donnerstag blättere ich zuerst das neue Zeitmagazin durch. Letzte Woche machte mich die Deutschlandkarte sofort neugierig, vor allem wegen des wunderschönen Titels“Kühe in Elternzeit“. Mein Entsetzen ließ nicht lange auf sich warten. Nur 78 Bauernhöfe in ganz Deutschland, bei denen ein Kalb die Nähe seiner Mutter über eine längere Zeit genießen darf!! Sollte es nicht das Normalste auf der Welt sein, dass sich eine Mutter nach der anstrengenden Geburt um ihren Nachwuchs kümmern darf????? Das ist doch eine Schande!!! Was bedeutet uns noch ein Nutztier?? Immer steht nur der Profit für den Menschen im Vordergrund, das natürliche Leben und die Bedürfnisse des Tieres spielt kaum eine Rolle. Ein großer Dank an den Autor Matthias Stolz, dass er sich dieser Misere angenommen hat und die Superspreaderin Frau Knösel erwähnt. Es bleibt nur zu hoffen, dass sich noch viele Bauern der Idee dieser Bäuerin anschliessen.Ich drücke ihr fest die Daumen und wünsche ihr viel Kraft. – Susanne Weyrich

 

Die Deutschlandkarte im neuen Zeit-Magazin gefällt mir super! Schön zu sehen, dass es noch Betriebe gibt, die Kälber nicht nur als Mittel zum Zweck für die Milch Produktion sehen. Mein Bruder hält auf seinem Betrieb Ammenkühe, dort werden die von der Mutter getrennten Kälber von Ammenkühen groß gezogen und verbringen ihr Leben im Sommer auf der Weide und im Winter zusammen mit den Kühen im Stall! Vielleicht eine Idee für eine kuhle follow up story! – Otto Weyhausen-Brinkmann

 

Mit Freuden habe ich gesehen , dass mein Hof und auch unser GmbH „De Ökomelkburen“ auf ihrer Karte abgebildet sind. Inzwischen liefern 5 Höfe in unsere Marke, bei der die muttergebundene Kälberaufzucht Pflicht ist. Wir haben dazu ein eigenes Logo entwickelt. Hans Möller, Lentföhrden, Familie Dwinger, Schmalfeld , Elisabethheim, Havetoft, Hof Löstrup, Löstrup , Achim Bock, Lutzhorn – Achim Bock

 


 

 

Leserbriefe zu „Über Pop-Feminismus, ein blutiges Musikvideo, brutale Märchen und gleiches Recht für alle“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

 

Martenstein ist Kult! Immer schräg, komisch, lustig, bissig, scharfzüngig, wunderbar, kurz: Weiter so! Jede Woche aufs Neue. Und dann bleibt nur noch die Frage: Wie geht’s dem Pilz? – Edna Blunk

 

Der Gegensatz von Herr ist Dame. Deshalb nicht Gewaltverherrlichung und Gewaltverfraulichung, sondern Gewaltverdämlichung. – Alfons Raith

 

Ich bin seit nunmehr fast 40 Jahren Abonnent der Zeit und damit natürlich auch des Zeitmagazins. Ein besonderes Highlight – so gut, dass ich Zitate hieraus auch in meinen Vorlesungen verwende – ist für mich immer wieder die Kolumne von Herrn Martenstein, so dass es bei mir am Donnerstagnachmittag nach dem Ende der Vorlesungen ein klassisches Ritual gibt: Nach Hause kommen, einen guten Milchkaffee machen mit viel braunem Zucker darin und einem guten Stück Schokolade dazu und dann erst einmal in aller Ruhe Martenstein lesen. Das klappt jede Woche hervorragend, wofür ich mich explizit bei Herrn Martenstein an dieser Stelle bedanken möchte.

Es gibt ja bekanntlicher Weise kaum etwas, was man nicht toppen könnte, in dem Fall kann das aber Herr Martenstein nur selber tun, und das ist ihm in dieser Woche gelungen: „Über Pop-Feminismus…“ ist ja der glatte Oberhammer! Seit den 80er Jahren beobachte ich einen Teil der weiblichen Pop- und Rockszene mit demselben Misstrauen, dass ich auch männlichen Bands wie z. B. „Guns-n-Roses“ angedeihen lasse, indem ich mich bei dem Hören von deren Musikstücken immer wieder vergeblich frage: Was für eine Geschichte wollen die mir denn erzählen? Das ging los mit Nina Hagen, ging weiter über Nena, über Madonna bis hin zu Lady Gaga, die in einem Interview vor nicht allzu langer Zeit sinngemäß von sich behauptet hat, sie sei die Frucht eines Sternennebels und deswegen eine so herausragende Künstlerin!?! Ich würde mal behaupten, Sie könnte genauso gut eine Ausgeburt eines im Verschwinden begriffenen, schwarzen Loches sein, so viele Gedankenspuren hinterlässt nämlich ihre Musik – und insbesondere auch ihre Texte – bei mir.

Gleiches gilt genau so auch für einige männliche Vertreter der Pop- und Rockszene, ich denke da insbesondere an „Maxwell jump“ von Van Halen, das von einigen Hörern gehyped wurde, weil die der Meinung waren, es gehe hier um einen Maxwell, der etwas Besonderes getan habe und nun vor Freude in die Luft springen möchte. Leider geht es aber – ganz im Gegenteil – um einen Maxwell, der auf dem Dach eines New Yorker Hochhauses steht und sich gerade Gedanken macht, ob er springen sollte, weil er mit seinem eigenen Lebensentwurf nicht mehr klarkommt. Gleiches scheint auch für die in dem o.a. Artikel von Herrn Martenstein vorgestellte „Künstlerin“ zu gelten, nur dass die nicht springt, sondern Rache nimmt.

Ich habe Rockmusik immer so verstanden, dass sie einem etwas darüber erzählt, wie man Leben auch dann zum Funktionieren bringt, wenn es mal etwas komplizierter wird. Es gibt ein paar Leute, die das können. Erst letzthin hat das wieder eine All-Time-Favourite-Band von mir unter Beweis gestellt: „Deep Purple“. Ihr neues Album „Woossch“ – hier insbesondere der Titel: „Nothing at all“ – ist von einer handwerklichen und textlichen Qualität, von der andere Bands nur träumen können. Im Orgel- und im Gitarrenteil hört man Bach’sche Fugenqualitäten, und im Liedtext hört man ein paar Fragestellungen zu einer ausgeglichenen Gelassenheit, die es braucht, um erfolgreich durch das Leben zu kommen. Wie schon Bach sagte: „Musik ohne Basso Continuo ist nur teuflisches Geplärre.“ Ob es da ein Zufall ist, dass der Leadsänger Ian Gillan vor ziemlich genau 50 Jahren in dem Musical „Jesus Christ Superstar“ den Titel: „Gethsemane“ gesungen hat, in dem die Sinnfrage des Lebens gestellt wird?

Tja, wahrscheinlich sollten wir uns – nicht nur, was den Musikgenuss angeht – in Zukunft mal wieder mehr auf jenen Teil der Künstler*Innen konzentrieren, die nicht nur die Selbstdarstellung beherrschen, sondern auch das zugrundeliegende Handwerk. Gibt es da etwa Parallelen zur Bankenwelt und zur Politik? Ich fand es jedenfalls Klasse, wie Sie – Herr Martenstein – das in diesem Artikel auf den Punkt gebracht haben: Der Kaffee hat so gut geschmeckt wie schon lange nicht mehr, und auch die Schokolade hatte etwas ganz Besonderes… Bitte weiter so! – Werner Schurawitzki

 

Halten Sie es tatsächlich noch für zeitgemäß (Ha! Ein Wortwitz), Männer wie Harald Martenstein über Feminismus schreiben zu lassen? Der Artikel „Über Pop-Feminismus, ein blutiges Musikvideo, brutale Märchen und gleiches Recht für alle“ aus Ausgabe No. 41 des Zeit Magazins bekommt von mir den Hauptpreis in der Kategorie „Alte, weiße, heterosexuelle, deutsche Cis-Männer kritisieren ein Thema, das ihnen Angst macht“. Ich könnte mich jetzt lange darüber aufregen, wie blöd ich alles finde und darüber, dass die Welt sowieso total unfair ist, stattdessen werde ich es machen, wie in der Schule nach einem Referat: ein bisschen konstruktive Kritik nach der Sandwich Methode (Erst etwas Positives, dann den negativen Teil inklusive Verbesserungsvorschlägen und zuletzt wieder etwas Positives).

1. Ich ziehe meinen Hut davor, dass erwägt wurde, einen Artikel über den Feminismus der Gen Z verfassen zu lassen. 2.Meiner bescheidenen Meinung nach hätte den Text vermutlich selbst der Godfather Of Patriarchy himself, Donald J. Trump, besser verfassen können, dann hätte man wenigstens was zu lachen gehabt. 3. Bitte stellen Sie doch das nächste Mal sicher, dass der/die Verfasser*in die tatsächliche Definition eines Begriffs kennt. Beim (Pop-)Feminismus geht es in erster Linie um Gleichberechtigung und nicht darum, den eigenen Exfreund zu ermorden. 4. Das Argument „Meine feministische Freundin…“ als Rechtfertigungsgrund zu nutzen, ist mindestens genauso ekelerregend, wie ein Rassist, der „auch nicht-deutsche Freunde“ hat. 5. Nur einseitige Meinungen in einem Text vorzubringen, führt in der Schule zu der Anmerkung „Differenzierung Minus“. Es wurde zwar Rap-Musik als Gegenpol benannt, aber wirklich ausgeführt wurde die Kontroverse nicht. Während manche Rapper nämlich den Sexismus, der in ihren Texten und Videos zum Ausdruck gebracht wird, tatsächlich leben (siehe Farid Bang oder Bonez MC), ist mir kein Fall bekannt, in dem eine „Pop-Feministin“ ihren ehemaligen Partner ermordet hat.

6. Der fiktive Mord aus dem Video ist genauso wenig eine Aufforderung, den eigenen Ex umzubringen, wie „Fuck the Police“ zum Beischlaf auffordert oder „Eat the Rich“ zum Kannibalismus. Politische Botschaften sollen provozieren und da ist Übertreibung manchmal das einfachste Mittel. Diesen Fakt zu berücksichtigen, hilft. 7.Vielleicht wäre es ratsam, eine*n Autor*in zu Wort kommen zu lassen, der/die etwas weniger vorbelastet ist. Wenn der erste Eintrag in einer Suchmaschine davon handelt, dass der Autor Genderstudies als ideologisch geprägte Antiwissenschaft bezeichnet hat und bereits mehrfach für derartige Vorfälle scharf kritisiert worden ist, sollte man sich fragen, ob so ein Artikel tatsächlich veröffentlicht werden sollte. Eine politisch-neutrale Person wird man vermutlich nicht finden, aber irgendjemanden, der/die weniger kontrovers diskutiert wird, gibt es bei der Zeit bestimmt. 8. Ich mochte die Illustration. Ganz großes Tennis. Ich würde mich freuen, wenn die Kritik berücksichtigt wird und hoffe, ich bin niemandem auf den Schlips getreten. – Mia Aurora Terner

 

Gut beobachte und analysiert! Ich liebe Sie dafür! Genau dass brauchen wir um weiter zu kommen! „Aber an Fortschritt Glaube ich sowieso nicht mehr?“ Gehts noch??? Was ist in Sie gefahren? Sollen unsere Söhne die gleichen verbohrten Kriecher, Schlappschwänze und Kneifer werden, die sich von jedem dahergelaufenen hirnlosen Brüllaffen das Leben vorschreiben lassen wie unsere Väter und wir? Sollen unser Töchter mit dem gleichen Primat der Gewalt und Angst aufwachsen und sich in die gleiche Tretmühle und Unterwerfung begeben wie unsere Mütter? Wenn Sie sich schon aufgeben, ums so besser wenn die jungen Mädchen uns alten weißen Männern mal Feuer machen. Nicht weinen und als Lehrer-der-Nation mahnend-depressiv vom Leder ziehen wenn es dann nicht gleich perfekt ist oder in ein anderes Fettnäpfchen getreten wird. Machen Sie den Mädchen und Jungen Mut, dass nur angstfrei, verspielt und liebevoll ein freieres, glücklicheres Leben in die Bude kommt.

Sehen Sie: S.Z. Magazin Was würden Frauen tun, wenn es einen Tag lang keine Männer gäbe https://www.jetzt.de/gender/gedankenexperiment-24-stunden-ohne-maenner-oder-frauenhttps://www.instagram.com/btgasi/Fluter vom Heft Nr. 76, S12-13, Ich und mein Kleid, https://www.fluter.de/heft76Sollen wir mal zusammen mit Herrn von Laffert, zu dritt im Kleid mal Einen drauf machen? „Gewalt und Mitgefühl“ von Robert Sapolsky auf S. 382ff, Kapitel, „Rousseau“ mit Schwanz lesen und dran arbeiten dass wir alle glücklicher werden. Auf unsere Kinder! – Klaus Siersch

 


 

 

Leserbrief zu „DAS SCHREITENDE MEETING“ von Tillmann Prüfer im ZEIT Magazin

 

Mit Begeisterung habe ich Ihren Beitrag im aktuellen Zeitmagazin zum schreitenden Meeting gelesen. Mit dem Phänomen der durch Bewegung veränderten kortikalen Erregung und der dadurch veränderten kognitiven Leistungsfähigkeit und auch der Konnektivität zu Kreativität beschäftigen wir uns seit vielen Jahren. Und zwar durch alle Altersstufen hindurch. Schulische Leistung, berufliche Leistung (u.a. betreuen wir die europäischen Astronauten), bis hin zur Demenzprophylaxe. Jedoch ist dieses Phänomen nicht, wie im Allgemeinwissen verankert und von Ihnen entsprechend rezipiert, nicht auf eine veränderte / verbesserte Durchblutung des ZNS zurückzuführen. Wenn dem so wäre, einfaches Beispiel, müsste Schulunterricht im Liegen erfolgen (Ihre Töchter würden dies sicherlich begrüßen), da dann die Durchblutung des Gehirns noch viel besser ist. Falls Sie Interesse haben etwas tiefer in die Thematik einzudringen und hier vielleicht einmal Licht in die Finsternis des laienhaften Allgemeinwissens zu bringen, stehe ich gerne für ein Gespräch zur Verfügung. Vielleicht hilft dieser Vortrag (ab Min 4.) Ihnen aber auch schon: https://www.linkedin.com/pulse/w%25C3%25A4re-jesus-dement-geworden-stefan-schneider/?trackingId=b4uD4UvEEqYUR4kG8LBSgQ%3D%3DProf. Dr. Dr. Stefan Schneider

 


 

 

Leserbrief zu „FRIEDRICH UND DAS LEBEN“ von Florian Jaenicke im ZEIT Magazin

 

Vielen Dank für die Kolumne „Friedrich und das Leben“. Ohne diese Kolumne ist das überbordende Angebot an Werbung Nur schwer zu ertragen. Sie bricht wunderbar den überbordenden Materialismus unserer werbenden, konsumierenden und leistenden Welt. Sie zeigt die Zerbrechlichkeit unseres Daseins, unser Unvermögen im Materialismus wirkliche Befreiung, Glück, Erfüllung und Geborgenheit zu finden. Friedrich und seine Eltern leben das, was unser aller Leben reicher macht: Sorge, Liebe und Zuneigung füreinander. Sie machen Hoffnung auf eine friedlichere, freiere und humanere Welt für uns. Ganz nach R. Sapolskiy´s Rousseau mit Schwanz Beobachtung. – Klaus Siersch

 


 

 

Leserbrief zu „ALLES ANDERS“ von Johannes Dudziak et al. im ZEIT Magazin

 

Ist das Ihr Ernst??? Unter dem Titel „Alles anders“ berichten sieben AutorInnen über Wohnen und Arbeiten von morgen. So weit, so gut. Bei den Bildunterschriften frage ich mich aber, ob ich einen Möbel-/Design-Katalog in den Händen halte! Und nicht das ZEIT-Magazin. Mir standen die Haare zu Berge!!! Ich habe mich fürchterlich geärgert über diese unerträgliche Vermischung von Redaktion und Werbung. Das ist dreistes Produkt-Placement – ohne Warnhinweis. In jedem Anzeigenblättel sind solche Vermischungen von Redaktion und Anzeigen als „PR-Anzeige“ gekennzeichnet! Das ist der „Zeit“ und ihrem Gründer, Gerd Bucerius, den ich im Aufbaustudium Journalismus vor vielen Jahren in Stuttgart-Hohenheim persönlich erleben durfte, nicht würdig! Ihre Vermischung von Redaktion und Anzeigen tritt das nach dem 2. Weltkrieg mit Bedacht eingesetzte und mehr als bewährte deutsche Presserecht nach angelsächsischem Vorbild mit seiner STRIKTEN Trennung von Redaktion und Anzeigen, mit den Füßen.

Damit liefern Sie allen „Lügenpresse“-Schreiern eine Steilvorlage. Gratuliere! Und das aus dem Schoß der guten alten „Zeit“. Was haben Sie sich eigentlich dabei gedacht? Oder – fällt mir grade ein – gibt es diese Designer-Möbel aus den Bildunterschriften gar nicht?? Und die Anzeigen im gleichen Magazin (oder auch einer späteren Ausgabe…) haben gar nichts mit ausgerechnet den von der Redaktion (!) erwähnten Stücken zu tun? Das habe ich nichtrecherchiert – und ich will es auch nicht. Soviel ironische Distanz muten Sie Ihren Lesern sicher nicht zu. Geht’s der Zeit und dem Magazin wirklich so schlecht, dass man zu solchen Mehtoden greifen muss? Presserecht hin? – nein: her!! Kleine Beschwerde beim Presserat gefällig? – Christiane Stoll

 


 

 

Leserbrief zu „Für immer jung“ von Wolfgang Bauer im ZEIT Magazin

 

Ihr Beitrag über das Wiedererblühen der Silene gibt leider ein verzerrtes bzw. falsches Bild der realen Tatsachen wieder, das offensichtlich auf unzureichenden Recherchen beruht. Dass diese Eiszeit-Silene nach Wien kam, ist nämlich einzig der Initiative des Künstlers Christian Kosmas Mayer zu verdanken. Er beschäftigt sich schon seit 2012 mit dieser ihn faszinierenden Pflanze und fasste 2018 den Plan, diese als lebende Objekte Teil seiner Ausstellung Aeviternityin unserem Museum werden zu lassen. Um diesen Wunsch in die Tat umzusetzen kontaktierte er Prof. Margit Laimer und bat sie um Hilfe bei der Kontaktaufnahme mit den russischen Wissenschaftlern in Poshchino. Die weitere Kommunikation und Überzeugungsarbeit, die notwendig war um die Pflanzen erstmals aus Russland herauszubekommen, wurde größtenteils vom Künstler geleistet.

Die Organisation des Transports und die Abwicklung der schwierigen Zollfragen übernahm meine Kollegin aus dem Museum. Prof. Laimer erklärte sich bereit die Betreuung der Pflanzen während der Ausstellung zu übernehmen, wofür ihr Labor vom Budget der Ausstellung bezahlt wurde. Die Pflanzen waren dann gleich nach ihrer Ankunft von Februar bis Juni 2019 als Teil von Mayer‘s Rauminstallation in unserem Museum zu Gast. Auch daran, dass die Pflanzen nach der Ausstellung überhaupt in Wien bleiben durften, war der Künstler maßgeblich beteiligt. Laut Vertrag zwischen unserem Museum und der Russischen Akademie der Wissenschaften hätten sie nach der Ausstellung alle wieder nach Pushchino zurückmüssen. Die Initiative zur weiteren Zusammenarbeit zwischen Prof. Laimer und Prof. Fesenko in Poshchino (den sie auch nicht erwähnen, obwohl er der Wissenschaftler ist, der sich seit vielen Jahren mit diesen Silene beschäftigt) kam ebenfalls vom Künstler, in der Hoffnung, die Silene in Wien behalten zu können. Der Vorschlag wurde von Frau Laimer und ihm gemeinsam an Herr Fesenko kommuniziert, der sich dann offen dafür zeigte.

Offensichtlich wurden sie nicht entsprechend über diese Pfanzengenese informiert und haben es auch verabsäumt, in bereits darüber existierenden Medienberichten diese Fakten nachzulesen. Es wäre – im Sinne wissenschaftlicher Seriösität – nur fair, Ihren Leser_innen diese Tatsachen nicht vorzuenthalten. Dass Sie all dies nicht erwähnen, ist vor allem auch deshalb mehr als schade, da es ein tolles Beispiel dafür ist wie Kunst und Wissenschaft sich ergänzen und gegenseitig neu inspirieren und bereichern können. Frau Laimer wäre ohne das künstlerische Interesse von Christian Kosmas Mayer nie mit diesen Pflanzen in Berührung gekommen, woraus nun wieder eine neue wissenschaftliche Forschung angeregt wurde, die zu noch unbekannten Ergebnissen führen wird.

Des Weiteren möchten wir Sie auf eine grobe Unwahrheit in Ihrem Artikel hinweisen. So steht auf der Titelseite, dass es Wiener Wissenschaftlern gelungen sei, eine Pflanze aus eiszeitlichen Samen wachsen zu lassen. Dies ist allerdings schon vor bald 10 Jahren der mittlerweile verstorbenen Prof. Svetlana Yashina gelungen, die sie völlig verschweigen, obwohl ihre Leistung doch die eigentlich bedeutsame war. Prof. Laimer bekam die völlig entwickelten Silene in-vitro in ihr Labor und hat sie seitdem bestens versorgt und vermehrt, mit Samen aus der Eiszeit hatte sie aber nie irgendetwas zu tun. – Dr. Rainer Fuchs

 


 

 

Leserbriefe zu „So schön sorgenfrei“ von August Modersohn in der Regionalausgabe ZEIT IM OSTEN

 

Ich habe mich sehr über den Artikel eines „Wessis im Osten“ gefreut! Dennoch möchte ich dazu Stellung nehmen. Ich selbst bin 26 Jahre alt und in Bochum geboren. Ich war für mein Masterstudium für 1,5 Jahre in Magdeburg. Ich hatte dort eine lehrreiche und tolle Zeit an die ich gern zurück denke (2017 bis 2019). Nun zum Artikel: Der Autor beschreibt, dass er in Dresden das erste mal damit konfrontiert wurde, dass er ein Wessi sei, so erging es mir auch in Magdeburg. Ich kann auch bestätigen, dass einige Westdeute Bekannte dies doof kommentierten „Oh du armer gehst nach Ostdeutschland“ als nur ein Beispiel. Dies war allerdings die Ausnahme! Allerdings empfinde ich die genannten Klischees des Autors als groben Unsinn.

Dieses Gehabe man hätte im „Osten so viel Freiheit“ zeugt für mich einfach von einer unreife, die mit 21 (oder 20?) Jahren des Autors zur Ankunft auch gerechtfertigt ist. Dieses Gefühl haben meiner Erfahrung nach aber auch junge Studenten die irgendwo nach Westdeutschland ziehen. Einfach weil man die Eltern verlassen hat und auf den eigenen Beinen steht. Im allgemeinen halte ich die damalige Unwissenheit des Autors bezüglich Treuhand und Pfefferminzschnaps eher für junge Naivität als schlimmes Unwissen. Das Desinteresse seiner Westdeutschen Bekannten kann ich rein garnicht bestätigen und muss hier mit Nachdruck protestieren. Auch die Schlussfolgerung, dass wir „Westdeutschen“ aufhören sollten zu Glauben, dass West und Ost kein Thema mehr sind, empfinde ich als Unsinn. Wir sind ein Land und die meisten Menschen die ich in ganz Deutschland getroffen habe empfinden auch so. Sowohl das Gehalt, als auch die Quote in Führungspositionen wird sich mit der „Nachwende Generation“ auswachsen. Wir sind derzeit einfach zu Jung um solche Positionen flächendeckend einzunehmen. – Daniel Korte

 

Als „Wessi-Mover“ (siehe Leit-Artikel ‚Zeit im Osten‘, No. 41), der vor 15 Jahren aus seiner Heimat Frankfurt am Main in seine jetzige Wahlheimat Magdeburg gezogen ist, habe ich mich sehr über die ausführliche und inspirierende Widmung zum 30. Jahrestag der Wiedervereinigung in der aktuellen ZEIT gefreut. Die 30 ‚Wessis‘, 12 Frauen und 18 Männer, welche sich als „gute Einheitsdeutsche“ verdient gemacht haben, feier ich allesamt sehr für ihre gesellschaftlichen und individuellen Leistungen. Mit großer Neugierde habe ich auf die kommende Seite geblättert, wo ich mich nun gespannt auf die 30 ‚Ossis‘ gefreut habe, welche die ZEIT wohl ausgesucht haben mag….

Etwas konsterniert habe ich noch eine Seite weitergeblättert, um schließlich enttäuscht und überrascht festzustellen: die 30 ‚Ossis‘ haben sie ‚vergessen‘…. Huch?! Was ist da los? Ist es die Meinung der ZEIT, dass die Wiedervereinigung vornehmlich ein Werk westdeutscher Einheitsdeutscher ist? Was ist denn mit all den Ostdeutschen, wie Angela Merkel, Joachim Gauck, Sabine Bergmann-Pohl oder auch Jana Hensel und mit vielen weiteren ostdeutschen EinheitsdemokratInnen? Bevor ich nun mutmaßend und unterstellend darüber urteile, was die Gründe für diesen offensichtlichen Fauxpas, einer der, aus meiner Sicht, offensten und klarsten Zeitungs-Redaktionen zu diesem Thema in Deutschland sein mögen, möchte ich Gelegenheit für eine Antwort geben. – Dr. Max Happel

 

Vielen Dank für diese überragende journalistische Leistung. Alle Artikel die ich gelesen habe waren so ausgewogen wie noch nie. Als liberaler Unternehmer habe ich häufig die einseitige Bevorzugung des Grün/Linken Denkraums kritisiert. Im Sinne von Karl Popper wurde in dieser Ausgabe abgewogen, differenziert betrachtet, bestehendes Denken hinterfragt und alle Meinungen unvoreingenommen stehen gelassen. Mündige Leser wünschen genau das. Vielen Dank. – Peter Knappmann

 

Mit Bezug auf Ihre Berichterstattung über den Tag der Deutschen Einheit würde ich mich über die Veröffentlichung meines nachfolgenden Polidichtes (Politik/Gedicht) sehr freuen. Historischer Glücksfall Auch wenn nach großen Fortschritten immer noch einiges zu tun ist, Deutsche Einheit, Du ein Glücksfall der Geschichte doch gewesen bist. Als ein Volk der Deutschen sind wir Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität verpflichtet, unser aller Denken und Handeln sich danach immer richtet. – Dr. Jens Brökelschen

 


 

 

Leserbriefe zu „Ein Rotkäppchen auf die Einheit“ von Valerie Schönian in der Regionalausgabe ZEIT IM OSTEN

 

Als ich heute die aktuelle Ausgabe erhielt, freute ich mich zunächst, weil ich mal wieder Geschichte und Recht & Unrecht zu lesen bekomme, was mir sonst immer verwehrt wird, denn ich wohne im Osten. Über das Extra Zeit im Osten bin ich aber verwundert, verärgert, enttäuscht. Na gut, Ossis sollen sich ja dankbarer zeigen, so will ich hiermit meine Dankbarkeit bezeugen für ein ganzes Buch mehr mit fünf Seiten Inhalt. Doch wieso ist das – trotz des Titels?! – nur für den östlichen Landesteil? Ist es aus Ihrer Sicht nur dessen Thema, nur dessen Aufgabe, nur dort von Interesse? Aus meiner Sicht ist es ein gesamtdeutsches Thema. Oder war das Papierkontingent erschöpft? (Scherz) Die Ergebnisse der Befragung sind äußerst interessant, soll das Geheimwissen für die Ossis (und Digitalabonnenten) bleiben? Ich wusste/ahnte einiges davon schon. „So schön sorgenfrei“ ist ein toller Artikel, ist solche Reflexion Wessis nicht zumutbar?

In dem Zusammenhang sei noch angemerkt, dass mich doch ziemlich wundert, wenn es im Zusammenhang mit der Vereinigung eigentlich immer nur um das Gebiet der damaligen DDR und seine Menschen und die (politischen, rechtlichen und sozialen) Folgen und die Folgejahre geht. Würde Augenhöhe nicht bedeuten, wir schauen genauso auch auf die Bonner Republik und deren Menschen, Folgen und Folgejahre im Hinblick auf die deutsche Einheit? Ich verstehe nicht, warum Sie sich offenbar scheuen, Wessis ostdeutsche Themen zuzumuten. Mir wird doch auch z.B. Fassbinder zugemutet, mit dem ich cineastisch nicht sozialisiert wurde und mit dem ich nichts anfangen kann. Ich nehme wahr, dass gelegentlich Artikel, die früher in Zeit im Osten versenkt worden wären, in den allgemeinen Teil gelangen. Das soll bitte endlich normal werden. Bitte beenden Sie die Extrabehandlung durch eigene Zeit im Osten-Seiten und platzieren ostdeutsche Themen ebenbürtig im passenden Ressort. Dann kann ich endlich die meist sehr interessant klingenden Themen Geschichte und Recht & Unrecht auf Papier lesen. Einen Digitalzugang möchte ich nicht, ich verbringe genug Zeit am Bildschirm. – Gitte Blücher

 

30 Jahre „DDR“-Ende Die Freunde von Demokratie und Freiheit werden es per se tun. Doch auch die Gleichgültigen, sowie die ewigen Sozialismus- und Kommunismusträumer und deren Nachkommen, und erst recht Generation Greta in ihrem öko-sozialistischen Wahn mögen am 3. Oktober 2020 einmal versuchen darüber nachzudenken, daß Demokratie, Kapitalismus und individuelle Freiheit allen Menschen dieser Erde die bessere Lebensform bieten. Wer dies einzusehen zu borniert oder zu dumm ist, der reflektiere die aktuelle Corona-Krise. Die ihr geschuldeten Drangsalierungen, Mängel und Mühsalen sind nur ein kleiner Vorgeschmack davon, was uns blühen würde, käme die als Ökobewegung getarnte obrigkeitliche sozialistisch-kommunistische Planwirtschaft. Mit der hatten u.a. nur Die Linke, weil auf der privilegierten Apparatschickseite lebend, und leider auch Angela Merkel keine Probleme. Letztere hat übrigens den Mauerfall vom 9. November 1989 in ihrer „DDR“-Sauna verschlafen. Käme 2020 rot-rot-grün an die Macht, droht uns die „DDR“ Nr. 2. – Karl Kremer

 

Es kommt nicht sehr plausibel rüber, wenn ein Schriftsteller, der es nach der Wende erkennbar auf die Sonnenseite des Lebens geschafft hat, sich in seiner Mahnung vor der Wiedervereinigung bestätigt sieht. Ohne Wiedervereinigung würde er heute nicht in einer Altbauwohnung in Charlottenburg unter solch gutbürgerlichen Verhältnissen leben, die selbst für viele Wessis unerreichbar oder nicht bezahlbar sind. – Martin Kirchner