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7. Januar 2021 – Ausgabe 2

 

Leserbriefe zu „Eine Ampulle Normalität“ von Harro Albrecht et al.

 

Die große nationale Debatte, ob Corona-Impfpflicht, ja oder nein, lautet zunächst: jein! Entscheidet man sich aus politischer Zurückhaltung für nein (was in unserem Land hochwahrscheinlich ist), werden sich viele Menschen zunächst nicht schutzimpfen lassen wollen. Diese Gruppe muss dann aber auch die Folgen ihrer Entscheidung tragen, wie Verzicht auf (Auslands-)Reisen, Restaurantbesuche, Geschäfte usw. Da diese frei gewählte “Diskriminierung” auf Dauer als Belastung empfunden wird, werden sich viele für eine Nach-Impfung entscheiden. Genau dies würde aber eine Verlängerung der ganzen Impfaktion herbeiführen, obwohl von Niemandem gewollt.

Also spricht (fast) alles für die Einführung einer Corona-Impfpflicht, die ja auch aufgrund der aktuellen Lage zeitlich befristet gelten könnte. In ganz vielen Ländern gibt es längst die allgemeine Impfpflicht, so dass bei einer entgegenstehenden DE-Insellösung mit teuren Langzeitfolgen zu rechnen wäre, auch im Hinblick auf die weltweit angestrebte Ausrottung des Virus. Da im Positivfalle Herdenimmunität erreichbar ist, wären auch medizinisch bedingte Impfausfälle abgedeckt. – Gerhard Otte

 

Der Start der Impfung gegen Corona mag seine Probleme haben. Es ist nicht alles super gelaufen, aber nutzen sie die Chance der Impfung. Dass nach so kurzer Zeit ein Impfstoff zur Verfügung steht ist ein Wunder und wir sollten darüber froh sein. Impfen sollte man die Hausärzte und sie sollten die Patienten impfen , denn sie sind für den Großteil der Menschen Vorbild. Mich fragen wöchentlich Dutzende Patienten, ob ich mich impfen lassen würde? Wenn ich mich impfen lassen würde, würden sie sich auch impfen lassen – und das am liebsten von mir. Die Impfskeptiker überzeugt man durch sein Vorbild. Hausärzte sind hierbei die Vervielfältiger, die ohne viele Worte überzeugen. Nicht die Institution macht’s – der Mensch macht’s! – Dr. Peter Buckenmaier

 

Sicherlich war es richtig, eine europäische Lösung bei der ursprünglichen Impfstoffbeschaffung im vergangenen Jahr zu vereinbaren. Doch als bereits absehbar war, welche Firmen als Erste in der Lage waren eine notwendige Zulassung zu bekommen, da hätte man auch auf nationaler Ebene sofort nachbestellen bzw. zukaufen können. Sowohl die Leopoldina als auch die entsprechenden Firmen haben die Impfstrategie der Bundesregierung mit Unverständnis quittiert. Nun haben wir die Misere, denn es werden nun noch viele Menschen sterben und die Wirtschaft wird sich so schnell nicht wieder erholen, weil wir sicherlich erst 2022 zu einer gewissen Normalität zurückkehren werden und uns bis dahin von einem Lockdown zum anderen hangeln werden. Das ist ein Versagen auf ganzer Linie! – Thomas Henschke

 

Ich finde Ihre Zeitung wunderbar! Vielen Dank für ihre Arbeit:) Jedoch ist Ihnen im Artikel „Eine Ampulle Normalität“ meiner Meinung nach ein grober Fehler unterlaufen… Der Satz, die Masern seien ungleich weniger bedrohlich für eine Gesellschaft, als Corona, ist in meinen Augen völlig falsch! Ich würde mich freuen, wenn Sie dazu in der nächsten Ausgabe eine Berichtigung/Stellungsnahme veröffentlichen.. – Moritz Zeeh

 

Der Beitrag auf Seite 4 „Eine Ampulle Normalität“ löste bei mir kein großes Zittern aus, eher Respekt für die Betrachtungsweise der Impfmaßnahmen aus verschiedenen Perspektiven. Bei den beiden Seiten davor mit der Überschrift „Wenn jede Hilfe zu spät kommt“ und den „wichtigen dramatischen Bildern“ zitterte ich schon eher – aus Furcht vor der Verdammnis und dem Ärger des Chefs des Krematoriums. Der würde mich gern an die „Front“ schicken, ohne Schutzmaske, lese ich. Ich gehöre nämlich zu den Menschen, „die sich immer noch nichts aus der Pandemie machen“, bei denen „die Menschlichkeit hinten runterfällt“, weil ich sage, dass die Alten eben sterben sollen. Ja, sage ich. Ich bin selber 70.

Meine Tante ist 96 und hat schon manchen Tag zu Gott gebetet, sterben zu können. Klar übertrage ich meine Einstellung zu Leben und Tod nicht auf andere Menschen. Wer gerne leben will, soll dies können, egal, wie alt. Aber in Ihrer Zeitung würde ich auch mal gern Meinungen von alten Menschen lesen, die nicht auf Kosten von vielen anderen Menschen ihr Leben verlängern wollen. Und bei Kosten denke ich nicht in erster Linie an Geld, sondern an glückliche Beziehungen. Beziehungen zwischen den Menschen, die durch aktionistische Kontaktbeschränkungen gestört werden, die verhängt werden, ohne die betroffenen Teile der Gesellschaft ausreichend befragt zu haben. Klar, wir leben in einer repräsentativen Demokratie, wo nicht jeder befragt werden kann.

Aber ich fühle mich zur Zeit nicht repräsentiert, und ich glaube, so geht es einigen, auch wenn die veröffentlichten Ergebnisse von Umfragen etwas anderes glauben machen wollen. Wie das halt so ist bei Umfragen: Was ich frage und was nicht, bestimmt schon zur Hälfte die Antwort. Warum lese ich bei Ihnen, im ZEIT-Magazin zur aktuellen Ausgabe, seitenlang, wie jemand zur Verschwörungsideologin wird, aber nicht, was Philosophen zu den Konfliktthemen Leben, Tod, Beziehungen in kontaktbeschränkten Corona-Zeiten denken? Ich würde mich freuen, in der ZEIT, statt Kriegsrhetorik à la Krematorium einen virtuellen runden Tisch zu finden, der Politiker, Virologen, Philosophen, Mediziner, Ethiker zu Worte kommen und Gedanken zu den Konfliktthemen austauschen lässt? Es sollten wohl mindestens 2 von jeder Zunft sein, Antipoden möglichst, um die Debatte interessant zu machen.

Vielleicht sind meine Fragen obsolet, weil Sie die Themen Ihrer Ansicht nach ausreichend debattiert haben bzw. haben debattieren lassen. Dann lassen Sie es mich, bitte, wissen bzw. lassen Sie mir die entsprechende(n) Ausgaben zukommen. Ich erinnere mich an ein Interview mit Sloterdijk während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020. Aber sonst wüsste ich nicht. Hat sich z.B. Richard David Precht mal dazu geäußert? – Giorgio Zankl

 

Zu den Artikeln „Eine Ampulle Normalität“ und „Vortritt für Geimpfte.“ Vielen Dank für die beiden Artikel. Wie dort beschrieben, ist es juristisch klar, dass die jetzigen Einschränkungen für Geimpfte zurückgenommen werden müssen. Es handelt sich also mitnichten um einen Vortritt oder eine sonstige Vorzugsbehandlung für Geimpfte. Ich bin der Meinung, wer sich gegen Corona impfen lässt, tut dies um sich und unsere Gesellschaft zu schützen (Stichwort Herdenimmunität). Wer sich nicht gegen Corona impfen lässt (ohne dagegen sprechende medizinische Indikation), nimmt sein Recht in Anspruch seine persönlichen Vorteile (Angst vor dem Impfen, generelle Impfgegnerschaft) höher zu bewerten als gesellschaftliche Vorteile (Herdenimmunität, Rückkehr zur Normalität).

Ein Unternehmer (Gastronom, Kinobetreiber, Friseur, etc.), der sich entscheidet nur geimpfte Kunden zu bedienen, nimmt genauso sein Recht in Anspruch, seine persönlichen Vorteile (keine Kosten für Hygieneauflagen, mehr Kunden auf gleichem Raum) höher zu bewerten, als die gesellschaftlichen Vorteile (Gleichbehandlung von Geimpften und Ungeimpften). Deshalb finde ich es ungerecht und unfair, wenn Ungeimpfte einfordern, dass für Geimpfte die gleichen Einschränkungen bestehen soll, wie für Ungeimpfte. Das Thema ist sicher jetzt noch nicht so aktuell, aber wenn die unter 60 jährigen geimpft werden können und im Herbst 2021 möglicherweise eine 3. Welle kommt (weil z.B. nicht genügend Menschen geimpft sind), droht ein erneuter Lockdown. Sollen dann wirklich wieder Kinos, Sportstudios, Restaurants, etc. geschlossen werden, obwohl (hoffentlich) zumindest die Hälfte unserer Gesellschaft geimpft ist und normal weiter leben könnte und damit viele Unternehmen die Chance hätten wenigstens diesen Teil der Kunden zu bedienen?

Menschen, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können, haben in diesem Fall individuelles Pech, wie so viele andere Kranke (z.B. Allergiker), die aufgrund ihrer Krankheit von vielem ausgeschlossen sind oder wie besonders grosse / kleine / schwergewichtige Menschen, die ebenfalls Einschränkungen im täglichen Leben hinnehmen müssen. Das lässt sich nicht per Gesetz regeln. – Torsten Liermann

 

Als langjähriger Leser der ZEIT finde ich darin immer wieder Beiträge, die mir neue Erkenntnisse vermitteln. Leider ist das bei diesem Beitrag nicht so. An Stelle einer sachlichen Debatte werden ohne viele Betrachtungen im Zusammenhang mit der Pandemie in den Raum gestellt. Aus meiner Sicht verkennen Sie hier die Wirklichkeit. Sie erwähnen das vage und unbestimmte „Versprechen“ (?) der Bundesregierung „Wenn der Impfstoff da ist, ist das Ende der Krise in Sicht“. Das ist aus meiner Sicht die Fortsetzung der verbreitet diffus geführten Diskussion dort, wo eine sachliche Debatte weiter führt. Die menschliche Vernunft sagt jedem Betrachter, dass mit dem „Dasein“ eines Impfstoffes noch kein Ende der Epidemie bestimmbar ist. Es gibt noch keine Erfahrung über eine anhaltende Schutzwirkung der Impfung.

Wenn „die Diskussion die Grundfesten der Demokratie“ thematisiert und die Frage gestellt wird, wie solidarisch kann eine Gesellschaft sein, dann geht diese Frage m. E. an den wirklich anstehenden Problemen vorbei. Das Gesundheitswesen läuft Gefahr, bei Fortsetzung des gegenwärtigen Infektionsgeschehens seinen Aufgaben nicht mehr gewachsen zu sein. Das ist wohl nicht der Zeitpunkt, nach dem „gesunden Egoismus“ zu fragen. Eine solche deplatzierte Diskussion erlebte ich bisher vor allem an Stammtischen und auf Marktplätzen.

In der gegenwärtigen Situation sollten Sie sich mit den Grundsätzen einer sachlichen unvoreingenommenen Debatte beschäftigen: Zuerst alle Fakten auf den Tisch, dann sachliche Argumente unvoreingenommen abwägen und erst danach Meinungen, Vorstellungen und die Moral in die Abwägung einbeziehen. Darum geht es m. E. in dieser Krise. Entschuldigen Sie bitte meine kategorische Meinungsäußerung. Ich habe fünf Tage auf der Intensivstation des Kes Krankenhauses gelegen. Daher fällt es mir schwer, über diesen Beitrag einfach hinwegzusehen. – R. Renaux

 

Normalität in einer freiheitlichen Demokratie, die auf die Akzeptanz einer breiten Mehrheit angewiesen ist, bedarf zu aller erst der Solidarität. Im Gegensatz dazu spalten Populisten wie Herr Trump allzu gerne die Gesellschaft, um daraus Ihre Macht zu beziehen. Wer daher die Beschränkung individueller Rechte von Geimpften gegenüber jenen, die es nicht sind egal aus welchem Grund, einseitig aufhebt, versündigt sich an dem Solidaritätsprinzip. Am besten schützen wir unsere Demokratie vor den Populisten in dem wir alle gemeinsam die derzeitigen Einschränkungen ertragen und hoffentlich alsbald die Rückkehr der Freiheit feiern – ohne Spaltung. – Peter Schwarz

 

Was soll diese fruchtlose Diskussion zum gegenwärtigen Zeitpunkt? Sie wirft mehr Fragen auf als sie beantwortet. Das kann man nicht zuletzt nach der Lektüre Ihres Beitrages feststellen, in dem Sie die verschiedenen Sichtweisen zu dieser Diskussion sehr gut darlegen. Im Moment gibt es nicht genügend Impfstoff in Deutschland und selbst der Gesundheitsminister kann nicht genau sagen, wann dies der Fall sein wird. Zudem gibt es eine festgelegte Impfreihenfolge. Aktuell werden die Bewohner von Alten- und Pflegeheimen und das Personal dieser Einrichtungen geimpft. Dazu Pflegende der ambulanten Pflegedienste sowie die ersten über 80jährigen. In den Genuss welcher Freiheiten könnte dieser Personenkreis jetzt überhaupt kommen (geschweige denn ein größerer Personenkreis)?

Dann erst ist das medizinische Personal auf Intensivstationen und Notaufnahmen usw. an der Reihe. Irgendwann können sich dann alle Impfwilligen impfen lassen und selbst hier gibt es noch Prioritäten zu beachten (z.B. bei chronisch Erkrankten). Ich glaube übrigens nicht, dass sich hartgesottene Impfgegner von „Sonderrechten“ für Geimpfte beeindrucken lassen würden und Impfskeptiker gibt es ja auch genug. Noch besteht keine Impfpflicht und es wird sich wohl erst in ein paar Monaten herausstellen, ob durch die Impfungen die gewünschte „Herdenimmunität“ erreicht worden ist.

Insofern sollte man sich momentan wirklich daran halten, was aus medizinischer Sicht sinnvoll ist und sich auf das konzentrieren, was zur Zeit viel dringlicher ist. Z.B. wie das medizinische Personal, das auf den Intensivstationen am Limit arbeitet, unterstützt werden kann. Oder auch wie ein flächendeckender digitaler Unterricht unserer Kinder gewährleistet bzw. verbessert werden soll und wie Kinder, die nicht in die KITA gehen können, betreut werden können. Hier ist immer noch genug Handlungsbedarf! In ein paar Monaten kann man sich dann ja meinetwegen die Diskussion über mehr Freiheiten von Geimpften leisten, sollte sie dann überhaupt noch nötig sein. Momentan trägt sie meiner Ansicht nach nur dazu bei, den sozialen Frieden in Deutschland zu stören. – Regina Stock

 

Dass im Artikel nur die Unterscheidung Geimpft-Nichtgeimpft gemacht wird, ist meiner Meinung nach zu kurz gegriffen. Denn wer entscheidet, ob man geimpft wird? Ganz klar, der staatliche Impfplan, der meiner Meinung nach nochmal überarbeitet werden muss. Solange es nur um die Sicherheit vor dem Virus geht, können die alten Leute gerne zuerst drankommen. Wenn aber auch die Befreiung von den Beschränkungen auf dem Spiel steht, sollten doch wir Jungen, die viel mehr unter dem Lockdown leiden, eine höhere Priorität bekommen. Ich hätte mir gewünscht, dass diese Art der Abwägung ebanfalls gemacht worden wäre. Trotzdem, ein interessanter Artikel. – Till Maas

 

Ohne dies auch nur ansatzweise zu kritisieren, schreiben die zahlreichen Autoren + Autorin unten in Spalte 2, dass Pizer eine Studie durchführt, ob „die Impfung genügend Abwehrkräfte erzeugt, um eine Infektion vollständig zu unterbinden“. Wie bitte? Pfizer ist Impfstoffhersteller, und er soll nun ohne Vorurteile herausfinden, ob (besser dass) Geimpfte nicht mehr ansteckend sind? Schon mal was von Interessenkonflikt gehört? Ich wundere mich nicht, dass viele Leute (auch in meinem meist gutbürgerlichen Bekanntenkreis) skeptischer gegenüber Wissenschaftler*innen und Medien werden… – Dr. rer.nat. Katharina Zöller

 

Ich will einmal versuchen, eine andere Perspektive auf das Thema zu eröffnen. Aktuell gibt es zwei Möglichkeiten, wie jedes zum Schutz aller vor Covid-19 beitragen kann – und m. E. auch unbedingt beitragen sollte: 1. die verordneten Schutzmaßnahmen, wie Abstandshaltung, Maske etc strikt einhalten oder 2. sich impfen lassen. Jede der Varianten hat Konsequenzen für den Entscheider, positive wie negative. Das ist wie mit dem Weg zur Arbeit. Ich kann mit dem Bus oder dem Auto fahren. Bus ist billiger, entspannter und sicherer, Auto teurer, flexibler und schneller. Egal, wie ich mich entscheide, ich nehme zwingend die Konsequenzen in Kauf. Das hat nichts mit bevorteilen oder benachteiligen zu tun, sondern ergibt sich zwingend als wertneutrale Folge der Entscheidung, so auch bei Covid-19.

Wer sich impfen lässt muss u. a. die positive Konsequenz haben die lästige Maske nicht mehr tragen zu müssen. Wer von seinem Recht gebrauch macht, auf die Impfung zu verzichten, hat u. a. die negative Konsequenz die Maskenpflicht und die Abstände weiter einhalten zu müssen. Auch das hat nichts mit bevorteilen oder benachteiligen zu tun, sondern ergibt sich zwingend als wertneutrale Folge der Entscheidung, wie man schützt. Einem Menschen, der von seinem Recht gebrauch macht und sich nicht impfen lässt, darf aber nicht dafür bestraft werden, indem ihm weitere negative Konsequenzen aufgebürdet werden. Dann wäre es keine EntscheidungsFREIHEIT mehr, sondern eine (Impf)diktatur. – Iman Schwäbe

 

„Der Druck auf die Regierung wächst, den Geimpften ihre Freiheit zurückzugeben.“ Diese Diskussion ist aus meiner Sicht verfrüht. Aus meiner Sicht könnte man diese Diskussion frühesten führen, wenn sich jede(r) impfen lassen könnte, der es möchte. Ich finde es richtig, dass zuerst die Bewohner in Senioren- und Pflegeheimen geimpft werden und die Mitarbeiter in diesen Einrichtigungen, wie auch Krankenhäuser. Aus dieser Sicht müssten aber auch alle medizinischen Mitarbeiter mit Patientenkontakt und alle Mitarbeiter in Geschäften täglichen Bedarf, die Kundenkontakt haben, geimpft werden.

Ich hoffe auch, dass nach der Impfung die Bewohner in den Seniorenheimen etc. wieder normal von ihren Angehörigen besucht werden können. Diese Freiheit ist dringend notwendig. Aber wann werden die jüngeren geimpft? Und was nützt es mir, wenn ich, zur Gruppe über 70 gehörend, geimpft bin und mich mit den jüngeren Nicht-Geimpften nicht treffen darf? Wobei ich nicht damit rechne, dass dies vor Ostern sein wird. Mir bleibt aber die Hoffung, dass ich demonstieren „darf“, wenn diese Thema polarisiert wird. – Angelika Denig

 

Ich bin keine grundsätzliche Impfgegnerin. Aber solange Ärzte und Wissenschaftler mangels entsprechender Studien nichts darüber wissen, wie sich der Corona-Impfstoff, der eine nur vorläufige Zulassung hat, auf das Immunsystem eines vorerkrankten Menschen auswirkt, solange habe ich keinen Mut, mich der Impfung zu stellen. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Zulassungsbehörden unter so enormem Erwartungsdruck standen, dass sie gar nicht anders konnten, als die Zulassung zu erteilen. Und ich höre jetzt schon den Ruf nach einem Untersuchungsausschuss…

Und außerdem: Welche Spaltung soll unsere Gesellschaft denn noch verkraften? Nun auch noch die in „Geimpfte“ und „Nichtgeimpfte“? Solidarität einer Gesellschaft sieht anders aus. Dabei ist es offenbar nicht einmal gewährleistet, dass nicht auch Geimpfte das Virus weitergeben können. Zitat: „…Die Frage ist, ob die Impfung genügend Abwehrkräfte erzeugt, um eine Infektion völlig zu unterbinden. Ist das nicht der Fall, erkrankt ein Geimpfter wahrscheinlich nur leicht, könnte aber Viren verbreiten – wenn auch weniger.“ Diese und weitere Äußerungen in diesem Artikel stellen zu viel Unwägbares, Widersprüchliches, zu viele „Wenn“s und zu viel Konjunktivisches in den Raum. Dieser Artikel hat meine Skepsis eher vertieft. – Dr. Mechtild Hobl-Friedrich

 

Wer hat diese überflüssige Diskussion über vermeintliche „Privilegien von Geimpften bis hin zur Spaltung der Gesellschaft“ eigentlich losgetreten? Abgesehen von der dilettantischen Impfstoff- Beschaffungspolitik Deutschlands und der EU und dem daraus resultierenden Mangel an Impfstoff sind doch folgende Fragen noch völlig offen: – Dauer der Wirksamkeit des Impfschutzes? – Geht von Geimpften keine Infektionsgefahr für Nichtgeimpfte aus? – Besteht auch ein Impfschutz gegenüber Corona- Mutationen? Die Klärung dieser Fragen wird nach Expertenmeinung noch Monate dauern.

Fallen die Antworten zufriedenstellend aus, können die Geimpften bei ausreichender Herdenimmunität der Bevölkerung zur Normalität zurückkehren, so weit geregelt durch das Grundgesetz. Impfverweigerer, also Menschen mit einer missverständlichen Auffassung zum Freiheitsbegriff in der Demokratie (sofern ihre Verweigerung nicht medizinisch begründet ist), müssen die nachteiligen Folgen ihrer Haltung wie Ausschluss von Urlaubsreisen, Personenbeförderungen, Restaurants und Hotels selbstverständlich akzeptieren. – Michael Deil

 

Zur Normalität werden wir vermutlich ohne ergebnisoffene Recherche und Hinterfragen – das typische, klassische Betätigungsfeld der Medien – nicht so schnell gelangen. Medizinprofessor Schrappe: Zahlen des RKI sind „nichts wert“ – ZDFheute Bisher wurden uns ja Statistiken präsentiert, die als eine gemeinsame Einheit zeigen, wie viele Menschen „AN ODER MIT“ SARS-C0V-2 gestorben sind. Gemeint ist wohl im Wesentlichen, dass ein positiver PCR-Test vorgelegen hat. Hochkarätiges internationales Forscherkonsortium demontiert PCR-Test von (…) – Corona Transition

Diese Tests dienten und dienen dann als wesentliche Begründungen für Maßnahmen, die unsere Gesellschaft und Wirtschaft fürchterlich getroffen haben und immer noch treffen. Jetzt kann man ja im Zuge der Fairness und nach dem Grundsatz des Gleichbehandlungsgebots natürlich auch erwarten, dass die Statistiken nun auch bei den Verstorbenen angeben, ob sie „AN ODER MIT“ Covid-19-Impfung gestorben sind.

Immer mehr Menschen merken, dass nicht nur die statistische Erfassung der PCR-Test-Verfahren nicht standardisiert ist und per se keine Aussagen über Infizierte oder gar Erkrankte ermöglicht, sondern dass die auf dem so erfassten Infektionsgeschehen basierenden Maßnahmen und Grundgesetzeinschränkungen sowie die drohenden indirekten bzw. gesellschaftlichen Impfzwangsmaßnahmen nicht evidenzbasiert und legal sind. RTV Talk: Corona – Stimmt die Richtung? – YouTubeGerhard Jahnke

 

Geimpft sein macht den Unterschied!Der Streit um die Folgen einer Impfung gegen das Coronavirus ist bizarr: Darf man zwischen Geimpften und Ungeimpften unterscheiden? Spaltet man sonst die Gesellschaft? Wäre es nicht eine „Impfpflicht durch die Hintertür“, wenn Geimpfte Vorteile erhielten? Der ZEIT sei dank: Es ist das Grundgesetz, das den Staat dazu verpflichtet, coronabedingte Einschränkungen aufzuheben, sobald diese nicht länger erforderlich sind.

Der Staat darf sich gar nicht regulierend in den Bereich des Zivilrechts einmischen, erst recht nicht mit einem entsprechenden Gesetz. Gastwirte, Einzelhändler, Fluggesellschaften und viele mehr dürfen verlangen, daß ihre Kunden gegen Covid-19 geschützt sind; es ist sogar ihre Pflicht zum Schutz ihrer Mitarbeiterschaft. Das Grundgesetz verlangt, Gleiches gleich zu behandeln, aber auch, Ungleiches ungleich (Art, 3). Geimpft sein macht den Unterschied. Dabei ist ein indirekter Zwang zum Impfen nicht unanständig, sondern geboten. Das gilt auch für öffentliches Handeln. Corona spaltet, die Impfung führt wieder zusammen. – Wolfgang Philipps

 

In Diskussionen zu „Sonderrechten“ für Geimpfte wird meist nur randlich bemerkt, dass sich eine Unterscheidung in Geimpfte und Nicht-Geimpfte verbieten sollte, solange nicht wirklich alle eine Chance auf Impfung hatten. Schaut man auf die Kapazität bei Impfstoff, Impfzentren und Logistik, scheint es unwahrscheinlich, dass junge, gesunde Menschen ohne risikobehafteten Beruf 2021 überhaupt die Möglichkeit zur Impfung bekommen. (Beispiel Bayern: Bei laut Staatsregierung max. möglichen 30.000 Impfungen pro Tag in den Impfzentren würde es 870 Tage dauern, alle 13 Million Einwohner 2x zu impfen.)

Außerdem bieten die Impfungen wohl nur 95, nicht 100%igen Schutz. Laut Herrn Drosten (NDR Podcast, https://www.ndr.de/nachrichten/info/Drosten-im-Corona-Podcast-Das-Alter-ist-entscheidend,coronavirusupdate118.html) stirbt ohne Impfung fast jeder Dritte > 85-Jährige bei einer Sars-Cov-2-Infektion, d.h. auch MIT Impfung rein rechnerisch über 1 % der Infizierten. Für infizierte 25-Jährige dagegen liegt die Sterbewahrscheinlichkeit selbst OHNE Impfung bei nur 0.01% (Levin et al. 2020, European Journal of Epidemiology (2020) 35:1123–1138), also bei einem Hundertstel des Wertes für geimpfte Hochbetagte. Die junge Bevölkerung, obwohl selbst kaum gefährdet, trägt seit bald einem Jahr ohne größeren Widerstand alle Maßnahmen mit – hauptsächlich aus Solidarität mit den gefährdeten Älteren.

Und nun stelle man sich vor, dass bevorzugt geimpfte Risikogruppen ab dem Frühjahr wieder munter Restaurants, Kinos und Urlaubsorte bevölkern, während (noch) nicht geimpfte jungen Menschen noch viele Monate daheim sitzen müssen, keine adäquate Bildung erhalten, wichtige Erfahrungen ihrer Jugend verpassen und weiterhin die Hauptlast der Maßnahmen tragen. Wie regelmäßig an die Solidarität der ‚Jungen‘ appelliert wird, appelliere ich daher auch an die Solidarität der ‚Alten‘: Lassen Sie sich zu Ihrem eigenen Schutz schnellstmöglich impfen und verzichten Sie auf das Einfordern von „Sonderrechten“, um den sozialen Frieden zu waren. Wenn wir Glück haben, lassen sich durch Impfung der Risikogruppen Todeszahlen und Krankenhauskapazitäten so weit normalisieren, dass harte Maßnahmen unnötig und Diskussionen um „Sonderrechte“ überflüssig werden. – Gisela Wiedemann

 

Man sollte meinen, dass Coronaleugner und Impfgegner es als Ehrensache betrachten, für die Risiken, die sie für sich und andere eingehen, auch selber geradezustehen. Ob sie dazu bereit wären, wenn man ihnen die Kosten einmal ausrechnet? Ihre Empörung über die ‚Maßnahmen‘ ist wohlfeil, solange sie sich im Falle ihrer eigenen Erkrankung dann doch wieder auf die Solidarität des Gesundheitswesens und der Versichertengemeinschaft verlassen können. Das bei anderen mutwillig angerichteten Schäden so gern bemühte Verursacherprinzip wird hier außer Kraft gesetzt. Und eilens versichert die Politik: Keine Impfpflicht! Keine Privilegien für Vernünftige!

Nur keine ‚Diskrimierung‘ der Verschwörungsmystiker und Reichsbannerschwenker! Im Gegenteil: Schon wird gefordert, dem Antidiskriminierungsgesetz das Merkmal der (Nicht-)Impfung hinzuzufügen. Ist das nicht ein Kategorienfehler, insoweit die Kriterien einen unterschiedlichen Status haben (für das Geschlecht, die Hautfarbe oder sexuelle Orientierung trägt man keine eigene Verantwortung, für die Impfverweigerung schon)? Impflicht besteht in vielen Ländern und bei etlichen Krankheiten, auch in Deutschland. Niemand bestreitet das Recht auf Dummheit und auf Selbstschädigung, das uns vielleicht noch weitere Lockdown-Verlängerungen bescheren wird. Aber folgt daraus auch das Recht, die fahrlässige Schädigung anderer billigend in Kauf zu nehmen? – Univ.-Prof. Prof. h.c. Dr. Dr. Dr. h.c. Ernest W. B. Hess-Lüttich

 

Die Normalität wird sein, nicht dass die Geimpften ihre Freiheit zurückbekommen, sondern dass die Nicht- Geimpften sanktioniert werden, im Restaurant, bei Reisen etc. und das ist auch gut so. – Wolfgang Scheer

 

Genau das herrschende Impfchaos, das noch größer werden wird, konnte man bereits im Sommer voraussehen. Angesichts der Leistungen dieser Politik war das klar! Man will sich impfen lassen, kann aber nicht. Man kann sich nicht schützen wegen Politikversagens. Mittlerweile tauchen neue, noch gefährlichere Virusvarianten bedrohlich auf. Und dafür wollen Politiker noch im Wahljahr 2021 Stimmen haben. Noch eine Schlussfrage: Sind eigentlich die gleichen Leute für die Impfungen zuständig, die auch den inzwischen tatsächlich fertiggestellten Berliner Flughafen betreut haben? – Dr. Franz Schart

 

Vielen Dank für diese gelungenen Artikel. Sie haben es geschafft, unaufgeregt und sachlich – und dennoch spannend – zu informieren. Man könnte noch hinzufügen, dass für viele Krankenhäuser der Nachweis einer Hepatitis B-Impfung schon seit Langem selbstverständliche Voraussetzung für eine Einstellung von Mitarbeitern mit Patientenkontakt ist. Dies wird in der aktuellen Debatte (auch und gerade über Corona-Impfungen für Mitarbeiter in Pflegeheimen) meist übersehen.

Das Beispiel der transplantierten Patienten, welche ein Recht darauf haben, ihr Leben zu genießen, obwohl andere noch auf ein Organ warten, akzentuiert die Frage, warum Corona-Geimpfte noch Einschränkungen unterliegen sollen, selbst wenn andere Impfwillige noch auf den Impfstoff warten. Sogar wenn ein geringen Maß der Ansteckungsfähigkeit nicht ausgeschlossen werden kann, stellt sich dennoch die Frage der Verhältnismäßigkeit. Es gibt zudem zahllose Analgoen für staatliche Regelungen in anderen Bereichen. Niemand muss sich anschnallen. Wer es aber partout nicht will, darf eben nicht in einem Auto (mit)fahren. Auch hier nimmt der Staat in Kauf, dass der Gurt in sehr seltenen Fällen auch mal ein Risiko bergen kann. – Dr. Christian Voll

 

Das Spekulieren („es ist anzunehmen“) geht mir auf die Nerven, noch mehr die Ignoranz der Autoren, von denen kein einziger mitgekriegt zu haben scheint, dass der Corona-Impfstoff, der am besten wirkt, nur 95% der Geimpften schützt. Aber die restlichen 5% nicht-geschützter Geimpfter interessieren die Autoren nicht. Bei 50 Millionen Geimpften wären das immerhin 2,5 Millionen, 25% mehr als bisher überhaupt erkrankt sind! – Wilhelm Büttemeyer

 

Für mich als Arzt gibt es gar keine Alternative, keine juristischen oder ethischen Differenzen: Mit jetzt im 84. Lebensjahr und den jahrzehntelangen Erfahrungen – ich kenne noch Poliopatienten, unsere ganze Familie hat diese Krankheit – glücklicherweise ohne bleibende Schäden – damals mitgemacht – und ich habe auch noch Pockenpatienten erlebt.

Wir haben mit Erfolg die Polio ( „Kinderlähmung“) und die Pocken als gefährliche Pandemien ausrotten können, weil eine gesetzliche Impfpflicht diesen Effekt bewirkte. Warum nicht jetzt auch bei dieser aktuellen Pandemie die Vorteile einer Impfung ohne wenn und aber nutzen, die so unerwartet aktuell die Möglichkeit zum Schutz bieten, Dank sei der Wissenschaft, die so unerwartet die Möglichkeit zum Impfschutz entwickeln konnte! – Dr. Matthias Bantz

 


 

 

Leserbriefe zu „Wie sähe eine vegane Welt aus?“ von Merlind Theile

 

Die Jagd wird in dem Artikel nicht angesprochen. Mangels Wolf, Bär und Luchs ist diese notwendig, da das Wild rasch überhand nehmen und die Wälder und auch landwirtschaftliche Flächen schwer schädigen würde. So wurden allein in Deutschland u.a. im Jagdjahr 2019 1.364.120 Rehe und 599.355 Wildschweine erlegt. Wie sollte dieses wertvolle „Biofleisch“ in einer veganen Welt verwertet werden? – Karl Scherer

 

Von Ihrem sorgfältig recherchierten Artikel über eine Welt ohne Nutztiere bin ich sehr angetan und er stimmt mich nachdenklich. Natürlich zeichnen Sie hier ein extremes Szenario. Gerade dadurch wird mir aber aufs Neue deutlich, in welch einer extremen Schieflage sich das System der industriellen Nahrungsmittelproduktion befindet. Zwei Aspekte möchte ich hervorheben: 1. Wenn Tiere nicht mehr als Lebewesen, geschweige denn als Mitgeschöpfe gesehen werden, sondern nurmehr Produktionsfaktoren sind, ist dies nicht mehr in der Ernährungssicherung, auch nicht in der Existenzsicherung, sondern ausschließlich im Streben nach Profit begründet.

Um dies zu verschleiern, trägt der Deutsche Bauernverband noch immer den Begriff „Bauer“ im Namen – obwohl zumindest derjenige Teil der Mitglieder, der vorgenanntes Produktionsmodell vorantreibt, einen neuen „Verband der Deutschen Agrarindustrie“ ausgründen sollte (Die Abkürzung VDA ist allerdings schon anderweitig belegt). Wir sollten als Verbraucher/-innen indes nicht der Versuchung erliegen, diejenige Mehrheit der Landwirtinnen und Landwirte zu verurteilen, welche täglich versuchen, verantwortungsvoll ihre Arbeit zu tun und dabei häufiger die eigenen Gewissenskonflikte verdrängen, als wir es uns vorstellen können und möchten.

2. Im Hinblick auf den Beitrag der Landwirtschaft zum Klimawandel werden häufig die Kuh oder das Rind zu Schuldigen ernannt und als „Klimakiller“ bezeichnet. Dies ist Unsinn! Erstens, kann ein Tier natürlich keine Schuld haben! Schuld sind wir Menschen als Halter der Tiere bzw. in der Agrarindustrie als deren Ausbeuter. Die vor allem in den vergangenen zwanzig Jahren hierzulande erfolgte Verschiebung der Fleischproduktion auf Schweine und Geflügel, für deren Futter etwa zwei Drittel (!) der Getreideanbaufläche in Deutschland in Anspruch genommen werden, ist ganz sicher keine sinnvolle Maßnahme zum Klimaschutz.

Der Fleischverzehr muss um ein Vielfaches reduziert werden und dann sollten wir am besten nur die Dienstleistungen von Tieren in Anspruch nehmen, welche nicht unsere Nahrungskonkurrenten sind: also vor allem Wiederkäuer, die wir auf Grünland artgerecht halten. Ich bedanke mich, dass Sie diese Utopie einer Welt ohne Ausbeutung von Mitgeschöpfen gezeichnet haben. – Dr.-Ing. Mathias Effenberger

 

In 14 Jahren soll eine Welt – fast – ohne Nutztiere verwirklicht sein? Der Atomausstieg in Deutschland dauert länger, dabei fließen auch beim „Ökostrom“ nur Elektronen durch eine Leitung. Weltweit wird der Atomausstieg – nach einer zunächst teilweisen Erweiterung der Kapazitäten – wesentlich länger dauern. Bei einer Umstellung auf vegane Ernährung müssen sich aber die Verzehrsgewohnheiten von Milliarden Menschen verändern. Dies wird länger als am Speersort dauern. Ich verstehe Ihre Vision so, dass Sie das nur etwa halb so hohe Ertragsniveau der Leguminosen (Erbsen, Bohnen, Lupinen) gegenüber Mais, Weizen und Gerste und die größeren Ertragsschwankungen von Jahr zu Jahr nicht berücksichtigt haben.

Durch die Ernährungsumstellung würden also weitaus weniger Flächen frei. Viehfutter besteht zu einem nicht unwesentlichen Teil aus „Nebenprodukten“ der Ernährungsindustrie (also Abfall, Rückstand). Diese sind grundsätzlich für den menschlichen Verzehr geeignet. Aber glauben Sie, dass die Menschen in 14 Jahren ein Vielfaches an zum Beispiel Weizenkleie verbrauchen werden oder nur noch Vollkorn-Brot und -kuchen essen? Mich wundert, dass Sie die Ausdehnung der Weinproduktion als eine Alternative sehen. Soll künftig der Alkoholkonsum steigen? Oder sollen Bier und Schnaps – teilweise – durch Wein ersetzt werden, wodurch wieder Getreideanbauflächen frei würden?

Die vielen Nebenwirkungen Ihrer Vision, die sich dann entwickelnden Missstände können Sie nicht voraussehen. So wenig wie die Grünen, bei der „Agrarwende“ in 2001 speziell Frau Renate Kynast, die „Vermaisung“ der Landschaft vorausgesehen haben, als sie die Bioenergie-Produktion massiv propagierten und förderten („Die Bauern sind die Ölscheichs der Zukunft“). – Adolf Ronnenberg

 

Es ist schön zu lesen wie im Gedankenspiel eine naturnahe Landwirtschaft die Welt in die Richtung verändern könnte, wie wir sie für unser Überleben künftig brauchen. Wozu aber die Ananas- oder Eukalyptusfasern, die Avocado (ausbeuterische klimaschädliche Globalisierung). Wozu aberhunderte von Milliarden durch den Reißwolf der EU drehen? Vor nicht allzu langer Zeit gab es eine reale Utopie, die dem Ziel Ihrer Gedankenspiele fast entsprach. Der neudeutsch-grüne Kampfbegriff vegan war noch nicht erfunden – alles war einfach nur bio, umweltfreundlich und überschaubar. Ich bin Jahrgang 1952 und ab 1954 in einem kleinen Dorf nahe Coburg aufgewachsen, 4 Bauern, 1 Gasthaus und ca. 16 Häuser. Die Bauern hatten je 2 Arbeitspferde einer nur 1 Kuh.

Der Dorfladen hatte ca. 16 qm, eine statt 40 Joghurtsorten und sonst alles was man brauchte. Bäume gefällt wurden mit der Ziehsäge und dem Beil. In der Landwirtschaft gab es keine Chemie und einen geschlossenen Stoffkreislauf. Alle Bäche hatten Trinkwasserqualität. Fleisch gab es wenig und die meisten sahen gesund und zufrieden aus – außer einigen kriegsbedingt seelisch kaputten Alkoholikern, was mir damals aber noch nicht bewusst war. Die Felder wurden gehackt, grobes Unkraut, z.B. Disteln mit der Hand heraus gerissen. Ich und einige der Dorfkinder oft dabei. Zum Baden ging es manchmal 30km mit dem Rad zum Skifahren 6 km zu Fuß.

Der örtliche Fluß, die Itz war bereits durch die Industrie der Städte Coburg und Sonneberg versaut. Es gab kein Mamataxi, das uns herum kutschierte, wir wußten uns noch selbst ohne Ballerspiele zu beschäftigen. Verwandtschaft besuchen waren auch mal 20 km Fußmarsch drin. Die meisten Menschen haben nach dieser neue Welt nicht verlangt, wir mussten sie mit finanzieren und deren Schäden in Kauf nehmen für einige mindestens fragwürdige Wohltaten. Und nun, da offensichtlich alles den versauten Bach runtergeht sollen wir wieder zur Befriedigung der alten Nutznießer herhalten. Geht’s noch? Es wird wie bei der Abschaffung der Sklaverei in den USA werden, nicht die Sklaven sondern deren Halter werden entschädigt werden. Ich hoffe, dass sich die Menschen nicht zum x-ten mal für dumm verkaufen lassen. Die Entwicklungen in den USA waren für uns stets Vorbild, nun sollten sie uns eine letzte Warnung sein. – Hans Giller

 

mit großer befremdung habe ich den beitrag über „vegane welt im jahr 2035“ gelesen. warum geht es anscheinend nur noch extrem: entweder man isst sehr viel fleisch (wie die, die im beitrag mit „du“ angesprochen wird“) – dann ist es böse oder man ist veganerin – dann ist alles gut. so einfach ist die welt aber nicht. doch viele wollen sie nur noch so haben: gut oder böse. wie im beitrag richtig erwähnt, ist vegane ernährung eine mangelernährung. schwangere sollten sich nicht vegan ernähren. es fehlt das vitamin b12. außerdem bedeutet vegan noch lange nicht eine gesunde ernährung. ich finde es schon sehr seltsam, dass veganerinnen tiere mit fell und augen retten möchten aber für die herstellung vom vitamin b12 mikrotiere in massen halten?

pflanzen aufessen und in massenhaltung auf den landflächen anzubauen ist aber gut? dabei mögen pflanzen auch nicht aufgegessen werden. nur zeigen sie es nicht durch traurige augen und haben auch kein kuscheliges fell. sie können schreien – nur hören wir es nicht. vegane ernährung ist viel komplizierter als veganerinnen es wahrhaben möchten. die gerne bevorzugte mandelmilch stammt zu einem großen teil aus riesigen kalifornischen mandelplantagen. dort stehen für einige wochen millionen von bienen, die nichts anderes finden als einseitige mandelblüten als ernährung. das ist alles andere als gesund und schlecht für die bienen, die gerne während des sammelflugs mit pestiziden besprüht werden.

aber da veganerinnen ja auch die imkerei als massentierhaltung ablehnen, sollten sie dann und weil ja alles abgelehnt wird, was von tieren stammt und durch tiere bekommen werden kann – auf sämtliches obst verzichten. denn bienen bestäuben obst zum größten teil. ebenso den raps. da fällt also auch das rapsöl weg. es bleibt also nicht viel, wirklich vegan zu leben. offensichtlich verdrängt der mensch: kein leben möchte freiwillig aufgegessen werden. das trifft auf tiere und pflanzen gleichermaßen zu. weil ich leben möchte, muss ich anderes leben beenden. sollte es nicht darum gehen, das möglichst gering zu halten? gift ist eben die menge. – matthias westerkamp

 

Die Welt braucht Utopien, Apokalypsen haben wir reichlich. Die vegane Zukunft von Merlind Theile ist ein besonders schönes Beispiel für eine bessere Welt. Dennoch habe ich Bedenken. Die Moderne hat den Menschen konzeptuell immer weiter von der Natur, von den Nicht-Menschen entfernt. Obwohl der Verzicht auf Nutztiere dem Schutz der Natur dienen soll, radikalisiert er diese Trennung. Menschen und Tiere sind in allen Gesellschaften der Welt, von denen ich weiß, auf Leben und Tod aneinander gekettet. Dass dabei die Menschen die Tiere nutzen, und nicht auch umgekehrt, ist eine Vorstellung, die sich aus Arroganz und Überlegenheitsgefühlen speist. Diese Arroganz führt zu Massentierhaltung, Verwirtschaftlichung des Lebens, zu Tierversuchen und zur Verdinglichung des Tieres. Aber sie führt auch zu der Vorstellung, wir könnten unsere Abhängigkeit von Tieren einfach unilateral beenden und alle wären glücklich.

Aber wir wissen nicht, was die Tiere möchten. Wir sehen nur ihre Qual in Tierhöfen und Laboren und wollen sie lindern. Aber gilt das auch für alle Tiere, mit denen wir unser Leben teilen? Wir Bürger*innen der Moderne legen Wert auf Freiheit, auf Gleichheit und wir verdrängen den Tod. Nachkommen zu haben scheint uns hingegen weniger notwendig. Wissen wir, ob die Tiere das auch so sehen? Was tun wir mit Milliarden von Nutztieren, denen, wie Frau Theile vorschlägt, auf dem Weg in die vegane Welt die Möglichkeit zur Fortpflanzung brutal genommen wird? Was könnten die Werte von Tieren sein, die wir in unserem Hochmut „Bedürfnisse“ nennen? Können wir uns vorstellen, dass Tiere womöglich Nachkommen wichtiger finden als den Tod zu vermeiden? Wir können nicht unbedingt wissen, was Tiere wollen. Aber wir können sehr wohl merken, wenn wir unsere modernen bürgerlichen Werte mit den ihren verwechseln.

Es gibt zahlreiche ethnographische Beispiele für einen anderen Umgang mit Tieren. Viele Ureinwohner des Amazonasgebiets gehen davon aus, dass die Tiere aus ihrer eigenen Sicht Menschen sind und die Menschen wiederum als Tiere sehen.. Das hält sie aber nicht davon ab zu jagen – im Gegenteil. Die Annahme, Tiere seien eigentlich Menschen, ist notwendig für eine erfolgreiche Jagd. Denn Jagd ist eine Form des Krieges und des Austauschs. Im gebirgigen Norden Indiens sind Tieropfer hochumstritten. Die Ethnologin Radhika Govindrajan berichtet von einer Mutter, die ihre Ziege mit Liebe wie eines ihrer Kinder aufgezogen hat. Nun will sie sie einer Göttin zum Opfer darbringen, um sich für ihre Gunst zu bedanken. Ihr Sohn, der seit langem in der Stadt lebt, ist empört: Man könne das Tier doch durch Obst ersetzen! Nein, entgegnet die Mutter, dann wäre das Opfer ohne Wirkung. Die Gabe muss wehtun, sonst ist sie wertlos.

Ähnlich viel Aufmerksamkeit widmen die Rmeet in Laos, bei denen ich seit 20 Jahren forsche, ihren Büffeln und Zebus. Mit einem neu erworbenen Tier geht ein Mann über einen Monat täglich in den Wald, um ihn an sich und die neue Umgebung zu gewöhnen. Danach bilden die Tiere unbeaufsichtigte Herden, kommen aber regelmäßig zum Dorf, um Salz zu trinken. Auch ihr wichtigster Zweck ist die Schlachtung bei Totenritualen oder anderen Krisen. Nur sehr selten werden Büffel zum Verzehr getötet, ohne dass das Mahl in erster Linie den schützenden Geistern gilt. Ein solches Opfer ist ein Fest, das die lebensnotwendigen Beziehungen zwischen Menschen und Geistern stärkt. Keine dieser Gesellschaften besteht nur aus Menschen. Sie alle umfassen auch Tiere, Pflanzen und mächtige Unsichtbare, die auf Gedeih und Verderb voneinander abhängen. Das Leben der Menschen und der Tiere gehört so unvermeidlich dazu wie ihr beider Tod.

Die Idee, in einer veganen Welt den Fleischverzehr in kulturellen Enklaven zu erlauben, hat hingegen etwas geradezu Perverses. Man stelle sich vor, ein Inuit bewirbt sich auf ein Regierungsamt. Da fragt ihn ein überzeugter Mehrheitsveganer mit vor Ekel verzerrter Miene, ob er denn wirklich Robben gegessen hätte? Der Inuit hätte kaum Gelegenheit zu erklären, dass er Jagd für notwendig hält, um den Zyklus von Leben und Tod in Gang zu halten, Tierhaltung aber würdelos findet. In einer veganen Zukunft würden solche kulturellen Praktiken diese Gesellschaften noch stärker stigmatisieren als es je in der Kolonialzeit der Fall war. Das wäre so, als würde man heute Kopfjagd oder Menschenopfer erlauben, weil es irgendjemandes Kultur ist.

Doch viele nicht-moderne Gesellschaften haben ganz andere Ideen über Menschen und Tiere, die ihren Praktiken zugrunde liegen – Praktiken, die nicht auf Ausbeutung und Massenschlachtung beruhen, sondern auf Aufmerksamkeit und Ausgleich. Anstatt diese Ideen in Reservate zu sperren, sollten wir von ihnen lernen. Tiere zu nutzen verstrickt uns in Widersprüche – das ist vielleicht überall auf der Welt so. Nirgends wird das so deutlich wie in würdelosen und grausamen Praktiken wie Massentierhaltung und Tierexperimenten. Die alltäglichen Beziehungen zu Tieren abzubrechen, schafft dieses Problem jedoch nicht aus der Welt. Es verstärkt nur unsere Abtrennung von der Natur.

Was wir stattdessen brauchen, ist größere Aufmerksamkeit. Jeder, der Fleisch isst, Milch trinkt oder Lederschuhe trägt, hat eine alltägliche Beziehung zu Tieren – nur entgeht sie zu leicht der Aufmerksamkeit. Mehr Aufmerksamkeit, so, wie sie manche kulturelle oder berufliche Minderheiten pflegen, sollte helfen, die Exzesse der Tiernutzung abzuschaffen, ohne die Beziehung zu Tieren abzubrechen. Tier und Menschen können einander nutzen. Das erzeugt einen moralischen Widerspruch, ohne den wir vielleicht als Menschen nicht auskommen können. Denn wir sind mit ihnen in Leben und Tod verbunden. – Prof. Dr. Guido Sprenger

 

Ihr o.g. Artikel wird sicherlich eine Vielzahl an Leserbriefen nach sich ziehen. Daher möchte ich mich auf eine formale Verständnisfrage beschränken. Auf S. 52 (rechte Spalte) schreiben Sie: „Für die Produktion seiner Nahrung braucht ein Vegetarier dreimal weniger Fläche als ein Fleischesser.“ Hier würde mich sehr interessieren, welche logisch-mathematischen Überlegungen dieser Formulierung zugrunde liegen. Ich kann mit vorstellen, was „dreimal so viel wie“ bedeutet: z.B. A braucht 1 Einheit, B braucht 3 Einheiten. Ebenso dürfte klar sein, was „dreimal mehr als“ bedeutet: z.B. A braucht 1 Einheit, B braucht 4 Einheiten. Beugt man Sinn und Sprache bis kurz vor deren Belastungsgrenze, ließe sich vielleicht noch – wenngleich äußerst unschön – sagen: „dreimal so wenig wie“: z.B. braucht A nur 3 Einheiten (schon recht wenig), und B braucht 1 Einheit (also noch weniger). Doch was (und warum?) wollen Sie mit „dreimal weniger als“ ausdrücken? – Tim Leffler

 

Im Artikel „Wie sähe eine vegane Welt aus?“ wird Massentierhaltung mit all ihren Grausamkeiten und sozialen und ökologischen Schädigungen mit Tierhaltung an sich gleichgesetzt. Das ist unzulässig, da es auch eine andere Tierhaltung gibt, die Tiere artgerecht hält und auf deren Wohl Bedacht nimmt – auch wenn dies nur ein kleines Segment ist. Außerdem ist die Massentierhaltung, die auch für den großen Einfluss auf das Klima hauptverantwortlich ist, eine Fehlentwicklung der letzten Jahrzehnte, parallel zu vielen anderen Fehentwicklungen im Zuge des wirtschaftlichen Neoliberalismus.

Der Mensch betreibt seit Jahrtausenden Tierhaltung, die nie auch nur irgend ein Klimaproblem hervorgerufen hätte. Noch in meiner Kindheit hatten die Bauern so viele Tiere, wie sie mit ihrem Land ernähren konnten und jede Kuh im Stall hatte einen eigenen Namen. Damals sprach man in meiner Umgebung auch nicht von Nutztieren, sondern von Haustieren. Zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Tieren und der Natur insgesamt zurück zu kommen, ist durch entsprechende Besteuerung und Förderung relativ leicht zu erreichen. In der Klimadiskussion wird meist auch nicht bedacht, dass Grasland ein Kohlenstoffspeicher ist – im Grasboden ist mehr Kohlenstoff gespeichert als im Waldboden.

Ein ganz anderes Problem sind die Ersatzstoffe. Wenn Lederersatz aus Ananasblättern erzeugt wird, dann frage ich mich woher diese Unmengen an Blättern kommen können. Wird dies zur neuen Ausbeutung des Südens durch den globalen Norden? Und entwickelt sich da letztlich eine Konkurrenz zum Anbau von Lebensmitteln? Werden Produkte wie Leder oder Wolle durch Erdölderivate ersetzt, ist das weder nachhaltig noch gesund für die Menschen. Milchersatzprodukte sind deutlich stärker verarbeitet und damit naturferner als frische echte Milch.

Im Prinzip das Gleiche gilt für Butter und Margarine. Und der gesundheitliche Nutzen von veganen Fleisch- oder Wurstimitaten ist sehr zweifelhaft, da diese stark industriell verändert sind. Gesunde Ernährung aber sollte – nach anerkannter Ansicht der Ernährungslehre – aus möglichst frisch verarbeiteten Naturprodukten bestehen. Wenn man keinen Honig mehr isst, wird es auch keine Imker mehr geben und damit kaum mehr Honigbienen, die für gut die Hälfte der Bestäubung unserer Nahrungspflanzen verantwortlich sind.

Isst man kein Fleisch mehr und auch keine Milch und Milchprodukte, verlieren die Bergbauern ihre Lebensgrundlage – im Gebirge ist Landwirtschaft praktisch nur als Viehwirtschaft möglich. Ein doch schwerwiegender Aspekt, der im Arikel nicht einmal erwähnt wird. Erschreckend aber fand ich die ziemlich nüchterne, oder eher empathiearme Passage zu den Hungersnöten in Afrika bei Völkern, die offensichtlich zur veganen Lebensweise zwangsmissioniert werden mussten. Und wenn davon geschrieben wird, dass man einigen Völkern in „weniger entwickelten Regionen“ (!) – unter Auflagen – erlauben wird noch Tiere zu halten und Fleisch zu essen, oder Inuit noch die Robbenjagd erlauben wir, dann empfinde ich das als eine ebenfalls erschreckende (weiße?) Überheblichkeit.

Die Geschichte mit dem heimlich importierten Fleisch erinnert fatal an die Prohibitionszeit und den USA. Überhaupt scheint da eine Art Weltregierung in Form der UNO mit Druck und Verboten den Veganismus durchzusetzen. Da wirkt eine vegane Welt eher dystopisch. Utopien entwickeln sich, wenn man versucht, sie zu verwirklichen, leider oft zu Dystopien. – Dr. Oskar Luger

 

Eine vegane Welt im Gedankenspiel 2035? Für mich kein Problem. Dann wäre ich 101 Jahre alt und spiele nicht mehr mit.So alt will ich nicht werden. – Hans-Emil Schuster

 

Vielen Dank für den sehr interessanten Artikel über die Utopie einer veganen Welt, zu dem ich Ihnen einen Leserbrief schicken möchte: Wir Menschen haben uns gut eingerichtet in dieser Welt, in der selbst in Produkten, von denen man es nicht erwarten würde, wie Duschgel und Waschmittel, Inhaltsstoffe tierischer Herkunft stecken. Das Leid der tierischen Lieferanten und die Umweltschäden verdrängen und verstecken wir, aber das wird immer schwieriger.

Eine vegane Welt hätte soviele Vorteile, schöne Landschaften statt monotoner vergüllter Felder, sauberes Wasser, Artenvielfalt statt Massentierquälerei und wir Menschen müssten nicht mal darben. Mit der Vielfalt veganer Lebensmittel läßt es sich gut leben, Kosmetik, Kleidung, ja sogar Dünger lässt sich ohne tierische Stoffe herstellen. Warum sollen wir noch bis 2035 warten? Je eher die Umstellung stattfindet, desto besser, ich bin gerne dabei! – Sabine Kiermaier

 

Ich bin enttäuscht von Ihrer undifferenzierten Darstellung veganer Ernährung und deren Auswirkungen auf die Gesundheit. Die DGE empfiehlt nämlich nicht nur, weniger Fleisch zu konsumieren, als dies derzeit durchschnittlich geschieht, sondern rät zugleich auch davon ab, Kinder und Schwangere vegan zu ernähren. Darauf gehen Sie in Ihrem Artikel jedoch nicht ein. Außerdem betreiben Sie Bauern-Bashing, indem Sie in Ihrem Szenario die fiktive Organisation „Bauern für Tiere“ auftreten lassen, deren Demonstrationszug in einem Fall in einem Gewaltexzess (vor dem Kanzleramt) endet, den man gegenwärtig allenfalls Rechtsradikalen zutrauen würde. – Gerrit Lehmann

 

In der Zeit Nr. 02/21 im Ressort „Entdecken“ beschreibt Merlind Theile auf Anfrage einer Leserin, wie die Welt im Jahr 2035 aussehen könnte, wenn sich die vegane Lebensweise durchsetzt. Für diesen wunderbaren Artikel möchte ich mich herzlich bedanken! Wie schön und paradiesisch das sein wird, wenn der Homo Sapiens (in etwa 15 Jahren!) den nächsten Evolutionsschritt vollzogen hat und sich vom Omnivoren zum Veganer entwickelt hat! Fast alle derzeitigen Probleme der Menschheit werden dadurch gelöst sein! Allerdings – einige Fragen hat die Autorin offen gelassen. Ich bin gespannt bald auch hierauf die Antworten zu lesen:

1. Nachdem die Katzen und Hunde abgeschafft oder auf veganes Futter umgestellt wurden, wie geht die gesellschaftliche Diskussion weiter? Ist es moralisch vertretbar, dass die süßen Igel, Vöglein und Wildkatzen, die die Umgebung bevölkern, sich weiterhin mit tierischer Nahrung die Bäuchlein vollschlagen? Oder soll man sie (und natürlich Wölfe, Löwen und Haie) nicht besser auch abschaffen? 2. Wie gelang es, nachdem die Veganer im Westen an die Macht gelangten, den Rest der Erdbevölkerung – die islamische Welt, die anderen Afrikaner und Asiaten – dazu zu bringen, auf Fleischkonsum und Nutztierhaltung zu verzichten?

Durch eine neue Ära des Kolonialismus, in der ihnen mal wieder die überlegene Moral des Westens eingebläut wurde? Oder hat sich die UNO, die anscheinend das ganze weltweit regelt, zu einer autoritären Weltregierung gemausert, die mit Viehhaltern in den rückständigen Ländern so umspringt, wie einst die Bolschewiki mit den Kulaken? 3. Oder gibt es auf Grundlage der Identitätspolitik, die im Jahr 2035 ebenfalls Mainstream ist, besondere Regelungen für verschiedene Bevölkerungs- und Religionsgruppen – so wie für die Inuit, die Tsaatan und die Massai? Dürfen z.B. Muslime, die sagen, Fleischessen gehört zu unserer gottgegeben Kultur, ausnahmsweise weiter Tiere halten und schächten?

Und wie viele Nichtmuslime treten infolgedessen zum Islam über? 4. Mit welchen Strafen haben die Fleischesser, die das Fleisch aus illegalen Ställen und Schmuggel konsumieren, zu rechnen? Oder sind nur die Tierhaltung und der Handel mit Fleisch und das Schlachten verboten? Oder auch der Verkauf von Kochbüchern, die zum Verzehr von Tierkörperteilen aufrufen? 5. Werden im Jahr 2035 alte Bücher und Filme, in denen Tiere getötet, verspeist oder in Ställen gehalten werden umgeschrieben und umge-CGIt? Werden alle Wildschwein-Szenen aus den Asterix-Heften getilgt? Gibt es eine illegale Fleischesser-Subkultur? Wird der Fleischhandel zum neuen Hauptgeschäft der Mafia?

6. Was sagt meine kleine Tochter, wenn sie später zwanzig wird, eigentlich dazu, dass wir Alten Pflanzen offenbar nicht als Lebewesen (4. Spalte, drittletzte Zeile) betrachten? Ist nicht schon seit den zehner Jahren bewiesen, dass diese auch miteinander kommunizieren und über eine gewisse Art von Intelligenz verfügen? Wird eine neue Bewegung entstehen, die sich zum Ziel setzt, die Jahrtausende währende Ausbeutung der Pflanzen zu beenden? 7. Welche Erkenntnisse haben meine Ärztin im Jahr 2035 dazu gebracht, die alten Empfehlungen der Ernährungswissenschaftler als überholt zu betrachten und mir zu erzählen, es sei am gesündesten, auf Fleisch, Milchprodukte und Eier vollständig zu verzichten?

8. Was sagen eigentlich die Nutztiere, die es dann bald nicht mehr gibt, zu ihrem Schicksal? Sind sie froh darüber, nicht mehr zu existieren? Wäre es nicht auch der beste Weg – um menschliches Leid endgültig zu beenden – die Menschen abzuschaffen? 9. Welcher Idiot hat eigentlich die Natur so eingerichtet, dass sie vor allem aus Fressen und Gefressen-werden besteht? Ich freue mich auf die Fortsetzung des Artikels, der alle diese Fragen beantwortet! – Michael Weyand

 

Vermutlich bekommen Sie diverse „ja, aber….“-Zuschriften. Von mir bekommen Sie ein „ja, stimmt“. Ihr Artikel ist beeindruckend, auch die Fülle dessen, was ich als langjährige Vegetariern und Teilzeitveganerin nicht wusste, hat mich erschreckt. Wir müssten es uns nur trauen, es einfach tun. Uns der Realität stellen, dass es nicht in Ordnung sein kann, in einem Land zu leben, in dem 26 Millionen Schweine jedes Jahr vermutlich froh sind, geschlachtet zu werden, damit sie dieses Leid hinter sich bringen. Wie kann man das mit seinem Gewissen vereinbaren? Es wird mir ein Rätsel bleiben. Viele Vegetarier bekommen oftmals die dämlichste aller Frage gestellt: Was isst Du denn noch, wenn Du kein Fleisch mehr isst?

Ach, und auch kein Hühnchen? Sind diese Menschen wirklich so unbedarft oder haben sie sich noch nicht mit der Thematik der Massentierhaltung und dem Einfluss auf unser Klima und unsere Gesundheit befasst? Die Zahl der Vegetarier würde sprunghaft steigen, müssten sich die (deutschen) Fleischfresser (von essen kann ich leider nicht mehr sprechen) das Tier selbst schlachten oder ein Praktikum im Schlachthof absolvieren. Lecker. Besonders gern werden auch „Argumente“ benutzt wie: der Mensch ist eben ein Fleischfresser, guck mal früher in der Steinzeit und so.

Ach was. Ja. Das stimmt. Da gab es aber auch nichts anderes. Und die Steinzeitmenschen haben teilweise bei der Jagd ihr Leben verloren. Da gab es noch keine Tierhaltung. Oder ein Gefrierfach. Inuit oder die von Ihnen angeführten Massai führen ein komplett anderes Leben, ein anstrengendes und teilweise armes Leben. Diese Bevölkerungsgruppen müssen auf die Jagd. Aber nicht nur in den Supermarkt oder – bestenfalls – zum Metzger des Vertrauens. – Annette Haagen

 

Ich bin Abonentin der ZEIT und immer glücklich, Ihre Zeitung zu studieren. Oft habe ich schon gedacht, ich müsste meine Begeisterung mal ausdrücken. Journalisten leben ja auch vom Lob. Heute kann ich gar nicht anders: der Artikel von Meilind Theile hat mich derart begeistert, dass ich finde, es reicht nicht, wenn er nur dasteht und eine Woche oder etwas länger gelesen wird. Der ist zu Größerem berufen. Oder: für Größeres möglich. Ich bin nach Trumps Wahl Mitglied der Grünen geworden. Obwohl ich nächsten Monat schon 82 Jahre alt bin.

Aber als Alt-Achtundsechzigerin fand ich, dass lediglich auf dem Sofa sitzend zu kommentieren nicht mehr ausreicht. Meine Vorstellung: ich fände ganz toll, wenn man in diesem Wahljahr, an dem keine Partei an dem Thema Klimaschutz vorbeikommt, kommen sollte! – vorbeikommen darf, dieser Artikel sich besonders gut dafür eigenet, den Menschen die Angst vor der Veränderung zu nehmen. Eine Veränderung, die so viel nach sich zieht, so überlebenswichtig ist, zeitlich so brennt. Gerade die Älteren können sich eine vegane Welt auch nicht im Ansatz vorstellen. Die Alten stellen aber eine Menge Wählerstimmen dar. Wenn man den Artikel in der Größe eines normalen Briefumschlags, praktisch einem Reclam-Büchlein ähnlich, drucken würde, dann könnte man das Büchlein ganz analog vielen Menschen zukommen lassen. Wahlkampf müssen wir doch machen. Die Menschen, die ich meine, sind oft Internet-fern.

Ich wollte den Artikel schon auf Facebook posten, aber nicht noch außer der regulären Zeit „die Zeit online“ abonnieren. Eine andere Möglichkeit habe ich nicht entdeckt. Die älteren Leute müssen quasi geflutet werden mit der Notwendigkeit und der Möglichkeit des weiteren guten Lebens im Falle einer veganen Welt. Bei den letzten Hamburg Wahlen haben wir Grünen Hauswahlkampf gemacht, das ist vielleicht möglich, aber Vieles wird über die Post gehen. Sowohl beim Hauswahlkampf als auch durch Post könnte der wunderbare Artikel von Merlind Theile mit einliegen. Wie finden Sie meinen Vorschlag? Ich hoffe, ich bekomme eine Antwort.

Wenn Sie mit dem Artikel nichts weiter unternehmen, vielleicht gibt es noch andere Wege, dürfte ich die nutzen? Ich habe noch keine Idee, aber vielleicht fände sich eine. Auf jeden Fall sehr herzliche Grüße an Ihre ganze Redaktion. Ich finde, Sie alle machen eine wunderbare Arbeit und haben die Ohren immer Puls der ZEIT – wie der Name schon sagt. Ich bedanke mich von Herzen. – Elisabeth Scherf

 

Ich bin selber kein Veganer, sondern eher Flexitarier wie die Autorin, jedoch habe ich mich sehr über den mutigen und kreativen Artikel gefreut. Vielen Dank dafür, viel Kraft aber auch für die Prügel, die sie von Lesern mit wenig Vorstellungskraft, aber dafür einem umso größeren Maß an Veränderungsresistenz mit Sicherheit einstecken müssen. Diesen sei gesagt: Das ist eine Utopie, kein Frontalangriff auf Euer Lebensmodell. Vielleicht müssen wir soweit nicht gehen, aber es wäre bereits ein unglaublicher Schritt, wenn jeder den Konsum von Fleisch und Fisch auf maximal einmal die Woche reduzieren würde. Einfach mal inspirieren lassen. – Thomas Marius Müller

 

Der Paranthropus boisei war ein Frühmensch, er (aß) fraß nur Gras, hatte riesige Zähne, dafür ein winziges Gehirn. Sein Bruder, der rechtzeitig seine Ernährung von Gemüse auf Fleisch umstellte, konnte dadurch der beginnenden Kaltzeit trotzen, vom Baum steigen, und bei der begrenzten Länge seines Verdauungstraktes die Energiezufuhr seines Gehirnes steigern und dadurch sein Gehirn um den Faktor drei vergrößern. So eroberten unsere Väter diese Welt.

Schon früh wurden Haustiere benutzt um minderwertige Küchenabfälle zu hochwertigem Hühnerfleisch zu veredeln. Riesige Landschaften in Europa, mit minderwertigen Böden, wo nichts anderes als Gras wuchs, wurden mit Hilfe von Rindviechern bewirtschaftet und besiedelt, die Ernährung in Europa mit hochwertigen Proteinen in Milch und Käse bewirkte eine Genmutation: Laktasepersistenz genannt. Diese Europäer, wohlgenährt und leistungsfähig, überzogen dann die Hungerleider der kompletten übrigen Welt mit Krieg und beuteten sie in Kolonien erbarmungslos aus. Sie saßen als Herrenmenschen in Schaukelstühlen und erfanden nebenbei die technische Revolution. Ist doch alles bekannt.

Dieses Hirngespinst einer veganen Welt funktioniert nur, solange es Milchersatz im Supermarkt gibt oder wenn wir uns von einem Dreiviertel der Weltbevölkerung trennen. Bereits heute verhungern Menschen, da die Nahrungsproduktion mit dem Bevölkerungswachstum nicht mitkommt. In den Favelas Brasiliens verhungern massenweise die Säuglinge, da die Eltern den Milchersatz nicht mehr bezahlen können. Stört das einen europäischen Veganer? Ein Blick auf die Weltkarte zeigt: tausende Quadratkilometer Land wo nichts wächst. An mageren Büschen nagen noch magere Ziegen, gehütet von noch mageren Hirten. Diesen Leuten wird empfohlen: Bio-Milch-Ersatz-Produkte anzubauen! Dümmer geht es nicht.

„Sprit statt Brot“ nennt man die Lebensmittelkrise, nach dem sich die Preise für Grundnahrungsmittel verdreifacht hatten, da Getreide zu Ethanol verarbeitet wurde. Und jetzt soll es „Klamotten statt Brot“ und „Duschgel statt Brot“ geben? Kaum zu glauben! „Natur“ nennt man drei Dinge die untrennbar zusammenhängen: Geburt, Leben, Tod. Für Veganer gilt nur Tod, Geburt wird nicht erwähnt, Leben auch nicht. Warum eigentlich nicht? Wenn ich einmal in den Himmel einziehen werde, erwarten mich da viele Hühner und Schweine, die bedanken sich bei mir über ihr zwar kurzes aber überaus glückliche Leben, das sie durch mich erleben durften.

Hier in einer Brüterei werden täglich fünfzigtausend Kücken geschreddert, man muss diese Tiere unbedingt einmal ansehen: die haben eine riesige Freude an ihrem Leben. Veganer mögen das nicht, diese Freude am Leben, sie gönnen diesen Tieren ihr kurzes, glückliche Leben nicht. Hunger: Verbreitung, Ursachen & Folgen https://www.welthungerhilfe.de/hunger/Eine Milliarde hungernde Menschen befürchtet https://www.dw.com/de/eine-milliarde-hungernde-menschen-bef%C3%BCrchtet/a-54077260Ulrich Bosshammer

 

Vielen Dank für den anregenden Artikel. Übrig bleiben viel mehr Fragen als die Überzeugung durch visionäre Lösungsansätze: Mein erster Gedanke war die Rechnung „Wäre ich dann zum Glück schon tot?“ 2035, in 15 Jahren, wahrscheinlich nicht. Mein zweiter warf die Frage auf, ob denn tatsächlich alle Menschen aus angebauten Lebensmitteln ausgewogen zu ernähren sind, auch meine (noch nicht) schwangeren Töchter und meine noch ungeborenen Enkelkinder? Ohne Ernährungsexperte zu sein, sehe ich unsere veganen Freunde mit allerlei Nahrungsergänzungsmitteln hantieren, die ihnen das geben, was menschliche Wesen seit homo erectus vor rd. 1,5 Mio. Jahren durch tierische Nahrung zu sich nehmen. Mein dritter Gedanken galt meinen Hamburger Hühnern und meinen Honigbienen stellvertretend für den gewaltigen Wandel der Kultur und Anbaumethoden.

Kein Zweifel, rechnerisch werden riesige Anbauflächen frei, nur werden dort auch die Pflanzen wachsen, mit denen sich die Menschen regional und saisonal ernähren können? Oder tauschen wir wir dann nur gigantische Monokulturen aus, die über die Weltmeere transportiert werden müssen, während Landstriche verwüsten und sich der Großteil der Menschen ihrer (Ess)kultur beraubt sieht? Mich erschreckt an der Vorstellung der veganen Welt allerdings, dass die Idee global alle einbindet, die selbstgemachten und vielfach exportierten Probleme der Industrienationen zu lösen – dem Inuit keine Robbe mehr, dem Mongolen kein Yak, dem Massai kein Rind, dem Samen kein Ren. Wie wäre es stattdessen mit weniger Gier und Ignoranz, mehr Respekt und echter Bepreisung? – Sören Hansen

 

Zum Artikel der Frau Theiles möchte ich mein bares Entsetzten äussern ! Wie kann eine seriöse Zeitung wie die Ihre solch einen abstrusen Unsinn auf unschuldigem Papier drucken ! Dieser von utopischer Phantasie verfasste Artikel hat noch nicht mal den Wert in einer Schülerzeitung veröffentlicht zu werden ! Mag Frau Theile eine fanatische Veganerin und von Hass auf die reale Welt geprägt und Ihr Wunschdenken über alle Maßen; es ist doch jenseits von allem was sich diese Dame da zusammen faselt !

Ich kann Frau Theiles Phantasterei noch um einiges toppen , um das Ziel des veganen Paradieses zu erreichen : Die Genetiker mögen dem Menschen ein Gen zur Photosynthese einbauen , ihm wie dem Blattgrün eine grüne Haut verpassen um somit des Menschen Energiebedarf durch bloßes Sonnenbaden zu gewährleisten …. Ein „ Gedankenspiel „ ??? Nein , vielmehr subtile grüne Propaganda !! – Klaus Schindler

 

Ich danke Ihnen von ganzem Herzen für diesen wunderbar mutmachenden Text. Mir kamen beim Lesen die Tränen, so schön und voller Lösungen ist diese Welt. Wer könnte sie nicht wollen? Was hält uns davon ab, all das umzusetzen? Es wäre so einfach möglich. Schon heute. – Miriam Wolf

 

die idee zu diesem artikel fand ich gut, die darstellung komplett einseitig. ich betreibe einen bio (da keine tiere sogar bio-veganen) landwirtschaftsbetrieb im nebenerwerb, daher sind die beispiele eher landwirtschaftlich geprägt. wie funktioniert in einer komplett veganen welt die „regulierung des wildtierbestandes“? ich gehe davon aus, dass es keine jagd mehr gibt. dh es kommt entweder zu einer flächigen ausbreitung von raubtieren (wolf, bär, etc), die den bestand von hasen, rehe etc in zaum halten oder zu einer massiven zunahme von wildschäden in der landwirtschaft.

in dem artikel wird die umstellung der eu-gelder in richtung transformation der landwirtschaft insbesondere für den ausstieg aus der tierischen produktion umgeleitet. das wiederum würde bedeuten, dass die zahlungen für reine (bio-)ackerbauern sinken. steigen dann die lebensmittelpreise oder kommt es zu einer weiteren konzentration auf größere landwirtschaftsbetriebe? (wobei ich eine veränderung der eu-förderungen hin zu mehr ökologie sehr begrüßen würde)

in dem artikel hören südamerikanische staaten einfach auf, soja zu produzieren und forsten den regenwald wieder auf. (wäre super) hier frage ich mich – widerstandslos? ohne dass diese (beinahe kriminelle) wirtschaftsenergie in andere richtungen geht? auch beim ernährungsbeispiel wurde „mögliche schlechte gegenwart“ (zuviel fleisch etc) mit „optimaler veganer ernährung“ verglichen. hier frage ich mich, ob eine ausgewogene omnivore ernährung gegenüber einer veganen ernährung keinen mehrwert hat (abgesehen von B12). – georg schmid

 

Mit großem Interesse habe ich Ihre Visionen zu einer Veganen Welt gelesen. Ich selber ernähre mich nicht vegan, aber esse sehr selten Fleisch. Hingegen gibt es bei uns regelmäßig Fisch, auch als Brotaufstrich. Deshalb habe ich in Ihrer Vision vermisst, wie ein guter Ersatz für Fisch aussehen könnte. Während ich dies tippe fällt mir auch ein, dass Fleisch ja nicht nur durch Nutztiere vermarktet wird, sondern – wenn auch wohl zu einem recht geringen Anteil – durch Jagd. Vielleicht gibt es ja noch eine Fortsetzung? – Renate Poppendieker

 

Ein schöner Gedanke, den Sie in ihrem Artikel trefflich gesponnen haben: Alle leben vegan! Nun ja, die, mangels Fleischkonsums, fehlenden Dinge kann man ja als Pillen zu sich nehmen. Ich werde das hoffentlich nicht mehr erleben müssen, denn auf Nudeln, Eier, Käse und Milch möchte ich nur ungern verzichten, Fleisch ist mir nicht so wichtig. Ich würde ihren Gedanken gerne etwas weiter „spinnen“, denn es gibt noch mehr Aspekte, die nicht genannt wurden. Nur ein paar spontane Einfälle:

Wenn es kein Fleisch mehr gibt und damit auch keine tierischen Fette, werden eine große Zahl an Gebäcken aus unseren Bäckereien verschwinden: Brezeln, Laugengebäck, alles Schmalzgebackene, so gut wie alle Torten und Kuchen usw.. Margarine ist leider kein brauchbarer Ersatz in diesen Fällen, ein Käsekuchen ohne Quark, eine Buttercremtorte oder Schmalzgebackenes mit Margarine? Neben der Reduktion aller Schweine und der Eliminierung aller Rinder, müssen alle Hunde und Katzen eingeschläfert werden, sie können nicht ohne Fleisch leben: Bei Hunden müsste man zahlreiche Mangelerscheinungen kompensieren, Katzen sterben bei veganer Ernährung. Die Sozialauswirkung einer solchen Maßnahme stelle ich mir verheerend vor.

Da die vegane Ernährung sehr viel mehr Land benötigt um uns alle satt zu machen, müssen die Pferde ebenfalls verschwinden, denn Weideland muss zu Ackerland umgebaut werden. Da Weiden aber zumeist dort sind, wo die Böden kaum Ertrag bringen, muss man den Boden verbessern. Allerdings fehlt uns jetzt der Naturdünger (der mit den Nitraten von Rind und Schwein), so dass man entweder chemisch düngen muss (das geht ja wohl gar nicht, wenn wir der Erde etwas Gutes tun wollen), oder der Ertrag geht erheblich zurück – und damit braucht man schätzungsweise 3 bis 4 mal so große Anbauflächen wie heute unterm Pflug sind. Das schafft Arbeit für den Landwirt. Da wird dann auch so mancher Wald weichen müssen. Und die Städte werden mehr in die Höhe als in die Breite wachsen müssen. Soviel freie Flächen hat die Republik ja nicht mehr. Alternativ bringen wir wieder unsere eigenen Fäkalien aufs Feld. Aber wollen wir das wirklich?

Wenn Hunde und Katzen euthanasiert sind, alle Pferde ebenfalls, Schweine und Rinder nicht mehr leben, dann braucht man auch keine Tierärzte mehr. Von Kaninchen und Hamstern können die 31888 Tierärzte (Quelle: BTK 2019) nicht leben. Nun gut, da sie ohnehin vielfach ganzheitliche Medizin offerieren, könnte man sie gut auf Menschen loslassen. Sie sind in manchen Diagnosen erfahrungsgemäß treffsicherer als der zu stark spezialisierte Humanarzt: Tiere können ja bekanntlich nicht sprechen, daher muss man sie wesentlich genauer untersuchen.

Ach ja, Veterinärämter, sowie alle Interessenvertreter, Versicherungen, Berufsrentenkassen usw. entfallen ebenfalls, es ist ja nichts mehr da zu prüfen oder zu verwalten. Ebenfalls arbeitslos werden auch viele Röntgenprüfer, Sicherheitsprüfer, Berufsgenossenschaftsvertreter und wer sonst noch so alles jährlich die 12000 Praxen prüft und damit sein Geld verdient. Aber letztere reihen sich dann nahtlos ein in die Zahl derer, die heute die Viehställe prüfen. Die werden alle arbeitslos und nirgendwo sonst werden diese Dienste benötigt. Wenn die Pferde nicht mehr da sind, dann wird auch die grade wieder einsetzende Holzrückarbeit mit dem Pferd in den Wäldern der Vergangenheit angehören. Es wird nur noch Vollernter geben, die die Böden verdichten und kein Wasser mehr eindringen lassen. Die Ergebnisse kann man sich sehr gut im Sauerland (Empfehlung: westlich der A45 zwischen Olpe und Hagen) ansehen – das ist mittlerweile ein Trauerland.

Fraglich ist, was wir mit dem Wild im Wald machen werden. Da es keine Tierärzte mehr gibt, werden die Schweine nicht mehr geimpft. Seuchen wie die Schweinepest werden sich ungehindert ausbreiten. Nun, dass wird den verhassten Wildschweinen dann den Garaus machen, das ist ja nicht verkehrt. Die Wildschweine müssen ohnehin alle sterben, wenn wir von unseren, dann sehr mageren Äckern künftig noch etwas ernten wollen. Wir können nur hoffen, dass es keinen Fall von Milzbrand gibt, denn der ist auch für Menschen tödlich und wird meist von Veterinären zuerst entdeckt. Aber wenn alle Rinder tot sind, dann ist damit vielleicht auch Schluss. Die Myxomatose wird die Kaninchen reduzieren. Nun, wenn wir sie ohnehin nicht mehr essen wollen, was soll’s. Ein Problem könnte das Rehwild werden. Dazu müssen wir dann den Wolf sehr stark vermehren, damit er den Jägern die Arbeit abnimmt. Das Risiko unbewaffnet in den Wald zu gehen nimmt dann zwar etwas zu, aber das muss man halt in Kauf nehmen.

A propos Seuchen: Die werden noch erheblich verstärkt durch das Fehlen von Katzen. Wo es keine Katzen gibt, explodiert die Anzahl von Mäusen und Ratten. Soviel Füchse, Habichte und Bussarde haben wir nicht, weil sie keinen Lebensraum mehr haben, oder die Tollwut. Und was diese Säuger alles mit sich herumschleppen, dass kann man in Geschichtsbüchern nachlesen. Da werden Krankheiten wieder auftreten, die ein Arzt nur aus seiner „Historie der Medizin“ – Vorlesung kennt. Ich höre hier mal auf, auch wenn man den Gedanken noch sehr viel weiter spinnen kann. Vielleicht ist das vegane Leben ja eine gute und unauffällige, weil stark positiv besetzte Methode, die Zahl der Menschen auf der Erde zu reduzieren? Das wird der Erde dann richtig gut tun. Sie leisten hiermit Pionierarbeit! – Andres Sommer

 

Der Artikel war ein wunderbares Beispiel dafür, wie sich eine Ideologie die Zurichtung einer Welt und ihrer Bewohner vorstellt. Eine Ideologie deshalb, weil der Ausgangspunkt niemals der einzelne Mensch in seiner ganzen Fehlbarkeit ist, sondern, in diesem Fall eine Melange aus dem Axiom, daß jedes Tier in seiner Würde dem Menschen gleichzusetzen sei und, als argumentativer Glücksfall, dem ökologischen Zustand des Planeten. Heraus kam die Skizze einer Welt, die nicht nur zufällig sondern naturgemäß dystopische Züge aufweist.

Es ist kein Zufall, dass man beim Lesen unwillkürlich an Orwell und Huxley erinnert wird, denn es fehlt vollständig die Zeit zwischen dem Jetzt und dieser Zukunft. Das, was in diesem Artikel beschrieben wird, besitzt den Charme eines technokratischen Systems, das die Heilslehre mit Verboten und Umerziehung bis in den letzten Winkel einer menschlichen Existenz presst. Kennen Sie die Schlüsselszene aus „Soylent Green“ von 1973, als der alte Mann als letzten Höhepunkt, bevor er in ein Nahrungsmittel verwandelt wird, einen Film mit wunderschönen Naturszenen vorgespielt bekommt? – Achim Hauck

 

Anfangs klingt alles sehr schön. Anhand gut recherchierter Beispiele weist die Autorin nach, dass die Menschheit ohne Fleisch und andere Tierprodukte auskommen kann, mit vielen positiven Effekten. Durch die Umstrukturierung der Landwirtschaft werden Flächen frei, Natur, Klima und Artenvielfalt regenerieren sich, Zivilisationskrankheiten, die durch zu viel Fleischkonsum verursacht werden, verschwinden. So weit, so gut. Nach und nach erschließt sich aber, was für eine Welt dieser Text beschreibt, der seine Leser mit suggestivem „Du“ anspricht.

Es geht nämlich nicht etwa um Förderung von Kleinbetrieben, höhere Fleischpreise und Überzeugungsarbeit beim Verbraucher, der letztlich selbst entscheidet, wie er sich ernähren will. Ganz im Gegenteil: “Der Handel mit tierischen Produkten (…) ist verboten und wird mit hohen Strafen belegt.“ Und hinter den Kulissen blüht der Schwarzmarkt für illegal und unkontrolliert produziertes Fleisch. Wer cool ist und es sich leisten kann, muss auf nichts verzichten. Wir haben es bereits geahnt, dieser Artikel bestätigt die Vermutung: Die vegane Welt ist keine freie Welt, und als gerecht kann man sie auch nicht bezeichnen. Eine Welt, in der man nicht leben möchte. – Dr. Sabine Brandenburg-Frank

 


 

 

Leserbriefe zu „Vortritt für Geimpfte?“ Streit von Wolfram Henn und Uwe Janssens

 

Der Streit zwischen den Ärzten Henn und Janssens lässt eine dramatische Entwicklung bei der Versorgung – ob technisch oder personell – völlig unbeachtet, das Priorisieren von medizinischen Leistungen. Wer durch den eigenen Verzicht auf Impfung die Ärzteschaft zwingt, darüber befinden zu müssen, hat einen Anspruch auf Priorität verwirkt. Dieses muss jedem bewusst sein. – Jürgen Dressler

 

Verkehrte Welt. Ein Intensiv- und Notfallmediziner vertritt eine erheblich differenziertere und humanere ethische Position als ein Medizinethiker und Mitglied des Ethikrates. Ich bin überrascht; erfreut und entsetzt gleichzeitig. Und hätte Herrn Uwe Janssens deutlich lieber im Ethikrat! – Dr. med. Sibylle Riffel

 

Seit Jahren lese ich sehr aufmerksam die „Zeit“, weil ich bemerken konnte, dass viele Missverständnisse, die den sozialen Frieden stören, ihre Ursache in unkorrekter Formulierung von Meinung haben. Meinungen und Fakten nicht sauber zu trennen wäre eine zweite Ursache. Beides passiert regelmäßig auch bei Profis. Bei Ihrem Interview mit Herrn Henn und Herrn Jannsen schreiben Sie: „Es gibt Menschen, die fürchten sich zu Recht vor einer Impfung.“ (…) So, wie dieser Satz formuliert ist, lässt er sich verschieden interpretieren. 1. Es ist völlig richtig, sich vor einer/ dieser Impfung zu fürchten, weil sie fürchterliche Folgen haben kann/hat. 2. Jeder Mensch hat das persönliche Recht, sich vor einer/dieser Impfung zu fürchten, auch wenn diese Angst in den meisten Fällen unbegründet ist. Ein Leser, der skeptisch bezüglich des Impfens ist und sich um sachdienliche Information bemüht, muss nach dieser Formulierung den Eindruck haben, dass die Schutzimpfung vor Covid 19 zu Recht gefürchtet ist und Ihnen möglicherweise Fakten vorliegen, die Sie verheimlichen.

Ich selbst stehe Impfungen sehr positiv gegenüber und habe zum Glück noch nie auch nur eine mögliche Nebenwirkung verspürt. Aber die Nebenwirkungen unsachgemäßer Formulierungen und suggestiver Fragen gerade bei Journalisten, die für die korrekte Nutzung der Sprache bezahlt werden, sind seit Jahren dermaßen groß, dass man kein Verschwörungstheoretiker zu sein braucht, um genügend Munition für jede Kanone zu finden, damit die Vernunft Schaden nimmt. Gut gemeint ist noch lange nicht gut, hat Brecht einmal geäußert. Ich wäre sehr froh, wenn Sie mir Ihre Interpretation des Satzes mitteilen könnten und wenn Sie es gemeinsam mit Ihren Kollegen schaffen würden, die Sprache weniger manipulativ einzusetzen. – Heike Loitsch

 

Natürlich geht es nicht, dass Impfverweigerer im Krankheitsfall nicht an ein Beatmungsgerät angeschlossen werden. Aber was spricht dagegen, dass sie sich schriftlich verpflichten müssen, eine entsprechende Behandlung im Krankenhaus aus eigener Tasche zu bezahlen? Wenn es an den Geldbeutel geht, werden wohl viele potentielle Impfverweigerer sich eines Besseren besinnen, bzw. wenn sie sich trotzdem weiter verweigern, dann könnte man mit dem eingenommenen Geld viel Sinnvolles anfangen, z.B. das Pflegepersonal besser bezahlen. – Peter Dodel

 

Herr Henn macht sich um Fragen eines ethischen zwischenmenschlichen Umgangs seit Jahren Gedanken und ist dennoch in einem erstaunlichen Ausmaß respektlos und herrschsüchtig gegenüber Mitmenschen, die die die Gefahren des Impfstoffes anders einschätzen. Ich hoffe, er ist im Ethikrat eine Ausnahme. – U. Berns

 

Es irritiert mich, wenn in einem Gremium wie dem Ethikrat, also einer der obersten moralischen Instanzen dieses Landes, jemand sitzt, der Äußerungen von sich gibt, wie sie in diesem Interview zitiert werden. Ganz klar sehe ich mich auf der Seite von Herrn Dr. Janssens und seiner Auslegung des hippokratischen Eids und der freien Entscheidung. Vielleicht sollte lieber er in den Ethikrat aufgenommen werden. Besonders erschreckend fand ich Herrn Herrns Aussagen, dass Schlagen auf den Tisch Zappelphilippe zur Räson bringt und sie konzentriert werden lässt. Und Impfunwillige in besonders betroffenen Berufe sollte man an die Kandare nehmen. Ob diese konservative Sichtweise zu einer solch sensiblen Debatte passt?

Der Polarisierung hat er damit jedenfalls, offenbar ungewollt, Vorschub geleistet. Und zusätzlich noch eine „das habe ich nicht so gemeint“-Debatte auf dem Rücken von Kants kategorischem Imperativ auszutragen, widerspricht dieser Philiosophie grundsätzlich. Wie auch Herr Henn haben wir alle keine Erfahrungen mit einer derartigen Krise und ich bin dankbar für schlaue Köpfe, die Pläne machen, Entscheidungen treffen und Strategien überdenken. Über allem steht jedoch das Recht jedes Einzelnen, auch bei der Entscheidung, ob ich geimpft werden möchte oder nicht. Und das hat nicht zuerst etwas mit unsolidarischem Handeln zu tun, sondern mit Vernunft, gesunder Skepsis und Hoffnung. Und so wie es diese Haltung nach Herrn Janssens Aussagen in der Ärzte- und Pflegerschaft gibt, wird sie in allen gesellschaftlichen Bereichen zu finden sein, unabhängig von Coronaleugnern und anderen Querulanten. – L. Glasmann

 

Neben der Vermeidung von Kontakten und Beachtung der AHA – Regel ist die Impfung die beste Maßnahme zum Schutz vor einer Corona-Infektion und (vermutlich) auch vor einer weiteren Verbreitung des Virus. Wenn nun in einer Umfrage der Fachgesellschaft für internistische Intensivmedizin nur knapp 50 % der Befragten mit einer Impfung einverstanden sind, dann muss diese Nachricht doch viele „Normalbürger“ sehr verunsichern, die täglich in allen Nachrichten und Talk-Shows mit den schlimmen Auswirkungen dieser Erkrankung konfrontiert werden.

Wie kann es sein, dass in einer Gruppe von Ärzten und Pflegekräften, die in ihrem Berufsalltag ganz nahe bei den schweren COVIC 19 – Verläufen sind und bei denen auch ein ausreichender Sachverstand angenommen werden kann, über die Hälfte das nach den verschiedenen Studien sehr geringe Risiko einer Corona-Impfung höher einschätzt als das Risiko einer Erkrankung mit entsprechenden Folgeerscheinungen? Wird damit nicht auch noch ungewollt den Querdenkern mit ihren abstrusen Vorstellungen in die Hände gespielt?

Die Pandemie wird auch dieses Jahr noch weit überdauern. Wenn sich die Corona-Impfung weiterhin als hochwirksam und gut verträglich erweist, wird man um eine Verpflichtung des patientennahen Klinikpersonals zur Impfung gar nicht herumkommen, es sei denn, dass der Krankenhausträger bei allen Nichtgeimpften täglich vor Dienstantritt einen Schnelltest durchführen lässt. Andernfalls wäre wohl bei einer schwerwiegenden Corona-Infektion eines Patienten während seiner stationären Behandlung die Beweislage im Haftungs-verfahren für die Klinik sehr ungünstig. – Dr. med. Benno Übelmesser

 

Besonders erwähnenswert ist der Kommentar des Kollegen Janssens zur Überversorgung in Deutschland. Er benennt einen Missstand, dem wir im ärztlichen Alltag auf der Intensivstation und im Notarztdienst täglich begegnen. Wir erleben Patienten mit neu aufgetretenen akuten Erkrankungen oder Verschlechterungen von ohnehin schon schweren Vorerkrankungen, oft in hohem Alter, mit absehbar schlechter Prognose. In manchmal geradezu infantilem Vertrauen in die Möglichkeiten der modernen Medizin wird dann intensivmedizinisch behandelt, möglicherweise noch operiert und hilflos zugesehen, wie eine Organfunktion nach der anderen den Dienst einstellt und der Patient schließlich verstirbt – begleitet von Monitorgepiepse und umgeben von blinkenden Geräten.

Es braucht große Sensibilität der Behandler, in solch kritischen Momenten den Willen des Patienten im Gespräch zu destillieren und ihn auf seinem Weg würdevoll zu begleiten. Der verzweifelte und existenziell bedrohliche Moment des medizinischen Notfalls ist wenig geeignet für eine ruhige Auseinandersetzung mit der Endlichkeit des Lebens. Viel erstrebenswerter, weil das ganze soziale Gefüge mit einbeziehend, wären solche Gespräche schon weit im Vorfeld des akuten Ereignisses. Da aber lässt sich der Gedanke an „solche Themen“ vortrefflich verdrängen, und das Gespräch innerhalb der Familie findet dann einfach nicht statt. Dabei ist es keine sehr absurde Vorstellung, als Angehöriger in solch eine Entscheidungssituation zu kommen, jedes Jahr werden in Deutschland mehr als zwei Millionen Menschen auf eine Intensivstation aufgenommen. Jeder fünfte wird im Verlauf beatmet und kann seinen Willen dann auch nicht mehr selbst äußern.

Ergebnisse eines Gesprächs im Vorfeld könnten sein, wer Ansprechpartner für das Behandlungsteam wird, welches Ausmaß der Therapie gewünscht wird (Vollgas oder eher Handbremse reicht oft schon als Orientierung) und bestimmte Situationen, in denen das Behandlungsziel von kurativ auf palliativ geändert werden soll. – Dr. med. Christoph Mauer

 

Ich habe in den letzten Jahren immer wieder mit Unwillen den diffusen Umgang Ihrer Zeitung mit dem Thema Medizin verfolgt und möchte mich endlich einmal dazu räuspern: Das Interview mit Wolfgang Henn und Uwe Janssens wird von den Damen Finger und Parnack leider nur in mäßiger Kenntnis der Sachverhalte geführt. Hierbei kommt es zu tendenziösen Äußerungen der Interviewer wie „ .. es gibt Menschen , die fürchten sich zu Recht vor einer Impfung“ . Wieso zu Recht?? Oder : „ zum erhöhten Ansteckungsrisiko für das medizinische Personal käme dann der Impfzwang“…umgekehrt wird ein Schuh draus , da nach einer Impfung das Ansteckungsrisiko vorbei ist.

Die Frage nach Vermeidung des Themas Tod und Triage im Ethikrat …bitte, meine Damen, Triage ist das individuelle , ad hoc unter Berücksichtigung der situativen Gegebenheiten zu leistende Abwägen über die vorrangige Behandlung bei zu vielen sterbenskranken oder verwundeten Patienten. Das ist unabdingbar vor Ort, nicht aber im Ethikrat zu klären. Hinlänglich bekannt sein sollte die Ressourcenknappheit…des Personals, nicht der Beatmungsgeräte. Auch die letzte Frage der „Zeit“ nach diesen Maschinen zeugt nicht von intensiver Beschäftigung mit der Sache . Insofern : bitte bessere Vorbereitung….leider ist Medizin ein Thema, in dem die Journalisten der „Zeit“ zu häufig fremdeln. – Ein*e Leser*in

 

Wenn mir ein Arzt sagt, er lasse sich aus medizinischen Gründen grundsätzlich nicht gegen Corona impfen, dann sehe ich ebenso bedröppelt in die Landschaft, wie wenn mir der Navigationsoffizier auf einem Schiff sagt, die Erde ist eine Scheibe. Ich gehe als nunmehr 75-Jähriger jährlich zur Grippeschutzimpfung und lese im Wartezimmer, dass ein erheblicher Teil des medizinischen Personals dies nicht tut. Was läuft da schief? Muss man Ärzte und medizinisches Personal intensiver aufklären, und wer soll das dann machen? – Reinhold Biggeleben

 

In der akuten Pandemie-Situation fordert Wolfram Henn Impfgegner dazu auf, ihre Position jeweils für sich zu Ende zu denken. In seiner Forderung nach Konsequenz und Wahrhaftigkeit sehe ich einen notwendigen aufklärerischen Impuls. Was wäre gewonnen, wenn er in der Bild-Zeitung Verständnis für die Impfgegner zeigen würde und in jedem Falle die Solidarität der Gesellschaft zusichern würde. Von einem konsequenten Zuendedenken würde auch Uwe Janssens profitieren, wo er am Ende des Gesprächs von der Überversorgung in der Intensivmedizin spricht: Denn der konsequente Einsatz von lebensrettenden Maßnahmen ist durchaus nicht immer human.

Ich verstehe auch Uwe Janssens so, dass er sich nicht zynisch, sondern im Sinne von Aufklärung und Humanität äußert. Auch wenn Herr Henn und Herr Janssens kontrovers diskutieren, geht es beiden im Themenkomplex Corona und Impfung um eine aufgeklärte Öffentlichkeit und um mündige Menschen. Es kommt immer darauf an, auf welcher Ebene bzw. in welchem Kontext eine Aussage Geltung beansprucht. Wolfram Henn äußert sich auf gesellschaftlicher Ebene, Uwe Janssens auf der Ebene der konkreten Notsituation eines Menschen (und auch auf der Ebene der pflegerischen Notsituation, in der sich Krankenhäuser befinden). Solidarität ist nicht voraussetzungslos, medizinische Hilfe schon. Und in letzter Konsequenz ist Konsequenz nicht das höchste Prinzip. – Reinhard Koine

 

Als langjähriger verantwortlicher Mitarbeiter im Gesundheitswesen (Leitung von Pflegeheimen, jetzt in Rente) hat mich die Position von Herrn Henn erschreckt. Das ist keine sachliche Argumentation, das ist der Aufruf zur Ausgrenzung von Menschen.Sein Beispiel mit dem Restaurant ist sprechend. Das ist gefährlich.Das kann auch zu Gewalt gegen Minderheiten führen. Hat Herr Henn noch den Abstand von 1,5 Mtetern zu Herrn Trump gehalten? Ist Herr Henn im Deutschen Ethikrat am richtigen Platz? Umso mehr Respekt für die Aussagen von Herrn Janssens!

Seine Position ist differenziert, spricht aus der praktischen Erfahrung und läßt die Menschen nicht alleine. Man tut gut daran, wenn man sich insbesondere die Aussage von Herrn Janssens zur vorletzten Frage der Zeit noch einmal genauer durchliest, sie mit Angehörigen und Freunden intensiv diskutiert und dann vielleicht Konsequenzen für seinen Umgang mit Krankheit, Tod und Sterben zieht. Auch Herr Henn sollte nochmal lesen und nachdenken. Vielleicht kann er dann abrüsten und seine Waffen einmotten. – Peter Seuferling

 

Nach Aussage des beteiligten Mediziners wollen sich über 50% des betreuenden Ärzte- und Pflegepersonals nicht gegen das Coronavirus impfen lassen! Wie kann es sein, dass in diesem Streitgespräch eine derart schockierende Aussage übergangen wird? Was sind die tatsächlichen Gründedafür, dass gerade Ärztinnen und Ärzte diese Haltung einnehmen? Und: Ist diese Berufsgruppe nicht mehr dem Gemeinwohl verpflichtet? Ich bitte die Autorinnen des Artikels, dieser Frage gründlich nachzugehen und versichere Ihnen, dass ich weder Impfverweigerer noch Verschwörungstheoretikern bin. Meinen Impftermin, wann immer der stattfindet, werde ich wahrnehmen. – Michael Deil

 

Selten hat mich ein Streitgespräch so hilflos und wütend hinterlassen. Vor nicht allzu langer Zeit war in Ihrer Zeitung von Frau Buyx zu lesen, der Dt. Ethikrat spreche sich gegen einen generellen Impfzwang gegen Corona aus. Das Thema gärt schon lange. Die Politik wird nicht müde zu betonen, es werde keine Impfpflicht geben und es klingt doch überall durch: Wiedererlangung unserer eigentlich selbstverständlichen Freiheiten nur gegen Impfnachweis. Wohin haben wir uns durch Corona bringen lassen?

Nun könnte, mit der Verfügbarkeit des lang ersehnten und kaum erprobten Impfstoffs, ein neues Kapitel Darwinismus anbrechen. Es soll Menschen geben, bei denen die Impfung, egal auf welcher Basis, m-RNA oder Vektor, kontraindiziert ist. Und die Übergänge zwischen Menschen mit Kontraindikationen und Impfskeptikern dürften fließend sein, wenn es in der Anamnese schon einmal zu Unverträglichkeiten oder schweren Impfschäden, auch in der Umgebung, kam. Sollte sich der Impfzwang, erklärt oder durch die Hintertür, durchsetzen, würde wohl kaum ein Transportunternehmen, kein Hotel, kein Restaurant, kein Kulturbetrieb eine entsprechende Bescheinigung akzeptieren. Dann könnte es zu der paradoxen Situation kommen, dass der betreffende Mensch bislang Corona-frei durch die Krise kam, mit abnehmender Gefahr sich aber in Dauer-Quarantäne begeben müsste, komplett und endgültig ausgeschlossen von jeglicher „Teilhabe“.

Von einem Ethikrat(-Mitglied) erwarte ich eine differenziertere Darstellung. Und da ich selbst u.a. als Ärztin in der Intensivmedizin tätig war, sei Herrn Kollegen Janssens für den Hinweis auf die Überversorgung in der Intensivmedizin gedankt. Ich jedenfalls habe verfügt: Keine Beatmung, nur palliative Behandlung im Fall des Falles, der in irgendeiner Form irgendwann eintreten wird! – Dr. med. Susanne Wetzel

 

Normalerweise bin ich jeden Sonntag ganz entspannt und widme mich der ZEIT-Lektüre. Heute ist mir aber fast der Kaffee aus dem Gesicht gefallen. Mag man schon den Ansichten von Wolfram Henn zu den Impfverweigerern grenzwertig begegnen, so ist mir als Sonderpädagogen, der mehr als 25 Jahre an vorderster Front in Förderschulen und seit 13 Jahren im inklusiven Unterricht mit den sogenannten „Zappelphillippen“ arbeitet, fast die Galle hochgegangen.

So einfach ist das also: Einfach mal mit der flachen Hand auf den Tisch hauen, dann kann man weiterarbeiten. In diesem Fall hätte ich mir eigentlich mein Studium sparen können. Das man es aber bei Kindern mit AD(H)S oft mit Menschen zu tun hat, welche übringens medizinisch nach dem IC D10 F90-98 definiert sind, die auf unterschiedliche Art und Weise Hilfe und Unterstützung benötigen, scheint unserem Humangenetiker aber wohl verborgen geblieben zu sein. Als Mitglied des deutschen Ethikrates würde ich mir mehr Menschen wünschen, die weniger plakativen Unsinn von sich geben. – Gunnar Risch

 

Für mich als aufgeklärten und wissenschaftsnahmen ZEIT-Leser war die Ausgabe vom 7. Januar 2021 ein echter Schlag in die Magengrube. An fing es mit dem Streitgespräch zwischen Wolfram Henn und Uwe Jansens, das an sich höchst lesenswert ist, wenn nicht den beiden Zeit-Moderatorinnen der Satz herausgerutscht wäre, dass es Menschen gäbe die sich „zu Recht“ vor einer (Corona-) Impfung fürchten. Nicht falsch verstehen, ich stehe jeder und jedem das Recht zu, sich nicht gegen Corona impfen lassen zu wollen, aber mindestens dann, wenn wir die wissenschaftliche Evidenz zugrunde legen (und nichts besseres haben wir), muss festgestellt werden, dass eine Furcht vor der Impfung unbegründet ist, und damit auch niemand beanspruchen kann, sich „zu Recht“ zu fürchten.

Die individuellen Beweggründe beruhen folglich auf einer diffusen Gefühlslage, verursacht durch das Unvermögen oder den Unwillen, sich mit der wissenschaftliche Evidenz zu beschäftigen, einem nicht näher begründbaren Ressentiment also. Der ZEIT stände es gut zu Gesicht, auch in solchen Fragen zwischen fundierten Meinungen und Ressentiments zu unterscheiden. Leider sind es solche die wissenschaftliche Evidenz verweigernden Ressentiments, die uns beispielsweise UCH Leugner des Klimawandels als ihre “Meinung“ verkaufen., oder diejenigen, die Ihre Fremdenfeindlichkeit mit „Ängsten“ um die „abendländische Kultur“ legitimieren.

Der Gastbeitrag von Steffen Huck, demzufolge der Doktortitel abgeschafft gehöre, macht es für mich nicht besser. Viele der Phänomene, die er beschreibt, mögen vielleicht für die Rechts- oder Wirtschaftswissenschaften zutreffen (da kenne ich mich nicht aus), nicht jedoch auf die Naturwissenschaften, wo Promotionen in aller Regel aus wissenschaftlichem Interesse und weniger aus Karrieregründen angetreten werden, regelmäßig länger als drei Jahre dauern und für welche aufgrund des experimentellen Ansatzes die Infrastruktur eines Lehrstuhls unabdingbar ist.

Zwar gab es auch in den Naturwissenschaften Betrugsaffären, aber es sollte doch zu denken geben, dass die Politikerpromotionen, auf welche Steffen Huck anspielt, sämtlich nicht den Dr. rer. nat. betrafen. Doktoranden sind in den Naturwissenschaften die Motoren des wissenschaftlichen Erkenntnisprozesses, da sie über einen längeren Zeitraum intensiv und in der Regel selbstbestimmt an einem Thema forschen. Die Promotion abzuschaffen, hiesse diesen Motor herauszureissen. Wenn Herr Huck unbedingt meint, dann gerne in den Rechts- oder Wirtschaftswissenschaften. Für die Naturwissenschaften wäre es das Todesurteil. – Dr. Ulrich Storz

 

Angesichts unseres Nicht-Wissens über mögliche Spätfolgen und über eventuelle seltene Nebenwirkungen kann die erforderliche Abwägung ( Erkrankungs- versus Impfrisiko ) nur jeder für sich selbst treffen; hier wäre eine Benachteiligung bei Entscheidung gegen Impfung ( oder eine Impfpflicht wie bei Masern, wo das Nutzen-Risko- Verhältnis klipp und klar ist) derzeit noch nicht zu rechtfertigen. Anders aber beim Maskentragen! Hier steht einer mittlerweile als gesichert anzusehenden Schutzwirkung (s.u.) keinerlei Risiko gegenüber. Ich meine, wer zweimal ohne Maske erwischt wird, sollte im Erkrankungsfall ins zweite Glied gehören, wenn die Behandlungsplätze knapp werden. Ich würde mir wünschen, daß die Einhaltung der Maskenpflicht in der Öffentlichkeit endlich wirkungsvoll kontrolliert und Mißachtung drastisch geahndet wird.

Auf dem luftigen Bahnhof stehen neuerdings zwei Polizisten und sprechen Nicht-Maskenträger an – im Zug hingegen, wo mangels Lüftung und größerer Enge als auf dem Bahnsteig das Maskentragen wesentlich wichtiger wäre, findet keinerlei Kontrolle statt – sehr wohl aber Mißachtung ( nicht selten trotzig-agressiv.) Das Bittere ist: die mittlerweile ergriffenen schwerwiegenden Einschränkungen ( mit all ihren wirtschaftlichen und psychosozialen Folgen ) bräuchten wir wahrscheinlich gar nicht, wenn die einfachen Regeln eingehalten würden: Wir wissen mittlerweile, daß in Krankenhäusern, wo Patienten und Personal konsequent Masken tragen, es zu praktisch keinen Covid-Infektionen mehr kommt. – Dr. med. Christian Rudolph

 

Die derzeit diskutierte Impfpflicht für einzelne Berufsgruppen ist voraussichtlich juristisch nicht durchsetzbar. Das ändert nichts an der grundsätzlichen gesellschaftlichen Relevanz der Frage: Impfgegnerschaft belastet Mitbürger durch Ansteckung und die Krankenkassen durch nicht notwendige Infektionsbehandlungskosten. Das ist ein ethisch/moralisches Moment, es geht um die Verantwortung gegenüber der Gesellschaft. Im Grundgesetz sind leider ausschließlich Rechte definiert, Pflichten resultieren allenfalls aus den Respekt gegenüber den Rechten anderer. Was wäre, wenn man mit der Impfgegnerschaft wie folgt umgeht:

1. Niemand muss sich impfen lassen. 2. Die Krankenkassen übernehmen keine Behandlungskosten für ungeimpfte infizierte Kranke. 3. Voraussetzung: Das gilt nur für Infektionskrankheiten, die epidemisch auftreten können. Kann der Kranke ein ärztliches Attest vorweisen, das feststellt, das eine Impfungen aus medizinischen Gründen nicht geboten war, ist der Versicherungsschutz gesichert. Dieses Modell nimmt niemand die Freiheit, aber jeder muss sich genau überlegen, welches Risiko er eingehen will. Das würde die Impfbereitschaft deutlich befördern. – Dr. F. Kleiner

 

Zunächst einmal möchte ich Ihnen ein dickes Lob aussprechen, dass Sie (nicht nur) in der Rubrik „Streit“ einen wichtigen Beitrag für eine fundierte Meinungsbildung leisten. In dem Streitgespräch „Vortritt für Geimpfte?“ kann ich die Argumentationsbasis des Herren Henn überhaupt nicht nachvollziehen. Basis seiner Argumente sind, Corona ist lebensgefährlich und wer sich nicht impfen lässt, geht fahrlässig mit seiner Gesundheit um und verursacht enorme Gesundheitskosten für die Allgemeinheit.

Wenn man öffentlich zugängige Statistiken näher betrachtet, ist Corona für einen speziellen Teil der Bevölkerung relativ gefährlich. 15% der über 80-jährigen sterben an/mit Corona, wenn Sie infiziert werden, 85% aber eben auch nicht. In der Altersgruppe 0 bis 49 Jahre liegt die Todesrate bei unter 0,09%. Allgemein liegt wohl die Erkenntnis vor, das Vorerkrankungen oder eine allgemeine Immunschwäche die Gefährlichkeit steigern. Von daher ist nüchtern betrachtet, das Risiko für einen schweren Verlauf oder Tod durch Corona individuell recht gut kalkulierbar.

Ich weiß nicht, warum Herr Henn es fahrlässig findet, wenn ich mich (zunächst) nicht impfen lassen möchte. Meine altersgruppenspezifische Todesrate liegt bei 0,3%. Hinzu kommt, dass ich in meinem fast 30 jährigem Berufsleben, wenn überhaupt, einen oder zwei Krankheitstage im Jahr habe und bisher nie mit einer Grippe zu tun hatte. Ich kann also davon ausgehen, dass mein Immunsystem ziemlich intakt ist und ich mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen schweren Coronaverlauf erwarten muss. Und wenn doch, schätze ich das Risiko nicht höher ein, als bei meinen täglichen Fahrradfahrten schwer oder tödlich zu verunfallen.

Solange die Vermutung besteht, dass geimpfte Personen dennoch Überträger von Corona sein können, ist das Impfen reiner Selbstschutz. Wenn sich alle, deren Risiko höher liegt sich impfen lassen, sind diese schon mal vor den Nichtgeimpften geschützt. Wenn dann noch ernsthaft Schutzmaßnahmen unabhängig vom Impfen für Alten- und Pflegeeinrichtungen umgesetzt würden, könnte die Gesamtzahl der Coronatoten um 50% bis 70% verringert werden. Dafür müsste man nur eine regelmäßige Negativtestung für registrierte Besucher und das Personal vorm Betreten der Heime einfordern.

Zu der von Herrn Henn propagierte Masernpflichtimpfung lässt sich nur sagen, dass bei insgesamt knapp 600 (tatsächlich nur 600) Fällen in 2019, davon 37% im Krankenhaus behandelt, gestorben ist wohl keiner, mit sehr großen Kanonen auf Spatzen geschossen wird. Derzeit wird die Masernimpflicht bzgl. der Verhältnismäßigkeit zurecht von Gerichten geprüft. Das wäre aber ein eigenes Thema in unserer angstgetriebenen Zeit. – Andreas Demny

 

Ihr Streitgespräch mit den Herren Henn und Janssens enthält für mich einen „Knackpunkt“: Herr Henn sagt: „Aber wenn bei Corona wie bei Masern, Vertrauen durch Erfahrung geschaffen ist und man auch gegen diese Krankheit traditionelle Impfstoffarten einsetzen kann…..“ D.h. es ist so: es gibt keine Langzeiterfahrungen und es ist eine neue Impfstoffart. Und wenn gerade medizinisches Personal gegenüber diesem neuen Impfstoff kritisch ist, so zeigt doch, wenn die bisherige Aufklärung noch nicht einmal medizinisches Personal überzeugt, dass etwas schief läuft.

Sprich: wir wissen zu wenig, welche Impfstoffarten bereits auf der Welt sind, wie sie gebaut sind und warum bei uns bisher eben keine traditionellen Impfstoffe verfügbar sind, sondern wohl erst irgendwann – s.o. Impfstoffe aus Russland oder China scheinen aber wohl teilweise auch traditionelle Impfstoffe zu sein. Ich bin 74 Jahre alt und werde mich auch mit einem mRnA-Impfstoffe impfen lassen, auch um der Wissenschaft als „Versuchskaninchen“ zu dienen, s. Erfahrung . Lieber wäre mir aber auch ein traditioneller Impfstoff… – Ingrid Kube

 

Es ist schon erstaunlich, wie Wolfram Henn versucht, sich nach seinem unsäglichen offenen Brief über Impfverweigerer aus der Verantwortung zu stehlen. Natürlich gibt es den Unterschied zwischen Wollen und Müssen. Doch befinden wir uns seit März letzten Jahres in einem Staat, der das Müssen über das Wollen stellt. Und das wird auch Herrn Henn bekannt sein. Und warum sollte gerade bei der Impfung der freie Wille über dem „gemeinnützigen“ Müssen stehen? Wenn Impfverweigerer im Ernstfall auf eine Behandlung verzichten sollten, dann müsste jedes mit einem Risiko behaftete Tun ebenfalls im Ernstfall von einer Behandlung ausgeschlossen werden.

Das ist natürlich nur durch absolute Kontrolle der Bürger in einem Verbotsstaat zu realisieren. Und wie es aussieht ,läuft es darauf hinaus. Aber wer sind die Impfverweigerer? Uwe Janssens hat richtig darauf hingewiesen, dass viele seiner Ärzte keine Querdenker seien. Viele der Impfverweigerer sind derzeit wohl keine Querdenker und Querdenker wiederum verzapfen nicht nur Unsinn, sondern kritisieren Maßnahmen der Regierung, wozu auch die Impfung zählt. Warum ist die Skepsis denn gerade beim medizinischen Personal so groß? Am Schluss Ihrer Debatte steht Jannsens Wort von der Überversorgung in der Intensivmedizin. Richten Sie doch mehr Ihren Blick auf die folgenden Worte des Intensivmediziners:“Aber jeder sollte sich klarmachen, was er angesichts einer nahezu aussichtslosen Situation definitiv nicht will.“

Damit sind wir wieder beim Willen. Diese Frage sollte auch der Ethikrat in der Corona Politik diskutieren. Stattdessen wird mit lebensverlängernden Maßnahmen eine Politik der Einschränkung rechtfertigt, die in dieser Form nicht mehr lange gesellschaftlich zu verantworten ist. Von Seiten der Politik und Medien hörte ich kaum Kritik an Wolfram Henns Worten. Sein Rücktritt wäre die logische Konsequenz gewesen. Stattdessen sollte Uwe Jannsens seinen Posten im Ethikrat übernehmen und der Politik auf die Finger klopfen. Denn der Personalmangel ist ein gesundheitspolitisches Versagen und daran ist auch kein Querdenker oder Wintersportler Schuld. – Thomas J. Birgel

 


 

 

Leserbriefe zu „Damenopfer“ von Anna Mayr

 

Wenn Anna Mayr die Ablösung von Linda Teuteberg als FDP-Generalsekretärin ohne jegliche Hintergrundkenntnisse auf deren Geschlecht schiebt, ist das nicht nur journalistisch dünn, sondern bei näherem Hinsehen auch eine weitere Spielart von Sexismus, deren Resultate schlimmer sind als ein zotiger Witz von Christian Lindner. Auch andere Punkte zeugen von geradezu fataler feministischer Voreingenommenheit: Ist das männliche Geschlecht der drei CDU-Vorsitz-Kandidaten wirklich Zeichen einer Partei, in der Frauen nicht weit kommen – oder hätte man das ganze Problem einer vorzeitigen Neuwahl womöglich gar nicht, wenn man genau diese Frage bei der Wahl von AKK 2018 einmal beiseite gelassen und sich auf die pure Eignung der Kandidatin konzentriert hätte? Zwei der drei Kandidaten wurden übrigens seinerzeit durch Angela Merkel „abgesägt“ – soviel zur These männlich dominierter Politik-Machtspielchen. – Daniel Kemper

 

In den Neunzigern bewarb ich mich als evangelischer Theologe und Publizist auf die Stelle als Leiter der Kirchenfunk-Redaktion in einem Funkhaus der ARD – obwohl in der Anzeige stand: „Frauen bevorzugt“. Meines Wissens dürfte das heute nicht mehr geschrieben werden. (Genommen wurde übrigens ein anderer Mann.) Denn in Stellenausschreibungen muss inzwischen peinlich genau das Gleichheitsprinzip beachtet werden; wir alle kennen zur Genüge das „m/w/d“. Diese Anforderung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes gilt zu Recht als epochale Errungenschaft der Gleichberechtigung. Und jetzt sollen für die Unternehmensführung Frauen bevorzugt werden? So wünschenswert es sein mag, dass dort mehr Frauen arbeiten: Wie ist das mit dem AGG vereinbar?

Diese juristische Frage ist nur eine von vielen. Geht die Forderung nach der Quote nicht davon aus, dass Frauen bestimmte Qualitäten besitzen, die Männer nicht haben – was in der Forschung längst als Gender-Klischee entlarvt ist? Und basiert sie nicht auf einer Einteilung in zwei Geschlechter, die wissenschaftlich gar nicht mehr haltbar ist? Das alles müsste schon befriedigend beantwortet werden, bevor mir die Forderung legal und legitim erschiene. – Hanno Herzler

Wenn Männer scheitern, bleiben sie oder fallen in der männerzentrieten Welt sogar nach oben. Jamaika 2017, Thüringen 2020, Stagnation rund um die 5%-Hürde – Christian Lindner ist unverändert das Machtzentrum der FDP. Wenn Frauen scheitern, fliegen sie. So hat es Linda Teuteberg erlebt, als Christian Lindner sie so lustvoll rauswarf. „Kulturkämpfe kann nur bestehen, wer sie erst mal als solche anerkennt“, sagte sie bei ihrem Rauswurf. Erst mal! In der vorkulturellen Stufe geht es animalisch zu. Kein Raum für emanzipatorische Schritte.

Es bleibt alles, wie es ist, schreibt Anna Mayr. „Wir haben Lust auf Gestaltung. Wir haben Lust darauf, nach dem Ende der Ära Merkel am nächsten Kapitel unseres Landes mitzuschreiben“: So von libidinöser Energie angetrieben betritt Christian Lindner auf dem zurückliegenden virtuellen Dreikönigstreffen als röhrender Hirsch die von Angela Merkel noch gar nicht verlassene Arena. Es geht animalisch zu. Auftakt der Alphatier-Schaukämpfe im Jahr 2021. Fortsetzung folgt am 16. Januar 2021. Bleibt zu wünschen, dass Annalena Beerbock sich richtig entscheidet. – Reinhard Koine

 

Es entspricht dem journalistischen Zeitgeist, große Fragen zu formulieren, ohne diese schlüssig zu beantworten. Die unbeantwortete Frage lautet: Welche Mannsbilder dominieren das Machtspiel der Politik und wie vermeidet man „Damenopfer“ in diesem Kampf Gut gegen Böse? Bitte beantworten Sie zunächst sich selbst diese Frage, bevor Sie Ihre Leser auf mehr als zwei Seiten der ZEIT an der Nase herumführen. Mein freundlicherTipp zur Selektionsmethode weiblicher Machtmenschen: Beginnen Sie mit der Analyse der Metaphysik des Merkelschen Mehltaus resp. der Merkelschen Persönlichkeitsstruktur inkl. Kleiderordnung.

Gewinnen Sie daraus bitte, ad 2, das verallgemeinernde Bild der uneitlen resp. unweiblichen Frau a la AM resp. Greta (oder auch Jogi Löw; dauerhafter Erfolg muss nicht sein). Sodann, drittens, schaffen bzw. bewerben Sie mittels dessen einen Pool weiblicher Models für Machtspiele und warten ab, wer von diesen Damen sich auf den unterschiedlichen Ebenen durchsetzt; verifizieren und/oder korrigieren mit den Ergebnissen Ihr Modell und starten neu und so weiter mit kontinuierlichen empirischen Nachbesserungen. – Gernot Henseler

 

Ich habe Ihren Artikel „Damenopfer“ aufmerksam gelesen und finde ihn sehr gelungen und erschreckend zugleich. Gelungen, da Sie nicht nur allgemein auf die Situation eingehen, sondern konkret Beispiele aufzeigen und Bezüge herstellen. Erschreckend, da es doch immer wieder aufs Neue ernüchternd ist solchen Tatsachen entgegengestellt zu werden. Verstehen Sie mich nicht falsch mir sind die Themen und Debatten über Frauenquoten, Diskriminierung und der gleichen nicht fremd, doch immer weider solch klare und aktuelle Ereignisse zu betrachten und einsehen zu müssen, dass sich wieder und wieder nichts geändert hat ist.. nun ja das Wort was ich hier am liebsten verwenden würde, müsste am Ende wohl noch zensiert werden, auf der anderen Seite befinden wir uns immer noch in einem freien Land und deswegen sag ich es einfach: es ist scheiße.

Ich bin Schülerin und werde jetzt im Frühjahr mein Abitur machen, naja hoffentlich wenn man die aktuelle Covid19 Situation betrachtet. Und auch wenn ich nicht plane direkt in die Politik einzusteigen, da meine zukünftigen, beruflichen Interessen doch in anderen Bereichen liegen, so ist es ja nicht nur die Politik, in welcher mit solchen Problemen immer noch zu kämpfen ist. Abgesehen davon hat die Politik natürlich trotzdem Einfluss auf jedermanns Leben in diesem Land.

Nun komme ich aber zu meinem eigentlichen Punkt, da es einen Teil gibt, der mich besonders angesprochen hat, da es meine eigene Auffassung recht gut widerspiegelt. In dem Abschnitt über Dorothee Bär geht es direkt zu Beginn um die Frauenquote in Unternehmensvorständen und darum, dass Frau Bär anfangs gegen solche Art von Quoten war und das dies oft der Fall ist bei jungen Mädchen und Frauen, welche gerade aus dem geschützten Raum der Schule oder des Studiums kommen. Auch ich befinde mich zur Zeit noch in diesem sogenannten geschützen Raum der Schule und auch ich habe lange nicht viel von Quoten gehalten. Ich war immer der Auffassung man sollte an der Ansicht der Leute arbeiten, Frauen fördern und das Verständnis der Menschen, besser gesagt der Männer erweitern.

Ich vertrete diese Meinung natürlich immer noch, doch denke ich, dass sich all dies mehr auf die Jugend bezieht und das man bei den, doch zunehmend älteren Herren der Politik nicht mehr viel ändern kann. Einmal stand ich in einer Englisch Klausur vor der Frage, ob es in amerikanischen Schulen eine Quote geben solle, die eine gewisse Anzahl an farbigen Schülern festlege. Auch hier habe ich ähnlich gedacht. Das Problem müsse von unten herauf aufgearbeitet werden, doch rückblickend habe ich auch hier eingesehen, dass es zu tief verwurzelt ist und sich der Wandel mehr in der Jugend zeigt, Stichwort: die Black Lifes Matter Bewegung.

Ich bin also immer noch der Meinung, dass es wichtig ist gegen das Problem an sich anzugehen, gegen die Einstellung und Ansichten der Menschen, doch habe ich auch eingesehen, dass all dies in den jüngeren Generationen stattfindet. Zusätzlich habe ich mittlerweile eingesehen, dass für die, doch jetzt immernoch aktuell amtierenden Personen eine Quote einen Weg bereiten kann und somit in der Zukunft auch der neuen Generation zu Hilfe kommen kann. Zusätzlich kann ich keine eigenen Erfahrungen einbringen, da ich mich noch in der Schule befinde und somit nicht direkt Kontakt mit den Schwierigkeiten, als Frau in Politik, Wirtschaft etc. habe. Ich versuche mir lediglich ein Bild zu machen und die Situation zu verstehen, da es natürlich auch meine Zukunft betreffen wird. – Mila Hoyos Roman

 

Der Beitrag von Anna Mayr ist in seiner an Verschwörungstheorieren erinnernden einseitigen Perspektive schwer erträglich. Frauen, die es in der Politik nicht bis in höchste Ämter geschafft haben, sind nach Frau Mayr letztlich allesamt Opfer ihres Geschlechts. Ein mehr oder weniger sichtbares Netz von patriarchalisch gesinnten Männern grenzt Frauen aus, nimmt sie nicht mit zum Feierabendbier und fördert sie nicht ausreichend. Und die Frauen, die es ganz bis nach oben geschafft haben, wie Angela Merkel, Ursula von der Leyen oder Dorothee Bär, fördern auch keine Frauen, weil sie sich selbst durchbeißen mussten.

Und daran sind dann auch wieder Männer schuld. Es ist schon ein gespenstisches Bild, was hier von der Wirklichkeit gemalt wird. Ja, Politik ist ein hartes Geschäft, ja, Politik verändert die Persönlichkeit von Menschen – eine Langzeitstudie zu Angela Merkel belegt das sehr eindrücklich – und ja, ohne Netzwerke und Seilschaften geht es nicht. Könnte es nicht sein, dass nicht so viele Frauen wie Männer bereit sind so einen hohen Preis zu bezahlen? Sehr richtig beschreibt Frau Mayr diesen Preis ja allein an der Uniformität der Kleidung und des Auftretens von Angela Merkel und Ursula von der Leyen. Wenn, wie Frau Mayr mit einer Studie zu belegen versucht, geschlechtergemischte Teams erfolgreicher sind als weniger gemischte, dann müsste sich das von ihr dargestellte Problem doch lösen lassen. Und zwar nicht durch Quote sondern durch Leistung.

Frau Teuteberg ist als Generalsekretärin nicht daran gescheitert, dass sie eine Frau ist, sondern daran, dass sie nicht so erfolgreich war, wie erhofft. Dass Frau Mayr diese allgemein anerkannte Einschätzung ohne Fakten so hartnäckig in Frage stellt, befremdet mich. Aber das ist wahrscheinlich auch wieder ein Problem: denn ich bin ja ein Mann. Ich wünsche mir einen Journalismus, der weniger mit Feindbildern arbeitet und dafür mehr mit Offenheit für mehrere Perspektiven. Im Übrigen: Frau Teutebergs politische Karriere muss doch nicht zwangsläufig zu Ende sei. Der 2012 von Angela Merkel geschasste Mann Norbert Röttgen ist jetzt immerhin einer der Kandidaten für den CDU Vorsitz. – Dr. Bernhard Olpen

 

Ich bin selten so von einem Artikel in meiner geschätzten ZEIT enttäuscht worden. Der Beitrag ist durchweg mangelhaft. Beispielhaft Kommentierungen einzelner Passagen: Das Dossier möchte die Frage beantworten, warum „das Machtspiel“ nach 15 Jahren Merkel noch immer Sache der Männer ist. Vorneweg muss festgestellt werden, dass diese Fragestellung in dem Artikel überhaupt gar nicht beantwortet wird.

Der Versuch der Antwort beginnt damit, dass sehr tendenziös geschrieben wird und eingangs, aus welchen Gründen auch immer, von den hunderten Bundestagsabgeordneten unseres Bundestages ausgerechnet Herr Kubicki namentlich herausgezogen wird, der durch eine Frau im Rock auf der Zuschauertribüne abgelenkt werden könnte. Was soll das, dass gerade Herr Kubicki für diese Erklärung namentlich genannt wird? Hätte man das nicht einfach neutral halten können?

Der Artikel macht deutlich, warum Frauen aktuell leider grundsätzlich weniger erreichen als Männer (ja, das ist eine Verallgemeinerung, aber in diesem Leserbrief ist nicht ausreichend Raum für eine ausführliche Abwägung). Es wird sich von Seiten der Frauen in eine Opferrolle begeben und negative Erlebnisse werden immer mit dem „Frau-sein“ begründet. Das ist einfach schlecht und so etwas will keiner hören. Um es ganz einfach zu sagen: Die Menschen wollen Personen in Führungspersonen, die weniger rumheulen und mehr machen!

Was ist das für eine einfältige Erklärung, den „Körper einer Frau als Störung des parlamentarischen Betriebes“ zu vermuten, weil gerügt wurde, dass die Unterarme einer Parlamentarierin nicht bedeckt waren? Hat die Autorin Anna Mayr denn schon einmal einen Mann im T-Shirt im Bundestag gesehen? Alle Männer, die ich bisher im Bundestag gesehen habe, tragen lange Hemden und beschweren sich nichtdarüber. Es ist einfach unsäglich, Dinge, die einem nicht passen, gleich als Sexismus oder Rassismus etc. zu verstehen.

Und einmal ganz grundsätzlich: Denkt denn die Autorin, Männer würden im politischen Betrieb im Autopilot an die Spitze fahren? Natürlich bekommt man umso mehr Kritik und Häme ab, je weiter oben man steht. Das ist ganz normal. Und diese Kritik bekommt jeder ab, der in einer gewissen Position steht, ganz unabhängig davon, welches Geschlecht oder welche Herkunft ein Mensch hat. Aber die Frauen in Form von Frau Mayr beziehen dies dann auf ihr Frau-sein. Das ist doch einfach nur schlecht. Wenn man „nach oben“ will, dann muss man eben einiges Abkönnen. Das gehört dazu. Und das muss jeder ertragen, ganz egal, welches Geschlecht und welche Herkunft er oder sie hat.

Frau Mayr schreibt weiter: „Die Frauen, die auf die politische Bühne gestellt werden, haben of zu wenig Kontakte, zu wenig Erfahrung. Sobald sie einen kleinen Fehler machen oder nicht mehr gebraucht werden, verlieren sie die Macht, die ihnen sowieso nie zustand, sondern die ihnen bloß gegönnt wurde“sic! Es kann doch wohl nicht ihr ernst sein, dass Sie, liebe ZEIT, so etwas drucken?! Mit genau solchen Aussagen – hier sogar noch von einer Frau – degradiert man Frauen in eine Passiv- und Opferrolle! Was soll das denn? Frauen können und sollen machen was sie wollen, sie dürfen dies auch, es herrscht Gleichberechtigung in unserem tollen Land!

In unserem Land kann jeder alles werden, es hängt einzig am WILLE. Und Sie, geschätzte ZEIT schreiben nun von Frauen, die auf die Bühne gestelltwerden, die Macht verlieren, sobald sie nicht mehr gebraucht werden. Was ist das für eine unwürdige Ausdrucksweise, die Frauen als völliges Passivum darstellt? Ich bin wahrlich entsetzt, wie dieser Text die Chefredaktion passieren konnte. Mit genau solchen Texten erweist man Frauen, die etwas aus sich machen wollen, den ultimativen Bärendienst. Ich bin absolut enttäuscht, dass ich ausgerechnet in der in gesellschaftlichen Dingen progressiven ZEIT so ein Text lesen musste.

Ich könnte noch etliche weitere Zeilen schreib, aber der Leserbrief soll auch einmal ein Ende finden, daher nur die beispielhafte Kommentierung der ausgesuchten Passagen. Zusammenfassend bleibt festzustellen: Die Autorin Anna Mayr schreibt seitenweise tendenziöse und einseitige Beschreibungen nieder, die an der Fragestellung vorbeigehen und Frauen in eine Opferrolle drängen, in die sie nicht gehören. Es wird von Frauen geschrieben, die Niederlagen erleben mussten und diese Niederlagen wird ihren Eigenschaften als Frau zugeschrieben. Einfach nur schlecht. Einfach nur enttäuschend. Warum veröffentlicht die Zeit nicht mal einen ebenso umfangreichen Artikel, der durchweg positiv beschreibt, was alles für Frauen möglich ist. Wann kommt ein Artikel, der beschreibt, was wir als inklusive Gesellschaft gemeinsam schaffen können, anstatt Geschlechter und verschiedene Herkünfte gegeneinander auszuspielen und in gewisse Ecken zu stellen? Mir ist es ein Herzensanliegen, mehr Frauen in Führungspositionen zu sehen. Dafür müssten aber auch einmal ein paar unbequeme Fakten angesprochen und diskutiert werden. – Sven Zimmermann

 

Vielen Dank für Ihr Dossier. Genau so ist es. Wir Frauen spielen entlang der von Männer aufgestellten Spielregeln und sind stolz, wenn wir es schaffen. Nach unseren eigenen bzw normalen zwischenmenschlichen Regeln zu agieren trauen wir uns oft nicht. Ich habe selber so Karriere gemacht. Und gedruckt will ich diesen Leserbrief auch nicht sehen. Meine Jungs, meinen Schwiegertöchtern in Spe und Nichten und Enkelinnen irgendwann mal, werde ich das bei Gelegenheit darlegen. Ich wünsche Ihnen weiterhin Ihren scharfen analytischen Blick. – Anja Desai

 

Um in den Bundestag zu kommen, müssen Sie zunächst in eine Partei eintreten. Wenn Sie das tun, dann haben Sie als Frau derzeit gute Chancen – sogar etwas bessere Chancen als die Konkurrenz, also die Männer. Doch diese guten Aussichten scheinen die Frauen nicht wirklich in die Parteien zu locken. Vielleicht werden sie von Berichten wie dem „Damenopfer“ abgeschreckt? Der „dramatische“ Knick in der Kurve des bundestäglichen Frauenanteils zeugt jedenfalls nicht von patricharchalischen Unterdrückungsmanövern sondern von einem deutlich unterdurchschnittlichen parteipolitischen Engagement der Frauen. Schade eigentlich, gerade wenn man sich mehr Frauen im Bundestag wünscht.

Es ist erstaunlich, wie hartnäckig und fast schon neurotisch auch die ZEIT an einer einseitigen Berichterstattung festhält. Natürlich ist die ZEIT nicht linkslastig sondern neutral! Aber warum informieren Sie die Frauen dann nicht über ihre guten Aussichten und machen ihnen Mut bzw. fordern sie auf? Tretet in eine Partei ein, werft euren Hut in den Ring, ihr habt schon jetzt die gleichen Chancen! Es liegt an Euch!! Das wäre mal ein konstruktive Ansage. Vielleicht schreiben Frauen einfach lieber über das Patriarchat, als sich in´s teils unbequeme politische Getümmel zu stürzen. Dabei hätten sie schon im Vornherein eine deutlich bessere Ausrede für´s mögliche Scheitern als die zahllosen abgesägten männlichen Kollegen. Denn an was sollte eine Frau scheitern, wenn nicht am Mann. – Christian Voll

 

Damenopfer. Endlich einmal spricht es jemand aus; spielt es jemand aus. Eine eigentlich himmelhoch schreiende Tatsache, ähnlich einer Bahnstrecke. Gewöhnt hat man sich an Güterzüge, deren unbarmherzigen Wind und den noch frecheren Krach im Vorüberfahren. Tritt man allerdings erst einmal zurück, betrachtet den Bahnsteig, die tägliche Portion Unmut, die man da passieren lässt – wird deutlich: der Krach beherrscht uns durch unsere Gewohnheit. Das Taubstumme ist das, was mir Angst macht, die vielen Ohren auf Durchzug sind es, wenn wir jeden Tag störend Lautes erleben: Bemerkungen über Aussehen. Verweichlichung eines Statements. Die Unbeschwertheit gegenüber Emotionalität. Und vor allem – das peinlich berührte Wegschauen. Meine Bemühung, die Stimme ja nicht zu laut, zu unkontrolliert werden zu lassen.

Als wir in der 10. Klasse über die aktuelle politische und gesellschaftliche Rolle der Frau debattierten, verließen wir ebendiesen Bahnhof. Fernab von den Gleisen, dem Alltag, der Gaffen sowie Politik, verkörpert von Seehofer oder Söder vereint; akzeptiert. Aufgeweckt, endlich aufgeschreckt aus diesem Alltag fiel meiner Freundin und mir das plötzliche Kopfsenken der Jungen auf. Vom Tiefschlaf in beschäftigtes Nichtstun. Obwohl es doch um unsere Probleme ging. Unser aller Unsichtbarkeit aufgrund Altherrenpolitik; Verharmlosung, dem allzu alltäglichen Catcalling! Meiner Freundin und mir fiel das plötzliche Kopfsenken der Jungen auf. Vom Tiefschlaf in beschäftigtes Nichtstun. Um dann doch, ganz kurz, den Kopf zu heben, die Augen zu verdrehen, sobald das Wort Feminismus fällt. Eine andere Freundin fragte mich und meine beste Freundin später, nach Sozialkunde „warum wir denn so geschrien hätten im Unterricht“.

Ob sie deswegen die Augen verdreht haben? Ich versuchte es fortan mit einer Belanglosigkeit, die einem Beitrag im Wirtschaftsunterricht gleichkam. Versuchte es an dem Wort Gleichberechtigung anstatt dem Begriff des Feminismus, versuchte die Klassenkameraden zu fixieren, die Augen, die einmal kurz das Klassengespräch streifen. Meine Bemühung, die Stimme ja nicht zu laut, zu unkontrolliert werden zu lassen. Meine beste Freundin schenkt dem lautesten Augenverdreher der Klasse währenddessen ein selbstgedrucktes Feminist Shirt als Wichtelgeschenk. Der bedankte sich und lachte. Angezogen sah sie es nie. Sie lacht viel, beschwert sich viel, egal ob es um die überhaupt in Frage gestellte Frauenquote geht oder darum, warum ihr Klassenkamerad jetzt „so schaut“ wenn sie über Diversität der Geschlechter redet.

Sie brüllt dem frechen Krach entgegen. Meine andere Freundin ist immer noch beherrscht vom Krach und stumm. Sie senkt den Kopf, wenn wir uns in der Pause über die Empörung der Jungen aus dem Kurs aufregen, wenn sie meinen, sie kennen jeden Cent den Frauen erhalten. Genauso wie die der Männer, denn gleiche Bezahlung ist selbstverständlich ein Fakt. Genau wie deren Interesse dafür. Meine andere Freundin ist immer noch beherrscht vom Krach und taub. Sie will nicht auf die Bezeichnung Feministin hören, sie will die Probleme nicht sehen. Laut sind die und nicht kleinredend, schrecklich unbeliebt, schrecklich unbarmherzig. Gewöhnt hat sie sich an Güterzüge, deren unbarmherzigen Wind, tritt man nicht schnell zurück, lässt Güterzüge Güterzüge sein.

Und ich kann sie verstehen. Während meine beste Freundin gegen immer neue Wände tritt, baue ich Schutzwälle auf. Um die Klassenkameraden in meinem Unmut ja nicht zu verletzen. Um sie und ihre Angst vor Feminismus irgendwie zu besänftigen. Um vielleicht eine Hintertür zu finden. Bis jetzt alles ziemlich erfolglos, wir beide sind es. Uns bleibt der berüchtigte Stempel „Feministinnen“, egal auf welchen Kursteilnehmer wir treffen. „Sieht ja gar nicht einmal so übel aus, aber sie ist Feministin“, hörte meine Freundin einmal aus dem Zimmer der Oberstufe. Das Monster vor dem dieser allerdings Angst hat kennen wir nicht.

Wir beißen nicht, weder sind wir „Mannsweiber“, wie ich es ein andermal wunderschön direkt und unglaublich metaphorisch aus einem Kursraum hörte. Das Gespenst Feminismus scheint aufzuwühlen und tatsächlich – zu erschrecken. Gleichberechtigung, gleiche Bedingungen – selbst die minimalistische Forderung nach Normalität der Geschlechter, deren Egalität schüchtert nicht nur unsichere, krachmachende junge Männer, alte Männer ein. Auch meine Freundin schüchtert es ein – all die Unbequemlichkeiten, liebevolle Spitznamen, die damit verbunden sind. Wenn sie das Schreckgespenst Feminismus allerdings tatsächlich kennenlernen würden – die unheimlichen Schatten würden sich schlichtweg auflösen.

Was also bleibt ist ein Wechsel der Taktik. Die Bauern zu bewegen; das scheint nicht nur schwerfällig sondern auch ermüdend. Vorerst. Vielleicht doch ein Damenopfer bewusst zulassen, die jungen Männer in ihrer toxischen Männlichkeit in Sicherheit wiegen lassen, ihre Angst untergraben. Nur um dann den König ziehen zu lassen, deren Vorstellungen mit Füßen zu treten. Ja, wir Mädchen, Frauen denken in der Tat so wie ihr. Wir wurden auf keinem fremden Planeten geboren, nicht auf dem Mars, sogar auf der Erde. Was wir wollen ist eine gemeinsame Spielanleitung. Vielleicht reicht schon ein Kollektiv der Harry Styles Fans in unserer Schule.

Vielleicht reicht erst eine Ursula von der Leyen im Minirock am Rednerpult. Ein bisschen Chaos muss sein, ein bisschen Spannung, ein starkes Spiel, starke Züge starker Personen. Einstecken. Entgegentreten. Damenopfer. Wen wir auf jeden Fall brauchen sind meine ganzen Freundinnen, die im Durchzug sitzen, nah dem Krach, nah den Lastzügen. Ich werde ihnen auf jeden Fall den Artikel schicken. Wenn es schon Damenopfer gibt, dann nur, weil es Zeit braucht gemeinsam die Königin zu ziehen. – Anina Englert

 

Ich bin durchaus der Ansicht, mehr Diversität in unseren poitischen Gremien wären wünschenswert und würde zu besseren – weil unterschiedliche Perspektiven berücksichtigenden – Ergebnissen führen.

Ich bin langjähriges CDU-Mitglied in einem ländlichen Gemeindeverband im nördlichen Rheinland-Pfalz und kann ihnen versichern, dass es z.B. bei der Suche für Kandidaten für den lokalen Gemeinderat sehr schwierig ist, überhaupt ein Drittel oder Viertel Frauen zu finden, die bereit wären zu kandidieren. In den anderen Parteien/FWGs sieht das nicht anders aus. Zwar wird auf Gemeindeebene nicht gerade über den Weltfrieden oder die Eurorettung entschieden sondern nur über Kita/Grundschulausstattung, Straßenbau und Hundesatzungen, aber das ist nun mal die Basis – unspektakulär, aber unverzichtbar.

Nach meiner Wahrnehmung engagieren sich viele Frauen überdurchschnittlich für Kita und Grundschule – aber nur solange die eigenen Kinder betroffen sind. Davor und danach eher nicht. Ob das eine repräsentative Wahrnehmung ist, ob es an traditionell anerzogenen Rollenbildern liegt oder struturell bedingt ist, weiß ich nicht. Aber in dem Bereich, in den ich Einblick habe ist das so. Zugangshindernisse von Frauen in die Politik sehe ich jedenfalls eher nicht (mehr).

Grössere Hürden scheinen mir das soziale, kulturelle oder ethnische Herkunftsmillieu zu sein. Frei zu sprechen und zu diskutieren ist schwer, wenn man nur gebrochen Deutsch spricht oder im Dialekt. Wenn man kein großer „Schriftgelehrter“ ist oder man die lokale ‚Geschichte‘ der letzten Jahrzente nicht kennt. Um auch nur eine Sitzungsvorlage für den ersten Nachtrag zur Friedhofsatzung zu verstehen, ist ein Germanistik- und Jurastudium zwar nicht unabdingbar aber durchaus hilfreich – neben Geduld und Leidensbereitschaft. Viele Bürger erwarten heute von ehrenamtlichen Gemeinderäten ein professionelles Handeln und Auftreten bei dem jede nicht präzise oder missverständliche Aussage, jedes juritische Detail das nicht stimmt wird ausgeschlachtet. Das sind die eigentlichen Zugangshürden die mehr Diversität an der Basis verhindern. Und wenn die an der Basis feht, wo soll sie dann in der Spitze herkommen ? – Jörg Nonnen

 

Das ist schlimm ist, das habe ich mir schon gedacht, aber das es so schlimm ist?? Wo bleibt in solchen Fällen der Bundestagspräsident? Warum schreitet er nicht ein, wenn im Beispiel Teuteberg Lindner diesen dämlichen Spruch ablässt?? Wo bleiben die anwesenden Geschlechtsgenossinnen?? Wer schützt uns vor den Wampen und schlechtsitzenden Anzügen, ungepflegten Erscheinungsbildern der Altmeiers und Kubickis?? Warum nur fehlt es uns Frauen immer wieder an Selbstbewusstsein? Auf einen groben Klotz gehört nun mal ein grober Keil. Ladies, schlagt (verbal) zurück und lasst Euch einfach nichts mehr gefallen. Wenn einer zu Euch sagt: Schätzchen, gib mir doch mal einen Kaffee, dann solltet Ihr antworten: Schätzchen, hol Dir doch selbst einen und bring einen für mich mit. – Annette Haagen

 

Das war mal eine Energieladung zum Frühstück. Hat Spaß gemacht zu Lesen… aberwitzig hirnrissig, widersinnig und selbstgefällig, wie die Politikjungs das Thema Frau angehen. Ich denke, in der Wirtschaft geht’s genauso zu.. Dazu habe ich auch noch einen Gedanken, den ich Ihnen kurz mitteilen will. Seit 2000 beschäftige ich mich via Musik mit dem Thema Integration/Interkultur/Migration. Wie wir zukünftig Miteinander jenseits von Herkunfts-/Nationalitätsbetrachtung funktionierend umsetzen wollen, ist eine zentrale Frage aller Gesellschaften. Im Moment verliert die Welt hier den Anschluss. In den Jahren bis 2010 gab es aber durchaus Hoffnung, es wurde viel diskutiert und durchaus auch nach vorne agiert und experimentiert. Am Ende kam Obama ganz logisch. Das war dann auch die Zeit, in der unsere Kunstprojekte entstanden.

Was immer wieder erschütternd war, war die Begegnung mit der Politik. Egal ob gelb, grün, rot oder schwarz….. wenn wir mit unseren Migrationskünstler*innen auf die Bühne traten, hagelte es Vorurteile. Positiver Rassismus war dann auch etwas, was es für mich zu lernen galt. Im Grunde ist dann das Scheitern jeglicher Eingliederung von fremden Menschen in eine Gesellschaft nicht weiter verwunderlich, wenn auf nahezu allen anderen Gesellschaftsebenen es nicht gelingt, das Eigene respektvoll einzubauen. Also speziell in der immer noch eher gebildeten westlichen Welt Frauen auf allen Ebenen auf Augenhöhe teilnehmen zu lassen. Das klingt geschrieben noch bescheuerter. Na klar, so muss das doch sein. Ist es aber nicht.

Vielversprechende Frauenkarrieren gehen ja häufig mit dem ersten Kind den Bach runter. Ganz anders in Frankreich… Usw. Ich betrachte das absolut fragwürdige Bild von Frauen in unserer Gesellschaft und die offensichtliche Bereitschaft, dieses Bild geschlechter- und generationenübegreifend zu akzeptieren, tatsächlich als eine wichtige Ursache dafür, dass das Zusammenleben mit dem Fremden in der heutigen Welt immer noch nicht klappt. Ich kenne einfach kein Beispiel, in dem ein Problem mit Dritten nachhaltig gelöst wird, wenn das gleiche Problem (das intakte Miteinander mit allen Menschen unter Wahrung der Rechte, die für alle gelten) unbehandelt im Innenverhältnis existiert. Das kann nie glaubhaft sein, ist es ja auch heute nicht und Lösungen können nie nachhaltig sein. Im Übrigen finde ich, dass Frau Merkel genau an diesem Punkt regelrecht gescheitert ist. Sie ist als Frau nicht aufgetreten, eher als Handlungsoptimierer und ich würde hier auf das In verzichten. Das ist ihr gutes Recht als Mensch.

Trotzdem: auf diese zentrale Reibefläche hat sie sich leider nie begeben, obwohl dort Stand 2005, 2010, 2015…. ein kleiner Move schon ein ganz großer hätte sein können. Hätte sie, dann wäre sie..eine Große gewesen. Als Mann oder Frau. Ich bin gespannt, wie wir das in den nächsten 30 – 40 Jahren angehen werden, ob die jungen Generationen hier neuen Wind reinbringen. Lösungen müssen ja neue her. So geht es faktisch nicht mehr weiter. Denn wenn mir Corona eines klar gemacht hat, dann ist es: die Dinge sind wirklich alle miteinander verwoben. – Jochen Kühling

 

Sie beschreiben auf 3 Seiten anschaulich wie die männlich dominierte Politikerkaste permanent Frauen diskriminiert indem sie deren Leistungen ignoriert und ins lächerliche zieht. Eine nachvollziehbare sachliche Auseinandersetzung gibt es dabei nicht. Dabei schweigen alle anderen Politiker bis in die hintersten Bänke, selbst Frauen, in vorauseilendem Gehorsam oder aus Resignation, andernfalls wären deren Karrieren und Pöstchenversorgungen beendet. Das gleiche gilt in der Wirtschaft. Macht und Geld sind ein untrennbares unseeliges Paar. Eine Machtelite hat sich da eingerichtet, deren Handeln den Buchstaben und dem Sinn aller Grundrechte und „sog.“ Werte der demokratisch westlichen Welt spottet.

Der Schönsprech von gläsernen Decken, ect. verbirgt dabei nichts, sondern zeigt eher die Kälte und Abgebrühtheit männlicher Dominanz. An diesem Zustand verbessern auch die ständigen Verbesserungen in homöopathischen Dosen nicht wirklich etwas. Ich denke Sie wissen selbst wo es hakt, das grundsätzliche Problem unserer Gesellschaft ist je nach Weltgegend ca. 3-7.000 Jahre alt und heißt Patriarchat. Empfehlenswert dazu die Lektüre von Ernest Bornemann – das Patriarchat. Diese in Jahrtausenden mit abermillionen Opfern erkämpften Privilegien geben Männer niemals freiwillig auf. Die Basis ist konzentriertes Eigentum, die daraus resultierende Macht und dessen Vererbung. Nicht alle Männer sind so, aber die testosterongesteuerten oberen ca. 10, sog. Alphamännchen sicher.

Diese halten die Welt im Würgegriff und sind permanent im Krieg gegen alles was an ihrer Macht kratzt. Unsere Verwandten, die Primaten haben eine Lösung dafür gefunden, wenn sich der Obermacho übermäßig viel herausnimmt: Königsmord. Die Primatengesellschaften mit ca. 40 Personen haben einen König, der Homo sapiens mit 8 Mrd Personen hätte dann ca. 200 Mio davon? Vielleicht gibt es ja noch andere Lösungen, eine könnte uns demnächst die Biosphäre unseres Planeten zeigen, eine weitere könnte der unanständig wuchernde Reichtum Einzelner liefern, wenn US-Zustände zu einer breiteren Polarisierung in der Gesellschaft und zum Zusammenbruch größerer Staatengemeinschaften führen. Diese möglichen Aussichten lohnen über Alternativen nachzudenken. – Hans Giller

 

Ihr Text hat mir sprachlich, stilistisch und inhaltlich sehr gut gefallen. Ich möchte dazu drei Bemerkungen anbringen. Erstens, quotierte Parteiämter, quotierte Whllisten und quotierte Redelisten gibt es auch bei der Linken, dies ist kein Alleinstellungsmerkmal der Grünen. Übrigens hatte auch die SPD bereits eine Quote für Parteigremien (allerdings keine paritätische), bevor die Grünen diese eingeführt haben.

Zweitens ist das System der Patronage für Nachwuchskräfte nichts spezifisch Männliches, sondern systemimmanent. JedeR, die gewählt werden möchte, braucht Seilschaften. Parteiinterne Wahlen werden in aller Regel vorbereitet, Überraschungen mag unser politisches System nicht, das gilt als unprofessionell. Möglicherweise ist dies indirekt frauenbenachteiligend, weil Männer mehr Routine haben (und vielleicht auch gerne unter ihresgleichen jemanden wählen, den sie aufbauen können).

Drittens darf ich Ihre Beispiele um die Wahlversammlung der örtlichen CDU ergänzen. Der jetzige Bundestagsabgeordnete wurde erneut für den Wahlkreis nominiert, obwohl er in juristisch zumindest zweifelhafte Vorgänge verwickelt war. Eine Frau war mutig und als Gegenkandidatin angetreten. Sie unterlag nicht nur, sondern wurde vor, während und nach der Wahl in übelster und bewährt sexistischer Weise beschimpft. Ohne Gegenwehr. Ähnlich wie Teuteberg: Völlige Passivität des Opfers. Solange Frauen Angst davor haben, als unweiblich zu gelten, wenn sie sich wehren, wird das nix. – Jori Fesser

 

………“das könnte die Männer in der Kirche ablenken!“ Als ich den ersten Abschnitt im Dossier „Damenopfer“ las hatte ich ein unwillkürliches „déja vu“. Als ich damals als Zehnjährige meinen Vater (ehrenamtlicher Kirchendiener) fragte, warum Mädchen keine Messdiener und Frauen keine Priester werden dürfen, antwortete er: „Die Männer in der Kirche könnten abgelenkt werden, dann können sie nicht mehr richtig beten.“ 53 Jahre später muss ich nun lesen, dass die Männer heutzutage sogar in der Politik vor den „gefährlichen Ablenkungen“ durch Frauen geschützt werden müssen! Wo sind die „Saaldiener/innen“ dieser Welt die uns Frauen vor dem „Kleinhaltemachismo“ der Männer schützen? – Maria Damm-Klein

 

Da hilft nur eines: Sich am Saalordner vorbeibegeben, notfalls -drängen oder-kämpfen und sich Herrn Kubicki vor die Nase zu setzen. Ob ein Saaldiener den Mut aufbrächte, eine Frau an diesem heiligen Ort körperlich daran zu hindern? (PS: geb. 1940) – Herbert Grösch

 

Zu Ihrem obigen Dossier möchte ich anmerken: Viele Frauen, aber auch Männer leisten Großartiges, teils still im Verborgenen – oder eben in herausgehobener Position. Manchmal, nicht immer, wird dies entsprechend honoriert. Und der Weg in die Politik oder in eine verantwortliche Stellung ist zu Recht steinig. Viele talentierte Pflänzchen werden geknickt, nur einige wenige stehen danach gestärkt wieder auf. Nun ist häufig eine moderne Form des Feminismus zu erleben, die ihre Kraft daraus speist, permanent Diskriminierung und Zurücksetzung anzuprangern.

Warum soll ich mich eigentlich beispielsweise mit Frau Teuteberg befassen, was hat sie geleistet, welche politische Vision hat sie, was soll mich motivieren, sie als meine Volksvertreterin zu wählen? Der Artikel lässt mich ratlos zurück. Frauen, habt ihr es wirklich nötig, euch über diese Mitleidsschiene zu definieren? Und soll in Zukunft nur noch die Selbstverwirklichung das Ziel der Karriere sein? Oder geht es vielleicht doch noch ein wenig um Qualität von (politischer) Arbeit und Erhalt unseres demokratischen Gemeinwesens? – Dr. Martin Schwager

 

Großes Kompliment, Anna Mayr und vielen Dank! Ich finde, der Artikel trifft es auf den Punkt. Gerade die subtilen Benachteiligungen sind so schwer zu bekämpfen und dass Frauen sich gegenseitig immer noch zu wenig unterstützen, scheint leider auch ein Fakt zu sein. Vielleicht haben Sie Lust, etwas über das neue Selbstbestimmungsgesetz zu schreiben, das sich sehr wahrscheinlich auch nicht gerade günstig für Mädchen und Frauen auswirken wird? Der Blog fffrauen.de fasst die möglichen Folgen sehr gut zusammen. Ich wundere mich schon etwas, dass die ZEIT das Thema noch nicht aufgegriffen hat. – Hajnalka Kova

 

Vielen Dank für Ihr Dossier Damenopfer. Wollen wir als Gesellschaft weiter kommen, darf nicht immer wieder automatisch der aggressivste und telegen geschmeidigste Macho-Anführer das Sagen bekommen. Leider fallen die Menschen immer wieder darauf rein, jedoch ist ohne Frau-Mann Parität eine gerechte Welt nicht zu denken. Die Grünen haben diesen wichtigen politischen Inhalt in ihren Parteistatuten.

Dass es letztendlich auf schlagkräftige Argumente und Inhalte ankommt bewies Angela Merkel im Jahr 2000 mit ihrem Handstreich gegen die aus dem Ruder gelaufene Klicke um Kohl & Co. Wirtschafts- und klimapolitisch steht für unsere Zukunft noch viel mehr auf dem Spiel. Frauen wie Männer sollten bei allen kommenden Wahlen volle 50/50 Parität in allen Parlamenten fordern. Nur so können wir unser nächstes „aus dem Ruder laufen“ zuverlässiger verhindern. – Klaus Siersch

 

„Mikroätzende Egalheiten“ : Etwas albern, sich über die Auflagen für Frauen im Bundestag aufzuregen! Männer gehen dort auch nicht in kurzen Hosen und Hemdsärmeln ein und aus! Der Frauenanteil in der Politik ist gering- vielleicht auch deshalb, weil Frauen klug genug sind, das zermürbende Machtspiel zu vermeiden! Nicht jede möchte ein Arbeitspensum wie Frau Merkel. Warum ist sie Kanzlerin geworden? Weil für sie offensichtlich das Frau sein und die Rollenvorstellungen, die damit verbunden sind, erst an zweiter Stelle kommen. Sowohl die Sozialisation junger Frauen,als auch ihre Träume vom guten Leben entsprechen dem wohl nicht. – Inge Daniels

 


 

 

Leserbriefe zu „Wo geht’s zur Mitte, bitte?“ von Bernd Ulrich

 

Mit größtem Vergnügen habe ich Ihre blendend formulierten Betrachtungen zur CDU gelesen, die Wirklichkeit und Selbstbild kontrastieren. DANKE: Utile et dulce. – Norbert Bolz

 

Herr Ulrich erklärt mal wieder wie die Parteien fast alles falsch machen. Meine Sorgen sind ganz andere. Experten haben vorgerechnet ( das Statistische Bundesamt ) daß die Deutsche Bevölkerung im Jahr 2050 auf 48 Millionen schrumpft und im Jahr 2080 auf 30 Millionen. Das heißt: Bis 2090 kippt die Mehrheit der alteingesessenen Bevölkerung. Sie wird dann nur noch als Randgesellschaft wahrgenommen. Wer die Grenzen wie Scheunentore öffnet hat willentlich und wissentlich sich von Deutschland verabschiedet. Das muß man sich mal vorstellen.

Die das nicht wollten, sind für Bernd Ulrich alles verirrte Menschen. Die Wahrheit ist eine andere. Herr Ulrich hat das mit der SPD verwechselt. Die haben einen Erdrutsch hinter sich. Und es kommt noch schlimmer: Wie ich lesen konnte, würden heute nur noch 3,5% der Einwohner die SPD wählen. – Gunter Knauer

 

Die CDU hat 3 Kandidaten für den Parteivorsitz und als Kanzlerkandidaten Markus Söder von der CSU, oder einen, noch unbekannten, von der eigenen Partei. Die Christdemokraten haben da viel zu entscheiden und es wird sicher wieder ein Hauen und Stechen geben. Als Parteivorsitzender und Kanzlerkandidat werden Männer Frauen ablösen, wobei die herausragende weibliche Persönlichkeit der beiden Vorgängerinnen Angela Merkel ist. Der neue Kanzler der CDU/CSU wird sich an ihr messen lassen müssen wobei erschwerend hinzukommt, dass sie durch ihre überzeugende Fraulichkeit und ihre außergewöhnlichen Fähigkeiten dem bisher von Männern geprägten Amt einen neuen Stempel aufdrückte.

Der ihr nachfolgende Kanzler kann nicht mehr mit den Attributen einer angestaubten Männlichkeit glänzen -er muss andere Qualitäten haben. Wenn Bernd Ullrich mit der Anmerkung Recht hat, dass Söder etwas Angst vor dem Amt hat, liegt das sicher auch daran, dass seine Leistungen als Kanzler an seiner weiblichen Vorgängerin gemessen wird. Einen Typen wie Merz ficht das nicht weiter an da in seinem Weltbild Frauen eher in der zweiten Reihe stehen. Bei seinem Kampf gegen Merkel blieb er aber bekanntlich auf der Strecke. Die Befähigung von Laschet und Röttgen für das Amt des Parteivorsitzenden ist größer als ihre Eignung für die Kanzlerschaft. Beide Kandidaten haben da ihre Schwächen -der Eine hat Mühe sich zu profilieren und der Andere hat zu wenig Rückhalt in der CDU um als Kanzler nominiert zu werden.

Ob die CSU der CDU aber bei der Kanzlernominierung reingrätschen kann bleibt eine spannende Frage. Die CDU bleibt aber immer noch, wie in früheren Zeiten, ein Kanzlerwahlverein und als Partei eine Melange von sozialen, wirtschaftlichen und konservativen Strömungen. Was die Wählergunst betrifft konnte ihr die SPD nie das Wasser reichen. Sie litt in den Nachkriegsjahren schwer unter dem ständigen Sperrfeuer der Vertriebenenverbände die ihr eine ideologische Nähe zum Kommunismus unterstellten. Die CDU/CSU schickte an Wochenenden ihre Sonntagsredner zu den Veranstaltungen der Vertriebenen und profitierte damit beträchtlich bei Wahlen.

Unchristlich und hinterhältig wurde die SPD und ihr Vorsitzender Brandt als politisch unzuverlässig, soll heißen nachgiebig gegenüber dem kommunistischen Ostblock, von der CDU und ihren publizistischen Helfern unter Dauerfeuer genommen. Brandt wurde sogar als Vaterlandsverräter und uneheliches Kind denunziert. Viele Deutsche, besonders auch die katholische Kirche, nahmen es hin da damit auch das Gespenst des Kommunismus gebannt schien. Zu Zeiten Adenauers war die CDU auch das politische Sammelbecken der deutschen Christen, egal ob katholisch oder evangelisch. Adenauer als ehemaliger Zentrumspolitiker war das Gegengift zu den geistigen und seelischen Vergiftungen der Hitler Ära. In der CDU fanden die meisten Deutschen eine Partei die sie in die Wertegemeinschaft des Westens verankerte und wo sie ihre Wunden der Hitler Vergangenheit im Stillen lecken konnten.

Etwas merkwürdig die Anmerkung von Bernd Ullrich zu der Skepsis der deutschen Eliten gegenüber den Deutschen wegen der Hitler Katastrophe. Gerade die Eliten warfen sich doch Hitler an die Brust nachdem die Deutschen ihm zur Macht verholfen hatten. Also muss doch hier gelten, dass die deutschen Eliten und die Deutschen in der Schuldfrage als Einheit zu betrachten sind-oder? – Klaus Reisdorf

 

Guten Tag, vielen Dank für den Beitrag von Bernd Ulrich. Wenn ich so kluge Gedanken entwickeln und dann auch noch so geistreich und treffend formulieren könnte, wäre ich Journalist geworden. – Sven Herfurth

 

Nachdem im dritten Reich nahezu die gesamte geistige und kulturelle Elite ausgewandert ist oder ermordet wurde, fand die Mehrheit der Übriggeblieben nach dem Krieg eine neue politische Heimat in der CDU, die von Beginn an wie ein Pflaster fungiert hat und die Übriggebliebenen vor allzuviel Realität beschützt hat. Wehleidigkeit wurde zum großen politischen Moment. Dieser Braindrain ist heute noch sichtbar.

Progressivität und Schöngeist waren lange Zeit seltene Gäste und bilden sich erst langsam wieder heraus. Ob es um die Ausformulierung unserer Gesellschaft oder die Wirtschaftsdominanz geht, der Konservatismus dominiert allerorten. In der Autobranche z.B. wurde jahrzehntelang entwickelt, geforscht und investiert, um wirklicher Innovation und notwendigen Veränderungen aus dem Weg zu gehen zu können. Solchen Spielarten legte die CDU immer ihre schützende Hand auf. Doch diese Routinen funktionieren immer weniger, da die wegdiskutierten Probleme immer unüberschaubarer und Umbrüche immer unumgänglicher werden. Das offenbart das paradoxe Dilemma der CDU: das Erhalten des Status quo erreicht man nicht mehr durch das Beharren auf dem Status quo, sondern nur durch stetige Veränderung. –Johannes von Alten

 

Ich bin Student und lese die Zeit in dem Abonnement unserer WG jeden Tag. Ich wollte Ihnen an dieser Stelle mitteilen, wie gelungen ich Ihren Artikel über den Kern der CDU in der noch aktuellen Zeit-Ausgabe fand. Aufgrund des Wahljahres setze ich mich zur Zeit zum ersten Mal wirklich tiefgreifend mit der Union auseinander. Als ich dazu Ihren Artikel gelesen habe, kam bei mir ein Gefühl von Frische auf; dass ich durch diese Zeilen gerade etwas großes Neues lernen kann. Vor allem das Unterkapitel „Mitte ist eine Frage des Zeitpunktes“ hat bei mir ein gewisses Flow-Erleben ausgelöst.

Das klingt vielleicht jetzt ein bisschen naiv, bekommt als Kompliment für Ihre Leistung aber vor dem Hintergrund umso mehr Gewichtung, als dass ich normalerweise (zu) viel von meiner eigenen Meinung halte und mich hier trotzdem gerne habe belehren lassen. Auch wie Sie den Sprachstil zynisch halten und dabei dennoch keine Form von Arroganz entstehen lassen, fand ich sehr bewundernswert – und nachahmungsbedürftig für mein eigenes Leben. Das wollte ich Sie wissen lassen. – Jonas Grill

 

Stimmt schon, die Bundes-CDU hat sich seit Bestehen der Bundesrepublik dank regelmäßig alertem Opportunismus die meiste Zeit vor ohnmächtig machendem Oppositionsdasein und Sinneskrisen bewahrt. Grandios im Übrigen Bernd Ulrichs mehrdeutige (?!) Feststellung, dass die Partei ebendies zuweilen hingekriegt hat, ohne rot zu werden. Und somit nicht schon viel früher den Verlust von Selbstzufriedenheit und Machtpotenzial beklagen musste. Doch irgendwann schlägt das Pendel – in diesem Fall also jenes der probaten Anpassungsfähigkeit an vergangene Tage – zurück. Diesen Rückschlag müssen nunmehr einige Herren aus NRW mit Unterstützung des CSU-Chefs Söder inhaltlich und mit ihrem amtlichen Renommee abfedern.

Die dabei auf Union einwirkenden Fliehkräfte jüngerer wie älterer Parteigänger einzufangen und auszugleichen wird auch mit genetisch verfügbarem Opportunismus kein Sparziergang. Allerdings haben die anderen Bundesparteien weder kleinere Probleme noch treuere Wählerschaften. Kurzum, solange sich alles ändern muss, damit alles so bleibt, wie es ist (Giuseppe Tomasi di Lampedusa), dürften Regierungsbeteiligung und Kanzlerschaft made by Union in der Tat durchaus unumgänglich bleiben. – Matthias Bartsch

 

Realistisches Menschenbild. Die CDU hat das Wichtigste, das ihr eigen ist, nicht verloren. Denn es gehört zu ihrer genetischen Grundausstattung. Die CDU hat als einzige Partei ein realistisches Menschenbild. Konservative sehen den Menschen so, wie er ist: aus krummem Holz geschnitzt, wie Immanuel Kant feststellte. Linke und Rechte modeln sich den Menschen nach ihren Visionen. Deshalb setzen sie gerne Konzepte ins Werk, die die Realität durch das Wünschbare ersetzen. Das neue Grundsatzprogramm der Grünen fordert über 100 konkrete Maßnahmen zur Veränderung unserer Gesellschaft – Experimente mit ungewissem Ausgang. Wie solche „Veränderungen“ funktionieren, können zwei Beispiele verdeutlichen.

Während eine linke Bildungspolitik mit Modernismen wie der Kompetenzorientierung des Unterrichts das Wissensfundament der Schüler untergräbt, ziehen die asiatischen Länder, die ein leistungsorientiertes und wissensbasiertes Bildungssystem besitzen, an Deutschland vorbei. Von den 10 Siegerländern von PISA 2019 sind sieben asiatisch. In Berlin hat eine Koalition aus drei Linksparteien auf dem Wohnungsmarkt das ökonomische Prinzip von Angebot und Nachfrage außer Kraft gesetzt, indem sie die Mieten per Gesetz gedeckelt hat. Richtig wäre es gewesen, den Wohnungsneubau so lange zu forcieren, bis Wohnungsleerstand entsteht. Der Mietendeckel hat genau das Gegenteil bewirkt: Investoren halten sich im Wohnungsbau zurück. Selbst städtische Genossenschaften können nicht mehr bauen, weil der Mietrückgang ihre finanziellen Reserven aufzehrt. Das gut Gemeinte ist oft das Gegenteil des Guten.

Als Lehrer erlebe ich häufig, dass sich junge Menschen, solange sie Schüler sind, vehement für linke Konzepte einsetzen. Wenn ich sie dann zehn Jahre nach dem Abitur beim Klassentreffen wiedersehe, geben sie verschämt zu, dass sie jetzt konservativ geworden seien. Als Familienväter und Inhaber einer kleinen Firma könnten sie sich das Links-Sein nicht mehr leisten. Wenn die Politik der CDU auf einem realistischen Menschenbild fußt, braucht sie kein ausgefeiltes Parteiprogramm. Es genügt, wenn sie sich vornimmt, das Leben der Menschen Stück für Stück in pragmatischem Handeln zu verbessern. Die dazu passende Parole hat schon Konrad Adenauer erfunden: Keine Experimente! Mit diesem Motto würde die CDU auch im Superwahljahr 2021 blendend abschneiden. – Rainer Werner

 

Die Analyse des „seelischen Zustands“ der CDU mag überwiegend zutreffen; den gut gemeinten Ratschlägen fehlt m.M. ein entscheidendes Element: Die CDU wird aus ihrer lähmenden Selbstzufriedenheit nicht herausfinden, wenn sich ihre Meinungsbildner und Entscheidungsträger in der kommunalen Basis, den Landesverbänden und dem Bund nicht endlich aufraffen zu analysieren, warum sie in den letzten Jahrzehnten einen grossen Teil ihrer loyalen Wähler vor allem geistig verloren haben, oder ein Teil mangels ansprechender Alternativen aus purer Anhänglichkeit und nicht aus alter Überzeugung bei einer Wahl ihr Kreuz hinter einem CDU-Kandidaten machen.

In meiner Familie wäre niemand auf den Gedanken gekommen, bei jedweder Wahl eine andere Partei zu wählen als die CDU, bekennend, dass „niemand“ nur bis zu meiner Generation (Jahrgang 1933) währte. Wir zählten Jahrzehnte zu den „Stammwählern“: Christlich, genauer aktiv katholisch, „Bildungsbürger“ mit höherer Schulbildung, beruflich erfolgreich, dennoch geerdet in der Katholischen Soziallehre, überzeugte Europäer; den Patriotismus hatte uns Adolf gründlich ausgetrieben. Dazu eine Besonderheit: aus unserem engen Familienkreis stammte die Mitbegründerin der Duisburger CDU, das erste weibliche Mitglied des Rates der Stadt, das 1949 als eine von wenigen Frauen der CDU Mitglied des Bundestages (bis 1972), später Bundesministerin für Familie und Jugend wurde.

Durch sie haben wir in der Familie, nicht nur beim sonntäglichen „Kaffeeklatsch“, unmittelbar die Wandlung unserer bürgerlichen Gesellschaft zur Demokratie erfahren, für mich, den damals 12-13jährigen Schüler wahre Lehrstunden im Fach Demokratie. Wir erfuhren im Laufe der Jahre auch Etliches über das Innenleben der CDU, die prominenten, handelnden Personen der Partei und wussten einige Jahrzehnte unsere politische Einstellung in guten Händen bei den „Machern“ der Partei. Nun endlich zum Verlust unserer Anhänglichkeit, den wir wahrscheinlich mit grossen Teilen aus der Gruppe der Stammwählerschaft teilen. Das Dilemma der gegenwärtigen CDU. Das geschah nicht plötzlich, sondern eher schleichend, weil wir lange uns nicht eingestehen wollten, dass das nicht mehr „unsere“ Partei war.

Und dieser Prozess hat einen Namen: Helmut Kohl. Wie vielen der bundesdeutschen Wähler, gewiss auch den aktiven Mitgliedern der CDU ist erst sehr viel später bewusst geworden, was zu dieser Verunsicherung gegenüber der CDU geführt hatte. Gehen wir zurück zum 13. Oktober 1982, dem Tag seiner Antrittsrede als frisch gewählter Kanzler der Bundesrepublik Deutschland, in der ein scheinbar harmloser Satz vorkommt, den Politiker, gerade gewählt in Führungspositionen, sehr gerne vortragen, weil er so schön unverbindlich scheint: es ist der Satz in der Rede Kohls von der „geistigen und moralischen Wende“. Er hat in der Rede und später vermieden zu erklären, was er damit gemeint hatte und eigentlich verkünden wollte: Für mich hat es einiger Jahre bedurft, um zu begreifen: Die Abkehr von eine der grössten Errungenschaften unserer Nachkriegsdemokratie: der Sozialen Marktwirtschaft, eine der tragenden Säulen des Programms der CDU.

Unsinnige Feststellung eines politischen Dilettanten, werden jetzt manche protestierend rufen. Mein in den späten achtziger Jahren – die Phase der Wiedervereinigung eingeschlossen – entstandener und gewachsener Standpunkt fusst nicht auf programmatischen Aussagen, sondern auf spürbare und erlebte Handlungen und Entscheidungen des Helmut Kohl als Bundeskanzler. Ich nenne das für mich: das Register der Todsünden des Helmut Kohl. 1.) Das begann unmittelbar mit seiner Regierungsbildung, in die er u.a. den „Möchtegern-Oligarchen“ Schwarz-Schilling zum Bundesminister für Post und Fernmeldewesen berief, der sich sofort – mit Segen und Zustimmung des Kanzlers daran machte, Bundespost und Telekom zu privatisieren, vorher aber, die Telekom veranlasste, statt der damals schon verfügbaren Glasfaserkabel, mit Kupferkabeln aus dem Unternehmen seiner Ehefrau die Bundesrepublik in die Moderne einer flächendeckenden Telekommunikations-Gesellschaft zu führen.

Helmut Kohl war auch für Kupfer und gegen Glasfasern. Die Bescherung haben wir heute mit weit verbreiteten „schwarzen Löchern“ in der Republik und lahmen Internet für den „Digital-Unterricht“ an unseren Schulen. 2.) Die Deutsche Bundesbahn, hoch verschuldet, war nicht in der Lage, den unbedingt erforderliche Modernisierung ihres Güterverkehrsnetzes vorzunehmen. Statt ihr mit massiven staatlichen Hilfen „Dampf“ zu machen, wurde der Güterverkehr auf der Strasse durch Milliarden gefördert. Die Bundesbahn wurde – als Ausgleich – von Helmut Kohl unter Druck gesetzt, zum Abbau ihrer Schulden ihren enormen Grund- und Hausbesitz an private Investoren zu verhökern. Ein repräsentatives Beispiel: in Duisburg bestanden zwei Stadtteile im attraktiven Süden ausschließlich aus „Eisenbahner-Wohnungen“.

Es machte damals die Runde, dass auf massive „Fürsprache“ von Helmut Kohl Schritt für Schritt ihre Miethäuser an ein nie genanntes „Hamburger Ehepaar“ verkauft wurde und heute nahezu vollständig der Vonovia gehört. 3.) Wie die Bundesbahn vermochte die Bundesanstalt für Angestelltenversicherung kaum noch über ihren Schuldenberg zu blicken. Statt sie von den ihr aufgezwungenen Versicherungs-fremdem Leistungen zu befreien, wurde die BfA gehalten, wie die Bahn mit „sanftem“ Druck, ihren Immobilien-Besitz zu verkaufen und jeden Gedanken an Neubauten zu verwerfen, statt – nach skandinavischem Vorbild – diesen lukrativen Besitz in einen Rentenfonds zu überführen. Norbert Blüm mochte geglaubt haben, das verhindern zu können, drum sein ständiger Ausruf: die Renten sind sicher! 4.) Die „Sozis“ – so Helmut Kohl – hatten nur einen Haufen Schulden hinterlassen, den wollte und konnte man nicht – mit Rücksicht auf die eigene Wählerschaft vor allemIndustrie – durch höhere Steuern ausgleichen.

Was konnte wirken? Wieder das erprobte Mittel: nahezu der gesamte Immobilienbesitz des Bundes, einschließlich der von Bundesbehörden genutzten Räume, wurde zunächst in eine Immobilien-Verwaltungsgesellschaft IVG als AG überführt, deren Anteile nach und nach an private Investoren verkauft wurden, dazu gehörten z.B. komplette Industrie- und Hafenanlagen. 5.) Naja, und dem allen noch die Krone aufsetzend, wurden durch die Regierung Kohl den Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften die Steuer-Privilegien entzogen, was diese dann in die Lage versetzte, geplante Neubau- oder Modernisierungsvorhaben ad acta zu legen.

Die Quittung zahlen heute die Mieter aus diesen Altbeständen, die nolens volens von privaten Investoren übernommen worden sind. CDU geführte Bundesländer und Kommunen folgten brav diesen Beispielen, mit dem heutigen Ergebnis das Kommunen und Bundesländer kaum noch über Wohnungsbesitz verfügen, um marktregulierend einwirken zu können. 6.) Schließlich die Krönung seines Tuns zur faktischen Abschaffung der Sozialen Marktwirtschaft war sein ständig wiederholtes Mantra während der ersten Jahre der Wiedervereinigung: „der Markt wird’s richten!“ Das Ergebnis konnte ich dann aus nächster Nähe ansehen, nachdem das Unternehmen, bei ich in leitender Position beschäftigt war, zum „Aufbau Ost“ im Oktober 1990 nach Berlin schickte, mein Arbeitsgebiet nun die „Neuen Bundesländer“ und Berlin wurden.

Dieses Programm hat uns die schwelenden Befindlichkeiten und nachhaltiges Misstrauen der Bevölkerung in den östlichen Bundesländern beschert. Wen sollte es da wundern, dass unter dieser Prämisse die Wirtschafts-Konservativen in der CDU bald das Sagen hatten, nicht einmal bemerkten, welch wertvolles Gut der Partei auf diese Weise geopfert wurde. Wo sind sie geblieben? die überzeugten und prägenden Vertreter der Sozialen Marktwirtschaft der CDU? Von den Jüngeren wagt sich keiner aus der Deckung. Fast alle sind bereits den Weg unserer irdischen Bestimmung gegangen, bis auf Dr. Kurt Biedenkopf, von dem Herr Linnemann mit Sicherheit nicht weiß, dass dieser in 50er und 60er Jahren einer der Autoren des Betriebsverfassungsgesetzes und Mitbestimmungsrechtes war. In jener Zeit war der junge Dr. Kurt Biedenkopf in der Sozial-Akademie Dortmund mein nachbarliches Gegenüber meines damaligen Arbeitsplatzes. in Dortmund.

Fazit: wenn die CDU-Führungen sich nicht bald mit einer ehrlichen Aufarbeitung der in meinen Augen zerstörerischen Ära Kohl befassen und sich ihrer frühen programmatischen Ideale besinnen, die eigentlich zur Gründung der Partei führten, gar einem Friedrich Merz den Auftrag zur künftigen Führung der Partei übertragen, wenn sie es weiterhin zulassen, dass die Junge Union rückwärts gewandt noch konservativer wird, als sie mich erschreckend schon ist, dann dürfen sie sicher sein, dass nicht nur ich die Entscheidung von 2017 bei der nächsten Bundestagswahl 2021 wiederhole, der Tradition unserer Familie untreu werdend mit 88 Jahren grün wähle, um überhaupt meinem aktiven Wahlrecht nachzukommen. Was sich heute „Alternativ“ nennt, ist für mich keine, nachdem zwei Tage nach meiner Geburt einer die Macht in Deutschland übernommen hatte, mit dem bekannten Ausgang. – Bernhard Liscutin

 

Selten habe ich eine Ausgabe der ZEIT so interessiert gelesen und diese Ausgabe ist ihr Geld mehr als wert! Nicht eines, sondern mehrere hoch relevante Themen aufgegriffen; treffend, klug, informativ und wunderbar formuliert. Aus meiner Sicht gilt es, dran zu bleiben und nicht ebenso wie die CDU (s. Artikel Wo geht`s zur Mitte, bitte?) wieder in die Haltung zu verfallen, „Solange nicht extrem gesprochen wird, wird auch nichts Extremes geschehen, das Laute ist das Falsche, alles Radikale ist verdächtig.“ Wir brauchen einen radikalen Wandel (die Wurzel betreffend), jetzt und den Leser*innen etwas zumutend, damit wir nicht alle einfach so weitermachen. Dazu braucht es mutigen Journalismus und weiter klare Worte. – Sabine Engel

 

Zu Ihrem sehr interessanten o.a. Artikel eine kleine Ergänzung. Sie schreiben: „Außerdem verirren sich zur CDU immer wieder Menschen…die nicht verstehen, dass mit „christlich` immer gemeint ist: Bibel ohne Bergpredigt und ohne Vertreibung der Händler aus dem Tempel“. Hinzuzufügen wäre : „auch ohne die Schöpfungsgeschichte aus dem Alten Testament“. Die Bewahrung der Schöpfung Gottes hat in der CDU NIE eine Rolle gespielt.

Man denke nur an das Hinausekeln des MDB Herbert Gruhl vor vielen Jahren in der Ära Kohl, der es wagte, sich für den Naturschutz einzusetzen. (Das war für mich der Anlass aus dieser Partei auszutreten.) Der einzige Konservatismus dieser Partei besteht nur in : noch mehr Wachstum und noch viel mehr Wohlstand; und allenfalls in diffusen Äußerungen wie : Ausgleich zwischen Ökonomie und Ökologie, wobei letztere immer die Oberhand behält. – Peter Knoll

 


 

 

Leserbriefe zu „Wenn jede Hilfe zu spät kommt“ von Martin Machowecz und Martin Nejezchleba

 

Die Zeit schreibt, dass die Covid-Toten im Schnitt 85 Jahre alt sind. Dann wird darüber spekuliert, ob die AfD eventuell Schuld an den vielen Covidtoten trägt. Manche behaupten es, andere glauben es nicht unbedingt. Ich denke nicht, dass 85-jährige Menschen unbedingt die Klientel der AfD sind. Auffällig ist, dass im einzigen Bundesland, das von einem Kommunisten regiert wird, die Impfquote die geringste in der Bundesrepublik ist. Ich bin gespannt, wie die Experten dies bewerten? – Rolf Schikorr

 

Die neue Ausgabe der Zeit ist wieder hervorragend. Ich hätte eine kleine Anmerkung bzgl. der Corona-Abstreckungsmaßnahmen, wie diese im Fall „Sachsen und sich stappelnde Särge“ formuliert wurde. Vielleicht kann man die benutzten Bilder ber Särge „öffentlicher“ machen, z.B. Nachrichten, online und an Plakatwänden. Denn die Zeitleser sind so differenziert und werden sich an die Hygieneregel halten. Es gilt die „Nicht-Aufmerksamen“ anzusprechen. Herzlichen Dank und mit freundlichen Grüßen nach HH! – Dr. Ilka Hüneröder

 

In Ihrem eindrücklichen Artikel weisen Sie darauf hin, dass die Covid-19 Verstorbenen im Schnitt 85 Jahre alt waren. In Deutschland liegt die Lebenserwartung bei gerade 80,99 Jahren. Somit sind die Covid-19 Verstorbenen durchschnittlich älter, als anhand der Lebenserwartung zu vermuten wäre. Wie alt waren denn die anderen, die „normal“ Verstorbenen im Schnitt? Man könnte den enormen Aufwand zur Eindämmung der Pandemie mal ins Verhältnis zu anderen Lebensrisiken und dem dort getriebenen Aufwand setzen.

Gerade auch in Bezug zu Verhältnismäßigkeiten. Sie hatten vor einiger Zeit eine Serie in der ZEIT über die Opiatkrise in den USA die seit Jahren negativ auf die Lebenserwartung durchschlägt. Bin gespannt ob die Corona-Pandemie ähnliche Spuren in der Statistik hinterlässt. Ich würde mir wünschen, dass sie in dieser Richtung weiter recherchieren und noch viele Artikel zu dem Thema herausbringen. – Sebastian Fontaine

 

In Ihrer Ausgabe vom 07.01.2021 wird auf S. 2 u. 3 mit 2 Fotos von sich stapelnden Särgen in der Vorhalle des Krematoriums berichtet. Zitate: „Im Krematorium Meißen kommen gerade täglich so viele Tote an wie immer zu dieser Jahreszeit. Und, zusätzlich noch einmal so viele, die an Corona gestorben sind.“„Alle sächsischen Krematorien arbeiten an der Kotzgrenze.“Es wird durch den ersten Satz der Eindruck erzeugt, die Zahl der Toten hätte sich verdoppelt und die Hälfte aller Toten seien Corona-Tote. Das wird dann einfach so stehen gelassen. Da sich das aus den Todesstatistiken nicht ergibt, muss es eine andere Erklärung geben. Aber darauf sind Ihre Autoren und Ihre Redaktion wohl nicht gekommen.

Es gibt 2 Hauptmöglichkeiten der Bestattung: Erdbestattung und Feuerbestattung. In Sachsen, dessen ländliche Regionen überwiegend katholisch geprägt sind, betrug der Anteil der Feuerbestattungen 2012 nur 50 %. 2018 lag der Anteil der Feuerbestattungen deutschlandweit bei 54 %, in Sachsen lag er dagegen bereits bei 90 %. Das heißt, Sachsen verzeichnete einen überproportionalen Anstieg beim Anteil der Feuerbestattungen in den letzten 8 Jahren. Wenn der Anteil der Feuerbestattungen von 50 % in 2012 um 40 Prozentpunkte auf 90 % in 2018 gestiegen ist, dann bedeutet das einen relativen Anstieg von 80 %. Es lässt sich kein Nachweis finden, dass im genannten Zeitraum die Kapazitäten der sächsischen Krematorien signifikant ausgebaut wurden, schon gar nicht um 80 %. Insbesondere das Krematorium Meißen schuf 2020 lediglich eine neue Leichenhalle mit 17 Stellplätzen.

Es liegt denklogisch nahe, dass bei gleichbleibender Zahl von Toten die Krematorien regelmäßig überlastet sind, wenn sie 80 % mehr Feuerbestattungen ausführen müssen. Gleichsam sinkt der Anteil der Erdbestattungen. Der Grund für die Verschiebung sind die geringeren Folgekosten der Feuerbestattung gegenüber denen der Erdbestattung. Die Krematorien stehen in einem enormen Preiswettbewerb. Sachsen und insbesondere das Krematorium Meißen gelten seit Jahren als Billiganbieter. Es liegt auf der Hand, dass eine billig anbietende Region mehr Aufträge für Einäscherungen anzieht als andere. Das nennt man Marktwirtschaft. Im Krematorium Meißen werden zudem Feuerbestattungen aus ganz Sachsen sowie bundeslandübergreifend aus Brandenburg und Berlin übernommen.

Wenn also die Zahl der Feuerbestattungen temporär ansteigt, muss das nichts mit der regionalen Situation zu tun haben. Bereits am 13.03.2018 wurde über eine Überlastung des Krematoriums Meißen berichtet. Damals gab es kein Corona. Es scheint also entweder normal zu sein, dass ein Krematorium hin und wieder überlastet ist, oder aber es liegt ein betriebswirtschaftliches Organisationsverschulden vor, nach nunmehr 2 Jahren immer noch nicht die Kapazitäten angepasst zu haben. Noch billiger als in Sachsen ist eine Feuerbestattung im benachbarten Tschechien zu haben. Es gab seit den 1990er-Jahren einen regelrechten Bestattungstourismus nach Tschechien. Aufgrund der Grenznähe Sachsens zu Tschechien sowie der geringeren Vermögen und Einkommen in den neuen Bundesländern wurde bislang von dieser Möglichkeit in großem Umfang Gebrauch gemacht.

Da sich im November/Dezember 2020 Deutschland und Tschechien gegenseitig als Corona-Risikogebiete eingestuft haben, ist der Grenzverkehr erheblich erschwert. Zwar ist die Teilnahme an Bestattungen von den Reisebeschränkungen ausgenommen, allerdings führt allein der bürokratische Mehraufwand und die Wartezeiten aufgrund von beiderseitigen Grenzkontrollen zu einem betriebswirtschaftlichen Nachteil bei der Auslagerung von Einäscherungen. Der Bestattungstourismus nach Tschechien ist inzwischen zum Erliegen gekommen. Generell besteht ein mit Corona begründeter Mehraufwand für Bestatter bei Toten mit Corona-Positivtest aufgrund der eigens dafür verschärften Regelungen.

Auch das führt zur Verzögerung des Arbeitsablaufes. Wenn mehr Bestattungen als Feuerbestattungen durchgeführt werden, trifft dies natürlich auch die Krematorien. Offensichtlich hat das Krematorium Meißen ein Problem, geeignetes Personal zu finden, wie aus dessen Stellenangebot auf der Internetseite des Krematoriums ersichtlich. Mit zu wenig Personal lässt sich das Pensum der Einäscherungen natürlich nicht bewältigen. Es gibt, wie man sieht, eine Vielzahl von Gründen, warum ausgerechnet Sachsen und insbesondere Meißen mit dem Einäschern von Verstorbenen derzeit überfordert ist. Dass diese Überlastungssituation durch eine regionale Übersterblichkeit bedingt ist, dafür fehlt jeder empirische Beweis, deutschlandweit liegt ohnehin keine Übersterblichkeit vor. Lediglich die Verteilung der Bestattungsarten hat sich geändert, nicht die Gesamtzahl der Bestattungen.

Die Feuerbestattungen in Sachsen haben massiv zugenommen. Der Ausgleich der zu geringen Kapazitäten der sächsischen Krematorien durch grenzüberschreitende Arbeitsteilung mit Tschechien fiel bedingt durch die Coronamaßnahmen in beiden Ländern Ende 2020 schlagartig weg. Im konkreten Fall des Krematoriums Meißen und seines Geschäftsführers Jörg Schaldach kommt langfristiges betriebswirtschaftliches Missmanagement durch verfehlte Kapazitätsplanung und fehlendes und unqualifiziertes Personal hinzu. Von eigenem Versagen wird unter Berufung auf „Corona“ versucht, abzulenken. Ich frage mich, warum die journalistische Arbeit bei Ihnen allein darin besteht, eine dpa-Meldung etwas ausgeschmückt und mit den inzwischen bekannten Narrativen über Leugner und AfD garniert weiterzuverbreiten.

Aber darum geht es offensichtlich gar nicht. Die Aufmachung Ihrer Ausgabe vom 07.01.2021 ist in höchstem Maße manipulativ und zeigt, wie weit Sie sich vom informativen und faktenbasierten Journalismus entfernt haben: Titelseite mit halbseitigem Titel knallrot unterlegt: „Impfstart in Deutschland – Das große Zittern“ „Warum dauert es so quälend lange?“ Dann auf S. 2 und 3 jeweils ganzseitig eine aufgewärmte Meldung vom 23.12.2020 mit dem Titel „Wenn jede Hilfe zu spät kommt“. Subtext der ersten 3 Seiten: Wenn nicht schnell die Impfung kommt, steht auch Dein Sarg bald vor dem Krematorium. Es geht nur um eines: Angst verbreiten. Ich habe einen Vorschlag: Benennen Sie sich doch um in „Prawda“ oder „Neues Deutschland“. Oder seien Sie so ehrlich und setzen unter ZEIT den Zusatz „Propaganda-Organ der Bundesregierung“. Mehr Informationswert hat Ihr Blatt nicht mehr. Es kommt hoffentlich bald wieder eine (Achtung Wortwitz) bessere Zeit. – Friedemann Winkler

 

Herzlichen Dank für den Artikel „Sachsen in der Corona-Krise – Wenn jede Hilfe zu spät kommt“. Ich bin praktizierende Ärztin an einem Universitätsklinikum und finde es sehr wichtig, dass die aktuelle, teils dramatische Lage in Kliniken und Bestattungsinstituten für Jedermann ersichtlich wird. Dieser Artikel und insbesondere die Bilder führen uns allen vor Augen, wofür sich die Anstrengungen in der Umsetzung der Corona-Maßnahmen lohnen. Eine kleine „Kritik“ hätte ich jedoch. Mir fiel bei dem Bild der Särge in der zur Notfallleichenhalle umgewandelten Trauerhalle auf, dass die Särge zum Teil mit dem vollen Namen der Verstorbenen beschriftet sind. Ich empfinde dies datenschutzrechtlich sehr kritisch und in gewissem Maße den Verstorbenen gegenüber pietätlos. Aufgrund dessen habe ich mich dazu entschieden, Sie diesbezüglich zu kontaktieren. Wie stehen Sie dazu? – Dr. med. Judith Mayer

 

Zum Artikel Ihrer Redakteure : Mit vielen Worte wird das Szenario in Sachsen geschildert , was unbenommen tragisch , aber nicht die ganzen Fakten darstellen ! Ohne auf Details einzugehen oder Passagen zu zitieren , alles was die Herren erzählen ist ein einziger Alarmismus ! Man möge den Zustand beklagen , aber die Gründe dessen sind eine Vorlage für generelles Versagen der Verantwortlichen — Wissenschaftler als auch Politiker ! Man kann nicht nur auf die nun anstehende Arbeit im Meißener Krematorium hinweisen und Kassandra rufen – im gleichen Artikel von Betroffenen reden , die durchschnittlich mit 85 Jahren gestorben , und einen Einzelfall von einer Frau mit 74 Jahren an Krebs oder Corona verstorben , heraus stellen ! Woran denn nun , „ von und mit „ oder was denn nun – und diese Verlautbarung wird landauf/ab verkündet … .. bitte reden die Herren nicht nur von den Toten , sondern auch von den vielen Tausenden die infiziert und wieder genesen sind … Und um keinen Leichenwagenstau zu riskieren , das kann man auch im Vorfeld logistisch organisieren !

Auf Seite 3 mit den brachialen Fotos meldet sich Frau Schulz zu Wort : Zitiert längst Verstorbene von vor 10 Monaten in Bergamo – die Dame hat sicherlich keinen Sargdeckel geöffnet um dort mit eigenen Augen ein Opfer aus zu machen … das mag zynisch klingen , aber man kennt doch die Geschichte von „Schrödingers Katze „ !! Alles was Ihre Zeitung in Sachen Pandemie zu berichten und zu kommentieren weiß , ist eine unglaubliche, unverhältnismäßige Dramatisierung , die nur den einzigen Zweck erfüllt , um das Versagen von sogenannten Wissenschaftlern und den von Ihnen beratenen Politikern mit deren fragwürdigen Entscheidungen klein zu reden und zu rechtfertigen ! – Klaus Schindler

 

Zwei Fragen muss der Einzelne sich doch bei der Impfdiskussion stellen: Erstens: Ab welchem Grad der Infektionssterblichkeit ist man bereit, sich impfen zu lassen. Man stelle sich nur ein letales Virus wie Ebola vor, das sich rasch verbreitet. Wie lange will man denn da mit der Impfpflicht warten? Zweitens: das Argument mit der Körperverletzung gilt ja überhaupt nicht; denn dann dürfte man sich mit der Kanüle auch kein Blut abnehmen lassen. Ich rege außerdem ein Studie an, bei der man eine Erhebung unter den Corona-Leugnern macht, wie viele sich impfen lassen wollen, nachdem nahe Angehörige von ihnen an oder mit Corona gestorben sind. – Dr. Martin Grau

 

Natürlich können Bilder wichtig sein, um auf eine dramatische Situation hinzuweisen, die ohne diese nicht verstanden wird. Doch hier liegt der Fall doch etwas anders. Zum einen wird seit Beginn der Pandemie die unsägliche Politik der Regierenden mit Bildern und Zahlen gerechtfertigt, zum anderen ist jedem doch längst klar, dass auch in Deutschland viele Menschen mit und an Corona versterben. Wofür haben wir denn sonst seit Monaten einen sich ständig verschärfenden Lockdown? Zum Sterben gehören auch Särge. Schreibt man das Wort Corona drauf, so soll die Angst des Betrachters noch mehr gesteigert werden. Memento mori.

Doch das scheint in der Moderne vergessen oder zumindest nicht mehr akzeptiert zu werden, das erkannte vor einem halben Jahrhundert schon Philippe Ariès. Für wen also sind diese Bilder wichtig? Für uns? Damit wir weiterhin jeden Mitmenschen als todbringende Gefährdung ansehen? Oder für Herrn Söders verfehlte Corona Politik, der die Corona- Toten als „Totschlag“-Argument gegen jeden unter den „Massnahmen“ Leidenden benutzt. Die Bilder dienen also dieser zynischen und menschenverachtenden Politik des bayrischen Ministerpräsidenten, der ein Leid gegen das andere ausspielt(?). (Dazu auch die Kritik von Wolfgang Kubicki an Markus Söder). Nehmen wir die Bilder doch dazu, wozu sie dienen könnten. Genau auf die Missstände in Alten -und Pflegeheimen , aber auch in den Krankenhäusern aufmerksam zu machen.

Und da steht die Politik und die Gesundheitspolitik in der Verantwortung und nicht wie sie suggerieren wollen, die Menschen , die die Krankheit nicht ernst nehmen. Ich wünschte mir von Beginn der Pandemie an etwas mehr kritischen Geist bezüglich der „Maßnahmen“. Sie fahren aber dort fort, wo Sie im letzten Jahr begonnen haben. Nämlich, ein Sprachrohr der Mächtigen zu sein. Auch Sie könnten den Blick endlich auf die Fehler der Politik richten, statt immer nur den Verfehlungen der Bürger hinterherlaufen. Ein Paradigmenwechsel ist nicht nur in der Corona Politik gefragt( Hilfe für die Gefährdeten statt Verbote und Schliessungen,auch wenn der Vorschlag von der AFD kommt , muss er ja nicht falsch sein), sondern auch in Ihrer Berichterstattung. – Thomas J. Birgel

 

Vorweg: Ich bin gebürtiger Sachse, 70, seit 50 Jahren am Stadtrand Dresdens wohnend. Ich bin zunehmend betroffen, dass in den Karten zur Wocheninzidenz die ehemalige innerdeutsche Grenze wieder einmal fast vollständig sichtbar wird. Woran liegt das? Sie haben in Ihrem Artikel einige Aspekte genannt, die sicher richtig sind, aber es muss doch noch etwas anderes geben, was Ost und West unterscheidet.Sie schreiben, dass es die lange Grenze zu Tschechien und Polen gibt und dort die Inzidenzen früher hoch waren als hier. Das trifft aber im gleichen Maße auch auf die niederländische, belgische und französische Grenze zu und dort liegen die Inzidenzen deutlich niedriger.

Dass bei einem intensiven Grenzverkehr in solchen Situationen die Infektionsgefahr steigt ist unumstritten, aber es gehören zu jeder Übertragung zwei Personen einmal der Virenträger und deren Kontaktpersonen, hier die Sachsen. Ich erlebe die Sachsen meiner Alterskohorte im Alltag auf der Straße, im Supermarkt oder in der Kirche und da wundert es mich überhaupt nicht mehr, dass es so viele Infektionen gibt. Abstand halten, Masken richtig tragen sind leider häufig Fehlanzeige und wenn es passiert und man redet „unter sich“ darüber, wird über „die da oben“ geschimpft, ganz so, wie sie es vor 40 oder 50 Jahren auch gemacht haben. Diese Einstellung zur Regierung hat sich in dieser Alterskohorte bei einem geschätzten Drittel nicht geändert. Zu DDR -Zeiten hat man die unzulängliche Versorgungslage ausgeglichen, in dem während der Arbeitszeit Beschaffungstouren unternommen wurden.

So haben „wir“ die DDR überlebt, dann werden „wir“ ohne die jetzige Regierung auch mit „gesundem Menschenverstand“ Corona überleben. Diese Maßnahmen sind doch sowieso Unsinn hört man allenthalben, vor 40 Jahren wären diese Gespräche genauso verlaufen. Und diese Menschen sind genau diejenigen, die auch AfD wählen. Insofern schließt sich der Kreis, die AfD wird zum Sprachrohr dieser Menschengruppe. Dass es eine gewisse Ansteckung an Jüngere gibt, ist leider nicht zu vermeiden. Vor Weihnachten erzählte mir ein Freund (70) aus Bremen,er hat 50 Jahre in Dresden gelebt, dass er sich bei seinem Besuch der Mutter hier in Dresden wegen des allgemein laschen Umgangs mit den Coronaeinschränkungen sehr unwohl gefühlt habe und er froh war, nach zwei Tagen wieder nach Bremen fahren zu können.

Ich glaube, die nächste Generation vor allem in den größeren Städten sieht das schon anders (z.B. Leipzig), auf dem Land kommt es darauf an, die Jungen vor den Alten ideologisch zu schützen. Auch im Westen wird über die Regierung geschimpft, es gibt Proteste wie Querdenken aber das sind gemessen an der Bevölkerungszahl vielleicht 1 oder 2% und keine 20 % wie die Alterskohorte der über 60Jährigen und insofern für das Infektionsgeschehen wenig relevant. Ich warte auf die ersten Stimmen aus dem Westen. Wegen den Ossis müssen wir jetzt auch noch die Coronaverlängerung und -verschärfung ertragen. Ich könnte sie fast verstehen. – Andreas Lippold

 

Dramatisch erscheint die Situation, die Särge stapeln sich. Zwei Fragen allerdings treiben mich um. Könnte diese Situation nicht einfach der Ursache geschuldet sein, dass die Grenze zu Tschechien geschlossen ist? Der Deutsche spart auch am Tod, in Tschechien verbrennt man günstiger. Zum zweiten fände ich es interessant zu wissen, wie viele der Covid Verstorbenen fälschlich als solche geführt werden? Die Grippe scheint neuerdings Corona zum Opfer gefallen sein, anders kann ich mir das verschwinden selbiger nämlich nicht erklären. – Marc Hindel

 


 

 

Leserbriefe zu „Verdeckte Propaganda“ von Christian Fuchs und Simon Schramm

 

Es ist gut, wenn rechtsextreme Propaganda in Schulbüchern aufgedeckt wird. Ein ähnliches, bisher unlösbares Problem gibt es beim „modernen Lexikon-Ersatz“ WIKIPEDIA, wo politisch einseitige bis oberflächlich verdummende „Administratoren“ mit Künstlernamen eigenen Unsinns verbreiten und andere Argumente als „Fake News“ zurückweisen können. Liest man den fachlichen WIKIPEDIA-Blödsinn bspw. zu Energiewende-Themen wie bspw. „Dunkelflaute“, dann merkt man die gezielte Verdummungsabsicht und ist verstimmt. Fakten braucht man nicht, wenn man eine gute Absicht hat.

Als Berater der BNetzA für Energiewirtschaft ab 10/2005 – 12/2014 (neben einem Elektro-Ingenieur der RWTH Aachen und einem TOP-Energiejuristen aus Berlin) habe etwas fachliche Ahnung. Im Anhang finden sie Fakten zur aktuellen Situation. Konfrontieren Sie diese mit dem „Gesäusel“ eines viert-klassigen „Energiefachmanns“ mit Künstlernamen ANDOL (grüner Kommunalpolitiker aus Franken) etwa zum Stichwort „Dunkelflaute“ bei WIKIPEDIA. – Prof. Emeritus Dr. rer. pol. Wolfgang Ströbele

 

Damit ihre Autoren auch wissen; zu meiner Zeit war es genau umgedreht. Selbst heute (selbst 3 Kinder) ist es noch so. Die Linksradikalen bestimmen den Unterricht. –Gunter Knauer

 

„Alles an dem Text wirkte unverfänglich…“, so dass er „als Beispielfür einen perfekten Essay“ in einem Schulbuch abgedruckt wurde, auch das Bildungsministerium „hatte keine Einwände“. Trotzdem wird dieser Text im ZEIT-Beitrag als Beispiel für „rechtsradikale Inhalte“ genannt. Warum? Weil er aus einer Zeitschrift der „Neuen Rechten“ stammt. Als weiteren typischen Fall für einen rechtsradikalen Inhalt führen die Autoren das Gedicht „Schneezauber“ an, das zwar „an sich nicht politisch“ ist, dessen 1956 verstorbene Verfasserin sich jedoch „im ‚Dritten Reich‘ aktiv für die Nationalsozialisten engagiert“ hatte. Das Gedicht wurde nach Hinweis einer Mutter ausgetauscht.

Auch ein Autor der Jungen Freiheit ist bedenklich, denn für ihn „fehlt jegliche Einordnung“, schließlich hat die Wochenzeitung eine „national-konservative Ausrichtung“. Ich finde es lächerlich bis empörend, wenn hier, obwohl an den Texten nichts auszusetzen ist, von rechtsradikalen Inhalten gesprochen wird. Ob ein Text für ein Schulbuch geeignet ist, sollteausschließlich nach seinem konkreten Inhalt beurteilt werden. Welcher politischen Richtung der Autor/die Autorin angehört oderin welcher Zeitung der Text vorher erschien, darf meines Erachtens, insbesondere wenn dies im zu beurteilenden Text gar keine Rolle spielt, nicht als Kriterium verwendet werden. –Peter Baier

 

Ihr Bericht sollte den Verantwortlichen für die Schulbildung ein Alarmzeichen sein. Bildung darf kein Tummelplatz für x-beliebige Vorstellungen sein. Die Ideen der Aufklärung bieten genügend Stoff. Wo stünden wir heute ohne das „Jahrhundert des Lichts“, wie das 18. Jahrhundert in Frankreich zutreffend bezeichnet wird. Allerdings bin ich darauf angewiesen, Ihnen blind Ihre Beurteilung „abzulaufen“. Ich kann sie nicht nachvollziehen. Grundsätzlich bilde ich mir ein eigenes Urteil und vertraue nur demokratisch gewählten Gremien. – R. Renaux

 

Erschreckend: rechtsradikale Texte und Grafiken gelangen in Lehrmaterialien unmündiger Lehrer*Innen und Schüler*Innen! In Ihrem Artikel wird festgestellt, dass sich niemand aus „allen angefragten Kultusministerien und sechs größeren Schulbuchverlagen …. an islamistische, linksradikale oder andere umstrittene politische Inhalte erinnern“ kann. Tja, woran das wohl liegt? – Frieder Jahn

 

Um es gleich vorweg zu sagen: Rechts- wie linksextremes Gedankengut hat nichts in Schulbüchern zu suchen. Erschreckend, besonders für Journalisten in der liberalen ZEIT, ist jedoch der Ansatz, dass es nicht darauf ankomme, was in einem Artikel gesagt oder geschrieben wird, sondern wer der Autor ist. Die Autoren des ZEIT-Artikels beginnen mit einem auch nach ihrer Auffassung nicht zu bemängelnden Schulbuchbeitrag, der aber wegen des Autors aus Schulbüchern zu entfernen sei. Was ist die Verbreitung einer „nicht erkennbaren rechten Ideologie“?

Soll das die Lehre für die Schüler sein: Schaut Euch erst mal den Verfasser an, der Inhalt spielt keine Rolle? Bekanntlich gibt es auch törichte Meinungen von Menschen, die nicht links- oder rechtsradikal einzustufen sind. Kinder und Jugendliche sollten bereits in der Schule lernen, dass man sich kritisch mit Gedanken anderer auseinandersetzen soll – auch wenn sie z.B. einer anderen Partei oder Glaubensrichtung angehören. Unser Demokratieverständnis wächst nicht aus dem Ausschluss von Personen, sondern aus der Auseinandersetzung mit Inhalten. Die Vorbereitung auf das Leben in einer Bubble kann nicht das Ziel unserer Schulbildung sein. Der Weg bis zur Bücherverbrennung ist dann nicht weit. – Bernhard Frölich

 

Schon lange keinen so reaktionären Artikel mehr in der Zeit gelesen. Lehrmaterial wird nicht des Inhaltes wegen kritisiert sondern wegen seiner Herkunft. Beispiele: Der Text „Früher war alles menschlicher“ ist unverfänglich, aber er stammt aus einer Theoriezeitschrift der Neuen Rechten. Das Gedicht „Schneezauber“ ist nicht politisch, aber die Verfasserin hat sich im Dritten Reich für den Nationalsozialismus engagiert. Eine Graphik, in der eine „Rothschildbank“ als Monster dargestellt wird, ist offenbar selbst in einem Politikbuch (!) nicht ohne ausdrückliche Kritik akzeptabel. Traut man denn den Lehrkräften, die den Antisemitismus behandeln, so wenig zu, dass ihre Schüler ein derartiges Propagandabild nicht selbst beurteilen können?

Aber weiter im Text: Ein Essay von Oswald Spengler wurde akzeptiert, aber nur wegen eines Hinweises über die politische Orientierung des Autors, der Inhalt spielt offensichtlich keine Rolle. Merken die Autoren nicht, welch revanchistische Haltung sie vertreten? Bildungsideal war es einmal, aufgrund selbständigen Denkens sich ein Urteil zu bilden. Kants „Sapere aude“ wird in die Tonne getreten. Stattdessen wird dazu aufgefordert, ausschließlich die politische Ausrichtung des Autors zu berücksichtigen. Mein Vorschlag: Jeden Lehrmittelinhalt mit einem Stempel „Gut“ oder „Böse“ versehen. Das würde dann auch den Zensoren die Arbeit vereinfachen. Halt, nein, es heißt ja nicht mehr „Zensur“, sondern „Canceln“. – Frank Hrebabetzky

 

Danke für ihren Artikel in Die Zeit No 2 v. 7.1.2021. Antisemitische „historische“ Karikaturen als Abdruck in Schulbüchern sind m.E. nicht erstrebenswert, sollten jedoch seitens der Lehrer in höheren Klassen diskutiert werden. Und was ist mit antiislamistische Karikaturen die seit Jahren insb. in FRA erlaubt sind? Redakteure von Charlie Hebdo und ein Lehrer mussten mit ihren Leben dafür zahlen. – R. Kerler

 

Auf dem Foto ist ein Buch mit dem Wortfragment Schule in Frakturschrift abgebildet. Dazu sollte man folgendes wissen : 1941 wurde die Frakturschrift vom Stellvertreter des Führers M. Bormann in seinem Auftrag verboten. Zitat aus dem Rundschreiben ( Der Stellvertreter des Führers, Stabsleiter, München 33,z.Z. Obersalzburg, den 3.1.1941) „ Zu allgemeiner Beachtung teile ich im Auftrag des Führers mit: Die sogenannte gotische Schrift als eine deutsche Schrift anzusehen und zu bezeichnen ist falsch. In Wirklichkeit besteht die sogenannte gotische Schrift aus Schwabacher-Judenlettern“

Im Rundschreiben wurde die Umstellung zur Antiqua-Schrift als künftige Normalschrift angeordnet. Fazit: Wer auch immer die Fraktur mit der Nazidiktatur in Verbindung bringt, ist historisch nur bis 1941 informiert. Quelle: Albert Kapr Fraktur Form und Geschichte der gebrochenen Schriften Verlag Hermann Schmidt, Mainz, 1993, Seite 81 Anmerkung: Als Kalligraph hatte ich immer wegen dem historischen Bezug eine Abneigung Fraktur zu schreiben, nach dem Kauf dieses Buches im Mainzer Gutenbergmuseum entdeckte ich die Schönheit verschiedener Frakturvarianten. – Dietmar Parchow

 


 

 

Leserbriefe zu „Fürs Leben“ von Jeannette Otto

 

Wir sind Eltern eines 7jährigen Sohnes und nun wieder von der Schulschließung betroffen. Am Schlimmsten aber trifft es unseren Sohn. Mein Mann Vollzeit zwar im Homeoffice, aber mit durchgehender Beschäftigung und/oder Telcos; ich TZ aber außer Haus. Mein Mann : Risikogruppe geht seit März nicht einkaufen etc und Kochen während der Arbeitszeit geht auch nicht. Genausowenig kann man einem 1. bzw. jetzt 2. Klässler während der Arbeitszeit Lesen, Schreiben und Rechnen beibringen. Kinder brauchen da eine Vollzeitbegleitung!!!! Wir stehen also alle um 06:30 auf, ich mache uns alle fertig (inklusive der Pflege, da mein Mann querschnittgelähmt ist) und verlasse um 08:00 das Haus. Komme um 14:00 zurück, kaufe ggf. ein und koche.

Um da 16:00 – das Kind schon fast 10h wach und einsam, weil er nur verwahrt werden kann – soll nun also mit mir lernen. Ich darf sagen: das ist der allergrößte Bullshit. Da geht konzentriert gar nichts mehr, bei ihm und bei mir. Und eigentlich will er nur endlich mal das, was Kinder brauchen: Zeit zum Reden und Spielen. Um 18:00 Abendbrot, um 19:00 in’s Bett und am nächsten Tag beginnt genau dieser Wahnsinn von vorn. Wir sind jetzt ein so genannter Bildungshaushalt und trotzdem hat Corona unglaubliche Lücken in die frühe Bildung gerissen. Ich bin auch wirklich sauer, wenn ich sehe, dass wir in den Heften weiterarbeiten, es 3 Telefonate mit der Schule gab und in den Medien reden Menschen von Distanzlernen….

Selbst wenn es täglich Zoom Konferenzen gäbe, wie soll ein Lehrer einem Kind, geschweige denn 25 Kindern, auf Zoom Lesen beibringen?! Wie soll man das parallel zur eigenen Zoom Telco betreuen?! Alles zu machen, auch Supermärkte personell soweit reduzieren oder auf Studenten zurückfahren, dass hier die Eltern ihre Kinder betreuen können, nicht nur irgendwie ruhigstellen. Es findet eine klare Ungleichbehandlung von Eltern statt, die einen ordentlichen Beruf haben, den man fein am Computer machen kann und den Eltern, die eben an Kassen und Altenheimen arbeiten. Das wiederum benachteiligt langfristig und gravierend genau die Kinder, die es statistisch auch öfter schulisch schwer haben. Eltern von Grundschülern sollten freigestellt werden. Zumindest einer und zwar komplett und ohne, dass man in kleinen Betrieben diskutieren muss oder blöd angeschaut wird. – Nicole Gersbeck

 

Dieser Beitrag war Anlass, mich an die bereits ein Jahr währenden Diskussionen über die notwendigen Maßnahmen gegen die Pandemie zu erinnern. Viele waren mit Eifer daran beteiligt. Dort wurden und werden gegensätzliche Meinungen mit ausgesuchten Argumenten begründet. Daher komme ich zu folgendem Schluss:

Zu einer ergebnisoffenen Debatte gehören m. E. zuerst alle Fakten ungefiltert auf den Tisch. Danach sind die mit diesen Fakten begründeten Argumente sachlich und emotionslos zu vergleichen und abzuwägen. Erst danach können moralische und emotionale Gesichtspunkte in die Abwägung einbezogen werden. Aus meiner Sicht werden diese Debatten selten so geführt. Die praktischen Erfahrungen des Auslandes im Umgang mit der Pandemie werden zwar erwähnt. Die sachliche Analyse und die Debatte darüber unterbleibt. Dabei denke ich sowohl an Südkorea als auch an Frankreich. Bei unserem Nachbarn im Westen blieben die Schulen mit entsprechenden Vorkehrungen trotz Anstieg der Infektionen offen. Die strengen Kontaktsperren in den übrigen Bereichen führten dennoch zur Senkung des Infektionsgeschehens.

Wo fand zu diesem Thema ein „Think-Tank“, eine interdisziplinäre „Denkfabrik“ aller beteiligten Bereiche der Gesellschaft statt? Die Konferenz der politischen Führung des Landes (Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten) kann dem nicht gleichgesetzt werden. Da offensichtlich die Gefahr einer Katastrophe besteht, sollten die Experten in einer interdisziplinär besetzten Katastrophen-Kommission die Entwicklung beobachten, regelmäßig erörtern und die erforderlichen Maßnahmen treffen. Dabei sind die Folgen dieser Maßnahmen zu bedenken. Warum wurde nicht eine „Kathastrophen-Komkmission gebildet? – Schmolling

 

Ich frage mich, wann werden Lehrerinnen und Lehrer endlich in die Verantwortung genommen. Es darf nicht sein, dass nur einzelne Pädagogen ihrer Verpflichtung und ihrem Ethos nachkommen, der Großteil der Lehrkräfte es jedoch hinnimmt, dass den Kindern ihr Recht auf Bildung und dazu zähle ich einen geregelten Unterricht und den verlässlichen Besuch einer Schule verwirkt wird. Wie kann es sein, dass mutlose Kultusminister es sich so einfach machen und ihre Hausaufgaben auf den Schultern der Schwächsten in unserer Gesellschaft abladen, den Kindern.

Lehrerinnen und Lehrer sind immer noch zu einem großen Teil verbeamtet, sie sind praktisch unkündbar, arbeiten größtenteils autonom, genießen eine Unmenge unterrichtsfreier Tage und haben ihre Pension sicher. Ich finde den Lehrkräften ist es zuzumuten auch unbequeme und ihren bisherigem Schulalltag verändernde, aber innovative Vorschläge zum Lernen unter Pandemiebedingungen schnell umzusetzen. Es reicht nicht auf die Freiwilligkeit einzelner Lehrer zu hoffen. Es macht mich wütend und traurig was zurzeit mit allen Kindern, aber insbesondere den Schülern passiert. – Rita Nauendorf

 

„Technikerinnen, Polizisten …“Durch Beschluß oder Duldung der Redaktion scheint Die Zeit jetzt zur Spielwiese für Sprachexperimente mutiert zu sein. Generisches Femininum nicht nur im Plural (s. Überschrift), nein auch im Singular („Erzieher, Lehrerin, Koch, Clown“): absolut fashionable. Ja, manchmal sogar richtig anspruchsvoll. Da muß man um die Ecke denken: Was ist gemeint, wirklich die weibliche Lehrerin oder nur der transvestierte Mann? Supercool! Nur zu dumm, daß ich nicht zum Gender-Versuchskaninchen tauge. Ganz unverklausuliert: Entweder Die Zeit folgt wieder ganz spießig den noch gültigen Grammatikregeln oder sie hat einen Abonnenten weniger. Punkt. – Dr. Dieter Maue

 

Die Probleme für unser Bildungssystem in der Corona-Pandemie sind sicherlich schwerwiegend, insbesondere hinsichtlich der Verstärkung von Benachteiligungen. Es ist aber wenig hilfreich, den Kindern und Jugendlichen die Perspektive von verpassten Bildungs- und Lebenschancen einzureden, so , als würden sie lebenslang mit dem Kainsmal „Corona“ rumlaufen müssen. Schule kann während der Pandemie nur im Rahmen der staatlchen Verordnunge organisiert werden, also immer „nur auf Sicht“ von wenigen Wochen. Da helfen Forderungen nach einer langfristigen Perspektive ohne konkrete Vorschläge für die Schulen wenig.

Es gäbe aber durchaus konkrete Möglichkeiten, die Schulen – Lernende. Lehrende, Familien, Schulträger – zu entlasten und das derzeitige Schuljahr planbarer zu Ende zu bringen: Z.B. Vorziehen der Osterferien zu Winterferien: würde den derzeitigen Lockdown unterstützen und dann evtl. um Ostern schon Präsenzunterricht ermöglichen, (und Oster-Reiseverkehr einschränken!). Aussetzen der Halbjahreszeugnisse samt Benotungen, das würde Lernende und Lehrende psychisch und zeitlich entlasten. Aussetzen aller schriftliche Leistungs- und Lernkontrollen bis wieder normaler Präsenzunterricht möglich ist. Verkürzung der Sommerferien auf 4 Wochen entweder zugunsten des laufenden oder des nächsten Schuljahres.

Ein frühzeitige Entscheidung würde die sichere Ferien-und Urlaunbsplanung der Familien noch ermöglichen. Ein vereinfachtes Benotungssystem, vereinfachte oder besser ausgesetzte Versetzungsordnung zum Schuljahrsende. Für Abschlussklassen unabhängig von Ferien möglichst durchgehenden Präsenzuntericht anbieten und möglichst späte Prüfungstermine im Sommer festlegen. All solche Maßnahmen würden den Bildungsauftrag der Schule nicht schmälern, im Gegenteil. Der Unterrichtsschwerpunkt könnte dann mal wirklich auf Bildung liegen und weniger auf Leistungsmessung, Durchschnittsnoten, Zugangsberechtigungen und anderen Formalien. – Dr. Artur Behr

 

Frau Otto spricht mir aus der Seele! Schon im 1. Lockdown habe ich mich verweifelt gefragt, wo die Rufe nach einer anderen Priorisierung bleiben. Natürlich ist die Digitalisierung der Schulen wichtig, so wie auch der Bleistift wichtig ist. Aber sie kann weder Allheilmittel sein, noch kann sie pädagogisch kreative Lösung ersetzen, die im Rahmen der Pandemie nun mal spätestens benötigt werden!

Auch ist der Gesundheitsschutz selbstverständlich sehr wichtig. – Und gerade weil er so wichtig ist, sollte doch in dieser Zeit darüber nachgedacht werden dürfen, ob es noch in irgendeiner Form angemessen ist, eisern an den bestehenden Lehrplänen festzuhalten. Sollte die Antwort darauf „JA“ lauten, geht die Fragestellung weiter. DENN: Wie Frau Otto anführt, gibt eine immens große Anzahl an „Bildungsverlierern“ unter den Schülern. Einige Lehrer sehen die Hälfte ihrer Klassen ins Abseits rutschen. Warum wird nicht darüber gesprochen, den Druck aus dem System zu nehmen? Warum können nicht alle Schülerinnen und Schüler das Schuljahr wiederholen? Es würde die Kinder und Jugendlichen, die Eltern und nicht zuletzt Lehrkräfte immens entlasten.

Natürlich ergäben sich aus diesem Vorschlag große logistische Herausforderungen – aber stehen wir nicht seit 12 Monaten schon vor ähnlichen? Warum nicht die Schächeren bis ganz schwachen Schülerinnen und Schüler und deren Familien dadurch entlasten? Warum nicht die Stärkeren in einem Wiederholungsjahr fordern und Konzepte zur Teamarbeit und Unterstützung innerhalb der Schulen, der Klassen entwickeln? DAS würde doch perspektivisch die Gesellschaft stärken und allen Beteiligten das Gefühl einer lebensnotwendigen Selbstwirksamkeit geben!

Und bis dahin: Geht raus! Macht Unterricht zum Anfassen! Hört Musik! Malt Bilder! Nehmt Euch Zeit zum Denken und Zuhören! Sollten wir nicht DAS aus einer Krise lernen, die sogenannte „Querdenker“ hervorbringt? – Die Prioritäten ZUGUNSTEN der Gemeinschaft und GEGEN unnötigen Druck zu setzen und damit die langfristige Entwicklung der Gesellschaft im Blick haben? Was wäre es schön, wenn wir in ein paar Jahren dieses Umdenken als eine Essenz aus „Corona“ ziehen könnten! – Maren Adamczyk

 

Schule zu, damit die Bänder laufen … Die Entscheidungen der Politik zur Eindämmung der Infektionsraten orientieren sich einseitig an den Interessen der Wirtschaft. Konzerne, Betriebe, die Bauwirtschaft – alle Bereiche der Produktion bleiben von Beschränkungen ausgenommen. An sie richtet man unverbindliche Appelle, Home-Office zu ermöglichen. In dem kleinen Teil der Unternehmen, in dem das geschieht (bei weniger als 15%, überwiegend im Dienstleistungsbereich) räumen die Arbeitgeber ungerührt ein, dass ihnen dadurch ja kein Nachteil entstehe, da ja zu erwarten sei, dass Arbeit, die tagsüber wegen der Kinderbetreuung zu Hause nicht erledigt werden konnte, am Abend und in der Nacht gemacht werde.

Kindertagesstätten und Schulen werden dagegen erneut geschlossen. Die Folgen für die Kinder aufzufangen, wird wieder den Eltern aufgebürdet. Die Beschränkung auf nur eine Besuchsperson bedeutet ganz konkret, dass jüngere Kinder gänzlich von sozialen Kontakten außerhalb der Familie ausgeschlossen werden, denn sie können nicht mal eben allein zu Freunden gehen. Kinder aus schwierigen Familienverhältnissen – so schreibt die Autorin zurecht – sind in dieser Situation mehrfach gefährdet. Wenn sie keinen verlässlichen Zugang zu digitalen Endgeräten haben, haben sie keine Chance, am „Distanzunterricht“ teilzunehmen. Auch wenn ein Teil der Lehrkräfte – keinesfalls alle – sich um diese Kinder bemüht:

Ihr Recht auf Bildung bleibt auf der Strecke. Für Kinder in der Kita oder Grundschule ist Distanzunterricht von vornherein keine Alternative – für sie sind persönliche Beziehungen und Präsenz durch nichts zu ersetzen. In hoch belasteten Familien besteht ein erhöhtes Risiko, dass es zu Gewalt an Kindern kommt. Diese Gefahr steigt durch den Lock-Down – und bleibt oft unerkannt, weil unsere Möglichkeiten der Früherkennung durch pädagogische Fachkräfte blockiert sind. Nicht nur für Kinder in belasteten Familien, sondern für alle Kinder gilt überdies: Ausschluss von sozialen Kontakten macht einsam, gereizt, traurig. Sich hilflos zu fühlen und auch die eigenen Eltern als ohnmächtig zu erleben, lässt das generelle Zutrauen in die Möglichkeiten, etwas im eigenen Leben beeinflussen zu können, schwinden.

Und eben dies ist die wichtigste Kraftquelle für Kinder, die unter widrigen Umständen aufwachsen. Resilienz nennen wir das. Nachdem die Politik viel Zeit im Sommer ungenutzt gelassen hat – was kann man jetzt noch tun? 1.        Sofort Kinder unter 14 Jahren von der Zählung der Kontaktpersonen ausnehmen (einige Bundesländer denken in diese Richtung). 2.      Kindertagesstätten und Grundschule ab 18.1 wieder öffnen; Wechselmodelle (drei Stunden pro Tag Schule für jedes Kind) realisieren, derzeit ungenutzte öffentliche Räume jeder Art als zusätzliche Klassenräume nutzen, den Erwerb von Lehrplanwissen zurückstellen und stattdessen für soziale Teilhabe aller Kinder – mit und ohne Behinderungen – sorgen. 3.Der Impfung von Lehrkräften, Erzieherinnen und Erziehern eine hohe Priorität einräumen, so dass sie unmittelbar nach den Bewohnern in Pflegeeinrichtungen und den Klinikmitarbeitern durch die Impfung geschützt werden;

wir über 60jährigen ohne relevante Vorerkrankung können warten, denn wir kommen noch einige Zeit länger mit den Kontaktbeschränkungen irgendwie zurecht, wenn junge Eltern und Kindern dafür früher aus ihrer Isolation befreit werden können. Soziale Vereinsamung aller Kinder, weiter verstärkte Bildungsbenachteiligung für Kinder in Armutslagen, Überforderung der Familien – diesen Preis dürfen wir nicht hinnehmen, nur um der Wirtschaft die Möglichkeit zu geben, sich weiter ihre Gewinne aus der Produktion zu sichern. – Prof. Dr. Klaus Sarimski

 

jetzt sind gerade zwei Tage Online- Unterricht vergangen und Schüler und Lehrer fühlen sich schon überfordert. Die Schulen halten nach wie vor an den Curricula fest, der Stoff muss durchgezogen werden. Die Schüler sitzen oft ohne Pause mehrere Stunden vor den Bildschirmen. Kein Schwätzchen mit dem Sitznachbarn, keine Interaktionen, nichts. Starren, Pauken, Lernen über ständig abstürzenden Plattformen. Das ist Gesundheitspolitik im Jahre 2021. Kinder und Jugendliche brauchen Gleichaltrige, Bewegung und zumindest den Schulsport. Es hat sich doch gezeigt , dass nun nach fast 4 Wochen Schulschliessung, die Schule nicht als Pandemietreiber angesehen werden kann. Sie haben Recht, dass bald vieles im Lebensraum Schule wieder erlaubt sein muss.

Dazu gehört aber unbedingt auch das Singen und wenn es mit Abstand im Freien stattfinden muss. Apropos Abstand und Maske. Wie lange wollen wir der Jugend noch verbieten sich zu sehen, sich nahe zu kommen, das Gesicht des anderen zu sehen und sich zu verlieben. Ihre Idee von der Schule im Wald ist schön, aber mit einem von den Medien kaum hinterfragten Härtekurs der Regierenden wohl kaum machbar. Man sollte erstens den Schülern das komplette Schuljahr schenken und sich möglichst bald vom lebensfeindlichen ungesunden Digitalunterricht verabschieden. Ein Wohnung ist und bleibt keine Schule! Solange Sie als Zeitungs- und Meinungsmachende Instanz sich aber nicht zu einer Fundamentalkritik an der Corona Politik entscheiden, sehe ich schwarz für einen humanen Ausweg aus dem Verbrechen, was unseren Kindern angetan wird. – Thomas J. Birgel

 


 

 

Leserbriefe zu „Die Entdeckung der Langsamkeit“ von Edda Grabar et al.

 

Es ist ein Fehlschluss so zu tun, als ob mit der Impfung von heute auf morgen eine Herdenimmunität zu erreichen wäre – unabhängig einmal von der Menge des zur Verfügung stehenden Impfstoffes und von der Zahl der Impfunwilligen. Bis eine Herdenimmunität erreicht ist wird es Ende des Jahres werden – Herbst oder Winter. Wir müssen also für die Folgemonate eine bessere Lösung finden als den Lock down.

Denn: trotz Lock down nehmen die Zahlen rasant zu. Das Problem liegt darin, dass die Nachverfolgung nicht mehr möglich ist. Und dies Problem ist nur lösbar mit einer technischen digitalen Aufrüstung der Gesundheitsämter und mit einer tatsächlich funktionierenden App, bei der passager auf den Datenschutz verzichtet wird. Nur damit kann man den Lock Down gesellschaftlich und wirtschaftlich erträglich gestalten! Darum sollte die App bis Ende Januar entsprechend dem Vorschlag von Boris Palmer (ZEIT 1/2021) aktualisiert werden (mit Genehmigung des Bundesrates). Währenddessen würde weiter geimpft.

Das wäre eine überzeugende Perspektive zum Lock down, die auch ein Ende desselben markieren würde, noch bevor eine Herdenimmunität durch die Impfung erreicht wird. Denn bis dahin müssen auch die Geimpften sich so verhalten, als ob sie noch nicht geimpft wären. Mit der Impfung erhält man keinen Freifahrschein, sondern lediglich die Gewähr, dass man bei einer Corona Infizierung einen weniger gefährlichen Krankheitsverlauf erwarten darf. Man ist dann aber auch – wie ohne Impfung – Träger des Virus und kann ihn verbreiten. Da erübrigen sich jegliche Diskussionen darüber ob Geimpfte Privilegien erhalten sollten oder nicht. – Lutz von Laer

 

Danke – Dank – Danke! Danke im Namen der Regierung, der Bundeskanzlerin, der MinisterpräsidentInnen, der zuständigen Fachministerien und der eingebundenen Ministerialbürokratie. Danke für diese politische Entschuldigung und Erklärung, warum das mit der ganzen Impferei nicht so recht klappt. Bis heute – übrigens. Anstelle einer aufgeklärten kritischen journalistischen Berichterstattung gibt es einen politischen Erklärungstext. Liest sich fast schon wie ein Bewerbungsschreiben als PressemitarbeiterIn der Regierung. – Wolfgang Siedler

 

In Griechenland und Bosnien-Herzegowina sitzen Kinder im Dreck und werden von Ratten angefressen, aber Deutschland kann ihnen nicht helfen, denn: Wir brauchen eine europäische Lösung! Jens Spahn hat den Einkauf des Covid-19-Impfstoffs von der EU koordinieren lassen. Jetzt wirft man ihm nicht nur vor, daß zu wenig von dem teuersten Vakzin (von dem seinerzeit niemand wußte, ob und wann es zugelassen würde) bestellt, stattdessen eine breite Auswahl getroffen wurde, sondern auch, nicht genügend Dosen für Deutschland reserviert zu haben. Sollte also besser der deutsche Senior geimpft werden, die Familie seiner rumänischen Pflegekraft aber nicht, weil Rumänien halt ärmer ist? Und der ganze Aufriß nur, um zu verhindern, daß Jens Spahn Bundeskanzlerkandidat wird? Ich hasse zwar diese Formulierung, aber: Haben wir mitten in einer Pandemie nichts Besseres zu tun? – Raimund Poppinga

 

Jene Langsamkeit, die ich entdecke, ist jene, wie lange es doch dauert, bis die Zahlen des RKI verstanden werden. Daraus geht hervor, das Menschen ohne Vorerkrankung bis zum 80. Lebensjahr auch ohne Impfung ein äußerst geringes Risiko haben, an Covid 19 zu sterben. Welchen zusätzlichen Nutzen für diese 70 Millionen Menschen eine Impfung haben soll, erschließt sich mir nicht. – Fritz Junghans

 

Anscheinend verderben viel Köche immer noch den Brei. Grundsätzlich halte ich es auch für richtig, dass die Bestellung der Impfstoffe gegen das Coronavirus durch die EU organisiert worden ist. Allerdings hätte diese Bestellpraxis dann auch erfolgreich sein müssen. Das war sie nicht. Gerade weil der erste Impfstoff von BioNTech in Deutschland entwickelt worden ist, wäre Deutschland ein nationaler Alleingang nach der Devise „An der Quelle sitzt der Knabe“ wohl sehr übel genommen worden und hätte auch dem europäischen Gemeinschaftsgedanken widersprochen.

Nationale Alleingänge hat es also nicht gegeben, nationale Interessen wurden, wie ich mit großem Interesse Ihrem Bericht entnehmen konnte, aber sehr wohl berücksichtigt (s. Bestellung bei einem französischen Impfstoffhersteller, der erst im Herbst liefern kann). Das hätte nicht geschehen dürfen und so ist zumindest kostbare Zeit verloren gegangen, das ist der Bevölkerung wohl nicht nur in Deutschland schwer zu vermitteln.

Wir können jetzt nur hoffen, dass der EU möglichst schnell und ausreichend Impfstoff bereitgestellt werden kann und uns das Szenario erspart bleibt, welches sich gerade in Großbritannien angesichts der dort explodierenden Infektionszahlen abspielt. Überlegungen, die Bevölkerung erst nur einmal zu impfen gibt es da schon, führende Mediziner warnen vehement davor.

In Schleswig-Holstein kann man sich per Telefon oder online zu einer Impfung anmelden. Das ist relativ einfach – aber diese Information habe ich auch aus dem Internet bekommen. Gerade ältere Menschen, die noch zu Hause leben und jetzt aufgrund Ihres Alters geimpft werden könnten, haben oft keinen Zugang zum Internet. Auch auf die Telefonnummer 116 117 anzurufen und sich durch etliche elektronische Ansagen „durchzuklicken“ dürfte für viele von Ihnen schwierig sein.

Eine aktive Information der ganzen Bevölkerung, wenn nötig auf die Gegebenheiten der einzelnen Bundesländer abgestellt, mit Infobrief per Post zugestellt (so wie Wahlbenachrichtigungen ja auch versendet werden) kann bestimmt nicht schaden. Eine weitere Möglichkeit, viele zu erreichen und noch einmal über diese in meinen Augen so wichtige Impfung zu informieren und Sicherheit zu geben. Denn Unsicherheit und Zweifel können häufig aus einem unzureichenden Wissen entstehen. – Regina Stock

 

Wir erleben eine Pandemie, wie wir sie hier im Land in dieser Form noch nie erlebt haben. Das ist nervig, belastend, zertörerisch, unglaublich teuer und auch lebensgefährlich. Wir haben es mit einem Erreger zu tun, der das macht, was in seiner Natur liegt: Andocken an den Schleimhautzellen unserer Atemwege um sich dann von ebendiesen Zellen vielfach reproduzieren lassen, um dann einen leichten bis schweren bis lebensbedrohlichen Krankheitsverlauf in uns zu verursachen und im Nebeneffekt über die Ausatemluft zu neuen Opfern zu gelangen. So weit so banal. Das Virus hat eine für uns wichtige entscheidende Schwäche: Es kann sich nicht von selbst von einer zur anderen Person bewegen, sondern wird immer verschleppt bzw. weitergetragen.

Hier können wir ansetzen mit Aussicht auf Erfolg. Auch das ist banal und bekannt. Das Dumme ist nur: Wir sind bei unserem Verhalten nicht konsequent genug, um die Infektausbreitung effektiv zu verhindern. Das kommt uns unterm Strich unglaublich teuer zu stehen. Glücklicherweise ist es schlauen Menschen in SCHIER UNGLAUBLICH KURZER ZEIT!!! gelungen, einen und sogar mehrere gut wirksame Impfstoffe gegen das Virus zu entwickeln, VIEL schneller, als wir es uns vor einem Dreivierteljahr haben erträumen können. Und nun frage ich mich, wie Sie auf der Titelseite darauf kommen, dass „es (alles) so quälend lange dauert“. 11 Tage, nach dem die erste Impfung in unserem Land Jahr erfolgt ist, sind immer noch nicht die ca . 65 Millionen Personen vollständig geimpft, die für das Erreichen der „Herdenimmunität“ notwendig sind!!

Wie kann das angehen??? Was ich für wirklich bedrohlich halte, ist dieser unglaubliche Druck, der durch fadenscheinige Wahlkampfaktivitäten und durch deren mediale Verstärkung und Vervielfältigung entsteht und der zu großer Unruhe und großem Vertrauensverlust führt, wie wir es in unserem Praxisalltag erleben, ohne dass damit irgendetwas gewonnen wäre. Es muss klar sein, dass wir alle die Infektausbreitung im Moment am besten dadurch im Zaum halten, dass wir die Regeln der Basishygiene viel konsequenter als bisher einhalten. Die Impfkampagne kann, soviel muss auch klar sein, die Pandemie erst in mehreren, 6 – 7 – 8 Monaten beenden. Denn solange wird es brauchen, um die erforderlichen ca. 65 Millionen Personen vollständig zu impfen.

Es ist absolut kontraproduktiv, jetzt, wo die in ihrer Dimension noch nie dagewesene Impfkampagne beginnt, gestaltet wird und in kurzer Zeit (Ja: kurzer Zeit!!!) Fahrt aufnimmt, diese so aggressiv zu diskreditieren. Klar ist auch, dass man jetzt die richtigen Fragen stellen muss, um für ähnliche Ereignisse in der Zukunft einen Lerneffekt mitzunehmen. Aber bitte, bitte jetzt nicht das große Zittern anfangen! Dass die Impfung in der Anfangphase alleine nicht reicht, um die Krise zu beenden, können wir leider in Großbritannien sehen, wo die Impfkampagne schon vor Wochen begonnen hat, die Covid-Fallzahlen aber extrem ansteigen. Auch wenn die Virusmutation zu einer aggressiveren Form wahrscheinlich eine Rolle spielt: Das Einhalten der Hygieneregeln ist auch dabei bis auf weiteres der wichtigste Ansatzpunkt. Also: Bitte weniger Panik und mehr sachliche und gerne auch konstruktive Kritik! – Dr. G. Schwiethal

 

Ihr Artikel behauptet: „Im Werk des Partners Pfizer in Belgien wird der Stoff in Ampullen ausgeliefert, aus denen man mit einer handelsüblichen Nadel fünf Dosen auf eine Spritze ziehen kannn“. Es werden aber nicht 5 Dosen auf eine Spritze gezogen sondern je eine Enddosis auf eine Spritze, alles andere ist grob fahrlässig und nicht den Anweisungen entsprechend, die Lektüre der öffentlich verfügbaren Dokumente der EMA (genannt Produktinformation, verfügbar in allen EU Sprachen auf EMAs website) ist hier dringend angeraten, sie sollten die Aussage korrigieren.

Mich wundert in diesem Zusammenhang die Selbstverständnis der Berichterstattung. Sie fordern eine gute Aufklärung der Patienten (bzgl Anmeludng/Anreise, etc) und das is alles sehr richtig. Sind Sie sich als „seriöser Meinungsmacher“ auch darüber im Klaren, wie sehr Ihre Berichterstattung die Impfbereitschaft der Bevölkerung beeinflusst oder wie glauben Sie mit der obigen Aussage „5 aus einer Spritze“ die Impfbereitschaft positiv zu beeinflussen? – Stefanie Töpperwien

 

Die Aussage, dass mit einer „handelsüblichen“ Nadel nur fünf Dosen Vakzine aus einer Ampulle, mit einer feineren Nadel dagegen 6 Dosen entnommen werden können, hat zunächst einmal überhaupt nichts mit der Nadelgröße, genauer deren Kaliber, zu tun. Grundsätzlich wird beim Aufziehen einer Spritze ein Volumen des Impfstoffes aus der Ampulle entnommen („Volumenaustausch“). Bedeutender ist vielmehr die dabei angewandte Feinmotorik des Handhabenden bei der Befüllung des Spritzenreservoirs. Zutreffend ist stattdessen die Tatsache, daß mit einer, natürlich ebenfalls „handelsüblichen“, feineren Nadel die „Betankung“ der Spritze genauer dosierbar ist. Ungeschicklichkeiten des Handhabenden lasseen sich bei dieser Prozedur somit eher vermeiden. – Hans Ulrich Bresgott

 


 

 

Leserbriefe zu „Die Wahrnehmungsschwelle“ von Hito Steyerl und Mark Terkessidis

 

Sie haben recht, es gibt in Deutschland viel zu viel unterschwelligen, versteckten Rassismus. Rassismus muss benannt werden, wo immer er auftritt. Jedoch sollte darauf geachtet werden, was öffentlich als rassistisch deklariert wird, ansonsten verliert die dem Wort immanente berechtigte Anklage an Bedeutung.

Die Aussage „ …die Lehrer und Lehrerinnen, die trotz „einer heterogener werdenden Schülerschaft“ das Niveau aufrechterhalten können….“, stellen Sie durch „Was Heterogenität mit Mathematik zu tun haben soll,….“ in Frage und rücken diese im Folgenden in ein rassistisches Licht. Die Leichtigkeit Ihrer rassistischen Zuschreibung macht mich sprachlos. Ist Ihnen das nicht zu billig? Sprache ist eine der wichtigsten Zugangsvoraussetzungen für Bildung, sogar für Mathematik. Zu leugnen, dass es sprachliche Defizite bei einer nicht unerheblichen Anzahl von Flüchtlingsfamilien gibt, löst weder das Problem, noch hilft es den Kindern, noch wird es der Realität an den Schulen gerecht. Diese Aussage rassistisch auszulegen ist m.E. populistisch. – Daniel Scheffler

 

Vielen Dank für diesen deutlichen Text. In meine Praxis kommen – selten – Menschen, die unter solcher „Nichtwahrnehmung“ bitter leiden. Eine Frau, Krankenschwester, erzählte mir neulich von einer Situation auf Station: Ein Patient habe zu ihr gesagt, sie sei doch gar nicht richtig schwarz. Das sollte ein Kompliment sein…. Bei einer Zugfahrt wurden die Fahrkarten kontrolliert. Der Schaffner ging die Sitzreihen entlang, scherzte hier, lachte dort. Als sie an der Reihe war, verwandelte er sich unvermittelt, wurde ganz ernst, überprüfte ihre Fahrkarte ganz genau, fragte in misstrauischem Tonfall, von wo nach wo sie fahre. Dann drehte er sich um, verwandelte sich erneut und scherzte mit dem nächsten Zuggast. Keiner der Fahrgäste, die das mitbekommen hatten, reagierte darauf in irgendeiner Weise….

Ich frage mich, wie Menschen ihren Alltag in unserer Gesellschaft bewältigen sollen, wenn sie permanent solche erniedrigenden Situationen erleben, ohne Chance auf Verständnis dafür, was ihnen das abverlangt. Ich bin voller Bewunderung für diese Frau, die trotzdem versucht, Lebensfreude zu verbreiten und sich nicht unterkriegen zu lassen. Auch, weil sie ja weiß, womit sie rechnen muss, würde sie es wagen, ihre Gefühle sichtbar werden zu lassen. – Sibylle Riffel

 

Dunkel bleibt Ihrer Rede Sinn. Trotz Unterüberschrift kann ich nicht erkennen, worauf resp. auf wen Sie zielen. Ich vermute fast, auf alles außerhalb Ihrer eigenen Wahrnehmungsschwelle; etwa auf alle bösen weißen Deutschen (m/w/d), die falsch denken und handeln; jedenfalls auf diejenigen, die nicht so denken und handeln, wie Sie es Ihnen richtig vorschwebt? – Dr. Gernot Henseler

 

Der Artikel trieft nur so von „politcal correctness“, von Ideologie. Denn die Verfasser glauben doch nicht im Ernst, mit den im Text genannten Beispielen ihre ungeheuerliche Unterstellung eines „strukturellen Rassimus“ in unserer Gesellschaft zu belegen? Ihr Lobgesang am Ende auf „Heterogenität“ bzw. ihre Kritik an einer anderen Wahrnehmung davon – das kann nur aus dem Mund kommen von jemandem, der „Filmemacherin“ und „Dozentin an der Universität der Künste zu Berlin“ ist, sowie jemandem, der „zu Migration und Rassismus forscht“. In der Erfahrung eines Sozialarbeiters, einer Lehrerin oder Erzieherin an einem Brennpunkt mit 80 % Migrantenanteil in einer Großstadt läse es sich garantiert anders. Ein Ärgernis, dem hier in der ZEIT diesen Raum zu geben! – Karl-Heinz Grau

 

Die Frage, warum gegen die Anschläge in Hanau und Halle – anders als gegen Polizeigewalt in den USA – in Deutschland nicht oder kaum demonstriert werde, dürfte doch auf der Hand liegen: Die US-Politik wird noch als Subjekt wahrgenommen, das man durch Demonstrationen beeindrucken kann. Dies ist bei Attentätern nicht der Fall. Ebenso hat es ja im Zusammenhang mit dem US-amerikanischen Irak-Krieg große Demonstrationen gegen diesen gegeben, nicht hingegen später gegen die russische Invasion in der Ukraine oder gar die Expansion des IS. Den so Kritisierten würden Demonstrationen in Deutschland wohl lediglich ein Schulterzucken abverlangen.

Sinnvoll kann lediglich ein Vergleich zum Versagen der Ermittlungsbehörden bei der Aufklärung der NSU-Mordserie gezogen werden. Dass dieses Versagen jedoch keine Debatte ausgelöst hat, trifft nicht zu. Sicherlich kann man fragen, warum die Aufmerksamkeit für dieses Thema nicht noch größer war. Hier wird eine Rolle spielen, dass das Versagen der Ermittlungsbehörden erst Jahre nach der Mordserie ans Licht kam, wohingegen unmittelbar nach dem Tod George Floyds ein Video von der Tat weltweit verbreitet wurde. Im Übrigen ist auf den folgenden Demonstrationen in Deutschland auch Polizeigewalt in Deutschland thematisiert worden. – Christian Schäfer

 

Der Streit über die emotional aufgeladenen -ismen kommt mir oft vor wie das Schleichen um den heißen Brei: kommt man ihm zu nah und droht, sich die Zunge zu verbrennen, verdrückt man lieber sich auf harmlosere Nebenkriegsschauplätze, auf denen man das Maul weit aufreißen kann, ohne sich danach eine blutige Nase zu holen! – Dr. med. Ulrich Pietsch

 

Dieser Beitrag lenkt das Augenmerk auf den Terrorismus von Rechts und auf den strukturellen Rassismus in Deutschland. Dem Grunde nach gibt es dagegen nichts einzuwenden. Das ist lobenswert, denn diese Wahrnehmungsschwelle gibt es tatsächlich. Den Umgang mit Argumenten halte ich jedoch für bedenklich. Daher habe ich mich damit eingehender auseinandergesetzt. Sofern Sie von der Argumentation in diesem Beitrag vollkommen überzeugt sind, erübrigt es sich, hier weiterzulesen. Ich konnte nicht umhin, meine Gedanken zum Thema etwas ausführlicher niederzuschreiben. Der Rückgriff auf die Geschichte ist aus meiner Sicht unvollständig, verallgemeinernd und daher nicht ganz richtig. Alles, was nicht ganz richtig ist, ist genau genommen falsch. Geschichte ist nicht in Stein gemeißelt.

Das Bild der Geschichte verändert sich im Laufe der Zeit durch unverkrampfte Bereitschaft zur komplexen Betrachtung, durch neue Erkenntnisse. Zur Wahrheitsfindung sollten daher vermeintliche Gewissheiten in Frage gestellt und alle Fakten benannt werden dürfen, bevor sie einzeln bewertet werden. Sie bezeichnen die Expansion Preußens und des Deutschen Kaiserreichs in „Ost- und Südosteuropa sowie imOsmanischen Reich“ als Kolonialismus. Ein Blick auf die Landkarte zeigt, dass weder Südosteuropa, noch das Osmanische Reich Gegenstand deutscher Expansion waren. Diese Oberflächlichkeit ist m. E. auch nicht durch die dahinter zu erkennende gute Absicht der Brandmarkung der deutschen „Ostpolitik“ zu rechtfertigen.

Hier frage ich mich, warum werden – die geografische Lage Deutschlands, – die Existenz Österreich-Ungarns, – die tatsächlich Expansion Russlands nach Ost- und Südosteuropa und – die Expansion des Osmanischen Reiches nach Europa (dreimalige Bedrohung Wiens) übersehen? Das Kaiserreich betrieb imperialistische Expansion in Ost-, Südosteuropa und dem Osmanischen Reich Die territoriale Expansion Preußens und Deutschlands entsprach den hegemonialen Ansprüchen der Großmächte dieser Zeit. Das ist aus heutiger Sicht in keiner Weise zu rechtfertigen.Trotzdem sprach noch niemand vom russischen oder österreichischen Kolonialreich oder überhaupt von Kolonien in Europa. Nebenbei bemerkt: In den polnischen Sprachgebieten galt das preussische Wahlrecht. Abgeordnete dieser Region sassen im preussischen Landtag.

Diese Situation mit dem Kolonialismus in Übersee gleichzusetzen, ist eine nicht gerechtfertigte Verallgemeinerung. Die Situation in den annektierten Gebieten in Europa entsprach m. E. nicht den Verhältnissen in den Kolonien in Übersee. Wahrnehmungsschwellen entstehen durch eine eingeschränkte Berichterstattung über die Wirklichkeit, über alles, was gesehen werden kann. Sie entstehen ebenso durch öffentliche Meinungsäusserungen und Argumentationen, die diese Wirklichkeit durch einen verengten Blickwinkel unvollständig wiedergeben. Für unsere Wahrnehmungen sind wir auf die Medien angewiesen.

Diese treffen bei der Berichterstattung eine Vorauswahl. Das geschieht einerseits aus kommerziellen Gründen (Auflagenhöhe, Einschaltquoten). Andererseits geht man Auseinandersetzungen, Hetze und Verleumdungen aus dem Wege, wenn man diesem Trend folgt. So entsteht der Mainstream, das Ende jeder offenen, unvoreingenommenen Debatte. Um diese Entwicklung zu stoppen, sollte die Berichterstattung zu einem Thema stets unvoreingenommen alle Tatsachen einschliessen, die zum Thema in Beziehung stehen. Unterbleibt dieses, wird die Wirklichkeit nicht wahrheitsgemäss dargestellt. Schliesslich ist nur das Ergebnis von zwei plus zwei gleich vier wirklich wahr. Andere Ergebmisse wie 1,7 oder 1,9 sind falsch.

In dem Beitrag wird der Rassismus in Deutschland angesprochen, zu Recht. Wenn wir darüber sprechen, sollten wir uns die Ursachen vergegenwärtigen. Lange Zeit gab es nur das Freund/Feind-Denken. Mit der Entwicklung funktionierender Gesellschaften, geeint durch gemeinsame Sprache, Kultur und Geschichte entwickelte sich ein nationales Selbstbewusstsein. Dasselbe wurde von einzelnen Gruppen der Gesellschaft für ihre wirtschaftlichen, ideologischen und religiös begründeten Ziele instrumentalisiert. So entstand der Antisemitismus ebenso wie die Apartheid. Die Herabsetzung der „Heiden“ durch die Christen und der „Ungläubigen“ durch die Muslime wurde nun auf andere Nationen übertragen.

Ebenso wie bei den Opfern des Terrors von Rechts ist auch bei religiös motiviertem Terror in Syrien und in Alllerwelt eine Wahrnehmungsschwelle zu beobachten. Nicht einmal der abscheulichste Umgang der Täter mit ihren Opfern hat einen öffentlichen Sturm des Protestes entfacht. Dagegen ist die Realität des Lebens in anderen Kulturen (darstellende Kunst, Malerei Satire,usw.) immer wieder Anlass für „spontane“ Demonstrationen in vom Islam beherrschten Ländern, die in Progromen nicht selten sogar mit Todesopfern enden. Im Falle der Mohammed-Karrikaturen waren diese den Demonstranten nicht einmal bekannt. Wieviele Menschen wurden durch diesen Terror allein in Europa seit 2015 ermordet? Diese Zahlen werden nur einzeln, nicht im Zusammenhang, wahrgenommen. Ein anderes Beispiel ist die Berichterstattung über das Lager der Migranten in der Einöde Bosniens vor der kroatischen Grenze. Wer ist für die Auswahl dieses Standortes für ein Lager verantwortlich, wer hat die Vernichtung dieses Lagers durch Brand zu verantworten? Daher kann nur gelten: Erst alle Fakten, dann die Moral und die entsprechenden Konsequenzen. Das darf sich nicht wiederholen. – R. Renaux

 

Vielen Dank für diesen deutlichen Text. In meine Praxis kommen – selten – Menschen, die unter solcher „Nichtwahrnehmung“ bitter leiden. Eine Frau, Krankenschwester, erzählte mir neulich von einer Situation auf Station: Ein Patient habe zu ihr gesagt, sie sei doch gar nicht richtig schwarz. Das sollte ein Kompliment sein…. Bei einer Zugfahrt wurden die Fahrkarten kontrolliert. Der Schaffner ging die Sitzreihen entlang, scherzte hier, lachte dort. Als sie an der Reihe war, verwandelte er sich unvermittelt, wurde ganz ernst, überprüfte ihre Fahrkarte ganz genau, fragte in misstrauischem Tonfall, von wo nach wo sie fahre.

Dann drehte er sich um, verwandelte sich erneut und scherzte mit dem nächsten Zuggast. Keiner der Fahrgäste, die das mitbekommen hatten, reagierte darauf in irgendeiner Weise…. Ich frage mich, wie Menschen ihren Alltag in unserer Gesellschaft bewältigen sollen, wenn sie permanent solche erniedrigenden Situationen erleben, ohne Chance auf Verständnis dafür, was ihnen das abverlangt. Ich bin voller Bewunderung für diese Frau, die trotzdem versucht, Lebensfreude zu verbreiten und sich nicht unterkriegen zu lassen. Auch, weil sie ja weiß, womit sie rechnen muss, würde sie es wagen, ihre Gefühle sichtbar werden zu lassen. – Sibylle Riffel

 


 

 

Leserbriefe zu „Der Traum vom Staatsstreich“ von Thomas Assheuer

 

Es ist gut, dass Trump jetzt darüber nachdenkt sich selber zu begnadigen. So liegt die Impertinenz der US-amerikanischen Begnadigungsoptionen endlich mal ganz offen zu Tage. Mit Recht und Demokratie hatte das nie etwas zu tun .Jetzt lässt die Farce sich nicht mehr verstecken. Und somit besteht auch die Chance zur Heilung. Ich gehe davon aus, dass Trump auch diese Gelegenheit nutz dem Recht und der Demokratie nochmal kräftig ins Gesicht zu spucken. – Iman Schwäbe

 

Kann Präsident Trump sich selbst begnadigen? Schon diese Frage zu stellen, bedeutet eine fast unerträgliche Zumutung für jeden recht und gerecht Denkenden. Sie zu bejahen hieße, den Begriff der Gnade zu pervertieren. Gnade ist kein In-sich-Geschäft der Mächtigen, sie kann nur „gewährt“ werden, setzt also schon per Definition einen anderen als Empfänger voraus. – Dr. Ludwig Engstler

 

Der Schaden, den Trump mit der gestohlenen Wahl in den Gemütern der Amerikaner angerichtet hat, ist so unermesslich gross und wird dermassen lange nachwirken, dass die USA noch über lange Zeit mit sich selber beschäftigt sein werden und als Führungsmacht der westlichen Welt immer mehr an Vertrauen verlieren. Es ist zu fürchten, dass die führenden Vertreter der Republikaner Trump die Stange halten, aus Furcht, in den Zwischenwahlen in zwei Jahren unterzugehen. Die Republikaner müssen sich jetzt entscheiden, den „Trumpismus“ sofort zu verlassen, auch wenn sie in nächster Zeit Probleme bekommen werden.

Die Repunblikaner müssen der Dolchstosslegende mit aller Macht entgegentreten, denn nur so können sie dem Land helfen. Biden und seine Demokraten schaffen das nie, sondern nur gemeinsam mit den vernünftigen Republikanern. Menschen halten viel eher das, was sie glauben für die Wirklichkeit, als das, was in Wirklichkeit ist. Noch nie hat ein amerikanischer Präsident mit seinem „Make America great again“ sein Land dermassen beschädigt wie Donald Trump. Zuletzt hat er den Kampf mit China verloren. China ist der grosse Sieger. Vielleicht überzeugt das die amerikanische Bevölkerung, aber wohl erst in ein paar Jahren, wenn der politische und wirtschaftliche Schaden ganz offenkundig ist. – Jochen Wagner

 

Stellt man sich mit geschlossenen Augen einen von Allmachtsgefühlen vollgepumpten narzisstischen Inhaber des höchsten Amtes der größten Weltmacht vor, dann sieht man Trump. Ein Branding in unseren Hirnen. Und Tramp sieht sich selbst mit all seiner Macht über allem stehend, natürlich auch über dem Recht. Allerdings verweigert sich das Recht zurzeit, ihm zu dienen. Kein Gericht will sein Wahlbetrugsnarrativ bestätigen. Wird er es tun, fragt Thomas Assheuer. Nein, er wird sich nicht selbst begnadigen. Wo das Recht sich nicht beugen lässt, wird Trump andere Lösungen finden als die Selbstbegnadigung, um Immunität und das Gefühl der Allmächtigkeit für sich zu retten.

Eine typische Trump-Lösung wäre, mit der Inszenierung eines Verzichts auf Selbstbegnadigung sich im Handstreich wieder auf die höchste Stufe zu stellen, und die Wirkung einer solchen Begnadigung auch ohne ihren (legalen oder illegalen) Vollzug für sich in Anspruch zu nehmen. Zumindest seine Anhänger werden es ihm abnehmen und ihm huldigen. Aus dem tollkühnen Verzicht auf Selbstbegnadigung wird Selbstverteidigung gegen Diebe von Recht, Ordnung, Wahrheit und Anstand. Eine solche Inszenierung macht für seine Anhänger die Unterstützung für Trump zu einem Kampf um Gerechtigkeit, Freiheit und das wahre große Amerika. Auch wenn es um Steuerhinterziehung, Vergewaltigung und Amtsmisbrauch geht.

Eine weitere Lösung für die Wahrung von Immunität und Allmachtsanspruch ist die Rolle als Anführer einer ihm treu ergebenen Privatarmee. Als Warlord, der als eigentlicher Präsident einst wieder das ihm zustehende höchste Amt tatsächlich ausfüllen wird. Trump, der Anführer für alle um ihre Rechte Betrogenen. Die bereits in diesem Sinne von ihm angestoßene Erstürmung des Kongresses war kein Staatsstreich, aber eine Etappe auf dem Wege zurück ins Amt. Trump hat Joe Biden, der ihm den Wahlsieg gestohlen hat, die Show gestohlen: Ein motivierender Etappensieg für seine atavistische Sammlungsbewegung. Trump ist in seiner sozialdarwinistischen Welt der Größte, auch wenn er jetzt Kreide frisst. Seine Anhänger verstehen das alles schon richtig. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Man darf gespannt sein, was er sich für die Amtseinführung am 20. Januar einfallen lässt, um erneut Joe Biden die Show zu stehlen und als der eigentlich Größte aus diesen Feierlichkeiten hervorzugehen. Wird er es tun? Diese Frage wird uns begleiten. – Reinhard Koine

 

Im Artikel „Der Traum vom Staatsstreich“ (ZEIT 2/2021) werden Fragen aufgeworfen, etwa: Wie würde der Supreme Court die Selbstbegnadigung, eine gnadentheologische Absurdität, eine pikante Rechtsfigur, die einen epochengeschichtlichen Abgrund eröffnet, beurteilen? Was ist zu tun, wenn der Wille zur Macht die „künstlichen Ketten des Rechts“ (Philosoph Hobbes) abzuschütteln und in Gestalt eines übergriffigen Immobilientycoons im Herzen einer Regierung seinen Veitstanz aufzuführen beginnt (Philosoph Balke)? Was ist zu reflektieren, bevor sich Trump, der schamlose Körper des Geldes, im ontologischen Nebel auflöst?

Konkrete Antworten fehlen. Ich schlage vor, dass höfliche und zivilcouragierte Leute dem Antidemokraten zunächst einmal die roten Knöpfe wegsperren.Schon vor dem Ende seiner Amtszeit wurde der 55. Doge der Republik Venedig, Marino Faliero, wegen der Planung eines Staatsstreichs verurteilt, seines Amtes enthoben und am 17. April 1355 auf der Scala Foscara des Dogenpalasts enthauptet. Tags zuvor waren schon einige Mitverschwörer aus dem Patriziat hingerichtet worden.

Früh an gefügige Ehrerbietung gewohnt, hatte Faliero angefangen, die Vornehmen der Stadt, die seinen Ansichten widersprachen, mit Hass zu verfolgen und brachte unkritischen Pöbel mit lautstarken „Beweisen“ hinter sich und gegen die Ratsmitglieder, die er verabscheute, auf. Nach gezieltem Anheizen der Gerüchteküche wollte Faliero am 15. April eine fingierte unsichere Situation erzeugen und losschlagen. Dies wurde aber vom venezianischen „Verfassungsschutz“ entdeckt.

Trump zählt zu den aktuellen Falieri. Von ihm und einigen seiner Machtkumpane, Hochverräter an der Idee der Demokratie (Lindsey Graham, Ted Cruz) handelt der Artikel „Der aufrechte Republikaner“ in derselben ZEIT-Ausgabe. Die Autorin zeigt dort am Titelhelden, dem demokratisch handelnden Republikaner Brad Raffensperger, mit Nachdruck, dass Zivilcourage nicht nur ein Wort oder Philosophiegefasel ist. Auf eine Damnatio memoriae kann verzichtet werden, und Trumps Grabstein muss auch nicht ganz dem Falieros ähneln: Hier liegt der Präsident der USA, der beim Versuch, das Vaterland zu vernichten, seine Macht, seine Ehre, seinen Reichtum und sein Haupt verlor. – Roman Rucker

 

Die Überlegungen Thomas Assheuers, ob sich Donald Trump selbst begnadigen könne, sind konsequent und die Folgen dramatisch. Allerdings muss man sich fragen, ob Assheuer nicht einen falschen Begriff verwendet hat. Denn begnadigt kann ja eigentlich nur werden, wer rechtskräftig verurteilt wurde. Und das ist Trump (noch) nicht. So geht es um die Frage, ob der Präsident der Vereinigten Staaten auch nach seiner Amtszeit von der Strafverfolgung und damit von einer (möglichen) Verurteilung ausgenommen werden kann. Die Folgen davon wurden von Assheuer allerdings präzise beschrieben und würden tatsächlich einem Staatsstreich entsprechen. – Werner Fischbach

 

Der stumme Goldfisch Ohne Zweifel : was der orange-schillernde Egozentriker aus dem Weißen Haus zwitscherte war an Peinlichkeit kaum zu überbieten. Über die damit einhergehende Gefährlichkeit kann man geteilter Meinung sein. Schließlich gibt es mit dem Friedensnobelpreisträger Barak Obama und der demokratischen Außenministerin Hillary Clinton Beispiele genug, wie man geschmeidig-charmant kriegerische Flächenbrände auslöst ohne Gefahr zu laufen den Ton abgestellt zu bekommen. Wirklich gefährlich hingegen erscheint mir die Tatsache, dass heute wenige stinkreiche Privatunternehmen wie Twitter, Facebook usw. darüber entscheiden, wer Gehör findet und wer ignoriert wird. Und zwar völlig frei jeglicher demokratisch-parlamentarischer Legitimation.

Wäre es da nicht besser, man würde gleich alle „Sozialen Netzwerke“ stilllegen? Dann wäre endlich Schluß mit Hetze von allen Seiten. Schluß mit Fake, Irritation und Illusion. Schluß mit Ausgrenzung und Bevorteilung, mit Sucht und Selbstdarstellung. Und ganz nebenbei könnte man ganz charmant die Marktmacht einiger Global Player brechen und geschmeidig die verheerende CO2-Bilanz dieser ausufernden Digitalisierung senken. Aber zu einer solchen „Diät“ werden sich die Mächtigen nicht durchringen, schließlich brauchen sie „social media“ für ihre eigenen Beeinflussungen, Lügen und Verdrehungen. Wir müssen erkennen : Unfrei im Netz verfangen ist unsere Gesellschaft nicht weniger wie der Goldfisch Trump. – Martin Hartmann

 


 

 

Leserbriefe zu „Turkish Lives Matter“ von Philipp Ther

 

Spätestens jetzt sollte sich Horst Seehofer für seinen unerträglichen Satz, wonach „Migration die Mutter aller politischen Probleme“ sei, entschuldigen … oder sich besser endlich aufs Altenteil zurückziehen. – Rainer Wetzels

 

Ich war bei dem Lesen des Artikels „türkisch lives matter“ enttäuscht wegen des folgenden Satzes: Daher war es eine kluge Entscheidung von Uğur Şahin und seiner Frau Özlem Türeci. Muss 2021 noch eine Frau als Frau von …. genannt werden? Wie irrelevant und veraltet ist diese Formulierung? Die Zeit legt doch Wert auf die Art, wie man sich ausdrückt. Es ist zwar nur ein kleines Detail, aber Wörter haben einen Einfluß auf unseres Weltbild. Schreiben als Verfechter der Gleichberechtigung von Frauen und Männern bringt nicht viel, wenn man selbst noch von alten patriarchalischen Gewohneiten geprägt ist. – Mathilde Cartolaro

 

Vielen dank für die Veröffentlichung dieses Beitrags. Es hat mich damals überrascht und genervt, dass die Medien so oft darauf hingewiesen haben, dass Frau Türeci und Herr Şahin nicht von ursprünglich deutscher Abstammung sind, und dass das als unglaublicher Erfolg bezeichnet wurde. Als erwachte Deutschland, um festzustellen, dass manche Mitbürger mit ausländischer Abstammung etwas überhaupt taugen. Keine Frage, die Leistung der beiden Wissenschaftler ist außerordentlich, Ich wünschte jedoch dennoch, dass man sie wie andere Deutsche behandeln würde ganz ohne positive Diskriminierung, wie in diesem Falle.

Bezüglich dem Thema Alltagsrassimus, ich empfinde, dass das all zu oft geschieht, und es wird meistens ignoriert. Eine Wohnung oder Arbeit mit meinem syrischen arabischen Namen zu finden ist genau so schwer wie für fast all andere, die einen ausländischen Namen haben. Ein Kollege hat es erfahren mit einem Freund aus Brasilien, der einen portugiesischen Namen hatte. Ihm wurde gesagt, dass Wohnungen bereits vermietet waren, obwohl das so nicht stimmte, wenn sich deutsche Kommilitonen für dieselbe Wohnung meldeten. Meine Eltern mussten ein ganzes Jahr nach einer neuen Bleibe in Köln suchen, bis sie eine überteuerte Wohnung am Ende gefunden haben. Es wird dann behauptet, dass das alles nichts mit dem Namen zu tun hat. In manchen Situationen muss ich meinen Doktortitel auf die große Glocke hängen, damit ich mit gebührendem Respekt behandelt werde, da mein ausländischer Name eher ein Minuspunkt darstellt. Ich mich muss sogar gelegentlich rechtfertigen, warum ich „so“ gut Deutsch spreche!

Ich wollte auch bezüglich der Annahme über die möglichen Alevitische Abstammung vom Herrn Şahin sagen. Es gibt zwei Religionsgemeinschaften, die öfters miteinander verwechselt werden: die Aleviten und die Alawiten. Die sind beide eine Abspaltung vom Schiaislam, aber sie unterscheiden sich. In der Region Hatai (um Iskenderun) leben eher Alawiten. Wie Professor Ther bereits erwähnte, Sandjak Alexandrette war ein Teil von Syrien, und dort lebt sowie in der Küstenregion von Syrien und Teilen vom Libanon die alawitische Gemeinde. Die Assad-Familie und viele wichtige Angehörige des syrischen Regimes sind von dieser Gemeinde. Es könnte daher auch sein, dass Herr Şahin sogar von teilweise arabischer ethnischer Abstammung ist, was Herrn Erdoğan zwei Gründe geben würde, dessen hervorragende Leistung zu ignorieren: die falsche Religion und die falsche Ethnie. – Firas El-Saleh

 

Eine wunderbare Geschichte in einem aktuellen Bericht. (Auch sehr passend das Foto dazu.) Es gibt tatsächlich drei Gruppen: die hochgebildeten Türken, die ich in Deutschland und in der Türkei als Lehrende an der Anadolu- Universität in Eskisehir kennen gelernt habe, die erfolgreichen Geschäftsleute und die Gruppe, die sich seit Gastarbeiter- Zeiten nicht weiter entwickelt hat. 1986 erschien mein dokumentarisches Buch „Fatma Gül und Ihre Kinder“, von türkischer Seite Gegenstand literaturwissenschaftlicher Symposien. Es zeigt genau die Situation der Menschen, denen es nur darum geht, Geld zu verdienen, um es in ihr Heimatland zu bringen oder es hier zu verbrauchen. Diese an Bildung wenig interessierte Gruppe gibt es leider heute immer noch. Initiativen, mehr Bildung zu vermitteln, scheiterten. So zum Beispiel das Deutsch- Türkische Sprach- und Kulturinstitut in Essen, das jetzt aufgelöst werden musste. Kluge, gebildete Türken sind per se nichts Besonderes. Besonders ist, dass sie ihre Intelligenz und Klugheit in unserem Land fürs Allgemeinwohl einsetzen – können. – Ina Seeberg

 

„Deutschtürken“ geistern durch die Medien und leider kommt auch dieser (im übrigen wirklich lesenswerte) Artikel nicht ohne sie aus. Gemeint können sein Deutsche türkischer Herkunft, aber auch Türken, die in Deutschland leben. Oder solche, die beide Staatsangehörigkeiten besitzen. Wer eingebürgerte Türkischstämmige als „Deutschtürken“ bezeichnet, macht sie zu Türken, grenzt sie also aus. Ebenso wird unterschieden zwischen „Menschen mit türkischem Migrationshintergrund“ und „einheimischen Deutschen“. Einheimische sind dann also nur die sog. „Biodeutschen?“ Es wäre schön, wenn man wenigstens in der ZEIT nie wieder von „Deutschtürken“ lesen müsste. – Christine Herrmann

 


 

 

Leserbriefe zu „Die Krisenseismografin“ von Benedikt Herber

 

Mit großer Verwunderung mußte ich feststellen, daß im o.g. Artikel über Krisenvorhersage nachgedacht wird, ohne die Forschungen von Robert Shiller zu erwähnen, der seit ca 5 – 10 Jahren sein Konzept der „narrative economics“ verfolgt, das genau zu den beschriebenen Inhalten paßt und diese versucht, wissenschaftlich zu ergründen. Anstatt nun über prophetische Fähigkeiten von Schriftstellern zu sinnieren wäre es m.E. besser, sie als formulierenden, sprechenden, hör- und nachweisbaren Teil der gesamtgesellschaftlichen Narrative zu sehen, die nach Shiller die (wirtschaftliche) Entwicklung mehr beeinflussen könnten, als bisher angenommen bzw. als evtl. sogar wirtschaftliche Fakten/Daten. – R. Mayr

 

Hätte man dieses Programm auf die neuen Medien wie Twitter, Facebook und andere angewandt, hätte man diese sogar elektronisch auswerten und die Ereignisse in Washington punktgenau vorhersagen können. Man sollte das in Deutschland konsequent anwenden und so eine automatische Terrorvorhersage entwickeln. – Frieder Seiferheld

 

In dem Artikel von Benedikt Herber wird von <<Querdenker>> gesprochen. Der Begriff ‚Querdenker‘ ist ein grundsätzlich positiv besetzter Begriff. Im Duden heißt es dazu (männliche und weibliche Definition zusammengefasst): „die Querdenkerin“, „der Querdenker“ „weibliche/männliche Person, die eigenständig und originell denkt und deren Ideen und Ansichten oft nicht verstanden oder akzeptiert werden“ Dies trifft auf den von Hr. Herber gemeinten Personenkreis nur sehr eingeschränkt zu. Das deren Ideen und Ansichten oft nicht verstanden oder akzeptiert werden, ist die Übereinstimmung, der Rest der Definition trifft jedoch vollumfänglich nicht zu. Aus diesem Grund sollte generell von ‚sogenannten Querdenkern‘ geschrieben/gesprochen werden, um den Begriff und seine Bedeutung nicht dauerhaft zu beschädigen. – Dieter Prinz

 

Dies sind eher andockende Gedanken (sie sind nicht direkt auf das Thema des Cassandra-Projektes gerichtet), die ich beim Lesen des Artikels in der ZEIT vom 07.01.21 auf S. 45 hatte… es freut mich immer arg, wenn mal sinnvoll über den Sinn der Literaturwissenschaften nachgedacht wird, das Thema triggert mich total, deswegen… : Zunächst war es angenehm zu lesen, dass der Sinn des Studiums der Literaturwissenschaften einmal nicht nur darin gesehen wird, dass er dem Kapitalismus schlecht bezahlte und ausbeutbare Arbeitskräfte in Form von Werbetextschreiber*innen o.ä. zuführt. Das wird in großen, aber regelmäßigen Abständen ja auch gern in der ZEIT getan.

Während des Lesens verschwamm meine zunächst geschürte Hoffnung allerdings wieder etwas, denn ich fragte mich, wie Literatur – und ich meine jetzt besonders jene im deutschsprachigen Raum – Krisenseismografin sein kann, wenn sie sich überhaupt nicht mit der größten aller Krisen befasst, die uns nicht nur bevorsteht, sondern in der wir bereits mittendrin stecken, ob wir diese Wirklichkeit nun anerkennen oder nicht: der Klimakrise. Wie also soll Literatur mögliche Kriege und Ressourcenkämpfe vorhersehen können, wenn sie noch nicht mal das auslösende Problem in den Blick genommen hat?

Das einzige Genre, das solche Menschheitskrisen einigermaßen auf dem Schirm hat, ist die Science Fiction. Aber die wird von den (deutschsprachigen) Literaturwissenschaften immer noch als Trivialliteratur abgetan. Großartige Werke zum Beispiel von Joanna Russ oder Octavia Butler und Suzy McKee Charnas oder Marge Piercy usw. usf. sind noch immer fast ausschließlich als abgegriffene, größtenteils grottenschlecht übersetzte Groschenromane zu haben – if you are lucky. Science Fiction – zudem feministische – wird von den Literaturwissenschaften nicht beachtet, obwohl sie das Denken oftmals viel mehr herausfordert als der tausendste literarische Blick in die bourgeoisen, spätkapitalistischen Abgründe.

Für eine Analyse, die dieser Literaturform gerecht würde, gibt es noch nicht mal adäquates Analysewerkzeug. Dabei stellt gerade die feministische Science Fiction ihren (viel zu wenigen) Leser*innen so viele kluge, wichtige Fragen und lässt sie in deren Denken oft nie wieder in Ruhe, baut althergebrachte Denkstrukturen meist nachhaltig um. Sie ist fähig, das Denkvermögen gerade von uns Westler*innen massiv zu stretchen – und das zudem in Richtungen, wie wir sie angesichts der jetzigen Krisen bräuchten. In ihrem Fokus stehen nicht mehr nur die Krisen, sondern betörende, verwirrende und radikale Lösungen für oder nach diesen Krisen: meist, indem ihre Erschaffer*innen unseren jetzigen, auch körperlich so verinnerlichten Gesellschaftsrahmen sprengen und neue Gesellschaften imaginieren, in denen die Menschen die Möglichkeit bekommen, ihr menschliches Sein fern jeglicher kapitalistischer Logiken und (Denk-)Zwänge neu auszuloten und zu verhandeln.

Feministische Science Fiction-Romane sind die Kassandras unter den Literaturen, die jetzt gehört und gelesen und adäquat analysiert, aber auch (wieder) geschrieben werden sollten. Denn wir brauchen vor allem neue, ungewohnte, unser Denken in aufregende Schwingungen versetzende literarische Perspektiven, um Wege aus der Krise hin zu einem gesellschaftlichen Umbau, wie er eigentlich vonnöten wäre und von immer mehr Seiten gefordert wird, überhaupt erstmal denken und versprachlichen zu können, und zwar durch mentale und emotionale Neuvernetzungen in Gehirn und Körper.

Im besten Falle können Leser*innen aus solchen Lektüren Kraft und Mut und Energie und Sprache schöpfen, um diesen Umbau auf je eigene Weisen ganz unbescheiden anzugehen. Nur viel Zeit bleibt uns nicht mehr. In der Klimakrise ist zudem nicht Literatur Kassandra, sondern Greta und Klimaforscher*innen. Und die Vorhersage ist bereits gemacht. Auf diese düstere Prognose einzuwirken, oder in dieser Krise zumindest die eigene Verantwortung anzuerkennen, wäre m.E. eine wichtige Aufgabe der Literatur und der Literaturwissenschaften. – Dr. Anne Newball Duke

 


 

 

Leserbriefe zu „Normal ist sie nicht“ von Tina Hildebrandt

 

Was Sie – gewohnt wohlwollend – als „Veränderungsfähigkeit“ der Frau Merkel beschreiben, könnte man etwas weniger euphemistisch auch als schlichten Opportunismus bezeichnen. (Wie heißt es ein paar Seiten weiter in der ZEIT – diesmal ungewohnt kritisch: „Der sagenhafte Opportunismus der CDU!“) Und wieder vermisse ich in Ihrer Bilanz auch nur die mildeste Andeutung der erschreckenden Defizite der immerhin fünfzehnjährigen Ära Merkel: Auf (mindestens) drei äußerst wichtigen Zukunftsfeldern haben ihr und ihren Regierungen der nötige Wille, die fachlichen Fähigkeiten und die exekutive Kraft gefehlt – Altersversorgung, Steuer und Digitalisierung. Wenn überhaupt etwas bewegt wurde, geschah dies zu spät, zu langsam und zu umständlich. Man könnte auch hier von einer Merkelschen Strategie der Demobilisierung sprechen, einer geradezu systematischen in diesen Fällen. – Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Heilmann

 

„Wird das Superwahljahr auch ein Jahr des Umbruchs? Drei Politikstrategen über gemeinsame Wahrheiten, unterschiedliche Echo-Räume und die Frage: Wer wollen wir sein?“ Da wird ein massives Problem für die „Wahlen“ aufgetaucht sein; der entmenschlichte Abfall ist entsorgt und Kandidaten werden keine da sein. Genau so, wie bei den Lügenfritzen bei den msm , wo es jede Menge Planstellen zu besetzen gilt – Peter Werner

 

Seit November 2005 ist Frau Dr. Merkel Bundeskanzlerin. Sie hat sich (ohne Inanspruchnahme einer Frauenquote) in alsbald 16 jahren in einer Männerdominierten Politikwelt durchgesetzt und mit Gespür für das Machbare und dem Sinn für Realitäten Maßstäbe für das Amt festgeschrieben (und wird somit grosse Fußstapfen hinterlassen). Als Naturwissenschaftlerin hat sie analysiert und abgewogen um mit wechselnden Mehrheiten und Partnern ihr An-und Einsichten in praktische realisierbare Politik umzuwandeln. In der Welt und in Europa ist das bereits bekannt und anerkannt (die Verkennung der Prophetin im eigenen Land). So konnte sie auch einem Egomanen und Psychopathen wie Donald Trump die Stirn bieten (weil bei ihr im Gegensatz zu Herrn Trump hinter der Stirn viel Substanz vorhanden ist).

In den Krisenzeiten der Corona-Pandemie zeigen sich ihre sachlichen, analytischen und empathischen Fähigkeiten mit grossen Krisen (wie 2015 = „Wir schaffen das“) umzugehen. Dabei lässt sie sich auch nicht von faktenverkennenden Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten (oder 1. Bürgermeistern), die trotz klarer Absprachen im eigenen Land anders vorgehen, nicht beirren und weist „Gebetsmühlenartig“ auf den richtigen Umgang und das Zielorientierte Vorgehen zur Bekämfung der Pandemie hin. Wenn dann 2021, im Herbst, die neue Bundeskanzlerin oder der neue Bundeskanzler gewählt ist, werden wir merken und wissen was wir an Frau Dr. Merkel gehabt haben: Eine zuverlässige Streiterin für das politisch Machbare auf deutscher und europäischer Ebene. Es wird wohl eine geraume Zeit brauchen sich an die / den Neuen zu gewöhnen. Spannend wird es sein zu sehen wie gross die Fußstapfen wirklich sind. Das mit den neuen Besen ist eine Mär! – Felix Bicker

 

Auch und ganz besonders für die Politik gilt Goethes bekanntes faustisches Zitat: „Dass ich erkenne, was die Welt im Innersten zusammenhält.“ Diese eminent wichtige Erkenntnis, diese unentbehrliche Lebenserfahrung, traue ich allen (bislang) deklarierten Bewerbern für den CDU-Bundesvorsitz zu. Indes nicht im gleichen Maße. So bin ich bei denen aus der Meinungsmenagerie, die die – in diesem Fall politische – Bewährungserprobung ansprechen. Format und Relevanz müssen freilich allenthalben gezeigt, erkannt und bestätigt werden.

Und insbesondere in der derzeitigen Corona-Krise trennt sich meines Erachtens (mitnichten allein in der Politik) durchaus nachvollziehbar die Spreu vom Weizen. Dabei sind gewiss viele Unterschiede grundsätzlichen Zuständigkeiten und Verantwortungen geschuldet. Überdies dürfte uns die (gewissermaßen unlautere) Diskrepanz zwischen Theorie/Heilsversprechen und Praxis/Konsequenz ohnehin klar sein. Unprofessionelles Lautsprechertum und Rechthaberei, Populismus, geschweige denn Demagogie, sollten nicht zuletzt „dank“ der aktuellen US-amerikanischen Politik- und Gesellschaftsverhältnisse selbst im Ansatz ausgedient haben.

In meine Beobachtung, dass Angela Merkel auch hiernach „nicht ganz zufällig“ als Bundeskanzlerin der deutschen Regierung vorsteht, mischen sich angesichts der kommenden Wahlen daher nicht nur aus „zoologischer“ Gewohnheitsmäßigkeit zunehmend Wehmut und Skepsis. Ihr Intellekt, Ihre Disziplin und Resilienz in summa machen den Unterschied. Sie wird der deutschen Politik bei der notwendigen Ausarbeitung eines nach der Pandemie „auf Stand gebrachten“ Gesellschaftsvertrages zweifellos fehlen. – Matthias Bartsch

 


 

 

Leserbriefe zu „»Ich war nie für den Multikulturalismus«“. Gespräch mit Emmanuel Macron geführt von Laureline Dupont und übersetzt von Elisabeth Thielicke

 

Das sollten sich die deutschen Politiker hinter die Ohren schreiben. Emmanuel Marcon hat völlig recht, wenn er das kritisiert. In Deutschland sind die Verhältnisse durch unsere Bundeskanzlerin noch viel schlimmer. Keiner oder nur wenige begehren dagegen auf. So wird automatisch der/die Deutsche Mann oder Frau in 10 Jahren zur Randgesellschaft degradiert. – Gunter Knauer

 

Das, was Macron zum Thema „was ist französisch“, zu den Fundamenten der Demokratie sagt, kann ich ohne Einschränkungen auf das Thema „was ist deutsch“ übertragen. Deutlich seine Aussagen in der Passage:“Wenn bestimmte Leute unser Fundament angreifen und infrage stellen, unsere Werte ablehnen, die Gleichstellung der Geschlechter, die Laizität – dann können sie keine Franzosen sein, denn sie lehnen die Grundprinzipien ab. Wir haben alle zu lange zugeschaut …“ Ich denke, auch diese Aussage ist auf Deutschland übertragbar. Besonders interessant seine wenigen Worte in Richtung EU. Ein Satz hat es besonders in sich:“Wer hätte vor drei Jahren gedacht, dass die Union sich so schnell auf Konjunkturanreize durch die gemeinsame Verschuldung einigen könnte…“. Unsere Regierungskreise haben das Verhandlungsergebnis aus Brüssel doch ganz anders dargestellt. Es hieß doch immer, Schuldenvergemeinschaftung wird es mit uns nicht geben. Oder habe ich da nicht richtig aufgepasst? – Hans-Joachim Höhne

 

Der von der Zeit gewählte Titel („ Ich war nie für den Multikulturalismus“) ist irreführend und wird der Meinung des Präsidenten nicht gerecht. Ebenso wie im Sprachgebrauch der meisten Deutschen ist der Begriff ‚multiculturalisme‘ in Frankreich nicht negativ besetzt. Nach allem was an Reden des französischen Präsidenten bisher zu hören war, hat er sicher nicht „multiculturalisme“ sondern „communitarisme“ abgelehnt, was im Deutschen weder mit Multikulturalismusnoch mit Kommunitarismus, sondern in etwa mit Entstehung/Existenz von Parallelgesellschaftenzu übersetzen wäre. Die Ablehnung eines Multikulturalismus im Sinne des deutschen Sprachgebrauchs wäre völlig unvereinbar mit den Ausführungen, die Präsident Macron im Laufe des Interviews macht. – Ekkehard König, Professor emeritus

 

Es ist ein seltsames Ding, das Verhältnis von Frankreich zu seiner Geschichte. Auch wenn Macron einige selbstkritische Momente zeigt, unterwirft er sich doch dem typisch französischen Reflex, die Grundlagen der Nation, ihr Fundament, von der französischen Revolution her zu erklären. Wie kaum je ein Franzose scheint er nicht zu verstehen, dass die Behauptung von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit einer ganz anderen Geschichte gegenübersteht, der sich Frankreich konsequent verweigert und die eben auch ihr wackeliges Fundament ausmacht:

Kolonialismus, Sklaverei, Rassismus, Vichy, Indochinakrieg, Algerienkrieg, Unterstützung von Diktatoren jeder Art in den ehemaligen Kolonien, wirtschaftliche und militärische Interventionen im eigenen Interesse bis heute. Frankreichs Legitimationsproblem rührt eben nicht allein aus der konkreten Erfahrung von Rassismus im Alltag heute, sondern auch aus einer langen Geschichte des Auseinanderdriftens von Anspruch und Wirklichkeit. – Dieter Schöneborn

 


 

 

Leserbriefe zu „Was waren Sie für ein Kind, Claus Kleber? »Ein Klugscheißer. Immer mit der Schnauze vorne«“. Gespräch mit Claus Kleber geführt von Jeannette Otto und Anna-Lena Scholz

 

Laut Ausgabe 2 heute, am 7., Seite 33, ist mitnichten ‚gender’gemäß, sondern im Gegenteil geschlechtsbetont. Als wären die Zuschauer begriffsstutzig und vermischten die Sachebene wörtliches Geschlecht von Gattungsbezeichnungen mit derjenigen leibliches Geschlecht von Teilmengen der jeweiligen Gattung. Wie wenn der Mensch nur männlich wäre, die Person nur weiblich und das Kind eine Sache. Soll man die Kunst:pause im Worte so verstehen, manche Leute seien unaussprechlich? Die sexualisierte Redeweise ist widersinnig, sprunghaft und verworren. – Ulrich J.Heinz

 

Ich verfolge aufmerksam Diskussion und Praxis in der ZEIT in Bezug auf die sogenannte Gendersprache. Das Interview mit Herrn Kleber vom ZDF ist aufschlussreich, weil er Sprache als Mittel zum „Erkenntnisgewinn“ propagiert. Mein derzeitiger Erkenntnisgewinn bezieht sich auf die Beobachtung, dass bei Berichten, Interviews und Artikeln über die Situation im Gesundheitswesen immer von Ärzten und Ärztinnen – und von Pflegekräften die Rede ist. Eine Pflegekraft ist, sollte man nicht das Femininum als billiges Alibi nehmen, ebenso wie eine Reinigungs- oder Servicekraft, ein geschlechtsloses Wesen, das es offensichtlich nicht verdient, gegendert zu werden.

Diese Menschen entsprechen jedoch genau dem Typ anonyme Arbeitskraft, den Karl Marx im Kommunistischen Manifest vor Augen hatte, als er die nivellierende Wirkung des Kapitalismus feierte: „Geschlechts-[…]unterschiede haben keine gesellschaftlichen Unterschiede mehr für die Arbeiterklasse. Es gibt nur noch Arbeitsinstrumente…“ Marx würde staunen und seine 1000 seitige Kapitalismusanalyse in den Papierkorb hauen, wenn er heutzutage miterleben könnte, dass Geschlechtsunterschiede solch eine Rolle spielen. Nicht, dass ihn die Spaltung zwischen Männern und Frauen gestört hätte, mit antagonistischen Widersprüchen kannte er sich bestens aus. Er würde sich aber wundern, dass der neue Widerspruch an den Ausbildungsgrad und die gesellschaftliche Position geknüpft ist.

Man stelle sich nur vor, dass die Edelfedern der ZEIT ständig als Schreibkräfte tituliert werden würden. Das geht überhaupt nicht! Das führt zu meiner Erkenntnis, dass Gendersprache ein Elitenprojekt ist. Es gibt noch einen zweiten Lerneffekt: Sollte man vom schlechten Gewissen geplagt, die genderkonforme Differenzierung wie Pfleger und Pflegerin, Reinigungsfachfrau und Reinigungsfachmann etc. über die ausdifferenzierte Ärzteschaft hinaus fortsetzen, würde die Sprache hölzern werden und die Botschaft verschwindet hinter der Form. Selbst dem eloquenten Herrn Kleber gingen dann die ATP-Reserven aus. Das ist aus biochemischer und anthropologischer Sicht interessant.

Alle Sprachen, die man bisher untersucht hat, basieren nämlich auf dem Prinzip der Energieökonomie. Nur wer es sich leisten kann, tanzt aus der Reihe. Die Opposition in Teilen der Gesellschaft gegen das Gendern hat somit auch Ursachen, die nicht in jedem Fall aus der toxisch maskulinen Ecke kommen. Die herkömmlichen und grammatisch korrekten Standardbezeichnungen im Deutschen stehen für die List der Vernunft, die in jeder Sprache steckt und man ist gut beraten, zu diesen weniger polarisierenden und energiesparenden Versionen zurückzukehren. Die Macht des Wortes wird von denjenigen überschätzt, die die Speisekarte mit der Speise gleichsetzen.

Wenn Sprache gesellschaftliche Realität generieren würde, wäre die Deutsche Demokratische Republik der demokratischste Staat auf der Welt gewesen und die Liebesbotschaft des neuen Testaments hätte unzählige Kinder vor der Nachstellung pädophiler Priester bewahrt. Da war Marx schon viel weiter als er auf die materiellen Grundlagen verwies. Die oben gemachte Einschätzung muss aus dieser Sicht dann doch wohl auf das Niveau eines Pseudo-Elitenprojekts heruntergestuft werden.

Die monokausale Fokussierung auf die Sexualität von Menschen scheint an Rohheit und intellektueller Armut kaum überbietbar. Es ist kein Schachspiel wie Anna Mayr in ihrem jüngsten Beitrag über die wenigen einflussreichen Politikerinnen beklagte, sondern ein albernes Hütchenspiel, mit dessen Folgen die Frauen sich noch lange auseinandersetzen müssen. Und das ist für mich als Vater von Töchtern, ebenfalls wie Herr Kleber, eigentlich schade. – Armin Börner

 

Als langjähriger Abonnent der ZEIT habe ich bisher immer Ihre Ausgewogenheit wertgeschätzt. Aber das Interview mit Claus Kleber empfand ich als eine unerträgliche Lobhudelei: Keine kritische Fragen, keine Frage zum Vorwurf des Meinungsjournalismus, keine Frage zu den missglücktem Interviews mit Mahmud Ahmadinedschad, Joe Käser, Marianne Furtwängler oder Sebastian Kurz, keine Frage zur Verleihung des Medienpreises „Saure Gurke“. Stattdessen wird dem Leser auf einer ganzen Seite anlassunabhängig eine völlig inhaltsleere Anbiederung an diesen Journalisten präsentiert. Viel spannender wäre doch eine Antwort Klebers auf die Frage gewesen, ob sein Meinungsjournalismus und erzieherisches Sendungsbewusstsein dem Vorwurf der manipulativen „Lügenpresse“ Vorschub leistet. Also von der ZEIT hätte ich mehr erwartet als dieser unterwürfige Lobpreisung. – Dr. Mathias Oldhaver

 


 

 

Leserbriefe zu „Wird Joe Biden am 20. Januar stottern?“ Gespräch mit Martin Sommer geführt von Yannick Ramsel

 

Um die genannte Liste „Berühmte Stotterer“ noch um den Bereich der Schriftsteller zu erweitern, seien genannt: Georg Heym, William Somerset Maugham, Lewis Carroll, der sich in der Figur des Dodo in „Alice im Wunderland“ selbst porträtierte und Johannes Mario Simmel, der aus diesem Grund weitgehend von Lesungen und öffentlichen Auftritten Abstand nahm. – Ludwig Engstler-Barocco

 

Das ist nicht Ihr Ernst. Als vom Stottern seit 60 Jahren, mal mehr oder weniger, Geplagte stieß mir Ihre Überschrift, der Untertitel, und ebenso die Überschrift „Das große Stottern“ in Ihrer Inhaltsangabe mehr als sauer und schmerzhaft auf. Joe Biden war Gouverneur, Präsidentschaftskandidat, Vizepräsident. Er ist öffentliche Reden gewöhnt, geht mit seiner Sprachbehinderung offen um, und ist nun zum Präsidenten gewählt worden. In einer Zeit, in der wir sehr genau darauf hören sollten WAS jemand zu sagen hat. Dass, eventuell, seine Zuhörerschaft am 20. Januar 2-3 Sekunden warten muss bis er im Wort die Dehnung überwunden, die Blockade überstanden hat, ist sowas von Wurscht, dass es eigentlich keiner Erwähnung wert sein sollte.

Aber die Präsentation dieses Interviews macht wirklich die „gläserne Decke“ deutlich, die Martin Sommer im Interview erwähnt. Jede Aufklärung über Ursachen und Hilfsmöglichkeiten hilft den Betroffenen, und ist wichtig und gut. Doch auch der Untertitel “ Martin Sommer weiß woher die Störung kommt und wie man sie beherrscht“ ging völlig am Inhalt des Interviews vorbei. Man weiß es nämlich, wie Martin Sommer es selber mehrmals betont, eben noch nicht genau, die Forschung ist noch nicht soweit. Herr Sommer hat offenbar seinen Weg gefunden, Aus der Breite der Hilfsangebote muß jedoch jeder Betroffene den für sich richtigen Weg herausfinden.

Das ist mühsam, aber notwendig. „Viel reden hilft viel“, mag für manche Stotterer zutreffen, hat aber durchaus seine Grenzen und hilft nicht immer, wie ich selber erfahren musste. Nichtsdestotrotz: öffentliche Aufklärung entspannt im Umgang miteinander, und baut gegenseitige Unsicherheiten ab. Das Verkriechen mancher Stotterer hat auch seine Ursache im täglichen Kampf gegen die Einschätzung “ geistig behindert“, mit der man sich bei jedem Bestellvorgang im Restaurant oder beim Bäcker konfrontiert sieht. Was den 20. Januar betrifft: hören wir der Rede J .Bidens genau zu und versuchen wir den Inhalt zu begreifen – gestottert oder nicht. – Ursula Ruhnau

 

Gratulation zu Ihrem Artikel „ wird Joe Biden am 20.1. stottern“. Das sind die wichtigen Probleme unserer Zeit ! Schade dass Sie sich auf Bildzeitungs Niveau begeben. –Helmut Grünfeldt

 


 

 

Leserbriefe zu „»Wir sind politisch tot, wenn …«“ Gespräch mit Norbert Walter-Borjans geführt von Marc Brost und Peter Dausend

 

Die Philosophie von Norbert Walter-Borjans greift zu kurz. Denn wenn die SPD wieder an Glaubwürdigkeit zurückgewinnen will, dann kommt es wie nach Vorbild von Willy Brandt vor allem darauf an, der jungen Generation und nicht nur abgehängten sozialen Schichten ein attraktives Angebot für eine faire gesellschaftliche Teilhabe zu machen. Deshalb muss die Sozialdemokratie insbesondere hier endlich ihre dünne Programmatik nachbessern, wie zum Beispiel mit einer neuen Studienförderung wie nach dänischem Vorbild, wo jeder EU-Studierende ein unbürokratisches elternunabhängiges Stipendium erhält, da gerade in der gegenwärtigen Corona-Krise viele Arbeiterkinder auf dem Campus ihre Aushilfsjobs verloren und kaum Hilfe vom Staat erhalten haben! – Rasmus Ph. Helt

 

Die Anständigkeitsprosa des SPD Co-Vorsitzenden erinnert doch stark an die krampfige Gerechtigkeitserzählung des grandios gescheiterten Kandidaten Schulz. Konkret wird Herr Walter-Borjans nie und als Zeugnis der Ernsthaftigkeit seiner Bemühungen zieht er allen Ernstes den von ihm initiierten Ankauf einiger Steuer CD von vor ein paar Jahren aus dem Hut. Die fundamentalen Widersprüche zwischen dem aktuellen sozialdemokratischen Weltbild und den drängenden Fragen des Klimaschutzes oder auch der Digitalisierung (Braunkohle, Autoindustrie, Wandel in der Arbeitswelt, Home-Office Regulierung, …) werden einfach ausgeblendet. Offenkundig haben das inzwischen auch die, zum völlig utopischen Ziel von 30% fehlenden, Wähler erkannt und wenden sich lieber der politischen Konkurrenz zu. – Priv.-Doz. Dr.-Ing. Dipl.-Inform. Andreas Zabel

 

Ausgerechnet Norbert Walter-Borjans kritisiert seine Partei. Für die Schweizer ist er ein Krimineller. Was will die SPD mit so einem Mann. Genau dieser Mann schadet seiner Partei am meisten. Ich sage schon jetzt voraus, die kommenden Wahlen im Herbst wird für die SPD ein Desaster, wie sie es noch nie erlebt hat. Die Grünen sind stattdessen die Partei, die mit der CDU/CSU die neue Regierung bildet wird. – Gunter Knauer

 


 

 

Leserbriefe zu „Droht eine Inflation?“ von Mark Schieritz

 

Im Rahmen der Diskussion über die Große Transformation wird zu „Neuem Denken“ angeregt. Damit ist systemisches Denken gemeint. Die Argumente einer drohenden Inflation stützen sich, wie am Ende des Artikels formuliert, auf „ökonomische Gesetzmäßigkeiten“, die eher für lineares Denken stehen, d. h. Fortschreibung „historischer“ Ergebnisse in die Zukunft. Ist diese Methode nicht ein entscheidender Grund für das jahrzehntelange Ausblenden von Teilen eines Systems – der ökologischen Wirkungen des Wirtschaftens? Der Artikel spricht am Ende auch von (falscher) politischer Weichenstellung. Genau das ist zu befürchten, wenn Ökonomie nach der Pandemie in der gewohnten „linearen“ Form fortgesetzt wird. Hier hätte es dem Artikel im Sinne systemischer Betrachtung gut angestanden, die viel zitierten nachpandemischen Chancen des Umdenkens zu integrieren. – Peter Vollmer

 

Schön, dass Sie das Sie das Thema aufgegriffen haben. Angesichts der Schuldenstände gehört mE auch Währungsreform dazu. Bleiben Sie dran. Das Anheben der Zinsen durch die EZB ist angesichts der Staatsverschuldung der Südländer unrealistisch. Dort drohten dann Staatspleiten, zuerst von Italien und Spanien. Hm… Wäre schlecht für D wg Wegbrechen der Exportabsatzmärkte. Ist also wohl nicht realistisch. Das kleine Griechenland wurde ja auch schon „gerettet“, bis es zwei Jahre später doch zum Schuldenschnitt = staatl. Insolvenz kam.

Hans-Werner Sinn hat in seiner Weihnachtsvorlesung (@youtube, hörenswert) den Eindruck geäussert, dass die Staatsschulden der Südländer „weginflationiert“ werden. Das ist mE ein starker Treiber für Inflation. Was meinen Sie? Im Übrigen: Inflation ist auch immer eine Frage der Messung. Vermögensgegenstände gehen nicht ein. Aber es gibt eine Preissteigerung bei Immobilien, Aktien und anderen Vermögensgegenständen. Wie berücksichtigen Sie diesen Sachverhalt? – Heinrich Esslinger

 

Im Artikel „Droht eine Inflation?“ (ZEIT vom 7 Januar 2021) legt der Autor Mark Schieritz nahe, dass wir am Beginn einer neuen Inflationsdynamik mit stark steigenden Verbraucherpreisen stehen. Der Autor setzt dabei den Begriff Inflation gleich mit Preissteigerung, wobei gerade diese Gleichsetzung in der Wirtschaftswissenschaft umstritten ist. Das lateinische Verb „inflare“ bedeutet ursprünglich „aufblähen“ oder „aufblasen“. Die Österreichische Schule mit Ludwig von Mises interpretierte daher Inflation als das Ansteigen der ungedeckten Geldmenge durch die Ausgabe von Krediten zu niedrigen Zinsen, was wiederum zu einer Verzerrung der Preissysteme führe.

Hier steht also die Ausweitung der Geldmenge und nicht die Preissteigerung im Mittelpunkt. Auch wenn bei der offiziellen Messung der Inflationsrate durch das Statistikamt Destatis ausschließlich die Güterpreise zu Grunde gelegt werden, zeigt sich doch gerade bei den Vermögenspreisen, wie die ungehemmte Ausweitung der Geldmenge zu Preisverzerrungen geführt hat. Mitten in einer der stärksten Wirtschaftskrisen der jüngsten Geschichte erreicht der DAX historische Höchststände, steigt der Goldpreis auf neue Spitzenwerte, werden Immobilien immer teurer und sogar der tot gesagte Bitcoin schraubt sich in fantastische Höhen. Diese Symptome könnten Beleg dafür sein, dass die Inflation längst da ist, dass sie allerdings statistisch nicht erfasst wird. Dies ist um so alarmierender, da den normalen Bürger auch Preissteigerungen bei Vermögenswerten betreffen.

So wird der Erwerb von Immobilie trotz günstiger Kredite immer unerschwinglicher, die aufgeblähte Bewertung von Unternehmen (jüngst zB delivery hero) führt zu einer Ausrichtung des Wirtschaftens zu Gunsten des shareholder values, der wenig Rücksicht auf die Arbeitenden nimmt. Wer die Definitionsmacht über die Begriffe hat, legitimiert damit auch seine politische Macht. Anstatt auf numerische Grenzwerte zu starren wäre es Zeit für eine breite gesellschaftliche Debatte über unsere Art des Wirtschaftens. – Henrik Geidt

 


 

 

Leserbriefe zu „Schafft den Doktortitel ab!“ von Steffen Huck

 

Ihre Forderung empfinde ich als Profilierungsmasche. Promotionsverfahren sind schöpferische zertifizierte Verfahren, neues Wissen methodisch selbständig zu gewinnen, dieses neue Wissen bündig zu beschreiben, vor Fachleuten zu verteidigen und damit auch in einer ersten Instanz zu veröffentlichen. Der zertifizierte Nachweis darüber erfolgt durch Graduation als Doktor eines Wissenschaftsgebietes. Was daran anachronistisch sein könnte, den Nachweis darüber haben Sie mit dem wohlfeilen Hinweis auf gelegentliche Betrügereien jedenfalls nicht erbracht. – Dr. Gernot Henseler

 

Ich bin etwas irritiert, im Grundsatz stimme ich den Argumenten zu, allerdings vermute ich, dass sie für die Abschaffung des Doktorgrades plädieren? (Ein Doktortitel wird käuflich erworben oder verliehen (h. c.), ist somit kein akademischer Grad bzw. Doktorgrad.) – Jochen Rupp

 

Da ist doch tatsächlich ein Berliner mit sage und schreibe 3 Titeln: Direktor, Professor und Doktor. Er weiß sicher, dass diese sogenann- te lasche Formalie einer Promotion einige Zuarbeiten für gerade seine Berufssparte ergibt und den Kandidaten die erste Möglichkeit einer ernsten Auseinandersetzung mit einer wissenschaftlichen Studie för- dert. Nun will er diesen Titel abschaffen.

Dass dieser Vorschlag gerade aus unserer Hauptstadt kommt, verwundert kaum. Dennoch möchte ich behaupten, dass es möglicherweise sinnvoll ist, diese Prozedur durchzustehen, er gehört auf jeden Fall bei Medizinern ganz einfach zum Berufsbild. Ist aus dem Verweigern eventuell sogar eine politische Gesinnung zu erkennen? Lasst dem Professor seinen Titel und dem kleinen Doktor den seinen. Er wird ja sowieso kaum mehr angewendet. – Dr.med.dent. Hans G Raasch

 


 

 

Leserbriefe zu „Wenn aus Liebe Hass wird“ von Ronald Düker

 

Ich war sehr enttäuscht über den Artikel „J.K. Rowling: Wenn aus Liebe Hass wird“ von Ronald Düker. Als cis Mann erscheint er mir sehr unqualifiziert, um über Transfeindlichkeit zu schreiben. Wenn sich Die Zeit schon mit diesen Themen auseinandersetzt, sollte es auch von qualifizierten Jornalist*innen behandelt werden, also welche, die auch selbst trans sind. Ich hoffe in der Zukunft mehr zu diesem Thema und zwar von trans Journalist*innen zu lesen. – L. Bold

 

Ich habe das Buch gelesen. Ich wusste dabei nichts von den Vorwürfen gegen Rowling. Für mich war es ein ganz normaler 5. Krimi in der Cormoran Strike-Reihe mit dem Verdacht, dass sich der Täter als Frau verkleidet, um besser an seine Opfer zu kommen. Egal, was wer wann schreibt, es wird immer Menschen geben, die etwas auf sich oder auf ihnen wichtige Themen beziehen und sich gegebenenfalls verletzt fühlen. Das Risiko geht jede:r Schriftsteller:in ein. Das ist Literatur bzw. Unterhaltung. – Helene Wirkus

 

Mit wachsender Ermüdung und Enttäuschung muss ich lesen, wie die Debatte um die nicht von der Hand zu weisende Transphobie der Harry-Potter-Autorin J.K. Rowling in Deutschland geführt wird. Großteils wird mit Verwunderung von wutschäumenden Aktivist*innen berichtet, die eine wortgewaltige Milliardiärin durch rüpelhafte Kommentare zum Schweigen bringen wollen um ihre weltfremden Ziele durchzusetzen. In Zeiten, in denen die Fantasie einer Cancel Culture in jedes einzelne Feuilletonereignis projiziert wird, sitzt natürlich auch der Verweis auf die Bücherverbrennungen der Nazis locker. Was man dabei übersieht, ist, wo die Trennlinien zwischen den Konfliktparteien wirklich verlaufen, und für wen hier was auf dem Spiel steht.

J.K. Rowlings überheblicher Scherz über »People Who Menstruate« – eine Phrase, die auch Transmänner einschließt, da diese ebenfalls menstruieren (können) – ist nur ein Teil einer Breite an transphoben Anwürfen, die J.K. Rowling über genau jene Plattformen verbreitet, auf denen sie angeblich gecancelt wurde. Die Steuer-Expertin verlor nicht etwa ihren Job, es wurde lediglich ihr Vertrag nicht verlängert, nachdem sie sich wiederholt weigerte, eine Kundin und Transperson so anzusprechen, wie es ihr zusteht. Ihre Ansicht, sie benutze Pronomen entsprechend des Gonosomensatzes einer Person ist nicht nur unrealistisch und beschreibt keine alltägliche Praxis (wer so denkt, bezeichnet Bailan Buschbaum als Frau und Kim Petras als Mann, googlen hilft); ihrer Verteidigung, es handele sich bei dieser Sicht um Ausdruck eines rechtlich schützenswerten philosophischen Grundsatzes, wurde darüber hinaus vom Gericht nicht gefolgt.

Ebenso sind die »Zutrittsbestimmungen für Damentoiletten«, wie sie von »genderkritischen« Aktivisten vom Schlage J.K. Rowlings eingefordert werden, keineswegs »konventionell«. Als Transfrau benutze ich seit Jahren die Frauentoilette ohne Probleme. Andere tun das schon seit Jahrzehnten. Nach Ansicht dieser transphoben Aktivisten ist das falsch, und Unrecht, und strafbar, gefährde Frauen und Mädchen, sei Ausdruck eines sexuellen Fetischs. Transpersonen werden als fehlgeleitet und bösartig und psychisch krank dargestellt und mit einem generellen Vorwurf der Vergewaltigungsabsicht belegt – reine Panikmache.

Über einen solchen Umgang mit einer exorbitant von Gewalt und Diskriminierung betroffenen Minderheit kann man nur den Kopf schütteln. Für diese Aktivist*innen sind Konversionstherapien zur Heilung von Schwul- und Lesbischsein zwar zurecht verboten, für Transgender-Patient*innen aber plötzlich notwendig und geboten. Insofern mag der Verweis auf die Herkunft des Protagonistennamens möglicherweise faktisch nicht stimmen, bedeutsam ist diese Parallele dennoch. J.K. Rowling hat in dem langen Essay, den sie auf ihrem Blog veröffentlicht hat, schließlich keinen Hehl aus ihrer Sicht gemacht, Transjungs seien von Selbsthass getrieben und von ihrem pubertierenden Körper überfordert. Dabei sind beide Phänomene absolut unterschiedlich, und weit nicht jede*r mit dem pubertierenden Körper hadernde Jugendliche ist trans.

Trotzdem sind Menschen trans, sind es heute, waren es gestern, sind es schon immer gewesen, egal wie viel Mühe sich andere geben, dies zu verschleiern, zu ignorieren, abzustreiten und die Rechte der Betroffenen einzuschränken. Dass Frau Rowling sich zunehmend in dieser Hass-Spirale verliert, ist bedauernswert. Es darf aber nicht zum Schaden sein für eine Minderheit, deren bloßes Existieren für viele Menschen immer noch bestenfalls zu Unverständnis und schlechten Karnevalswitzen gereicht. Als Medienmacher*in kann man deshalb diese Debatte vielleicht auch etwas feinsinniger und – wenn wir schon über Mottenkisten reden – ohne Rückgriff auf das Klischee eines aufgeheizten Trans-Twitter-Mobs darstellen. – Ada Elbert

 


 

 

Leserbriefe zu „Dausend Prozent“ von Peter Dausend

 

Köstlich wieder der „Dausend-Prozent“ Artikel in der Zeit vom 7.1. Höchst belustigt ziehe ich meine Ski-Zipfelmütze vor dem Dausend-Sassa. – Horst Rämsch

 

Gerade habe ich den letzten Artikel auf Seite 11 vergnügt beendet – Dausend Dank dafür – doch schon seit letztem Donnerstag habe ich jeden e i n z e l n e n Beitrag seit der Titelseite aufmerksam, angeregt, erstaunt, irritiert, betroffen, begeistert und erhellt gelesen und genossen: „Normal ist das (in dieser Dichte) nicht!“ Herzlichen Glückwunsch allen Mitwirkenden an diesem ersten Buch der ZEIT Nr. 2! Voller Vorfreude auf die Bücher 2ff. – Horst-Dieter Martinkus

 


 

 

Leserbriefe zu „Wilhelms Reich in neuem Glanz“ von Eckart Conze

 

Geschichte ist aus meiner Sicht nicht nur mit den Maßstäben von heute zu betrachten. Positive und negative Seiten können meines Erachtens nur im Zusammenhang mit der zeitgenössischen Situation bewertet werden. Andernfalls ist selbst die Geschichte der jungen Bundesrepublik nicht gerade ehrenhaft. Heute hält allein der Erfolg. Die Bestrebungen zur Beendigung der deutschen Kleinstaaterei hatten bis 1870 leider keinen Erfolg. Das Kaiserreich war die Folge. Wie ist dieser Staat im Vergleich zu anderen Monarchien in Europa in in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu sehen? Waren Iren im britischen, Polen, Finnen, Ukrainer, Armenier usw. im russischen, Basken, Katalanen im spanischen Parlament vertreten? Wie stand es um die Kranken- und Rentenversicherung in dieser Zeit in Europa?

Die Menschheit entwickelte sich in Etappen weiter. Daher ist der Rückblick in die Geschichte stets im geschichtlichen Zusammenhang zu sehen. Wenn z. B. Voltaire und andere Personen der Geschichte ent- bzw. abwertend als Antisemiten entdeckt werden, dann dient diese Feststellung nicht nur der Feststellung der damals nicht ungewöhnlichen Tatsache, sondern wohl eher der persönlichen Profilierung. Ein Vergleich der deutschen Kranken- u. Rentenversicherung mit den oben benannten Staaten wäre ebenfalls erforderlich, um über das seinerzeitige Kaiserreich unvoreingenommen zu urteilen. Mir geht es nicht um ein Lob für die Herrschaft von Wilhelm II. und seiner Entourage, sondern einzig und allein um eine wirklich unvoreingenommene Betrachtung der Etappen der Geschichte in ihrer Zeit. – R. Renaux

 

Unsere Neubürgerschaft sucht eine Geschichte zum Sonnenbaden, so wie alle menschlichen Gemeinschaften nach Großem in ihrer Vergangenheit suchen, auch wenn es da nicht viel gibt. Mit der neueren Geschichte mit Arier -, Germanengedonner lässt sich nicht so gut hofhalten. Blieb nicht mehr viel übrig zum Legenden stricken. Dass die deutschen Fürsten und Preußen für ihren Zusammenschluss sich einen auserwählten, der ihnen geistig und strategisch überlegen ist, war kaum zu erwarten. Das Ausgang des Kaiser-Nsdap Doppels ist bekannt und seine geldgierigen Erben wollen für den immensen Schaden den Großpapa anrichtete auch noch belohnt werden? – H. Giller

 


 

 

Leserbriefe zu „Neujahrsgeschenk für den KP-Chef“ von Ulrich Ladurner

 

Lange hatten die Verhandler darüber gestritten, ob sich China künftig an das Verbot von Zwangsarbeit nach den Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) halten müsse. Heraus kam diese Formulierung: »China wird sich bemühen, die Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation zu ratifizieren.« Was so viel heißt wie: »Das könnt ihr vergessen!« Ja, schlimm, schlimm – fürwahr! Peinlich nur: China hat bereits heute vier der acht ILO-Kernarbeitsnormen ratifiziert – und damit doppelt so viele wie die USA. – Matthias Oehme

 

Ich denke, es würde Deutschland und den anderen, westlich orientierten europäischen Ländern, besser anstehen, sich nach der Trumpära wieder an gemeinsame, demokratische Werte zu erinnern. In unserem marktgeilen Anbiedern an China, welches sich in keinster Weise um Menschenrechte schert, sind uns diese wohl abhanden gekommen. China kann Handelspartner – vermutlich aber nie Bündnispartner oder gar Freund sein. – Per Albus

 


 

 

Leserbrief zu „Der aufrechte Republikaner“ von Kerstin Kohlenberg

 

Neben Nine-Eleven gesellt sich Six-One. Nach einem Terroranschlag von außen erleben wir nun ein Anschlag von Innen. Ein Anschlag auf Amerika, initiiert vom Präsidenten der Vereinigten Staaten höchstselbst. Ziele dieses Anschlags: Verfassungsorgane, Abgeordnete und Senatoren in ihrer konstitutiven Arbeit, der verfassungskonforme Machtwechsel. Der Präsident ist zwar abgewählt, aber noch liegt die Macht in seinen Händen. Eine Macht, die er mit unfassbarer Missbräuchlichkeit nutzt. Nicht erkennbar, dass er friedlich weichen wird. Nicht erkennbar, dass er es unversucht lassen wird, die ungeahnten Chancen des Machtmissbrauchs bis zum 20.01. maximal auszuschöpfen. Eine solche Bedrohungssituation ist in den Sicherheitshandbüchern nicht abgebildet.

So hat Trump es geschafft die Bestätigung des Wahlergebnisses durch den Kongress zu seiner Bühne zu machen, den Moment von Niederlage in einen Höhepunkt seiner Macht zu verwandeln. Sein Kalkül ist aufgegangen. Er hat weltweite Aufmerksamkeit erzielt. Er, der Amerika wieder großartig machen wollte, hat die amerikanische Demokratie in ihrer großen Verletzlichkeit weltweit vorgeführt. Und er hat das Schwungrad, das die amerikanische Gesellschaft (und auch die Republikaner) auseinandertreibt, mit weiterer Energie aufgeladen. In dem Maße, in dem seine Amtsmacht schwindet, baut er seine neue Macht als eine Art Warlord weiter auf. Auch um sich für die Zeit ab dem 20.01. zu immunisieren. Appeasement-Politik, untätiges Zuwarten und Zeitablauf hindern Trump nicht am Aufbau seiner neuen Macht. Wenn jetzt mit einer Amtsenthebung kein Ende mit Schrecken möglich sein sollte, steht Amerika vor einem Schrecken ohne Ende. Spätestens jetzt kommt es auf die aufrechten Republikaner an. – Reinhard Koine

 


 

 

Leserbrief zu „Eine Jahrhundertzeugin“ von Matthias Naß

 

Nicht Sentimentalität sondern Verdrängung prägte das Bewusstsein der Deutschen. Meine eigene Mutter, Jahrelang 1926, verdrängte durch eigene Lobhudeleien über den Wiederaufbau. Als Kind habe ich dem durch die Aufklärung meines Großvaters (selbst NSDAP-Mitglied) mit dem Satz widersprochen: „Wer die Hütte ansteckt, muss sie auch wieder aufbauen.“ Ich trauere sehr um diese Zeugin. – Jürgen Dressler

 


 

 

Leserbrief zu „Eine Briefmarke, die nicht mehr gestempelt werden kann: Der Fortschrittsbericht“ von Burkhard Strassmann

 

So schön es ist, dass die Philatelie auch einmal in der altehrwürdigen ZEIT Berücksichtigung findet, so traurig ist es, dass die Schlagzeile und der Kern der Meldung schlichtweg falsch sind. Die ab 4. Februar erscheinenden Briefmarken mit Matrixcode können durchaus weiterhin gestempelt werden, sie brauchen nur nicht mehr gestempelt zu werden. Da die Briefsortiermaschinen, wie Sie korrekt schreiben, den Matrixcode lesen können, können Sie eine Zweitverwendung erkennen, den betreffenden Brief mit einem gelben Klebezettel versehen und dem Absender zurückgeben. Zur Entwertung ist der Stempel nicht mehr nötig.

Das bedeutet aber nicht, dass die Stempelung abgeschafft wird. Im Gegenteil. Wegen der Einführung der Briefmarken mit Matrixcode stellt die Deutsche Post die Stempelung von der klassischen schwarzen auf blaue Farbe um. Experimente fanden seit November statt. Für den Februar kündigte die Philatelie-Abteilung der Deutschen Post jüngst die generelle Umstellung der Stempelfarbe an. Niemand braucht also um seine Fristsachen zu fürchten. Das Datum des Poststempels bleibt erhalten und lesbar. Einzig die Stempelfarbe wechselt, da unter blauen Stempeln der schwarze Matrixcode besser lesbar ist als unter schwarzen.

Abbildungen blauer Stempel finden Sie in Stempel & Informationen2/2021 unter Ersttagsstempeln und Erstverwendungsstempeln (https://images.shop.deutschepost.de/MEDIA/PROD_ProductCatalog/Stempel_und_Info_Nr._02_2021_2021_02_Stempel_Informationen_08_01_2021.pdf?profile=original). Alexander Edenhofer, für die Philatelie zuständiger Pressesprecher der Deutschen Post, kann Ihnen wahrscheinlich auch Abbildungen der Stempel aus Briefzentren zukommen lassen (a.edenhofer@dpdhl.com; Tel. 0228 / 1829924). Übrigens: Philatelisten dokumentieren auch die „Mobile Briefmarke“. Das taten sie schon, als 2008 das „Handyporto“ eingeführt wurde.

Im Prinzip ist beides dasselbe. Während beim Handyporto der Code per SMS übermittelt wurde, für die eventuell ein zusätzliches Entgelt fällig wurde, erhalten die Kunden den Code jetzt kostenfrei über eine App. Weshalb die Deutsche Post ihr Angebot umbenannt hat, ist mir nicht bekannt. Erfreulich ist, dass sie jetzt wieder die deutsche Sprache verwendet, obgleich „Handy“ ja eigentlich auch sehr, sehr deutsch ist … – Torsten Berndt

 


 

 

Leserbrief zu „GETRENNT BEFRAGT (32) . Er sagt. Sie sagt“ Gespräche geführt von Miriam Dahlinger

 

Schockiert über die Naivität, den Egoismus dieser scheinbar Erwachsenen. Das Abenteuer Zweisamkeit mit Kind ist ja voll in die Hose gegangen. Ohne Therapeut und Rechtsanwälte/Gerichte wäre es vermutlich zu einer Tragödie gekommen. Der Fahrstuhl, die Fußbodenheizung. Umstände die die Welt bewegen. Karriere und tiefe nicht endende, unverarbeitete Kindheitserlebnisse der Eltern?! Auweia. Die arme Maria. Was ihr noch bevorsteht mag man nur erahnen. – Harald Klimmek

 


 

 

Leserbrief zu „Ihr habt nichts begriffen!“ von Henry Wismayer

 

Zum Ende seines Beitrags schreibt Henry Wismayer in Bezug auf seine Arbeitgeber: «Hoffentlich liest keiner von ihnen jemals dieses Essay. Ich brauche das Geld.» Ein humorvoller, gelungener Schlusssatz. Aber ist das geschilderte Verhalten seiner Arbeitgeber tatsächlich dermassen daneben? Oder, mal abgesehen vom Brexit, hat dieses Verhalten nicht auch positive Aspekte? Mal angenommen, die Klasse seiner Arbeitgeber würde ihre Gärten der Natur überlassen, dann wäre nicht nur dem Autor eine Verdienstmöglichkeit genommen. Natürlich sind die enormen Wohlstands-Unterschiede ein Thema, das zur kritischen Diskussion herausfordert.

Zumal diese Unterschiede zum Teil unverdient sind, auch weil sie auf einem durch den Fortschritt geförderten Trend beruhen. Der geht in Richtung «The Winner takes it all». Diese Unterschiede beruhen aber auch auf der demographischen Entwicklung. Immobilien in wirtschaftlichen Brennpunkten werden auch deshalb teurer, weil es immer mehr Menschen gibt. Ein anderer Grund ist, dass Selbstversorgung oder lokale Produktion auf dem Land immer weniger reichen, ein genügend hohes Einkommen zu erwirtschaften, das nötig ist, um die Produkte zu kaufen, deren Produktion dazu führt dass die Reichen immer reicher werden. Dies schafft ein Ungleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt, bei dem derjenige zum Zug kommt, der am wenigsten fordert, weil er am dringendsten auf Verdienst angewiesen ist.

Was also könnten, was müssten die Arbeitgeber von Wismayer tun, wenn sie «begriffen» hätten? An sich ist es ja gut, wenn Reiche Geld ausgeben und damit Verdienstmöglichkeiten schaffen. Wenn zudem durch Reiche das Vermögen als «bedingungsloses Grundeinkommen» genutzt wird, kann das den Arbeitsmarkt entlasten und reduziert den Zwang zum Wirtschaftswachstum, was wieder der Natur und dem Klima zugute kommt. Selbstverständlich müssen ausreichend hohe progressive Steuern erhoben werden, etwa um ein gutes Gesundheitswesen zu finanzieren oder Chancengleichheit zu fördern. Vielleicht müsste man dabei auch stärker über Zielkonflikte reden.

Zum Beispiel ergibt sich ein Zielkonflikt folgendermassen: durch eine Entwicklung hin zum allgemeinen «bedingungslosen Grundeinkommen» verlören Kinder weitgehend ihre Eigenschaft als Kostenfaktor, was das Bevölkerungswachstum und damit die Belastung der Natur fördern würde. Der Artikel zeigt auf, dass die ökonomischen Gräben eine Rolle beim Brexit gespielt haben könnten. Eine Rolle hat wohl auch die Überheblichkeit der «Eliten» gespielt. Nötig wäre es, ein Weltbild aufzuzeigen, das die Zielkonflikte berücksichtigt und das im Interesse eines gemeinsamen höheren Ziels (eine gute Zukunft für alle) Lösungen aufzeigt. Dies auch unter Inkaufnahme von gerecht verteilten Einschränkungen. – Dr. Gernot Gwehenberger

 


 

 

Leserbrief zu „NORMAL“ von Katharin Tai

 

In allen Medien ist das Thema Corona an erster Stelle ständig präsent. Es ist deshalb unbegreiflich, dass die eindrucksvollen Erfolge Taiwans im Reiseteil publiziert werden. Warum geschieht das nicht auf der ersten Seite. Wo bleiben herausgehobene, kämpferische Artikel, die Methoden erfolgreicher Länder analysieren? Warum setzt „Die Zeit“ keine Akzente im Gegensatz zu der Lethargie der erfolglosen Länder? Statt dessen sehe ich düstere Bilder mit Särgen, entnehme Medien, welche der unzulänglichen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung die unzulänglichsten sind usw usw! – Siegfried Veile

 


 

 

Leserbriefe zu „»Ich liebe meine Mutter, aber ich verstehe sie nicht“ von Kati Krause im ZEIT Magazin

 

Ich möchte Ihnen aus tiefstem Herzen danken für diesen Artikel, da ich aus eigener Erfahrung weiß, welch große Überwindung es kosten kann, über dieses Thema öffentlich oder auch nur privat zu sprechen. Bei mir ist es mein Bruder, der ‚betroffen‘ ist, auch er beschäftigt sich nicht erst seit Neuestem mit Verschwörungstheorien. Wäre er zwanzig Jahre alt, hätte ich die Hoffnung, dass er durch eine Krise geht, aus der er eines Tages geläutert hervorkommt, doch da er Mitte Vierzig ist, verfestigt sich seine Weltanschauung immer mehr und wird umso unverrückbarer, je mehr Gegenwind er bekommt (wie Sie auch schreiben).

Im Laufe des letzten Jahres gab es bei mir die Phasen Ungläubigkeit, Sorge, Co-Abhängigkeit (in die auch z.B. die von Ihrer Schwester beschriebene Selbstzensur gehört), Wut, Trauer, Abgrenzung, immer wieder Fassungslosigkeit. Das Schlimmste ist für mich, dass ich einen geliebten Menschen verloren habe, weil er sich so stark verändert hat, dass er für mich nicht mehr der gleiche Mensch ist. Alle Unbefangenheit ist gewichen, und Humor hat keine Chance mehr. Dieser recht neuen emotionalen Grundsituation (mein ganzes Leben lang hatte ich ein inniges, von Respekt dem Anderen gegenüber geprägtes Verhältnis zu meinem Bruder, wir waren nicht nur Geschwister, sondern auch gute Freunde) konnte ich den Rücken kehren, weil ich nach einem (vorerst) letzten eingehenden Gespräch mit meinem Bruder den Abstand gewählt habe, aus Überzeugung und aus Selbstschutz. Ich werde Zeit vergehen lassen und immer wieder überprüfen, ob sich diese Entscheidung noch richtig anfühlt.

Ich möchte an dieser Stelle Solidarität mit allen Angehörigen ausdrücken, denen diese emotionale Abfolge sicherlich nicht unbekannt ist und die vielleicht täglich auszubalancieren versuchen zwischen möglichst sachlicher Auseinandersetzung, Diplomatie (z.B. bei Elternteilen, die nicht möchten, dass sich eine Eskalation auf das Kindeswohl auswirkt), Selbstschutz, Rückgrat-Behalten. Ich empfinde es wie ihr Vater: mir helfen die Berichte von Angehörigen, deshalb steuere ich selbst einen Kleinen bei. – Judith Kulla

 

Sie widmen einer Frau, die sich vermutlich schon lange nicht mehr auf dem Boden der Tatsachen befindet, 10 ganze Seiten im Magazin. Bewusst oder unbewusst erreichen Sie damit, dass alle Kritiker der Coronapolitik in als realitätsferne Spinner verunglimpft werden. Schreiben Sie doch mal eine Seite über mich. Ich war im Jahr 2020 jeden Tag mit Maske in der Arbeit und habe mit meinen Steuern den ganzen Zauber mitfinanziert. Ich weiß, dass der Virus besonders für alte Menschen gefährlich ist. Die Politik hat völlig versagt, diese Menschen zu schützen. Nach zehn Monaten Pandemie gibt es immer noch nicht ausreichend Personal und Schutzausrüstung in den Altenheimen, die Menschen sterben wie die Fliegen.

Hier hilft es nicht, dass die Schule faktisch abgeschafft wurde. Nach zehn Monaten gibt es in Bayern weder Präsenzunterricht noch irgendetwas, das nur annäherungsweise den Namen digitales Lernen verdient. Die Kultur ist größtenteils unwiederbringlich zerstört. Unter Politikern ist die Panik ausgebrochen. Jetzt werden die Lockdownmaßnahmen, die seit November keinerlei Verbesserung der Lage gebracht haben, verlängert. Schreiben Sie doch mal über Menschen, die bessere Ideen haben. Schreiben Sie über Schulleiter, Klinikärzte, Altenheimmitarbeiter oder Krankenschwesern. Diese Leute hätten die Ideen und Kompetenzen, die in der Politik völlig fehlen! – Karin Sixt

 

Ich kann die Situation von Kati Krause verstehen, wenn ich mich in die Situation einer römischen Tochter um 100 n. Chr. versetze, deren gebildete Mutter plötzlich an einen jüdischen Wanderprediger glaubt, welcher nach seiner Hinrichtung 3 Tage leibhaftig und persönlich von den Toten auferstanden sei, und für dessen geheime Anhänger etwa ein Sklave mit einem römischen Aristokraten gleichberechtigt sein müsse. P.S.1:Das obige ist ein gutes Beispiel, dass es NICHTS gibt, was menschliche Kollektive NICHT gemeinsam zu glauben bereit wären. P.S.2: Warum gibt es Märtyrer für irgendwelche Ideen? – Günter Hess

 

Im aktuellen ZeitMagazin, Seite 22 scheint mir das Herz-Jesu-Bild neben der Frau/Mutter in das Bild hineingephotoshoped zu sein. Die Flächennormale des Jesu-Bildes geht nach rechts, die der Wand nach links. Wurde das Bild zusammenkomponiert, dass es den Inhalt des Artikels unterstreicht? Oder ist das Bild tatsächlich eine authentische Photographie? – Dr. Sauerer

 

Es ist traurig zu lesen, wie sich eine Frau im Lauf von vielen Jahren zu einer Anhängerin von Verschwörungserzählungen entwickelt und sich dadurch so radikalisiert, dass ihre Familie fast daran zerbricht. Doch es geht auch schneller. Das zeigen die Querdenker, die es erst seit dem vergangenen Jahr gibt. Viele Querdenker sind in dieser kurzen Zeit radikale Verschwörungstheoretiker geworden, die sich nur schwer vorstellen können, dass durch das Einhalten einiger Hygienemaßnahmen das Corona-Virus gestoppt werden kann. Sie können sich außerdem nur schwer vorstellen, dass sie, wenn sie ohne Hygienemaßnahmen demonstrieren, das Leben ihre Mitbürger gefährden. Weil sie sich das alles nur schwer vorstellen können, sind sie Schwerdenker, aber keine Querdenker. – Klemens Hofmann

 

Was mich an dem Bericht am meisten befremdet, ist die Antwort der Mutter auf die Frage ihrer Tochter, was die Eltern eigentlich zusammenhalte: die Liebe. Darin sehe ich, unabhängig von allem Gewesenen, den Versuch einer Instrumentalisierung von Liebe zu einer pauschalen Versicherung gegen Einsamkeit und eine Strategie, jegliche Kritik ohne Begründungen an sich abprallen zu lassen. –Christoph Müller-Luckwald

 

Das Gefühl der Trauer erfasste mich in zunehmendem Maße bei der Lektüre Ihres Berichtes. Eine Frau, die so viel Liebe gegeben hat, sich um so viele Menschen gekümmert hat, die glücklich ist, wenn sie Menschen in ihrem Haus bewirten kann! Und nicht zuletzt, eine Frau, die sich weitergebildet hat, wenn auch in einem Bereich, der dem Mainstream der Familie nicht gefällt. Haben Sie sich eigentlich mal die Frage gestellt, ob Sie selbst vielleicht im falschen Boot sitzen?

Fakt ist, dass wir vor einem Multiparadigmenwechsel stehen in allen Bereichen: Wissenschaft, Gesundheitswesen Schulwesen, Arbeitswelt, Geldwesen, usw. Die Übergangsphasen zu dieser neuen Welt sind schwierig und dabei kann es zu einigen Verwirrungen kommen, die sich auch sog. Heilsbringer wie z.B. Trump zu nutze machen. Statt sich wirklich mit diesen Transformationsprozessen zu beschäftigen, bleiben Sie selbst einfach im alten Paradigma stehen. Vielleicht ist Ihre Mutter einfach schon ein gutes Stück weiter als Sie….. Die nächsten Jahre werden es zeigen…….. –Hilde Floquet

 

Der Artikel im Zeitmagazin „Ich liebe meine Mutter aber ich verstehe sie nicht“ ist mir sehr Nahe gegangen, weil ich viele Parallelen zu meiner Familie feststellen konnte. Meine Mutter ist ebenfalls 1958 geborgen, wir sind drei Schwestern und mein Vater war immer der Kopf- und meine Mutter der Bauchmensch.

Auch meine Mutter hat sich irgendwann in eine esoterische Richtung bewegt. Angefangen mit Reiki, hatte sie in den lezten 25 Jahren einige Theorien und Gurus für die sie schwärmte. Sie ist auch beruflich als „geistige Heilerin“ tätig. Ich als Kopfmensch konnte damit immer nur begrenzt etwas anfangen und ihre Überzeugungsversuche haben mich häufig genervt. Trotzdem beneide ich sie manchmal um ihren Glauben, der ihr durch harte Zeiten geholfen hat Nach dem Tod meines Vaters hat sie wieder einen Mann gefunden, der ganz stark rational verankert ist. Er lässt sie in ihren Überzeugungen stehen, holt sie aber auch wieder auf den Boden zurück.

Meine Mutter hat sich nie für Politik interessiert und vielleicht ist das ein großes Glück, den auch wenn ihre esoterischen Vorstellungen nicht mit wissenschaftlichen Erkenntnissen übereinstimmen ist sie in anderen Bereichen nie in Verschwörungstheorien hineingerutscht. Auf das Weltgeschehen reagiert sie weiterhin aus dem Bauch heraus und ihr Gefühl entspricht da dem linksliberalen Weltbild von uns Schwestern.

Nach dem ich den Artikel gelesen habe, sehe ich wie dankbar wir darüber sein können. Gleichzeitig macht er aber auch die Gefahren bewusst. Man weiß ja nie, welcher Guru der nächste ist… Es ist erschreckend wie die tolle Frau und Mutter, mit einer tollen Familie und materiell mehr als abgesichtert im Artikel in eine solche Parallelwelt abtriften kann, obwohl sie damit ihre gesamte Familie verbrellt. Ich weiß, dass Verschwörungstheorien Menschen halt geben, verstehen kann ich den Glauben daran trotzdem nur schwer und die Zunahme der Anhänger solcher Theorien macht mir Angst. – Susanne Gilsdorf

 

Voll Interesse habe ich Ihre nachdenkenswerte und (selbst-) kritische Geschichte gelesen (welches Genre ist das eigentlich?;-)) Auch bei mir entsteht so eine „Unfassbarkeit“ der Person und Situation im Kopf; das, was in Ihrer Familie schleichend ablief, ist nicht profan und ganz klar. Trotzdem spielt es sich in zig-facher Variante in sehr vielen Familien, sicherlich graduell unterschiedlich, ab. Es gibt kein einheitliches „so denken wir“ oder „so sehen wir das“ mehr. Da eigene religiös-weltanschauliche Veränderungen tiefgreifend sind, eben unser Denken, unsere Seele berühren- und ich glaube, die Entwicklung Heilpraktikerin-Homöopathin-Bioresonanz und dann zuletzt Verschwörungstheorie ist eine Art Ersatzreligion, oder kann es zumindest werden-kann dieses so leicht Familien spalten.

Selbst kenne ich es, dass meine Mutter weinte, als ich ihr 18-jährig erzählte, ich wolle mich „als Erwachsene“ taufen lassen und nun in eine Freikirche gehen. Nun bin ich selbst, 35-Jahre später, damit konfrontiert, dass mein Sohn in eine Burschenschaft „übergesiedelt“ ist, schlagend, biertrinkend (ich selbst arbeite in einer Drogenklinik als Ärztin, geht also gar nicht) und sich in Richtung erzkonservativen Katholizismus bewegt. Eine verwandte deutsche junge Frau ist seit einer Woche hochschwanger im Iran, weil der Vater ihres Kindes muslimischer Kurde ist. Sie soll dort mit Kopftuch kurdisch Kochen und die Sprache lernen. Wie Sie schreiben: ich liebe meinen Sohn (sehr!!!) und verstehe ihn nicht. Meine Mutter liebt(e) mich und verstand mich nicht. Unsere junge Verwandte versteht keiner aus der Familie.

Vielleicht helfen Ihnen folgende Gedanken: es gibt bei psychiatrisch Kranken das Motto (und ich glaube auch nicht, dass ihre Mutter psychisch krank ist) „Konsens im Dissens“. Es geht darum, selbst bei Patienten, die z.B. meinen, draußen stünde die Mafia, eine Einigung darüber zu erzielen (Konsens), dass man unterschiedlicher Meinung ist, was befrieden kann und komischerweise oft klappt. In unserer Familie klappt das prima, ruhig-souverän zu benennen, dass wir bekanntlich unterschiedlicher Meinung sind. Oft schließe ich bei meiner Mutter (74J.) anstrengende Diskussionen vor Eskalation mit dem Satz. „Mutti, das wissen wir ja beide mittlerweile, dass wir da unterschiedlicher Meinung sind.“

Einen Haken hat das vielleicht bei Ihrer Mutter. Mir drängt sich der Gedanke auf, dass Ihrer Mutter ein Stück Rücksichtnahme und Demut fehlt. Dieses „Sonne sein, (zuviel) helfen wollen, über scientist-Scientologe lachen, Nacktheit laut nennen, sich nie schämen, nichts peinlich finden, Überschwänglichkeit, Vater anweisen“ (ist mir übrigens als Person nicht fremd:-() birgt die Gefahr der „Übergriffigkeit“ im weitesten Sinne. Ist ihr das klar, wie Sie unter ihr leiden? Wieviele Stunden Sie sich einen Kopf gemacht haben, wie diese blöde Verschwörungstheorie und Alternativmedizin (übrigens ist „Schulmedizin“ Studiumsmedizin, sie wurde von Ärzten an einer Schule unterrichtet, ihr´s ist eigentlich im wahrsten Sinne Schulmedizin;-))?

Und zuletzt: vielleicht lesen Sie sich ein bißchen mehr in die Absurditäten ein, um sagen zu können „Mutti, ich habe mich da recht viel mit beschäftigt, mir Mühe gegeben, Dich zu verstehen, zu mir passt das nicht.“ Vielleicht ist sie irgendwann (ich befürchte nicht, da die Zeit rennt) bereit, ihre Fremdideen wenigstens ein bißchen kritisch zu hinterfragen. Ihr scheinen sie ja bislang ins Lebenskonzept zu passen, ihr ist die Schwulenfreiheit und -demonstration in München zuviel, Trump oder Obama zu unsicher, bei Schlafstörungen, ob Ihre oder die eigenen, empfindet sie Hilflosigkeit (da ist es leichter „Schumann“ die Schuld zu geben) und wie herrlich ist Hellsicht, wenn man älter wird und merkt, dass die Welt ganz schön schnell und komplex und ausufernd geworden ist.

Bevor sie regrediert oder depressiv wird doch keine schlechte Idee, oder? Es ist traurig, die Seelenverwandtschaft und Bindung, die man zu einem nahen Menschen hatte, zu verlieren. Was bleibt, ist trotzdem Liebe. Danke nochmal, für Ihre große Offenheit und Bereitschaft, an Ihrem (Familien-) Leben Anteil zugeben. – Angela Kiewitt

 

Danke für die offenen und privaten Beschreibungen im Artikel „Meine Mutter ist Verschwörungstheoretikerin“. Es würde mich interessieren, wie Ihre Mutter auf die Veröffentlichung des Artikels reagiert hat. Falls Sie das in einem der folgenden Hefte berichten könnten, wäre ich Ihnen dankbar. – Anja Blume

 

Der Artikel „Ich liebe meine Mutter, aber ich verstehe sie nicht.“ hat mich sehr beeindruckt. Ich finde es unglaublich mutig, in welcher Weise sich Frau Krause und ihre Familie der Öffentlichkeit stellt. Frau Krause hat dabei einen guten Ton gefunden, der die Beteiligten respektiert und doch klare Worte dazu findet, was es für eine Familie bedeutet, wenn ein Mitglied in die Ecke der Verschwörungstheorien abdriftet. Bei zwei Heilpraktikern, denen ich aufgrund ihrer Persönlichkeit, ihrer Kompetenz und einiger klarer Behandlungserfolge jahrelang großes Vertrauen entgegengebracht habe, stelle ich leider seit einiger Zeit auch etwas befremdliche Tendenzen fest.

Ich erlebe aber auch Alternativmediziner, die klar hinter den Beschlüssen der Regierung stehen. Da darf man jetzt nicht die ganze alternative Medizin über einen Kamm scheren. Das ist für mich auch ein Problem des Artikels: dass Homöopathie, hilfreiche Mittel der Alternativmedizin, Astrologie, Verschwörungstheorien, Putin- bzw. Trump-Verherrlichung und Rechtspopulismus in einen Topf geworfen werden. Leider tun im Moment einige Heilpraktiker einiges dazu, dass dies geschehen kann. Das ist sehr schade, denn ich habe am eigenen Leib heilende Wirkungen der alternativen Medizin erfahren und bin dafür sehr dankbar. – Helga Eham

 

Verschwörungstheorien gab es schon immer. Sie werden von den Zurückgelassenen, den Gekränkten, den Beschämten geglaubt; die, über die man gelacht hat; die, die sich nicht anders wehren konnten, als in eine Parallelwelt auszuweichen. Von Donald Trump heißt es, er habe den Arbeitern die Scham genommen; und schamlos stürmen sie jetzt das Kapitol.

Letztlich zeigt sich, dass auf unseren Verstand kein Verlass ist, weil er alles glauben kann was man ihm vorsetzt, wenn es nur das eigene Weltbild bestätigt. Und ganz sicher ist, dass jedes! Weltbild irgendwann an die Grenzen seiner Offenheit stößt, die es zu verteidigen gilt. Aber welches ist das richtige? Es könnte doch sein, dass es gar nicht um die viel zitierten Zahlen und Fakten geht… worum geht es dann? s.o. …. – Helmut Rochholz

 

Als langjährige Leserin der ZEIT habe ich den Artikel von Frau Krause mit großem Interesse gelesen. Auch ich habe das Abdriften von einigen Bekannten und Freunden in Verschwörungstheorien im Zusammenhang mit der Corona-Krise mit Besorgnis und Unverständnis zur Kenntnis genommen. Allerdings scheint die Autorin selbst in ihrer Meinungsbildung nicht mit der gebotenen Sorgfalt und Objektivität an das Thema herangegangen zu sein. Die Homöopathie und eine kritische Einstellung gegenüber Impfungen, die deren Risiken nicht verleugnet, sind mitnichten Teil von Verschwörungstheorien. Immer wieder rückt die Autorin Artikel eine kritische Haltung gegenüber Impfungen und desgleichen die Homöopathie in den direkten Zusammenhang mit Verschwörungstheorien.

Hier werden, wie so oft, „Kausalität“ und „Zusammenhang“ verwechselt. Nur, weil die Mutter neben ihrer obskuren Meinungsbildung sich auch mit Homöopathie beschäftigt, davon auszugehen, dass die Homöopathie ein Teil dieser Verschwörungshypothesen ist, finde ich unakzeptabel und sachlich falsch. Die Tatsache, dass über die Evidenzen zur Wirksamkeit der Homöopathie kontrovers diskutiert wird – wie übrigens über zahlreiche andere Forschungsthemen auch – macht sie noch nicht zu einer Verschwörungstheorie. Dann müssten sie alle Ärztinnen und Ärzte, die sogenannte IGEL-Leistungen anbieten, die ja teils deshalb IGEL-Leistungen sind, weil es keine gesicherten Wirkungsnachweise gibt, als „Verschwörungstheoretiker“ bezeichnen.

Gerade deshalb, weil das Umbiegen von Sachverhalten und die unsaubere Verwendung von Begriffen ein Element von Verschwörungstheorien ist, sollte man bei einem Artikel über dieses Thema – besser noch in der „ZEIT“ generell – besonderen Wert auf Sorgfalt in der Wortwahl und Argumentation legen. – Gabriele Mayer

 

Ich fand Ihren Artikel »Ich liebe meine Mutter, aber ich verstehe sie nicht« super interessant und gut. Besonders gefallen hat mir die Suche nach einem Grund und Ihre Erklärung dazu. Ich fände es sehr spannend, einen Nachfolger auf diesen Artikel zu lesen. Über die Weiterentwicklung Ihrer Mutter und vor allem über die Reaktion auf Ihren Artikel. Haben Sie dies angedacht? – Leo Trippe

 

Ich sage es mal gerade heraus: Ihr Umgang mit Ihrer Mutter regt mich auf. Nicht weil ich Theorien Ihrer Mutter aus der rechten Ecke teile, sondern weil Sie verurteilen und abwerten, wo ich mir Toleranz, Meinungsfreiheit, Diskussion und Liebe wünschen würde. Ich verstehe, dass Sie der Wandel Ihrer Mutter befremdet und beschäftigt. Ich verstehe, wenn Sie darüber besorgt sind. Aber müssen Sie deswegen Ihre Mutter in der Öffentlichkeit so bloßstellen und verurteilen? Ihre Mutter mag in mancher Hinsicht auf befremdlichen Wegen unterwegs sein. Und ich finde manche Aussage auch sehr unschön und habe den Kopf geschüttelt. Aber: Von einigen Ausnahmen abgesehen erscheint das Meiste doch vergleichsweise harmlos, was Sie hier direkt ins Licht von „Verschwörungstheorien“ rücken. Ich kann bei allem auch gar nicht erkennen, dass in irgendeiner Weise von Ihrer Mutter eine Gefahr für die Allgemeinheit ausgeht.

An vielen Stellen habe ich gedacht: Wieso darf sie nicht denken, was sie will? Nur weil es nicht Ihren oder den Vorstellungen der Allgemeinheit entspricht, wer auch immer diese festlegt? Warum darf Sie nicht an Astrologie und Übersinnliches glauben? Verurteilen Sie auch alle Katholiken, die an Jesus und an Gott glauben? Was ist so verwerflich an Verschwörungstheorien rund um die Anschläge des 11. September? Darüber gab es im Fernsehen sogar Sendungen. Investigative Journalisten haben in genug Fällen, z.B. Watergate-Affäre, auch an Verschwörungstheorien geglaubt und dadurch Skandale aufgedeckt. Es ist erlaubt, solche Gedanken zu haben. Es ist erlaubt, Impfgegner zu sein. Es ist erlaubt, sich zu irren. Und es ist erlaubt seine Meinung zu ändern.

Ich fand den Ausspruch Ihrer Mutter „Wir kennen uns nur nackt“ gar nicht peinlich, sondern sehr schlagfertig und amüsant.Vielleicht sollten Sie sich auch mal fragen, warum Sie selbst so ein Problem mit allem haben? Durch Ihren Artikel entsteht bei mir von Ihrer Mutter das Bild einer mit bestimmten Entwicklungen wie der Flüchtlingskrise oder der Pandemie überforderten Frau. Vermutlich werden Ängste eine Rolle spielen. Das geht vielen so und sollten wir ernst nehmen. Mit Abwertung und Ausgrenzung werden diese Probleme nicht gelöst werden. Ich finde gut, dass Sie wachsam und kritisch sind, dass Sie sich Sorgen machen. Lassen Sie bei allem aber Ihre Mutter auch Ihren eigenen Weg gehen, anders sein und sich irren dürfen, solange Sie anderen nicht schadet. – Eine Leserin

 

Ich konnte es beim Lesen gar nicht glauben, wie ähnlich die Mutter der Autorin meiner eigenen 69 jährigen Mutter ist. Auf dem Zeitungsstapel meiner früher Grün wählenden Mutter wurden auch „die Zeit“, FAZ und „GEO“ von allerlei merkwürdigen Blättern (allen voran vom Kopp Verlag) abgelöst. Stundenlang hängt sie am PC und schaut youtube- Videos. Täglich erhalte ich kaum zumutbare Filmchen im Familienchat präsentiert. Meine Mutter lässt sich zur Heilpraktikerin ausbilden, sie lässt Wasser mit teuren „Steinchen“ beleben“, kauft teure Zaubermittelchen von wundersamen Naturheilern aus dem Internet, bestellt sich und den erwachsenen Kindern vorsorglich Konserven und Notstromaggregate für den bevorstehenden Weltuntergang. Sie verweigert sich dem Impfen, der Schulmedizin. Sie fürchtet die Strahlung.

Der Klimawandel sei nur erfunden worden um uns Angst zu machen. Sie verachtet unsere Regierung, hält nichts mehr von Demokratie, äußert sich zum Teil sympatisierend mit Trump oder der AFD. Sie geht auch nicht mehr wählen. Seit Corona gibt es viel Streit zwischen mir, der erwachsenen Tochter und ihr, der alles abstreitenden und bagatellisierenden Risikopatientin, die in einem der am schlimmsten betroffenen Landkreise Ostdeutschlands wohnt. Wir finden keinen gemeinsamen Nenner mehr. Es ist sehr traurig.Manchmal hört sie mir zu, wenn ich ihr erkläre, dass sie in einer gefährlichen Youtube-Bubble gelandet ist. Dann lacht sie nur und sagt, dass ich noch zu jung bin um die Wahrheit zu begreifen. Sie kommt allerdings aus Ostdeutschland, ist Akademikerin. Vor dem Hintergrund ihrer Geschichte kann ich manches „Misstrauen“ in die aktuelle Maßnamen nachvollziehen, obleich ich ihr Verhalten nicht richtig finde. Ich wünschte mir dieses Phänomen würde systematisch untersucht. – Christiane Heumann

 

Ihr kritischer Text über die „kruden“ Ansichten Ihrer Mutter hat bei mir folgende Wirkung erzielt: Ihre Mutter wirkt symphatisch und natürlich im positiven Sinne etwas verrückt. Leider subsummieren Sie- wie viele Journalisten -unterschiedlichste Lebensäusserungen unter den gerade in der jetzigen Zeit diffamierend gebrauchten Begriff des Verschwörungstheoretikers. Esoterik, Kritik an Merkels Zuwanderungspolitik und der aktuell mehr als berechtigten Kritik an den Corona-Maßnahmen sind doch nicht alle gleich zu werten. Ist die Putin- oder Trumpbegeisterung Ihrer Mutter, die ich keinesfalls teile, per se ein Merkmal einer Verschwörungstheorie. Damit täten Sie auch vielen Millionen Amerikanern Unrecht.

Auch die Abkehr von den Grünen- ich schätze beim Jugoslawien Krieg 1998- hat nichts mit beginnender Paranoia zu tun, sondern mit Charakter. Ich erinnere mich an zwei Aussagen aus dieser Zeit. Die ehemalige Grünen Europaabgeordnete Edith Müller sagte in Köln in einer Diskussionsrunde lächelnd, sie wisse ja nicht genau , was Streubomben anrichten, aber man müsse jetzt nun mal in Serbien eingreifen. Bei einem späteren Gespräch mit der Bundestagsabgeordneten Christa Nickels, sagte diese: Natürlich ist der Krieg in Afghanistan notwendig, da müssen die Frauen ja noch Kopftücher tragen. Würde heute jemand diese Aussage tätigen, stünde er rechts von Björn Höcke. Gott sei Dank hat sich Ihre Mutter von den Grünen verabschiedet, deren Rüstungspläne ja noch nicht mal mehr verdeckt werden.

Und was heißt, in Ihrer (der Verschwörungstheoretiker) Welt gibt es nur Gut und Böse. Sehen Sie Söders Äußerungen zu den Querdenkern an. Wer Böses denkt , tut auch Böses. Das ist mittelalterlich, verschwörungstheoretisch und eines demokratischen Politikers nicht würdig. Die Thesen Ihrer Mutter zur Corona Politik hätte ich gerne gehört. Denn Ihnen wird hoffentlich auch aufgefallen sein, das die Argumentation der Regierenden und der immer gleichen Wissenschaftler auch nicht immer widerspruchslos ist. Und darunter befinden sich zu Genüge Menschen, die weitab von Esoterik und Rechtpopulismus stehen, wie zuletzt z. B W. Kubicki. Wenn Sie das Gespräch mit Ihrer Mutter verweigern, sobald sie das Thema Corona anschneidet, sehe ich das aber nicht als Selbstzensur, sondern als Unhöflichkeit Ihrerseits, sich mit der Meinung Ihrer Mutter auseinanderzusetzen. Eine Regierung , die mit Hilfe des RKI dazu aufruft, keine der Massnahmen dürfe hinterfragt werden, ruft geradezu den Widerstandsgeist Ihrer Mutter und vieler anderer Menschen dieser Generation hervor. Darf Sie keine Fragen stellen?

Meine Frau und ich habe übrigens ähnliche Probleme mit unserem 19 jährigen Sohn, auch er verlässt oft wütend den Raum, wenn die Rede auf Corona kommt. Übrigens. Hat sich Ihre Mutter auch schon gefragt, woher die Kanzlerin schon im November wusste , dass wir viele schwere Monate vor uns haben. Dass nach jeder neuen Runde schon gewusst wird, wie es nach der nächsten Runde weitergehen wird? Die Massnahmen werden von der Politik bestimmt und sollten auch von dieser verantwortet werden. Leider scheinen sie auch schon weit vorausgeplant zu sein. Doch wir suchen die Schuld immer noch bei uns! Vielleicht hat ja mein letzter Museumsbesuch eine Infektionskette ausgelöst, oder mein Ausflug in den verschneiten Wald? Das glauben Sie doch nicht auch allen Ernstes? – Thomas J. Birgel

 

Ob Sie mit Ihrem Artikel auch anderen helfen können die in ähnlichen Situationen sind kann ich nicht sagen und ich will Ihnen auch nicht mit schlauen Erklärungen kommen wie Ihre Mutter zu dem geworden ist was Sie hier geschildert haben und ich nehme an dass es auch glaubhaft ist. In vielen Familien findet heute eine Trennung bei verschiedenen Meinungen statt die bis zu zerwürfnissen gehen und in Ihrer Wirkung einer Explusion mit Dynamit gleichen. Ich möchte Ihnen hier einen Weg aufzeigen der sich jetzt nicht mit Ihrer Familie beschäftigt sondern allein mit Ihrer Mutter. Wir sind nur ein paar Jahre älter als Ihre Eltern und ich möchte Ihnen aus christlicher Sicht diesen Bereich ein bischen ausleuchten. Wir leben ja in einer Zeit in der auf eine Christliche Sichtweise nicht mehr viel Wert gelegt wird bzw. hör mir blos damit auf!

Ich will Ihnen auch nicht mit einer Christlichen Konfession hier kommen sondern aus einer biblischen Sichtweise die Sie jederzeit in Ihrer Bibel, soweit Sie eine haben, nachlesen können. In den Offewnbarungen des Johannes gibt es eine Übersetzung eines Wortes von Martin Luther mit .Merkmal das im griechischen Charakma bedeutet Aus diesem Wort stammt unser deutsches Wort Charakter. Charakma bedeutet soviel wie Prägung oder Stempel warum hier von Luther mit Merkmal übersetzt wurde weiss ich auch nicht. Auf jeden Fall sollen wir die Prägung des Evangeliums nicht so einfach aufgeben und unseren Charakter in seinen Grundfesten durch das tägliche Leben mit all seinen Möglichkeiten nicht vom Evangelium trennen. Die heutigen Medien sind durchaus in der Lage uns einen ganz anderen Stempel aufzudrücken wie noch niemals in der Menschheitsgeschichte davor.

Alles ist frei, jeder kann sich seine Ecke aussuchen und sich darin einrichten und braucht auf niemanden Rücksicht zu nehmen. Wenn wir uns von der christlichen Botschaft trennen und nicht mehr wissen wo wir als Mensch herkommen wo wir im Tod hingehen und was das Leben überhaupt soll werden wir nur dieses Leben als das richtige betrachten und uns dem zuwenden nachdem uns gerade der Sinn steht. Wir werden von einer Verwirrung zur nächsten geschleudert und werden vor lauter Informationen nicht mehr wissen wo uns der Kopf steht. Sie können auch im Lukasevangelium das Gleichnis vom Sämann nachlesen, wie der Samen, in diesem Fall das Wort Gottes auf die Erde gestreut wird. Einiges fiel unter die Dornen und wurde erstickt und wurde vom Bösen geraubt.

Dem Bösen ist es durchaus bewusst dass hier geraubt werden muss denn nur das wertvolle wird geraubt. Wenn Sie einen kaputten Stuhl auf die Straße werfen wird er wahrscheinlich morgen auch noch daliegen, wenn Sie jedoch eine wertvolles Kunstwerk auf die Straße stellen können Sie sicher sein dass es in ein paar Stunden weg ist. So auch in diesem Gleichnis, das wichtige das Wort Gottes, wird und geraubt und uns wird ein Plunder vor die Füße geworfen nach dem wir uns gerne bücken und Ihn für wertvoll erachten. Ich möchte Ihrer Mutter hier nur einmal die Sichtweise ein bischen verschieben und Ihr Interesse auf andere Dinge zuwenden die im Leben wichtig sind.

Ich bin wahrscheinlich ein paar Jahre älter als Ihre Mutter und möchte Ihren Sinn auf das Leben mit Christus hinweisen denn wir müssen alle sterben und wenn Christus nicht vorher wiederkommt, werden wir alle länger tot sein als wir gelebt haben und schon daraus sollten wir den Blick auf die Ewigkeit richten. Wie schon im alten Testament steht“Lass und bedenken dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden“. Ich möchte hier aber nicht missverstanden werden dass dies eine pessimistische Sichtweise ist ganz im Gegenteil. Nur in Christus haben wir das Leben und zwar in seiner vollen genüge und nur wenn wir das Leben in Jesus haben, können wir auch das beurteilen was und täglich vor die Füße fällt und entscheiden, Informationen in die Tonne zu hauen die unseren Charakter so verändern dass es fast nicht mehr auszuhalten ist.

Das Leben in Christus bleibt, alles andere vergeht! In der deutschen Medienlandschaft gibt es den Envangeliumsrundfunk in Wetzlar der schon seit 60 Jahren, früher auf Mittelwelle, mittlerweile über DAB Radio über Alexa und im Internet seine Sendungen verteilt. Der ERF ist nicht Konfessionsgebunden und wendet sich an alle Menschen. Sie können den Sender ja mal einschalten und Ihren Blick auf das richten was wichtig ist im Leben, so auch das Motto des Senders „Ein Sender für ein ganzes Leben“ und „Gutes im Radio“. Wir wohnen hier in Augsburg und Kinder von Bekannten studieren in München und gehen auch dort in eine Gemeinde wenn Sie möchten können wir uns erkundigen wie die Gemeine heißt vielleicht haben Sie interesse daran. Auf jeden Fall haben Sie den ERF ständig im Haus und haben auch am Sonntag Vormittag immer die Übertragung von einem Gottesdienst, entweder aus dem ERF Sendestudio oder aus einer Gemeinede.

Diese Zeilen sind nicht nur an Sie sondern auch an Ihre Mutter und Ihren Vater gerichtet, dass die beiden zusammen einen Vortrag eine Predikt oder Musik anhört und nicht jeder in einer anderen Ecke sitzt und in seiner Welt lebt. Kommen Sie zusammen, denn nur gemeinsam seid Ihr stark und schaut in eine Richtung und nicht in 10 verschiedene. Es gäbe hier noch viel zuschreiben, aber ich will Sie auch nicht zuschütten mit Informationen, lesen Sie selber die Bibel und richten Sie Ihren Blickwinkel auf das Kreuz. Christus will das alle auf Ihn schauen und Er sie bewahrt in dieser Welt, wie es auch im Vater Unser heiß: „Dein Reich komme“ und sonst nichts. – Helmut und Monika Hein

 


 

 

Leserbriefezum Wochenmarkt „GEBURTSTAGS-BIRNENKUCHEN“ von Elisabeth Raether im ZEIT Magazin

 

Bis ca vor 3 Monaten habe ich mich immer als Erstes auf die Rezeptseite gestürtzt. Das war so spannend. Die knackigen, leckeren Rezepte habe ich ausprobiert und mein Mann und ich haben sie sehr genossen. Nun aber erscheint mir, als hätte ich die Vorschläge alle schon mal gehabt, getestet. Gerade das letzte, der Chiccoriensalat mit Grapefruit und der heutige Birnenkuchen. Hätten Sie nicht mal wieder etwas Neues, Spannendes, nicht Schubladisiertes? Dies mein Wunsch. – Brigitte Geering

 

Heute ist uns danach, Ihnen vielen Dank für die vielen Geheimtipps zu sagen. Ihre Vorschläge sind in der Küche relativ einfach umzusetzen, die Ergebnisse lassen uns die, eh geschlossenen, Restaurants nicht vermissen. Gerade gestern war in Norddeutschland übles Wetter. Nach zwei Saunagängen mit anschließender Gartendusche auf der Terrasse gab es bei uns Venezianische Leber ala Raether. Da war Winterblues und Corona-Frust schnell vergessen. Vielen Dank. Vielleicht freuen Sie sich über diese Reaktion Ihrer Fans. – Elsa + Holger Maack

 


 

 

Leserbrief zu „»Manchmal wünsche ich mir, wie ein Brummbär zu klingen« »Am Telefon muss ich ab und zu klarstellen, dass ich eine Frau bin«“. Gespräch mit Felicia Ewert und Linus Giese geführt von Robert Hofmann und Carolin Würfel im ZEIT Magazin

 

Das Geschlecht ist eine biologische Tatsache, die wird nicht zugewiesen. Intersexuelle haben Merkmale von beiden Geschlechtern. Menschen sind keine Barbie-Puppen. Es gibt nicht die Ausführung Barbie und die Ausführung Ken. Jeder hat eine individuelle Mischung an Eigenschaften. Das ist ja der Schwachsinn an den Geschlechterklischees. Man kann weder Mann zu Macho noch Frau zu Mutter verkürzen. Kein Mensch sucht seine Identität in der Hose. Meine Frau hat sich schon immer für die Armee interesiert.Sie mag grobe Arbeit, sie schminkt sich nicht und Kleidung muß vor allem funktionieren. Bei mir ist das genau umgekehrt.

Deshalb hassen wir beide diesen Männer-Frauen-Quatsch. Es gibt aber keinen Zwang der zwei Geschlechter. Es gibt nur den Schwachsinn die Eigenschaften nach Männer und Frauen zu sortieren. Wo ist das Problem mit dem biologischen Geschlecht? Unser Körper ist eben so wie er ist. Und? Muß ich jetzt den wilden Affen machen weil ich ein Mann bin? Muß ich mich jetzt als Frau ausgeben, weil ich eine „weibliche“ Seite an mir entdeckt habe? Es gibt viele Frauen, die Kämpfer sind. Und es gibt viele Männer die soziale Berufe mögen. Sind die auch alle falsch? Nein die sind ganz normal. Noch mal, nicht das Geschlecht sondern die Vorstellungen und Erwartungen werden zugewiesen. – Olaf Goldschmidt

 


 

 

Leserbrief zu „Da draußen. Früher war Bio-Unterricht langweilig. Geht das auch anders?“ von Heike Faller im ZEIT Magazin

 

Aller guten Dinge sind drei. Es reicht demnach meine Kritik an dieser Art Artikel loszuwerden. Was lernt man aus diesem Geschreibsel, nichts. Für blabla sollte das Papier zu wertvoll sein. – Bodo Malige

 


 

 

Leserbrief zu „Über das Schicke, das Gemütliche – und die Liebe zum Kitsch“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

 

„Architekt ist in meinen Augen ein ähnlich tragischer Beruf wie Werbetexter, (…) Man hat es oft mit Kunden zu tun, die keine Ahnung davon haben, was einen guten Text ausmacht oder eine gute Idee. Man könnte ein originelles Werk schaffen, wenn da nicht dieser Auftraggeber wäre, der keine Ahnung hat, anstelle von Ahnung besitzt er eine fragwürdige Persönlichkeit.“ Lieber Harald Martenstein. Im Namen aller Werbetexterinnen und -texter: Danke. – Kurt Eimers