Lesezeichen
‹ Alle Einträge

14. Januar 2021 – Ausgabe 3

 

Leserbriefe zu „Weiße Wut“ von Monja Schünemann

 

Die krude Polemik von Monja Schünemann gegen eine etwaige Impfflicht von Pflegepersonal beruht auf einem groben Missverständnis. Frau Schünemann führt aus, dass die Frustration des Pflegenden ob der geringen Wertschätzung der Gesellschaft für deren Beruf dazu führe, dass die Pflegenden dächten: „Nein, impfen lasse ich mich für euch nicht auch noch!“. Diese Aussage finde ich unerhört! Wer ist eigentlich mit „euch“ gemein? Zunächst einmal lässt man sich primär im Interesse der eigenen Gesundheit impfen.

Bei Pflegenden sollte deren Berufsethos zusätzlich dazu führen, dass diese sich auch im Interesse der von ihnen zu Pflegenden impfen lassen. Nichts davon bei Frau Schünemann! Weiter führt sie aus, dass die – gesamte – Pandemie auf dem Rücken der Pflegenden ausgetragen werde. Was ist mit Lehrer:innen, Erzieher:innen in Kitas, Ärzt:innen, Eltern, Politiker:innen … tragen diese Personengruppen nicht auch eine besondere Last in Zeiten der Pandemie? Warum gibt die ZEIT Frau Schünemann eine Bühne für deren einseitige, geradezu banalen Ansichten? – Jörg Mirbach

 

Es macht mich fassungslos, was Herr Söder sich anmaßt auszusprechen. An erste Stelle mit ihm zur Einnahme. Eine Impfpflicht für bestimmte Personengruppen oder überhaupt auch nur an eine Impfpflicht zu denken. Wo leben wir? 1940? Ein Pflegeheim ist kein Zwangslager in dem Politiker und oder Ärzte über Eingriffe bzw „Übergriffe“ auf den Menschen entscheiden dürfen. Die Würde des Menschen ist unantastbar, sein Körper und seine Gesundheit ebenso. Wer sich freiwillig als Versuchskaninchen für die erste Runde bereitstellt, ist mir ein Rätsel.

Ü 70 und keine Angst mehr vor möglichen Spätfolgen? Ist es nicht gar verwunderlich, dass gerade medizinisches Personal, bestenfalls wohl mit einer medizinischen Bildung und Ausbildung der Impfung gegenüber skeptisch ist? Ich nehme dankend das Virus und nicht Biontech. Jeder soll selbst entscheiden. Die Maßnahmen werden zunehmend beängstigend. Das Virus ist da und es wird uns begleiten. Das ist der Lauf der Biologie. Der Mensch glaubt, allem Herr werden zu müssen. Muss er das? Wie hieß es so schön bei Fontane: „Es ist und bleibt ein Glück, vielleicht das Höchste, frei atmen zu können.“ – S. Brück

 

Markus Söder redet mal wieder Unsinn. Er hat keine Ahnung von Gesundheitspolitik. Er redet viel darüber wie man die Maßnahmen noch mehr verschärfen kann. Er meint einfach wir hätten die Pflicht Patrioten zu sein und uns impfen lassen zu lassen. Ganz so einfach ist es jedoch nicht. Mit der Impfpflicht für Pflegekräfte ist er ja auf großen Widerstand gestoßen und das mit Recht. Denn wenn einige durch die Impfung krank werden und Arbeitsunfähig werden fallen diese in den Kliniken aus. So wie bei BioNTech. Bei BioNTech wird auch nicht geimpft. Dummerweise haben einige Ahnungslose Journalisten die Forderung Söders unterstützt.

Eine Tageszeitung schreibt sogar das das impfen genau so wichtig sei wie das tragen von Wegwerfhandschuhen. Wie bitte??? Wer war denn dieser Dummkopf. Da hat einer sogar geschrieben das die Querdenker in weiß nicht nur ihr eigenes Leben aufs Spiel setzen sondern auch das Leben anderer wird mir mir mulmig wenn ich so einen UNSINN lese. Das ist einfach Diffamierung. Es steigt nicht nur die Zahl der Neuinfizierten in diesem Land sondern auch leider die der Dummköpfe. Nein, ich bin kein Querdenker oder Verschwörungstheoretiker ich bin ein WAHRHEITSTHEORETIKER. Nein ich wähle auch nicht die AdD. – Kurt Polacsek

 

Danke, dass Sie diesen Beitrag geschrieben haben; die Berufsgruppen, die als Dienstleister am Menschen arbeiten, sind in der Regel deutlich schlechter dran als die, die etwas herstellen. In Einzelfällen mag es schön sein, einem bedürftigen Menschen zu helfen; die heutige Situation gleicht eher einer gnadenlosen Ausbeutung der Hilfsbereitschaft. Für eine Impfplicht ist es aber schon aus Gründen der Wissenslücken zu den verfügbaren Impfstoffen ohnehin zu früh. Das RKI schreibe auf seine Internetseite in den FAQ: RKI – Impfen – COVID-19 und Impfen: Antworten auf häufig gestellte Fragen (FAQ) „Warum sollte man sich gegen COVID-19 impfen lassen? . . . Das bedeutet, dass eine gegen COVID-19 geimpfte Person nach einem Kontakt mit SARS-CoV-2 mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht erkranken wird.

Über welchen Zeitraum eine geimpfte Person vor einer COVID-19 Erkrankung geschützt ist, d.h. wie lange der Impfschutz besteht, kann derzeit noch nicht gesagt werden. Zudem ist noch nicht geklärt, in welchem Maße die Transmission (Erregerübertragung) durch geimpfte Personen verringert oder verhindert wird. Trotzdem bietet die Impfung einen sehr guten individuellen Schutz vor der Erkrankung.“ Das bedeutet: Das RKI weiß derzeit nicht, wie lange der Impfschutz anhalten wird und das RKI weiß auch nicht, wie viel die Impfung vor Ansteckung schützt. Ich frage mich da, was zB. Pflegern bei einer Impf-Beratung eigentlich genau gesagt wird.

Ich meine, wenn man beides nicht weiß, ist das Sprechen von Impfpflicht für alle Gemeinten (Zielgruppe) eine Zumutung. Im Gegenteil: man kann den Mut und die Opferbereitschaft derjenigen bewundern, die sich jetzt impfen lassen, zumindest wenn sie nicht zu den Risikogruppen gehören. Ich bin nicht grundsätzlich ein Impfgegner. Eher vermute ich, dass bestimmte offizielle Diletanten bis hin zu Regierungschefs faktische Impfverhinderer werden könnten. – Uwe Mannke

 

Danke für diesen Artikel, der den Pflegenden und ihrer heterogen Lebenssituation und ihren grossen Leistungen eine Stimme gibt! Bevor jetzt eine weitere Spaltung der Gesellschaft in den Medien gehypt wird durch die Debatte zur Impfpflicht sollte doch erstmal die Impfung derer, die geimpft werden wollen zügig umgesetzt werden und parallel die schon lange fällige Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Entlohnung der Pflegenden realisiert werden. – D. Kreh

 

Klare Worte, klare Sprache, klare Fakten. Aber weil zu komplex und weder twitter- noch tagesthementauglich wird sich am derzeitigen Zustand nichts ändern. Unsere primär wirtschaftsgetriebene Gesellschaft richtet ihr Tun immer weniger wissensbasiert und immer mehr politisch-emotional aus. Insofern müsste das Thema gesellschaftskonform aufbereitet werden – wie so viele andere wichtige Themen auch. Frau Schünemann, als vergleichbar Beteiligter in anderem Berufsumfeld leide ich mit Ihnen. – Dr. Gerhard Führer

 

Derzeit setzt unsere politische Machtelite in Bayern wichtige Berufsgruppen massiv unter Druck, sich „freiwillig“ impfen zu lassen. Ist der massive Druck berechtigt? Ist die Impf-Zurückhaltung der betroffenen Berufsgruppen berechtigt? In diesem Zusammenhang muss berücksichtigt werden, dass wichtige Punkte aus den Verträgen mit den Impfstoff-Firmen wegen einer Vertraulichkeitsklausel bisher nicht veröffentlicht wurden. Insbesondere betrifft dies Fragen zur Haftung bei Nebenwirkungen. Welche Gründe stehen dagegen, die Vertraulichkeitsklausel streichen zu lassen und so die Bevölkerung ehrlicher und umfassender zu informieren? – Ludwig Degenhart

 

Endlich mal ein Artikel pro Pflege. Ich selbst war 30Jahre in der Pflege tätig. Kinderintensivstation u.a. der Uniklinik Frankfurt. Habe Pflege studiert, um jetzt in Rente zu sein. Diagnose: Depression!! Habe viel viel Freude an meiner Arbeit/Berufung gehabt. Denn das ist es was der Mensch als Pflegender braucht: Enthusiasmus. Berufungsgedanken. Denn das ist kein 9 to five Job. Kommen und wieder gehen. Doch das was wir jetzt erleben, ist doch die Folge einer weit zurück reichenden Situation.

1. Wie ist die Pflege in Deutschland sozialisiert (florence nithingale)? Helfer helfen bis zur Selbstaufgabe 2. Was wurde in den letzten Jahrzehnten getan um die Pflege attraktiver zu machen (Pflege als Studium)? Der pflegerat bzw viele Institutionen haben es bis heute nicht als wichtig genug erachtet Pflege als Studium zu etablieren. Ich rede vom Studium der am Bett arbeitenden. Nicht der Manager. 3. Die Pflege selbst. Wie setzten sich die Pflegekräfte für sich ein, bzw. Welches Selbstbild haben sie von sich? Da ich selbst pflegekraft war, kenne ich auch das Bild der Pflege von sich selbst und das der Gesellschaft. Die Pflege sieht sich leider zum Großteil immer noch als aufopfernde Kraft, die Ihre Anerkennung daraus zieht wieviel Überstunden und Zeiten am Stück gearbeitet wurde. Wer hat am meisten geholfen? Und die Gesellschaft?

Aus eigener Erfahrung berichtet: “ was arbeitest du „? “ ich bin kinderkrankenschwester“ “ oh wie süß “ Kleiner Auszug auf reaktionen meines Berufes. Und das ist etwas das mich schon immer wütend gemacht hat. Ich musste mich immer erklären. Immer. Und wo finden Sie Pflegende wenn es darum geht sich für mehr Lohn, bessere Arbeitsbedingungen etc. einzusetzen? Am Bett, nicht auf der Straße. Pflegende sind auch kaum in der Gewerkschaft. Pflegende glauben, dass es so sein muss. Jetzt zum eigentlichen Kern: die Pflege verweigert sich der rettenden Impfung. Ich verstehe vollkommen. Dies ist meiner Empfindung nach ein Aufbegehren. An falscher Stelle sicherlich. So hoffe ich auf Gespräche. Ein miteinander. Um ein verstehen. Beidseitig. – Christine plängsken

 

Grundsätzlich ist ihr Appell, den Pflegekräften in Deutschland mehr Wertschätzung zukommen zu lassen, als dies in den letzten Jahrzehnten erfolgt ist, nachvollziehbar und aller Ehren wert. Das Klatschen von Beifall von Balkonen vor jetzt bald einem Jahr kam mir auch als eine zwar symbolische positive, aber in ihrer Wirkung doch recht billige Geste vor. Es ist sicherlich richtig, dass Pflegekräfte insgesamt einen höheren Lohn für ihre Arbeit verdienen. Es ist für die Zufriedenheit im Beruf sicherlich nicht minder entscheidend, eine komplette Neuausrichtung von Dienstplänen und Arbeitszeitmodellen zu erhalten: Verlässlichere und weniger stressfördernde Arbeitszeiten sind im dritten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts längst überflüssig, für Familien, für eine gesundheitserhaltene Work-Life-Balance.

Jedoch ist ihre Verknüpfung dieser Forderung quasi als Begründungszusammenhang dafür, dass Pflegekräfte moralisch davon freizusprechen sind, sich impfen lassen zu müssen, hier wenig plausibel und nicht zielführend. Es muss doch das Ziel sein, dass sich möglichst alle Personen im Gesundheitssektor (bei denen medizinisch eine Impfung angezeigt ist) gegen Sars_COV_II impfen lassen. Das ist richtig und wichtig aus drei Gründen: 1. Pflegekräfte kommen notwendigerweise in wiederholten und unmittelbaren Kontakt zu Angehörigen von Risikogruppen für einen schweren Verlauf von COVID 19. Daher ist eine Impfung hier als Selbst-und Fremdschutz weder medizinisch noch moralisch wegzudiskutieren.

2. Pflegekräfte dienen für ihre Patienten, für ihr berufliches und ihr persönliches Umfeld als besondere Taktgeber für den Umgang mit medizinischen Problemstellungen. Eine medizinisch nicht notwendige Verweigerung der Impfung könnte hier, wenn auch unbeabsichtigt, enorme Auswirkungen auf die Impfbereitschaft weiterer Personen haben. 3. Pflegekräfte üben ihren Beruf i.d.R. nicht als einen weiteren Job aus – sie entscheiden sich vielmehr für eine Profession. Und hiermit obliegt ihnen auch eine besondere, professionelle Verantwortung. Dazu gehört, sich entsprechend dem Stand der Forschung auch neuen Maßnahmen aufgeschlossen gegenüber zu verhalten und ggf. auch voranzugehen.

Menschen, die sich um andere Menschen im Gesundheitswesen kümmern, entscheiden sich für eine ehrenhafte und bitter notwendige Aufgabe, sie verdienen von uns allen, von der Gesellschaft als Ganzes Respekt. Diesen kann ich allerdings auch entgegenbringen und zugleich den Zustand kritisieren, wenn z.B. ein Krankenpfleger sich nicht impfen lassen möchte. Ich hoffe, dass sich aller Unkenrufe zum Trotz schließlich fast alle Pflegekräfte im 1. Halbjahr impfen lassen. Eine Impfplicht ist auch m.E. die letzte Option – jedoch eine Option, die die Politik zur Not zum Wohle von gefährdeten Gruppen ziehen kann. – Benjamin Forman

 

Dass die Krankenpfleger an vorderster Front auch noch von Herrn Söder zur Impflicht gezwungen werden sollen, zeigt, dass dieser Herr keine Empathie gegenüber Menschen empfindet. Er verhält sich wie ein Elefant im Porzellanladen. Diesen Mitarbeitern der Medizin sollte er mit Charmeoffensive begegnen und sie „auf Händen tragen“. Statt dessen verhält er sich tölpelhaft und populistisch, nur um sein eigenes Ego zu befriedigen. – Ingo Hallitzky

 

Als ich erfreut vernahm, dass ein Impfstoff gegen das Coronavirus zum Einsatz kommen kann und die Frage diskutiert wurde, wer in welcher Priorität geimpft werden solle, war ich als 84jähriger der Meinung, dass zuallererst das Ärzte- und Pflegepersonal geimpft werden müsse. Schließlich stehen sie an vorderster Front und viele Pflegenden sind schon am Virus gestorben. Das müssen wir über 80jährigen akzeptieren. Deshalb war ich sehr verwundert über die Zurückhaltung der Pflegenden bei der Impfbereitschaft und erfahre nun endlich von Frau Schünemann, dass die Impfverweigernden des medizinischen Personals sich als Versuchskaninchen fühlen. Jetzt habe ich verstanden, dass es doch besser ist, uns, die „Hochbetagten“ zuerst zu impfen. Danke, Frau Schünemann! – Gerhard Bätz

 

Ich kann keinen Generalüberblick haben über alle Pflegenden, das kann niemand, weil die Welten in der Krankenpflege und Altenpflege völlig unterschiedlich sind. Das sagt ein ehemaliger Krankenpfleger, der seit 25 Jahren in der Altenpflege arbeitet. Jetzt als Leiter einer Senioreneinrichtung. Und da ärgert mich wieder die Pauschalierung. Wenn eine Gesellschaft/Medienlandschaft seit 10 Jahren permanent von den „armen Altenpflegern“ spricht, obwohl eine Fachkraft z.Zt. 3000,00 Euro monatlich bekommt, dann muss man sich nicht wundern, wenn die Betroffenen das zuletzt selber glauben. Vergleichen Sie mal mit Physiotherapeuten und allen anderen Dienstleistungsberufen.

Auch in der Pandemie gab es in der Pflege viele Teilwelten – wie in der ganzen Gesellschaft. Es gab schwer Betroffene und solche, die das wenig gespürt haben. Auch die Impfbereitschaft entwickelt sich so, wie in der ganzen Bevölkerung, darauf hat der Zeit-Artikel in der selben Ausgabe hingewiesen. In der Altenpflege fühlen sich wenige als „Versuchskanninchen“, da traue ich mir eine pauschale Aussage, aber viele empfinden – wie im Rest der Republik – manche Corona-Regeln als mind. fragwürdig. Bei der Debatte um eine Impfpflicht hat Söder ein Eigentor geschossen , weil es ja gar keinen Impfstoff gibt, den man verpflichtend impfen könnte.

Völlig verrannt hat sich die Autorin wenn sie von „12-Stunden-Schichten“ durchs Internet servender Pflegender spricht, die schließlich bei Fake News und der AfD landen , weil „Aufklärungsgespräche gar nicht oder in aller Eile“ erfolgen. Solcher pauschale Blödsinn darf nicht unwidersprochen bleiben. Es braucht einige Maßnahmen und das seit Jahren in der Altenpflege, die den Leserbrief Raum in Coronazeiten sprengen, aber allemal einer Betrachtung – mindestens nach der Krise – wert sind. – Raimund Binder

 

Der Artikel Monja Schühmann zeigt die Pflegekräfte aus einem anderen Blickwinkel. Wer kann den Ausbildungsplatz als Krankenpflegerin empfehlen? Wollen Sie dass ihr Sohn oder ihre Tochter den Beruf der Krankenpflegerin ergreift ? Die Wertschätzung dieses Berufes ist sehr gering . Es gibt schlecht Arbeitszeiten, Wochenenddienste, Nachtdienste usw. Immer ist die Pflegekraft das ausführende Organ, der Arzt ordnet an, die Pflegekraft führt aus. Ohne Pflegekräfte geht es nicht, aber die Wertschätzung aus allen Bereichen fehlt . Da wird man schon mal bockig, macht nur das was der Arzt anordnet, das eigene Engagement sinkt gegen null.

Und jetzt soll man sich impfen lassen, nur damit man nicht ausfällt! Sich weiter in diesem Rad der hohen Arbeitsbelastung drehen kann. Ich bin seit 30 Jahren in diesem Beruf tätig und weiß von was ich spreche. Eigentlich ist es ein toller Beruf, der aber eine dringende Veränderung benötigt, kleine Schritte gibt es schon mit der Möglichkeit des Studiums. – Brigitte Votava

 

Weißes Unverständnis?! Seit vielen Jahren bin ich als Chirurgin in einem Krankenhaus der Schwerpunktversorgung tätig. Seit März diesen Jahres bin auch ich immer wieder auf Corona – Stationen eingeteilt. In den vielen Jahren meiner Tätigkeit habe ich nie aufgehört, höchsten Respekt vor der Leistung und dem Engagement der Pflegerinnen und Pfleger zu haben. Dennoch erfüllen mich viele Reaktionen aus der Pflege im eigenen Haus, wie auch in den Medien zunehmend mit Irritation. Ja, es stimmt: vom Klatschen der Bevölkerung oder von der Landeshymne im Radio – wie es in der ersten Phase der Pandemie üblich war – kann mann sich nichts kaufen. Aber ist es nicht eine schöne Geste, ein Ausdruck der Wertschätzung?

Ja, es stimmt: die Pflegeprämie / Coronaprämie war nicht unbedingt gerecht verteilt und nur einmalig. Aber ist es Grund für diejenigen, die sie erhalten haben, sich darüber zu beschweren, dass sie zu niedrig, nur einmalig und praktisch völlig inadäquat sei? Und jetzt die Impfung, die Ärzten und Pflegenden mit potentiellem Kontakt zu Corona- oder Risiko-Patienten als ersten im ganzen Land zur Verfügung steht. Ich als Ärztin habe es als Privileg aufgefasst, nundurch die Impfung hoffentlich geschützt zu sein.

Ist es also legitim, in einem Satz des Artikels festzustellen, dass bereits 150 Pflegekräfte an Corona gestorben sind und sich im nächsten Satz darüber aufzuregen, dass man als „Versuchskaninchen“ für die Impfung benutzt wird? Einer Impfung die in adäquaten Studien getestet, durch entsprechende Behörden zugelassen ist und bisher kaum gravierende Nebenwirkungen zu haben scheint. Einer Impfung, die noch dazu vermeintlich zumindest vor eigener schwerer Erkrankung und Tod schützen kann, evtl. sogar vor einer Übertragung an meine Patienten, Heimbewohner oder auch eigenen Verwandten.

Fakt ist, dass die Skepsis in der Pflege zu hoch und die Impfbereitschaft damit deutlich zu niedrig ist. Es mag der falsche Ansatz sein, schon jetzt eine Impfpflicht zu diskutieren. Aber es ist definitiv Zeit, dass die Pflege sich in adäquaten Fachartikeln informiert und sich dann nach Möglichkeit impfen lässt. Als Zeichen der Verantwortung, die sie bereit ist, für sich und für andere zu tragen. – Susanne Müller

 

40 Jahre bin ich in unterschiedlichen Bereichen in der Krankenpflege tätig gewesen. Erfahren habe ich Achtung, Bestätigung und ganz viel Nähe zu den großen und kleinen Patienten. Dann kam der große Personalabbau auf allen Ebenen,der nicht nur bei den Beschäftigten sondern im Verlauf der Einsparungen sich auch einschneident bei den Patienten bemerkbar machte- In der Zeit haben ich und viele Kolleginnen Druck,Mißachtung unserer Leistung, auch vom eigenen Pflegemagnagment erfahren.

Da stehen wir heute, ausgebildet immerzu funktionieren,nicht die uns anvertrauten Menschen im Stich zu lassen und damit ohne wirkliche Perspektive einer Änderung. Aber die Verantwortung übernehmen diejenigen, die uns in diese Situation hineinmanövriert haben, die Gesundheitspolitik. Da ist die Impfwilligkeit das kleinere Problem, nur Druck kann keine Pflegekraft mehr gebrauchen. Es geht auch ohne! – Elisabeth Hahn

 

Sehr eindrucksvoll schildert Frau Schünemann ihren Frust über die Arbeitsbedingungen in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Vieles (Personalmangel, körperliche und seelische Belastungen) kann ich nachvollziehen, und fordere wie sie hier dringend Verbesserungen. Was dies aber mit der diskutierten Impfpflicht für medizinisches Personal in sensiblen Bereichen zu tun hat, erschließt sich mir keineswegs. Die Freiheit des Einzelnen hört da auf, wo es um den Schutz der Gesundheit oder gar des Lebens besonders gefährdeter Menschen geht. Der Schutz anvertrauter Menschen gehört nun einmal zu den Berufspflichten von Krankenschwestern, Ärzten und Ärztinnen. Darüber hinaus würde eine Impfung gegen Covid19 auch den in diesem Artikel so benannten „verletzten Pflegekörper“ schützen. – Dr. med. Volker Sprenkmann

 

Völlig richtig: Zuerst muss die Datenlage realitätsnah geklärt werden, denn die Angaben zur Impfbereitschaft des Pflegepersonals schwanken in den Medien zwischen 30 – 100% (auf die Impfbereitschaft des ärztlichen Personals geht der Beitrag im Gegensatz zur Vorwoche leider überhaupt nicht ein). Wenn ich den Beitrag richtig verstanden habe, dann ist die ablehnende Haltung des Pflegepersonals gegenüber der Impfpflicht die Folge oder Reaktion auf „moralische Verletzungen“ und „Anerkennungsmangel der Gesellschaft im Umgang mit Pflegenden.“ Mit dieser Einstellung habe ich ein Problem, auch wenn ich nicht beurteilen kann, ob diese Vorwürfe gegen „die Gesellschaft“ stimmen sollten:

Kann es sein, dass das Pflegepersonal die eigene Gesundheit und das eigene Leben sowie Gesundheit und Leben der anvertrauten Patienten vorsätzlich aufs Spiel setzt weil angeblich die unbestritten gebotene Wertschätzung der Pflegeleistung ausbleibt und „politisch- moralische Gründe“ beruflichen Frust generiert haben? Die Impfpflicht für das Pflegepersonal im Zeichen der Pandemie dient der Gesundheit der Pflegekräfte und Aufrechterhaltung der Pflegeleistung gegenüber Patienten wie auch dem Gemeinwohl. Missstände im Pflegedienst, sofern vorhanden, müssen beseitigt werden. Die Impfverweigerung ist hierfür jedoch ein völlig unpassendes Druckmittel. – Michael Deil

 

Der Arbeit der Pflegenden. Mag sein, dass leider nicht alle verwöhnten Zeitgenossen diese Leisten genügend wertzuschätzen wissen. Wo aber ist der Zusammenhang, dass Pflegende sich (deshalb?) der Schutzimpfung gegen das Corona-Virus verweigern sollen. Diese Maßnahme dient in erster Linie dem Geimpften selber. Weshalb sollte diese Berufsgruppe also auf diese Schutzmöglichkeit verzichten? Da das m.E. die Bevölkerung schon gar nicht nachvollziehen könnte, würden sich die Pflegenden damit einen „Bärendienst“ erweisen. Denn: Wut kann die Schutzimpfung nicht ersetzen! – Falko Radewald

 

Dieser Artikel hat mich sehr beeindruckt. Er liest sich wie eine Mahnung, ein kämpferischer und gleichsam verzagter Appell. Ich kann nur hoffen, dass er vielen wie mir unter die Haut geht und, um im Bilde zu bleiben, hilft, das nötige Verständnis und den nötigen Respekt für Pflegende aufzubringen, denn hier legt jemand aus berufenem Munde den Finger in die Wunde. Hier ist nicht nur von mangelndem Respekt und Verständnis die Rede. Die Verfasserin begründet klug und ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, warum immer mehr Pflegekräfte sich zurückziehen, aufgeben, innerlich kapitulieren, und ja- sicher auch politisch die Seiten wechseln. Das sollte uns als Gesellschaft zu denken geben.

Die angesprochene Geringschätzung ihnen gegenüber zeigt viel zu oft ihr häßliches Gesicht: statt Anerkennung, solidarische Unterstützung und finanzielle Würdigung erfahren sie nicht allzu selten Agressivität, Pöbelei, und all das bei unwürdig geringem Verdienst. Ganz zu schweigen von dem miesen Image, das bestimmte Medien, nach dem Gusto „das könne ja jeder“ zeichnen. Wir als Gesellschaft lassen dies täglich zu und gefährden so die Gesundheit, Integrität und Loyalität dieser Menschen, die wir doch so dringend brauchen. Vielleicht ermutigen uns Monja Schünemanns Worte ja, wenn wieder mal eine Pflegekraft beleidigt, gestört oder abgedrängt wird, zivilcouragiert dagegenzuhalten und auch Forderungen nach einem besseren Gehalt unsere Solidarität nicht zu verweigern. – Kerstin Horn

 

Beim ersten Lesen des Untertitels habe ich einen deutlichen Widerwillen empfunden und gedacht, das lese ich nicht. Ich komme ursprünglich aus der Pflege und leitete jahrelang einen psychiatrischen Pflegedienst als Geschäftsführer. Ich habe den Artikel dann doch gelesen, obwohl ich wohl keinen Schimmer habe, denn ich bin für eine Impfpflicht. Ich bin der Meinung, dass die notwendigen Maßnahmen in der Pandemie und die desolaten Zustände im Gesundheitswesen, wie von Frau Schünemann richtig ausgeführt, nicht vermischt werden dürfen.

Hinsichtlich der Schuld, dass wir solche Umstände im Gesundheitssystem haben, mache ich aber eine andere Zuweisung. Größtenteils Schuld daran sind die Kostenträger – die Krankenkassen. Dass die dort verantwortlichen Damen und Herren oftmals nur betriebswirtschaftlich unterwegs sind und von der Materie oft keinen Schimmer haben, verschlimmert vieles. Dass die Politik vieles von dem, was im Gesundheitswesen geschieht und in welcher Abhängigkeit dieses zu den Kostenträgern steht, nicht versteht und kurzfristige Lösungen favorisiert, macht das Ganze nicht besser. Dass wir es in der Pflege oft mit Menschen zu tun haben, die sich selbst ausbeuten, ist hinlänglich bekannt.

Ich kann mich gerne auch benennen. Wir alle in der Pflege und der sozialen Arbeit bemängeln seit Jahrzehnten immer wieder fehlende Wertschätzung und mahnen Veränderungen an. Die Krankheitsquote spricht Bände – auch wenn z.B. bei uns die Kostenträger unsere tatsächliche Quote in der Kostenkalkulation einfach nicht anerkannten. Die war angeblich zu hoch, so was aber auch! In dieser Pandemie ist dies – wie vieles andere, was im Argen liegt – sichtbar geworden. Ich unterstütze alle Forderungen von Frau Schünemann und gebe ihr recht. Hier muss es sehr deutliche Veränderungen geben!

Die Corona-Pandemie erfordert aber die Sichtweise auf die gesamte Gesellschaft. Um Ansteckungen zu reduzieren und die Sicherstellung der Arbeit wichtiger Bereiche in der Gesellschaft herzustellen, müssen all die Menschen (Gesundheitswesen, Polizei, Mitarbeiter*innen im Einzelhandel etc.) die viel und auch engen Kontakt zu anderen Menschen haben, „durchgeimpft“ sein. Bereits jetzt zeigen sich doch in personell eng aufgestellten Bereichen wie dem Gesundheitswesen und anderen erhebliche Ausfälle aufgrund von Corona. Wenn ich mich entschieden habe, in diesen Bereichen zu arbeiten, muss ich mich für Verbesserungen einsetzen, wenn diese zu beanstanden sind und ich muss Verantwortung für mich und all diejenigen, mit denen ich zu tun habe, übernehmen. Das bedeutet, dass ich Schutzmaßnahmen jeglicher Art als Selbstverständlichkeit meiner beruflichen Tätigkeit verstehe. – Helmut Thiede

 

Zur Beantwortung der Frage, wohin die Wut geht, gehört unbedingt auch die Frage, woher die Wut überhaupt kommt. Zunächst einmal sollte unterschieden werden zwischen berechtigter und unberechtigter Wut. Bei der berechtigten, also der durch Aggression von außen hervorgerufenen, stellt sich natürlich die Frage: Wie damit umgehen? Da sollte man sich vor Automatismen hüten. Wut, die aus einem Mangel an existenziellen Ressourcen, Informationen, Beachtung oder Anerkennung resultiert, kann grundsätzlich auch unterschiedliche Ursachen haben. Beruht der Mangel darauf, dass andere einem ungerechtfertigt etwas vorenthalten, oder ist er das Resultat leichtfertiger oder gar absichtlicher eigener Versäumnisse.

Im zweiten Fall sollten die „Wutbürger“, wo auch immer sie sich bemerkbar machen, Ursachen und Motive bei sich selbst suchen und an einer Klärung ihrer Absichten und Haltungen arbeiten. In jedem Fall aber gilt es, eindimensionale und punktförmige – sprich standardisierte – Deutungsmuster als Berechtigung für Wut zu vermeiden. Da könnten übrigens Christen (und andere Gläubige) mit gutem Beispiel vorangehen, indem sie Wirklichkeit als vieldimensionales, dynamisches und nie endgültiges Geschehen annehmen, anstatt ihren Glauben mit plakativen Parolen unfehlbar machen zu wollen – denn damit verheddert man sich im Gestrüpp nutzloser Projektionen. – Christoph Müller-Luckwald

 

Solange die Corona-Schutzimpfung freiwillig ist, muss dieses auch für alle gelten. Eine Impfverpflichtung nur für eine Berufsgruppe halte ich auch für falsch. Es gibt zur Zeit keine wirklich aussagekräftigen Zahlen zu einer mangelnden Impfbereitschaft von Pflegekräften (s. a. Artikel „Stichprobe“ in dieser Ausgabe). Und auch ich habe seit Anbeginn dieser Debatte den Eindruck, dass sie sich mehr vom Hörensagen nährt als von Fakten. Das ist so schon ungut. Und aus diesem Grund ärgert es mich, wenn ein führender Politiker wie Markus Söder keinen Moment verpasst, um öffentlich über eine Impfpflicht für Pflegekräfte nachzudenken. Genauso ärgert es mich aber auch, wenn Frau Schünemann schreibt: „Nein, impfen lasse ich mich für euch nicht auch noch!“. Pflegekräfte gehören zu unserer Gesellschaft und ich glaube nicht, dass der größte Teil von ihnen so denkt. Von einer Entfremdung zu sprechen geht für meinen Geschmack viel zu weit.

Natürlich hat Frau Schünemann recht, wenn sie eine zu geringe Wertschätzung beklagt und diese sich nicht zuletzt in einer zu niedrigen Entlohnung widerspiegelt. Gerade jetzt, wo die Pflegekräfte in Alters – und Pflegeheimen sowie in Krankenhäusern auf den Stationen und Intensivstationen besonders gefährdet sind und auch oft am Limit arbeiten, kann man ihnen gar nicht genug für Ihren Einsatz danken. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit,;und zu lange wurde ihre Arbeit auch als zu selbstverständlich verstanden.

Dennoch finde ich, dass Frau Schünemann in ihren Äußerungen teilweise zu einem Rundumschlag ausholt, der nicht immer gerecht und nicht immer differenziert ist. Leute, die zu Silvester trotz Verbots die Finger nicht von den Böllern lassen können oder auch solche, die die Wintersportgebiete stürmen, handeln unvernünftig, in manchen Fällen sogar unverantwortlich. Aber man kann daraus nicht Rückschlüsse ziehen, dass alle diese Leute den Pflegekräften keine Wertschätzung entgegenbringen. Noch weniger lassen sich daraus Rückschlüsse für die gesamte Gesellschaft ziehen. Wenn Pflegekräfte aus Supermärkten hinausgeworfen worden sind, ist das Verhalten dieser Supermarktbeschäftigten inakzeptabel und nicht zu dulden. Hier handelt es sich doch wohl aber um Einzelfälle. Gerade auch die Beschäftigten in Supermärkten und im Einzelhandel werden mit Wertschätzung nicht besonders überhäuft und „dürfen“ sich sicher oft genug von ungeduldigen und übellaunigen Kunden anpöbeln lassen. Frau Schünemann generalisiert hier und wird dabei ungerecht.

Die Corona-Pandemie verlangt den Pflegekräften und dem medizinischen Personal unerhört viel ab, ohne Frage. Aber bei allem Verständnis für Frau Schünemanns Sichtweise, sollte sie nicht komplett ausblenden, dass die Corona-Pandemie auch für viele andere Berufsgruppen eine große Herausforderung bedeutet und auch diese Beschäftigten täglich ihren Beitrag in ganz unterschiedlicher Form für die Gesellschaft leisten. Frau Schünemann vergisst zudem diejenigen, die wegen der Corona-Schutzmaßnahmen gar nicht arbeiten dürfen und viele von ihnen nun um ihre beruflichen und finanzielle Existenz bangen.

Nein, die gesamte Pandemie wird nicht nur auf dem Rücken der Pflegekräfte ausgetragen! Dass das Gesundheitswesen der Gewinnmaximierung unterliegt, gefällt mir genauso wenig wie Frau Schünemann, aber hier sind in erster Linie die verantwortlich zu machen, die diese betreiben. Dank für die Pflegekräfte, denen außergewöhnliche Zumutungen abverlangt werden, kann Frau Schünemann fordern, eine Entschuldigung dafür meines Erachtens aber nicht. – Regina Stock

 

Mit Vergnügen habe ich die letzte Ausgabe der ZEIT gelesen und nach Ihrer Antwort zum „generischen Maskulinum“ versucht auch diese Sichtweise zu verstehen. Den Artikel „Weiße Wut“ von Monja Schünemann finde ich absolut treffend und toll in Worte gefasst (auch wegen der Männer und Frauen umfassenden Sprache [Bsp.: Pflegende]). Ohne Pflegekraft zu sein ist genau das im Artikel beschrieben was ich empfinde wenn ich mit Pflengenden spreche und/oder die Zustände in Krankenhäusern und Altenheimen sehe. Mit Würde für Mitarbeitende und Patient*innen hat das wenig bis nichts zu tun.

Wenn es der Politik und den Menschen ernst ist mit ihrer Wertschätzung für diese harte und wichtige Arbeit würden die Gehälter entsprechend angehoben und durch gute Arbeitsbedingungen mehr Personal in die Häuser geholt (und dort gehalten) werden. Das wäre zum Beispiel zu finanzieren in dem die private Krankenversicherung abgeschafft wird und alle in die gesetzliche Krankenversicherung einzahlen. Dann müssten vielleicht nicht einmal die Beiträge zur Krankenversicherung angehoben werden. Und vielleicht sollte auch nochmal überprüft werden wie sinnvoll es ist wenn Altenheime, Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser auf Gewinn ausgelegt sind.

Während ich den Artikel „Ein Herz für Europa“ gelesen habe fragte ich mich ob Georg Blume hier das generische Maskulinum nutzt oder einfach den Sachverhalt beschreibt, dass Herz und Pumpe für Männer konzipiert sind. Damit würde er dem Umstand Rechnung tragen das viele medizinische Produkte/Forschungen für Männer/ männliche Körper gemacht werden und der weibliche Körper nicht beachtet wird. Mit häufig tödlichen Folgen für Frauen. Dies gilt natürlich nicht nur für die Medizin. Ich würde mich freuen, wenn Sie mir daher beantworten können wie hier die rein maskuline Sprachform zu verstehen ist. Und ob das künstliche Herz und die Pumpe auch für Frauen geeignet sind und ob diese in den 3 Stadien der klinischen Studien zu den Produkten paritätisch vertreten waren und sind. Vielen Dank für Ihre Zeit und Mühe. – Munia Schwandner

 

Die Argumentation dieser Medizinhistorikerin ist schwer nachzuvollziehen. Aus ihrer Sicht hat die Zögerlichkeit bei der Coronaimpfung unter den Pflegenden weniger medizinische als vielmehr politisch-moralische Gründe. Die Autorin beklagt ein Missverhältnis zwischen den Zumutungen und Risiken dieser Personen und der Anerkennung, die sie dafür erhalten. Sie betont die Angst der Pflegenden vor ihrer erhöhten Gefährdung, an einer Covid19- Infektion zu erkranken und das tödliche Virus in ihre Familien zu tragen. Aus Hilflosigkeit und Wut darüber entstünde die ablehnende Haltung gegenüber der Impfung. Was ist das für eine Logik, ein Geschenk von demjenigen abzulehnen, den man nicht mag? Ich kann nicht glauben, dass diese Menschen nicht erkennen, dass die Impfung primär ihrem eigenen Schutz und dem ihrer Familien dient. – Simone Nickel

 

Als Ärztin, die zunächst als Krankenschwester gearbeitet hat, dann auf dem 2. Bildungsweg Abitur gemacht hat, kann ich die Wut der Pflegenden sehr gut nachvollziehen, auch wenn ich die daraus resultierende (?!) Impfverweigerung nicht nachvollziehen kann und sehr bedauerlich finde. Vollmundige Versprechungen sind vor dem Hintergrund der realen Bedingungen nahezu zynisch— Eine angemessene Bezahlung und gesellschaftliche Anerkennung sind mehr als überfällig!!! – Dr. med. Hildegard Emde

 

Ich bin selber Medizinerin ( Kinderärztin) und habe mich sehr geärgert über diesen Artikel. Wir haben eine schwere Zeit. Leben, Gesundheit, wirtschaftliche Existenz dtv. sind bedroht. Der Pflegenotstand ist besorgniserregend – ohne Frage. Aber der Satz “Nein, impfen lass ich mich für Euch nicht auch noch!“ spricht doch von Dummheit. Jeder lässt sich in erster Linie für seine eigene Gesundheit und für den Fortbestand seines normalen Lebens impfen. Wenn alle Patienten im Altenheim geimpft sind, muss sich doch das Personal nicht aufopfern. Wenns dann um Flugreisen, Restaurantbesuche geht, werden sich wohl auch die Pflegenden impfen lassen. Frau Schünemann hat mit ihrem Artikel ihrer Zunft keine Ehre gemacht. Dass Handlungsbedarf seitens der Gesundheitspolitik besteht ist ohne Frage. Dass Corona diesen Berufsstand an seine Grenzen bringt auch nicht.

Die Patienten wertschätzen kompetente, fachgerechte Pflege. Jeder, der mal im Krankenhaus war, tut das. Zum Thema der Sexualisierung, sexualisierte Gewalt, die von zu Pflegenden ausgeht: ein demenzkranker Mensch, der übergriffig wird, ist sehr unangenehm, übt aber damit keine Macht aus über „sein Opfer“. Schlimmer sind die rassistischen Bemerkungen von Patienten gegenüber dem Pflegepersonal aus dem Ausland bzw. Kindern von Immigranten, die Deutsch sind und sich deutsch fühlen. Die Pflegenden haben die Macht über die zu Pflegenden, jetzt besonders, das die Angehörigen keine Kontrolle mehr über die Pflegeumstände in den Heimen ausüben können. Der MDK muss sich vor jeder Pflegekontrolle vorher anmelden. – Dr. med. Susanne Linder

 

„Eine Impfpflicht für Pflegepersonal? So etwas kann nur fordern, wer keinen Schimmer davon hat, wie tief die moralischen Verletzungen sind, unter denen diese Berufsgruppe schon seit Langem leidet.“ So heißt es in diesem aufwühlenden und aufklärenden Artikel, der mich sehr bewegt hat und der niemanden unberührt lassen sollte. Wir können sehr dankbar sein, dass so viele Menschen sich für das Allgemeinwohl aufopfern. Und jeder von uns sollte deshalb die von oben gefällten Entscheidungen umfassend überprüfen, ob sie in Theorie und Praxis evidenzbasiert sind. Beruhen diese ganze Aktionen auf Fakten? Dazu muss man sich ein Bild aufgrund von Informationen AUS ALLEN RELEVANTEN MEDIEN machen.

Dabei sollte natürlich nur die wissenschaftliche, berufliche, menschliche und soziale Expertise eine Rolle spielen, auf keinen Fall irgendwelche ideologischen oder machtpolitischen Gesichtspunkte. Vor allem muss kontrovers diskutiert werden, wie Sie oben auf der Seite Helmut Schmid zitieren: „Eine Demokratie, in der nicht gestritten wird, ist keine.“ Auch die bereits weltweit berichteten Gefahren und Folgen dieser ganz speziellen Impfungen sollte jeder gründlich berücksichtigen und recherchieren. Dabei dürfen wir natürlich auch nicht die Wissenschaftler unberücksichtigt lassen, die sich zum Wohl der Betroffenen freiwillig aufgeopfert haben und immer noch aufopfern, um das Geschehen aus dem Blickwinkel ihrer Fachbereiche und ihrer Expertise bestmöglich und mit einem Blick für Details UND für das große Bild zu verstehen und dieses Verständnis zu verbreiten.

Wir sollten schnellstmöglich aus der Panik herauskommen, die durch eine entsprechende Fokussierung auf SARS-C0V-2 unter Ausschluss fast aller anderen Gefahren und der entsprechenden Aufbereitung und Weitergabe von Zahlen geschürt wurde. Gewähren Sie bitte auch in Ihrer Zeitung unbedingt und schnellstmöglich Wissenschaftlern ein Forum, die zwar in der Fachwelt und in den alternativen Medien wegen Ihrer Expertise sehr geschätzt werden, in herkömmlichen Medien aber unverständlicherweise in den letzten Monaten viel zu wenig zum Zug kamen.

Ich denke da z.B. an die Professoren Dr. John Ioannidis (Gesundheitswissenschaft, Statistik, Epidemiologie), Dr. Martin Haditsch (Mikrobiologie, Virologie, Infektionskrankheiten), Dr. Stefan Homburg (Öffentliche Finanzen), Dr. Stefan Hockertz (Immunologie und Toxikologie), Dr. med. Sucharit Bhakdi (Mikrobiologie, Infektionsepidemiologie), Dr. Christian Schubert (Psycho-Neuro-Immunologie), Dr. Markus Gabriel (Philosophie), Dr. Matthias Burchardt (Bildungsphilosophie), an den vielseitigen Mediziner und ehemaligen Politiker Dr. Wolfgang Wodarg und Tausende andere mehr. Siehe z.B.: Great Barrington Declaration

Die groteske und wissenschaftlich unreflektierte Einstufung von außergewöhnlich kompetenten Experten als „Corona-Leugner“, „Verharmloser“ oder „Verschwörungstheoretiker“ können wir uns jetzt wirklich nicht mehr leisten. Damit wurde unendlich viel Schaden angerichtet. Solche unqualifizierten Bewertungen berauben uns wissenschaftlicher Ressourcen, die wir dringend nötig haben, um weitere Schäden zu vermeiden. Offizielle Stellen sprachen schon im April von weltweit 1,6 Milliarden Menschen, die in diesem Fiasko ihre Lebensgrundlage verlieren. Das entscheidende Thema der weitgehend längst vorhandenen, zum Teil kreuzreaktiven T-Zellen-Immunität z.B. wurde kaum in den Leitmedien behandelt. Ehe man ans Impfen denkt, sollte man diese Immunität in der Bevölkerung feststellen, erst repräsentativ, dann darüber hinaus, wenn es noch notwendig sein sollte. Es sollte vorher unbedingt erforscht werden, was diese neuen Impfstoffe mit unserem Immunsystem machen.

Chinesische Experten warnen nach Todesfällen in Norwegen vor BioNTech/Pfizer-Impfstoff — RT DE. Oxford Immunotec Global PLC: Oxford Immunotec Signs Exclusive Distributor Agreement with RIKEN Genesis, a Subsidiary of Sysmex, to Market the T-SPOT Discovery SARS-CoV-2 Kit for the Measurement of the T cell Immune Response to SARS-CoV-2 Infection in Japa. Oxford Immunotec Joins Forces With Public Health England in a Large Clinical Trial Utilizing T-SPOT® Discovery™ SARS-CoV-2 Test | Technology Networks. Paul-Ehrlich-Institut prüft Todesfälle kurz nach Corona-Impfung | GMX. Der natürliche Tod: Warum für Corona-Tote nicht sein darf, was für Geimpfte gilt – Liberale Warte. – Gerhard Jahnke

 


 

 

Leserbriefe zu „Aufstand der Trecker“ von Tanja Busse und Christiane Grefe

 

Das Foto über dem Artikel spricht Bände. Eine Reihe John Deere Traktoren der neuesten Generation, alle um die 150000 Euro teuer. Das sind die armen Bauern, die Opfer der Lebensmitteldiscounter mit ihren Knebelverträgen. Wieder ein Zeitartikel der nicht in der Lage ist eine ganzheitliche Betrachtung, zumindest andeutungsweise, zu liefern. Eine seit Jahrzehnten fehlgeleitete Agrarpolitik der EU, die darauf basiert die Subventionen an die Mitgliedsländer irgendwie ausgewogen zu verteilen (nach welchen Kriterien weiß vermutlich keiner). Das Ergebnis ist die Produktion von zu viel Agrarprodukten, die auf dem Weltmarkt verkauft werden oder vernichtet werden. Bei uns bleiben die bekannten Nebenwirkungen (Grundwasser verschmutzt, Umwelt mit Pestiziden und Fungiziden belastet).

Der Artikel stellt einige rechtschaffene engagierte Bauern vor, die in ihrem Mikrokosmos bewundernswerte Arbeit leisten, was für die Gesellschaft als Ganzes eher kontraproduktiv ist. Die Darstellung der unterschiedlichen Bauern dient nur dazu Emotionen zu schüren, die die Bauern als Opfer darstellen, denen Unrecht angetan wird. Es wird nicht erwähnt, dass die Bauern eine bislang von der Politik hoffierte Bevölkerungsgruppe ist, denen immer geholfen wird. Keiner redet über die vielen Handwerksbetriebe (Bäcker, Einzelhändler) die ohne grosse Lobby reihenweise in die Insolvenz gehen, aufgrund von verändertem Verbraucherverhalten. Anpassungen und Veränderungen sind notwendige Prozesse, denen sich auch die Bauern nicht verweigern dürfen.

Hinzu kommen ökologische Anforderungen, ausgelöst durch grenzenloses Wachstum und Überbevölkerung, die kaum noch Platz für die Natur lassen. Eine interessante Betrachtung wäre es die Situation darzustellen, in der sich ein Bauer befindet, der seinen Hof aufgeben will. Das wurde in Nebensätzen andeutungsweise gemacht. Sie haben Gebäude und Maschinen, die auf einen Schlag nahezu wertlos werden. Um das zu verhindern fahren die dreimal im Jahr nach Berlin vor das Kanzleramt und üben Druck auf die Politiker aus. Verändungsprozesse werde dann blockiert oder abgeschwächt, so dass gesamtheitlich nichts passiert. Lösungen sind unbequem, teuer und bringen keine Wählerstimmen. Wir könnten diese Menschen in der Industrie gebrauchen und z.B. in der Entwicklungshilfe.

Stattdessen subventionieren wir die Landwirtschaft, weil das die Franzosen, Polen, etc. tun und wir Deutschen den anderen nicht ein größeres Stück von dem Kuchen Agrarsubentionen gönnen. Neben den direkten Subventionen gibt es eine Menge indirekter Subventionen, wie die Kosten der Gemeinden, die die in der Fläche verteilten Höfen mit Strom, Wasser, Strassen versorgen muss und zu guter Letzt verlangt der Bauer flächendeckenden Mobilfunk auf jedem Acker. Wann hört dieser Irrsinn auf? – M. Giltjes

 

Glückwunsch zu der ersten tollen Publikation in Ihrer Zeitung, in denen Ross und Reiter der sinkenden Erzeugerpreise für Landwirte genannt werden. Ergänzend möchte ich noch auf die Ursachen der Misere und auf mögliche Lösungen hinweisen. Fleisch und andere landwirtschaftliche Produkte sind nicht gleichartig, sondern sehr unterschiedlich. So wie in der Autoindustrie ein PKW nicht gleich ein PKW ist. Dort ist klar, dass sich der Mercedes in der S-Klasse von einem Renault Twingo in Qualität und Preis deutlich unterscheidet. Die Qualität und damit auch der Preis eines Kilos Fleisch bemisst sich danach, wo und wie das Tier gehalten und auf welche Weise es transportiert und geschlachtet wurde. Deshalb gibt es auch keinen Weltmarktpreis für Fleisch, Milch, Eier etc. wie es die Vertreter der Bauernverbände und der landwirtschaftlichen Genossenschaften ihren Mitgliedern den Landwirten gerne vorgaukeln.

Erstaunlich ist auch, dass kaum eines der volkswirtschaftlichen Institute die Irreführung in der Öffentlichkeit aufgreift und zu Recht rückt. Nicht die“ Geiz ist geil“ Haltung der Verbraucher ist die Ursache für diese Situation, sondern die mangelnde Transparenz oder Kennzeichnung der Produktion der landwirtschaftlichen Produkte für die Kunden. Kein Ökonom scheltet die Automobilkonzerne dafür, dass sie sich ökonomisch rational verhalten und beispielsweise eine Lichtmaschine für ihre Fahrzeuge in China ordern, weil dieses Produkt dort für 200,00 € anstatt für 400,00 € in Europa zu haben ist.

Wie lautet die Lösung für die landwirtschaftlichen Produkte? Schaffung einer eindeutigen Kennzeichnung für alle landwirtschaftlichen Produkte neben dem bisher schon existierenden Biosiegel für uns Verbraucher. Woher stammt das Produkt, wie wurde es produziert und verarbeitet. Beim Fleisch ist diese Kennzeichnung sehr einfach. Jedes Schlachttier ist heute mit einer Marke am Ohr gekennzeichnet, sodass nicht nur die Region, sondern örtlich exakt der Erzeugerhof für jedes Stück Fleisch festgestellt werden kann. Die Regierung ist gerade dabei, eine freiwillige Kennzeichnungspflicht bei der Stallhaltung einzuführen.

Allerdings wird diese Einführung noch Jahrzehnte dauern. Die schnelle Umsetzung dieser Regeln haben die beteiligten Lobbyisten darunter die Vertreter der Genossenschaften, der Bauernverbände, der Handelsverbände und Discounter erfolgreich verhindert. Als Verbraucher können wir nur ein wenig mithelfen: Wir kaufen direkt beim örtlichen Metzger und fragen nach woher die Ware stammt. Noch besser ist der Kauf bei einem örtlichen Bauernhof. Das nützt uns Verbrauchern und den Landwirten schon jetzt.

Wie können Landwirte verhindern, dass ihre Tiere, ihre Milch, ihre Eier und vieles andere unter dem Einstandspreis an die Discounter verhökert werden? Die Landwirte treten nicht selbst bei der Vermarktung ihrer Produkte auf. Das übernehmen i.d.R. die landwirtschaftlichen Genossenschaften für sie. „Das, was dem einzelnen nicht möglich ist, kann durch vereinte Kräfte erreicht werden.“ Das war die Idee von Friedrich Wilhelm Raiffeisen im 19. Jahrhundert. Leider pervertieren so manch gute Ideen im Zeitablauf. Aus den kleinen überschaubaren örtlichen landwirtschaftlichen Genossenschaften sind riesige Konzerne mit tausenden von Mitgliedern und Mitarbeitern wie z.B. die Viehzentrale Südwest mit 43.000 Mitgliedern geworden. Der Genossenschaftsverband prahlt auf mit einem Umsatz von 3,7 MRD. EUR in der Vieh- und Fleischwirtschaft im letzten Jahr. Da rückt der gesetzliche Auftrag in § 1 Genossenschaftsgesetz die Förderung der Wirtschaft der einzelnen Mitglieder in den Hintergrund. Sie vertreten nur noch sich selbst und nicht mehr die Interessen ihrer Mitglieder.

Die Vertreter der Genossenschaften und der Bauernverbände, die jovial im grünen Trachtenjanker in der Öffentlichkeit auftreten, sind gut vernetzt in Wirtschaft und Politik. Sie sitzen in Parteien, Parlamenten und allen wichtigen Aufsichtsräten im Landwirtschaftsbereich. Der Chef des Bauernverbandes, Joachim Ruckwied, bekleidet 19 Ämter. Sie bestehen darauf, dass der Weltmarktpreis für die schlechte Bezahlung der Landwirte zuständig sei. Was können die Landwirte dagegen tun? Ganz einfach – raus aus den riesigen Genossenschaften und den Bauernverbänden und neue, kleine überschaubare Genossenschaften und Organisationen gründen, die wirklich die Wirtschaft und Interessen ihrer Mitglieder vertreten. – Rudolf Mayländer

 

Die Sprache ist verräterisch. Der Bauernverband redet von Niedrigpreispolitik. Und suggeriert damit, ganz aus Versehen natürlich, dass die niedrigen Preise von der Politik gemacht werden. Die Freien Bauern bemängeln, dass versäumt wurde, rechtzeitig dafür zu sorgen, dass das Gülle- und Düngeproblem im Sinne der Landwirte gelöst wurde. Und suggerieren damit, dass ihnen das Problem von außen aufgedrückt wird. Die Autorinnen des Artikels schreiben: „Nur weil Deutschland so viele Futtermittel importiert, … „ Und suggerieren damit, dass das eine Entscheidung des Parlaments ist und nicht die von Futtermittelhändlern. Was keiner der Beteiligten, auch die Autorinnen nicht, anspricht, ist das Grundübel des Kapitalismus: die Externalisierung von Kosten. Alle tun das, die Stahlindustrie, die Energieversorger, die Autobauer, die Verbraucher, die Spediteure und eben auch die Landwirte. Jeder produziert neben seinen Waren und Diensten auch Abfall, der einfach in die Gegend geschmissen wird.

Die Massen-Tierhalter produzieren eben nicht nur Schlachtvieh, sondern auch ganze Ozeane aus Gülle. Die wird auf den Feldern verteilt und vom nächsten Regen in den Boden gewaschen – aus den Augen, aus dem Sinn. Aber der Stickstoff ist ja nicht weg. Der erscheint dann als Nitrat im Trinkwasser. Und wer zahlt? Der Wasserkunde, der nicht den geringsten Einfluss darauf hat. Wo bleibt da der Anreiz, sparsam mit Resourcen umzugehen? Und wenn dann der Druck vonseiten lautstarker Gruppen zu groß wird, macht die Politik, was sie immer tut, sie macht Vorschriften irgendwo mitten in der Kausalkette, statt für das Verursacherprinzip zu sorgen und ganz am anfang anzusezten. Ähnlich der CO2-Abgabe auf kohlenstoffhaltige Brennstoffe könnte eine Nitratabgabe auf stickstoffhaltige Futter- und Düngemittel aufgeschlagen werden.

Wenn das Zeug teuer genug ist, wird es sparsam eingesetzt und folglich nicht ins Grundwasser geschwemmt. Wenn man unbedingt am Ende der Kausalkette ansetzen will, dann geht die Rechnung für die Beseitigung des Nitrats aus dem Trinkwasser nicht an die Wasserkunden, sondern an den Bauernverband. Zahlungsziel 30 Tage. Wie der die Kosten intern verteilt, ist Bauernsache. Das Versäumnis der Politik ist nicht mangelnde Unterstützung für Bauern, sondern nicht entschlossen gegen die Externalisierung von Kosten vorzugehen. Überall. Auch bei den Landwirten. – Hans List

 

In dem Beitrag wird ausführich geschildert, dass die Landwirte mit ihrer Situation unzufrieden sind. Verschwiegen wird dabei, dass Politik und Gesellschaft dafür die Verantwortung tragen. Frau Elisabeth von Tadden hat es in einer Buchbesprechung in der ZEIT kürzlich treffend formuliert: „Mit diesem Buch entsteht das Bild einer Gesellschaft, die ihre Form der Landwirtschaft am Ende selbst nicht mehr erträgt – und doch darauf verzichtet, die Politik zu ändern, die sie hervorgebracht hat.“

Alle Regierungen der letzten 50 Jahre verfolgten mit ihrer Agrarpolitik das Ziel, die Nahrungsmittelpreise niedrig zu halten. Das brachte zufriedene Bürger, denn damit verblieb mehr Geld für Wohnen, Auto und Urlaub. Die Landwirte mussten sich anpassen nach der Devise „wachsen oder weichen“. Seit 1975 gaben zwei Drittel der Landwirte auf, die Äcker und die Viehbestände der verbliebenen Bauern wuchsen entsprechend. Vor nicht allzulanger Zeit gab es in jedem Landkreis/jeder größeren Stadt einen kommunalen Schlachthof in überschaubarer Größe. Industriealisierte Landwirtschaft und riesige Fleischfabriken, das war alles von Politik und Gesellschaft so gewollt. Und jetzt sind plötzlich die Bauern schuld.

Und Ökolandbau? Die Bereitschaft der Landwirte dazu ist groß, allein es fehlt die konkrete Nachfrage. Wenn im Ökolandbau pro Fläche ca. ein Drittel weniger produziert wird, muss das preislich ausgeglichen werden. Billig-Öko gibt es nicht. Der Mut zur Veränderung ist wohl nicht allzu groß. Das Kilogramm Mehl für 39 Cent und das Kilogramm Schweinerückenbraten für 4,30 Euro, das passt doch, oder gehts noch ein bisschen billiger? Dazu hie und da ein Appell für mehr Tierwohl und ein kleines Programm zum Schutz der Feldlerche genügen vollauf. „Weiter so“ ist doch eine bewährte politische Botschaft. – Theodor Häußler

 

Wie für jeden Industriesektor gelten auch für die Landwirtschaft die Grundgesetze der Ökonomie. Kleinteilige Betriebe, die unter Achtung aller Auflagen zum Umwelt- und Tierschutz zu niedrigen und weltmarktfähigen Preisen produzieren, sind die Quadratur der Kreises. Aufgrund von Skaleneffekten wird ein großer Hof mit weniger Kapitaleinsatz immer effizienter produzieren, als das bei zwei kleinen Höfen der Fall ist. Wenn das von einer politischen Mehrheit nicht gewünscht wird, sollte die völlig verfehlte Subventionspolitik der Europäischen Union („Butterberge“, „Milchseen“) dies berücksichtigen und den Skaleneffekt nicht zusätzlich befeuern. Gleichzeitig schaffen es die Interessenverbände der Landwirtschaft offensichtlich nicht, durch einen koordinierte Absenkung der Produktionsmengen höhere Erzeugerpreise zu erzwingen. – Maximilian Haberecht

 

Nach dem Höfesterben sind die verbliebenen Bauern überwiegend Grossgrundbesitzer. Seit Jahren explodieren die Grundstückspreise, auch für Ackerland. Zumindest auf dem Grundbuchpapier dürften die meisten Landwirte daher Millionäre sein. Wenn die in ihren 250.000 € teuren Treckern demonstrierenden Bauern mit Steuergeldern subventioniert werden, dürfte – neben den Lebensmitellgrosshändlern – vor allem die Finanz- und Agrarchemiewirtschaft profitieren. Geld denen, die Geld haben? – Dr. Christopher Woitkewitsch

 

Sind hier nicht einfach die Mächte des Marktes verantwortlich für die Preisbestimmung? Das gigantische Überangebot der Erzeugerseite lässt die Preise in den Keller fallen. Der Lebensmittelhandel und die Konsumenten nutzen das einfach. Der konventionell wirtschaftende Bauer stolpert über den eigenen mit Raubbau am Boden erkauften Erfolg. Der alte Björn Scherhorn und seine 12.000-Liter Kühe (Wahnsinn!) sind ein gutes Beispiel dafür. Zudem sehen sich konventionell produzierende Bauern starker internationaler Konkurrenz ausgesetzt, da ihre Produkte für den Käufer kaum von noch billiger produzierten ausländischen unterschieden werden können. So viel Billigwurst, Billigkäse und Billigbrötchen können selbst die hohes Übergewicht in Kauf nehmenden Deutschen einfach nicht wegessen. Die Marktlogik diktiert schlicht Preisverfall.

Ich denke, Umstellung auf Bioproduktion ist ein Ausweg. Als Konsument sehe ich Bio Zwiebel aus Ägypten im Angebot, weil die deutsche Produktion nicht reicht. Hier gibt es Chancen auf Unterscheidung von der Masse. Umweltauflagen sind aus dem selben Grund begrüßenswert! Auch sie bieten eine Chance auf Unterscheidung und verschließen den heimischen Markt für jene, die sie nicht einhalten können. Aber da muss man nicht auf Gesetze aus Brüssel warten. – Sven Prevrhal

 

Vielen Dank für Ihren Artikel zum Aufstand der Trecker. Auch der Politik-Teil war außerordentlich gut gelungen und jeder Artikel absolut lesenswert. Ich möchte aber dennoch etwas zum Artikel Aufstand der Trecker sagen: Hier zeigt sich meiner Meinung nach erneut deutlich die Verkehrung der Verantwortung hin zum Konsumenten. Was würde denn passieren, wenn die Konsumenten plötzlich weniger Fleisch oder allgemein Tierisches essen würde? Sagen wir es würde gelingen, dass in Deutschland 25% weniger tierische Produkte konsumiert werden würden.

Es würden doch vermutlich dieselben Effekte erneut eintreten, die Sie im Artikel beschreiben. Es entsteht ein Überangebot an tierischen Produkten. Die Preise würden noch weiter fallen. Noch mehr Bauern würden pleite gehen und noch mehr Höfe aufgegeben werden. Den verbleibenden Bauern würde man raten die freien Höfe und Flächen zu kaufen und noch stärker zu wachsen, nur dann könnten sie angeblich wirtschaftlich leben. Das kann man bis zum Komplettzusammenbruch des Systems treiben.

Auf der anderen Seite wäre ein politische Lösung doch mit wenigen einfachen Regeln möglich. So könnte man klarer Vorgaben zur Tierhaltung machen, die Mindestgrößen für Ställe / Käfige enthalten, verpflichtenden Freilauf bzw. das Verbot von reiner Stallhaltung oder gar Obergrenzen von Tierzahlen pro Betrieb. Was würde passieren? Es würden weniger Tiere gehalten werden, die Soja-Importe würden zurückgehen und die Düngeverordnung vermutlich überflüssig werden. Um das Überleben sicherzustellen müssten die Preise zwingend steigen – die Bauern wären insgesamt vermutlich finanziell nicht viel besser gestellt, aber weniger überarbeitet und hätten vielleicht Zeit für weitere Erwerbszweige. Die Deutschen würden durch steigende Verbraucherpreise weniger Fleisch konsumieren, wodurch nach kurzer Zeit die Krankenkassenbeiträge sinken könnten. Unseren Klimaschutzzielen wären wir dadurch so viel näher gekommen wie noch nie.

Mit so einer kleinen rechtlichen Änderung könnte politisch so viel erreicht werden. Man müsste sich nur vor Billigimporten schützen, was aber über den Weg von Qualitätsanforderungen möglich sein sollte. Und wenn nicht, wäre dies eine sinnvolle Möglichkeit zum Einsatz der Agrarsubventionen. Es gibt doch so viele gesellschaftliche Bereiche in denen wir bewiesen haben, dass eine staatliche Regulierung deutliche Vorteile bringt, beispielsweise die gesetzliche Krankenversicherung, aber auch Polizei und Justiz, sowie öffentlichen Nahverkehr. Ich bin es leid, dass nicht wahrgenommene politische Verantwortung mit einem angeblichen Konsumentenwillen verdeckt wird. Durch diese Verantwortungsdispersion fühlt sich am Ende niemand verantwortlich für vermeidbares tierisches und menschliches Leid, für Umweltzerstörung und wirtschaftliche Schäden. – Karsten Wolf

 

Im genannten Beitrag wird die Existensbedrohung der Landwirte durch Umweltschützer, Politiker und Handelsketten beschrieben und der Wunsch nach fairen Preisen und mehr Anerkennung formuliert. Fast zeitgleich mit den Bauerndemonstrationen und dem EU-Agrarministertreffen in Koblenz hat die MS-Wissenschaft am Moselufer angelegt. Dieses umgebaute Frachtschiff fährt jährlich 40 Städte an und bietet im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung Wissenschaft zum Anfassen für ein aktuelles Thema an. 2020 war die Bioökonomie, also biobasierte Wirtschaftsweise, an der Reihe. In der Einladung zum Besuch des Schiffes wurden auch Zukunftskonzepte für die Landwirtschaft angedacht:

„Einer weltweit wachsenden Bevölkerung stehen ökologische Herausforderungen wie der Klimawandel, schwindende landwirtschaftliche Nutzflächen und zur Neige gehende fossile Rohstoffe gegenüber. Die Ausstellung „Bioökonomie“ macht erlebbar, welche Lösungsansätze Forschung auf diese Fragen schon heute bereithält. Sie zeigt, wie neue Technologien und Verfahren dabei helfen können, Rohstoffe und Produkte in Zukunft nachhaltiger zu erzeugen, zu verarbeiten und zu verbrauchen. Auch politische und gesellschaftliche Fragen einer nachhaltigen Wirtschaftsweise, die sich vor allem im globalen Zusammenhang stellen, finden Platz in der Ausstellung.“ Die Ausgangsbasis für eine solide Diskussion? – Wolfgang Behrendt

 

Der Artikel zeigt in hervorragender Weise wie unser kaputtes Landwirtschaftssystem am Geldtropf hängt und doch viele Verlierer erzeugt – ausgenommen die Agroindustrie und Agrargroßbetriebe. Die Bauern die Sie zu Wort kommen lassen, sind sich ihrer Probleme bewusst und man erkennt schnell deren Potenzial. Was sie an einer gesunden umwelt- und bedarfsgerechten Produktion hindert, hat der Biobauer Herr Scherhorn klar benannt: Der Bauer ist das geprügelte Opfer, Politik und Lobbyisten der Agroindustrie sind die Täter und Nutznießer. Von den immensen Kosten für den Steuerzahler und den unfassbaren Schäden an Natur, Grundwasser, ect. gar nicht zu reden. – H. Giller

 

Die Probleme der Landwirte werden in den Medien extrem umfangreicher behandelt, als diejenigen anderer Berufe. Ein Beispiel dazu, ist auch der Artikel „Aufstand der Trecker“ mit seinen zahlreichen interessanten Beispielen zu unterschiedlichen Produktionsmethoden in der Landwirtschaft. Sehr viel weniger war in den vergangenen Jahrzehnten über Anpassungsprobleme bei Schneidern, Küfern, Schmieden usw. zu lesen. Menschen, die in diesen Branchen ihren adäquaten Job verloren, mussten Arbeiten annehmen, die keine besonderen Berufsausbildungen erforderten. Die Marktwirtschaft hat durchaus funktioniert, allerdings wurde vergessen, dass eine soziale Marktwirtschaft das politische Ziel war. Subventionen zur Erhaltung von Arbeitsplätzen, die wegen der technischen Entwicklung überflüssig wurden, gab es zwar nicht, aber aber auch keine Hilfen zu höherer Qualifizierung von Menschen, die nicht mehr in ihren erlernten Berufen arbeiten konnten.

Die Lobbyarbeit der Landwirtschaft zielte und zielt sehr erfolgreich auf die Erhaltung von Arbeitsplätzen und Berufen, die eigentlich in der vorliegenden Menge nicht dauerhaft haltbar sind. Erfolgreich ist die Interessenvertretung sicher deshalb, weil die Erzeugung von Nahrungsmitteln eine ganz besondere emotionale Komponente hat. Dabei induzieren die gewaltigen Subventionen der Landwirtschaft ein Überangebot an Nahrungsmitteln, sogar auch für den Export. Landwirtschaftliche Produktion ist längst eine industrielle Produktion, wie jede andere auch. Dabei ist es egal, ob sie in umweltbelasteter oder umweltschonender Form stattfindet. Es ist nicht verwunderlich, dass ein subventioniertes Überangebot die Preise drückt.

Wer zahlt schon mehr, wenn Anbieter von Gütern den Nachfragern die Bude einrennen und billige Angebote machen, weil sie anders ihre Wahre nicht los werden? Den Supermarktketten moralische Vorhaltungen zu machen ist dauerhaft keinesfalls zielführend. Landwirte, die ihren Betrieb aufgeben, scheren sich genau so wenig wie alle Marktteilnehmer um „faire“ Pacht- oder Baulandpreise, sondern versuchen natürlich auch, möglichst hohe Gewinne zu erzielen. Bemerkenswert insbesondere, dass verbleibende Landwirte über hohe Pachtkosten klagen, die Ex-Landwirte verlangen. Zurück zum Vergleich mit anderen verschwundenen Berufen: Subventionen zum künstlichen Erhalt von Arbeitsplätzen sind noch nicht mal für Beschäftigten vorteilhaft. Massive Programme für Umschulung und Qualifizierung von Berufswechslern sind in einer flexiblen, vor allem auch sozialen Marktwirtschaft die richtigen Lösungen. – Siegfried Veile

 

Jeder, der Lebensmittel in einem unserer Nachbarländer, seien es die Schweiz, Frankreich oder Italien, kauft, weiß, dass dort die meisten Lebensmittel deutlich teurer sind als in Deutschland. Die Landwirtschaft ist bei uns keinen Marktgesetzen unterworfen, es wird zu viel produziert, daher sind die Landwirte erpressbar – wären Fleisch, Agrar- und Milchprodukte knapp, könnten die Bauern problemlos höhere Preise erzielen. Das Prinzip der Marktwirtschaft wird auch dadurch unterlaufen, dass die Bauern nahezu die Hälfte ihres Einkommens durch Subventionen erzielen; welcher Selbständige genießt solche Privilegien? Natürlich sollen die Subventionen auch dem Erhalt der Natur dienen. Wir haben einfach noch immer zu viele Bauernhöfe, die zuviel produzieren, um marktgerechte Preise zu erzielen. Darüber sollten sich Bauern und Politiker Gedanken machen und den Umstieg auf die Produktion biologischer Produkte fördern, von denen es noch immer zu wenig gibt. Aber daher können sie auch marktgerechte Preise erzielen. – Dieter Weber-Klukkert

 

Bin heilfroh, dass Björn Scherhorn sich nicht das Leben genommen hat. Es lebe die Schwalbe und die Zuversicht. Alles richtig gemacht, Björn. und niemals aufgeben! – Elke Münten

 

Gut gemacht, das war der Kommentar, den ich aus meinem bäuerlichen Umfeld erhielt. Und ich stimme dem zu. Die beiden Redakteurinnen haben hier einen interessanten und geboten umfassenden Einblick in die Probleme aus dem Spannungsfeld von gebeutelter Landwirtschaft, zu großer Einzelhandelsmacht, scharfen Umweltschutzauflagen, hilfloser Politik und liberalem Freihandel gegeben. Wohltuend setzen sie sich damit vom allgemein vorherrschenden Tenor einer alarmierenden und einseitigen Berichterstattung ab, insbesondere aus den öffentlich-rechtlichen Fernsehmedien.

Nicht zuletzt die Darstellung der unterschiedlichen Interessen innerhalb der Landwirtschaft und ihren Vertretungen, der Verzweiflung in den Familien und der nicht einseitig zugunsten der Umweltverbände abschweifenden Sichtweise sowie der Aufdeckung von Widersprüchen, dass Verbraucher ihre in Meinungsumfragen geäußerte Position an der Supermarktkasse einfach nicht einlösen, eröffnet eine Diskussion, die es gilt in diesem Jahr in der Gesellschaft ehrlicher zu führen und die Politik zwingt, Ergebnisse zu erzielen. An einem, was die beiden Redakteurinnen gut herausgearbeitet haben, wird man dabei nicht vorbeikommen: Arten- und Naturschutz gehen nur zusammen mit der Wirtschaftlichkeit der Betriebe.

Und diese Wirtschaftlichkeit lässt sich nur herstellen, wenn die Wettbewerbsbedingungen innerhalb der EU vergleichbarer werden und sie sich gegenüber den Landwirtschaften außerhalb der EU deutlich annähern, auf Sicht dann entsprechen. Das spricht gegen deutsche Sonderwege im Umweltschutz und für einen mehr umweltschutzorientierten Freihandel, den wir Europäer nicht opfern, sondern gemeinsam betreiben sollten. Mit der Macht unseres Binnenmarktes im Rücken sollten die EU und die Bundesrepublik von unseren außereuropäischen Handelspartnern mehr Arten- und Naturschutz verlangen, nicht nur um Nachteile der europäischen Landwirtschaft zu mindern, sondern auch um Umweltschutz weltweit zu befördern. Die Zeit ist reif für Fortschritte für die Natur und die Landwirte. – Stefan Goronczy

 

Zu diesem Thema die wichtigste Neuerscheinung des Jahres: ‚Widerstand eines Zwerges‘ von Matthias Kreuzeder. Die Erfahrungen eines Bauernlebens/sterbens mit unserer Agrarpolitik und unserem Bauernverband. Qualfleisch macht weder glückliche Tiere noch glückliche Menschen. Wie schön wäre es, wenn alle, die es sich leisten können, Bioprodukte kaufen würden! Danke für dieses fabelhafte Dossier! – Karla Hey

 


 

 

Leserbriefe zu „In Ruhe lassen“ von Fritz Habekuss

 

Danke für Ihre beiden Leidartikel in dieser ZEIT. Gemeinsam zeigen Sie auf, wie nah wir uns vor Kippunkten befinden. Gert Scobel ( 3sat ) hat deren Korrelationen beeindruckend dargestellt und mit einem Warnhinweise versehen. Sie haben Recht. Wenn die Menschen gegen die Natur leben – lebt die Natur gegen die Menschen. Der Mensch hat vieles „in der Hand“; Gott sei Dank nicht alles. – Bernd Ritter

 

Beim Stichwort Ressourcen denken die meisten Menschen an Erdöl oder andere mineralische Rohstoffe. Doch es gibt es unentbehrliche Ressource, bei der die Entdeckung neuer Vorkommen tatsächlich vollständig ausgeschlossen ist. Die Fläche unseres Planeten. Angesichts des rasanten Wachstums der Menschheit und ihrer Nutztierpopulationen ist es nicht sehr erstaunlich, dass sich Menschen, Nutztiere und Wildtiere immer näher kommen. Es gibt schlicht keine Ausweichsflächen mehr. Wir werden keinen neues Amerika entdecken.

Man muss daher kein Antinatalist sein, um sich über die sinkenden Geburtenraten zu freuen. Neben der Urbanisierung sind Bildung und Wohlstand die wesentliche Ursache dafür. Der einzige Kontinent, der (weit) über der durchschnittlichen globalen Geburtenrate liegt ist Afrika. Das liegt nicht daran, dass die Schwarzen besonders gerne schnackseln, wie Gloria von Thurn und Taxis einst behauptete. Die vielbeschworenen aber eben auch anhaltende Ausbeutung des gewissermaßen abseitigen Kontinents hält Wohlstand und Bildungsniveau auf einem niedrigen und die Geburtenrate auf einem hohen Niveau.

Für einen echten Fortschritt in diesen Bereichen müssten den Afrikaner z.B. geschützte Märkte zugestanden werden. Der reiche Westen muss damit aufhören, die Vermögen der korrupten Machthaber zu verwalten. Außerdem brauchen gebildete Afrikaner Perspektiven vor Ort. Dabei könnten wir helfen. Die Förderung der Bildungsmigration durch die zahlreichen Einwanderungsgesetze der geburtenarmen reichen Länder ist jedenfalls kontraproduktiv. Afrika wird nach der mittleren Prognose der UN in den nächsten 30 Jahren einen Zuwachs von ca 1,2 Milliarden Menschen verzeichnen. Auch pure Egoisten und Sturköpfe sollten daher anfangen, über echte Zugeständnisse und Kooperationen nachzudenken, statt Freihandelsabkommen mit dem primären Ziel der billigen Rohstoffimporte zu ersinnen.

P.S. Nun erinnere ich mich daran, dass dir zu diesem Thema schon mal einen kurzen Austausch hatten. Sie hatten sich verwundert gezeigt, dass man auf die Demographie in Afrika schaut, wo doch der reiche Westen den absoluten Bärenanteil der Zerstörung verursacht. Und natürlich steht neben der Demographie auch der Lebensstil der reichen Länder im Vordergrund. Diese zwei Punkte stehen aber nicht in Konkurrenz sondern ergänzen sich.

China demostriert recht anschaulich, wie eine ehemals arme und gewissermaßen „unschädliche“ Gesellschaft innerhalb von wenigen Jahrzehnten zum global bedeutsamen CO2-Emittenten „aufsteigen“ kann, von den dortigen Umgestaltungen wertvoller Ökosysteme ganz zu schweigen. Und selbst in sehr abgelegenen Nationalparks Afrikas (und deren Umgebung) kann man miterleben, wie sich diese immer mehr zu isolierten Inseln inmitten landwirtschaftlich und industriell genutzten Flächen entwickeln, denen zudem im wahrsten Sinn des Wortes das Wasser abgegraben wird. Tansanias Präsident Magufuli propagiert eine hohe Geburtenrate und verspricht jeder neuen Familie ein eigenes Stück Land, zumindest kommt es so bei den Menschen auf dem Land so an.

Es wird auch um deutlich mehr gehen als um die Ausweisung von Schutzgebieten. Wenn man sieht, wie schwer sich Bayern mit einem dritten Nationalpark tut (von der Vergrößerung des wunderbaren aber kleinen Nationalparks Bayerischer Wald ganz zu schweigen) wird das ohnehin schwer genug. Aber neben weitgehend ungestörten Refugien, in denen zumindest ein Teil der Artenvielfal eine gewisse Zeit überdauern kann, geht es vor allem darum, auch in den Gebieten, die dem „normalen Menschlichen Zugriff“ unterliegen, ein Miteinander von Mensch und Natur zu ermöglichen. Dafür braucht es einen umfassenden Masterplan, letztlich auf supranationaler Ebene, der den Wildwuchs der reflektorischen Kompensations- und Gegenmechanismen im Gefolge von einschränkenden Regularien antizipiert und steuert. – Dr. Christian Voll

 

Ja, in der Tat, es ist höchste Zeit, „die Ikonographie des Naturschutzes zu erweitern“, dazu gehört aber auch, den Blick zu erweitern, eine ungewöhnliche Blickrichtung einzunehmen, also mal zu fragen, ob zur „Pandemie, zur Klimakrise, zum Artensterben“ nicht auch die ungeheuerlich anmutende Dimension der Digitalisierung als ungeliebter, verleugneter als eigentlicher Problemtreiber gehört? Immerhin, die gewaltigen Rechnerleistungen, die die Digitalisierung überhaupt tragen, brauchen zumeist „schwarze“ Energien, sind also mächtige CO2-Produzenten.

Und – auch „systemrelevant“ – Träger der dazu notwendigen Elektrizität sind elektromagnetische Felder, sie erzeugen, seismisch messbar, Vibrationen – unsichtbar um uns herum, hochtoxisch, ist alles am vibrieren, am schwingen, alles was Viren nicht mögen, sie unruhig macht. Sie verlassen ihre natürliche Sesshaftigkeit und jetzt sind sie nicht mehr Träger des Lebens, jetzt machen sie uns krank, lösen Pandemien aus, im Moment ist es die COVID-19-Pandemie. – Dr. Otto Ulrich

 

Auch eine “ in Ruhe gelassene Natur“ hält Krankheiten nicht vom Menschen fern, denn sie verfolgt keinen bestimmtem Zweck. Die Corona-Pandemie ist auch nicht die Folge davon, dass wir „Wälder abbrennen, Bäume fällen und Tiere jagen“. Das tun wir schon seit weit über 10 000 Jahren. Covid-19 ist auch nicht bei Menschen ausgebrochen, die im Engen Kontakt mit Natur und Tieren leben, sondern in einem Ballungsraum mit mehreren Millionen Bewohnern, wo das Virus aufgrund der Anzahl potentieller „Wirte“ und der räumlichen Enge optimale Verbreitungsmöglichkeiten hatte. In der Enge einer chinesischen Millionenmetropole war schnell eine Epedemie entstanden, die aufgrund der millionenfachen und erdumspannenden Mobilität zur Pandemie wurde.

Covid-19 ist auch nicht die „Rache der Natur“ wegen „ignoranten, dummen oder böswilligen Umgangs“ mit ihr, sonder die Folge der heutigen Bevölkerungszahl in einer globalisierten Welt. Wenn Covid-19 eine isolierte Ethnie in Amazonien, die Barndrodung betreibt und wilde Tiere jagd, befallen hätte, würde der Rest der Menschheit davon gar keine Kenntnis erlangen! Wenn wir glauben, dass wir nach der Corona-Pandemie wieder zur „gewohnten Normalität“ von früher zurückkehren können, dann wird nach der Pandemie vor der Pandemie sein! – Dr. Artur Behr

 

In der Ruhe liegt die Kraft: einfach loslassen, nicht steuern, nicht kontrollieren. Wo finden wir diese Kraft? In der Natur. Wenn sie unbeeinflusst von uns Kulturwesen sich selbst organisieren darf und der natürliche Ausgleichsmechanismus ungestört wirken kann. Wenn wir sie in Ruhe lassen, von selbst ins Gleichgewicht kommen lassen. Wesentliche Lebensgrundlage unserer teils hoch entwickelten Zivilisationen ist die Naturbeherrschung, idealerweise als nachhaltige Nutzung. Für ihre Regeneration benötigt die Natur aber auch Zonen und Phasen der Ruhe. Wir Menschen, die wir ja immer auch Teil der Natur sind, kennen das: Pausen, Urlaub, Schlaf, Sabbatical, Erholung durch Abwechslung und Ausgleich sind wichtig für unsere Regeneration.

Verheerende Pandemien, Dürren, Überschwemmungen, Brände, Stürme, Verschmutzungen, Erosion, Artensterben zeigen allerdings an, dass die Natur durch unsere Einflüsse völlig aus dem Ruder und dem Gleichgewicht geraten ist. Sehr richtig, wenn Fritz Habekuss mit Blick auf die Corona-Pandemie mit einem ZEIT-Leitartikel unsere Aufmerksamkeit auf wichtige Zusammmenhänge und die Notwendigkeit des Nichtstuns lenkt. Wo der natürliche Ausgleichsmechanismus gestört ist, versuchen wir im Sinne der Ersatzvornahme mit einem verstärkten Einsatz unserer zivilisatorischen Möglichkeiten die schwindende Kraft der Natur zu kompensieren.

Sehr viel Energie müssen wir dafür aufwenden und erreichen unsere Ziele doch nicht. Der Preis für den kompensatorischen Aufwand steigt rapide. Inzwischen bezahlen wir auch mit unseren zivilisatorischen Errungenschaften: u.a. Freiheit, Gleichheit, Solidarität, Generationengerechtigkeit, Gesundheit, Sicherheit, Frieden und internationale Zusammenarbeit. Die Kraft der Natur ist umsonst. Diese Kraft erhält sich nur durch Regeneration. Regeneration ist nur möglich durch in-Ruhe-lassen. In der Ruhe liegt die Kraft, die wir für unser Leben als Teil der Natur und als Lebensgrundlage für unsere Zivilisation brauchen. – Reinhard Koine

 

Es muss die Frage beantwortet werden: was kann das Zerstörerische in uns Menschen stoppen? Der Gedanke an und die Verantwortung für unsere Kinder, unsere Enkelkinder? Hoffen wir es. Hoffen wir es uns so sehr, dass wir bereit sind, unter Verzicht um des Gemeinwohls willen unsere Zukunft zu gestalten. Im Sinne eines Verhaltens, das nicht nur menschliche Interessen durchsetzen will, sondern auch das Gemeinwohl (Tiere, Pflanzen, Umwelt etc.) einbezieht. Dazu ist notwenig, dass wir Menschen unsere bisherige Einstellung ändern: von der Zielvorgabe „Wohlstand für alle“ in „Wohlbefinden für alle“, was ja Wohlstand einschliessen kann, aber weitere Aspekte menschlicher, unverzichtbarer Bedürfnisse zulässt. Schaffen wir Menschen das? Oder setzen sich weiterhin Singularinteressen und Machtverhalten durch? Um eine Veränderung zu erreichen, bedarf es positiver Zielvorgaben und aufmunternder Beispiele bisheriger Verbeserungen. Wir sollten auch den Mut aufbringen, den ( leider seit 2015 auch negativ besetzten Satz) „wir schaffen das“ als Motivation einzusetzen.

Und die Frage muss auch gestellt werden dürfen: welchen Nutzen bringen wir Menschen der Erde in seiner evolutionsgeschichtlichen Gesamtentwicklung? Die nächste Frage mag man gar nicht mehr stellen: welchen Nutzen/Vorteil bringen wir Menschen durch unser Dasein und Wirken dem Universum? Hören wir auf, uns so wichtig zu nehmen. Unsere Erkenntnisse und Fähigkeiten sind durch unsere Gehirnkapazitäten begrenzt. Und wenn wir Menschen es schaffen sollten, uns und vieles andere auf der Erde zu zerstören, wen im Universum stört das? Im Universum braucht es uns Menschen nicht und auch nicht eine durch Menschen zerstörte Erde. Aber erhalten wir uns doch das in all seiner erlebenswerten Vielgestaltigkeit, was wir als einzige Lebensmöglichkeit haben. – Udo Bauer

 

Es ist gut, dass wir nun endlich den Fokus darauf richten, was die Natur braucht um in Vielfalt weiter bestehen zu können und auch einen Lebensraum für die Spezies Mensch zu bieten. Zu Ende gedacht müsste jedoch auch die scheinbar alles verschlingende Vermehrung unserer Spezies eingedämmt werden. Schon aus dem Biologieunterricht wissen wir doch, wohin zu hohe Populationsdichte führt: Ressourcenknappheit, sozialer Stress, zunehmende Ausbreitung von Krankheiten (!) sind die bekannten Folgen und wir erleben sie allesamt.

Wie sollen wir mehr Natur unter Schutz stellen, wenn wir uns weiterhin maßlos vermehren? Sie schreiben: Wenn die Menschen gegen die Natur leben, lebt die Natur gegen den Menschen. Ich möchte ergänzen: Wenn die Menschen die Natur überbevölkern, wird die Natur die Spezies Mensch dezimieren. Einmischung in die menschliche Selbstbestimmung über die Zeugung eigener Nachkommenschaft ist in unserer Gesellschaft zurecht ein Tabu. Die Frage, der wir uns stellen müssen, ist: Welche Alternativen gibt es? – Christine Kanzelsberger

 

Ja, es hat fast den Anschein, die Natur wolle sich selber helfen, indem sie eine Pandemie „schickt“. Und die Aussicht auf ein pandemisches Zeitalter ist keine gute. Sie alleine nur in Ruhe zu lassen, dürfte nicht ausreichen. Dass die Belastungsgrenzen des Planeten Erde irgendwann überschritten sein werden wird, zeichnete sich doch schon seit Jahrzehnten ab. Genug Wissenschaftler haben gewarnt, sie wurden lange nicht gehört.

Abgesehen von der fortschreitenden Umweltzerstörung gehört zu einer nüchternen Betrachtungsweise aber auch, dass die Bevölkerung der Erde wächst und wächst. Zur Zeit leben ca. 7,8 Mrd. Menschen auf ihr und im Jahr 2030 sollen es fast eine Mrd. mehr sein. Diese Feststellung beinhaltet keine Bewertung und auch nicht die Forderung, Maßnahmen gegen weiteres Wachstum zu ergreifen, sie macht aber klar, dass immer mehr Menschen ernährt und versorgt gehören. Immer mehr Menschen werden immer mehr Natur verdrängen, direkt und indirekt. Allein aus diesem Grund wird es also schwer werden, die Natur einfach nur in Ruhe zu lassen, um sie zu erhalten und zu schützen.

Außerdem wird es auch nur dort funktionieren, wo die Natur noch so intakt ist, dass sie sich selbst regenerieren kann. Allerdings werden ausgestorbene Arten dadurch auch nicht wiederkommen; täglich sterben weltweit mehr als 100 Arten, das ist so fürchterlich wie unwiederbringlich. So ist die Menschheit doch gefordert aktiv zerstörte Landschaften zu renaturieren, z.B. durch großflächige Aufforstungen.

Und um die Weltmeere vor einer Überfischung zu bewahren, reicht es auch nicht, sie nur in Ruhe zu lassen, man muss sie ebenfalls von dieser grässlichen Plastikflut befreien, das kann nur der Mensch bewirken. Es wäre ja hier schon ein Fortschritt, wenn nicht immer noch mehr Plastik hinzukäme. Es ist ein hehres Ziel, wenn 2030 etwa ein Drittel der Erde unter Naturschutz stehen soll und Merkel, Macron und Trudeau für dieses Vorhaben Milliardenzahlungen bereit stellen wollen. Die Herausforderung, die Erde vor einem totalen Kollaps zu bewahren und für die Menschheit zu erhalten, ist so immens, dass eigentlich alle Menschen und zumindest ihre Regierungen es auch wirklich wollen müssen, denn nur gemeinsam können sie es auch schaffen. Leider habe ich da immer noch so meine Zweifel. – Regina Stock

 

Da lese ich, dass Merkel, Trudeau und Macron bis 2030 30% des Planeten unter Naturschutz stellen und damit zukünftige Zoonosen bekämpfen wollen. Seit Urzeiten leben alle Lebewesen vernetzt miteinander. Auch als Sammler und Jäger hatten wir schon ständig Kontakt mit Allen und Allem. Es entstanden neue Arten, neue Gefahren und neue Anpassungen. Mal zum Guten mal zum Schlechten. Das nennt an Evolution. Pandemien gibt es erst, seitdem aus kleinen isolierten Gruppen des Zusammenlebens eine in ständigem Kontakt lebende Weltbevölkerung wurde. Globalisierung, Mobilität und sekundenschnelle Massenkommunikation sind die Treiber von Pandemien. Da helfen große Naturschutzgebiete, so sehr diese der Ressourcenvielfalt dienen, nicht weiter. Wir sind einfach Zuviele auf diesem Planeten. Will das jemand ändern? Nein, wohl eher nicht. Deshalb kann nur gelten: lernt mit den Viren, Bakterien, etc. zu leben und nicht gegen sie. – Peter Davids

 

Absolut gesehen. Ja. Pandemie, Klimakrise und Artensterben hängen eng zusammen, wie übrigens alles ihrgentwie zusammenhängt. Wenn hier allerdings bewußt die Pandemie, vor allem die damit verbunden politisch gesellschaftlich notwendigen Einschränkungen sozusagen gesellschaftsreif auf die Klimakrise und den Artenschutz geschrieben werden soll, ist das in meinen Augen Unredlich. Das Artensterben, ein zur Zeit recht inflationär benutzter Begriff. Es gibt das Artensterben. Wer sich allerdings tiefer mit dem Begriff beschäftigt, liest von einer Vielzahl von Hypothesen und Schätzungen.

Die Bandbreite liegt zwischen 10 Arten pro Jahr und mehreren Hundert am Tag, die aussterben. Eine der Grundlagen ist die Vermutung, daß in tropischen Regenwälder eine sehr groß Vielfalt von unbekannten Kleinstinsekten existiert, was bei der Vernichtung von Regenwald hochgerechnet wird. Auch die Klimakrise ist real. Aber auch hier kann die Herangehensweise zur Bekämpfung sehr vielseitig sein. Der Kampf zwischen wirtschaftlichen Interessen und der Natur ist nicht neu. Sollen global gesehen alle Menschen, 8 Milliarden, in Wohlstand leben, kann es nicht nur grüne „Einbahnstraßen“ geben. – Walter Schroiff

 

Die Absichtserklärung dreier Politiker (Trudeau, Macron und Merkel), bis 2030 etwa 30% unseres Planeten in Naturschutzreservate zu verwandeln ist ein Dokument der Hilflosigkeit und nur die Fortsetzung bekannter politischer Alibiveranstaltungen. Die hierzu ‚versprochenen Milliardenbeträge‘ werden nicht nur fehlen (s. Pandemie- Folgen), sie sind schlicht gigantischer Selbstbetrug, oder glaubt man, dass sich Korallenriffe und Regenwälder mit Geld reparieren lassen?

Alle Versuche, die schwerwiegenden Folgen der Plünderung unseres Planeten mit leidenschaftlich inszenierten ‚Maßnahmen‘ umzukehren, gehen an der tatsächlich einzigen Ursache vorbei: Es ist die beispiellose Bevölkerungsexplosion, die den exponentiell gestiegenen Raubbau an der Erde mit allen Folgen verursacht. Die Weltbevölkerung ist von ca. 250 Millionen zu Beginn unserer Zeitrechnung auf heute 7,8 Milliarden Menschen angestiegen und wird sich in 30 Jahren nochmals verdoppelt haben. Es bleibt die Frage, warum in keiner Veröffentlichung und bei keiner politischen Aktion zum Thema Umwelt und Klima die Überbevölkerung als Hauptursache übergangen statt angegangen wird. Sicher ist es einfacher, Umweltaktionismus zu präsentieren statt globale Anstrengungen zur Eindämmung der Bevölkerungsexplosion (s. Einkind- Ehe in China) zu unternehmen. – Michael Deil

 

Sie haben vor einiger Zeit mal eine wunderbare Beilage über die Arterhaltung der Spezies Mensch gehabt. Leider findet man diese nicht mehr im Internet und was noch mehr bedauerlich ist, nehmen Ihre Reporter auch keinerlei Bezug darauf. Der Artikel „In Ruhe lassen“ ist im Prinzip klug geschrieben und verweist vollkommen richtig auf den Zusammenhang zwischen der Ausbeutung der Natur und Pandemien auf. Auch die Bedeutung des Klima Schutzes ist nicht zu unterschätzen. Bloß ist das nicht mit ein paar Maßnahmen getan. Wie damals in der Beilage festgestellt wurde, ist das größte Problem das Wachstum der Menschheit.

Klar können wir hier ein bisschen Energie sparen, dort ein paar neue Naturparks anlegen und uns vielleicht sogar vegan ernähren. Aber das, was wir dabei einsparen, wird mehr als kompensiert durch das Bevölkerungswachstum! Mehr Menschen brauchen schlicht und einfach auch mehr Ressourcen! Warum wird nie darauf verwiesen? Warum überlegt man sich nicht, wie man das Wachstum – auf eine ethisch korrekte Art – in den Griff bekommen kann! Und warum haben Sie diese exzellente Beilage anscheinend in die Mülltonne gestampft? – Brigitte Dost Tauschl

 

Vielfach, so auch hier wurde auf den Zusammenhang von Pandemien bzw. Zoonosen, Klimawandel und Artensterben als globale Krise hingewiesen. Dies leuchtet ein und verlangt nach ebenfalls globalen Regularien. Umso mehr verblüfft es, wenn der vierte Faktor dieses Krisenkreislaufes außer Acht bleibt: das extreme Bevölkerungswachstum auf unserem Planeten. Man kann der Feststellung von Fritz Habekuss „Wir sind den Tieren so nahe gerückt, dass die Viren es sehr leicht haben“ nur zustimmen. Aber warum wird das Naherücken, das Bevölkerungswachstum und seine Wirkung auf Naturverbrauch – als Ressourcen- und Raumverbrauch – nicht intensiver diskutiert.

Die Weltbevölkerung verdoppelte sich in den letzten 45 Jahren von 4 auf nunmehr rund 8 Milliarden Menschen, in 30 Jahren sollen es fast 11 Milliarden sein. In nicht wenigen Entwicklungsländern werden Fortschritte in Medizin, Schulwesen, Landwirtschaft etc. durch den rasanten Anstieg ihrer Bevölkerung zunichte gemacht. Ist daher nicht auch eine breite Diskussion über humane Möglichkeiten einer globalen Geburtenkontrolle dringend geboten? – Werner Wollek

 

Fritz Habekuss fragt: «Was haben Corona-Pandemie, Klimakrise und das Artensterben gemeinsam?» Die Antwort ist klar: Jeder der drei genannten Themen für sich allein ist ein ausreichender Grund für mehr Naturschutz. Dementsprechend beschreibt Habekuss einen erfreulichen Plan, den die Regierungschefs von Kanada, Frankreich und Deutschland vorschlagen: Bis 2030 wolle man «dreissig Prozent des Planeten unter Naturschutz stellen.» Das Ziel ist notwendig und auch durchführbar. Die Frage ist nur die: wäre dies der sinnvolle Anfang von «Naturschutz wie noch nie.» oder der Abschluss? Es ist so wie wenn man bei einem Hausbau fragt:

Ist die Konstruktion des Daches Anfang oder Abschluss? Das Problem beim Naturschutz in diesem Ausmass ist, dass dabei etliche Schwierigkeiten und Probleme vorhanden sind, die vorrangig gelöst werden müssten. Es wäre gut, wenn anlässlich dieses Vorhaben diese Schwierigkeiten sichtbar gemacht und nicht verdecken würde. Es sind dies Probleme die mit der Demographie, den Transferleistungen, der Verteilung der Verantwortung und dem Fehlen von Perspektiven verbunden sind. Folgende Probleme wären zu lösen. Wie kann man die wachsende Weltbevölkerung ernähren ohne auf Massentierhaltung und Monokulturen (bei weniger Anbauflächen) angewiesen zu sein. Wie kann man verhindern, dass die Milliardentransfers, die als Ausgleichszahlungen nötig sind, die Korruption fördern und den Graben zwischen arm und reich vertiefen. Wie kann man den Menschen Ersatz für verlorene Perspektiven geben?

Habekuss schreibt ja «Nun kann der Mensch viel. Nichtstun kann er nicht so gut.» Wie kann man verhindern, dass durch Arbeitslosigkeit entstehende Perspektivlosigkeit zu Ersatz-Perspektiven führen, die die Geburtenrate und eventuell den Extremismus fördern. Wie kann man die Verantwortung fair verteilen und gleichzeitig die demographischen und ökonomischen Gräben reduzieren. Für all das gibt es eine ebenso einfache, wie anscheinend schwer zu vermittelnde Forderung: Wir alle sind nur Gast auf diesem Planeten, Wir müssen uns wie gute Gäste erweisen, die den Nachkommenden, dasselbe gute Erlebnis ermöglichen. Die entscheidende Frage dabei ist, wie diese Forderung in konkretes Handeln umgesetzt werden kann. – Dr. tech. Gernot Gwehenberger

 

Sie haben einen relativ guten Artikel geschrieben, auch dass man den Tieren zu nahe rückt, aber kein Wort davon, dass sich die Menschen viel zu schnell vermehren. Vergleichen Sie doch einem die Zahlen über die letzen 50 Jahre. Warum ist dies kein Thema bei Ihnen ? Was die Umweltziele anbetrifft finde ich es gar nicht gut, wenn man dies nur aus deutscher Brille sieht. Hier haben ja praktisch nur die Energiewendler das Sagen. Da kommt auch keiner auf den Gedanken, dass man eigentlich mit der Beibehaltung einiger Kernkraftwerke die Richtlinien besser erreichen könnte, als ohne diese. Ist es Ihnen eigentlich verboten so etwas zu Papier zu bringen ? Den Eindruck könnte man haben, nicht nur bei Ihnen.

In diesem Zusammenhang erwähnen Sie auch kurz den Macron. Wie wir wissen haben les bleus noch eine Unmenge an nuclear energy. Dies scheint dort, und auch anderweitig, kaum jemand zu stören, ja einige bauen ja neue atomic power plants. Wieso also denkt niemand daran, dass man gut daran täte, die Energiewende etwas abzuschwächen, und gesünderen Menschenverstand anzuwenden ? Ich finde es mehr als seltsam, dass praktisch niemand mehr von Fernwärme spricht, obwohl es doch noch viele Anbieter mit Monopolen gibt. Ja, die davon betroffenen Verbraucher werden von denen in Geiselhaft gehalten. Kein Journalist und kein Politiker scheint sich um dieses Problem zu kümmern. Keiner !!!! – Rolf Klotzbucher

 

Zum Naturschutz klare Bekenntnisse an prominenter Stelle (S. 1). Wunderbar! Natur in Ruhe lassen, Schutzgebiete erheblich ausweiten, Erholung von Ökosystemen, Kohlendioxid speichern. Jedoch: Internationale Konferenzen haben seit 30 Jahren (Rio 1992) herzlich wenig bewirkt, katastrophal wenig, aber jedes Jahr massenhaft Flugreisen und Auslandsaufenthalte von Naturschützern und Regierungsvertretern gefordert. Die Hoffnung auf Erfolg für Umwelt und Menschheit dürfen wir indessen nicht aufgeben.

Der Schutz von dreißig Prozent der Natur unseres Planeten wird allerdings wenig Nutzen bringen, wenn nicht durch beherztes Handeln gleichzeitig der Klimawandel effektiv ausgebremst, Veränderungen von Lebensräumen und Umgestaltungen von Lebensgemeinschaften verhindert oder wenigstens verlangsamt werden. Schon bald wirksam wären Geschwindigkeitsbeschränkungen auf den Autobahnen, öffentlicher Nahverkehr zu reduzierten Preisen oder besser zum Nulltarif, und die Einführung der 4-Tage-Arbeitswoche mit Freiem Freitag für uns alle. Alle würden durch diese Maßnahmen gewinnen: das Klima, die Natur mit allen Lebensräumen und Arten, und nicht zuletzt wir Menschen durch Ruhe und Muße, mit der Natur, für unseren Planeten. – Hjalmar Thiel

 


 

 

Leserbriefe zu „Ausgebremst“ von Dirk Asendorpf

 

Ich frage mich ernsthaft, warum die deutsche Autoindustrie noch eigene Lobbyisten bezahlt – sie hat doch den Minister Scheuer von der Partei mit dem Abonnement auf besonders fähige Verkehrsmimister! Einen besseren Interessenvertreter können sie in Berlin gar nicht bekommen….. – Stefan Schissler

 

„Raser“ wollen keiner. Die Raser gehören mit großem Bußgeld und Führerschein Entzug mehrere Monaten bestrafft. Doch es gibt „Gemeinden“, sie wollen alle andere Menschen IHRE Meinung unterwerfen. Ähnlich wie in totalitäre Zeiten. Ein Mantra eine dieser Gemeinden: „Problem: Verkehrstote. Lösung: Geschwindigkeit runter. Punkt! Von 60 auf 50. Von 50 auf 30. Egal.“ Deswegen sind Begriffe wie „Raser“ gefährlich, wohl aber sehr geeignet eine Stimmung aufzuhetzen. Alle sind dagegen. Jeder kann beliebig definieren was er/sie als „Raser“ versteht. Das führt zur Polarisierung. Und hoffnungslos langweilige Debatten, Artikeln und Talkshows. Also, verbleiben wir sauber, und mit Sicherheitsabstand zur Demagogie. So, wie es sich für eine Zeitung wie Die Zeit gehört.

Mir wäre lieber wenn Sie über „Drängler“, schreiben würden. Über Rücksichtslose Autofahrer. Über abgelenkte und unaufmerksame Verkehrsteilnehmer (Autofahrer, Radfahrer, Fußgänger). Über Autofahrer die auf eine ganz leere mittlere Spur oder Überholspur „einschlafen“, statt rechts zu fahren. Über ein generelles Überholverbot für LKWs auf der Autobahn. Hier können Sie viel mehr Leben retten. – Jesper Billenstein

 

Ihr Artikel ist ein ärgerlicher Seitenfüller, weiß doch ohnehin jeder, das unsere Verkehrsminister der Autoindustrie in den Auspuff kriechen, einer Branche, der Umwelt und Gesundheit der Vrhehrsteilnehmer herzlich egal ist. Und Jedermann weiß. wie es mit Andreas Scheuer nach seinem Ministeramt weitergeht: Er wird wie der ehemalige Verkehrsminister Wissmann auf einem geldgepolstertem Sitz im Verband der deutschen Autoindustrie landen. Man nennt das Marktwirtschaft. – Lutz Landorff

 

Wieder einmal ist der „Raser“ die zentrale Hassfigur bei der Analyse der Unfallverursacher. Das ist etwas sehr populistisch und bedient fest zementierte Vorurteile. Kernsatz des Beitrags: Überhöhte Geschwindigkeit ist die Hauptursache für Verkehrsunfälle. „Überhöhte Geschwindigkeit“ hat aber eher wenig mit der Überschreitung der vorgegebenen Höchstgeschwindigkeit zu tun, als vielmehr mit der situativ angemessenen Geschwindigkeit. Also bei Nebel, Regen, Glatteis, nassem Laub, kurvenreicher Strecke etc., : runter vom Gas, Geschwindigkeit den aktuellen Gegebenheiten anpassen! Das ist völlig unabhängig von der jeweils gebotenen Höchstgeschwindigkeit, mögen es 30, 50, 100, 120 Km/h oder sogar „freie Fahrt“ sein.

Hier liegt die Unfallursache Nr. 1. Die Nichtbeachtung des Schilderwaldes auf deutschen Straßen führt lediglich zu einer abstrakten Gefahr, die sich eher selten verwirklicht. Mit 1000 Toten wird argumentiert, natürlich ist ein jeder davon „einer zu viel“ wie es stereotyp heißt, und stereotyp sind die „Raser“ schuld. Es ist jedoch ein Irrtum, anzunehmen dass ein Signal bei der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit viel bewirken würde; ohnehin haben viele Navi-Geräte schon heute solche Tempo-Melder oder andere Warnhinweise. Brandgefährlich ist der Vorschlag, das Tempo zwansweise zu drosseln. Es gibt zahllose Situationen, in denen man mit einem Not-Spurt Schlimmeres verhindern kann. Aus der Luftfahrt ist leider bekannt, was geschieht, wenn die Maschine das Kommando übernimmt. Dem Autor ist zu empfehlen, sich den Krankenhauskeimen zuzuwenden. Hier sind zwischen 15.000 und 40.000 Tote zu beklagen. Oder er sollte sich des gefählichen Unsinns der Touch-Screen Technik annehmen, die schon zu mehreren hundert Toten geführt hat. – Lutz Bauermeister

 

Als mein Vater am 15.September 1936 zwei Monate vor meiner Geburt bei einem simplen Auto-Unfall starb, gab es noch keinen Airbag und auch keinen Sicherheitsgurt; das war auch für Mercedes-Ingenieure damals Zukunftsmusik trotz des Satzes „dem Ingeniör ist nichts zu schwör“!° Als aber der Sicherheitsgurt erfunden war, lehnte ihn ein Verwandter aus Gütersloh zunächst ab, hat sich aber nach 2 Strafmandaten daran gewöhnt, ihn anzulegen, während ein Versicherungsvertreter aus dem Kasseler Raum von der Anschnall-Pflicht befreit war, da er glaubte, aus einem brennenden Auto schneller herausgekommen zu sein, gerade w e i l er nicht angeschnallt war.

Wenn nun der Verkehrswissenschaftler Oliver Carsten laut Dirk Asendorfs Artikel tödliche Auto-Unfälle durch intelligente Anpassung an die erlaubte Geschwindigkeit vermindern kann , sollte man dem Verkehrsminister sagen: “ Auf den Carsten hör`, dem ist das nicht zu schwör!“ PS. Vater Dr.med Robert Bauer war damals 28 Jahre und wollte als Oberarzt von der Garnison Bückeburg im „tausendjährigen Reich“ zum tausendjährigen Rosenbusch nach Hildesheim. Am Steuer saß ein befreundeter Zahnarzt. Monatliche Miete in Bückeburg 60 Reichsmark, Rente für die Witwe 96,96 Reichsmark. – Dietrich Bauer

 

Ich bin ja im großen und ganzen ein sehr zufriedener ZEIT-Leser. Aber der o.g. Artikel enthält soviele falsche Behauptungen bzw. unsachliche Aussagen, dass ich geneigt bin, das Abo zu kündigen. Der Reihe nach: Zitat: „In Deutschland regiert immer noch der Bleifuß“. Aus eigener Erfahrung (in den letzten 12 Monaten ca. 35.000 km quer durch Deutschland) weiß ich, dass kaum jemand mit „Bleifuß“ unterwegs ist. Wenn man – entsprechende Straßen- und Verkehrsverhältnisse vorausgesetzt – im Geschwindigkeitsbereich von 150-160 km/h unterwegs ist, kann man die Überholer pro Tagesfahrt an einer Hand abzählen. Mit anderen Worten: kaum jemand fährt mit Bleifuß, dann die überwiegende Anzahl der heutigen Autos, selbst Kleinwagen, „schafft“ Geschwindigkeiten von 180 – 200 km/h. So schnell fährt aber nur eine verschwindend geringe Anzahl. Zitat sinngemäß: Herr Scheuer würde die Technik des „intelligenten Geschwindigkeitsassisten torpedieren“.

Was meint der Autor mit „torpedieren“ ? Herr Scheuer ist offenbar gegen die verpflichtende Einführung dieser sogenannten ISA-Systeme. Tatsache ist: Diese Technik gibt es und wer will, kann sie kaufen und nutzen. Ich fahre seit Dezember 2019 mit einem solchen Assistenten. Der heißt zwar nicht ISA, aber erfüllt genau die beschriebenen Funktionen: Anzeige und Warnung bei Überschreiten des aktuellen Tempolimits. Das aktuell gültige Tempolimit wird permanent im Armaturenbrett und im Navi angezeigt. Überschreite ich dieses, fängt das Symbol zu blinken an. Bei eingeschaltetem Tempomat bzw. Distronic kann man zusätzlich eine Funktion aktivieren, die das Fahrzeug immer maximal mit der aktuell vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit fahren lässt.

Beispiel: Beim Beginn von geschlossenen Ortschaften fährt das Auto dann selbstständig nur noch 50 km/h, nach dem Ende der Ortschaft beschleunigt es wieder auf 100 km/h, wenn kein anderes Tempolimit gilt. Man kann damit tatsächlich – zumindest auf Landstraßen und Autobahnen – lange Strecken fahren, ohne ein einziges Mal Gaspedal und Bremse bedienen zu müssen. Zitat: „Die signalrot umrandeten Schilder haben schließlich einen Sinn. Sie sind nur dort aufgestellt, wo es für die Verkehrssicherheit erforderlich ist“. Das ist die Theorie.

In der Praxis sieht man leider allzu häufig Geschwindigkeitsbegrenzungen, die nicht nachvollziehbar sind. Kleine „Anekdote“ dazu aus meiner beruflichen Praxis: Ich bin immer mal wieder als Bauleiter auf Autobahnbaustellen tätig. Da standen nach dem Aufbringen einer neuen Asphaltschicht an der Fahrbahn Schilder mit Tempolimit 50 km/h und dem Zusatz „wegen fehlender Straßenmarkierung“ – soweit so gut und verständlich. In der folgenden Nacht wurde die Markierung aber aufgebracht – und als ich am nächsten Tag hinkam, standen die Schilder immer noch unverändert dort. Was denkt wohl ein Autofahrer, wenn er „wegen fehlender Straßenmarkierung“ nicht schneller als 50 km/h fahren soll, diese Markierung aber unübersehbar, neu und vollständig vorhanden ist ? Muss man sich da über mangelnde Akzeptanz wundern ?

Die Kompetenz, einfach das Tempolimit wegzunehmen, hatte ich in dem Moment leider nicht, aber ich habe veranlasst, dass der Zusatztext sofort verdeckt bzw. entfernt wurde. Seite 1 von 3 Zum Artikel „Ausgebremst“ in der ZEIT Nr. 2021 / 03 Seite 2 von 3 Zitat: „Überhöhte Geschwindigkeit ist die Hauptursache für Verkehrsunfälle“ und „In Deutschland sind Raser für 1.000 Tote … verantwortlich“

Dazu ist zunächst mal festzustellen, dass „Überhöhte Geschwindigkeit“ nicht gleichzusetzen ist mit „Fahren schneller als erlaubt“, also Überschreitung des Tempolimits. In der Unfallstatistik ist daher auch nicht (mehr) von „überhöhter Geschwindigkeit“ die Rede, sondern von „unangepasster Geschwindigkeit“. Dies wird aber auch dann von der Polizei in der Statistik angegeben, wenn z.B. jemand bei nasser Straße 100 km/h gefahren ist (was an dieser Stelle erlaubt gewesen wäre), wegen regennasser Fahrbahn aber eben zu schnell war. Laut Statistischem Bundesamt nannte die Polizei 2019 in 41.173 Fällen „unangepasste Geschwindigkeit“ als Ursache bei Unfällen mit Personenschaden. Lediglich 2.130 Mal überschritten Fahrer dabei aber die zulässige Höchstgeschwindigkeit. Folglich war nur in rund 5 % die Überschreitung des Tempolimits (Mit-)Ursache für den Unfall. Diese „Raser“ sind rein rechnerisch also nicht für 1.000 Toto verantwortlich, sondern für 50 !!

Folglich ist es blanker Unsinn, zu behaupten, die verpflichtende Einführung des ISA würde zu 1.000 Toten weniger führen. Klar ist jeder Tote weniger ein Erfolg, auch 50 Tote weniger wären ein Erfolg. Ich würde mir aber wünschen, der Autor des o.g. Artikels (und alle sonstigen Beteiligten) würden mehr – oder wenigstens das gleiche – Engagement zeigen, wenn es um die Verhinderung der „anderen“ 950 Todesfälle ginge. Es ist damit auch Unsinn, wenn jemand behauptet, ein Drittel aller Unfälle, Verletzter und Tote könnte mit dem ISA verhindert werden. Das geben die Zahlen einfach nicht her. Sehr viel wirkungsvoller wäre ein gut funktionierendes Kollisionsverhinderungssystem – was es ja übrigens auch gibt (auch in meinem Auto).

Davon ist im Artikel leider überhaupt nicht die Rede. Im weiteren Verlauf wird auf die – eventuell mangelnde – Zuverlässigkeit der Informationen für den ISA eingegangen. Da wird ein Herr Brockmann mit den Worten zitiert: „Dieses Argument ist vorgeschoben“. Nein Herr Brockmann, ist es nicht ! Das weiß ich nach einjähriger und 35.000 km langer Erfahrung mit einem solchen System. Was Herr Brockmann als „geringe Fehlerquote“ bezeichnet und für „tolerierbar“ hält, ist seine Sache – warum sollte uns das interessieren ? Ich war vor kurzem wieder quer durch Deutschland unterwegs (München – Ruhrgebiet und zurück, ca. 1.300 km – ca. 85 % Autobahn, Rest Landstraße). Ich habe zwar keine Strichliste geführt, aber das System hat auf dieser Strecke mindestens 30 mal ein falsches Tempolimit angezeigt und hätte damit das Fahrzeug mit einer falschen Geschwindigkeit fahren lassen, wenn ich es nicht „übersteuert“ hätte. Da gibt es zum Beispiel die berühmten „Tages- oder Wanderbaustellen“ auf Autobahnen. Da wird VOR der Baustelle das Tempo meist auf 80 km/h begrenzt. Mein „ISA“ erkennt dies (meistens) und verlangsamt das Fahrzeug entsprechend. NACH derartigen Baustellen fehlt aber eigentlich immer das Verkehrszeichen, welches das Tempolimit wieder aufheben würde. Folglich würde das Fahrzeug „ewig“ mit 80 km/h weiterfahren – wenn ich es nicht wieder „übersteuern“ würde.

Generell ist festzustellen: Alle diese Assistenzsysteme im Auto sind – entgegen ihrer häufigen Bezeichnung – NICHT intelligent ! Intelligent ist – wenn überhaupt – nur der Fahrer ! Weiter hinten im Artikel wird darauf verwiesen, dass Belgien und Irland für die Technik wären und auch „in den vergangnen zehn Jahren besonders erfolgreich im Kampf gegen den Tod auf der Straße“ gewesen wären. Begründet wird dies mit dem Verringern der Verkehrstoten in dem genannten Zeitraum. Das kann man nur noch – frei nach Churchill – kommentieren: Traue keiner Statistik, die du nicht selbst manipuliert hast.

Warum werden nur die letzten zehn Jahre herangezogen ? In Deutschland hat man die Zahl der Verkehrstoten von 1970 bis 2010 relativ kontinuierlich von über 20.000 auf ca. 4.000 drücken können – da konnte man logischerweise in den letzten 10 Jahren nicht mehr soviel „drauflegen“. Vielleicht haben Irland und Belgien erst in den letzten 10 Jahren das erreicht, was in Deutschland schon längst erledigt war ? Zum Artikel „Ausgebremst“ in der ZEIT Nr. 2021 / 03 Wenn man die aktuellen Zahlen der Verkehrstoten pro 1 Mio Einwohner oder pro 100.000 zugelassener Kfz betrachtet, dann steht Deutschland sogar sehr gut da. Beispiele gefällig ?

Verkehrs-Tote pro 1 Mio Einwohner 2019: Deutschland 37, Belgien 56, 18 Länder der EU haben mehr Verkehrs-Tote pro 1 Mio Einwohner als Deutschland. Verkehrs-Tote pro 100.000 Kfz 2019: Fast alle europäischen Staaten, einschl. Belgien und Irland, haben höhere Zahlen als Deutschland. Ich verstehe nicht, warum sich manche Journalisten und Redakteure so sehr darin gefallen, Deutschland schlecht zu reden, selbst wenn es dafür keine faktenbasierte Grundlage gibt. Ich möchte noch zwei persönliche Dinge anmerken: Ich nutze das ISA-System meines Autos in erster Linie zur Verhinderung von allzu großen Tempolimit-Überschreitungen.

Ein Auto, dass sich exakt an alle Tempolimits hält, würde ich nur dann akzeptieren und so fahren lassen, wenn es komplett selbstständig führe und ich in der Zeit etwas anderes machen könnte (lesen, Filme schauen und dergl.). Dazu ist die Technik aber noch (lange ?) nicht in der Lage. Zusammenfassung der wichtigen Punkte: In Deutschland wird viel weniger „gerast“, als es der Artikel glauben machen will. Die Behauptung, dass die verpflichtende Einführung von ISA-Systemen ein Drittel der Verkehrstoten (also derzeit ca. 1.000 Tote) verhindern könnte, ist rechnerisch nicht haltbar. Wichtiger als ein System zur Einhaltung der Tempolimits wären wirkungsvolle und verlässliche Kollisionsverhinderungssysteme (die es ja übrigens auch gibt). Deutschland ist in Sachen Verkehrssicherheit definitiv NICHT „besonders wenig fortschrittlich“.

P.S.: Leider hat der Autor des o..g Artikels einen wichtigen Umstand unterschlagen – oder einfach nicht gekannt: Laut Statistischem Bundesamt nannte die Polizei 2019 in 41.173 Fällen „unangepasste Geschwindigkeit“ als Ursache bei Unfällen mit Personenschaden. Lediglich 2.130 Mal überschritten Fahrer dabei aber die zulässige Höchstgeschwindigkeit. Das bedeutet: Bei rund 95 % dieser Unfälle hätte der „ISA“ überhaupt keinen Einfluss auf des Unfallgeschehen bzw. die Unfallfolgen gehabt, weil er ja nur in Erscheinung tritt, wenn ein Tempolimit überschritten wird. Letztlich also viel Lärm um (fast) nichts. – Herbert Rein

 

Es ist das bekannte Verhaltensmuster deutscher Verkehrspolitik, Fortschritte in Verkehrsicherheit und Klimaschutz im vermeintlichen Interesse unserer «Schlüsselindustrie» zu blockieren, obwohl immer wieder festzustellen ist, dass diese mit der irgendwann nicht mehr abwendbaren Innovation prima zurecht kommt (Sicherheitsgurt, Katalysator…). Ein ganz anderes Niveau an Fürsorge empfängt uns, wenn wir den Rechtskreis der Verkehrsvorschriften verlassen und uns in die Obhut der Sonderbauvorschriften begeben – beispielsweise, indem wir in eine gesprinklerte, brandüberwachte und sicherheitsbeleuchtete Großgarage einfahren. Hier wie in vielen anderen Bereichen des Bauens dient die Erfüllung und weitere Verschärfung hoher Brandsicherheitsstandards den Absatzinteressen der Industrie.

Der vorbeugende Brandschutz in Gebäuden bekämpft mit Milliardenaufwand ziemlich konstante 350 Feuertote jährlich – sicher jede(r) eine(r) zu viel, jedoch bloß ein Zehntel des Blutzolls auf deutschen Straßen. Sollte der Sicherheitsstandard, den wir in unseren Gebäuden genießen, auf den Straßenverkehr übertragen werden, müssten wir nicht über Tempo 50 oder 30 diskutieren, sondern über Schrittgeschwindigkeit. – Erich Frank Pössl

 

Nicht zuletzt „dank“ Corona sind wir inzwischen schon einiges gewohnt. Im Hinblick auf unseren Bundesverkehrsminister, dessen Tätigkeit sich nach meiner Wahrnehmung deutlich zutreffender mit dem Titel „Autoindustrieminister“ beschreiben ließe, bin ich gleichwohl immer noch sehr schmerzempfindlich. Es fehlt mir (selbst als Waagemensch) schlichtweg die Fantasie für die lakonische Annahme, dass Andreas Scheuer für den eines Ministeramtes würdigen, verantwortungsvollen Umgang mit unseren demokratischen Mitteln im Allgemeinen und mit unseren steuerlichen Mitteln im Besonderen stehen könnte. Indes, Scheuers Leistungen erfolgen durchweg mit der Kanzlerin und/oder des CSU-Chefs Gewähr. – Matthias Bartsch

 

Klar ist, dass selbstfahrende Autos in keinem Fall die vorgeschrieben Geschwindigkeit „missachten“ werden.(Herstellerhaftung) Mit ISA könnte man bereits heute ein kompatibles Miteinander erreichen, indem man Autos und damit die Fahrer darauf vorbereitet. Welch ein Gewinn an Aufmerksamkeit, wenn Fahrer sich darauf verlassen können, ohne auf den Tacho oder die Beschilderung schauen zu müssen. 1989 zeigte bereits ein Feldversuch mit einem automatischen Geschwindigkeitsregler in 50 Autos in NRW, den Gewinn an Sicherheit, sowie geringere Belastung durch Abgase und Geräusche. Die Automobilindustrie verkauft aber Autos nach dem Metzger-Prinzip „darf es ein bisschen mehr sein „?

Mit der Folge steigender Übermotorisierung ( und Verfettung-SUV), weil das Gewinne bringt. Die Toten/Kranken durch Unfall, CO² und Dezibel zählen nicht,(bzw. steigern das BIP). Die Reaktion der Industrie zeigt, dass die Vorstände auch nicht klüger sind, als der „politische Geisterfahrer“ Scheuer. Die Tatsache, dass weder das Umwelt- noch das Gesundheitsministerium über eine sie tangierende wesentliche Entscheidung mit bestimmen dürfen, zeigt den wahren Stellenwert, den das Klima und die Verkehrstoten bei der CDU/CSU hat. Hyundai,Tesla und chinesische Hersteller werden es Ihnen danken. – Michael Krüger

 

Das Verhalten des Verkehrsministeriums, den Geschwindigkeitsassistenten ISA zu verhindern, ist wenig überraschend. Auch beim Thema Abbiegeassisten für LKW zum Schutz von Radfahrern waren Herrn Scheuer Lobbyinteressen wichtiger als Menschenleben. Überraschend hingegen ist die Heuchelei von Kanzlerin Merkel & Co. ob einer allgemeinen Gleichgültigkeit von Corona Toten. Schließlich wird uns diese Gleichgültigkeit beim Thema Verkehr seit Jahren abverlangt. – Jan Gerd Lübben

 

Verkehrsminister Scheuer stammt aus meiner Heimatstadt, sitzt dort im Stadtrat. Unsere Region zeichnet sich durch eine sehr hohe Lebensqualität aus, die Straßen sind mehr als gut ausgebaut (auch wenn manche das Gegenteil behaupten). Die SUV – Dichte ist hoch, das merkt man, wenn man Parkhäuser aufsucht, in denen man fast keinen Platz mehr hat zum aussteigen, wenn sie bereits ein paar Jahre in Betrieb sind. Die Versicherungsbeiträge sind für diese ländliche Region erstaunlich hoch, regelmäßig passieren schreckliche Unfälle, nicht nur Alkohol spielt eine große Rolle, sondern auch die „nicht angepaßt Geschwindigkeit“ , wie es dann im Polizeibericht heißt.

Fährt man über Land, muß man fürchten, von diesen zähnefletschenden Straßenpanzern von der Fahrbahn geschoben zu werden, fährt man nicht mindestens 10 % über der erlaubten Geschwindigkeit. Herr Scheuer ist bekennender Autofan. Was erwarten Sie von einem Mann, der eine halbe Milliarde Euro unserer Steuergelder in den Sand setzt durch Unfähigkeit? Doch wohl nicht Vernunft und rationale Entscheidungen, oder?? – Christa Gottinger

 


 

 

Leserbriefe zu „Eine Dosis Schuld“ von Mariam Lau et al.

 

Herr Spahn: Ausgerechnet der Bundesgesundheitsminister hat in der Gesundheitsbranche keinen guten Ruf. Das hat er sich selbst zuzuschreiben. In der Zeit vor Corona nutzte er sein Amt, um mit allerlei Hauruck-Aktionen ein Thema nach dem anderen durchzupeitschen. „Jeden Monat ein Gesetz“ nannten das seine PR-Fritzen, was toll klang, aber den Unmut vieler Ärzte, Pfleger und Medizinstudenten heraufbeschwor. Sie fühlten sich überrumpelt. Sie bekamen den Eindruck: Dem geht es weniger um sorgfältige Reformen als eher um Schlagzeilen. Der will wohl ganz nach oben. Leider ist es mit Vertrauen wie mit Glas: Ist es einmal zersprungen, kann man noch so viel kleben, es bleiben Bruchstellen. (Harms 14.01.2021)

zu Herr Spahn: ABER – natürlich kümmert das keinen Spahn den Spahn. Schlimm ist allerdings, dass er „blindwütig“ anderen die Verantwortung aufhalst, die er selbst tragen müsste. Gesetzte gelten halt nie für die, die sie gemacht haben. Diese ganze Regierung handelt nach dem Motto des Internets: www W ir – W ursteln – W eiter. Wahrscheinlich ist Spahn nicht der ‚Einäugige unter den Blinden‘ sondern der ‚Wegschauende und den Silberblickern‘. Schrecklich – es ist einfach nur SCHRECKLICH – D.W. Rüger

 

Es wurde immer gesagt das unfähige Politiker nach Brüssel delegiert werden weil sie da keinen Schaden anrichten können. Gibt es jetzt vielleicht zu viele davon? – Liane Hampel

 

Wir müssten uns noch viel verzeihen müssen, meinte Jens Spahn vor einiger Zeit, weil im Kampf gegen das Virus nicht alles so gelingt wie gedacht. Mag wohl sein, aber manches ist wirklich nur schwer verzeihlich: 1. Zunächst sollen ja vor allem die ganz Alten in den Pflegeheimen geimpft werden, was aber nur schleppend läuft. Viele dieser Patienten sind dement und bedürfen vor einer Impfung erst einer Zustimmung eines Vertretungsberechtigten. Das bedeutet Arbeitsaufwand und braucht Zeit – und das sollte niemandem in den Gesundheitsministerien und -ämtern vorher klar gewesen sein?

2. Zugleich wählen sich viele andere, die einen Impftermin vereinbaren wollen, die Finger wund, weil die 116 117 – über deren Service von Beginn an wenig Schmeichelhaftes zu hören war – völlig überlastet ist. Diesen Ansturm sollte niemand in der organisierenden Kassenärztlichen Vereinigung vorausgesehen haben? 3. Gleichzeitig soll es anscheinend an Impfstoff fehlen – ja was denn nun: kein Impfstoff oder keine freien Termine oder gar beides, und bei beidem wird man einfach nur auf später vertröstet? 4. In seltsamem Kontrast hierzu steht die ständig wiederholte Meldung über eine angeblich nur geringe Impfbereitschaft in der Bevölkerung – ist dem denn wirklich so, oder gehen viele davon aus, dass sich diese Frage für sie angesichts der aktuellen Lage sowieso erst frühestens im 2. Halbjahr stellt? Was wäre denn, wenn sich viel mehr impfen lassen wollten?

Und letztlich: Stolz gemeldet wurde soeben, dass inzwischen mit rund 800.000 Menschen gut 1% der Bevölkerung geimpft ist – nach 3 Wochen seit Impfbeginn. Wenn das so weitergeht, dann sind die gut 60 % der Bevölkerung, die bis zur Herdenimmunität geimpft werden sollen, erst in dreieinhalb Jahren erreicht. Bei so viel Organisationsversagen an allen Ecken und Enden steht uns also noch ausreichend Zeit zum Verzeihen zur Verfügung. Der Lockdown ist eh schon dabei, zum Dauerzustand zu werden. Was für Aussichten für das neue Jahr! – Dieter Bullinger

 

Ich bin schon seit einigen Jahren Abonenntin und großer Fan der Zeit. Sie bereiten die Themen wirklich immer sehr klar und übersichtlich auf – vielen Dank! Einen Wunsch hätte ich aber: in Ihren grafischen Übersichten zu Daten zu einem bestimmten Thema fehlt meist Österreich und das, obwohl es sogar eine Österreich-Ausgabe gibt und wahrscheinlich generell einige ÖsterreicherInnen die Zeit lesen. In der Ausgabe vom 14.1. z.B. gibts auf Seite 9 eine Grafik zum Stand der Corona-Impfungen in Deutschland, Israel etc. Leider fehlt da Österreich, obwohl die Zeitung ja auf Deutsch ist und eben auch hier erscheint und es daher sicher genug LeserInnen gäbe, die diese Zahl auch interessiert. Eigentlich könnte man das jetzt auch für die Schweiz sagen – breche also auch gleich ein Lanze für unser Nachbarland. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie Österreich in Zukunft bei Ihren Überblicksgrafiken berücksichtigen würden. – Monika Fischer

 

Ihr Hintergrundbericht über die schleppende Versorgung des Landes, das mit Infrastruktur, Bildungseinrichtungen und direkten Steuermittelzuwendungen zur Entwicklung des BioNTech-Impfstoffes ganz wesentlich beigetragen hat, ist in der Tat ein Lehrstück. Ich teile aber nicht Ihren Schluss, dass übertriebene Vorsicht der Bundesregierung Schuld sei. Das Versagen liegt doch eindeutig bei jenen EU-Institutionen, die die Bestellung initiiert haben: Entweder hätten bei einer Vorbestellung von 100 Millionen Dosen allein durch Deutschland 100 geteilt durch den deutschen Anteil 0,19, also 530 Millionen Dosen, vorbestellt oder zumindest optioniert werden müssen. Oder man hätte den „Bestellverweigerern“ mit Hinweis auf die Sachlage klar machen müssen, dass sie nur im Rahmen ihrer gewünschten Bestellmengen beliefert werden.

Nimmt man eine Verlängerung des Lockdowns durch Verschleppung des Impfschutzes um 3 Monate und einen wöchentlichen Schaden von 3,5 Milliarden für die Volkswirtschaft nach Enzo Weber vom Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) an, dann kostet dieses Versagen Deutschland – abgesehen von möglicherweise 100.000 zusätzlichen Toten – etwa 45 Milliarden Euro. Ich bin ein großer Anhänger Europas, gerade deshalb bin ich dagegen, dieses Versagen zu beschönigen. Wenn Europa zusammenwachsen soll, dann muss die Bundesregierung dafür sorgen, dass die für dieses Desaster Verantwortlichen in den EU-Institutionen benannt werden und die Konsequenzen tragen. – Benno Blessenohl

 

In dem Artikel liest man, dass im Frühsommer 2020 vier EU-Mitgliedstaaten, und zwar die wichtigsten Pharmastandorte, darunter auch Deutschland, die „Selbstauflösung“ ihrer informellen Allianz verkünden und der EU-Kommission die Führung bei der Impfstoffbeschaffung überlassen wollen. In dem Artikel wird das eher als negativer Schritt dargestellt. Aber aus meiner Sicht ist er völlig richtig.

Warum sollen Länder, die Sitz eines Pharmaherstellers sind, zusätzliche Vorteile bei der Verteilung eines knappen Medikaments bekommen, wenn die EU doch sonst ein gemeinsamer Wirtschaftsraum ist? Und wem diese Argumentation etwa zu altruistisch ist, der sei daran erinnert, dass seit Wochen die Infektionszahlen in den deutschen Regionen entlang der tschechischen Grenze extrem hoch liegen. Es ist in unserem eigenen Interesse, dass alle – im konkreten Fall beispielsweise die Tschechen – schnell und fair Zugang zu dem Impfstoff bekommen. – Corinna Friesen

 

Alles auf die Zwölf Am 19. Januar treffen sich die Länderchefs erneut mit der Bundeskanzlerin und bereits jetzt steht fest, dass es eine Verlängerung und Verschärfung des Lockdowns geben wird, einige bezeichnen ihn als Megalockdown. Mega werden dabei allerdings weder die Maßnahmen, noch die Ideen sein, die man einsetzt, um COVID-19 zu stoppen. Denn gefühlt hat sich seit April 2020 weder an den Erkenntnissen, noch an der Strategie zur Bekämpfung der Pandemie, etwas geändert. Sie lautet grob: Kontaktbeschränkungen bis zur Impfung für 100 Prozent der Bevölkerung, damit sich weniger als 1 Prozent, die mit Leib und Leben höchst gefährdet sind, nicht infizieren.

Zugegeben, etwas plakativ, denn natürlich sind viele langfristige Nebenwirkungen bei COVID-19 noch nicht erforscht, beispielsweise bei Jüngeren. Auch darf dem Virus kein Spielfeld gegeben werden, sich weiterzuentwickeln, wie das offenkundig in mehreren Ländern geschehen ist. Die Folge, gefährlichere, weil infektiösere, Mutationen. Einige davon haben sich offenkundig schon in Deutschland weiterverbreitet. Dadurch scheint der bisherige Masterplan der Bundesregierung zu scheitern und das Licht am Ende des Tunnels verlöscht. Denn es ist weder genug Impfstoff da, wenigstens schnell die Hochrisikogruppen zu impfen und schon gar nicht zur Erlangung einer Herdenimmunität.

Da wir bis heute weder eine ausreichende Impfindustrie aufgebaut haben, weiter im hohen Maße abhängig von chinesischen Lieferungen bei Schutzkleidung, einschließlich FFP2-Masken sind, setzt man alles auf die 12, weitere Kontaktbeschränkungen. Das lange Leiden der Betroffenen aus Wirtschaft, Kunst und Kultur, oder gar die Entwicklung unserer Kinder und Jugendlichen interessiert gerade niemanden mehr wirklich. Sie müssen warten, bis die Infektionszahlen den Inzidenzwert von 50 oder 20 oder 10 erreicht haben. Was dann wäre, bleibt erst einmal offen. Können die Mutationen hier Fuß fassen und es dürfte in dieser global vernetzten Welt wohl kaum möglich sein, das zu verhindern, rückt das sowieso in weite Ferne.

Dann beginnt das Spiel erneut und ein weiterer Lockdown ist zu erwarten, denn wir wissen immer noch zu wenig über Übertragungswege, oder die Immunität von Geimpften, einschließlich der Weiterverbreitung des Virus durch sie. Zweifelhaft, dass das die Mehrheit der Bevölkerung und auch unsere Wirtschaft und Gemeinwohl so weiter aushält. Es drohen Radikalisierung, irreparable soziale und gesellschaftliche Verwerfungen. Muss das so sein? Würde die Regierung ihre Strategie einmal auf den Prüfstand stellen, sollte sie erkennen, wie riskant es ist alles auf die bisher verfolgte Strategie zu setzen. Wer nur noch auf diejenigen Wissenschaftler setzt, die vorrechnen, welche Kontaktbeschränkungen am effektivsten sind und dabei alles andere ausblenden, der versündigt sich an Unzähligen und an der Freiheit.

Längst verfügt Deutschland über im Land entwickelte Diagnostik, Technik und Ideen, diese Heimsuchung zunächst begleitend und dann komplett anders anzugehen. Denn es wird auch nicht die letzte sein, in diesem Jahrhundert. Ein hervorragendes Beispiel für solche Ideen und Lösungsansätze bilden die Ideen der Vorsitzenden des Europäischen Ethikrats, Christina Woopen. Sie zeigt auf, wie wir diesem Virus und anderen Viren begegnen können, ohne dass wir unser soziales Leben auf unbestimmte Zeit opfern müssen. Durch Massentests, die überall angeboten und durchgeführt werden, auch zuhause. Durch moderne Technik, die hilft Infektionswege zu erschweren und Viren im öffentlichen Raum, mittels Technik abtötet. Das wäre nicht nur eine Rückgewinnung an Freiheit für alle, es wäre auch eine wirtschaftlich und technologischer Treibsatz. Natürlich werden wir auch so Opfer zu beklagen haben, wie heute durch Krebs, Umweltvergiftung und andere Krankheiten. – Andreas Bußmann

 

Das Autorenteam erhebt den Anspruch, den Ablauf der Entscheidungen beim Impfstoff-Ankauf zu rekapitulieren. Ein zentraler Aspekt wird leider mit keinem Wort erwähnt: Das mutmaßliche Veto des französischen Präsidenten Macron. Er soll den Ankauf von Millionen zusätzlicher Biontech-Dosen mit der Forderung verhindert haben, dass die EU genau die gleiche Menge des französischen Impfstoffs erstehen müsse. Diese Meldung des SPIEGEL hat außer Macron selber meines Wissens bislang niemand dementiert. Angesichts der Schwere des Vorwurfs hätte es unbedingt dazu gehört, diesen Ablauf zu bestätigen oder zu widerlegen. – Claudia Peter

 

Sie haben einen langen Artikel geschrieben, aber dann doch weggelassen mit welchen sechs Impfstoffentwicklern die Kommission verhandelt hat. Das finde ich schwach !!! Ja, ich frage mich auch wie die EU mit Firmen verhandeln konnte, die noch gar nichts anzubieten hatten ? Einige davon haben anscheinend jetzt noch nichts anzubieten. Das ist doch Wahnsinn, und zeigt doch die ganze Inkompetenz der EU, aber auch den meisten seiner Mitglieder.

In diesem Zusammenhang habe ich den Eindruck, dass Sie absichtlich den Namen Sanofi weggelassen haben. Diese Firma wurde anderweitig bereits erwähnt, weil anscheinend die Franzosen eine zu grosse Rolle bei den Gesprächen führten. Dies wurde zwar von französischen Politikern vehement abgestritten, aber da muss ein Kern Wahrheit da sein. Wir wissen jetzt von marktfähigen Produkten von Biontec, Moderna, und Astra Zeneca. Wer waren die anderen drei : Curevac ? Sanofi ? und wer noch ? – Rolf Klotzbucher

 

Ein sehr informativer Beitrag, der aber leider auf halbem Wege stehen bleibt, dazu zwei Vorbemerkungen: Vordergründig ohne jeden Bezug zu Deutschland machten zwei Beiträge, die Teil der am vergangenen Sonntag gesendeten Nachrichten des Fernsehsenders CNN waren, das grobe Staatsversagen – oder deutlicher: das grobe Versagen der Bundesregierung – in der Vorbereitung von Covid-19-Impfungen deutlich. Der eine Beitrag zeigte Massenimpfungen in Kalifornien, der andere Beitrag verwies darauf, dass in Großbritannien bereits 45 % der über 80jährigen geimpft sind.

Der ZEIT scheint der Mut zu fehlen, die Folgen der von der Bundesregierung mitgetragenen Behäbigkeit – völlig fehlgeleiteter Sparsamkeit – der EU konkret zu berechnen und zu benennen. Ich halte es für notwendig im Sinne einer offenen Diskussion, modellhaft (beispielsweise für die nächsten sechs Monate) gegenüberzustellen, wie viele Menschen in Deutschland nach den von der Bundesregierung zu verantwortenden Impfraten sterben oder schwer erkranken werden, und wie viel weniger Menschen leiden und sterben würden, hätten sich die Bundeskanzlerin und die Mitglieder ihres Kabinetts bequemt, vergleichbar dem entschlossenen Vorgehen der Regierung der Vereinigten Königreichs und der USA zu handeln.

Das gelegentlich gehörte Argument, man habe zunächst nicht wissen können, welcher Impfstoff letztendlich der erste sein würde, welcher zugelassen werden kann, und deshalb habe man nur fiktive Teilmengen aussichtsreicher Impfstoffkandidaten bestellen können, um keine „Fehlinvestition“ zu riskieren, ist ausgesprochen vordergründig: Das finanzielle Risiko, das mit einer frühzeitigen Bestellung von „Übermengen“ (die man, am Rande gesagt, an ärmere Länder abgeben könnte) verbunden gewesen wäre, liegt weit unter dem Preis, den der Staat und den viele einzelne Bürger und Unternehmen für die wirtschaftlichen Folgen der schuldhaft verzögerten Impfungen werden zahlen – Dr. Dieter Haberstroh

 


 

 

Leserbriefe zu „»Holt euch euer Leben zurück!«“ von Thomas Assheuer

 

So eine kluge Analyse! Und dann die übliche Gleichsetzung von links und rechts – schade! Nein, die Linke weiss wo die Macht ist – bei den Vermögenden plus Elite -und sie weiss wo sie entstanden ist – in der Gesellschaft – und sie will, dass sie eben da gerechter verteilt wird. Die Rechten wissen auch wo die Macht sitzt – bei den Eliten plus Vermögenden – aber sie glauben, dass sie aus den Individuen entsteht – Leistungsträger, self made man, tolle Typen – und sie verstehen nicht, warum sie selbst nicht dazu gehören. Weil sie , trotz groß geschriebener Eigenverantwortung, nie darauf kommen, dass sie selbst schuld sind, suchen sie Schuldige und genau dies ist der Nährboden für Verschwörungstheorien und faschistische Ideologie. und sie hätten keine Chance, wenn sie nicht von den Mächtigen genutzt werden würden um sich von den Linken und einer gerechteren Verteilung zu schützen. So war es (seit dem Aufkommen von Sozialismus und Faschismus) und so ist es.

Neu hinzugekommen ist die Erkenntnis, dass linke Machthaber genauso fürchterlich sind wie rechte oder Ideologiefreie – weil die Macht nicht befriedigt (i can get no satisfaction) sondern geil auf mehr Macht macht, und die Angst sie zu verlieren zu grausamer Vorsorge führt. Also: Macht (die Elite) bedarf der demokratischen Kontrolle – längst bekannt aber immer noch nicht konsequent umgesetzt. Und, da das immer noch nicht reicht – siehe Trump und die Republikaner – darüber hinaus noch einer psychologischen Betreuung (Kontrolle) etwa in Form einer Supervision. – Dieter Herrmann

 

Danke für den erkenntnisbringenden Artikel zum Sturm auf das Kapitol. Obwohl ich als Demokratin von den Zielen der Stürmer abgestoßen bin, möchte ich darauf hinweisen, dass speziell durch das Bild ein Bezug hergestellt wird zu alten Traditionen in Europa. Das Ereignis passt außerdem perfekt zur Jahreszeit. Als Süddeutsche erinnern mich die Kapitolsstürmer an die hier auftretenden Perchten, die mit schauderhaften Masken und lautem Getrommel die Menschen erschrecken und ihnen Angst einjagen. Dies dient einer „kathartischen“ Reinigung vom Gefühl der Angst und Bedrohung, die man besonders in den Wintermonaten in gebirgsnahen Gegenden bedrohlich empfand. Viele junge Männer wandten ihre Angst nach außen und tobten verkleidet durch die Dörfer.

Vor allem aber erinnert der Sturm aufs Kapitol jahreszeitlich perfekt an den Rathaussturm der Narren. Zur Fastnacht wird in vielen Gemeinden Deutschlands seit feudalen Zeiten das Rathaus symbolisch erstürmt und die Macht mit einer theatralischen Schlüsselübergabe den eigentlich Herrschenden für einige Tage genommen. Das entlastete die Menschen, die in einer kastenartigen Hierarchie zu ewiger Machtlosigkeit verdammt waren. Der Sturm aufs Kapitol befindet sich also in der Tradition alter, entlastender Rituale, die ebenfalls aus feudalherrschaftlicher Zeit kommen.

Sie zeigen einen explosiven Ausbruch aus den unfreien Rollen des Alltags, der folgenlos bleibt und keine Gefahr für die Mächtigen darstellt. Außer sie bekommen tatsächlich Angst. Dann hat er sogar etwas Gutes erreicht, denn wie sonst sollten sich diese Vertreter der Unterstschicht den Eliten präsent machen? Es ist genau diese Überbrückung der Standesgrenzen aus dem Fasching, die die Menschen verwendet haben, um sich kurz vor der Machtübernahme durch die Demokraten noch einmal bemerkbar zu machen. – Ilona Mennerich

 

Der Totentanz von Washington als Abgesang auf die unrühmliche Ära (um nicht Epoche zu sagen) des Dämonischen Präsidenten Trump; mit dem Tiefpunkt des Aufstandes der verwirrten Hofnarren im Kapitol. Für seine rechten Fans, wie die Proud Boys und QAnon-Anhänger, ist Trump der „Böse Geist“ als Mittelwesen zwischen Mensch und Gott. Alles nach Trumps Motto: „Geld und Lobbyisten regieren die Welt.“ Die radikalen Rechten, die Abgehängten haben noch nicht gemerkt (und viele werden es auch nie), dass sie lediglich Spielmasse von und für Trump sind.

Das so eine Menge fanatische und auch andere Trumpwähler auf diesen ungebildeten und ungehobelten Egomanischen Rattenfänger reingefallen sind (und ihr altes Leben sicher nicht zurück bekommen und sich auch in ihrem neuen Leben schwertun werden) hat sicherlich entscheidend mit den „sozialen Netzwerken“ und den Falschmeldungen, Lügengeschichten und Hasserfüllten Kommentaren als „Kurznachrichten“ ihres gestürzten Totengräbers zu tun. – Felix Bicker

 

Ist es vernünftig, das Verrückte zu entziffern, fragt Thomas Assheuer. Ja. Aufklärung kann nicht anders. Fluch und Segen: Wo Aufklärung im Wege der Entmythologisierung das moderne Leben von veralteten Traditionen und Glaubensinhalten, von unhaltbaren Ritualen und Normalitäten trennt, kann diese Trennung als Schmerz empfunden werden, sofern sie nicht überzeugend und nachhaltig mit positiven Narrativen von Humanität und Befreiung flankiert wird. Paradox: Die mit dem modernen Leben verbundene Freiheit, ebenso Ratio und Technik werden von den Trennungsschmerzgeplagten selbstbewusst genutzt, um sich als Ersatz für die verlorenen Gewissheiten ein vormodernes heilendes Narrativ zu basteln. Auf diesem Wege entsteht eine unübersehbare Vielfalt von eklektizistischen Parallelwelten mit je eigenen Mythenkompositionen, die jeweils zum eigenen Bedarf schlüssig und überzeugend passen. Willkommen in der unübersichtlichen Welt der Verschwörungsnarrative, die sich in ihrer multiplen Widersprüchlichkeit jederzeit auf die Moderne als den gemeinsamen Feind einigen können, worin noch einmal die Richtigkeit der eigenen „Überzeugung“ sich bestätigt sehen kann.

Die vernunftmissbrauchende Auseinandersetzung der Vormoderne mit der Moderne beinhaltet Reibung. Die aus der Reibung entstehende Hitze wird umgewandelt in Sendungsbewusstsein, das internetbasiert durch Algorithmen geradezu pandemisch wird. Dieses pandemische Momentum machen sich die Rechten zu Nutze, indem sie passende Andockstellen in die exponentiell wachsenden Entstehungsprozesse von Verschwörungsnarrativen einbauen. Aus Affinitäten erwachsen neue Affinitäten und durch Mutationen verbreiten sich mit den Verschwörungsmyten auch rechte Überzeugungen und Handlungsangebote, breitet sich die Gegenaufklärung und der Vorfaschismus aus. Aus Selbstheilungsplacebo wird Reinigungsphantasie und -auftrag.

Tückisch: Selbst wo alte Trennungswunden längst durch Bildung und langjährig eingeübte Demokratie verheilt sind, können sich Phantomschmerzen einstellen. Die Erstürmung des Kapitols war ein solcher Moment. „Holt euch euer Leben zurück“, schallt es im unendlich großen Raum rückwärtsgewandter Illusionen und unhaltbarer Versprechen von Heil und Größe. – Was hilft? Aufklärung. Immer wieder positive Narrative von Humanität und Befreiung. Programme zur Integration von Verirrten. Aufgeklärte Bürger, die demokratisch Einfluss nehmen. – Reinhard Koine

 

Thomas Assheuers brillanter Blick auf die US-amerikanische Undergroundideologie sollte unbedingt auf unsere bundesrepublikanischen Verhältnisse, nicht allein in Zeiten von Corona, ausgeweitet werden. In den Reihen der Querdenker wird ein abstruses Konglomerat aus unterschiedlichsten parawissenschaftlichen und pseudoreligiösen Weltanschauungen kultiviert, welches, da doch einem esoterischen und damit geheimen, den Nichteingeweihten unzugänglichen Wissen entsprungen, die wirkliche Wirklichkeit hinter den Dingen offenbart. Dieses auch und besonders in der bildungsnahen Gesellschaft gepflegte und in diversen alternativen Lebensstilen sich manifestierende Denken zeigt nun seine hässliche Fratze. Nein, die wollen nicht nur spielen, jetzt geht´s ums Ganze. – Martin Schley

 

Die Analyse des Autors widmet sich ausführlich den Angreifern auf das Kapitol in Washington, die sich nach seinen Worten „als Schamanen und Narren“ verkleidet haben und er geht der Frage nach, welche „Dämonen (sie) bekämpfen“.

Dabei trifft er unter Aufbietung eines beachtlichen sprachlichen Repertoires zur Erfassung der Kapitolstürmer eine interessante Unterscheidung. Zur gefährlichen, weil waffentragenden und zu allem entschlossenen Gruppe zählt er „rabiate Lümmel“ „Finsterlinge“, „Milizionäre“ und „Survivalkämpfer“. Diese grenzt er ab von „einer Handvoll Paradiesvögel“, „Wanderprediger“, „Witzfiguren“, „komische(n) Käuze(n)“, „Geisterseher(n)“ und widmet sich im Folgenden dieser „gespenstische(n) Clique“, indem er stellvertretend den medial inzwischen bildgewaltig in Szene gesetzten „Schamanen“ hervorhebt, der sich als „Aufklärer in einer von Dämonen verhexten Welt“ fühle.

Der bereits im Untertitel gestellten Frage nach den Dämonen geht er nach, indem er den Kulturwissenschaftler Boris Groys Einordnungen vornehmen lässt. Dieser diagnostiziere, so Assheuer, eine Systemkrise „am Narrensaum des Sozialen“, also bei den „tierisch aufgebrezelten Schamanen“. Warum, so fragt sich der Autor zu Recht, haben diese „Unheilsverkünder“ einen solchen Zulauf?

Seine Antwort ist differenziert und nachvollziehbar: Amerikas Rechte bedient sich seit langem präfaschistischer Ideologieversatzstücke wie der völligen Destruktion des Bestehenden und der Wiedergeburt des wahren Lebens und fängt damit die „Abgrundgemeinschaft der Enttäuschten“ ein. Dass ein US-Präsident sich an die Spitze dieser Bewegung setzt und sie anheizt, hat sie groß und gefährlich gemacht.

Bis hierher konnte ich der Argumentation Assheuers, dessen Analysen ich seit vielen Jahren schätze, folgen. Doch was geschieht nun? In einer beispiellosen Volte wendet sich der Autor unvermittelt den vermeintlichen Dämonen der „linken Version“ zu und meint, nun die anerkannte amerikanische Philosophin Nancy Fraser mit ihrer Kritik am Finanzkapitalismus den rechten Hetzern gleichsetzen zu können.

Nancy Fraser lehrt an der renommierten New School of Social Research in New York, einer Hochschule, deren Tradition in der Verbindung von fortschrittlichem amerikanischem und kritischem europäischem Denken steht und deren Aufzählung deutscher Dozenten von Hannah Arendt über Jürgen Habermas bis zu Rainer Forst und Norbert Frei reicht. Die Philosophin fordert, wissenschaftlich fundiert, eine Regulierung des Finanzkapitalismus sowie eine Abkehr von der Austeritätspolitik, von prekären Arbeitsverhältnissen etc., wie der Autor selbst präzise ausführt. Assheuer nennt das in einer ungeheuerlichen Gleichsetzung „eine andere Form von politischem Exorzismus“.

Damit bedient er sich der (vulgären) Metapher des Hufeisens (s. ZEIT vom 28.10.2019, Das Hufeisen muss runter): Wer über Rechte redet, darf nicht vergessen, auf die Taten der Linken zu verweisen. In der Lesart von Assheuer sind beide, der tätowierte Schamane mit nacktem Oberkörper, mit Fell und Hörnern, und die kapitalismuskritische Professorin, „falsche Propheten“, die nach seiner Ansicht von demokratisch gesinnten Bürgern ausgelacht werden. Mir ist das Lachen vergangen, Herr Assheuer! – Helmi Karst

 

Ich bin schon seit vielen Jahren Zeitleser und werde es hoffentlich noch länger sein. Was mich in letzter Zeit an einigen Artikel in der Zeit sehr stört, ist die Verwendung von englischen Begriffen und Redewendungen, die ich, wahrscheinlich auch andere, nicht ganz verstehen. Ich bin Dipl. Ing. und habe in der Datenverarbeitung gearbeitet. Viele Begriffe und Kürzel sind für den Großteil der Leservöllig unverständliche, ohne eine entsprechende Übersetzung oder Erklärung. Genau so geht es mir wenn ein Verfasser englische Aussagen verwendet um seinen Text zu unterstützen, dann sollte er aber auch in der Lage sein dies in Deutsch zu übersetzen. Einige Beispiele aus der Zeit Nr. 3 2021, „Holt euch euer Leben zurück!“. Er hat unteranderem geschrieben „You can make it if you try“, wenn er dies so aussagekräftig findet, kann er dies bestimmt auch in einem deutschen Satz erklären.

Später in dem Artikel taucht auch das Wort „homegrown“ auf, muss ich erst Wikipedia aufrufen um den Sinn diese Wortes zu verstehen. Ich kenne und benutze wirklich viele Fremdwörter, aber eine kleine Erklärung wäre nicht schlecht. Ein weiteres Beispiel aus dem Gespräch mit Herrn Habeck. Der ehemalige amerikanische Präsident soll am Ende seiner Amtszeit zu seinem Mitarbeiter gesagt haben: „What if we were wrong“. Weiter schreibt der Fragende von der Zeit, „Was meint er eigentlich damit in welchem Sinne „wrong? Das habe ich mich auch gefragt. Es werden immer mehr englische Begriffe verwendet und viele wissen gar nicht was es genau bedeutet. Positiv ist ein Artikel in der gleichen Ausgabe „Lob der Muttersprache“ der sehr informativ ist zur Verwendung der Sprachen. – Joachim Will

 

So eine kluge Analyse! Und dann die übliche Gleichsetzung von links und rechts – schade! Nein, die Linke weiss wo die Macht ist – bei den Vermögenden plus Elite -und sie weiss wo sie entstanden ist – in der Gesellschaft – und sie will, dass sie eben da gerechter verteilt wird. Die Rechten wissen auch wo die Macht sitzt – bei den Eliten plus Vermögenden – aber sie glauben, dass sie aus den Individuen entsteht – Leistungsträger, self made man, tolle Typen – und sie verstehen nicht, warum sie selbst nicht dazu gehören. Weil sie , trotz groß geschriebener Eigenverantwortung, nie darauf kommen, dass sie selbst schuld sind, suchen sie Schuldige und genau dies ist der Nährboden für Verschwörungstheorien und faschistische Ideologie. und sie hätten keine Chance, wenn sie nicht von den Mächtigen genutzt werden würden um sich von den Linken und einer gerechteren Verteilung zu schützen.

So war es (seit dem Aufkommen von Sozialismus und Faschismus) und so ist es. Neu hinzugekommen ist die Erkenntnis, dass linke Machthaber genauso fürchterlich sind wie rechte oder Ideologiefreie – weil die Macht nicht befriedigt (i can get no satisfaction) sondern geil auf mehr Macht macht, und die Angst sie zu verlieren zu grausamer Vorsorge führt. Also: Macht (die Elite) bedarf der demokratischen Kontrolle – längst bekannt aber immer noch nicht konsequent umgesetzt. Und, da das immer noch nicht reicht – siehe Trump und die Republikaner – darüber hinaus noch einer psychologischen Betreuung (Kontrolle) etwa in Form einer Supervision. – Dieter Herrmann

 


 

 

Leserbriefe zu „»Das ist ein Kriegsgebiet«“ von Kerstin Kohlenberg

 

Ich möchte mich in meinem Leserbrief gerne mit dem neuen Begriff „Der Sturm auf das Kapitol“ befassen. Es würde mich sehr freuen, wenn er abgedruckt oder im Leserbriefe-Blog veröffentlicht würde. Und noch mehr würde ich mich freuen, wenn ein*e Journalist*in der ZEIT sich in einem Artikel mit der Frage befassen würde, welche Sprache wir verwenden, um über politische Ereignisse von großer Symbolkraft zu sprechen.

Beim Hören des Nachrichten-Blogs „Was jetzt?“ der ZEIT merkte ich plötzlich auf. Hatte die Journalistin wirklich gerade vom „Sturm auf das Kapitol“ gesprochen? Tatsächlich und nicht nur das. Alle Medien, auch die angesehensten Tageszeitungen des deutschsprachigen Raums, verwenden diese Formulierung. Es gibt bereits einen Wikipedia-Artikel, der entsprechend betitelt ist. Und auch in den anderen, mir geläufigen Sprachen wird der traurige Angriff auf die amerikanische Demokratie der vergangenen Woche durch sprachliche Analogie mit einem der zentralen Ereignisse der Französischen Revolution in Verbindung gebracht: Mit dem Sturm auf die Bastille (engl. Storming of the Bastille, franz. Prise de la Bastille).

Nun war nicht alles toll an der Französischen Revolution und sie war voller Gewalt und Blut; dennoch bewahren wir sie als das entscheidende Ereignis auf dem Weg zu unseren modernen Demokratien, auf die wir zu Recht so stolz sind, im kollektiven Gedächtnis. Bis heute feiern die Franzosen ihren Nationalfeiertag am 14. Juli, dem Tag des Sturms auf die Bastille, mit dem eine andere Gesellschaft, eine gerechtere Gesellschaft, eine radikale Abkehr vom feudalen Absolutismus, plötzlich möglich schien. Warum rücken wir das, was vergangene Woche in Washington passiert ist, in die begriffliche Nähe zur französischen Revolution?

Die Rechtsradikalen, die die offizielle Bestätigung der demokratische durchgeführten Wahl von Joe Biden zum neuen US-amerikanischen Präsidenten sabotierten, haben eine zutiefst antidemokratische Tat begangen. Sie (oder ihre Vordenker wie Michael Anton) mögen sich als Revolutionäre begreifen, die die USA vom Joch des Liberalismus (oder von was genau auch immer) befreien werden, sie mögen von einer „zweiten Amerikanischen Revolution“ sprechen, aber wir sollten ihnen und ihrer Sprache nicht folgen, indem wir ihren gewaltsamen und vandalistischen Sabotageakt als „Sturm auf das Kapitol“ bezeichnen. – Jasmin Camenzind

 

Ich freue mich jedesmal über einen Beitrag von Frau Kohlenberg. Man bekommt ein Gefühl für die Gemengelage in den USA und die Konturen zwischen Schwarz und Weiß bzw. zwischen Rot und Blau bekommen eine realistische Unschärfe. Aktueller denn je ist bzw. war ein Bonmot von Clarence Manion, einem bedeutsamen Wegbereiter der rechts-konservativen Medien. „A lie can travel seven leagues while the truth is getting on its boots.“

Was hätte Manion wohl dazu gesagt, dass dieser Spruch einst das grundlegende Erfolgsrezept eines gefährlichen republikanischen Präsidenten treffend beschreiben würde? Doch die Abwahl von Nr. 45 nach bereits 4 Jahren und aufrechte demokratische Republikaner wie Herr Raffensberger lassen die Beine der Lügen dann doch wieder etwas kürzer erscheinen. Gut so. – Dr. Christian Voll

 

Ich bin mehr als enttäuscht von der spärlichen Berichterstattung über das Drama vom Sturm auf das Kapitol. Was alles fehlt an Informationen und Hintergrundrecherche? – die klare,unzweideutige Benennung des Hauptschuldigen an diesem Desaster: Donald Trump,erwiesener Lügner,Demagoge,Hetzer und Aufwiegler. – die Chronologie der Ereignisse vor der Erstürmung des Kapitols,Trumps Aufrufe in der Kundgebung davor und der Redetext,der von den „Demonstranten“ als Grundlage für den Gewaltausbruch verstanden wurde.

– die Angriffe auf Medienvertreter,die Zerstörung ihrer Ausrüstung – die überdeutlich defensive und zurückhaltende Vorgehensweise der Sicherheitskräfte vor dem Kapitol(Verzicht auf Wasserwerfer,Tränengas etc.) – das Versagen der Sicherheitskräfte trotz vorheriger absehbarer Bedrohungslage – Berichte über Sympathiebekundungen von Sicherheitskräften während der Tumulte – Berichte über die Aussagen und Heucheleien Trumps in den Tagen nach den Tumulten – die Auflistung der möglichen Folgen eines Impeachments gegen Trump und die Positionierung seiner Partei in diesem Kontext. Das ist nur ein kleiner Ausschnitt der Defizite.Ich erwarte von der Zeit wesentlich mehr, als die wenigen Randberichte in der aktuellen Ausgabe, dazu war dieser Putschversuch eines regierenden amerikanischen Präsidenten zu gravierend. – C. Stellmacher

 

Frage: Wie starb der Polizist, als das Capitol gestürmt wurde? Antwort im Artikel „Das ist Kriegsgebiet“: „Ein Polizist wird mit einem Feuerlöscher vom Mob zu Tode geprügelt.“ Antwort im Artikel „Wohin geht die Wut?“: „Etwa zur gleichen Zeit warf jemand aus der Menge einen Feuerlöscher auf ein versprengtes Häufchen Polizisten – und traf den Polizisten Brian Sicknick am Kopf. Er starb später an seinen Verletzungen.“ Als verwirrter Leser denke ich: Wie jetzt? – Kurt Eimers

 

In der Ausgabe Nr. 3 vom 14. Januar mit dem Titelthema „Wohin geht die Wut“ hatte ich mehr Tiefgang zum Sachverhalt „Sturm auf das Kapitol“ erwartet. Zwar ist eine Zeitung kein Lehrbuch, jedoch zählt „DIE ZEIT“ zu den Qualitätszeitungen. Bei umfangreichen Texten wurde dem Leser jedoch mehrheitlich bereits Bekanntes geschildert. Dies muss „DIE ZEIT“ nicht auch noch wiederholen. Wertvoller wäre es gewesen, die Hintergründe dazu und die Zustände der amerikanischen Gesellschaft, die dazu geführt haben, intensiver darzulegen und zu interpretieren.

Diese Problemfelder wurden mehr oder weniger lediglich gestreift. Für einen deutschen bzw. europäischen Leser ist das Wissen darüber wichtig, da Politikverdrossenheit, gepaart mit sozialen Schieflagen aufgrund eines globalen Kapitalismus, als prinipielle Ursachen alle (demokratischen) Nationen betreffen. Amerika ist nicht das einzige Spannungsfeld dieser Art. Mögen andere Nationen daraus ihre Lehren ziehen. – Werner Rachuba

 

Da gab es doch mal einen Zeitabschnitt, den nannte man Aufklärung. Es zeigt sich jetzt, daß immer noch archaische Denkstrukturen und die alte Stammeskriegermentalität vorhanden sind. Treffend beschrieben von vielen, z.B. auch „in den guten alten Zeiten“ von „Väterchen“ Franz Degenhardt. Irgendwo schlummert immer noch der „alte Affe“ (Kästner). Parlamente werden gestürmt, Pandemien verharmlost, Holocaust geleugnet, einfach draufgeschlagen.

Gefährlich ist’s, den Leu zu wecken … schon vergessen? Die Schwarmintelligenz des Wahlvolkes produziert auch solche „Volksvertreter“, querdenken muß erlaubt sein. Das ist zu ertragen, solange Grundregeln akzeptiert werden. Diese Grenze wird z.Zt. überschritten. Achtsamkeit und Mut sind gefragt, nicht nur von Politik und Polizei, sondern von uns allen! Ignorieren (das geht schon vorüber) und Nichtwählen sind gefährlich. Also mehr Farbe bekennen und Klappe aufmachen! – Stefan Lambers

 

Die USA haben nicht erst jetzt den Boden unter den Füßen verloren, sondern spätestens schon mit der Wahl eines erklärten Feindes des parlamentarischen Systems zum Staatspräsidenten unter dem Beifall von damals 63 Millionen Amerikanern. Wenn 2020 sogar 74 Millionen für Donald Trumpgestimmt haben, dann ist der Sturm auf das Kapitol in Washington nur die ebenso dramatische Konsequenz wie tragische „Krönung“ dieser Entwicklung einer Weltmacht zur „Bananenrepublik“, wie es der Republikaner George W. Bush es treffend formuliert hat, der es allerdings mit der Wahrheit auch nicht immer so genau genommen hat.

Und wenn Länder wie Russland oder China jetzt mit dem Finger auf Amerika zeigen, dann sollten sie nicht vergessen, daß bei einer Hand mit einem ausgestreckten Zeigefinger immer auch vier Finger auf einen selbst zeigen. Denn es dürften nicht wenige Menschen in diesen Ländern sein, die sich wünschten, in einem Land zu leben, wo so etwas möglich ist wie ein Sturm auf ein Gebäude der Staatsmacht. Und wo einem Staatschef danach sogar noch ein öffentliches Verfahren droht, zumindest aber die öffentliche Ächtung eines Großteils der Bevölkerung. Aber ein Donald Trump ist nicht vom Himmel gefallen. Wir Deutschen können ein Lied davon singen, daß solche „Führer“ immer ihren Nährboden haben.

Und der ist in den USA nicht verschwunden, ganz im Gegenteil, wie es scheint, wenn 45 Prozent den Sturm auf das Kapitol sogar nachträglich noch gutheißen. Und dazu haben auch bestimmte „Eliten in Politik und Finanzwelt“ beigetragen. „Daß keiner uns zu früh da triumphiert. Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch“, hieß es schon bei Bertolt Brecht. Der Name des Gangsters ist hier Arturo Ui, dessen „aufhaltsamen Aufstieg“ Brecht als Warnung für spätere Generationen 1941 niederschrieb. – Wilfried Mommert

 

„Der Sturm auf das Kapitol ist unser Tschernobyl-Moment“ und „Das ist ein Kriegsgebiet“. Nichts gegen Mr Comey (und nichts, aber auch gar nichts für Trump, Corona-Leugner oder „kriegsbemalte Halbnackte“ usw.), aber ist es denn so schwer zu begreifen, dass Bürger, die mit ihrer Großmutter von Essensgutscheinen leben, obwohl sie sich täglich abstrampeln, und sehen, dass auch fast alle ihre Bekannten Sozialhilfe bekommen, sich verraten fühlen von Politikern, die sich in Kammgarnanzügen auf Sofas räkeln und Sätze sagen wie:

„Wir haben (bzw. hatten) es geschafft, dieses radioaktive Gebräu hinter dicken Mauern in eine Kammer zu sperren und dort zu kontrollieren“ und „Dieses Problem wird nicht ganz verschwinden, aber wir werden damit fertig“, und dass es dann nur noch ein kleiner Schritt ist, bis man Trump oder andern glaubt, die behaupten, das politische System sei korrupt oder dass sich die Superreichen am Blut kleiner Kinder mästen? Von daher wird Idealismus oder der gute Wille Bidens nicht reichen, wenn nicht auch genug Realismus hinzutritt und neben Wirtschaftsprogrammen auch soziale Reformen auf den Weg gebracht werden. Die Hauptfrage lautet daher nicht: „Wohin geht die Wut?“, sondern „Woher kommt die Wut?“ – Prof. Dr. Bernd Schwarz

 


 

 

Leserbriefe zu „Ende des Albtraums“ von Josef Joffe

 

Josef Joffes Beschreibung des Aufstands in Washington in der vergangenen Woche hinterlässt einen bitteren Beigeschmack: „nur Bilder“ gab es demnach zu sehen, „Schreckenstheater“, „Performance“ – und als die Bühne leer war, war alles wieder gut. Wie ein schlecht geschnittener Hollywood-Reißer, Ketchup statt Blut. Aber: Als diese „Performance“ vorbei war, war die Bühne gar nicht leer: Da lagen sechs Leichen – ein Polizist hat nachträglich noch Suizid begangen. Joffe erwähnt sie nicht.

So unangemessen darf man nicht von einem solchen Ereignis berichten. Und: Der Alptraum Trump endet nicht am 20. Januar um zwölf Uhr mittags, Herr Joffe. Da sind über 70 Millionen Trump-Wähler*innen, die Trump auch dann noch glauben und folgen – wenn nötig, mit Gewalt –, wenn er kein Amt und keinen Titel mehr hat. Sie warten nur auf ein Wort von ihm. Und sie sitzen auch im Kongress. – Dr. Wilhelm Otto Deutsch

 

Same procedure since many years. Der glühende Atlantiker Josef Joffe kann es nicht lassen und muss sich selbst und uns „sein“ Amerika, wie schon so oft, schön schreiben. Die „Katastrophe im Kapitol“ bestand „nur aus Bildern“? Hallo! Es gab fünf Tote, lieber Josef Joffe. Natürlich war es kein Putsch. Aber das Attribut „Bananenrepublik“ hat sich das Land in den letzten Jahren unter Trump redlich verdient. Ob der Albtraum Trump vorbei ist? Man wird sehen. – Karl Giebeler

 

Im Allgemeinen schätze ich die Kommentare von Josef Joffe. Wenn er allerdings den ehemaligen Präsidenten Obama als „friedensbeseelten Linksdemokraten“ bezeichnet, kann ich ihm nicht folgen. Weiß Joffe denn wirklich nicht, dass Obama die Welt auch durch sein Tun unfriedlicher hinterließ, als er sie vor seinem Amtsantritt vorfand. Das Vorgehen gegen Libyen bezeichnete Obama selbst „als seinen größten Fehler“. Recht geben muss ich allerdings Joffe, wenn er Joe Biden zitiert: „Wir müssen aufhören, Gegner als Feinde zu bezeichnen“. Dies wäre auch für die Bundesrepublik notwendig. Aber das sollte Joffe den Öko- und Gendersternchenfanatikern sagen, die die Stimmung in Deutschland aufheizen und politische Gegner dämonisieren. – Rolf Schikorr

 

Ich kann den naiven Optimismus dieses Artikels nicht teilen. Ich habe den Eindruck, dass viele deutsche Medien dazu neigen, den Angriff auf das Kapitol als eine Art Lausbubenstreich kleinzureden. Herr Joffe schreibt von einer „Performance“. In einer anderen großen deutschen Tageszeitung wurden die Angreifer gar als „Rabauken“ verniedlicht. Damit begehen Gesellschaft, Politik und Medien aus meiner Sicht genau den gleichen Fehler wie schon kurz vor und während der Ära Trump: Die Bösartigkeit und Gefährlichkeit dieses Präsidenten und seiner teils völlig fanatischen Gefolgschaft wird kolossal unterschätzt. Es handelt sich nicht mehr nur um einen kleinen Rechtsruck, einen kleinen Ausreißer in der Geschichte, so wie Herr Joffe meint.

Verschwörungsideologische Fantasien vor allem von QAnon sind bis in weite Teile der Normalbevölkerung vorgedrungen und arbeiten an einer schrittweisen Zersetzung unserer Demokratie, nicht nur in den USA. In Deutschland hat diese Bewegung übrigens mit die meisten Anhänger außerhalb der Vereinigten Staaten – zu interessieren scheint das kaum jemanden. Ein erster Schritt wäre es, die Bedrohung endlich anzuerkennen, die von solchen Bewegungen ausgeht, und sie nicht als einzelne, lächerliche Spinner abzutun.

Es ist naiv zu glauben, dass dieses Gedankengut mit Trump von der Bildfläche verschwindet und dass Biden auch nur den Hauch einer Chance hat, solche Menschen wieder einzufangen. Sie werden vielleicht medial nicht mehr so sichtbar sein, aber eben das tun, was sie am besten können: Sich als eine Art Hintergrundrauschen weiter radikalisieren und in die Hirne dafür anfälliger Bürger*innen fressen. Sollte das Amtsenthebungsverfahren gegen Trump nicht erfolgreich sein und er in vier Jahren wieder antreten, könnte er sogar auf einer noch größeren Welle schwimmen. Der Albtraum, den Herr Joffe für beendet erklärt, könnte uns erst noch bevorstehen. – Meike Mittmeyer-Riehl

 

Das Drama mit dem Trumpismus ist, dass er nicht nur seine Anhänger anheizt, sondern auch seine Gegner einschüchtert und sie ihres Urteilsvermögens beraubt. Nach den Bildern vom 6. Januar wäre es eigentlich angemessen, die Verantwortung für eine Überwindung der gefährlichen Polarisierung der politischen Landschaft in erster Linie bei den Republikanern zu sehen, die von einer radikalisierten Trump-Sturmtruppe wieder zu einer ernst zu nehmenden Kraft werden müssen. Statt dessen sieht Joffe die Verantwortung für die Einigung des Landes bei Joe Biden und seiner Fähigkeit der Zähmung der linken Demokraten. Habe ich da was verpasst, und es waren in Wirklichkeit Linke, die das Kapitol überfallen haben?

Nein, die USA werden erst wieder zur Ruhe kommen, wenn der Rechtsstaat, der ja sonst mit Anklagen auch gegen hohe Tiere nicht eben zimperlich ist, Trump wegen Anstiftung zum Aufruhr, wenn nicht sogar Anstiftung zum Mord vor Gericht zitiert. Sollten nur Gewalttäter, die unmittelbar an den Ausschreitungen beteiligt waren, verurteilt werden, ohne dass es für Trump Konsequenzen gäbe, würde er nachträglich doch noch Recht bekommen: nicht er, aber der Trumpismus hätten dann die Wahl gewonnen. – Dr. Dirk Kerber

 

Sie haben sich in der Vergangenheit sehr oft kritisch über Donald Trump geäussert und dies zu recht. Jetzt schreiben Sie: “ Einen zweiten Goebbels-Verschnitt können sich die Republikaner nicht leisten.“ Hätten Sie dies vor einem halben Jahr geschrieben, wäre es mutig gewesen, aber jetzt…ein bisschen billig, finden Sie nicht? Und jetzt noch nebenbei: Etwas mehr kritischer Journalismus bezüglich der Coronamassnahmen und deren Auswirkungen auf alle gesellschaftlichen Bereiche wäre wünschenswert. – Peter Gobmeier

 

An sich freute ich mich, einen der zwischenzeitlich selten gewordenen Joffe-Artikel in der „Zeit“ lesen zu können. Jedoch kann ich Ihre Stellungnahme im Zusammenhang mit den schlimmen Vorfällen in Washington und dem Ende der Präsidentschaft des narzisstischen, machtbesessenen sowie alle Regeln des Zusammenlebens ignorierenden D. Trump so nicht stehen lassen: Nein, es waren nicht nur Bilder. Bei dem beispiellosen Sturm auf das Kapitol haben 5 Menschen ihr Leben verloren. Ich denke, Ihre Darstellung ist eine unzulässige Verharmlosung der Früchte einer katastrophalen Präsidentschaft des D. Trump und seiner republikanischen Unterstützer, welche die amerikanische Gesellschaft und ihre demokratischen Werte in ungeahnter Weise beschädigt haben. – Walter Müller

 


 

 

Leserbriefe zu „Bitcoin? Kann weg!“ von Mark Schieritz

 

Ich habe selten einen unsachlicheren und inkompetenteren Kommentar in der Zeit gelesen. Zunächst habe ich an eine Satire gedacht, doch dann hätte das auch so gekennzeichnet sein müssen. Hat der Kommentator vielleicht Geld verloren als Bitcoin Investor und ärgert sich jetzt über seine eigene Dummheit? Ich will hier nicht gegenargumentieren, was z.B. den Schaden für die Umwelt beim Bitcoin Mining oder die Nutzung für Drogengeschäfte oder Schwarzgeld betrifft. Das ist unbestritten,trifft aber für Gold oder Bargeld von offiziellen Währungen genauso zu. Auch Spekulation gibt es in allen Bereichen von Finanzgeschäften.

Auch die zunehmende Wertlosigkeit unseres Papiergeldes scheint ihn nicht zu interessieren, da die Notenbanken bisher für beliebig viele Staatsschulden gerade stehen. Eine Deckung dafür gibt es schon lange nicht mehr. Jedes Zahlungsmittel braucht das Vertrauen der Menschen und solange das gegeben ist, funktioniert es als Wert, bei Gold schon seit 10.000 Jahren. Der Bitcoin ist gerade mal gut 10 Jahre alt, dafür wird ihm schon eine Menge Vertrauen entgegen gebracht. Seit dem letzten Jahr wird er als Zahlungsmittel von bekannten Zahlungsdienstleistern wie Paypal oder Square akzeptiert, wohl nicht ganz grundlos. Aber dazu steht kein Wort in dem Kommentar, das hätte offenbar die Verteufelung des Bitcoin gestört. – Franz Eibach

 

Schlechte Ökobilanz? Leider absolut korrekt. Kein sicherer Hafen aufgrund hoher Volatilität? Stimmt (noch). Aktuell großes Spekulationsobjekt? Durchaus richtig. Und dennoch ist Ihr Kommentar leider sehr undifferenziert und schlecht recherchiert. Die wenigsten Bitcoin-Sympathisanten sind Prepper, die an den Weltuntergang glauben. Noch sehen die meisten den Bitcoin als Zahlungsmittel, sondern lediglich als Wertaufbewahrungsmittel oder Investmentobjekt. So wäre ein Vergleich zu Gold auch viel passender und damit auch zur CO2-Bilanz von Gold. Macht den Bitcoin-Fußabdruck selbstverständlich nicht besser – trotzdem muss man richtig vergleichen. Andere Kryptowährungen bauen bereits auf wesentlich ressourcenschonendere Verfahren (z.B. Proof of Stake), weswegen Bitcoin auch als Türöffner für diese angesehen werden kann.

Genauso gilt in Deutschland ja auch ein 761PS Porsche Taycan als Türöffner für CO2-Einsparungen durch höhere Akzeptanz von E-Mobilität. Zum Thema Werterhaltung: Bei einer steigenden Inflation (die wirkliche Sorge vieler Bitcoin-Enthusiasten – kaum jemand spricht von einer Staatspleite) erscheint der Nutzen eines stark begrenzten „Gutes“ als werterhaltendes Mittel durchaus logisch. Und so erwartet auch niemand vom Bitcoin eine Konjunktursteuerungsfunktion. Die erwähnten „Digi-Nerds“ sind in Wirklichkeit wohl einfach nur junge Leute. Davon gibt es übrigens immer mehr. Und die lesen Ihren Kommentar und denken: „OKAY Boomer.“ – Thomas Glaser

 

Ich muss leider die Zeit bezüglich Bitcoin heftig kritisieren: Warum sind die Artikel über Bitcoin derart schlecht recherchiert bzw. in Form eines Kommentars nur negativ? Warum nicht zwei Kommentare mit unterschiedlicher Meinung? Warum werden nicht erwähnt: die Blockchain, das Stock-to-Flow-Modell, allgemein die Härte der Währung, der 4-Jahres-Zyklus mit den Halvings? Warum keine technische Chart-Analyse? Warum keine On-Chain-Datenanalysen, wie z.B. der Hash Ribbon? Es werden zu Recht potentielle Nachteile genannt, aber warum keine Chancen und Vorteile, z.B. eine Demokratisierung und Liberalisierung des Zahlungsverkehrs, insbesondere virulent für die Menschen in failed states? Und übrigens: auch Bargeld wurde in der Geschichte der Menschheit schon für kriminelle Aktivitäten verwendet.

Was ich letzte und diese Woche über Bitcoin in der Zeit lesen konnte, hat mit ausgeglichenem, informativem, kurz: seriösem Journalismus leider nichts zu tun. Da hoffe ich auf Nachbesserung. Es ist in Ordnung, wenn die Zeit über ein recht junges Nischenthema nichts bringt. Aber wenn sie etwas bringt, dann sollte es doch qualitative Mindeststandards erfüllen und nicht nur Halbgares, Tendenziöses sein. – Sebastian Stehle

 

Immer wieder Bitcoin. Oder ist da mehr? Leider kratzen Sie mit ihrem Kommentar nur an der Oberfläche. Es steckt wesentlich mehr hinter Bitcoin/Kryptowährungen und der dahinterliegenden Technologie. Es geht auch nicht nur um Banken und das Zahlungswesen, die Technologie kann in diversen Bereichen eingesetzt werden. Der Überbegriff lautet „Distributed Ledger Technology“, kurz DLT. Dabei geht es darum Transaktionen, Verträge etc. in einem dezentralen Hauptbuch festzuhalten, ohne dass dabei eine Entität die Kontrolle darüber hat. Auch sind der Energieverbrauch und die Transaktionskosten bei anderen Kryptowährungen deutlich niedriger, bei gleichzeitig erhöhter Transaktionsgeschwindigkeit.

Hedera Hashgraph beispielsweise benötigt einen Bruchteil der Energie, kann 3000x so viele Transaktionen pro Sekunde wie Bitcoin abwickeln und kostet 1/30.000 der Gebühren, dieses Potential haben auch Unternehmen wie Google, IBM, LG, die deutsche Telekom und viele Weitere erkannt und arbeiten an echten Anwendungen. Beispiele hierfür, die im realen Leben schon eingesetzt werden sind zb. Asset Tokenization, Smart Contracts, Bekämpfung von Betrug in diversen Bereichen (ad fraud, coupon industry). Weitere interessante Einsatzbereiche werden sein CBDC (central bank digital currency) und Stablecoins. Facebook hat hier mit Libra einen offensiven Schritt gemacht, dabei wird es nicht bleiben, die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass es bald mehrere gibt, die ihren eigenen Stablecoin herausbringen werden, zB. Google?, Paypal?…

Wer alles nur auf Bitcoin reduziert, hat sich nicht damit auseinandergesetzt oder nicht verstanden, worum es geht. Bitcoin hat einerseits den first mover advantage und andererseits gilt er mittlerweile als Leitwährung der Kryptowährungen. Lassen Sie uns 10 Jahre warten, dann gibt es in ihrem Wirtschaftsteil eine eigene Rubrik für Kryptowährungen. Ich würde mir wünschen, dass sich ihre Zeitung jetzt schon differenzierter und gehaltvoller mit dem Thema Bitcoin/Kryptowährungen auseinandersetzt. Hier entsteht eine neue Asset Klasse, die meisten werden das wohl erst spät begreifen, as usual. – Dominik Motschmann

 

Darin gehen Sie auf viele richtige Punkte ein (Stromverbrauch, Blasenbildung), aber zwei Dinge sind schlicht falsch bzw. ohne Argument hinterlegt. Und daher ist der Artikel für mich nicht Teil der Wirtschaftsbereichs, auch nicht als Kommentar. 1. bereits heute zahle ich auf Gewinne aus bitcoin steuern, der Staat greift also bereits (zu Recht) zu. Bei Buchgewinnen tut er das nicht (tut er bei steigenden Aktienkursen im Depot aber auch nicht). 2. gibt es Länder auf der Welt, in denen sind Menschen froh, dass sie ihr Geld irgendwie gegen Inflation und den Zugriff des Staates schützen können. – Dr. Kai Bollhorn

 

Die Berichterstattung in der breitenwirksamen Medienlandschaft über Bitcoin & Co. lässt sich auf den gemeinsamen Nenner verkürzen: „Vorsicht, mit Bitcoin können Sie Ihr Geld verlieren!“. Dabei kommen bedauerlicherweise Informationen zu kurz, die auch Eingang in die öffentliche Debatte finden sollten. Erstens greift die Gleichsetzung von Bitcoin und Kryptowährungen zu kurz: Es entstehen derzeit auf Basis von Forschung und Entwicklung eine Vielzahl neuer Kryptowährungen und -technologien, die massentauglich, partizipativ und energiesparsam sind.

Zweitens geht es bei Bitcoin und Co. um viel mehr als Geld: Mit ihnen lassen sich nahezu jegliche Ressourcen und Güter global austauschen und teilen. Es geht also nicht um Apokalypse, sondern vielmehr um die Schaffung neuer digitaler Infrastrukturen mit enormem sozialen und wirtschaftlichen Potential, vor allem für periphere Regionen der Welt. Dabei entstehen – ob man möchte oder nicht – neue Geschäftsmodelle, die einige etablierte Branchen und Institutionen zukünftig auf den Kopf stellen könnten.

Drittens geben Blockchain-basierte Systeme wie Kryptowährungen eine brauchbare (und teils einzige) Antwort auf entscheidende globale Herausforderungen: Datensouveränität, Demokratisierung von globalen Entscheidungsprozessen oder die Überwindung von Korruption werden sich in Zukunft nur durch manipulationssichere, transparente und partizipative technologische Lösungen realisieren lassen. Wer dies verinnerlicht hat, wird sich nicht mehr mit (gut gemeinten) Ratschlägen für potentielle Bitcoin-Anleger zufriedengeben. – Michael Hellwig

 

Doch eher ein einseitiger und wenig gewinnbringender Kommentar … Jedem ist bekannt, dass Krypros ein hoch risikoreiches Invest sind. Die Innovation, und damit das Hauptargument für Kryptos, die Dezentralisierung von Geldflüssen, wurde bei der Betrachtung völlig außer Acht gelassen. Und genau die wird in den nächsten 10 bis 20 Jahren der bisherigen Geldpolitik enorm Konkurrenz machen. Für den Kommentator ist der Zug dann allerdings abgefahren. – Stephanie König

 


 

 

Leserbriefe zu „Soll das Homeoffice zur Pflicht werden?“ von Lisa Nienhaus und Kolja Rudzio

 

Unabhängig von Corona-Krise bedingten Erwägungen erachte ich als zukunftsweisend, allein aus ökonomischen und ökologischen Gründen das Homeoffice gesetzlich zu verpflichten, wo es sachgerecht ist. Es wird auch das Verhältnis von Vorgesetzten und Beschäftigten zu neuen autonomen Beschäftigungsformen führen. Getreu meinem Motto als ehemaliger Leiter einer Großbehörde muss „der Laden auch laufen, wenn ich da bin.“ Wenn durch Technologie die zukünftigen Aufgaben eine sachgerechte Erledigung erfahren wollen, muss sie der Fach- und Sachkompetenz übertragen werden, wo diese auch immer residiert.

Dieses muss mit einer adäquaten Bezahlung dieser Kompetenz gemäß dem Grundsatz: wer mit Nüssen bezahlt, kann auch nur Affen beschäftigen“ einher gehen. Die Kompensation für diesen sachgerechten Mehraufwand kann durch das Einsparen von ausschließlich hierarchisch verstandenen Managementebenen gesichert werden. Homeoffice wird diese Hierarchien überflüssig werden lassen, also administrativen Ballast. Es verpflichtet die Führungsebene zu zeitnahen und klar strukturierten Zielvorgaben. Das Einsparungspotential bei Ministerien, Behörden und Unternehmen ist gewaltig. – Jürgen Dressler

 

All die Aufrufe zu mehr Home-Office und digitalem Unterricht muten seltsam an in einem Land, dessen Ministerin für Bildung und Forschung meint, man bräuchte schnelles Internet nicht ,,an jeder Milchkanne“. – Raimund Poppinga

 

Ich war bei der Lektüre des Kommentars von Lisa Nienhaus zur Homeofficepflicht ehrlich entsetzt, wie unreflektiert dieser in meinen Augen war. Sicherlich mag die Einschätzung, die Homeofficepflicht sei eine große Belastung und führe zu wirtschaftlichen Einbußen richtig sein, aber im Vergleich zu einem sich über weitere Monate hinziehenden Lockdown kommt mir das vernachlässigbar vor. Aber bis zu diesem Punkt konnte ich die Meinung der Autorin noch als einen anderen Standpunkt akzeptieren.

Doch wie das Homeoffice dann im dramatisierenden Ton als nahezu unzumutbar dargestellt wird, hat mich geradezu wütend gemacht. Von einer Redakteurin einer derart renommierten Zeitung hätte ich erwartet, dass sie ihre Meinung noch einmal gründlich reflektiert, bevor sie sie in den Druck gibt. Beim Verfassen dieses Kommentars scheint Nienhaus keine Sekunde darüber nachgedacht zu haben, wie weltfremd diese Klage eigentlich ist.

Schülern und Studenten – zu denen ich zugegebenermaßen selbst gehöre, ganz objektiv ist meine Meinung also nicht – wird ihre Form des Homeoffice, nämlich Fernunterricht, schon seit zehn Monaten quasi ununterbrochen zugemutet. Aber Klagen daran werden nicht wirklich geduldet, es fehlt einfach die Lobby, die die Wirtschaft hinter sich hat. So wird die Pandemiebekämpfung auf dem Rücken der Schwächeren ausgetragen. Da kommt mir die ausufernde Klage über die Belastungen im Homeoffice wirklich respektlos vor gegenüber denen, die Ähnliches schon lange klaglos hinter sich bringen.

Und selbst unter der Annahme, dass für Frau Nienhaus als Wirtschaftsredakteurin Schule und Bildung vielleicht nicht immer als Thema präsent ist, sollte sie doch an den zahlreichen Menschen in Berufen, die derzeit komplett lahmgelegt sind, sehen, dass sie ziemliche Befindlichkeiten ausspricht im Vergleich mit der Lage von beispielsweise Gastronomen (von der Kultur ganz zu schweigen).

Beinahe schon sarkastisch mutete dann die Aussage, die Unternehmen regelten ihr Homeoffice selbst flexibel und wirksam, im Zusammenspiel mit der Seitenspalte voller Berichte, wie genau dies gescheitert ist, an. Spätestens dort hätte der Verfasserin doch ein gewisser Widerspruch zu ihrer Aussage auffallen können. Als kleine persönliche Note möchte ich aber anfügen, dass ich die ZEIT generell äußerst gerne lese und ihre Angebote für Studenten sehr schätze. – Johannes Krauter

 

Fakten oder Gefühle? Der Autor Kolja Rudzio und die Autorin Lisa Nienhaus bieten uns ein interessantes Kontrastprogramm. Während Herr Rudzio seine Meinung mit Zahlen begründet, nennt Frau Nienhaus nur wenig, wobei es nicht sehr überzeugt, wie weit sie eine gute Begründung darstellen. Eine Einordnung , zeitlich sowie im Vergleich mit anderen Zahlen, vermisst man bei ihr. Man gewinnt den Eindruck, sie begründe ihre Meinung auf das liberale Dogma, man könne sich mit Sicherheit darauf verlassen, dass es optimal laufe, wenn man die Wirtschaft nur unbehelligt von Vorgaben machen ließe.

Es entsteht weiter der Eindruck, sie nähme die Zahlen und Argumente des Herrn Rudzio sowie die Beispiele, die in der rechten Spalte zitiert werden, überhaupt nicht zur Kenntnis. Die Finanzkrise, die übrigens zu einem stärkeren Einbruch der Wirtschaft führte als die Coronakrise, sollte doch eigentlich jedem vor Augen führen, was passieren kann, wenn man die Wirtschaft ohne ausreichende Regulierung einfach machen lässt. Die Sehnsucht nach Kontrolle, die Frau Nienhaus so vehement kritisiert, kommt doch bei den Zitaten in der rechten Spalte zum Vorschein.

Es gibt offenbar noch viele Vorgesetzte, die der Meinung sind „die Mitarbeiter arbeiten doch nur, wenn ich sie ständig im Auge habe, darin besteht meine Funktion als Vorgesetzter!“ Will es Frau Nienhaus wirklich der Zeit überlassen, bis ein Unternehmen die unfähigen Manager mit der Sehnsucht nach Kontrolle identifiziert hat und mit Aufgaben betraut, bei denen sie nicht soviel Schaden anrichten können. Mit etwas Druck durch eine gesetzliche Regelung ließe sich das schneller und effektiver lösen, wäre also im Interesse der Wirtschaft. – Dr. G. Zeyer

 

Es tut weh zu lesen, wie von uneinsichtigen Chefs trotz aller wissenschaftlichen Erkenntnisse und Kontrollmöglichkeiten, ob wirklich gearbeitet wird, „Homeoffice“ noch immer unterbunden ist. Es werden sehr teure, rare Behandlungsplätze auf Intensivstationen und hunderte, wenn nicht gar tausende von Leben Engstirnigen geopfert. Noch schlimmer ist, dass staatliche Stellen ebenfalls HO. unterbinden und dass es offenbar nicht einmal in den Bundesministerien per Dienstanweisung unterbunden wird. Muss erst wieder ein verantwortungsvolle, pflichtgesetzliche typisch deutsche Regelung statt Einsicht her? – Dr. Claus Richter-Haffelder

 

Seit Jahren bin ich „Zeit“-Leserin und mehrheitlich. Gut fand ich immer die Ausgewogenheit der Berichterstattung Kritik & Zustimmung, analytisch, informativ, meist alle Aspekte einer Problematik betrachtend – so, wie es die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten leider nicht mehr schaffen. Zunehmend jedoch vermisse ich das. Ja, die Corona-Problematik spaltet. Dennoch, finde ich den zumeist poltisch-einmütigen, in letzter Zeit gar arg belehrenden Umgang mit all den Teilaspekten befremdlich. Auch heute freute ich mich auf Frühstück & „meine Zeit“. Auf Seite 21 wurde das Für & Wider der angedachten Homeoffice-Pflicht dargelegt – so weit so gut, das „Ja!“ und „Nein!“. Jedoch die Lesermeinungen am Rand… alle dafür.

Wirklich? Warum wird eigentlich medial überall unterstellt, Arbeitnehmer*innen würden gern zu Hause arbeiten wollen, das als Premium-Lösung betrachten? Nirgendwo wird das angezweifelt. Bis Dezember war ich für den den öffentlich-rechtlichen Rundfunk tätig, keine meiner Kolleg*innen wollte zu Hause arbeiten. Seit Januar im öffentlichen Dienst, einer obersten Landesbehörde – genau das Gleiche. Es wird angeboten, teilweise auch verfügt, wir wollen das aber nicht. Zum einen in Ermangelung einer adäquaten Infrastruktur (ordentlicher PC, Drucker, Bürostuhl…) zu Hause am Küchentisch, schlechte Internetverbindung, keine Büromöbel und ja, auch Abkopplung vom Geschäftsbetrieb. Ebenso verhält es sich im Freundeskreis.

Mütter wollen ins Büro, weil sie dort arbeiten können, effizient sind und weniger Fehler machen, die durch Ablenkung durch die Kinder zwangsläufig entstehen. Wir wollen auch nur die Arbeitszeit leisten, die wir bezahlt bekommen und nicht, weil wir uns um die Kinder kümmern mussten, den Rechner am Abend nochmal starten oder morgens 05:00 Uhr, wenn die lieben Kleinen noch schlafen. Das zieht sich durch meinen bunten Freundes- und Bekanntenkreis, der keine Bubble ist… Richter, Beamte, Architekten, Journalisten, Gewerkschafter, Angestellte, Studierende aller Coleur und Parteien (außer der AfD)…

Und ja, auch aus Gewerkschaftssicht sollte dem endlich Einhalt geboten werden. Gut vorstellbar, dass nach Corona manches Unternehmen evaluiert, wieviele Mitarbeiter wirklich nötig sind, was an Betriebskosten gespart wurde durch Homeoffice und welche Überstunden nicht gezahlt werden mussten, weil nicht erfassbar in den heimischen 4 Küchenwänden. Dazu wäre die Meinung der Gewerkschaften spannend, so es dazu überhaupt eine gewerkschaftliche Position gibt. Spannend auch, wie genügsam die „Corona“-Experten auf Seite 33 sind… solche Bescheidenheit bei den Urlaubszielen ohne Kultur, ohne Städtetrips mit Museen, ohne Fernziele… da wundert es nicht, wie leicht es fällt, den Bürger*innen das zu versagen, wenn man selbst dergleichen nicht vermisst…

So ein bisschen wie die Politiker, die wie ich aus eigenem Erleben weiß, zumeist nur Kultur & Gastronomie konsumieren, wenn es nichts kostet oder was bringt – da fällt es leicht, das nicht zu vermissen und wie die Kanzlerin im O-Ton sagte: „Alles, was Spaß macht, wird jetzt verboten.“ Dass es aber auf zwei Ebenen existenziell ist, kommt da nicht in den Sinn… für die, die davon leben und für die, deren Leben dadurch bereichert wird „Was mein Leben reicher macht“. Es fehlt und macht das Dasein ärmer. Ist es da ein Wunder, dass Menschen sich Nischen suchen? Der gute alte Spieleabend oder Mädelsabend mit Filmen, dann eben bis zum Morgen, wenn keiner mehr nach Hause darf?

Das ist auch eine Realität, wie es sie historisch schon immer in Zeiten staatlicher Sanktionen gegeben hat. Befremdlich auch die Unterstellung des Peter Kümmel auf Seite 55… dass die neue Wachsamkeit darin bestünde, ob Mitmenschen geimpft seien… Tatsächlich? In meiner Realität nicht, oder vielmehr unter einem anderen Aspekt, ob jemand tatsächlich so verrückt sei das jetzt schon zu tun. Tatsächlich fällt mir nur eine Person ein, die das zu diesem Zeitpunkt bereit wäre machen zu lassen. Ärzte nicht, Pflegepersonal ebensowenig wie Kameraleute und Journalisten der aktuellen Berichterstattung, die sich damit umfassend beschäftigt haben, auch niemand aus der Landesverwaltung ist mir bekannt. Woher die Unterstellung, die Allgemeinheit würde sich genau diese Fragen stellen, noch dazu um welchen Impfstoff es sich handelt?

Eine ganze Seite lang, unglaublich, wenn das nicht belehrend ist. Dann gab es da noch diesen komischen Artikel, in dem dargestellt wurde, wie unrühmlich Bürger sich gegenseitig denunzieren – als Warnung, oder wie ist das zu verstehen? Insofern war ich mit meiner sonst so geschätzten Zeitung leider sehr schnell fertig und widme mich nun einem guten Buch „Grand Hotel Europa“ – von der „Zeit“ empfohlen. Ein wenig unzufrieden lässt mich die wöchentliche Lektüre zurück. In der Hoffnung, dass die nächste Ausgabe ausgewogener ist. – Annett Schaumann

 


 

 

Leserbriefe zu „»Jesus rettet!«“ von Evelyn Finger et al.

 

Die Statue, die ein Demonstrant vor dem Kapitol in Washington hochhält, ist keine Marienstatue, sondern ein Santo Bambino, eine Darstellung des Jesuskindes, vergleichbar mit dem berühmten Santo Bambino in Santa Maria in Araceli in Rom. Man erkennt es an der Segenshaltung der Rechten, der Weltkugel in der Linken und dem Christusmonogramm IHS auf dem Gewand, den ersten drei Buchstaben des Namens Jesu in griechischen Großbuchstaben. – Norbert Hölzer

 

Leider bin ich erst heute Vormittag zum Lesen der „Zeit“ gekommen, macht eigentlich nichts, weil in der Regel Ihre Artikel und „Die Zeit“ nicht so schnell altern. Dennoch musste ich mir als Katholik heute die Augen etwas reiben, als ich die Untertitelung des großen Bildes las, dass ein Demonstrant eine Marienstatue hochhalte. (Vgl. Die Zeit Nr. 3, S. 52) Meiner Ikonografie zufolge müsste es die Statue eines Jesukindes sein, zumal ich schwerlich glauben kann, dass Evangelikale eine Marienstatue mitführen. Außerdem deutet die „Stickerei“IHS auf Jesus hin. Zum Beleg erhalten Sie ein Foto (von mir gemacht) mit einem segnenden Jesuskind, welches in meiner (ehehmaligen Heimat-) Kirche „Heilig Kreuz“ (bei Trostberg) verwendet wird, wenn nach den Weihnachtsfeiertagen das in der Krippe auf Stroh liegende Jesuskind durch den Jesusknaben ersetzt wird, der segnend die Weltkugel in Händen hält. – Johann Wolferstetter

 

In Ihrem Artikel „Jesus rettet“ auf Seite 52 der neuesten Ausgabe ist Ihnen ein kleiner Fehler unterlaufen. Die Damen und Herren, die den Artikel verfassten, scheinen ja einigermassen bibelfest zu sein, derjenige, der das Foto beigesteuert hat, nicht. Es zeigt nicht die Mutter Gottes, wie angegeben, sondern das Jesuskind. In der christlichen Ikonographie sollte man sich etwas auskennen. – Helmut Häring

 

Ist das wirklich eine „Marienstatue“, was der Demonstrant da hochhält? Ich bin zwar eher reformiert geprägt (wie vielleicht auch die Person, die die Bildunterschrift verfasst hat?) und denke bei „goldene Statue mit viel Verzierung“ auch zuerst „irgendwas Katholisches, wird wohl Maria sein“ (bitte mit einem Augenzwinkern zu lesen), aber die Segensgeste der rechten Hand und die Insignien der Macht (Reichsapfel, Krone) scheinen mir letztlich doch eher auf Jesus hinzudeuten, in einer Darstellung als Kindkönig. Absolut sicher bin ich nicht, aber die Figur des „Prager Jesulein“, die mir bei meinen Recherchen begegnete (https://de.wikipedia.org/wiki/Prager_Jesulein), hat bemerkenswert viel Ähnlichkeit mit der Figur. Vielleicht eine Korrektur wert? Ansonsten: Guter Artikel. Sehr erfreulich, dass die Evangelikalen Amerikas jetzt teils doch klare Kante zeigen gegen Trump und seine Anhänger. – Corinna Friesen

 

Auch wenn ich nicht katholisch bin und mein (lutherischer) Konfirmandenunterricht schon lange zurückliegt, so möchte ich dennoch vermuten, dass da auf dem Bild nicht eine Madonnenfigur hochgehalten wird von einem der Demonstranten vor dem Capitol, sondern ein Jesuskind bzw. ein Christkind, die Ikonographie scheint mir eindeutig. – Bernhard Ahlrichs

 

Noch zu retten? Sehr befremdlich fand ich Ihren Artikel zur Stürmung des Kapitols, in der erst äusserst populistisch und ohne Kommentar die Meinung eines Blattes abgedruckt steht, die Stürmung des Kapitols sei „auch ein „christlicher Aufstand“.“. Danach nennen Sie etliche Gruppen und einzelne Personen, die bei näherem hinsehen durchaus als fehlgeleitet anzuschauen sind. Erst im letzten Drittel des Artikels kommen Sie dazu, dem Leser zu belegen, dass die meisten Evangelikalen nicht diesem Echo folgen und (im Sinne von Jesus) Mäßigung predigen und die Ausschreitungen grundweg verurteilen.

Ja, es ist Gotteslästerung, sich mit dem Knüppel in der Hand auf Jesus zu berufen! Er hätte sich zu dieser Schlangenbrut wahrscheinlich nicht einmal geäussert. Daher befremdet mich ihr Artikel sehr, der den Eindruck hinterlässt, dass „Christen“ die treibende Kraft für diesen Angriff auf die Demokratie waren und nicht Verrückte und Fehlgeleitete, die den Namen „Terroristen“ viel eher verdienen. – Dietmar Lies

 


 

 

Leserbriefe zu „»Man muss nicht immer was müssen«“. Gespräch mit Robert Habeck geführt von Ijoma Mangold und Adam Soboczynski

 

Robert Habeck präsentiert sich im Interview als Intellektueller mit Bodenhaftung, der darauf vorbereitet ist, große Verantwortung zu übernehmen. Wo in Raum und Zeit derzeit viel Verwirrung herrscht, scheint in seinem Gedankengebäude alles seinen relativen Ort zu haben. Im Wettbewerb um die Macht ist ein derart durchdrungenes Koordinatensystem jedenfalls ein echtes Alleinstellungsmerkmal: Habeck irrt nicht wie die beiden Volksparteien durch verwinkelte, desolate und denkmalverdächtige Altbauten. Sein stringent auf Vernunft und Humanität gebautes Haus ist in seiner Komplexität gut aufgeräumt. Die der FDP entflohenen Kinder Liberalität, Emanzipation und Moderne haben hier Asyl gefunden.

Haben sich wieder mit Bedeutung aufgeladen, sich gestärkt und sind bereit für den Aufbruch. Und die schon recht alten und bereits sehr lange wartenden Themen Klima-, Natur-, Tier- und Umweltschutz, die sich kaum noch von alleine bewegen können, haben auf diese Weise starke Träger gefunden. Starke Träger für den mutigen Weg mitten durch unsere in Teilen wunde und geschwächte Gesellschaft. Von hier an anders: Nicht gegen. Nicht ohne. Sondern mit. Mit allen und für alle. Bleibt die Frage: Wer ist Hausmeister in dem Gedankengebäude? Und wer leitet den Aufbruch und wagt es, sich vom sicheren Gebäude aus auf den fordernden Weg durch unsere wirre Zeit zu machen? – Reinhard Koine

 

Robert Habeck, angekommen in der Mitte des Karussells unserer Gesellschaft, versucht von dort aus mal mit lockerem, mal mit straffem Zügel die unterschiedlichsten auseinanderdriftenden Identitäten auf der Kreisbahn zu halten: die Ökobauern, die mit giftfreiem Ackerbau und artgerechter Tierhaltung Luft, Grundwasser und Boden nachhaltig schützen wollen wie die konventionellen Landwirte, die trotz zunehmender Dürreperioden die Ernährung unserer Bevölkerung sichern wollen; die Erzeuger erneuerbarer Energien, die unsere Erde vor Überhitzung schützen wollen wie die Betreiber von Kohlekraftwerken, die auch noch bei einer Naturkatastrophe Strom und Wärme liefern wollen; die Viro- und Epidemiologen, die eine Pandemie durch eine weltweite Ausgangssperre eindämmen wollen wie die „Wirtschaftsweisen“, die die materiellen, auch die krankmachenden Folgen einer erwartbaren Pleiten- und Arbeitslosenwelle erkennen und die Finanzierbarkeit all der notwendigen Beschränkungen sichern wollen;

die Weltbürger, die die Grenzen unseres Landes stets offen lassen wollen wie die Patrioten, die eine Zersplitterung unseres Volkes in viele polyethnische Parallelgesellschaften verhindern wollen; die Singles, die ungebunden und frei in unserer Gesellschaft leben wollen wie die Familien, deren Kinder allein unser Volk am Leben erhalten! All diese unterschiedlichen, großen und kleinen gesellschaftlichen Gruppen wollen, daß ihnen Gehör geschenkt wird, erwarten Verständnis für ihre Überzeugungen! Ihre besten, ihre zukunftstauglichsten Gedanken sollten aufgegriffen und in praktische Politik umgesetzt werden! Robert Habeck erwartet die Quadratur des Karussells! Schafft er das? – Dr. med. Ulrich Pietsch

 

Robert Habeck plädiert im „Zeit“-Interview wie in seinem neuen Buch gegen die Verabsolutierung von geschlechtlichen, ethnischen und anderen Identitäten und hat dabei sicher auch das eigene identitätsversessene Milieu im Auge. Die „Zeit“ konfrontiert Habeck dann mit dem Begriff Hinterwäldler*innen, den Habeck gebraucht hat, um auf die Gefahr hinzuweisen, dass aus diesem Lebensstil heraus auf die Landbevölkerung herabgeschaut werde. Der Begriff hat, das merken die Interviewpartner sofort, nicht gerade integrative Kraft. Dass die Abstempelung der Landbewohner als zurückgeblieben kritisiert wird, mag bei denen noch gut ankommen.

Aber wozu wird ihnen auch noch der Genderstern zugemutet? Erst auf direkte Nachfrage antwortet der begriffsstutzige Habeck: „Na ja, die sprachliche Norm hat sich dahingehend entwickelt, dass man eben den Unterstrich oder Gendersternchen nutzt.“ Das ist gleich doppelt unzutreffend: Weder hat sich die sprachliche Norm – nicht einmal die orthografische – dahingehend geändert, noch gebraucht „man“ – also die Mehrheit der Bürger und Bürgerinnen dieses Landes – diese Markierungen. Ironischerweise bestätigt Habeck hier genau jene identitätspolitisch bedingte Blindheit, die er zu bekämpfen vorgibt. – Prof. Dr. Gisela Zifonun

 

Nachdem ich das Interview mit Robert Habeck gelesen habe verstehe ich, warum Menschen in meinem Umfeld ihn ablehnen. „Der redet wohl nur für sehr intelligente Menschen. Der Normalbürger versteht den doch sowieso nicht,“ so deren Meinung. Mir selbst erscheint er auch, um es vorsichtig auszudrücken, ein wenig überheblich. Wenn ein Politiker eine Landesregierung (Thüringen) wegen ihrer Politik kritisiert und nichtweiß, dass die Grünen in einer Koalition mitregieren, dass zeugt schon von einer gewissen Arroganz. In welchen Koalitionen seine Partei wirkt, sollte ein zukünftiger Möchtegernkanzler schon wissen. – Bodo Kreiter

 

Eine Frage zu diesem Interview mit einem möglichen Kanzlerkandidat, auf jeden Fall aber Spitzenpolitiker der aktuell 2.-beliebtesten Partei: warum im Feuilleton und nicht im Politikteil? – Tim Böger

 

Der Grüne Robert Habeck denkt mit Hegels Philosophie, Freiheit und Weltgeist, neues auf Zukunft gerichtetes politisches Leben einzuhauchen. Nichts kommt ohne Intresse zu Stande. (Hegel) Wer auf einem Auge gut sieht,(Interessen), sieht nicht den eigenen blinden Fleck(Weltsicht) auf seinem zweiten Auge. Wer heute auf Amerika sieht, muss anerkennen ein höchste Amt der Demokratie,hatTrump das ganze Land für seine eigene Identität/ Macht missbraucht und alle haben geschwiegen und mitgemacht. Ein schlimmer Unfall in der Demokratie, kann er sich wiederholen ? – Thomas Bartsch-Hauschild

 


 

 

Leserbriefe zu „Der Traum vom sauberen Fliegen“ von Claas Tatje

 

Den o.a.Beitrag habe ich dank der Ankündigung „Ein Erfolg könnte die Luftfahrt revolutionieren“ mit großer Erwartung gelesen. Durch die fortschreitende Lekture wird aber immer klarer, dass Sie ein Beispiel darstellen,in dem viel guter Wille und eine Menge Kapital in Verheißungen investiert wurden, die an der chemisch-physikalischen Realität scheitern. Ich fände es interessant und aufklärend, wenn Sie Ihre Archive sich durchforsten würden um einige Fälle zusammenzustellen, in denen sich imponierende Zukunftsprojekte durch eifrige, ausdauernde Propaganda („Die Welt retten“) und staatliche Hilfen einige Zeit halten konnten um dann leise wieder zu verschwinden. – P. Grinzinger

 

Dieser Artikel ist absolut zeitgemäß und zwar in allen Facetten: Nur glaube ich, dass die Ideen nicht in die richtige Richtung gehen. Es reicht nicht den Flugverkehr technisch zu modernisieren, damit er aufrechterhalten werden kann und weiterhin für einige Manager der Geldsegen weitergeht. Es kann nicht sein, dass der Staat in der Krise finanziell unterstützt, der Gewinn dann aber wie so oft schon privatisiert wird. Unsere Politiker sind doch nicht dumm, woran genau liegt diese Schieflage? Können sie nicht anders, sind sie gefangen?

Der Artikel zeigt sehr schön die Widersprüche, in denen sich unsere Regierung befindet. Sie stellt Klimaziele auf und hat 14 Verfahren der EU wegen Nichteinhaltung der Umweltgesetze laufen. Das würde jeden einigermaßen verantwortungsbewussten Menschen beschämen, so viele eigene gesteckte Ziele nicht zu erreichen, eine Regierung offensichtlich nicht. Unsere Politiker betreiben die Ideologie der freien Marktwirtschaft und können sich nicht daraus befreien. Es ist Zeit, daraus die Idee einer sozialen ökologischen Marktwirtschaft, die sich der Nachhaltigkeit verpflichtet, zu entwickeln und umzusetzen. Kreislaufwirtschaft und Permanent Agriculture sind die Wege, die aus der Sackgasse führen, der Staat muss allerdings regulierend wirken.

Wieviel Flugverkehr ist wirklich notwendig, also unumgänglich? Welche Alternativen zum Flugverkehr sind nachhaltiger? Welche umweltfreundlichen Antriebsmittel wären dafür möglich zu entwickeln? Wie kann eine Regierung oder die EU Einfluss auf eine nachhaltige Entwicklung nehmen? Fakt ist doch, dass der Flugverkehr und der Individualverkehr maßlos und billig geworden sind, zu Lasten der Natur und der Gesundheit. Der Eisenbahnverkehr ist eine nachhaltigere Alternative, nur muss die Politik die Fehler der vergangenen Jahre reparieren. Dazu muss die Bahn ausgebaut und preiswerter werden als jede Autofahrt. Reisen ist dann immer noch möglich.

Was die Entwicklung alternative Antriebsmittel betrifft, wäre es sinnvoll, diese aus unserem „Abfall“ zu gewinnen, der damit wiederverwendet werden kann, sinnvollerweise Atom- und Plastikmüll. Klärschlamm geht da schon in die richtige Richtung. Auslagerung der Produktion ist auch keine nachhaltige sondern nur billigere Produktionsweise. Davon sollten wir wegkommen. Dass die Zeit sich immer mehr mit Umweltthemen beschäftigt, ist gut und richtig und wurde auch Zeit. Seitdem kann ich ihre Zeitung besser lesen, denn sie wird interessanter und moderner. Werden sie doch noch mutiger!

Insofern ist das Zitat von Carl Jaspers vom 19.12.1962 in einem Brief an Hannah Arendt so aktuell wie damals: „Weil unsere gesamte Presse (auch die „Zeit“) faktisch und uneingestanden unter Einschüchterung lebt, also nicht im guten Stil und positiver Gesinnung leistet, was heute für Demokratie das Dringendste ist: Aufdeckung der Realitäten, überzeugende und begründende Urteile …“. Wir brauchen gute Pressearbeit für gute Politik. – Steffi Billert

 

Wortreiches darstellen von Nebensachen. Der Artikel endet, wo die Aufgabe von Journalismus liegt, Zusammenhänge darzustellen Tatsache ist, dass direkte CO2 Ausstoss des Flugverkehrs schon eher marginal ist gegenüber dem Einfluss auf die Atmosphärenchemie und Physik durch andere Abfallprodukte der Düsentriebwerke: Stickoxide und Wasserdampf. Und der bleibt auch bei Verbrennung synthetischer Kraftsoffe erhalten Im Gesamtzusammenhang muss Erwähnung finden, dass jede Tonne Flugkerosin 3-5 fache Schäden in THG – Äquivalenten verursacht. Damit ist das „Grüne Kerosin“ schlicht eine Propagandanummer der Flugzeug-/Flugindustrie zur Beibehaltung ihres Geschäftsmodells. Hier mal vorgerechnet :

3.55 Liter Kerosin pro Passagier und 100km Co2 Bilanz bei Kerosinverbrennung 2.76kg CO2/kg THG Äquivalenzfaktor (RFI) = 4 Somit pro Passagier 3.55 * 2.76 * 4 = 39.2kg THG pro hundert Kilometer Selbst bei vollständig regenerativer Herstellung der „Grünen Kerosins“ sinkt nur der RFI von 4 auf 3 (vollständiges entfallen des direkten CO2, somit bleiben 29.4kg THG pro personen auf 100 Kilometer. Die Flugindustrie möchte ihr Geschäftsmodell nach Korona weiter steigern. Was ist das Ergenis einer Umstellung auf „Grünes Kerosin“ und 33% mehr Flugverkehr?

Die Propaganda jubiliert über „GRÜNES FLIEGEN“, tatsächlich liegen dann die Schäden unverändert bei 100% der heutigen THG Emissionen! Zum Vergleich : Komfortabler Kleinwagen mit Gasantrieb erzeugt bei Besetzung mit 2 Personen pro Person und 100km 4.1kg THG (Erdgas) oder 0.5kg THG (Biogas) Leben entlang des werbegetriebene LIFESTYLE und der konkurrenzgetriebenen AMBITIONEN zündet die Klimabombe. Und der Traum vom sauberen Fliegen bleibt ein Alptraum Die Lunte ist in den letzten 30 Jahren schon fast restlos abgebrannt. – Wolfgang Stidl

 

Das vorgestellte Verfahren für sauberen synthetischen Kraftstoff ist, wie viele grünen Techniken, mit hohem Energieaufwand verbunden. Leider haben die erneuerbaren Energien einen großen Nachteil. Sie benötigen zu ihrer Erzeugung riesige Flächen, die in Deutschland nicht ausreichend zur Verfügung stehen. Woher das Land nehmen und nicht stehlen? Gestern begehrten wir Lebensraum im Osten, heute Energieraum im Süden? Was werden wir essen, wenn unsere Äcker auch noch für die Herstellung von Flugbenzin gebraucht werden? – Konrad Sauheitl

 

Es gibt nichts Gutes im Schlechten! Es ist schade um jeden investierten Cent, das Geld wäre besser angelegt in die Beseitigung der Schäden des maßlosen bisherigen Flugverkehrs. Man muss nur die Brille der Geldgier abnehmen um zu wissen, dass CO 2 nur ein Aspekt der vielen negativen Folgen des Flugverkehrs, vor allem für die Umwelt ist. – unkontrollierbare Seuchenverbreitung, – schädlicher Massentourismus, – unnütz hohes Luftfrachtaufkommen, – unerforschte Wirkung der Abgase in hohen Luftschichten auf Klima, ect – maßlos hoher Resourcenverbrauch, – maßlos hohe Subventionen, z.B. steuerbefreiten Treibstoff, – hohe Lärmbelastung und Treibstoffabstoss im Flugplatzumfeld, ect. pp – H. Giller

 

Die Verfügbarkeit von Methan wird im Artikel leider nicht diskutiert. Wird es ausreichend Klärschlamm geben, um unbegrenzte grüne Mobilität zu ermöglichen? Oder brauchen wir auch Biomasse? Denn „Biomasse“ ist so etwas wie der Wolf im grünen Schafspelz. Schon jetzt weichen großen Teile der noch verbleibenden tropischen Urwäldern dem Hunger nach der energiereichsten aller Pflanzen, der Ölpalme. Denn die Ölpalme verbraucht trotz ihrer beachtlichen Umwandlungskünste (Licht in Öl) eine der kostbarsten und unersetzlichsten Ressource der Erde: bioproduktive Fläche.

Der Traum vom sauberen Fliegen könnte also zum Alptraum der Urwälder und damit der Biodiversität werden. Wirklich sauberes Fliegen benötigt einem anderen Rohstoff. Atmosphärisches CO2, welches mithilfe regenerativer Energien in Wasserstoff, Methan oder sonstwas umgewandelt wird. Auch diese grüne Energie fällt nicht einfach so vom Himmel. Aber immerhin ließe sie sich in Gegenden produzieren, die bislang keiner wesentlichen Nutzung unterliegen und keinen bedeutsamen Einfluss auf die Biodiversität haben. Z.B. in den schier unendlichen Geröllflächen der Sahara. Am Ende wird auch diese Form der Energie begrenzt sein und der Traum des Menschen von der ewigen Verfügbarkeit unbegrenzter Energie wird platzen. Es könnte entspannend sein, dass vorab schon mal zu akzeptieren. – Dr. Christian Voll

 


 

 

Leserbriefe zu „Selbst der Tod hat sich verändert“ von Armin Nassehi und Irmhild Saake

 

lehre uns, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden, heißt es in Psalm 90.12. Nicht nur Mühsal, sondern auch Trost und Freude spendet das alltäglich erfüllte, die Generationen übergreifende Leben, dessen Teil Geburt und Sterben sind. Wer diese natürliche Erkenntis bei Lebzeiten nicht gewinnen kann, der wird sie auch im Sterben nicht erlangen. Diese Dialektik aus Geburt, erfülltem Leben und gefasstem Sterben vermisse ich (80) in Ihrer eher weinerlichen Betrachtung. Sie wäre nicht nur hilfreich für Abschied nehmende Angehörige sowie für Palliativbetreuer, sondern für das Verständnis von Anfang und Ende des individuellen Lebens überhaupt gewesen. – Dr. Gernot Henseler

 

In dem Artikel „Selbst der Tod hat sich verändert” (Nr. 3 S. 48) finde ich den Satz: „Was die Zahl der Todesopfer pro eine Million Einwohner angeht, hat die Bundesrepublik kurz vor dem Jahreswechsel sogar die USA übertroffen […].” Wenn ich die Statistik der Johns Hopkins-Universität [1] aufrufe, finde unter Todesfälle pro 100.000 Einwohner mit Stand vom 16. Januar 2021 u.A.: – United States: 119.80 – Germany: 55.11 Wenn sich die obige Aussage /auf einen einzelnen Tag/ beziehen sollte, könnte sie ja korrekt sein, ist dann aber mindestens reichlich irreführend und unklar formuliert. Ansonsten ist es wohl eher „alternative Mathematik”… Mit freundlichen Grüßen Ihr Albrecht Dreß. [1] <https://coronavirus.jhu.edu/data/mortality> – Dr. Albrecht Dreß

 

In Ihrem Beitrag schreiben Sie „Was die Zahl der Todesopfer pro eine Million Einwohner angeht, hat die Bundesrepublik kurz vor dem Jahreswechsel sogar die USA uebertroffen – ganz ohne Trump, aber mit einem wohl verspaeteten und verfehlten Risikomanagement“. Diese Aussage kann ich nicht nachvollziehen. Die Johns Hopkins Universitaet meldet (Stand 20.1.2021) 401553 Todesfaelle fuer die USA und 48997 Todesfaelle fuer Deutschland. Bei ca. 332 bzw. 83 Millionen EinwohnerInnen ergeben sich als 1209 Todesfaelle/1 Million EinwohnerInnen fuer die USA und 590 Todesfaelle/1 Million EinwohnerInnen fuer Deutschland. Die deutsche Quote betraegt damit nur etwa die Haelfte der US amerikanischen und liegt mitnichten darueber. Koennen Sie mir sagen, mit welchen Zahlen Sie zu Ihrer Aussage kommen? – Sabine Moehler

 

In dem Artikel „Selbst der Tod hat sich verändert“ heißt es: „Was die Zahl der Todesopfer pro eine Million Einwohner angeht, hat die Bundesrepublik kurz vor dem Jahreswechsel sogar die USA übertroffen“. Das verstehe ich nicht. Ist hier die Zahl der Todesopfer pro 1 Mio. Einwohner auf eine konkrete Woche oder sogar einen konkreten Tag bezogen gemeint? Dann wäre es gut gewesen, wenn das explizit benannt worden wäre.

Was die Todeszahlen pro Einwohner seit Beginn der Pandemie insgesamt angeht, steht Deutschland definitiv besser da als die USA und kann die USA eigentlich zu keinem Zeitpunkt kurzzeitig überholt haben. Die Johns Hopkins University nennt auf ihrer Website (https://coronavirus.jhu.edu/data/mortality, abgerufen 19.1.2021), wenn man auf „Deaths per 100,000 population“ klickt, einen Wert von 121,95 für die USA und 56,99 für Deutschland. – Corinna Friesen

 

Ende des dritten Absatzes „Was die Zahl der Todesopfer pro eine Million Einwohner angeht, hat die Bundesrepublik kurz dem Jahreswechsel sogar die USA übertroffen – ganz ohne Trump, aber mit einem wohl verspäteten und verfehlten Risikomanagement.“ Es fehlt die Angabe, auf welchen Zeitraum Sie sich beziehen. Ohne diese Angabe ist Ihre Aussage irreführend und kann vollkommen falsch verstanden werden. Denn:

Das Internetportal Statista vom 14.1.21 gibt an die Todesraten pro Million Einwohner für USA: 1186, für Deutschland 532. Diese Zahlen sind die Summe seit Beginn der Pandemie. Die aktuellen Zahlen:

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1111794/umfrage/todesfaelle-mit-coronavirus-covid-19-je-millionen-einwohner-in-ausgewaehlten-laendern/Ursula Peters

 


 

 

Leserbriefe zu „Steine der Erneuerung“ von Micha Brumlik

 

Ihr Aufsatz hat mir sehr gefallen. Doch leider wurde ich immer wieder durch einen geistigen Schluckauf aus dem Leserhythmus gerissen. Vielleicht muss die Redaktion die Verbeugung vor Begenderten verantworten, und Sie trifft dabei keine Schuld. Mir ist nicht klar, warum die Wissenschaftlerinnen sich mit Wissenschaftlern paaren müssen, wenn danach gezeigt wird, dass der Gedankenfluss ohne Befürworterinnen, Gegnerinnen, Nichtjüdinnen freier strömt.

Negativfiguren wie Antisemitinnen und Skeptikerinnen fehlen verständlicherweise. Das wird aber ausgeglichen durch die unvermeidlichen Bürger und Bürgerinnen. Danach kommen wieder nur Juden vor, die allerdings, wenn sie eine Perspektive haben, von Jüdinnen begleitet werden. Zum Schluss erfahre ich, dass bei den Besetzern der Frankfurter Synagoge zu meiner Enttäuschung keine Besetzerinnen dabei waren. Mich freut aber daran, dass die Information dadurch weniger redundant und der Sprachduktus musikalischer wird. – Alfons Raith

 

Es überrascht, dass sich mein Kollege Micha Brumlik für den „ originalgetreuen Wiederaufbau“ der Bornplatzsynagoge von 1906 einsetzt. Seit 1960, nicht 1985, gibt es die Synagoge an der Hohen Weide, die, wie der jüdische Architekt Salomon Korn 1988 schrieb, wie viele Synagogen der Nachkriegszeit eher eine „Architektur der scheinbaren Neutralität und des Schweigens ist als eine der notwendigen Mahnung“. Er erklärt dies mit den Ängsten der davon gekommenen Opfer. Dass die heutige jüdische Gemeinde das anders sieht und zurecht die Errichtung einer Synagoge im Zentrum der Stadt verlangt, ist zu unterstützen.

Nur wäre eine historische Rekonstruktion der verkehrte Weg, da er den einzigen „Erinnerungsort“ zerstören würde, der an die Vernichtung jüdischen Lebens in Hamburg erinnert, gemeint ist der „leere Raum“ mit dem Bodenmosaik. Denkbar wäre eine Lösung nach dem Vorbild Dresden, wo ein Neubau errichtet wurde, im Hof aber der Grundriss der 1938 zerstörten Semper – Synagoge angebracht wurde. Anstelle des Bunkers könnte eine Synagoge entstehen, die den „Erinnerungsort“ mit einbezieht. – Prof. Dr. Arno Herzig

 

Auch wenn es der geschätzte Micha Brumlik gut meint mit seinem Vorschlag, den für ganz Deutschland bedeutsamen Konflikt um den Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge mit einem künstlerischen Gestaltungswettbewerb zu lösen, so verkennt er doch den Kern des Konflikts: Zugunsten der neuen alten Synagoge würde ein seit 30 Jahren bedeutsamer, damals von verschiedenen Initiativen erkämpfter Gedenkort, der einzig große im Zentrum der Stadt zerstört werden.

Ein wichtiges Motiv nicht bei der jüdischen Einheitsgemeinde, wohl aber bei wichtigen Förderern des Wiederaufbaus vor allem aus SPD, Grünen und CDU, ist – auch wenn Brumlik das nicht für zwingend hält– die Suggestion eines Zustandes, als habe es die Pogromnacht nicht gegeben. Eine grüne Abgeordnete ignoriert einfach Auschwitz und fordert: “Seit Jahrhunderten gehört das jüdische Leben untrennbar zu unserer Gesellschaft. Es ist wichtig, dass wir darüber auch endlich in einem ausschließlich positiven Kontext (sprechen)“. Da überrascht es nicht, dass auch die AfD „ohne Einschränkungen, von ganzem Herzen“ die Rekonstruktion unterstützt. Leider irrt Brumlik, wenn er „mit Sicherheit ausschließen (will), dass Antisemiten den Wiederaufbau wünschen“.

Ein CDU- Bundestagsabgeordneter will noch höher hinaus und feiert die geplante Synagoge schon vorab als „moralische Elbphilharmonie“. Dafür haben Hamburgs Abgeordnete in Berlin überraschend gesorgt, dass die 65 Millionen Euro ausdrücklich für die Rekonstruktion der alten Synagoge aus einem 150 Millionen Euro – Sonderfonds zur „Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus“ entnommen werden. Angesichts der Tatsache, dass antirassistische und im Kampf gegen Antisemitismus aktive Initiativen und Vereine ständig um ihre Finanzierung kämpfen müssen, legt sich die Vermutung nahe, dass das breit plakatierte „Nein zu Antisemitismus“ eher diesem Finanzierungsmodus geschuldet ist als dem konkreten Kampf gegen Antisemitismus selbst.

Erinnert werden muss in diesem Zusammenhang auch an die von den jetzt so lautstarken Parteien vor zwei Jahren gegen den klaren Widerspruch vor allem jüdischer Repräsentanten und Gemeinschaften und ohne breitere öffentliche Debatte durchgezogene Einführung eines staatlichen Feiertages zur Ehrung des Reformators Martin Luther, bekanntlich ein Judenhasser. Die Forderung, stattdessen den 27. Januar zur Erinnerung an die Opfer von Auschwitz zum staatlichen Feiertag zu machen, wurde einfach ignoriert. „Yom Hashoa“, auf dessen Bedeutung Brumlik hinweist, als Gedenken schmerzlich unüberhörbar in der ganzen Stadt? Nicht erwünscht. Ob sich bei den genannten politischen Vorgaben und Intentionen die Hamburger Kontroverse in einem Kunstwerk aufheben ließe, muss doch bezweifelt werden, Hegel sei´s geklagt. – Ulrich Hentschel

 

Der Autor verschweigt, daß es 2 jüdische Glaubensrichtungen in Hamburg gibt. Die ehemalige Synagoge am Hamburger Bornplatz, um dessen Wiederaufbau im neoromanischen Stil es geht, repräsentiert die orthodoxe Glaubensrichtung .Die reformierte jüdische Gemeinde wird tot geschwiegen. Deren ehemalige Synagoge in der Oberstraße wird vom NDR für kulturelle Zwecke bespielt. Solange die Rückgabe der zweckentfremdeten Synagoge an die reformierte jüdische Gemeinde vom NDR hintertrieben wird, darf die orthodoxe Gemeinde keine einseitige Förderung erfahren. – Reinhold Pollet

 

„Widersprüche lassen sich aufheben … durch Kunst.“ Mit diesen Satz befreien Sie die sog. Erinnerungskultur aus dem oft rechthaberischen Denken in den Kategorien von Falsch oder Richtig, Gut oder Schlecht und beflügeln, so ist zu hoffen, die Diskussion. Was halten Sie von der Idee, Grabsteine geschändeter jüdischer Gräber, die in den unseligen 1000 Jahren zum Straßenbau verwendet wurden – ein Kopf dieser Bewegung war der spätere niedersächsische Ministerpräsident Kopf -, in die Front der neuen Synagoge einzulassen und so eine Auferstehung aus Ruinen zu versinnbildlichen? Die Praxis der Verwendung der Grabsteine zum Straßenbau hätte m.E. übrigens in der Stolpersteindiskussion bedacht werden müssen. In diesem Kontext wäre durch den o.g. Vorschlag ein Widerspruch nicht aufzuheben, sondern erst einmal herzustellen. – Klaus E. Margraf

 


 

 

Leserbriefe zu „Nichts dazugelernt?“ Gespräch mit Britta Ernst geführt von Martin Spiewak

 

In der Klasse meines Sohnes (9. Schuljahr) wird gerade zusätzlich zur Lernplattform für ein Fach online-Unterricht eingeführt – AUF INITIATIVE DER SCHÜLER. Das sagt alles. – Iman Schwäbe

 

Aus Erfahrung ist seit langem bekannt, daß bei dem Thema Schule die Emotionen auf allen Seiten hochkochen, vor allem bei den lieben Eltern(bin ich auch), dennoch würde ich mich freuen, wenn man nicht so agressiv und besserwisserisch beim Argumentieren und Befragen herüberkäme . Es fällt mir in letzter Zeit immer wieder auf. – G. Engbert

 

In o. g. Interview meint Frau Ernst, nach dem 2. Weltkrieg habe es das „Notabitur“ gegeben. Tatsächlich gab es so etwas im 2. Weltkrieg, nicht aber danach. Deshalb hatte so mancher nach 1945 viel Not mit seinem im Krieg abgelegten Notabitur. Es hatte nur schneller die gelichteten Reihen der Soldaten mit neuen potentiellen Kriegsopfern auffüllen sollen. – Norbert Ortgies

 

Seit Monaten verfolge ich die Berichterstattung über die Auswirkungen der Corona- Pandemie auf die Schulen. Auch diese Woche habe ich wieder aufmerksam den Bei- trag „Nichts dazugelernt?“ samt der Umfrage und der Ergebnisse des „Deutschen Schulbarometers“ studiert. Dabei verspüre ich sehr häufig in meinem Inneren ein Gefühl von Ärger und Zorn. Warum? Das möchte ich Ihnen nachfolgend aus meinem zweifachen Rollenverständ- nis erläutern. Ich bin einerseits Vater zweier Kinder, die ein Gymnasium in Oberbayern besuchen (7. und 10. Klasse) und andererseits selbst seit 20 Jahren Lehrkraft an einer kaufmännischen Berufsschule.

Zu meiner Sichtweise als Eltern: Ja, nach vielen Monaten des Wechsels von Präsen- zunterricht hin zu Hybrid- und nun seit einiger Zeit in den Distanzunterricht, ich finde es auch anstrengend und wünsche mir für meiner Kinder nichts sehnlicher als dass sie wieder in einen intakten Schulalltag mit Präsenzunterricht zurückkehren können. Sich wieder mit seinen Schulfreunden zu treffen, Unterricht wieder im Klassenzimmer zu erleben, einfach einen halbwegs geordneten Tagesablauf zu haben. In der Bewertung dieser Schule komme ich leider auch zu keinem guten Ergebnis. Ich finde auch, dass genug Zeit vergangen ist, in der die Schulleitung und Lehrkräfte dort bessere Wege zur Vermittlung von Wissen und Kompetenzen entwickeln hätten können.

Außer ein paar wenigen online-Stunden pro Woche sieht das leider so aus, dass meine Kinder mit unpräzisen Arbeitsaufträgen, dürftigen Arbeitsblättern und Unmengen an zusätzlichen (Haus-)Aufgaben „zugemüllt“ werden. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Schule nicht auf einen Kommunikationsweg konzentriert, sondern mit Microsoft Teams, der viel kritisierten bayerischen Bildungsplattform mebis und E-Mail gleich mehrere Kanäle im Einsatz hat. Einfach geht anders… Gelegentlich habe ich das Gefühl, es geht nur noch darum, alles irgendwie zu schaffen. Dass es dabei häufig viel zu viel ist und meiner Einschätzung nach nicht allzu viel hängen bleibt, merke ich, wenn ich meine Tochter immer wieder unterstützen muss.

Denn es bleibt keine Zeit und gibt auch zu wenig Möglichkeiten, Fragen an die Lehr- kraft zu stellen oder sich miteinander auszutauschen. Oftmals hängen die Kinder mit ihrem „Halbwissen“ in der Luft. Also doch wieder die Eltern als Hilfslehrer im Einsatz. Obwohl dies ja von Bildungspolitikern und auch in unserem Fall vom Schulleiter aus- drücklich ausgeschlossen wurde. Ich persönlich habe das Gefühl, dass manche Lehr- kräfte dort immer noch nach dem Motto leben „Ein Lehrer hat vormittags Recht und nachmittags frei“. Recht viel mehr als zum Wochenende hin mehr als dürftige Muster- lösungen einzustellen, kann man leider nicht erwarten. Ich bezweifle, dass in manchen Fächern dieses Pensum bei normalem Präsenzunterricht zu schaffen ist.

Als ich dann doch mal eine Lehrkraft kontaktierte, um vorsichtig nachzufragen, ob das geplante Wochenprogramm nicht allzu ehrgeizig wäre und ob sich die Lehrkräfte einer Klasse untereinander schon ein wenig untereinander abstimmen würden, gab es nur ausweichende Antworten. Stattdessen bekam meine Tochter den Frust und Ärger sei- tens der Lehrkraft zu spüren. Das ist Super-Pädagogik. Dabei ist mir sehr bewusst, vor welch riesiger Herausforderung alle an Schule Beteiligten standen und weiterhin stehen. Zusammenfassend kann ich mich der überwiegend negativen Kritik zur Performance zumindest dieser Schulart nur anschließen. Nun aber zu meinem eingangs formulierten Ärger, jetzt aber aus der Sicht meiner eigenen Profession, dem Lehrer.

Wenn ich mit meinen Kolleginnen und Kollegen immer wieder mal über die Wahrneh- mung der Gesellschaft von uns als Lehrkräfte in diesen besonderen Zeiten diskutiere, die ja dann großflächig über sämtliche Medien verbreitet wird, kommen wir häufig zum Ergebnis, dass dabei viel zu selten differenziert auf die Bildungslandschaft geblickt wird. Häufig wird dabei ein desaströses Bild pauschal über alle Schularten gezeichnet. In einer Vielzahl von Studien, aber auch in der medialen Berichterstattung ist so gut wie nie von den Berufsschulen die Rede. Auch im oben zitierten „Deutschen Schulba- rometer“ kommt „meine“ Schulart nicht vor. Insgesamt fehlen mir in der aktuellen Diskussion auch die positiven Beispiele – ist denn wirklich alles schlecht? Dabei werden Jahr für Jahr Hunderttausende von Jugendlichen und jungen Erwachsenen an den Berufsschulen im Zuge des Dualen Systems zu den qualifizierten Fachkräften von morgen ausgebildet.

Aber positive Berichte speziell zu den Berufsschulen in der aktuellen Situation findet man selten – ich per- sönlich habe noch keinen einzigen gefunden. Deshalb möchte ich Ihnen im Folgenden kurz eine persönliche Einschätzung meiner Erfahrungen an meiner Schule geben: Wir haben an unserer Schule bereits vor einigen Jahren zunächst als interne Kommunikationsplattform Microsoft Teams eingeführt. Natürlich ging das auch nicht von heute auf morgen, aber ein Großteil unseres Kollegiums war vom Nutzen und den Vorteilen überzeugt. Folglich gab es eine Vielzahl an Schulungen und Fortbildungen. Auch durch die Bereitschaft und Motivation sich in seiner Freizeit durch Tutorials im Netz weiterzuentwickeln, war insgesamt kein großes Problem. Wir als Kollegium hatten uns dann im Herbst 2019 folglich dazu entschieden, diese Plattform in unseren Schulalltag zu integrieren und ab diesem Zeitpunkt auch in der täglichen Arbeit mit unseren Schülerinnen und Schüler zu implementieren. Auch das „Totschlagargument“ Datenschutz stellte kein Problem dar.

Dass wir diese Plattform bereits Anfang 2020 intensiv nutzen werden, daran hatte da- mals bei der Einführung aber niemand gedacht. Es war zur damaligen Zeit jedoch sehr schnell klar, dass wir dadurch unseren Schülerinnen und Schülern einen riesigen Vor- teil verschaffen konnten. Wir haben mit Bekanntgabe der Schulschließungen von heute auf morgen auf diese Plattform umsteigen können und hielten damit einen Groß- teil unserer Schülerinnen und Schüler am Ball. Natürlich hakte es hier und da, aber mittlerweile ist es bei uns für alle Beteiligten selbstverständlich, täglich Videokonferenzen abzuhalten, Unterrichtsmaterialien einzustellen, schülerindividuelle Fragen über einen Chat zu klären, Aufgaben einzusammeln und individuell zu beurtei- len, usw. Selbstverständlich würde ich mich als Lehrer derzeit über nichts mehr freuen als wie- der Unterricht mit meinen Schülerinnen und Schülern im Klassenzimmer zu erleben.

Aber dennoch bin ich sehr glücklich darüber, wie es an unserer Schule läuft. Es ist auch so, dass ich sehr positive Rückmeldungen sowohl von den Auszubildenden als auch den Ausbildungsunternehmen dafür bekomme, wie unsere Schule diese Heraus- forderung annimmt und mit ihr umgeht. Zugegebenermaßen ist unsere Schule hervorragend EDV-technisch ausgestattet und auch wir Lehrkräfte haben im vergangenen Herbst alle das oftmals heraufbeschwörte Zaubermittel „iPad“ erhalten. Nebenbei bemerkt: Was ich persönlich bei dieser Diskus- sion bis heute nicht verstehe, ist die Behauptung, dass Lehrkräfte ohne ein Dienst- Laptop oder Ähnliches keinen Unterricht in Distanzform abhalten könnten. Es hat doch heute wirklich jede Lehrerin oder Lehrer zumindest einen internetfähigen PC zuhause, den man auch noch steuerlich geltend machen kann.

Selbstverständlich ist diese Form des Unterrichts etwas anderes mit all seinen Nach- teilen. Aber es eröffnet auch Chancen. Die negativen Folgen bezüglich eines erfolgreichen Berufsabschlusses kann ich sta- tistisch auch nicht feststellen. An unserer Schule haben inzwischen zwei Prüfungsjahrgänge in Zeiten von Corona ihre Abschlussprüfungen absolviert. Ich persönlich unterrichte Industriekaufleute und stelle bei der Analyse der Prüfungsergebnisse keine Abweichungen im Vergleich zu früheren Jahrgängen fest.

Dabei gab es auch keine Prüfungserleichterungen oder eine Reduzierung prüfungsrelevanter Inhalte. Ich hoffe, ich konnte eines von vielen Positivbeispielen geben. Vielleicht können diese in der näheren Zukunft auch in den Medien öfters dargestellt werden. Die abschließende Frage sei erlaubt: Haben wir wirklich nichts dazugelernt und ist in der Bildungslandschaft denn wirklich alles so schlecht? – Alexander Osanna

 

Ein kleines Gedankenexperiment, mal ohne Schrödingers Katze: Angenommen im Dezember 2019 oder Januar 2020 hätten vorausschauende Kultusbehörden ein diversifiziertes IT Weiterbildungsprogramm für alle Lehrkräfte entwickeln lassen. Ziel: der Erwerb eines pädagogischen IT Führerscheins (Educational Driver license for e-learning / edel), der auf den aktuellen Standards für IT Lernplattformen aufbaut. Wie bei Sprachkursen wird dafür in besonderen Assessmentverfahren das jeweilige IT Level einer Lehrkraft herausgefunden. Teilnahmepflicht für alle Lehrkräfte. Teilnahme am Programm in den unterrichtsfreien und von schulischer Präsenz befreiten Zeiten sowie während der Ferien. Lernform digitial und je nach Inzidenz in angeleiteten peer group Treffen.

Parallel dazu wären IT Fachleute in gemischten Teams (IT Experten, erziehungswissenschaftliche Hochschulen und praxiserfahrene Lehrkräfte) beauftragt worden, bestehende Lernplattformen zu überprüfen, upzugraden, neue zu entwickeln und bundesweit kompatibel zu machen. Gesundheitsexperten/- expertinnen hätten im Fachaustausch mit Virologen/ Virologinnen im 1. Quartal infektionstechnologisch Gebäudeanalysen durchgeführt, Lüftungstechnologien ausgewertet und Schülertransportlogistik digital durchgespielt. Im 2. Quartal wären dann die Belastungsphasen der IT Infrastruktur gestartet worden. Eine Technik task force hätte eine Bestandsaufnahme in den Bildungseinrichtungen durchgeführt und den IT Hardware Bedarf an die Kultusbehörden gemeldet. Drei in der Beschaffung erfahrene und wirtschaftlich gut aufgestellte Unternehmen wären zeitgleich mit der Einholung und Auswertung von Angeboten beauftragt worden.

Die Entscheidung über die Anschaffung wäre in einer Bund-Länder – Experten- / Expertinnen-Gruppe spätestens Ende des 2. Quartals getroffen worden. Nach der Sommerpause wären Belastungstest, sowie IT Trainings für Schüler*innen und Lehrkräfte gelaufen. Hochschulen wären mit der Evaluation im Rahmen von Qualitätszirkeln beauftragt worden. Parallel dazu hätten die Schulbehörden begleitende Kurse für Eltern auf freiwilliger Basis angeboten. Geld würde, wie bisher in der Corona Krise, nur eine untergeordnete Rolle spielen. Also alles einmal angenommen: Wo könnten wir jetzt sein? Warum sträuben sich Kultusbehörden, das Unternehmen Bildung wie ein gutes Unternehmen zu führen? Es soll Ausnahmen geben. Braucht das Unternehmen Schule Nachhilfe? Vielleicht in Unternehmensführung und Corporate Identity. – Helmut Schwehm

 


 

 

Leserbriefe zu „Lob der Muttersprache“ von Wolfram Kinzig

 

Endlich einmal greift ein Wissenschaftler die ständig fortschreitende “ Anglisierung “ in Europa und der Welt auf !! Vor allem seit dem 2. Weltkrieg hat diese “ Unsitte “ um sich gegriffen , vor allem bedingt durch die Globalisierung der Wirtschaft . Als Abiturient eines altsprachlichen Gymnasiums im Jahr 1960 erfreue ich mich bis heute am sprachlichen Reichtum romanischer Sprachen und insbesondere des Altgriechischen mit seiner wunderbaren Vielfalt . Warum lassen wir uns , wie Professor Kinzig fragt , von dieser Welle der “ Anglisierung “ überrollen ? Ich vermute , weil wir nicht genügend Mut und Selbsbewußtsein haben !

Dies beginnt bereits bei den europäischen Institutionen : Nach Vollzug des “ Brexit “ gibt es in der EU keinen (!) Bürger bzw. Abgeordneten mehr , dessen Muttersprache englich ist ! Dennoch spricht die Kommissionsvorsitzende ,Frau von der Leyen , meist englisch (!!), obwohl sie – als Deutsche in Brüssel aufgewachsen- perfekt französisch und wohl auch noch deutsch kann !!? Warum nutzen wir nicht den Reichtum unserer Muttersprachen in Wort und Schrift , statt uns der sprachlich recht banalen — durch Ex-US -Präsident Trump fast ins Primitive verkommenen– Sprache zu unterwerfen ? – Dieter Fritsch

 

STELLENMARKT, nee, brauch ich nicht, aber, huch: Lob der Muttersprache. Endlich. Genau getroffen. Und vorsichtig formuliert. Wohl zu vorsichtig. Aber die Anglisierung ist in der Politik und Wirtschaft kaum mehr wegzudenken. Und “richtiges” Englisch ist es dann auch nicht. Ist die Seite 34 auserwählt, damit nicht der shitstorm losbricht, weil man/frau nicht mit der Zeit geht? Muss DIE ZEIT nicht mit der Zeit gehen, weil sie sonst nicht mehr wahrgenommen wird? Schon Jura-Studenten haben manchmal Mühe, Deutsch zu verstehen.

Wenn alles noch mehr sich angleicht, einfacher wird, kürzer, dann verschwinden ganze Gedanken und wir verstehen uns zwar wohl alle, aber es bricht eben vieles einfach weg. Da wäre zu wünschen, dass sich DIE ZEIT wie hier angedeutet, trotz Ausrichtung in die Zukunft auch noch immer daran erinnert, dass auch die deutsche Sprache nicht nur eine hervorragende Vergangenheit zeigt, sondern auch grenzenloses Vergnügen bereiten kann. Danke, ZEIT! – Burkhard Kühtz

 

Großes Lob dem Autor dieser Zeilen! Diesen Artikel hätten sie auf die erste Seite setzen sollen, damit ihn niemand überliest. – Angelika Adler

 

Herzlichen Dank für Ihren schönen Artikel über die Herausforderungen und die Verluste durch die Anglisierung in unserem Arbeitsleben. Ich arbeite seit zwei Jahrzehnten in der IT Industrie und erlebe dies ebenfalls tagtäglich. Mein eigenes Englisch ist mittelmäßig, das meiner deutschen Kolleginnen und Kollegen teils ausreichend, teils sehr gut. Treffen wir uns, egal ob virtuell oder physisch in einem Raum, findet ein reger Austausch auf Deutsch zu teils komplexen Fragestellungen statt. Kommt ein Kollege aus den USA oder Indien dazu, spielen wir Grundschule und versuchen, Argumente im Englischen zu übermitteln – on the other handside>urgh<

Was sagen eigentlich britische oder amerikanische Kolleginnen und Kollegen zu solchen Auseinandersetzungen? Auf diese muss unser Gebrabbel doch stümperhaft wirken?! Was ich auf jeden Fall feststelle: je heißer die Diskussion, desto wichtiger ist es, Englisch zu können – und desto mehr treten die inhaltlichen Themen in den Hintergrund. Too bad. Eine Diskussion ‚gewinnt‘ oft derjenige, der möglichst professionell in sehr gutem Englisch seine Argumente vortragen kann – seien sie auch schwächer als die der anderen Teilnehmer.

Parallel zu dieser Entwicklung stelle ich auch fest, dass die Qualität der gesprochenen wie geschriebenen deutschen Sprache rapide abnimmt. So gut die deutsche Sprache dafür geeignet ist, komplexe Sätze aufzubauen, so sehr verlangt sie entsprechende Übung – die heute anscheinend nicht mehr gelehrt wird. Ich erlebe bei Diskussionen rund um diese Tendenzen oft Resignation und Gleichgültigkeit bei Kollegen und Bekannten. Um so schöner, dass Sie dieses Thema in den Fokus gerückt haben. – Lutz Jäger

 


 

 

Leserbriefe zu „Demokratie? Gesperrt!“ von Jörg Lau et al.

 

Donald Trumps Schauspiel ist Max Frischs „ Biedermann und Brandstifter“ in Reinkultur: Die größte Gefahr kommt von innen, wütet innen, doch diejenigen, die dem ein Ende bereiten könnten – hier US-Vize Pence und die Republikanische Partei – zaudern in falsch verstandener, anbiedernder Loyalität. Das ist fast noch ein größeres Drama, denn es zeigt, dass die Gefahr auch im Sinne einer friedvolleren Zukunft noch gar nicht richtig erkannt wurde… In Trumps Welt ist es „Wahlbetrug“, wenn nicht er der Wahlsieger ist, beschimpft er die Justiz, wenn sie nicht zu seinen Gunsten urteilt. Wie undemokratisch muss man denken, wie skrupellos sein, vor den Augen der Welt mit der Lüge von der „gestohlenen Wahl“ die Wahl selber „stehlen“ zu wollen, dabei das Rechtssystem ins Gegenteil zu verkehren und feixend fast einen Bürgerkrieg zu initiieren?!

Als die Verfassungsväter das Präsidentenamt mit überbordender Machtfülle ausstatteten, hielten sie es für ausgeschlossen, dass ein einziger Mensch das Amt derart missbrauchen und das politische System derart deformieren könnte. Fataler Irrtum – denn nicht jeder Mensch, der ein hohes Amt bekleidet, ist automatisch integer, wie die Geschichte uns oft lehrte und wie der außer Kontrolle agierende Trump gerade täglich beweist. Man kann nur hoffen, dass die Kontrollmechanismen künftig verbessert und gestärkt werden. – Dagmar Göstel

 

Ja, Twitter kann viel Leid liefern. Ist aber auch eine gute Informationsquelle. Leid und Freunde liegen dicht bei einander. Das in der heutigen Zeit ertragen werden muß. Obwohl mir das alles zuwider läuft. Viele Menschen sind ohne Arbeit wohlhabend geworden. Aber auch die Kriminalität hat exorbitant zugenommen. Es ist für mich kein Land mehr, wo mann gerne wohnen möchte. Ich lebe heute in Singapur – im Paradis. Dort ist meine neue Heimat. – Gunter Knauer

 

In Ihrem Artikel „Demokratie? Gesperrt!“ schreiben Sie: „Und wie glaubwürdig sind deren Begründungen, wenn andere Nutzer, wie etwa der iranische Revolutionsführer oder Wladimir Putin, beide ebenfalls für die Neigung zur Gewalt gegen den politischen Gegner bekannt, online bleiben dürfen?“ Mit dem „ebenfalls“ beziehen Sie sich auf US-Präsident Donald Trump und implizieren damit, dieser würde Gewalt gegen den politischen Gegner ausüben. Dass Trump zu Gewalt aufruft, gegen Andersdenkende hetzt und politischen Kontrahenten die demokratische Legitimation abspricht, steht außer Frage.

Der iranische Revolutionsführer und Wladimir Putin jedoch lassen politische Gegner verhaften, vergiften, foltern und/oder aufknüpfen. Sie können nicht ernsthaft eine Parallele oder auch nur einen Vergleich ziehen wollen. Sie prangern zu Recht Trumps verbale Hetze an, und gewiss, Trump ist eine Katastrophe für die amerikanische Demokratie, den sozialen Frieden und die Debattenkultur in dem Land. Aber sollten wir aus der Trump-Ära nicht die Lehre ziehen, selbst bedacht und verantwortungsvoll mit Sprache umzugehen? – Mia Beitzar

 

Bei der Beschäftigung mit diesem Thema fällt mir ein Zitat ein, das dem französischen Freigeist, Schriftsteller und Politiker René v. Châteaubriand zugeschrieben wird. Es lautet sinngemäss: Nicht die Gesetze bestimmen die Aufgaben, sondern die Aufgaben die Gesetze. Unabhängig davon, wer diese Feststellung traf, gibt es m. E. nichts, Gegenteiliges einzuwenden. In der Geschichte haben Gesellschaften oft Teile der sie umgebenden Wirklichkeit nicht gesehen oder wollten sie nicht sehen. Diese Wirklichkeit passte nicht in ihre Vorstellungswelt. Diese Gesellschaften wurden trotz allgemeinen gesellschaftlichen Fortschritts von der Geschichte überholt.

Das trifft nicht nur für das Römische Reich zu. Von den anderen Beispielen sei hier noch der Umgang der französischen Regierung mit dem Salafismus und dem Islamismus genannt. Die Kündigung des Account des Donald Trump durch Twitter in Frage zu stellen, weil die gesetzliche Grundlage dazu fehlt (Dr. A. Merkel, Bundeskanzlerin) geht an der Lebenswirklichkeit vorbei. Letztere ist nicht nur in „gesetzliche Vorschriften gefasst. Hier denke ich auch an Michail Gorbatschow: „Wer zuseht kommt, den bestraft das Leben!“ Die Geschichte hat diese Wahrheit immer wieder bestätigt. Frau Merkel hat sie jedoch nicht begriffen. – R. Renaux

 


 

 

Leserbriefe zu „Mit Assad leben?“ Streit von Hala S. und Saif A.

 

Ich bin mit einem syrischen Chirurgen eng befreundet. Sein Bruder war lange Polizeivizepräsident in Damaskus. Syrien wird grundsätzlich von Familienclans regiert. Ein normal sterblicher kommt gar nicht in die Verlegenheit Präsident werden zu wollen. Außerdem ist Damaskus eine großartige Stadt. Der Krieg in den Randgebieten, wo sich die Terroristen aufhalten, haben überhaupt keine Chance die Regierung zu stürzen. – Gunter Knauer

 

Die entscheidende Frage muss sein: «Welche Lösung ermöglicht den Bewohner Syrien eine bessere Gegenwart und eine bessere Zukunft?». Der Artikel wird eingeleitet mit: «Es ist bald zehn Jahre her, dass in Syrien der friedliche Aufstand begann, der später in den Krieg mündete.» Die Schuld am Krieg in Syrien ist breiter verteilt als dieser Satz nahe legt. Am 16.2.2011 lösten jugendliche Sprayer (der Jüngste 14 Jahre alt) den Bürgerkrieg in Syrien aus. Besagte Sprayer („Doktor bald bist Du dran“, eine Anspielung an das Schicksal anderer Machthaber im Arabischen Frühling) wurden verhaftet und (nach brutaler Folter) wieder frei gelassen. Noch am Tag der Entlassung ging das Parteihaus in Flammen auf. Die von Aussen mit Waffenlieferungen geförderte Eskalationsspirale nahm ihren Anfang.

Die Aussagen einiger Rebellen kurz nach Ausbruch des Bürgerkriegs (noch vor der Entstehung von IS) waren eindeutig: „Die Christen (ca. 8% der Bevölkerung, 1920 waren es noch ca. 30%) gehen von allein. Die Alawiten werden vernichtet.“ Von Anfang an war klar, dass es für die alawitisch dominierte Armee ums Überleben ihrer Angehörigen geht. Die Opfer der Alawiten sind prozentual gesehen etwa gleich hoch wie die der Sunniten. Es gab daher auf beiden Seiten Kriegsverbrechen. Ein Ende der tragischen Entwicklung ist nur über eine Versöhnung (und eventuell eine Teilung des Landes) möglich.

Zur Schuldfrage noch folgendes: Syrien war ein stabiles Paradies, z.B. 1985 wurde General Hafez Al Assad mit über 90% für 7 Jahre wiedergewählt. Hohes Bevölkerungswachstums (zeitweise 7 Kinder pro Frau) und entsprechend hohe Jugend-Arbeitslosigkeit (auch als Folge der Ölkrise) führten zu Spannungen zwischen Sunniten und Alawiten und letztlich zur Katastrophe. Grund für das hohe Bevölkerungswachstum ist mangelnde Emanzipation (deren Folge: viele Kinder, schnelle Generationenfolge). 1950 hatte Syrien 3.4 Millionen Einwohner, 2018 waren es 18.5 und laut einer UN-Prognose werden es 2050 34 Millionen sein.

Das Aufarbeiten von Kriegsverbrechen ist nötig. Genauso nötig ist es, auf die ungelösten Probleme einzugehen. Daher zum Schluss eine Frage, auch an den Informatiker Saif A.: Angenommen sei ein Staat mit religiös und ethnisch gemischter Bevölkerung. Angenommen, dort nimmt die Bevölkerung massiv zu, gleichzeitig sinken die Staatseinnahmen. Was soll die Regierung langfristig unternehmen und was kurzfristig, wenn ein Funken die dortige angespannte Lage zur Explosion zu bringen droht? Mein Vorschlag (auch im Buch „Die Technik reicht nicht“, BoD, 2016) Lösungen entwickeln und propagieren auf der Basis von verantwortungsvoller Elternschaft. Solche Lösungen müssten auch Grundlage für Versöhnung sein und auch Voraussetzung sein, damit Hilfe von Aussen langfristig Erfolg hat. – Dr. tech. Gernot Gwehenberger

 

In Ihrem Artikel schreiben Sie eingangs, dass Sie die Familiennamen der Diskutanten nicht nennen, um sie nicht in Gefahr zu bringen, veröffentlichen aber Fotos der beiden! Wie geht das zusammen? – Horst Wessolleck

 

Mit grossem Interesse habe ich das Streitgespräch Ihrer Ausgabe vom 14.1.2021 zwischen zwei Syrischen Staatsbürgern, Hala & Saif, die in Deutschland leben, gelesen. Die Auswahl der zwei Kontrahenten ist aus meiner Sicht nicht optimal, da Frau Hala aus Safita kommt, eine Region, aus dem der gesamte Assad-Clan stammt. Dem Leser wird nicht klar, ob das Gespräch mit Hilfe eines Dolmetschers geführt wurde. Die Moderation wurde durch Frau Asia Haidar, Syrisch-Kurdische Journalistin und Frau Lea Frehse geführt. Die vollständigen Namen der „Streitpartner“ blieben verborgen, da sonst die Familienangehörigen ihrer Heimat eventuell verfolgt oder Schikanen ausgesetzt werden! Hala hätte ihren richtigen Namen veröffentlichen können. Ihr wird sogar ein Orden durch den syrischen Präsidenten ausgehändigt!

Ich bin davon überzeugt, dass Hala vom Assad Regime eine bezahlte und engagierte Mitarbeiterin ist! Vermutlich hat sie den Auftrag, im Ausland für eine politische moderate Übergangslösung für Syrien zu werben. Auf die Frage: „Sie unterstützen den Assad, warum?“ antwortet sie u.a.: „….Ja, in Syrienwerden Andersdenkende verhaftet, und es gibt Probleme mit der Korruption…“!! Sorry, dass ist nicht die volle Wahrheit! Die „Andersdenkenden“ werden ohne jegliche rechtliche Grundlage verhaftet, die werden tage- und wochenlang gefoltert und wenn sie Glück haben, kommen sie irgendwann wieder frei, manchmal nach Jahren.

An einer anderen Stelle im Gespräch nimmt Hala den Machthaber in Schutz:„…Ich weiß noch, wie während der Revolutionwieder von den Achtzigerjahren gesprochen wurde: Davon, wie das Regime damals Aufstände in Hama & Idlib unterdrückt hatte. Aber Baschar Al Assad war damals ein Kind…“ Unglaublich naiv! Ist Hala entgangen, dass Syrien seit Februar 1971 fest in der Hand von Assads Clan ist? Im Jahr 1978 gab es in Syrien friedliche Demonstrationen von Rechtsanwälten, Studenten, die sich nach Demokratie und Meinungsfreiheit sehnten. Der damalige Machthaber, Hafez Assad, der Vater von Baschar Assad, liess durch seinen Geheimdienst viele Demonstranten erschiessen, Tausende wurden verhaftet. Damals wurde Hama, eine kleine Stadt (350.000 Einwohner) monatelang abgeriegelt und anschliessend völlig zerstört. Weiter führte Hala in ihrer Argumentation: „…Nicht Baschar Al Assad ist das Problem. Es sind korrupte Leute im Regime: Einzelne Offiziere, Geheimdienstler..“. Das ist einfach verlogen und falsch! Es gibt nur einen Machthaber dort. Er ist für die Zerstörung der Städte, leider auch für die Zerstörung der Kulturstädte Syriens, verantwortlich.

Er ist für die 10 Millionen Flüchtlinge alleine verntwortlich! Hala setzte ihre „Märchenerzählung“ unbeirrt fort: “ … Im Frühjahr sind Präsidentschaftswahlen in Syrien. Ich würde mir wünschen, dass ein Kandidat auftaucht, den das Volk unterstützt….“. Tja, das wäre wirklich schön. Aber, sollte außer Assad noch jemend als „Kandidat“ auftauchen, dann ist er sicher eine Marionette des Regimes! Assad gewinnt immer mit 99% und toleriert keinen Mitbewerber! Bisher hatte ich hohen Respekt zu Ihren Beiträgen und Berichten. Das aber, was ich in der Ausgabe vom 14.01.021 zu lesen bekam, bringt mich richtig in Rage! – Gisela Völlmecke

 


 

 

Leserbriefe zu „Gut, dass wir noch so wenig Impfstoff haben!“ von Jan Schweitzer

 

Ebenso wie das Ende der Sommerferien kommt doch in Deutschland vieles andere auch immer ganz überraschend, so daß niemand darauf vorbereitet sein kann – oops, wo kommt den plötzlich Weihnachten her? Chronische Unzufriedenheit und Nörgelei muss wohl zur Grundausstattung des Modells „deutsch“ gehören, die bei der Geburt mit ausgeliefert wird und sich mit dem aufwachsenden Menschen weiterentwickelt und ausprägt. Zuerst wird kritisiert, dass kein Impfstoff verfügbar ist, dann wird gemeckert, weil die Entwicklung viel zu lange dauert und danach ist auf einmal die konzentrierte Entwicklungszeit zu kurz, um wirklich sicher zu sein. „Wasch mich, aber mach mich nicht nass“ geht nicht – aber kritisieren ist nun mal einfacher als nachdenken. – Stefan Schissler

 

Der Titel eines Beitrags darf gern provozieren, der dazugehörige Text sollte die streitbare These dann aber auch ausreichend erklären. Genau das fehlt hier aber, ich lese neben bekannten Fakten zur Impfung nur unbewiesene Behauptungen wie: Üben an kleinen Fallzahlen (über Monate) sei sinnvoll, damit Fehler im späteren Hochbetrieb vermieden werden. Oder: Information des medizinischen Personals in der (Monate dauernden) Wartezeit auf die Impfung führe zum Erfolg.

Nicht einmal Politiker, die ja Versäumnisse gern verharmlosen, haben sich in ähnlicher Weise geäußert. So etwas kann nur schreiben, wer die mit der Pandemie verbundenen Probleme für Eltern und Kinder, für Kulturschaffende und ihr Publikum, ja: für alle von ihr Betroffenen ignoriert. Mehr noch: der Titel ist zynisch, weil er verkennt, dass vor ausreichender Immunisierung der Bevölkerung zahlreiche Menschen, in Deutschland aktuell mehrere tausend pro Monat, durch das Virus ihr Leben verlieren. – Prof. Dr. med. Christian Arning

 

(Als langjähriger Abonnent halte ich „Die Zeit“ für seriös für dieses Thema und geeignet.) Corona: die Anzahl der Infizierten explodiert – trotz Lockdown. Stellen unsere Politiker und „Experten“/wir aber überhaupt die richtigen Fragen? Es ist gut – dass zumindest in der seriösen Presse – schwierige Wissenschaftskommunikation ver- ständlicher wird und die zunehmenden Defizite der Regierungen im Bund und auf Landesebene bei Erläuterungen von Maßnahmen und angeblichen Gründen an „die Menschen da draußen“ gemindert werden. Ich bin Mathematiker und kenne damit das logische Prinzip: Wenn die Formulierung der Frage/des Problems nicht präzise genug ist, werden die abgeleiteten Lösungen regelmäßig unbrauchbar sein! Und genau das haben wir mit der Corona-Pandemie nun geschafft.

Ja, die Anzahl der Infizierten steigt rasant, trotz immer schärferer Einschränkungen. Nun auch noch noch ansteckendere Mutationen! Damit steigen natürlich sich auch die schweren Krankheitsverläufe, die Überlastung der Krankenhäuser und Pflegekräfte und die Anzahl der Toten! Den Virologen und natürlich den Politikern fällt allerdings immer nur eine Antwort ein: noch rigidere Kontakt-Einschränkungen bis in die eigenen Familien und vier Wände hinein und Warten auf den Sommer und vielleicht höhere Impfquoten! Fahrten zur Arbeit verbieten und alle Betriebe über- haupt schließen. Und das schon mal bis Ostern oder sehr wahrscheinlich sogar weit in den Sommer hinein! Wirklich Sorge muss uns doch machen, dass in vielen Bereichen unseres Landes die vielleicht wirklich gewollte Abmilderung und Unterstützung gar nicht ankommt und auch nicht funktioniert.

Damit sind aber Hotels, Gaststätten, Einzelhandel, Friseure usw. bis hin zu Fitnessstudios wie auch Theater, Mu- seen und sämtliche Kultureinrichtungen und deren Dienstleister unwiederbringlich existenziell be- droht. Je länger und je schärfer dieser Lockdown ist, desto gravierender und endgültiger sind die Aus- wirkungen – in Deutschland aber auch über unsere Grenzen hinaus. Darin gibt es wohl keinen Zwei- fel, auch wenn es einige wirtschaftliche Gewinner dieser Pandemie gibt. Umso bedeutender ist damit die Frage, ob die abgeleiteten Maßnahmen überhaupt zielführend und angemessen sind? Die immer schärferen Begegnungsbeschränkungen gelten ja nun schon in den Familien und den eigenen Wohnungen!

Nun auch noch (für mich fragwürdige) Bannmeilen von 15 km oder besser noch 100 m. Muss das Home-Office wirklich letztendlich gesetzlich angeordnet werden, weil die Wege zur Arbeit und der Arbeitsplatz mal wieder als die entscheidenden Infektionsherde identifiziert werden? Von chaotischen Schließungen der Schulen und Kindergärten mal ganz zu schweigen. Was wissen wir wirklich? Ein gesicherter Fakt in der Pandemie ist doch: eine Begegnung von zwei Menschen ist doch nur dann „riskant“, wenn einer von beiden infiziert, also ansteckend ist! Folglich müssen jetzt und zukünftig auch nur alle Begegnungen mit einem infektiösen Corona-Infizierten verhindert werden.

Dies wird auch durch die Erhöhung der Impfungsquote und die „Suche nach Schuldigen“ nicht gelöst, solange die wissenschaftliche These nicht widerlegt ist, dass auch Geimpfte infektiös sein oder werden können oder – wie aus den Impfungen gegen Masern oder andere Kinderkrankheiten bekannt ist, bei der eine gewisse Anzahl von Geimpften gar keine Antikörper bildet – bei einigen also gar nicht „anschlagen“! Die Impfung und ihre Geschwindigkeit sind also eine völlig separate Baustelle, die wohl/hoffentlich die Schwere der Erkrankung mindert. Mehr nicht. Was ist wirklich zu tun? Die wirklich entscheidende Frage ist damit: Wie erkennen wir alle Infizierten und isolieren diese, zu- mindest solange sie ansteckend also infektiös sind? Natürlich bundesweit und synchron! (Eigentlich sogar europaweit usw.) Das einzig brauchbare Instrument hierfür sind wohl flächendeckende und zeitlich synchrone Tests als Pflicht für alle Menschen in Deutschland. Und nur die negativ Getesteten dürfen dann ihre Häuser verlassen!

Das passt natürlich schon vom Tenor in keiner Weise in das Selbstverständnis von Demokratie, Würde, Freiheit und Selbstbestimmung der Menschen in Deutschland! Könnte es aber sein, dass dies der mildeste Eingriff zur wirklichen und dauerhafte Entspannung der Infektionslage und damit Rückkehr zu wirtschaftlichen und kulturellen Normalbedingungen in unserem Lande wäre? Da eine zwingende Testpflicht ja nur unangenehm ist, aber nicht in die „Unversehrtheit unserer Men- schen“ eingreift, sollte deren Durchsetzung auch erklärbar und rechtlich abgesichert sein. Dann wäre es an der Zeit, dieses Szenario systematisch und rasch in den Mittelpunkt der Diskussio- nen und einer Umsetzung zu stellen. Und zugleich eine Allianz der Macher zu organisieren gegen die 86 Millionen Virologen, Schiedsrichter und sonstige „Experten in Deutschland“, die sofort wissen, warum dies auf keinen Fall funktionieren kann, ökologisch bedenklich und im Übrigen viel zu teuer ist.

Vorschlag für einen 4-Stufenplan Beispielsweise könnte zur Umsetzung eine präzise Fragestellung für das aktuelle Handeln in vier Stu- fen so lauten: 1. Wie können wir bundesweit zeitgleich unter Berücksichtigung der Inkubationszeit von etwa 4-7 Tagen alle Menschen in Deutschland zweimal testen? 2. Wie werden die positiv Getesteten – und das ist wohl auch tatsächlich nur für diese erforderlich – tatsächlich wirksam, aber auch menschenwürdig so und so lange isoliert, dass eine Ansteckung anderer unmöglich wird? 3. Wie sichern wir an den Einreiseschnittstellen (Flughäfen, Bahnhöfe, Häfen) zumindest einen Soforttest und eine sofortige garantierte Quarantäne vor Ort bei positivem Ergebnis? (Ohne negatives Testergebnis fährt also niemand mehr irgendwie nach Hause oder zu sei- nem Zielort, braucht sich sogar erst dort testen lassen oder nach mehreren Tagen ein Test- ergebnis erfahren und dann hoffentlich berücksichtigen! Ein Albtraum!)

4. Bei welchen Zielgruppen (z. B. Pflege- und Altenheime) bzw. nach welchen Ereignissen (z. B. neue Mutationen) oder nach welchen Fristen müssen Tests wiederholt werden? Natürlich ist das ein Mammutprogramm auch an Organisationen, Logistik, ausgebildeten Menschen, Finanzierung und Haftungsfragen usw. Sicherlich können einige Erfahrung aus dem Aufbau der Impfzentren dabei hilfreich sein. Noch mehr die bundesweiten überaus positiven Erfahrungen, freiwillige Helfer gewinnen zu können. Wahrscheinlich sind mobile Einsatzteams ausgebildeter freiwillige, die von Haus zu Haus gehen die effizienteste, wenn nicht sogar einzige Lösung, ganz Deutschland in dem definierten Zeitfenster zu testen.

Und dabei auch nicht die vergessen, die gar keine eigene Wohnung haben. Natürlich muss man nicht nur über Digitalisierung sprechen, sondern Papier und Faxgerät verlassen. Die elektronische Registrierung vielleicht über Lesegeräte und der Krankenversicherungskarte könnte der einfachste Weg sein. Es bedarf aber auch einer Alternative für Menschen, die keine Krankenversi- cherungskarte haben. Die Daten und vor Ort ermittelten Ergebnisse müssten online – das flächende- ckende und schnelle WLAN in Deutschland lässt wieder einmal grüßen – oder eben zeitnah bei tech- nischer Möglichkeit an eine zentrale Datenbank übermittelt werden. Für die positiv Getesteten muss eine auf die örtlichen Bedingungen abgestimmte standardisierte Lö- sung zur Isolation (siehe Stufe 2) funktionstüchtig vorbereitet sein.

(Vielleicht ist hierfür ein Corona- Fahrdienst und doch die zentrale Unterbringung etwa in den leeren Hotels tatsächlich zielführend.) Natürlich/leider muss auch eine permanente Kontrolle mit unmittelbaren Sanktionen eingerichtet werden. Mit passender Software zur Abfrage der zentralen Datenbank und einem Lesegerät für die Krankenversicherungskarte (oder eben alternative Identifikation) könnten zum Beispiel die Ord- nungsdienste in großen Umfang und sehr einfach den Test-Status jedes in der Öffentlichkeit auftau- chenden Menschen kontrollieren. All das ist schon in der Dimension nicht trivial, scheint bei gutem Willen aber lösbar zu sein!

Warum wird diese naheliegende Aufgabe aber durch niemanden und nirgends themati- siert? Man hört oder liest überhaupt nichts davon in der Öffentlichkeit oder in Wortbeiträgen der Politiker. (Vor einer Woche habe ich diese Frage den drei großen Talkshows in ARD und ZDF gestellt. Eine Ant- wort habe ich nicht erwartet und natürlich auch nicht erhalten.) Was sind denn die Gründe dafür? • Zum Erkennen dieser Priorisierung und Aufgabe selbst braucht man weder Virologen noch Wissenschaftler. Gesunder Menschenverstand genügt. Daran kann es also nicht liegen. • Sind diese Frage und insbesondere der synchrone flächendeckende Test politisch nicht er- wünscht? (Die Parteien sind ja seit Monaten im Wahlkampf und Stimmen und Sitze sind wichtiger als Menschenleben oder die Rettung der wirtschaftlichen und kulturellen Struktu- ren in Deutschland und dort tätigen Menschen.

Wird dieses Thema daher bewusst und folglich auch in den Medien politisch verdrängt?) • Gibt es (wirklich kurzfristig unreparabel?) gar nicht genug Tests und zugehörige Auswertungs- instrumente und -kapazitäten? • Ist das Ganze „zu teuer“? • … (Noch irgendwelche vermeintlichen Gründe oder Ausreden?) Welche Effekte können erwartet werden, wenn tatsächlich nur noch nachweisbar (aktuell) Nicht-Infektiöse die Häuser verlassen? 1. Alle Lockdown Maßnahmen sind nach Abschluss des synchronen Massentest offenbar sofort völlig überflüssig. Die existenzielle Bedrohung der deutschen Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur usw. wird mit sofortiger Wirkung beendet. Das Fortbestehen der Maskenpflicht, Hygi- ene- und Abstandsregeln ist hinnehmbar und wird weiter/endlich durchgesetzt. 2. Alle Geschäfte, Gaststätten, Hotels, Kinos, Fitnessstudios, Friseure usw. und natürlich auch Skilifte können wieder geöffnet werden und bleiben.

3. Die öffentlichen Verkehrsmittel und damit auch der Weg von und zur Arbeit wie auch die Ar- beit selbst sind keine besonderen Risikothemen mehr. 4. Die wirtschaftlichen Effekte und damit auch Einsparung für Hilfsmaßnahmen im Haushalt des Bundes und der Länder dürften gar nicht abschätzbar sein. (Die Unternehmen atmen wieder selbst!) Fazit: Vielleicht wollen und dürfen Sie diesen Leserbrief oder eben als meine persönliche Meinungs- äußerung über die „Endlich richtige Fragestellung zur Corona-Pandemie“ publizieren und/oder natür- lich in eigener, ZEIT-typischer Aufmachung zur Diskussion stellen.

Die Havarie-Runden bei der Kanzlerin wie auch ja die avisierten Maßnahmenverschärfungen und zu- nehmend ungefragte Meinungsäußerungen vermeintlicher „Experten“ werden wohl nur die vermu- teten Gründe zur weiteren und wohl unbeschränkten Verschärfung des Lockdowns bekräftigen, Herr Söder hat dies ja schon auf den Weg gebracht. Das bereitet sicher nicht nur mir Sorge! Wenn allerdings als naheliegende Maßnahmen synchrone flächendeckende Tests erfolgen (können und dürfen) ergeben sich ganz andere Diskussionsthemen und wirklich „Licht am Ende des Tunnels“. Das sollten wir riskieren! – Dr. Lutz Schade

 

Die Knappheit an Impfstoff ist sicher nur ein vorübergehendes Problem. Denn bald wird sich die Lage ändern, wenn weitere potente Konzerne (z. B. Curevac-Bayer, Sanofi) mit ihren Impfpräparaten nach vorn drängen. Anders verhält es sich mit der Entwicklung eines zielgenau wirksamen Medikaments, das die gefährliche Krankheit ursächlich bekämpft. Es ist bis heute nicht vorhanden! Dass die Entwicklung in diesem wichtigen Bereich erst seit Jahresbeginn 2021 massiv öffentlich gefördert werden soll, ist ein schweres, skandalöses Versäumnis. Denn verschiedene Unternehmen stehen offensichtlich vor einem Forschungsdurchbruch, haben aber nicht das Geld zur Marktreife ihrer rettenden Erfindung. Die Leidtragenden liegen in den Kliniken und ringen oftmals mit dem Tod. – Ludger Gaillard

 


 

 

Leserbriefe zu „»Die Kinder können sich schon wehren, Papa«“. Gespräch mit Familie Kantara geführt von Amna Franzke und Björn Stephan

 

Interessantes Interview mit der Familie in Berlin. Ich höre ganz selten ähnliche/gleiche Erfahrungen von den ehrenamtlich betreuten Afrikanern, auch aus Guinea, wie Herr Djiba. Von krassem Rassismus hat (noch) keiner der jungen Männer bisher berichtet. Kann das mit dem Westen/Rheinland zusammenhängen ? Und ein UK-Bürger mit afrikanischen Wurzeln, Johny Pitts, hat unter dem Titel AFROPÄDISCH gleiche und ähnliche Eindrücke bei seiner Reise durch das schwarze Europagemacht. – Hartmut Wagener

 

Lieber Djiba Kantara, mit großem Interesse habe ich das Interview mit Ihnen und Ihrer Familie gelesen. Ihre Biographie (Studium im sozialistischen Bruderland DDR, danach Zwang zur Rückkehr ohne Ihre Familie nach Guinea, später Einreise nach West-Berlin und dort Wiedervereinigung mi Frau und Kindern) war mir als Leiter des Caritas-„Sozialdienst für Nichteuropäer“ in West-Berlin (1974-1980) von vielen vergleichbaren Fällen bekannt. Und für etliche „Fälle“ solchermaßen vonn ihren DDR-Familien getrennten afrikanischer Ex-Studenten hatte ich damals einen besonderen Weg für die meist schwierige Übersiedlung deren DDR-Frauen (und Kindern) nach West-Berlin gefunden – nämlich via Frankreich mit Hilfe der französischen Caritas (Secours Catholique).

Allerdings nur, bis uns um 1980 die Stasi dahinterkam und ich zeitweise in der DDR als Fluchthelfer galt. Unter diesen „Fällen“ waren auch etliche Guineer – und möglicherweise waren Sie einer davon. Könnte das sein? Wenn ja, würde ich mich über Ihre Rückmeldung freuen – wenn nicht, freue ich mich trotzdem für Sie und Ihre sympathische Familie. Beste Grüße und „Djarama Bui“ (aus dem Namen schließe ich, dass Sie Peul sind), Bernd Leber aka Netti Baldeh (mein Fula-Name, der mir in meiner Zeit in Gambia verliehen wurde) – Prof. Bernd Leber

 

Ich sage Ihnen danke für Ihren Bericht in der ZEIT vom 14.01.2020 (Seite 56/57) und der Familie Kantara dafür, dass sie durch diese Diskussion am Familientisch offengelegt hat, wie sich eigentlich in den ca. 6 Jahrzehnten nichts verändert hat. Kann man überhaupt wirklich nachempfinden, wie man sich fühlt, wenn man nach so langer Zeit scheinbar immer noch nicht wirklich hier „Zuhause“ ist? Ich bin beschämt, wenn sich Joshua und Josephine immer noch (oder wieder?) den gleichen Situationen ausgesetzt sehen wie ihre Eltern und Großeltern.

Es macht mich nachdenklich, da ich aus eigener Erfahrung weiß, wie vorbehaltlos und offen alle Menschen meinem Mann und mir auf unseren Reisen in Afrika oder Asien begegnet sind, jedoch hier bei uns (und anderswo in der Welt)Fremde und vor allem Schwarze Menschen diese Erfahrungen machen müssen. Freude, Schmerz, Gleichheit und Gerechtigkeit empfinden alle Menschen gleich; wann sind wir endlich in der Lage, nur den „Menschen“ zu sehen und zu begreifen, wie wertvoll Erfahrungen aus den verschiedenen Lebensbereichen und Kulturen für uns alle sind? Aus tiefstem Herzen stimme ich Joshua zu: „Wir wünschen uns, irgendwann nicht mehr über dieses Thema reden zu müssen“! – Ilse Bless

 

In dem genannten Bericht eher am Rande, seit Jahren aber in vielen Qualitätsmedien immer wieder wird die Frage nach der Herkunft eines anderen bzw. andersfarbigen Menschen für, mindestens, ungehörig erklärt. Warum denn? Selbstverständlich ist „Ey Neger, wo kommst Du denn her?“ , um im Jargon zu bleiben, unter aller Sau. Mit „Guten Tag, darf ich fragen, woher Sie kommen?“ habe ich hier und weltweit nie schlechte Erfahrungen gemacht und habe mich auch gern selbst so ansprechen lassen. Etliche Begegnungen auf einer solchen Basis habe ich in guter Erinnerung.

Eine ansprechend formulierte Frage nach der Herkunft meines Gegenübers zeigt mein Interesse an ihm und kann auch weiterführen bis hin zu einer Bitte. Immer wieder macht auch hier der Ton die Musik. Ein Bußgeldkatalog mit jährlich wechselnden (und wachsenden!) Fragen und Formeln löst nicht das zweifellos vorhandene Kommunikationsproblem. Vor Jahren hat sich Renate Kühnast gegen persönliche Schmähungen gewehrt und den Täter persönlich zur Rede gestellt – solche Zivilcourage ist gefordert. – Dr. med. Leo Voss

 


 

 

Leserbriefe zu „Wo wir gerade stehen“ von Alena Buyx et al.

 

Ich erlaube mir die Frage, ob das Ergebnis des ( g a n z s e i t i g e n ) Corona-Fragebogens so erwartet oder gewollt war ! Wenn gewollt, dann unheimlich l a n g w e i l i g ! Wenn erwartet, dann ein Armutszeugnis für eine so differenzierte Zeitung. P.S. Man hätte diese Idee auch mit weniger bekannten Leuten durchführen können , insbesondere um ein breiteres Spektrum von Vorstellungen und Meinungen zu erhalten. – Dr.med. Konrad Hümmer

 

Sie haben an fünf Experti*innen 10 Fragen gestellt. Leider fehlt eine für mich ganz wichtige Frage zum gegenwärtigen Stand der Entwicklung der Pandemie: Wie sehen Sie den Erfolg der Strategie zur Eindämmung der Pandemie, woran hapert es eventuell? Ich hatte ja schon meine diesbezüglichen Gedanken Ihnen am 22.12.2020 zugesandt : Ein deutsches Bergamo? ZEIT Nr.53 Vielleicht können Sie irgendwie das Thema von meinem Leserbrief vom 22.12.2020 aufgreifen:

In dem Artikel beschreibt Herr Machowecz die extreme Notlage und Überlastung mit Covid 19-Patienten. Ich habe in diesem Artikel und sonstwo in den Medien nie die Frage wahrgenommen, woher denn dieser starke Anstieg der Infektions-Zahlen im Herbst, insbesondere in bestimmten Landstrichen, vermutlich herkommt . Die Menschen unterscheiden sich ja sicher nicht so stark genetisch. Es gibt die interessante COSMO-Studie. Werden deren Ergebnisse wirklich zielgruppengemäss umgesetzt? Im letzten Abschnitt des Artikels wird „Sorglosigkeit mancher Sachsen“ als mögliche Ursache angesprochen. Mehr aber wird nicht dazu geschrieben. Nie wurde die Frage gestellt, ob die eindringliche Botschaft der Politiker nicht eventuell anders verpackt werden müsste. Angefragte Politiker und z.B. Virologen antworten nicht auf entsprechende Fragen. – Walther Moser

 

Unsere freiheitlich-demokratische Ordnung verlangt meist nach Schuldigen – für zahlreiche Krisen der letzten Jahrzehnte konnten diese erfolgreich und meist auch zurecht ausgemacht werden. Doch wie verhält es sich in der aktuellen Pandemie? Wo sind die Schuldigen, die das Virus in die Welt gesetzt, es verbreitet oder zumindest deren Ausbreitung nicht verhindert haben? Die ernüchternde Antwort ist: Es gibt sie nicht. Zumindest nicht in Form einer einzelnen Person oder klar abgrenzbaren Gruppen wie Regierungen, deren Chefs, Gesundheitsexperten oder – wie jenseitige Verschwörungs-Phantasten gerne argumentieren – in Form von Magnaten wie beispielsweise Bill Gates. Wenn hier jemandem Verantwortung zukommt, dann uns allen. Österreichern, Europäern, Weltbürgern.

Regierungsverantwortliche und Experten können nur Rahmenbedingungen schaffen, Empfehlungen geben und Unterstützung anbieten. Es liegt in der Natur der Sache, dass bei der Bekämpfung der aktuellen Krise nicht alles rund lief oder auch in Zukunft laufen wird. Und diese Fehler werden oft als Begründung dafür angeführt, dass die Infektions- und damit leider verbunden auch die Todeszahlen – ansteigen. Doch stimmt das auch? Dürfen Fehler und Versäumnisse der Regierung als Begründung für das Nichteinhalten von einfachsten Empfehlungen wie Abstand halten, Maske tragen und Händewaschen verantwortlich gemacht werden?

Oder ist es nicht vielmehr so, dass uns als Bürger einer liberalen Demokratie das Einhalten dieser Regeln trotz staatlicher Unzulänglichkeiten zukommt? Ein vernunftbegabter Mensch wird auf einem vereisten Gehweg keinen Sprint absolvieren, nur weil der Hausmeister noch nicht gestreut hat. Eine erfolgreiche Bekämpfung der Pandemie kommt somit sehr wohl dem Staat zu. Doch dieser sind wir alle. Nur das Verhalten des Einzelnen führt zur Lösung dieser gesamtgesellschaftlichen Krise. Diese Verantwortung kann uns – zumindest in der oben erwähnten, von uns so geschätzten freiheitlich-demokratischen Ordnung – keine Regierung der Welt abnehmen. – Manfred Vymetal

 

Wir stehen am Anfang des Aufwachens aus einer bösen Hypnose in die uns ein Virologe mit einem vermeintlichen „Killervirus“ versetzt hat. Nun wissen wir aber, dass von den jährlich 900.000 Verstorbenen In Deutschland schon immer (nur)2-3% an Grippe o.ä. gestorben sind. So auch 2020. Und deshalb dieser Hype? Wo also stehen wir? – Fritz Junghans

 


 

 

Leserbriefe zu „Wann wird Sprache zur Gefahr?“ von Maria-Sibylla Lotter

 

herzlichen Dank für Ihre sehr plausible Darstellung der realen Gefährdung unserer Sprache durch inflationäre Begriffswahl (Begriffsblähungen) im Allgemeinen und an eingängigen Beispielen. Diese Entwicklung ist sicher kein Zufall? Meinem Verständnis hätte ein Wort zur Kausalität resp. blähenden Beförderung dieser fatalen Entwicklung gutgetan. – Dr. Gernot Henseler

 

Der Artikel von Maria-Sybilla Lotter über die schleichende Erweiterung von Begriffen wie „Trauma“ und „Gewalt“ und ihre Folgen war für mich sehr erhellend. Im Nachhinein machte er eine heftige Diskussion verständlich, die zwischen meiner Tochter (28 ) und mir ( 60 ) stattfand. Sie behauptete empört, Aussagen von Deutschen im Rahmen der damaligen griechischen Schuldenkrise wie ́die Griechen sind doch einfach nur faul` seien „rassistisch“. Ich bestritt dies mit der These, es handle sich um Zuschreibungen von Nationalcharakteren, die in ihrer Pauschalisierung immer falsch seien. Beispiel: Für Deutsche sind Arbeit und Pflicht die höchsten Werte, während für Franzosen Wohlergehen, L ́amour und Rotwein wichtiger seien.

Von tatsächlichem Rassismus zeugten dagegen Aussagen derart, dass die weiße Rasse der schwarzen oder die arische der semitisch-jüdischen überlegen sei. Selbst wenn man alle gebräuchlichen Rassebegriffe ansetzte, würden Griechen und Deutsche zur selben Rasse gehören und könnten deshalb nicht wechselseitig „rassistisch beleidigt“ werden. Meine Tochter warf mir daraufhin naive Verharmlosung und Unkenntnis des aktuellen Rassismus-Begriffes vor. Dieser ist offenbar schleichend erweitert worden von anatomisch und genetischen Merkmalen auf „kulturelle Andersheit“.

Vielleicht sollte man in der Folge ganz auf die Termini Rasse und Rassismus verzichten. Damit befände man sich auch im Einklang mit der neueren Genforschung, die dazu tendiert aufgrund der minimalen genetischen Unterschiede beim Menschen noch von verschiedenen Rassen zu sprechen. Damit würde natürlich nicht in Frage gestellt, dass es Vorurteile gegen oder Diskriminierung von Bevölkerungsgruppen gibt und sie angegangenen werden müssen. – Dr. Michael Rath

 

Vielen Dank an Frau Lotter für „Wann wird Sprache zur Gefahr?“ Manches Mal war ich über einen Artikel irritiert, dessen Titel etwa das Thema „Gewalt“ ankündigte, sodann aber eine überraschende Richtung einschlug – da ein nicht gleich genanntes und von mir unerwartetes Adjektiv zugeordnet wurde. Frau Lotter hat diese Irriration eingeordnet. – Monika Bangert

 


 

 

Leserbriefe zu „Die allerschönste Einschlafhilfe“ von Hanno Rauterberg

 

Ich bin freischaffender Künstler, Malerei, und möchte ergänzen: Ob es das Ritual der Pinselreinigung ist oder die immer wiederkehrenden Sätze. Seine Liebe zur Natur und zum Leben, da werden schon mal Tiere mit ins Studio genommen oder kleine Filmausschnitte eingeblendet, die überhaupt nichts mit der Malerei zu tun haben. So wie es Hörbücher zur Serie geben soll, empfinde ich die Kratzgeräusche auf der Leinwand, die Pinselstriche beim Vertreiben der Farbe oder auch die Klappergeräusche des Spachtels beim Anrühren der Farbe auf der Palette als extrem beruhigend. Heute nennt man das: Autonomous Sensory Meridian Response Bob Ross, ein früher Influencer. Wie kann ein Mensch so vielen gut tun? Danke Bob Ross. – Jan F. Welker

 

Im Phänomen Bob Ross geht es nicht um Kunst, sondern um die Nutzung des Malens für therapeutische Zwecke, einen Trend, den Hanno Rauterberg generell im Umgang mit Kunst ausmacht. Geht es dabei um das Entkommen aus der Gegenwart? Vielleicht geht es eher um das Ankommen. Genauer: um die Gegenwart des Gefühls des Angekommenseins. Um das Ankommen in Gefühlen, die im realen Leben nicht mehr spürbar sind. Wenn Malen zum Ritual wird, passt dazu die Bewegung in der Wiederholungsschleife, für die Bob Ross idealtypisch steht. Der Weg ist das Ziel. Es geht um den Prozess, das schöpferische Tun, das selbst noch in der angeleiteten Wiederholung des Immergleichen von seinen „Schülern“ als kreativ erlebt werden kann (Die Wiederholung wird nie enden, sie geht als Konserve ewig weiter).

Es geht darum, sich wiederzufinden im Gefühl von Verbundenheit und Erhabenheit, von Fülle und Vollkommenheit, von Schönheit, von Harmonie und Einklang, oh Gott: im Gefühl von Maß und Mitte. Das Gefühl der Wiedererkennung von sich selbst als göttlichen Schöpfer in den sichtbar gemachten immergleichen inneren Traumbildern. Um das Selbstwertgefühl, das sich aus Selbstähnlichkeit nährt. Selbsttherapie. Im Ende der Geschichte ist Kunst entbehrlich. Alles ist Kunst. Und ohne Ende grüßt das Murmeltier. Alles wird gut. – Reinhard Koine

 

Mit Begeisterung haben wir ihren scharfsinnigen Beitrag „Die allerschönste Einschlafhilfe“ vom 13.01.21 im Feuilleton der ZEIT gelesen. Wir, ein interdisziplinäres Studienteam, welches sich mit der Wirkung von Kunsttherapie bei alten Menschen in verschiedenen Settings beschäftigt,sind davon überzeugt, dass Kunst und Kunsttherapie gerade in Zeiten der Krise eine wichtige Rolle spielen kann. Auch die WHO betont das vielfältige Potenzial künstlerischer Therapien in ihren Report von 2019. In Hinblick auf die gegenwärtige Situation gehen Wissenschaftler*innen und Mediziner*innen davon aus, dass sehr viele Menschen infolge der aktuellen Situation neu an psychischen Störungen erkranken und bereits bestehende psychische Erkrankungen verstärkt werden. Diesbezüglich müssen weitere Ergebnisse aktuell laufender Studien abgewartet werden.

Die junge Fachdisziplin Kunsttherapie bietet auch in Krisenzeiten Orientierung und Halt. Sie stärkt Ressourcen, aktiviert Selbstwirksamkeit, unterstützt die Entwicklung von Autonomie, fördert das Selbstwertgefühl und die Sozialkompetenzen. Dadurch wird künstlerisch kreatives Tun häufig als seelisch und körperlich entlastend wahrgenommen. Ausgehend von Ihrem Artikel, sehen wir die Möglichkeit, die Kunsttherapie ins Blickfeld der Leser*innen zu rücken und somit einen Zugang zu kunsttherapeutischen Potenzialen zu ermöglichen. In Hinblick auf das Beuys-Jahr 2021, den Sie auch namentlich in Ihrem Artikel erwähnen, liegt ein Anknüpfungspunkt über diese Fachdisziplin zu informieren nahe. „Die einzig revolutionäre Kraft ist die Kraft der menschlichen Kreativität – die einzige revolutionäre Kraft ist die Kunst.“ Joseph Beuys. – Prof. Dr. med. Singler und das Studienteam

 


 

 

Leserbriefe zu „Wohin steuern sie die CDU?“ von Matthias Geis et al.

 

Meine Meinung (vor der Wahl): Auch und ganz besonders für die Politik gilt Goethes bekanntes faustisches Zitat: „Dass ich erkenne, was die Welt im Innersten zusammenhält“ (PS: Vertrauen ist‘s). Diese eminent wichtige Erkenntnis, diese unentbehrliche Lebenserfahrung, traue ich allen deklarierten Bewerbern für den CDU-Bundesvorsitz zu. Indes nicht im gleichen Maße. So bin ich sehr bei denen, die die – in diesem Fall politische – Bewährungserprobung ansprechen. Format und Relevanz müssen freilich allenthalben gezeigt, erkannt und bestätigt werden.

Und insbesondere in der derzeitigen Corona-Krise trennt sich meines Erachtens (mitnichten allein in der Politik) durchaus nachvollziehbar die Spreu vom Weizen. Dabei sind gewiss viele Unterschiede grundsätzlichen Zuständigkeiten und Verantwortungen geschuldet. Überdies dürfte uns die – gewissermaßen unlautere – Diskrepanz zwischen Theorie/Heilsversprechen und Praxis/Konsequenz ohnehin klar sein. Unprofessionelles Lautsprechertum und Rechthaberei, Populismus, geschweige denn Demagogie, sollten nicht zuletzt „dank“ der aktuellen US-amerikanischen Politik- und Gesellschaftsverhältnisse selbst im Ansatz ausgedient haben.

Meine Meinung (nach der Wahl): Eine Überraschung ist ausgeblieben, auch nachder Wahl des neuen CDU-Vorsitzenden. Armin Laschet hat eine überaus ansprechende, besonnene und versöhnliche Rede gehalten. Und Friedrich Merz, nunmehr offenbar nicht weiters politisch motiviert, hat eilig nicht mal eine passable Nebelkerze geworfen, indem er eine kalkulierte Forderung stellt (Wirtschaftsminister jetzt!), die – zumal zu diesem Zeitpunkt – realiter nur ins Leere laufen konnte. Schade, denn die CDU könnte nach den Bundestagswahlen im Herbst dieses Jahres mit einer überaus starken Mannschaft im Kabinett vertreten sein, die ihresgleichen sucht (und gewiss nicht finden wird). Kanzlerschaft durch Laschet, Spahn oder Söder, ab dann- als Superminister a la Wolfgang Clement – der Sauerländer Friedrich Merz als Finanz- und Wirtschaftsminister (wenn er denn die „Niederrungen“ eines Bundesministeriums auch zu gegebener Zeit nicht scheut). Und Norbert Röttgen, der bei der Wahl zum neuen CDU-Chef zwar keine Chance hatte, diese aber mit verstärkter Profilierung zu nutzen wusste; er könnte neben seinem bislang wenig geschätzten Dasein als Partei-Intellektueller als Bundesaußenminister fungieren.

Da bekanntlich alle drei Kandidaten für den CDU-Vorsitz erklärt haben, dass es nicht um das Ego, sondern um die Verantwortung des Einzelnen für die politische Mitte geht, erscheint diese Formierung äquivalent. Wobei, um es frei nach Marx zu definieren, ohnehin das „gesamtgesellschaftliche Sein“ ist, welches das Bewusstsein, die Verortung der sogenannten Mitte (die es realiter natürlich nicht gibt), bestimmt. Indes, für den geistreichen Norbert Röttgen dürfte ebenso die Gegenthese durchaus Sinn machen. Denn nach wie vor gilt: Gute Politik wird nicht zuletzt aus Vertrauen gemacht und nur mit Vertrauen kann sie erfolgreich gestaltet werden. – Matthias Bartsch

 

Scheinbar weiche Schale – das trifft zu, aber ansonsten wurde vergessen, dass die Absprachen der Ministerpräsidenten in Berlin zu Corona von Herrn Laschet schon am nächsten Tag, vorsichtig gesagt, anders interpretiert wurden. Kann man ihm deshalb, was er selber einfordert, vertrauen. Ist er deshalb teamfähig? Vergessen wurde auch die nicht zeitgemäße Entscheidung zu Datteln 4. Sich den Zukunftsfragen zu stellen, sieht anders aus. Gerade an dieser Stelle mit seiner anschließenden Rechtfertigung fühle ich mich für dumm verkauft. – Johannes Barth

 


 

 

Leserbriefe zu „Viel Spaß beim Zirkeltraining“ von Hanna Fiegenbaum

 

Ein Polynom dritten Grades hat genau drei Nullstellen im Komplexen (cf. Fundamentalsatz der Algebra). Also hat das Polynom P(x) = x^3 – 6*x^2 + 9*x – 4 genau drei Nullstellen, nämlich 1, 1, und 4 (1 hat die Vielfachheit 2). Beweis: x^3 – 6*x^2 + 9*x – 4 = (x-1)^2*(x-4). Das ist vermutlich einer der 99 Beweise in dem von Ihnen besprochenen Buch. Da diese Nullstellen alle ganzzahlig (sogar positiv) sind, ist P(x) = 0 eine rein diophantische Gleichung vom Grad drei. Sehr schön, daß ab und zu in der ZEIT Bücher über Mathematik besprochen werden! – Wolfdieter Lang

 

Gratulation zum Gag als Mathe-Rätsel: Wo ist die dritte reelle Lösung? Wahrscheinlich hat die Hälfte der ZEIT-Leser die Lösung x = 1 als doppelte Nullstelle schnell erkannt. – Prof. Emeritus Dr. rer. pol. Wolfgang Ströbele

 


 

 

Leserbriefe zu „Tomatenketchup wirkt vorbeugend gegen Krebs. Stimmt’s?“ von Christoph Drösser

 

Zum „Wort unbekannter Herkunft“ (Ketchup): M.W. Ist dieses Wort eine Anglisierung des malaiischen „ketjap“, mit dem eine landestypische Würzsoße bezeichnet wird. Ob mit oder ohne Paradeiser, weiß ich nicht. – Manfred Stepany

 

Was haben Sie sich denn dabei gedacht? „Ketchup enthält 10 bis 13 mg Lycopin pro 100 Gramm, eine frische Tomate maximal 7.“ Das mag zwar richtig sein, ist aber – so formuliert – völlig irreführend. Sind Sie von einem Ketchup-Hersteller gesponsert worden? Wer ißt denn 100 g Ketchup? Die Zahlenangabe hätte sich für den Vergleich nur auf eine normale Ketchup-Portion beziehen dürfen. – Wilhelm Büttemeyer

 


 

 

Leserbriefe zu „Nord Stream 2. Welchen Zweck hat die Stiftung?“ von Martin Machowecz und Martin Nejezchleba

 

Es ist unglaublich, welche Diskussionen mit eng begrenzter Betrachtungsweise jenseits von jeder sachlichen Debattenkultur den Bau der Erdgasleitung nach Mukran auf Rügen begleiten. Ein Perspektivwechsel verdeutlicht sehr schnell die Befangenheit der politischen Meinungen zu diesem Thema. Auf die einseitige Kündigung des gemeinsam mit ihren europäischen Partnern geschlossenenVertrages mit dem Iran über die Nutzung der Atomenergie bleibt es beim Protest. Es folgen keine praktischen Konsequenzen durch die Europäer. Wer jedoch mit dem Iran Handel betreibt, eventuell sogar dort Erdöl kauft, wird von den USA mit wirtschaftlichen Sanktionen (Boykott) bestraft. Diese Kosten werden in den USA durch ihren Anspruch als Weltpolizist bestimmt. Der Verteidigungshaushalt eines Mitglieds der NATO kann sich m. E. nur nach den konkreten Bedingungen des Landes bemessen werden.

Der absolute Aufwand für die Verteidigung eines Landes richtet sich m. E. nach der Größe seines Territoriums und dessen Verteilung über den Erdball wie z, B. Hawaii, Amerkan. Samoa, Guam, Northern Mariana Islands, Puerto Rico, Jungferninseln. Das Verhältnis der dafür notwendigen Ausgaben zu den Gesamtausgaben des Landes ist bei einer hohen Bevölkerungsdichte wie Deutschland mit 232,5 Einw./km2 ohne Territorien in Übersee zwangsläufig weitaus mehr als siebenfach geringer als in den USA mit 33,4 Einw./km2. Für die Verteidigung Deutschlands arbeiten bezogen auf das zu verteidigende Territorium sieben mal mehr Menschen als in den USA. Dieses Sachargument wird offensichtlich negiert. So wird Politik zur Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen genutzt. Trump hat diesbezüglich jede Maskierung fallen lassen. Die Europäer sollen teures amerikanisches Flüssiggas kaufen.

Diese Situation ähnelt den Verhältnissen im „Rat für ‘gegenseitige‚ Wirtschaftshilfe“ (RGW). Der Bau von Passagierflugzeugen und großen Datenverarbeitungsanlagen blieben der Sowjetunion vorbehalten. Der Kalte Krieg hatte einen klaren Gewinner, die Rüstungsindustrie. Durch den Fall des Eisernen Vorhangs und die Abrüstungspolitik gingen die Umsätze in diesem Bereich und damit die Gewinne zurück. Daher verwundert es nicht, wenn die USA mit der größten Rüstungsindustrie für internationale Spannungen sorgen. Inzwischen entscheiden die USA im Alleingang, wer mit wem Handel treiben darf. Das ist ein Treppenwitz der Weltgeschichte. – R. Renaux

 

Haben Sie vielen Dank für Ihren kurzen Artikel zur Ostseepipeline. M-V spielt ja sonst eine eher kleine Rolle im medialen Geschehen, hier kommt das Bundesland wenigstens einmal in der Medienlandschaft vor (selbst die Wettervorhersage schafft es meist nicht in den Nordosten). Den Artikel fand ich durchaus informativ, und es gelingt Ihnen auch in aller Kürze, dem Leser wichtige Aspekte zu diesem Thema zu vermitteln. Umso mehr stolperte ich über die Schlusszeilen. Hier unterstellen Sie „Ostdeutschland“, sprich den neuen Bundesländern, pauschal eine prorussische Haltung. Zudem unterstellen Sie Frau Schwesig (SPD, nicht AFD !) ein machtpolitisches Kalkül, nämlich, dass sie in dieser Angelegenheit prorussisch agiert, um die prorussischen ostdeutschen Wähler für ihren Machterhalt zu sichern.

Ich möchte nicht Ihre Expertise als Journalisten in Frage stellen, dazu überzeugen Sie mich an vielen Stellen zu sehr. Dennoch möchte ich zu bedenken geben, dass hier sehr verallgemeinernd und stereotyp geschrieben wurde. „Ostdeutschland“, „Die Ossis“, „DDR-sozialisiert“, „Die mögen den Putin und die Russen“, „Das sind DDR-Prägungen“ etc. Bei wie vielen Lesern werden durch diese Schlusszeilen solche Gedanken angetriggert ? Ein Gedankengut, dass für die Einigkeit in Ost – und Westdeutschland absolut kontraproduktiv ist. Dazu frage ich mich, ob diese Aussage wissenschaftlich haltbar ist ? Wie könnten Sie belegen, dass man in den neuen Bundesländern „eher mit einer prorussischen Haltung Stimmen“ gewinnt als (SPD)-Politikerin. Wann hören wir auf, in diesen Kategorien, die unser Land immer noch teilen, zu denken und zu schreiben ? Dennoch danke für Ihre Arbeit, ich bin ein leidenschaftlicher Zeit-Leser. – Frank Genkinger

 


 

 

Leserbriefe zu „Stichprobe“ von Anna Mayr

 

Ich bin ein wenig irritiert: seitens der Politik wird eine mangelnde Impfbereitschaft des Pflegepersonals postuliert. Ich möchte die Frage gerne zurückgeben: wie groß ist die Bereitschaft der Politik das Klinikpersonal zu impfen? Ich möchte dies nict allein auf das Pflegepersonal reduzieren. Geht in einer Klinik ein Virus um, macht er vor keiner der dort vertetenen Berufsgruppen halt, wie uns die letzten Grippewellen verdeutlichten. Bis jetzt hatten wir in unserer Klinik noch keinen COVID-19 Fall. Ich kann nur für meine Einrichtung und Schleswig-Holstein sprechen. Ich bin im Sozialdienst einer Reha-Klinik tätig, die Patienten aus dem geamten Bundesgebiet aufnimmt. Zwar lege ich nicht direkt Hand an die Patienten an, habe dennoch persönlichen Kontakt. Bis jetzt hatten wir in unserer Klinik noch keinen COVID-19 Fall. Ob das unserer individuellem Umsicht, unserem Pandiemiekonzept, oder nur purem Glück geschuldet ist, sei dahingestellt. Vermutlich eine Kombination aus allem.

Anfang Dezember wurde uns mitgeteilt, das Land stelle Impfdosen zur Verfügung und wir mögen unsere Impfbereitschaft kund tun, damit die erforderliche Menge Impfstoff bestellt werden könne. Im Optimalfall läge am 21.12. die Zulassung vor und es könne unmittelbar mit dem Impfen begonnen werden. Aus dem 21.12. wurde der 29.12., dann Mitte Januar. Derzeit spricht man von Anfang März. Und womöglich nur noch eine Impfdosis, statt derer Zwei. Wäre der optimalfall eingetreten, dann hätte ich bereits vor einer Woche meine zweite Impfdosis erhalten.

Nun ist die Strategie seit der „Priorisierungsliste“ Herrn Spahns eine andere. Zunächst werden in SH die über 80jährigen geimpft; es sei ihnen von Herzen gegönnt. Diese, so mein Kenntnisstand, werden postalisch angeschrieben und können sich zur Impfung melden. Wie viel Zeit wird dieser Vorgang wohl in Anspruch nehmen, bevor diese Personengruppe ihre Termine erhält und durchgeimpft ist? Wann sind wir an der Reihe? Die Bereitschaft in unserem Hause scheint mir hoch. Wir halten wir den Impfpass ständig in der Hand und haben den Ärmel bereits hochgekrempelt. Unsere Holschuld ist erfüllt. Deshalb die Bitte an die Verantwortlichen aus der Politik: nennt einen verlässlichen Termin eurer Bringschuld. – Matthias Koch

 

Vielen Dank für Ihren Artikel und die ordentliche Recherche. Zu der Misere tragen nicht nur, wie von Ihnen im letzten Absatz erwähnt, die Politiker*innen bei, sondern leider auch in erheblichem Maße Ihre Kolleg*innen von der Presse. Umso freut man sich über Artikel wie den Ihrigen. – Cornelia Dittrich

 


 

 

Leserbrief zu „Gibt’s da echt was zu gewinnen?“ von Dmitrij Kapitelman

 

Ein interessantes Thema und schön geschrieben. Leider ist es nicht möglich eine Kommentar anzuhängen. Meine Erfahrung: Ich habe dreimal etwas gewonnen, einmal den (kleinen) Hauptpreis – ein Tarotdeck. Freunde meiner Mutter haben vor kurzem (2019 oder 2020) eine Schiffsreise nach Südamerika gewonnen, Wert 8000 €. Sie waren begeistert von der Reise. Als ich vor ca. 15 Jahren in der Versicherungsbranche arbeitete, wurde uns auf einer Schulung erklärt, dass die Unternehmen das Risiko den Preis wirklich aushändigen zu müssen versichern können. Ich denke, das Produkt ist noch am Markt. – Iman Schwäbe

 


 

 

Leserbrief zu „Torten der Wahrheit“ von Katja Berlin

 

Ihre Torten der Wahrheit gefallen mir immer, und heute wieder ganz besonders gut. Einfach toll beobachtet resp. abstrahiert. Mit immer auch metaphysischer Hinterlist, zum Beispiel in der Genderfrage. Danke. – Gernot Henseler

 


 

 

Leserbrief zu „Tanz am Meer“ von Lisa Frieda Cossham

 

Mit Ihrem Bericht von der Südwestspitze Portugals, der Finisterra do Sul, haben Sie mir eine große Freude bereitet, hat er mich doch an meine eigenen Reiseerlebnisse im Juni 2014 erinnert. Diese sind in meinem Büchlein Unterwegs zwischen Algarve und Oman (Verlag BoD) enthalten. – Dr. Wolfgang Hachtel Prof. i.R.

 


 

 

Leserbrief zu „Kommt 2021 der Aufschwung, Herr von Moltke? ,Wir erwarten mehr als vier Prozent Wachstum‘“. Gespräch mit James von Moltke geführt von Uwe Jean Heuser und Lisa Nienhaus

 

Interessant, wie ein Zeitraum von etwa einem Jahr von Herr von Moltke bereits als „langfristig“ eingestuft wird (Frage nach der eventuell aufkommenden Inflation). Daran erkenne ich, dass die Deutsche Bank scheinbar doch sehr auf Sicht fährt, wenn 2022 schon in der Langfristspanne rangiert. – Steffen Kaufmann

 


 

 

Leserbrief zu „Land der Zombies“ von Felix Lill

 

Vor 5 Wochen kam Frau Kelton mit der dubiosen „Neuen Monetären Ökonomik“ in der ZEIT zu Wort. Am Beispiel Japans wird seit über 25 Jahren klar, dass diese „Zaubermittel“ sehr dubios sind. Dumm nur, dass genau diesen Unsinn die Europäische Zentralbank (auf Druck des „Clubs Méditerranée“) seit längerem praktiziert. Das ist zwar politisch kurzfristig bequemer, langfristig jedoch großer Mist! – Prof. Emeritus Dr. Wolfgang Ströbele

 


 

 

Leserbrief zu „Ist das Archäologie, oder kann das weg?“ von Max Rauner

 

Mit Interesse und Verwunderung habe ich Ihren Artikel gelesen. Die Meinung des Herrn Ulrich Müller kann ich allerdings nicht teilen. Wenn die Frauen bei Greenham Common nun sich doch nicht vegan ernährt haben, dann ist das sensationell und revolutionär… Wer hätte das gedacht ? Ich kann kaum glauben, womit Leute ihr Geld verdienen und die Archäologen natürlich mehr davon haben wollen. Die eingangs erwähnten Beschreibungen im Hörsaal des Instituts für Ur-und Frühgeschichte haben mich fast sprachlos gemacht. Es wird von Graffities gesprochen, ich nenne es Schmierereien, die auch noch von gebildeten Studenten zu stammen scheinen. Der Niveaulosigkeit sind Tür und Tor geöffnet… – Jürgen Lungwitz

 


 

 

Leserbrief zur Infografik „Schwarmwissen“ von Dirk Asendorpf (Recherche) et al.

 

Wikipedia feiert ihr 20jähriges Jubiläum – und ist auf manchen Gebieten auch auf dem Forschungsstand von vor 20 Jahren. Die Autoren sind überwiegend männlich und unterdrücken teilweise aktiv unliebsame Genderforschungen, was ich persönlich bezeugen kann. Als Neuling habe ich versucht einen Artikel um wesentliche Literaturangaben zu erweitern, die dem Androzentrismus des Artikels entgegenwirken sollten, der ja von Wikipedia offiziell selbst beklagt wird.

In der Praxis werden solche Ergänzungen dann aus formalen Gründen ( falsche Stelle, falsch formatiert…) einfach gelöscht, statt sie etwa formal zu berichtigen und an der richtigen Stelle einzufügen. Kooperation sieht anders aus. Auch die Benutzerfreundlichkeit für Autor* innen ist unnötig kompliziert, also nicht gegeben. Auch so kann man Autorinnen wegekeln. – Dr. Gerlinde Volland

 


 

 

Leserbrief zu „Das Barbados-Prinzip“ von Sven Beckert

 

Sven Beckert erinnert zu Recht an die bekannte und in den Quellen gut dokumentierte Tatsache, dass zwischen ca. 1500 und 1850 Millionen Afrikaner in die „Neue Welt“ als Sklaven verschleppt und im System der mörderischen Plantagenökonomie eingesetzt worden sind. Zwei Aussagen in seinem Text erscheinen jedoch umstritten bzw. nicht stichhaltig. Zum einen ist die reißerische These, dass „die Weltwirtschaft im 17. Jahrhundert auf dem Rücken afrikanischer Sklaven entstand“, zu relativieren.

Die Handelsbeziehungen zu jener Zeit bestanden aus vielfältigen trans- und interkontinentalen Warenkreisläufen und Geldströmen, können somit kaum auf eine einzige Quelle zurückgeführt werden. Die „Mutter des Handels“ für die niederländische, damals am meisten kommerzialisierte Gesellschaft Europas z.B. bildete der Austausch mit Getreide und Rohstoffen aus dem Ostseeraum; er stellte die Grundlage des Reichtums dar. Waldprodukte und Korn wurden zum großen Teil mit Silber bezahlt, das aus Süd- und Mittelamerika stammte. Man könnte also genauso gut behaupten, dass der Welthandel im 17. Jahrhundert auf dem Rücken der in den dortigen Minen schuftenden Indios errichtet wurde.

Zweitens setzt der Autor den modernen Kapitalismus mit Kommerzialisierung gleich. Für den Markt produzierende, teilweise mittels Sklavenarbeit betriebene Enklaven bestanden bereits in der Antike und im mittelalterlichen Europa – ebenfalls solche, die Zucker anbauten (wie auf den Inseln Kreta, Zypern oder Madeira). Die Entstehung zahlreicher Innovationen im Textilgewerbe seit dem späten 18. Jahrhundert, die schließlich die „Geburt“ des industriellen Kapitalismus ermöglichten, lässt sich damit nicht erklären. Hier wäre es erforderlich, sich mit den intellektuellen Einstellungen in Westeuropa auseinanderzusetzen, die den „Erfindergeist“ hervorgebracht haben. Nicht die Akkumulation von Kapital mithilfe der Plantagenökonomie gab den Ausschlag für die Entstehung des modernen Kapitalismus, sondern technische Innovationen. – PD Dr. Dariusz Adamczyk

 


 

 

Leserbrief zu „Das wird Spritze!“ von Peter Kümmel

 

Ich bin mir nicht sicher, ob – wie Peter Kümmel meint – der Vorgang des Impfens jetzt dauernd gezeigt wird, damit sich seine Notwendigkeit einprägt. So sehr ich persönlich von der Notwendigkeit überzeugt bin und mich, wenn ich (67 Jahre alt) an der Reihe bin, impfen lassen werde, so ekelt mich doch die ständige Wiederholung. Ich bin mir nicht sicher, ob diese Bilder nicht eher einen Abschreckungseffekt haben, zumal für Menschen, die Angst vor Spritzen haben. Von denen gibt es gar nicht so wenige. Ich vermute sogar, dass die kürzlich gemeldete abnehmende Impfbereitschaft mit diesen Bildern zusammenhängen könnte. Ich möchte keine derartigen Bilder mehr sehen: „die Nadel, die in einen butterweichen menschlichen Oberarm gestoßen wird und dort widerstandslos verschwindet“ (Zitat Kümmel)! – Barbara Schieder

 


 

 

Leserbriefe zu „Mann der Zukunft“ von Tillmann Prüfer im ZEIT Magazin

 

Im aktuellen Magazin ist im Artikel über Pierre Cardin das Bild (Doppelseite) nicht auf die Mitte der Fünfzigerjahre zu datieren, sondern eher Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre! Rechts im Bild ist ein Peugeot 504 zu sehen, der erst Mitte 1968 auf den Markt kam. (Habe selbst über 10 Jahre lang einen solchen Wagen besessen.) Auch war Pierre Cardin Mitte der Fünfzigerjahre erst knapp über 30 Jahre alt, das gezeigte Bild entspricht eher einem Endvierziger. – Wolfgang Warmbold

 

Danke, dass Sie Pierre Cardin einen großen Artikel widmen. Die Unterschrift zum zweiseitigen Bild S. 40-41 ist leider falsch. Vielleicht haben das andere Leser/innen auch schon bemerkt. Dies ist kein Bild aus der Mitte der „Fünfzigerjahre“, das Auto am rechten Bildrand zeigt einen Peugeot 504, wahrscheinlich um 1975. Die Passantinnen tragen keine 50-er Jahre Kleidung, was man insbes. an Schnitt und Stoffmuster der älteren Dame auf S. 40, sowie an ihren Schuhen erkennen kann. Pierre Cardin selbst trägt einen schlanken Anzug mit großem Revers, ähnlich mit dem Anzug auf S. 46. – Dr. Agnes Becherer

 

Das Bild auf S. 40/41 zu Ihrem Artikel über Pierre Cardin „Mann der Zukunt“, wurde sicher nicht Mitte der Fünfzigerjahre aufgenommen, wie die Unterschrift suggeriert. Meine Begründung: auf der rechen Seite sieht man ein weißes bzw. helles Auto, das ein Peugeot 504 ist. Dieser wurde erst ab 1968 hergestellt. Das Photo dürfte also Ende der Sechziger/Anfang der Siebzigerjahre aufgenommen worden sein. – Dr. Peter Hübner

 

Mit Interesse verfolge ich jede Woche Ihre Kolumne „Prüfers Töchter“. Ich habe zwar nur eine Tochter, die mittlerweile 27 Jahre alt ist, aber wir haben viel von dem zusammen erlebt, was Sie beschreiben. Für mich waren früher Rentner, wie ich mittlerweile einer bin, die Leserbriefe verfassen , immer im Verdacht, sich wichtig machen zu wollen. Nun ja, aber die Bildunterschrift auf Seite 40/41des aktuellen Magazins möchte ich dann doch nicht so hinnehmen.

Falls das Foto keine Montage ist, kann es erst nach dem Jahr 1968 aufgenommen worden sein und nicht Mitte der FünfzigerJahre. Das Fahrzeug rechts im Bild ist ein Peugeot 504, dieser wurde von 1968 bis 1983 produziert. Falls Sie einmal etwas über „Besserwisserei“ schreiben möchten, hätte ich da noch ein paar Beispiele, bei denen ich mich dann auch äußern musste. Meiner Tochter Hannah habe ich das aber nicht erzählt. – Gerald Frielinghaus

 


 

 

Leserbriefe zu „Prüfers Töchter“ von Tillmann Prüfer im ZEIT Magazin

 

Ich freue mich darüber, wenn Gutes bewahrt wird. Prüfers Stilkolumnen gehören dazu. Seine Töchter dagegen nerven mich seit Anbeginn und nun darf ich mich offensichtlich mit deren Seite das ganze Jahr noch abfinden zu müssen. Wie schade. Denke, es hätte sicherlich Berichtenswerteres gegeben. Mal sehen, ob ich mich auf 2022 freuen darf. PS: Florian Jaenecke kennenlernen zu dürfen, dafür bin ich dankbar. Vielleicht finden Sie mehr davon? – A. Marienfeld

 

Vor kurzem kam ich mal wieder in den Genuss die Zeit zu erwerben, beim rausgehen aus dem Laden traf ich eine Frau mit einem Satz den ich nicht vergesse. Gute Zeitung! Stolz trug ich die Zeitung durch eine kleine Brandenburgische Stadt, die oft kleiner sind als so manche Dörfer. Verblieben in ihrer Struktur mit oft einfachen aber beständigen Ritualen. Jetzt zu schlechten Teil ..Prüfers Töchter nervt!! Welch ein Eindruck entsteht beim entblättern von Unstimmigkeiten und Stimmigkeiten im Gedankenspiel zwischen einer pubertierenden Tochter und Ihrem Vater Unsinn und Vision dadurch gleich betroffene Menschen zu erreichen.

Wir erleben unsere Kinder jeder für sich selbst, da brauch ich kein schlaues dahingerede zwischen Vater (Schriftsteller der damit sein Geld verdient) und einer jungen Frau, so schlau fast schon filmreif! Sorry das spiegelt nicht unser Verständniss auf einer Ebene zwischen Kindern und Eltern dar, es ist lediglich ein Ausschnitt aus dem Gedankenspiel eines Autors welcher seine Story der Zeit verkauft. Ihre Zeitschrift ist gerade in der heutigen Zeit sehr wertvoll jede Seite welche uns eine Richtung und Werthaltigkeit vermittelt , diese Seite sollten Sie wertvolleren Inhalten garantieren. Sie nervt!! – Alfred Boesett

 


 

 

Leserbrief zu „Heiter bis glücklich“ von Claire Beermann im ZEIT Magazin

 

Im aktuellen Zeitmagazin 03/2021 schreibt ihr, dass ihr das Wort „Impfie“ erfunden habt. Ein witziger Gedanke, doch birgt dieses Wortspiel noch viel mehr Potenzial: Wer ein Impfie macht wird zum Impfluencer. Impffluencer gegen Influenza? – Nora Berkemeier

 


 

 

Leserbrief zu „Über Karrierezweifel und neue Anfänge“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

 

Woche für Woche schlage ich das Zeit Magazin im Wesentlichen nur auf, um ihre Kolumne zu lesen. Ich finde sie nicht immer gut, aber sie spricht mich meistens irgendwie an, oft regt sie mich an, manchmal regt sie mich auch auf (selten!), Ihre Ironie, Ihr Humor liegen mir, es fasziniert mich, wie Sie mal über eher Belangloses geistreich plaudern können und dann wieder was eher Grundsätzliches thematisieren, und ich bewundere Sie dafür, wie Sie jede Woche neu ein Thema finden – oder auch gleich mehrere -, mit dem oder denen Sie Ihre Seite füllen können, und im allgemeinen so, dass „man“ es wirklich gerne und oft mit einem Schmunzeln liest.

Ich selber war Pfarrer und musste auch viele Jahre lang Woche für Woche etwas „produzieren“, das irgendwie geistreich sein sollte, nicht besserwisserisch, aber so, dass andere etwas davon haben, wenn sie es hören. So weiß ich, wie mühsam es sein kann, bis etwas so leichtfüßig daherkommt wie im allgemeinen Ihre Kolumnen. Warum schreibe ich Ihnen das? Irgend etwas an Ihrer jüngsten Kolumne (vom 14.1.) hat mich dazu bewogen. Ein resignativer Unterton? Ich freue mich jedenfalls darüber, dass es bei Ihnen weder zum Skilehrer noch zum Bademeister gereicht hat. Abgesehen davon glaube ich es Ihnen nicht, dass Sie tatsächlich glauben, dass das „mehr so Ihr Ding“ wäre – höchstens im Sommer und Winter jeweils für 14 Tage! – Gerhard Sattler

 


 

 

Leserbrief zu „Wie im Urlaub“ von Claire Beermann im ZEIT Magazin

 

Zunächst ein ganz großes Lob…ich liebe diese ZEITung…und jeden Donnerstag freue ich mich auf die neueste Ausgabe ! Mit großem Vergnügen lese ich zunächst die Rubrik…Was mein Leben reicher macht…und es gibt sicher auch interessante Anekdoten aus dem Leben, die ich auf dieser Seite beitragen könnte…aber, letzten Donnerstag habe ich mit großem Interesse die S. 36 des Magazins gelesen: In originell gestalteten Hotels entdeckt man oft Einrichtungsstile, Möbel und Muster,auf die man sonst nie gekommen wäre…und mich total gefreut, weil es mir mit der kabellosen Lampe -Nuindie-..von Sigor…GENAUSO erging…! Seit 3 Jahren haben wir mit der Familie (2 Kinder 6 und 9) unseren Sommerurlaub im Hotel Tre Cime in Moos / Sexten Italien verbracht …und was soll ich sagen, es ist eine echte Perle dieses Hotel…ein historisches Haus..

1929 von Clemens Holzmeister erbaut…..liebevoll im ursprünglichen Stil erhalten…aber eben auch..wie man sieht…dezent mit modernen Nuancen und Accessoires ausgestattet. So hat die Inhaberin des Hotels ( ich denke in 3. Generation) Frau Watschinger diese Lampen während unseres Urlaubs in 2019 auf der Terrasse des Hotels aufgestellt…und es hat sofort gepasst und einen eigenen Charme ausgestrahlt. Im übrigen sitzt man auf dieser Terrasse einmalig schön…mit Worten nicht zu beschreiben…Foto anbei.

Mir hat diese Lampe so gut gefallen, dass ich sie…wie in ihrem Artikel beschrieben…gleich gekauft habe…und sie erinnert uns irgendwie jeden Tag an dieses einmalige Hotel…welches natürlich nicht nur durch seine Individualität des Baues..sondern vor allem durch die liebenswürdigsten Gastgeber in allen Bereichen hervorsticht…und natürlich durch eine hervorragende Südtiroler/mediterrane Küche…der Gast ist hier wirklich von Herzen willkommen…im wahrsten Sinne des Wortes!!!! Falls Sie Lust bekommen haben,dieses alles selbst zu erleben…hier die website.. www.hotel-drei-zinnen.comNikola Lisicki

 


 

 

Leserbrief zu „Die Ferne, so nah“ von Sven Stolzenwald und Urs Mader im ZEIT Magazin

 

Zeit-Magazin Nr. 3 Die Ferne, so nah. Ja zu DDR-Zeiten fuhr die Reichsbahn sogar nach Amerika. Jetzt ist es eher so wie auf der Postkarte. – Olaf Goldschmidt