Lesezeichen
‹ Alle Einträge

28. Januar 2021 – Ausgabe 5

 

Leserbriefe zu „Justiz auf Linie” von Josef Franz Lindner 

 

Im ganzen Artikel keine Zahlen! Aber genau darum geht es: welches relatives Gewicht haben die unterschiedlichen Kontakt-Umfelde? (Die vielzitierte „Verhältnismäßigkeit“). Noch schwieriger: jedem Kontakt-Umfeld (z.B., Schule; Straßen nach 20 Uhr) entspricht eine (oder mehrere) abgeleitete Kontakt-Situationen (die Schüler fahren mit dem Bus; wer nachts auf dem Weg ist, könnte sich zu irgendeinem Party begeben). Wenn zuverlässlige Zahlen nicht vorhanden sind, ist es nicht unvernünftig, alles zu unterbinden, was nicht absolut notwendig ist (ohne Hund/mit Hund). Es gibt selbstverständlich eine andere, mögliche Strategie: lassen wir die Bremsen los und schauen, was auf uns zukommt. – Dr. Salvatore Algieri 

 

Was haben wir über Corona gelernt? Es stimmt schon: Die Schutzmaßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus greifen tief in die Grundrechte ein. Es stimmt auch: Die Gerichte urteilen darüber – vorläufig – sehr zurückhaltend; jedes Mittel, das nicht von vorn herein aussichtslos zu sein scheint, wird als Begründung akzeptiert. Es regiert die pure Angst vor einer Dritten Welle, einer gefährlichen Mutation, einem nicht enden wollenden Lockdown – mit allen Konsequenzen. J. F. Lindner kritisiert das in der ZEIT zu Recht. Die seinerzeitigen Aussagen zu neu gewonnenen Erkenntnissen über Covid 19 hätten erwarten lassen, daß die Politik differenzierter auf den rasanten Anstieg der Ansteckungen reagiert hätte.

Nahezu alle Branchen, Geschäfte, Gaststätten etc. hatten sich mit großem Aufwand „coronafest“ gemacht. Davon ist nichts geblieben. Die Möglichkeiten, sich mit anderen „Hausständen“ zu treffen, sind auf eine zusätzliche Person eingedampft zu einem „Hausständchen“. Selbst die heiligen Schwüre, Kindergärten und Schulen nicht wieder zu schließen, sind zerplatzt. Wir stehen da, als wäre das vergangene Jahr nicht unser Lehrjahr gewesen. Nur sind wir alle deutlich mehr „corona-müde“. Viele halten die AHA-Regeln kaum noch ein und manche glauben immer fester an den „tiefen Staat“. Nein, unsere Regierung braucht weiterhin unser Vertrauen, aber auch unsere kritische Begleitung.

Nur durch begründetes Vertrauen werden die Grundrechtseinschränkungen mitgetragen und befolgt. Grundrechte müssen wiederhergestellt werden, sobald ihre Einschränkung keinen angemessenen Beitrag zur Pandemiebekämpfung leistet. Dabei müssen die Gerichte helfen; nur sie haben die Möglichkeit, dem Staat seine Grenzen aufzuzeigen. Sie müssen „Farbe bekennen“. Wir müssen deutlicher sehen können, wozu welche Maßnahme einen Beitrag leistet und ggf. korrigiert wird. Es geht nicht darum, „Privilegien“ zu erstreiten, auch nicht bezogen auf das schleppende Impfgeschehen. Wenn die Dinge allerdings so weiterlaufen, bliebe die Feststellung: Wir haben nichts gelernt. – Wolfgang Philipps 

 

Es ist schon erstaunlich, in welch kurzer Zeit unsere Gerichte über die Verhältnismäßigkeit von Einschränkungen zur Bekämpfung der Corona Pandemie entscheiden. Der Sachverhalt ist, wie im Artikel beschrieben, äußerst komplex und weitreichend. Andererseits benötigt unsere Justiz oft Jahre, um weit einfachere Sachverhalte, oft nach Anhörung verschiedener Gutachter, zu entscheiden. Ein Beispiel: Der jahrelange Rechtsstreit um die Zumutbarkeit von Kuhglockengeleut. – Siegfried Veile 

 

Natürlich gibt es bei den zur Corona-Pandemie verfügten Maßnahmen Widersprüchlichkeiten – jeder von uns kann da das ein oder andere mitunter auch skurrile Beispiel beitragen. Man darf aber den Aspekt der praktischen Vollziehbarkeit nicht außer Betracht lassen. Wenn man jede Einzelfallgestaltung widerspruchsfrei regeln will, wird man sehr schnell an Grenzen stoßen und diejenigen, die die Einhaltung der Regeln überwachen sollen, zur Verzweiflung bringen. Eine solche Regelung mit lückenloser Einzelfallgerechtigkeit würde in der Folge ihren Zweck nicht erreichen, wäre also wohl „ungeeignet“.

Wie der Verfasser sicher weiß, aber geflissentlich unterschlägt, hat der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz neben dem von ihm herangezogenen Übermaßverbot auch die Komponenten der „Erforderlichkeit“ und „Geeignetheit“ zum Inhalt. Das gewählte Mittel muss erforderlich, aber auch geeignet sein, den angestrebten Zweck zu erreichen. Eine gut gemeinte, aber nicht oder nur mit großen Einschränkungen vollziehbare Anordnung, wie man sie sich in der warmen Stube des Elfenbeinturms zurechtlegt, wäre ungeeignet und würde also ihrerseits gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Die Attacke („Justiz auf Linie“) suggeriert eine Linientreue und vermeintliche Steuerbarkeit der Justiz. Das hat die Gerichtsbarkeit so nicht verdient. – Lothar Panzer 

 

Zu Recht weist der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Franz Josef Lindner darauf hin, dass zurzeit diverse Grundrechtseinschränkungen und fehlende Schutzmaßnahmen diskussionswürdig sind. Jedoch macht mich der dabei fehlende Blick auf andere wichtige Disziplinen wie die Virologie/ Epidemiologie oder Psychologie fassungslos. Ist Herr Lindner in der derzeitigen gesellschaftlichen Lage „Güterabwägungen“ zu betreiben? Das alleinige Fokussieren auf die Wahrung unseres Gesundheitssystems (Aussage Lindners im WDR5 Tagesgespräch, 25.01.2021) und den Schutz der vulnerablen Gruppen wird mit einem genaueren Blick auf die Virologie/ Epidemiologie (exponenzielles Wachstum, Mutanten) nicht ausreichen.

Demnach könnten in Deutschland dann mehr Menschen sterben als in anderen Ländern, deren Gesundheitssystem nicht so gut ausgebaut ist. Außerdem ist es brandgefährlich, nur vulnerable Gruppen zu schützen und bei der restlichen Bevölkerung auf Herdenimmunität zu setzen. Nichts anderes passiert nämlich, wenn jetzt viele gesellschaftliche Bereiche, auch mit Schutzmaßnahmen und diversen Konzepten, wieder öffnen sollen und das Impfen noch nicht flächendeckend erfolgt ist. Wir können froh darüber sein, dass bislang noch keine selbsternannten Besserwisser in der Justiz die Regierungsmaßnahmen torpedieren, auch wenn das ein oder andere nicht nachvollziehbar ist. Ansonsten wäre es bedeutend chaotischer in Deutschland. Zudem konterkarierten Herr Lindner mit der Intention des Artikels samt seiner Wortwahl genau das, worauf er eigentlich aufmerksam machen möchte: Wie beeinflusst uns Angst gesellschaftlich/politisch?

Meiner Meinung nach wird mit einem Vokabular wie „die Justiz fährt auf Linie der Regierung“, „die Gerichte müssen aufwachen“ (WDR5 Tagesgespräch 25.01.2021) und „Politikerphantasien“ Öl ins Feuer vieler Querdenker- Welten gegossen und eine andere Angst, neben der gesundheitlichen, heraufbeschworen: Wie gefährdet ist unsere Demokratie? Nach Aussagen von Herrn Lindner verändert sich unsere Rechtsprechung gerade durch „permanente Dramatisierungsrhetorik“. Er selbst aber schürt mit seiner Wortwahl eine andere Angst: Wir sind bedroht, aber nicht so sehr von SarsCov2. Sondern eher durch unsere durch Angst getriebenen Politiker, so Lindner.

Angst kann niemals ein guter Berater sein. Und es kann ebenso demokratiegefährdend sein, Querdenker-Vokabular zu nutzen. Das Voranstellen des Schmidt-Zitates an seinen Artikel wird hierdurch zu einer hohlen Phrase. Ich bin erstaunt bis erschüttert, dass Prof. Dr. Franz Josef Lindner seine nach Substanz schreienden Ansichten ohne intensive Informationen fernab seines Faches und einer gewissen Weitsicht veröffentlichen kann. Es fehlen ihm gute Argumente gegen die derzeitigen Grundrechtseinschränkungen, weil er ohne intensiveres Wissen anderer Wissenschaften nicht gut genug abwägt. Zu einem guten und unerlässlichen Streit in einer Demokratie gehören immer auch gute Argumente. – Merle Mittelstenscheidt 

 

Der Umgang mit der Corona-Sorge, die sich mehr aus Testergebnissen, Extrapolationen und medialen Schlaglichtern speist, als aus eigenem Erleben, ist bedenklich. Denn während Gefahren durchgestanden werden können, bleibt Sorge unstillbar. Je diffuser das Risiko, je größer die Ungewissheit, desto weiter reichend der Wunsch nach Kontrolle, desto bizarrer die aufeinander getürmten „Massnahmen„,  desto wilder der Wunsch nach harten Strafen für alle, die nicht folgen, desto rigider die Abwehr aller Dissidenten. Natürlich gerät auch die Justiz in diesen Tunnelblick und auch ich befürchte, dass die Klimakatastrophe die nächste unstillbare Sorge wird, der wir alles unterzuordnen haben. – Ingo Klamann 

 

Solidarität bleibt das schlagende Argument der Bundesregierung, wenn es darum geht Einschränkungen, Verbote und Maßnahmen zu verhängen und diese zu begründen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird dabei oft außer Acht gelassen (Justiz auf Linie), was in der Essenz schon der Idee der Solidarität widerspricht. Unwidersprochen ist das Ziel Risikogruppen zu schützen und schlichtweg Leben zu retten. Geht es jedoch um die Impfstrategie (Die Hälfte bleibt im Kühlschrank) ist von Solidarität wenig die Rede.

Risikogruppen werden richtigerweise bevorzugt, die Einlagerung von Impfstoffen für eine zweite Dosis jedoch riskiert das Leben von Menschen aus genau dieser Gruppe. Diesen Menschen wird der nicht vollumfängliche, aber hochgradig lebenserhaltende Schutz einer einzelnen Dosis verwehrt, aus der Motivation heraus Anderen einen vollumfänglicheren Schutz zukommen zu lassen. Solidarisch von der Bevölkerung zu nehmen ist die Regel, solidarisch der Bevölkerung etwas zurück zu geben dagegen leider die Ausnahme. – Dominik Schleier 

 

Vielen Dank Herr Lindner für Ihren Artikel. Er spricht mir vom ersten bis zum letzten Satz aus meinen Gedanken und meinem Empfinden als deutsche Staatbürgerin, noch dazu als Bürgerin der Landes Bayern. Eine Position, wie Sie sie hier vertreten, vermisse ich schon lange schmerzlich in der öffentlichen Debatte. – Rita Nicola 

 

Vielen Dank,Herr Prof.Dr.Lindner,für diesen hervorragenden Beitrag! Die Unabhängigkeit der Judikative als Gewaltenteilung ist für die Demokratie essentiell. Eine der Politik unterworfene Rechtsprechung gab es schon einmal, mit den bekannten schlimmsten Folgen. Es fehlt derzeit – offenkundig angstbesetzt – häufig an jeglicher Abwägung und Beurteilung von Verhältnismäßigkeit. Dass in diesem Klima totalitäre Haltungen auf dem Vormarsch sind, ist leider nicht verwunderlich. Der angeblich alternativlose „Lockdown“ ist planlos, konzeptlos. Der Schutz der sog. „vulnerablen Gruppen“ wurde vordergründig propagiert, aber nicht ernsthaft betrieben und nicht erreicht.

Es gibt auch keine Gleichheit und Betroffenheit aller im Lockdown. Beispielsweise fragt mich die Kassierer im Supermarkt, wie sie ohne Kontakte in öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit kommen soll und wieso sie abends im Fernsehen gut frisierte Politiker und sonstige Akteure sieht, während sie nicht zum Friseur darf. Die allgegenwärtige Dramatisierungs-Rhetorik, die nun um den nach Sciencefiction anmutenden Begriff „Mutanten-Gebiete“ noch reicher geworden ist, wird in weiten Teilen der Bevölkerung längst nicht mehr nachvollzogen. – Margret Wagner 

 

Es ist bedenklich, wiederum einen solchen Artikel in der Presse lesen zu müssen. Wieder ist es ein Artikel in dem nur gemeckert und gewettert wird. Das ist leicht und es ist leicht, eine Lösung anzudeuten, jedoch ist es schwerer eine Lösung zu durchdenken und in Konsequenz aufzuzeigen. Dazu ist der Autor jedoch entweder nicht in der Lage oder er will es gar nicht. Er will vielleicht nur Öl in das leider hochlodernde Feuer gießen, das die ganz Liga von Trump bis Querdenker entfacht haben. Ja, es ist leicht alles in Bausch und Bogen als negativ abzutun – und es ist verantwortungslos.

Er unterstellt den Politikern eine Repressionstaktik, die darin bestünde gewissen Gruppen Schutz vorzuenthalten, damit ihre Mitglieder sterben, um dann noch mehr die Repressionsschraube andrehen zu können. Wir hätten also eine „auf Repression fokussierte Exekutive“! Spätestens mit dieser Aussage ist die rote Linie zum Rechtspopulismus und -radikalismus überschritten und der Autor offenbart, wes Geistes Kind er ist. Wenn Herr Lindner der Exekutive diese Repressionstaktik schon unterstellt, dann müsste er konsequenterweise auch sagen, wem diese denn auf welche Art nutzen solle. Auf welcher Linie sei denn die Justiz? Diese Fragen stellt und beantwortet er nicht. Er begibt sich damit erst recht in die Reihen brüllender Fäusterecker. – Hary Lapot 

 

Dank an die Redaktion für den Artikel. Er ist eine rühmliche Neuorientierung im bisher linientreuen “Zeit“-Geist. Bitte mehr streitbare Artikel! Besonders wohltuend, die Frage nach besseren Schutzanstrengungen für Schutzbedürftige, statt wirkungsschwacher Gesellschaftslähmung: Noch immer keine Besserstellung, ja nicht einmal gesicherte Schnelltestung der Altenpfleger, noch immer keine Gutscheine für FFP2 Masken bei vielen über 70jährigen eingelangt, statt einfach die Masken zu zusenden, noch immer keine Taxi-Gutscheine zur Vermeidung von U-Bahnfahrten u.v.m. Tipp am Ende: Gurgeln und Nasespühlen, dort wo viele Viren eindringen, sind mindestens so wichtig wie Händewaschen. – Dr. Johannes Reintjes 

 

Also: “Die Politik” hat den Risikogruppen wirksamen Schutz vorenthalten, damit sie nachher Gründe hat, einen allgemeinen Lockdown zu erlassen und so allen Bürgern ihre Freiheit zu nehmen? Ich hätte nicht gedacht, dass DIE ZEIT einer solchen Verschwörungstheorie fast eine Seite Platz einräumt. – Hermann Weigmann 

 

Mit Genugtuung habe ich zur Kenntnis genommen, dass die Zeit zumindest ab und an (vielleicht auch nur als Alibihandlung) kritische Artikel zu dem Desaster abdruckt, das man hierzulande Coronapolitik nennt. Ich möchte den Gründen für die Zurückhaltung der Justiz bei der überfälligen Eingrenzung der Corona Maßnahmen der Regierungen, die der Autor nennt, noch einen fünften Grund hinzufügen. Die Justiz ist seit langem dafür bekannt, dass sie sich jahrelang Zeit lässt mit der Beurteilung von Sachverhalten, um anschließend dann oberlehrerhaft zu erklären, was nach Ansicht der Justiz vor Jahren jeder hätte ganz klar erkennen und wissen müssen. Es geht hier aber nicht um eine Sache, die jahrelangen Aufschub duldet. Hier muss sofort gehandelt werden.

Die Pressefreiheit, die erstaunlicherweise von ausgerechnet der Presse nicht genutzt wird bei diesem Thema Pandemie, wurde im Wesentlichen erkämpft, weil das Bundesverfassungsgericht damals bei der Spiegel-Affäre der Regierung schnell Grenzen gesetzt hat. Und es wäre dringend erforderlich, dass das BVerfG die ihm gebotene Chance durch die eingereichte Verfassungsbeschwerde des Richters Dr. Pieter Schleiter nützt, um rasch die verfassungsgerichtlichen Grenzen der Exekutive zu klären. Es wird sich hier auch zeigen, ob der neue Verfassungsgerichtspräsident Harbarth in die großen Fußstapfen seiner Vorgänger treten kann, oder ob er sich mehr der politischen Klasse verpflichtet fühlt, von der er berufen und in der er sozialisiert worden ist in den letzten Jahren.

Bisherige Äußerungen und Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutz z.B zum Thema Demonstrationsrecht unter Vorsitz des Herrn Harbarth lassen daran zweifeln, dass er die Unabhängigkeit besitzt, die nötig ist, dieses Amt zu führen. Abschließend sei angemerkt, dass das Amtsgericht Weimar – im Gegensatz zur Auffassung des Autors Lindner- eine breite Palette an Gründen aufgeführt hat, die das Urteil stützen und nicht nur auf Verletzung der Menschenwürde durch die Lockdown Maßnahmen der Regierung abstellt, wie Lindner meint. Tatsächlich wäre es allerdings dem Urteil zuträglicher gewesen, nur auf die Darstellung der Verfassungswidrigkeit abzustellen und nicht zur politischen Unverantwortlichkeit der Regierung Stellung zu nehmen, was nicht rechtsrelevant in diesem Zusammenhang ist. – Max Reisch 

 

Mit Erstaunen durfte ich Ihren Artikel lesen, denn ihre Wahrnehmung unterscheidet so gänzlich von der meinigen. Ich bin zwar kein Jurist, sondern Naturwissenschaftler. Und schon gar nicht kann ich mich täglich mit der juristischen Bewertung der Pandemielage beschäftigen. Jedoch haben aus meiner Sicht die Gerichte viel zu viele Maßnahmen und Demonstrationsverbote gekippt, obwohl gerade im Fall der Demonstrationsverbote klar sein musste, dass die verhängten Auflagen nicht eingehalten werden würde. Ich möchte nicht widersprechen, wenn einzelne Maßnahmen arg widersprüchlich daherkamen und mannigfaltige Ungerechtigkeiten gebaren. Ich bin auch weit davon entfernt, die Handlungen der Politik zu verteidigen, denn etwas mehr Fantasie in der Bekämpfung der Pandemie wäre tatsächlich angebracht.

Ich komme aber nicht umhin festzustellen, dass einige Gerichte durch mangelndes Fingerspitzengefühl und ohne die besondere Pandemielage in irgendeiner Weise zu berücksichtigen, die Situation schlicht verschlimmert haben. Manche Urteile waren nicht hilfreich. So haben es beispielsweise die klagenden Fitnessstudios geschafft, statt für sich die Freiheit der Anderen zu erstreiten, den Anderen ihr bisschen Freiheit auch noch zu nehmen. Die Reaktion der Politik, dann eben alles zu schließen, war zwingend zu erwarten gewesen. Eine wünschenswerte Differenzierung kann so gar nicht stattfinden. Zumal auch für einen üblichen demokratischen Abstimmungsprozess schlicht die Zeit fehlt. Immerhin, so entnehme ich ihrem Artikel, hat die Judikative aus ihren “Fehlern” gelernt. – Dr. Till Borchert 

 

Danke Josef Franz Lindner für diesen wichtigen Artikel! Bleibt zu hoffen, dass er von möglichst vielen Richterinnen und Richtern zur Kenntnis genommen wird und Wirkung entfaltet.
Dagegen bemüht Thomas Assheuer eine Polemik, die alle, denen Freiheit und Grundrechte am Herzen liegen, in einen Topf wirft mit der AFD. Selbst Schiller und Montaigne zu zitieren gerät in dieser Rhetorik unter Verdacht. Philosophie mit ganzheitlichem Ansatz wird mit dem Vorwurf von Kaltschnäuzigkeit und Zynismus diffamiert.

Ich denke, es gibt berechtigtere Kritik an Positionen der AFD als ausgerechnet deren Berufung auf Verhältnismäßigkeit angesichts der Coronamaßnahmen, eine Kritik, die zum Glück auch noch von anderen, wie z.B. Jurist*innen geteilt wird. Offenbar will Herr Assheuer aber implizit alle zum Schweigen bringen, die noch kritisch sind, indem er sie in die rechte Ecke stellt. Inzwischen sind schon Gedanken verdächtig, die die unwiderlegbare Wahrheit ausdrücken, dass alles Leben zum Tod hinführt. – Dr. Gerlinde Volland 

 

Das muss man sich mal vor Augen halten: jeden Tag stirbt alleine in Deutschland die Bevölkerung eines ganzen Dorfes. Und dann bezeichnet ein Rechtsgelehrter die Situation als „permanente Dramatisierungsrhetorik“. Das kann nur mit völligem Realitätsverlust erklärt werden. Davon abgesehen: schon wieder wurde eine halbe Seite verschwendet mit endloser Motzerei über die Politik, ohne auch nur im Ansatz konstruktiv zu werden oder selbst mal Gegenvorschläge anzubieten. Diese Situation braucht mündige Bürger, die anpacken, die mitmachen und auch mal etwas ertragen können. Was wir nicht brauchen, sind Mitmenschen, die unverdrossen alles kritisieren. – Andi Pfaff 

 

Wenn ich Sie richtig verstehe, möchten Sie Gerichte dazu bringen, in großem Umfang pandemiebedingte Einschränkungen aufzuheben, wo es vermeintlich gute Gründe dafür gibt. Wie praxisfremd und kurzsichtig ist das denn? Wollen Sie eine noch weitaus größer Klagelawine auf die ohnehin schon völlig überlasteten Gerichte lostreten? Es lässt sich sehr leicht gegen viele verordnete Schutzmaßnahmen argumentieren. Ein großer Chor an zweifellos hart Betroffenen wird da einstimmen. Aber auch jeder Menge Coronaleugnern, Verschwörungsgläubigen und egoistisch verantwortungslosen Menschen gießen Sie Wasser auf die Mühlen. Viele Restriktionen lassen sich kaum kontrollieren und sanktionieren, haben an sich also wenig durchgreifende Wirkung.

Allen Einschränkungen aber gemeinsam ist ihre Signalwirkung (!): Die Lage ist so ernst, dass sie zu unser aller Schutz verhängt werden müssen. Jedes Infragestellen der Beschneidung der Grundrechte ist geeignet, das Risikobewusstsein der Bevölkerung zu senken. Entsprechende Gerichtsentscheidungen würden aus dem jetzt schon beklagten Flickenteppich von Verhaltensmaßregeln ein tausendteiliges Puzzle machen mit dem Effekt, dass sich aus Verwirrung kaum noch jemand an irgendetwas hält, was der Eindämmung der Pandemie dient. Die Einsicht in die Notwendigkeit der weitestgehenden Vermeidung von Kontakten von möglichst vielen Menschen ist DER Schlüssel zur Bekämpfung der Pandemie. Ihr Beitrag trägt dem nicht Rechnung. – Horst Winkler 

 

Dieser Artikel ist das beste, was ich seit vielen Wochen in Ihrer Zeitung zur Pandemie gelesen habe. – Dr. med. Ursula Mitschka 

 

Ich finde ganz und gar nicht, dass unsere Gerichte momentan versagen. Im Gegenteil. Sie tun gut daran die Bemühungen der Bundesregierung und der Ministerpräsidenten nicht zu torpedieren. Nur wegen solchen Mitbürgern, die sich weiter nicht an Regeln halten benötigen wir überhaupt momentan so einen „harten“ Lockdown (wobei man auch sagen muss, in anderen Ländern ist der Lockdown viel härter – wir haben noch ziemlich viele Freiheiten) Und eben diese Mitbürger, die sich nicht an die Regeln halten gehen jetzt vor Gericht, um die Regeln aufheben zu lassen. Da würde ich als Richter auch keinen Finger rühren. Wir müssen uns, gerade in einer solchen Pandemie, gegenseitig achten und uns gegenseitig schützen. Wenn wir alle an einem Strang ziehen, bekommen wir die Pandemie über kurz oder lang in den Griff. Aber dafür müssen wir uns auch alle an die Regeln halten und nicht die Gerichte damit beschäftigen Verordnungen auszuhebeln/aufzuheben. – Florian Kaminski 

 

Bei seiner Analyse möglicher Gründe für die jüngeren Entscheidungen der Gerichte lässt Herr Lindner eine fünfte Möglichkeit außen vor. Die Einschränkungen könnten tatsächlich verhältnismäßig sein. Die Begrifflichkeiten, derer sich Herr Lindner bedient, lassen vermuten, dass er sich mit dem Ausmaß und den drohenden Verschärfungen der Pandemie noch nicht tiefergehend beschäftigt hat. Wir befinden uns in einer sehr prekären Situation. Wer hier noch von „alarmistischer Rhetorik“ spricht, schießt sich allein dadurch ein wenig in´s Abseits. Wer sich dann noch davor fürchtet, dass eine derartige Rhetorik „auch für die Klimapolitik verwendet werden“ könnte, legt offenherzig seine Ahnungslosigkeit auch in diesem Bereich offen.

Es gibt keine Regelung, die nicht auf zu angreifbaren individuellen Situationen führen könnte. Wenn aber der schlaflose Gastwirt bemüht werden muss, der ohne Hund nach 21:00 Uhr nicht mehr spazieren gehen darf, obwohl er offensichtlich den ganzen Tag dazu Zeit hatte, so relativiert sich die zum Teil unabänderliche Unschärfe der Regelungen aber fast schon von selbst. Zudem müssen Einschränkungen kontrollierbar sein. Um Verstöße dagegen sanktionieren zu können, müssen sie auch beweisbar sein. Natürlich könnte man eine Regelung erlassen, nach der Laufstrecken, auf denen sich weniger als 20 Personen pro Kilometer aufhalten, auch nachts zum Joggen zu Verfügung stehen.

Das kann man aber nicht kontrollieren. Und manche Regelungen dienen einfach dazu, effektiv den Gesamtverkehr zu reduzieren, ohne eine neue Division von Polizisten klonen zu müssen. Ist das tatsächlich so sehr verständlich? Schade eigentlich, denn durch unnötige unqualifizierte Ausführungen lenkt Herr Lindner von seinem Kernpunkt ab, der Unterlassung wirksamer Schutzmaßnahmen an entscheidender Stelle. Tatsächlich waren die Seniorenheime nicht gerüstet für die absehbare zweite Welle, obwohl der ganze Sommer zur Verfügung stand. Tatsächlich wurden Studien unterlassen, welche die Infektionsketten in Kitas, Schulen und Geschäften untersuchen. Diese hätte schon zu Beginn der ersten Welle in die Wege geleitet werden müssen.

Doch wer soll welchen Preis für diese Unterlassungen bezahlen? Auch wenn die Ursachen der aktuellen Gefährdungslage analysiert werden müssen, steht es den Politikern gut zu Gesicht, die erforderliche Notbremse zu ziehen. Die Gerichte sollten sich ihrerseits davor hüten, diese Notbremse aus Prinzip, Wut und Trotz voreilig zu lösen. Es gilt zunächst, eine fatale Kollision mit dem Virus zu vermeiden. Herr Lindner könnte ja in der nächsten Ausgabe ein Regelwerk vorschlagen, welches das Prinzip der Verhältnismäßigkeit aus seiner Sicht besser realisiert. Wenn er dann noch bereit wäre, die Resultate seiner Regeln zu verantworten, so wäre er ein echter Kerl. – Dr. Christian Voll 

 

Die Justiz ist nicht auf Linie. Beinahe täglich kommentiert der Boulevard mit klammheimlicher Freude Entscheidungen der Gerichte, in denen Verbote der Länder-Corona-Eindämmungs-Verordnungen oder der Allgemeinverfügungen der Landkreise und der kreisfreien Städte aufgehoben werden. Jüngst noch eine Entscheidung des Amtsgerichts Weimar, das von der Staatsanwaltschaft mit einer Rechtsbeschwerde angegriffen wird. Schon das alte Bundes-Seuchengesetz gab in Infektionsfällen weitreichende Eingriffsbefugnisse. Selbst wenn wir die Situation nach allgemeinem Polizeirecht lösen müssten, wäre eine ausreichende Rechtsgrundlage vorhanden!

Selbst die Verfassung selbst spricht z. B. in Artikel 11 Abs. 2 GG davon, dass die Freizügigkeit eingeschränkt werden darf. Aus Art. 2 Abs. 1 GG ein Supergrundrecht auf totale Freiheit abzuleiten, ist, nur, weil wir uns daran gewöhnt haben, nicht möglich. Auf einem anderen Blatt steht der Umstand, den Gesundheitsämtern die alles entscheidende Aufgabe als Schaltstelle und Vollzugsbehörde in der Pandemiebekämpfung übertragen, sie aber (aus Kostengründen) nicht einmal ansatzweise für diese Aufgabe ausgestattet zu haben. – Werner Fuchs 

 

Lindners Analyse des Versagens der Gerichte ist ebenso berechtigt wie beschämend für „uns“ als dritte Gewalt. Nachdem die Parlamente in der selbstgewählten Paralyse verharren, wäre es an den Gerichten, die Gewaltenteilung aufrechtzuerhalten – doch Fehlanzeige auch aus Karlsruhe. Wie andernorts bereits erkannt, hat man dort offensichtlich „derzeit Wichtigeres zu tun“. Lindners Gründe dafür, der Exekutive alles „durchgehen“ zu lassen, sind wohl zutreffend. Hinzu tritt aber auch die durchschnittliche Angst vor der Courage und das eingeübte Rollenbild des ängstlichen deutschen Richters, der bei Veröffentlichung von Urteilen oft sogar seinen Namen als Staatsorgan tilgt: Er will nicht verantwortlich gemacht werden für seine Herrschaftsausübung und schwimmt daher lieber mit.

Dafür kann man zwar Verständnis haben angesichts des medialen Umgangs mit dem Kollegen des AG Weimar: Wenn auch mit überschießender Tendenz, aber in der Sache mit berechtigtem rechtsstaatlichem Furor hat er wenigstens die bußgeldrechtlichen Folgen verhindert – der Dank des Volkes ist eine breite mediale Bloßstellung. Doch ist es die unhintergehbare Aufgabe jeder Richterperson qua Amtseid, die Rechte des Einzelnen gegen die anderen Staatsgewalten zu verteidigen – erst recht eines „starken“ OVG-Senats. UK-Lordrichter Salmon formulierte einst: „for in the long run it is the courts of justice which are the last bastion of individual liberty„. Diese Bastion ist längst gefallen, sie hatte nicht mal die Zugbrücke hochgezogen. – Prof. Dr. Carsten Schütz 

 

„Die Eule der Minerva beginnt ihren Flug in der Dämmerung.“ Damit will G.W.F. Hegel sagen, dass Wahrheit und Vernunft leider meist erst dann Gehör finden, wenn es zu spät ist und alles schon verloren. Der Artikel von Josef Franz Lindner „Justiz auf Linie“ ist zwar ein Labsal für die geschundene Seele, aber seine Einsichten wären vor einem dreiviertel Jahr notwendig gewesen. Eine politisierte Judikative, die nicht mehr jede einzelne Maßnahme rechtssystematisch prüft, ob sie wirklich erforderlich, geeignet und verhältnismäßig ist und stattdessen mit dem Pauschalverweis auf Meta-Ziele wie Gesundheit konkrete Grundrechtsverletzungen akzeptiert und Gefälligkeitsurteile für die Politik fällt, treibt die Spaltung der Gesellschaft voran. Wo das Recht versagt, wachsen Verzweiflung und Gewalt. – Felicitas Englisch 

 

„Statt der Corona-Politik der Regierung Grenzen aufzuzeigen“, heißt es in dem aufklärenden und aufrüttelnden Artikel, „nicken deutsche Gerichte alles ab – und drücken sich um eine entscheidende Frage herum.“ Alles basiert auf der geheimnisvollen „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“. Aber auf welchen Fakten basiert diese epidemische Lage? Auf den PCR-Testungen. Und gerade diese sind, so wie sie weltweit gehandhabt werden, unter UNABHÄNGIGEN EXPERTEN äußerst umstritten. Hochkarätiges internationales Forscherkonsortium demontiert PCR-Test von (…) – Corona Transition / Strategiewechsel nötig: Testen auf T-Zellen-Immunität statt wenig aussagekräftige massenhafte PCR- und Antikörper-Tests Und die UNABHÄNGIGEN Experten zählen im wissenschaftlichen Diskurs.  Vor ein paar Tagen hat die WHO in einer Warnung ihre COVID-19-Testrichtlinien aktualisiert. WHO aktualisiert Corona-Testrichtlinien – kurz nach Bidens Amtseinführung

Diese Situation beschreibt Tim Sumpf von Epoch Times am Beispiel der USA: „Ein positives Testergebnis allein reicht nicht mehr aus, um eine Erkrankung oder Infektion festzustellen, schreibt die WHO. Eine Änderung der Richtlinien für PCR-Tests führt dabei höchstwahrscheinlich zu deutlich sinkenden Fallzahlen, obwohl sich (fast) nichts geändert hat. Stacey Lennox, Kolumnistin von „PJ Media“, prognostizierte bereits im August, dass Trumps Nachfolger die Corona-Pandemie in den USA in den Griff bekommen werde. „Auf die eine oder andere Weise.“ Unter Joe Biden werden die Fallzahlen höchstwahrscheinlich sinken – ohne dass der 46. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika etwas dafür tun muss. Eine nachträgliche Änderung der Testparameter oder -strategie könne jedoch leicht den Eindruck erwecken, dass neue Maßnahmen durchschlagenden Erfolg zeigten.

So warnt die Weltgesundheitsorganisation erneut vor der unsachgemäßen Verwendung und Interpretation von PCR-Tests zur Feststellung einer SARS-CoV-2-Infektion. Bereits Mitte Dezember hieß es vonseiten der WHO: „Um die Viruslast zu bestimmen, müsse man mindestens den Ct-Wert berücksichtigen und in einigen Fällen den Schwellwert, ab wann ein Test positiv ist, manuell anpassen.“ Da dies offenbar in der Praxis nicht umgesetzt wurde, folgte eine erneute Aktualisierung der Richtlinien. Bislang verwenden die Labore einen Ct-Wert von 37 bis 40. Doch selbst die amerikanische Gesundheitsbehörde (CDC) gibt zu, „dass es extrem schwierig ist, lebendes Virusmaterial in einer Probe jenseits eines Grenzwertes von 33 Zyklen zu finden“. Das bedeutet, dass die offiziellen Teststandards „eine übermäßige Anzahl von falschen Positiven“ erzeugen. Laut Epidemiologen sei sogar ein „Ct-Wert von etwa 30 wahrscheinlich angemessener.“

Die weltweit üblichen Vorgehensweisen bei den Testungen haben zu einer Situation geführt, bei der die Zahlen der positiv getesteten SARS-CoV-2-Fälle und auch –Todesfälle wesentlich von der klinisch zu beobachtenden Situation abwichen. So wurde in Politik und Medien eine Dauerpanik erzeugt. Und im Hintergrund dieser Panik änderte sich die Politik und das Demokratieverständnis wesentlich. Das ist ein irreales Perpetuum Mobile, aus dem wir nur mit einem umfassenden Blick auf die Realität herauskommen: Hunderte von Kanälen, Blogs, Videos und Expertisen bieten seit Monaten eine sich ERSTAUNLICH ÄHNELNDE GEGENPOSITION, welche mit dem obigen WHO-Informationsblatt und der Medizinprodukt-Warnung für IVD-Anwender 2020/05 vom 20. Januar 2021 durchaus übereinstimmt. Um nur einige wenige zu nennen: das österreichische Regionalfernsehen RTV, Servus TV, Kaiser TV, RT, tp von Dr. Peter Mayer, Punkt.PRERADOVIC, Epoch times, Bittel TV, Stiftung Corona Ausschuss mit üblicherweise wöchentlichen Sitzungen und Hunderte mehr.

Aufgrund der bisher weltweit weitgehend üblichen und nicht standardisierten und somit nicht einfach zusammenzählbaren Ergebnisse der Testverfahren, hat sich eine Situation ergeben, aus der wir ohne Berücksichtigung ALLER Experten nicht herauskommen. Herr Prof. Lindner zeigt in seinem ZEIT-Artikel als hochqualifizierter Experte auf, wohin wir gekommen sind, weil wir die Grundlagen der Entscheidungen nicht im üblichen wissenschaftlichen Diskurs hinterfragt und angepasst haben. „Der Staat“, schreibt er, „darf zur Bekämpfung der Corona-Pandemie inzwischen nahezu alles tun, was die Politikerfantasie fordert. Mit dem „Dritten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ hat der Bundestag im November die Exekutive zu weitgehenden Grundrechtseingriffen ermächtigt. Von Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen über die Einschränkung von Religionsausübung und Versammlungen bis hin zur Schließung von Einrichtungen aller Art kann die Freiheit der Bundesbürger in nie da gewesenem Maße beschnitten werden.

Das Gesetz ist weniger eine Einhegung der Regierung durch das Parlament als vielmehr eine Einladung zu Rechtseingriffen.“ Und auf welcher Basis das Ganze? Betrachten wir noch mal die obige WHO-Warnung im weiteren Verlauf des oben zitierten Textes: „Eine Änderung bezüglich der Schwelle, ab wann ein PCR-Test als positiv gilt, KÖNNE DIE FALLZAHLEN BIS ZU 90 PROZENT REDUZIEREN [Hervorhebung von mir], schreibt Lennox unter Berufung auf Zahlen der „New York Times“. Der Bericht weist zudem darauf hin, dass der Ct-Wert nicht als Teil der Testergebnisse an Ärzte oder Patienten übermittelt wurde/wird. …Wenn der von der „Times“ im August ermittelte Prozentsatz stimmt, gab es bis heute in den USA nur etwa 2,43 Millionen tatsächliche Fälle, nicht 24,3 Millionen. Das macht zudem eine Unterscheidung der Sterbefälle an und mit COVID-19 nötig. Bislang gebe es jedoch keine Möglichkeit, zwischen „an COVID-19-Verstorbene[n]“ und „Todesfälle[n] mit einigen toten Virentrümmern in den Nasenlöchern“ zu differenzieren.

WHO: PCR-Tests „ohne Symptome nutzlos“ Nur eine Stunde nach der Amtseinführung von Joe Biden und der Unterzeichnung eines Erlasses, der Masken auf allen Bundesliegenschaften vorschreibt, hat die WHO eine Mitteilung an Anwender von PCR-Tests, WHO-Kennnummer 2020/5, Version 2, verschickt. Lennox übersetzt sinngemäß: Im Wesentlichen bedeute dies, „dass ein PCR-Test nach Ansicht der WHO nutzlos ist, wenn ein Getesteter keine Symptome zeigt“. Als Grenzwert für aussagekräftige Ergebnisse gelten Ct-Werte von 30 („valide“) bis 35 („vielleicht valide“). Weiter schreibt Lennox: „Dr. Fauci wusste dies bereits im Juli, als er sagte, dass Tests mit einem Ct-Wert über 35 wahrscheinlich virale Trümmer oder tote Viren auffingen. Selbst bei einem Ct von 35 sei die Inzidenz von Virusproben, die sich replizieren könnten, sehr gering.“ Darüber hinaus erklärte Dr. Fauci zu Beginn der Pandemie Ende Januar: Das Einzige, was die Leute historisch gesehen erkennen müssen, ist, dass, selbst wenn es eine asymptomatische Übertragung gibt, in der ganzen Geschichte der durch Atemwegsviren übertragenen Viren jeglicher Art, die asymptomatische Übertragung nie der Treiber von Ausbrüchen war.

Der Auslöser von Ausbrüchen ist immer eine symptomatische Person. Selbst wenn es eine seltene asymptomatische Person gibt, die übertragen könnte, wird eine Epidemie nicht von asymptomatischen Trägern ausgelöst.“ Bis zuletzt spezifizierten die Richtlinien der CDC ausdrücklich das Testen und die Interpretation der Tests mit 40 Zyklen und das Testen an asymptomatischen Personen.“ Damit diese Testungen wirklich hinterfragt bzw. sachgerecht im Sinne der WHO durchgeführt werden, ist die Kontrollfunktion von Gerichten notwendig. Natürlich geht es hier um immense Schäden und damit Haftungsansprüche und andere rechtliche Fragen. Darauf weist Ihr Artikel hin. „Eine umso wichtigere Kontrollfunktion kommt … den Verfassungs- und Verwaltungsgerichten zu. Nur sie können eine Politik, die in der Pandemiebekämpfung hauptsächlich auf Repression setzt, noch in die rechtsstaatlichen Schranken weisen. Doch die Justiz enttäuscht zunehmend.

Die flächendeckende, dauerhaft und bar jeglicher Differenzierung verfügte Schließung aller Kultur- und Sporteinrichtungen, von Schulen und Hochschulen, der Gastronomie und des Einzelhandels; selbst die einer Ausgangssperre gleichkommenden nächtlichen Ausgangsbeschränkungen – keinen dieser massiven Grundrechtseingriffe haben die Gerichte bislang kassiert. Eine einsame Ausnahme markierte vorvergangene Woche das Amtsgericht Weimar, das … gegen den Lockdown-Kurs der Bundesregierung austeilte, indem es ihn als Würdeverletzung tadelte.“ Dr. Peter F. Mayer schreibt dazu  im tp-Blog: „Das Urteil des Richters fällt vernichtend aus: Die Corona-Verordnung ist verfassungswidrig und materiellrechtlich zu beanstanden. Begründung: Es gibt keinerlei tatsächliche Grundlage für die beschlossenen Maßnahmen. Stanford Studie mit Top Medizin-Wissenschaftler Ioannidis zeigt keinen Nutzen von Lockdowns [Link von mir eingefügt]. Eine epidemische Lage nationaler Tragweite lag nie vor.

Das Gesundheitssystem war zu keiner Zeit gefährdet, aufgrund einer neuartigen Situation überlastet zu sein.“ Allerdings gibt es trotz allgemeiner Einschüchterung der Gerichte immer wieder entsprechende Urteile, wie Dr. Peter F. Mayer schreibt: „Gerichte in mehren Ländern haben wiederholt die Politik in ihre Schranken gewiesen, Verordnungen und Bescheide aufgehoben und auf Verfassungsmäßigkeit der Verwaltung bestanden. Der österreichische Verfassungsgerichtshof hebt regelmäßig Verordnungen der Regierung auf, die sie einfach wieder neu erlässt, was unter Amtsmissbrauch fällt. Ein portugiesisches Berufungsgericht hat die Verwendbarkeit der PCR-Tests für Quarantäne-Bescheide verneint. Ein italienisches Gericht hat die Verordnungen der Regierung Conte aufgehoben, das Verfassungsgericht von Ecuador hat den verhängten Ausnahmezustand für verfassungswidrig erklärt.“ „Die Verwaltungsgerichte“, fährt Herr Prof. Dr. Lindner fort, haben zwar auch in der ersten Phase der Pandemie die Corona-Politik der Länder nicht grundsätzlich infrage gestellt.

Allerdings gab es doch etliche Entscheidungen, die der Exekutive Grenzen aufgezeigt haben: Versammlungen wurden zugelassen, Anreiseverbote zu Zweitwohnungen kassiert, Verkaufsflächenzahlen gekippt (die berühmte 800-Quadratmeter-Regel) oder der Lockdown im Kreis Gütersloh (nach einem Corona-Ausbruch beim Fleischverarbeiter Tönnies) für rechtswidrig erklärt. Das ist mittlerweile anders. Zwar ergehen vereinzelt kritische Gerichtsentscheidungen. Diese betreffen aber eher Details (wie etwa das flächendeckende Alkoholverbot in der Öffentlichkeit oder die genaue Definition des 15-Kilometer-Radius in Bayern) und erweisen sich mitunter sogar als kontraproduktiv. So hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die vollständige Schließung von Fitnessstudios für gleichheitswidrig erklärt, weil Individualsport in Sporthallen noch erlaubt war.

Folge: Nur wenige Stunden nach dieser Entscheidung hat Bayern dann auch den Individualsport in Sporthallen verboten – prompte Herstellung der Gleichheit durch Verbot für alle! Entscheidend für die „Großzügigkeit“ der Gerichte dürfte … sein, dass bei der Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes mittlerweile eine bemerkenswerte, im Rahmen von Eilverfahren allerdings nicht untypische Oberflächlichkeit erkennbar wird. Jede Maßnahme, die auch nur ganz entfernt, nur theoretisch dazu beitragen kann, Kontakte (und damit potenzielle Virusübertragungen) zu vermeiden, wird von den Gerichten akzeptiert. Ein drastisches Beispiel ist die in Bayern geltende nächtliche Ausgangsbeschränkung, die das Verlassen der Wohnung nach 21 Uhr auch zum alleinigen Spaziergang oder Sport verbietet.

Dieses Verbot ist nach Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichthofs geeignet, das Ziel der Kontakvermeidung zu erreichen. Dem mag man gerade noch zustimmen – auch wenn die Annahme ziemlich weit hergeholt ist, dass es beim einsamen Joggen oder Spazierengehen nach 21 Uhr zu (risikobehafteten) Kontakten kommt. Es entspricht zwar nicht der Lebenserfahrung, dass sich joggende Menschen im Winter nachts heimlich im Wald zum Bier treffen, aber wer weiß, es könnte theoretisch ja mal vorkommen. Außer Betracht lässt das Gericht indes, dass der tatsächliche Beitrag des Verbots für die Kontaktreduzierung so gering ist, dass er in keinem Verhältnis zum Ausmaß des Grundrechtseingriffs steht: minimaler Effekt bei maximaler Freiheitsbeschränkung.“

Und das alles unter Berücksichtigung der Tatsache, dass bei weltweit standardisierten Testverfahren gemäß obiger Forderung der WHO, die sich an tatsächlich ärztlich bestätigten Erkrankungen und damit auch Todesursachen orientieren müssen, die Pandemie wahrscheinlich längst zu Ende wäre. Wir könnten uns nun endlich wieder allen anderen Viren, sonstigen Keimen und anderen Gefahren zuwenden. Wir könnten aber auch unser Immunsystem durch gesundes Leben, Kontakte, Freude, liebevollen Umgang sowie durch Freiheit von Stress und Panik wieder aufbauen und fördern. Wir könnten wieder in demokratischen Verhältnissen leben mit Meinungs-, Informations- sowie Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit, ohne staatliche, gesellschaftliche oder berufliche Repressionen befürchten zu müssen.

Die Gewaltenteilung als die BASIS der Demokratie wäre durch die Unabhängigkeit von Gesetzgebung, Regierung, Gerichten und Medien wieder zu gewährleisten.  Dringend sollte dazu aufgrund der WHO-Forderung nach realistischer Vorgehensweise bei den Testverfahren das Ende der Epidemie von nationaler Tragweite vom Bundestag – nach Beratung durch bekannte UNABHÄNGIGE Experten – festgestellt werden. „Maßnahmen wie diese“, beschreibt der Artikel den jetzigen Zustand, „sind erkennbar Ausdruck von aktionistischer Willkür und einer auf undifferenzierte Totalverbote setzenden Politik. Es ist erstaunlich, dass ein Oberverwaltungsgericht ihren bestenfalls marginalen Beitrag zur Seuchenbekämpfung nicht ins Verhältnis zur gravierenden Intensität der Freiheitsbeschränkung setzt.

Stattdessen wird abstrakt Leben gegen Joggen abgewogen, wobei das Ergebnis dann klar ist. Mit einer solchen von der Frage des konkreten Wirkgrades der Maßnahme völlig gelösten Abwägung kann man nahezu jede freiheitsbeschänkende Maßnahme rechtfertigen; verhältnismäßig wäre dann auch ein genereller Hausarrest mit Ausnahme lebenserhaltender Einkaufsgänge oder von Arztbesuchen. Urteilsbegründungen „voller Widersprüche und Oberflächlichkeiten“ (so die Staatsrechtskollegin Andrea Kießling) führen zu nachgerade grotesken und unmenschlichen Ergebnissen: Die Krankenpflegerin darf zwar zur abendlichen Rushhour im überfüllten Regionalzug (bei maximalen Kontakten) nach Hause fahren, später aber nicht ihre 80-jährige Mutter besuchen, selbst wenn diese bereits geimpft ist.

Der um seine Existenz bangende schlaflose Gastwirt darf nicht zu einem Spaziergang vor die Tür, um wenigstens etwas zur Ruhe zu kommen und seinen Blutdruck zu bändigen. Man darf nachts noch mit dem Hund raus, aber nicht ohne Hund. Die einseitige Rhetorik einiger Politiker, in Zeiten der Pandemie sei kein Raum für Differenzierung und Ausnahmen, scheint als Denkart ihren Weg in die Gerichtsbarkeit gefunden zu haben. Doch der Rechtsstaat muss sich auch, ja gerade in der Krise bewähren – und dazu gehören Verhältnismäßigkeit und Differenzierung. Dies ist in Notzeiten schwierig und nicht vollständig erreichbar. Es verlangt der Politik Besonnenheit und Kreativität ab.

Demgegenüber ist die pauschale Verordnung eines flächendeckenden Lockdowns der einfachere Weg. Bequemer auch als der gezielte Schutz vulnerabler Menschen, die sich nicht selbst schützen können. Die Politik in den dafür zuständigen Ländern hat beim Schutz dieser Menschen leider nicht denselben Ehrgeiz an den Tag gelegt wie bei der Verhängung immer härterer Freiheitseingriffe zulasten aller. Dies zeigen die hohen Todeszahlen bei den über 80-jährigen Menschen. Diese eindimensionale Gleiche-Unfreiheit-für-alle-Strategie ist nicht nur ein politisches Problem, sondern müsste eigentlich auch die Gerichte interessieren. Denn der Staat kommt seiner verfassungsrechtlichen Schutzpflicht für die Schwächsten der Gesellschaft offensichtlich nicht hinreichend nach.

Der Zusammenhang von unzureichendem Schutz und übermäßiger Repression ist evident: Je stärker die Politik Risikogruppen wirksamen Schutz vorenthält, desto voller sind Intensivstationen und Leichenhallen. Dies dient dann zur Rechtfertigung für noch schärfere Repression. Man muss die Frage rechtlich zuspitzen: Ist ein harter Lockdown nur deswegen notwendig, weil die Politik wirksame Schutzmaßnahmen an entscheidender Stelle unterlässt? Wäre er ansonsten nicht erforderlich, und ist er daher rechtswidrig? Dieser Kernfrage gehen die Gerichte bislang aus dem Weg. Die Justiz ist, man muss es leider so sagen, mittlerweile auf Linie einer auf Repression fokussierten Exekutive.

Die eigentliche Bewährungsprobe steht dem Rechtsstaat aber möglicherweise erst bevor: Wie weit darf Politik (noch) gehen? Totale Ausgangssperren auch tagsüber, Stilllegung von Betrieben oder des ÖPNV? Wo sind die roten Linien? Es ist sehr gut möglich, dass die Verfassungs- und Verwaltungsgerichte diese Frage noch werden beantworten müssen – auch deshalb, weil sie bisher kaum Grenzen gezogen haben.“ So weit Ihr Artikel. Und das alles, weil unstandardisiert durchgeführte PCR-Testverfahren keine durchgängigen Aussagen zulassen. Weil Zensur in den Medien und im Internet herrscht. Weil kritische Medien, Experten und andere Bürger diffamiert werden. Aufgrund der neuen WHO-Anordnungen gibt es dafür keine Grundlagen.

Und wir könnten uns wieder über unser wunderbares Immunsystem freuen und es beleben und aktivieren, wenn es funktioniert und wir es nicht beschädigen durch Isolation, Angst, Stress, ungesunde Lebensweise, zu viele Medikamente, Antibiotika, durch Impfungen, die das Immunsystem beeinträchtigen, usw.  Prof. Hockertz: 80.000 Tote durch Corona-Impfung – Blauer Bote Magazin – Wissenschaft statt Propaganda / Vaccines: ‘Death by Coincidence’ by Robert F. Kennedy Jr. | Principia Scientific Intl. / Merck Scraps Vaccine, says better to catch COVID Virus & Recover | Principia Scientific Intl. / Professor Dolores Cahill: People Will Start Dying After COVID Vaccine | Principia Scientific Intl. Die Probleme der aktuellen, äußerst akuten weltweiten Finanz- und Schuldenkrise könnten wir dann ganz unabhängig von jeder Pandemie- oder Klimadiskussion sachlich und evidenzbasiert angehen. Der Great Reset ist da! – Max Otte im Gespräch – YouTube – Gerhard Jahnke 

 

Die Grenze des Zumutbaren überschritten. Viele Coronaschutzmaßnahmen sind zwar unbequem, oft belastend, aber zum größeren Teil einfach unumgänglich. Völlig unverständlich ist mir aber, warum ausgerechnet Baden-Württemberg mit Bayern und Sachsen, an einer rigorosen nächtlichen Ausgangsperre festhält, die zudem noch strenger als in den zwei anderen Bundesländern, ohne wirklich plausibel überhaupt Gründe anzuführen, die diese Maßnahmen rechtfertigen? Für Berufstätige, die bis abends arbeiten, ist sie eine ganz besondere Zumutung. Aber überhaupt halte ich das pauschale Einsperren von Menschen – wenn auch meist in komfortablen Verhältnissen – für eine Maßnahme, die nur unter katastrophalen Zuständen und für eine klar umrissenen Zeitraum verordnet werden darf.

Diese Zustände herrschen in Baden-Württemberg aber längst nicht mehr, im Gegenteil. Es stellt sich die Frage, warum andere, viel stärker betroffene Bundesländer dieser Republik von dieser Maßnahme Abstand nehmen und „die guten Erfahrungen“ des Herrn Kretschmann nicht nachahmen? Vermutlich, weil sie wissen, dass damit eine Grenze des Zumutbaren überschritten wird. Wo sind die Stimmen der Legislative? Warum nickt die Judikative das einfach so ab? – Markus Oschwald

 

Wir hier in Bayern sind sehr zufrieden, denn unsere CSU regiert seit 1957 ohne Unterlass im Lande. Gäbe es diesen Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (VGH) nicht, so wäre unsere Freude noch ungetrübter, das wäre schon überparadiesisch! Aber gut, damit muss man, damit kann man auch hier ganz gut leben, denn ein klein bisschen Opposition im Freistaat kann wirklich nicht schaden; das erdet ungemein und tut gut. In Bayern ist jetzt die FFP2-Masken-Tragepflicht „top“, und das gefällt sogar dem VGH! Aus die Maus und Ende im Gelände mit diesem albernen AHA-Unfug! Riggi Schwarz 

 

Tendenziell sehe ich eher ein umgekehrtes Problem. Für mich ist es ein Ärgernis, dass Demonstrationen von Coronagegnern zwar mit den üblichen Auflagen zugelassen werden, aber erfahrungsgemäß davon auszugehen ist, dass diese Auflagen von vielen nicht eingehalten werden. Hier liegt eine echte Gesundheitsgefährdung vor, die immer auch die Allgemeinheit trifft. Abgesehen davon, dass die Polizei dann immer vor dem Dilemma steht, wie darauf „verhältnismäßig“ reagiert werden soll. Zur nächtlichen Ausgangsbeschränkung fällt mir ein, dass von Kritikern der Gaststättenschließungen das Argument vorgebracht wurde, dass die unerwünschte Folge dann sei, dass die Menschen sich dann im Privatbereich weitgehend ungeschützt treffen würden. Die Ausgangsbeschränkung soll vermutlich in erster Linie diese Kontaktmöglichkeiten einschränken, nicht den einsamen Spaziergang. Wie die vulnerablen Gruppen besonders geschützt werden sollen, wird leider nicht erwähnt. Sollen Beschränkungen nach dem Alter eingeführt werden? Wohl kaum. – Roland Wildner 

 

Der Artikel ist in mehrfacher Hinsicht fast schon skandalös zu nennen: 1. Der Autor rückt mit seinem Satz: „Mit dem »Dritten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite« hat der Bundestag im November die Exekutive zu weitgehenden Grundrechtseingriffen ermächtigt [eigene Hervorhebung].“, die Bundestagsentscheidung in die Nähe von AfD und „Querdenker“-Bewegung, die von einem „Ermächtigungsgesetz“ sprechen und damit eine Parallele zu den Nazis ziehen. 2. Als Ausnahme von der „Linie“ der Justiz zitiert der Autor das Urteil des AG Weimar vom 11.01.2011, welches er lediglich in seiner Form („holzhammerhaft“), aber nicht inhaltlich kritisiert.

Der Weimarer Amtsrichter Matthias Guericke war in eigener Sache bereits zweimal vor Gerichten mit seinen Auffassungen zu Lock-down, Masken- und Abstandsregeln gescheitert. Mit dem o.g. Urteil instrumentalisiert der Richter nicht nur das Verfahren für eigene Zwecke, er zeigt auch (wie schon in seinen eigenen Verfahren) eine gravierende Unkenntnis epidemiologischen Kenntnisse. Im Übrigen ist das Urteil (s. dessen letzter Satz) eine Anmaßung und Grenzüberschreitung. Politische Statements gehören nicht in ein Urteil. 3. Der Autor maßt sich in seiner Kritik an den Gerichtsurteilen indirekt eine genaue Kenntnis des epidemischen Geschehens an.

Von „aktionistischer Willkür“, „undifferenzierten Totalverboten“ und „unverhältnismäßigen“ Maßnahmen ist die Rede, ohne dass der Autor überzeugend darlegen kann, wie angesichts schwierig einzuschätzender Bedrohungslagen bei einem sich wandelnden Virus mit noch nicht gesicherter Datenlagen (Inzidenz, Infektiosität, Mortalität), bei noch nicht ausreichender Impfung der Bevölkerung, bei noch hinreichend gesicherter Infektiosität von Kindern, bei noch unzureichender Digitalisierung (Kontaktnachverfolgung, Erfassung und Übermittlung von Infektionsdaten, differenzierte Erfassung von Risikobereichen), differenzierte Verordnungen erfolgen können. Das Problem sind die noch zu vielen Imponderabilien, die deshalb vielfach zu robusteren Einschränkungen führen. Mit zunehmendem Kenntnisstand und zunehmendem Schutz der Bevölkerung durch die Impfung werden auch die einschränkenden Verordnungen differenziert werden. Da ist der Gesetzgeber in erster Linie gefordert, weniger die Gerichte. – Dr.med. Ulrich Schläger 

 

Von Beginn der Beschränkungen an haben Gerichte sinnvolle Schutzmaßnahmen verboten – und tun das weiterhin. Das ist mit ein Grund für die rund 1000 Toten jeden Tag. Nicht zuletzt, weil diese Gerichtsentscheide die Bereitschaft der Bürger die verbleibenden Restriktionen einzuhalten ebenso untergraben wie die Autorität der Politiker, die sich die Schutzmaßnahmen abringen, und Aufwind geben für Coronaleugner und Verschwörungstheoretiker. Wie Herr Lindner zu der Einschätzung kommt, die Gerichte ließen der Politik fast alles durchgehen, ist mir daher ein Rätsel. Ja, manche Maßnahmen sind überzogen und/oder widersprechen anderen Regeln.

Und es ist alles in allem ein verwirrendes Regelwerk und insofern verbesserungsbedürftig. Doch den von Herrn Lindner geforderten Schutz der besonders Gefährdeten erreichen wir bestimmt nicht, indem wir Maßnahmen verbieten, die dazu beitragen. Dazu bedarf es anderer Wege. Herr Lindern hält Beschränkjungen fürs Spazieren gehen für überzogen. Die Erfahrung lehrt etwas anderes. Meine Schwester lebt auf dem Land. Wenn sie mit ihren Hunden raus will, kann sie oft den anderen Spaziergängern nicht ausweichen, weil die Wege voller Menschen sind. Viele davon gehen in Gruppen. Wie kann Herr Lindern behaupten in solchen Situationen gebe es kein Ansteckungsrisiko? – Iman Schwäbe 

 


 


Leserbriefe zu „Pfleglicher Umgang” von Jan Schweitzer 

 

Der Appell von Jan Schweizer, den Pflegekräften in Alten – und Pflegeheimen nun mehr Respekt zu zollen, ist fadenscheinig, kommt bei aller Aktualität zur Unzeit und ist aus der Not entstanden. Es scheint, als sei die Angst um die lieben Angehörigen im Heim nun der notwendige Impuls, das Prekariat der Pflegenden anzuerkennen, damit sie nicht noch mehr Schaden anrichten. Bitte schenkt ihnen Wertschätzung, sonst werden sie krank, werfen ihren Job hin oder, noch schlimmer, stecken die Bewohner an. Es wird zwar bemerkt, dass auch in „normalen Zeiten“ die Pflegearbeit kaum zu bewältigen ist. Allerdings weist der Autor im gleichen Maße den Pflegenden die Schuld am überdurchschnittlichen Infektionsgeschehen in den Heimen zu.

Verstehen die einfach nicht, was los ist, sind sie zu dumm oder ignorant? Man muss es ihnen doch klar machen. Herr Schweizer schreibt wohl in guter Absicht und verfällt dabei in das Grundmuster, das die Versuche prägt, die seit vielen Jahren bestehende Krise der Pflege zu verstehen und dabei eine schwindelerregende Abwärtsspirale bewegt: Die Pflege verdient zu wenig Geld (ergo hat zu wenig Anerkennung), muss eine Arbeit verrichten, die die meisten nicht tun wollten (Höchstmaß an Respekt: „oh, das könnte ich aber nicht“ bzw. Applaus vom Balkon) und besteht in großen Teilen aus gering qualifiziertem, kultur- und sprachfremden Personal. So die offensichtliche Außenwahrnehmung. Seit weit vor unserer jetzigen Krise haben wir Zustände in den Krankenhäusern und Pflegeheimen, die auf der einen Seite das Leben der zu versorgenden Menschen gefährdet und auf der anderen Seite zu Arbeitsbedingungen nötigt, unter denen andere Berufe längst das Fließband angehalten hätten und lautstark auf die Straße gegangen wären.

Wie gut für Politik und Gesellschaft, wenn in der Pflege noch Berufung vor Beruf geht. Nun ist die Krise dank Corona noch offensichtlicher, der Applaus von oben bereits verklungen- und die Arbeit in den Niederungen wird als Gefährdung für Bewohner identifiziert. Vielen Dank. Selbstverständlich lässt sich Anerkennung nicht einfordern. Sie kann nur erarbeitet werden. Aber sie lässt sich auch nicht, wie von Herrn Schweizer versucht, herablassend vermitteln. Das trägt nicht zur Wertschätzung bei. – Gregor Linnemann 

 

Ich bin ein großer Fan der ZEIT, aber was Sie diesmal abgedruckt haben ist wirklich schwach bis zynisch. „Pfleglicher Umgang“ – hat das mal irgendjemand gegengelesen, der eine Idee hat was in Deutschland in Pflege und Krankenhäusern los ist? Denn wir haben in Deutschland nicht nur eine erbärmlich schlechte Bezahlung, selbst im internationalen Vergleich, sondern noch dazu muss in Deutschland eine Krankenschwester zweieinhalbmal so viele Patienten pflegen wie in den USA. Und doppelt so viele wie in vielen europäischen Ländern (siehe z.B. hier https://de.statista.com/infografik/16676/patientenzahl-pro-pflegekraft-im-internationalen-vergleich/). Und sie denken wirklich, dass wir dieses Problem lösen, wenn „Verantwortliche in Politik und Gesellschaft immer wieder betonen wie wichtig und wertvoll die Pflege ist“? Nein, das löst kein Problem.

Die Ursachen liegen tiefer im System. Vielleicht könnten sie darauf mal eingehen. Und auch falsch ist, dass die Krankenschwestern so viel Anerkennung erhalten hätten. Der Applaus in den Talkshows erscheint denen wie der reinste Hohn! Was hat sich denn seitdem geändert? Wieviel von den Milliarden aus den Hilfspaketen ist denn bei den Pflegern angekommen? Stattdessen gabs den Erlass zur „Mindestbesetzung“, der die Arbeitsbedingungen noch verschärft hat. Recherchieren sie das doch mal. Und dann erübrigt sich auch die Frage, warum wir in unseren Heimen und Krankenhäusern so viele Viren und Keime übertragen werden. Nein, mit gut zureden und applaudieren werden wir das nicht verbessern. Wir müssen das System ändern. Bitte verzeihen Sie mir meine Emotionalität, ich beobachte seit Jahren aus nächster Nähe wie das immer schlimmer wird. Und ich finde es schlimm, dass selbst jetzt kaum Politiker und Presse mal die wirklichen Ursachen ansprechen. – Nils Steinheimer 

 

Bei Ihrem Leitartikel frage ich mich ernsthaft, ob einer von Ihnen jemals einen Schnelltest gemacht hat. Sie fordern, dass Pflegende täglich einen Schnelltest machen lassen sollen. Ich arbeite als Ergotherapeutin in einem Hamburger Akutkrankenhaus. Seit letzter Woche müssen wir verbindlich jede Woche einen Schnelltest durchführen lassen. Das heißt einen Abstrich 5cm tief in jedes Nasenloch. Bisher habe ich alle Einschränkungen akzeptiert, dies greift aber so tief in meinen persönlichen Schutzraum, dass ich zum ersten Mal kaum mehr in der Lage bin, den Anforderungen der Pandemie zu genügen. Was für eine Ignoranz, den täglichen Schnelltest für Pflegekräfte zu fordern. Das macht die Situation für Pflegekräfte noch schlimmer. – Anja Bergmann 

 

Es mag sich zynisch anhören, gemeint ist es freilich anders: Es gibt Dinge im Leben, die sind schlichtweg unbezahlbar. Das allerdings ist, wenn wir über die Entlohnung der Berufe im Gesundheits- und Sozialwesen reden, kein Grund, ebendies nicht endlich ernsthaft zu versuchen. Meines Erachtens agieren Politik und Gesellschaft insbesondere beim Thema Pflege (und zwar ganzheitlich die geistige, körperliche, seelische und soziale Pflege) nicht nur außerordentlich kurzsichtig, etwa im Hinblick auf die „älter werdenden Babyboomer“, sondern geradezu fahrlässig. Das Geld, das wir uns bislang ersparen (wollen), werden wir in ca. zehn Jahren um ein Mehrfaches ausgeben müssen.

Überdies ist klar, dass eine angemessenere Bezahlung unserer Krankenschwestern und Pfleger nur eine Komponente hin zu mehr Leistungsgerechtigkeit und Wertschätzung ist. Nicht zuletzt, weil die allermeisten Menschen in diesen Berufen „von Haus aus“ einen großartigen Einsatz für Gesundheit und Gesundung, für Erhaltung und Linderung von (Er-)Leben anderer zu leisten bereit sind. Dennoch finde ich, dass wir diejenigen, die uns existenziell versorgen, nicht nur, zumal bei erhöhter Beanspruchung, mit gefälligen Lob- und Respektsbekundungen vertrösten sollten. – Matthias Bartsch 

 

Sie schreiben, es seien insbesondere die Pflegekräfte, die „die die meisten Infektionen in die Einrichtungen tragen“. Mich würde interessieren, wo ich mehr zum Hintergrund dieser Aussage erfahren kann? Ich selbst arbeite in einer Klinik und nicht im Heim, das Prinzip aber dürfte dasselbe sein. Weiterhin schreiben Sie: „Pflegerinnen, die auf den Intensivstationen arbeiten, haben diese Aufwertung von höchster Stelle schon erfahren“. Von welcher Aufwertung sprechen Sie hier? Ich kann schlussendlich nur für mich selbst sprechen, weiß aber, dass mir viele Kollegen nicht widersprechen würden, wenn Ich sage: Ich brauche weder mehr Geld, noch sonstige Anerkennung seitens der Politik, der Medien oder der Gesellschaft. Alles was ich mir wünsche sind bessere Arbeitsbedingungen, was letzten Endes bedeutet, mehr Zeit für dieselbe Arbeit.

Ich nehme da gerne das Beispiel der Piloten- und Lokführerstreiks. Ein Pilot kann nur ein Flugzeug fliegen und ein Lokführer einen Zug fahren, aber eine Pflegekraft kann -rein theoretisch- beliebig viele Patienten oder Bewohner versorgen. Da liegt m.E. das Hauptproblem. Ich traute meinen Augen kaum, als ich Sie von Beruf und Berufung habe schreiben sehen! Ich dachte eigentlich, das Konzept „Berufung zur Pflege“ ist zusammen mit dem Mutterhauskonzept ad acta gelegt worden. Ich wünschte, Ich hätte eine Lösung für all die Probleme in der Pflege, insbesondere den fehlenden Nachwuchs. – Dennis Bark 

 

Ich möchte mich beschweren: Ihr Autor Jan Schweitzer diskriminiert in seinem Kommentar auf der Titelseite viele Pflegekräfte. Er beschreibt wiederholt nur die Situation von weiblichen Pflegekräften. Ich finde es unerhört, dass so eine einseitige Sichtweise eingenommen wird. Die konkreten Textstellen sind: „Viele Pflegerinnen opfern sich auf, viele arbeiten aber auch so, wie sie bezahlt und wie sie geschätzt werden.“ und „Ihre Kolleginnen in den Heimen und den ambulanten Diensten noch nicht.“ Von einer Zeitung Ihres Formates erwarte ich eine diskriminierungsfreie Berichterstattung. Bitte beachten Sie auch die Situation derjenigen Personen, die keine Vertreter des weiblichen Geschlechts sind. – Sven Zimmermann 

 

Jan Schweitzer hatte sicher die Intention allen Pflegekräften mit seinem Artikel weiteren moralischen Rückenwind einzuhauchen. Der Satz: „Den Pflegekräften muss man klarmachen, wie sehr es auf sie ankommt, auf ihre Disziplin, ihr Verhalten.“, klingt allerdings eher nach Markus Söder. Natürlich sind die allermeisten Pflegekräfte weder disziplinlos noch unreflektiert. Und das, trotz berufsinhärentem Stress und fehlender Anerkennung. Ansteckungen in Altenheimen mit Covid 19 (in Krankenhäusern vor 150 Jahren mit Tuberkulose), liegen logischerweise in der Unmöglichkeit einer ‚Intimität auf Abstand’ im Pflegeprozess. Anders als beim Besuch von Angehörigen geht Körperpflege mit Körperkontakt einher. Ebenso sind ein Austausch von Atemluft und Berührung mit fremder Körperflüssig zwangsläufig.

Vermehrte Tests, wie am Ende des Artikels beschrieben, dürften nicht die Lösung sein. Was mich allerdings zum wiederholten Male berührt, ist es, wie das Thema der fehlenden Wertschätzung und Achtung der Pflege einmal mehr, nicht als gesamtgesellschaftliches Problem gesehen wird. Zitat: „Denn seit Jahrzehnten wird die Arbeit in Altenheimen wenig be– und geachtet.“ „Verantwortliche in Politik und Gesellschaft sind nun gefragt.“ Das Problem liegt tiefer. Die Literatur der deutschen Sozialgeschichte, der Familiensoziologie und selbst der oft ihren eigenen Interessen folgenden Pflegewissenschaft gibt nichts anderes her, als das Pflege (curing und caring), archaisch reziprok und als Tausch funktioniert hat, dann über Jahrhunderte christlich motiviert war und spätestens seit dem Berufsbild Krankenpflege (1907 in Deutschland) nach und nach zur kapitalistischen ‚Ware’ wurde.

Dabei wurde zu allen Zeiten immer dort gepflegt, wo es genügend Ressourcen gab. (Borscheid, Rosenbaum, Rosenmayr) Durch die externalisierende, staatliche Sozialgesetzgebung der letzten Jahrzehnte gibt es nun die Möglichkeit allen Staatsbürgern eine (abgespeckte) Version von Pflege zu ermöglichen. Machen wir also ein Gedankenspiel, und lassen die Familien selber entscheiden, wie es um die Wertschätzung der Pflege bestellt ist. 1.Wir beenden die Pflegeversicherung zum 01.04.2021. 2.Wir finanzieren die wirklich armen Bürger über die ‚Hilfe zur Pflege i.S. von SGB XII’. 3.Wir bemessen bei allen Familien, wie viele Pflegeleistungen der Ambulanten Pflege und der Pflegeheime wegfallen, oder den dann noch beibehaltenen (Pflege)Wert.

Und diesen Wert können wir dann in ‚Minuten’, ‚Zufriedenheit’ oder ‚Geld’ bemessen. Ich behaupte, bei ca. 14 000 Ambulanten Pflegediensten würden 70 – 80 % aller Leistungen wieder, wie vor 1995, von den Familien selber erbracht, oder gar nicht mehr erbracht werden. Heime würden einen erheblichen Leerstand anmelden. Und das nicht, um den Pflegekräften ihre schwere Arbeit abzunehmen, sondern um das Geld für andere Dinge auszugeben. Die wenigsten Familien würden Pflege so gewichten, dass Sie  ‚wertschätzend‘ Eigentum dafür opfern würden. Noch dazu, wenn Stundensätze aufgerufen würden, die Handwerker wie selbstverständlich abrufen. Merke !!!  Gesundheit ist das höchste Gut, nicht Pflege! Als Nebeneffekt leben Akteure, wie Politiker, Medien, Hilfsmittelproduzenten, Pharma, Ärzte und selbst die Pflegewissenschaft gut vom Dilemma der Pflege im ‚Schützengraben‘.

Letztes Zitat aus dem Artikel von Jan Schweitzer. „Es gibt zu wenige Menschen, die sich für den Dienst an Alten und Gebrechlichen entscheiden.“   Es gibt in Deutschland 449 Radiosender mit vielen Angestellten, welche jeden Tag die gleichen News (auch zur Pflegeproblematik) wiederholen. Warum ist das so ? Vielleicht ist es ein Problem, dass freie Berufswahl und eine berufliche Reallokation mit Blick auf die gesellschaftlichen Bedürfnisse nicht funktioniert, weil wir alle nicht wirklich aufgeklärt, nicht wirklich solidarisch, sondern schlicht selbstverschuldet Unmündig sind. – Rolf Zander 

 

„Oft sind es die Pflegekräfte, die das Virus in die Altenheime tragen. Aber warum?“ Diesen empathischen Artikel empfinde ich als kontraproduktiv: Es werden auch die Täter*innen unter den Pflegenden zu Opfern (der Sozialpolitik) gemacht: Alle trugen vorschriftsmäßig FFP2- Masken und wuschen sich die Hände, trotzdem wurden massenhaft alte Menschen angesteckt – finde den Fehler! – Dr. Ursula Augener 

 

In diesem und anderen Artikeln wird festgestellt, dass der uns alle wirtschaftlich und psychosozial erstickende Lockdown es nicht vermag, die Alten, wie es eigentlich die Absicht ist, vor dem Virus zu schützen. Man könnte inzwischen meinen, besser: Vor dem Tod zu schützen. Denn die wenigsten sterben am Virus allein, sondern, wenn, bringt dieses i.a. das Fass der Vorerkrankungen zum Überlaufen. Das aber verursacht ein Gefühl, als solle einem weisgemacht werden, das Gras sei blau. Es sterben nun mal mehr alte Menschen als junge und das Durchschnittsalter der an Corona Gestorbenen ist immer noch höher als das der Gesamtsterblichkeit.

Wie ich vor einigen Wochen in einem offenen Brief an die Bundeskanzlerin geschrieben habe: Diese Lockdown-Strategie mit immer neuen zusätzlichen Verschärfungen ist kontraproduktiv und die Nebenwirkungen dieser „Therapie“ sind schlimmer als das Virus selbst, jedenfalls kein „pfleglicher Umgang“ gesamtgesellschaftlich gesehen! Ich bin 70 Jahre alt und merke zunehmend, dass es mir ein schlechtes Gewissen verursacht, wenn ich, auch durch Vorerkrankungen zur Risikogruppe gehörend, auf die wirtschaftlichen und psychosozialen Kosten der nachfolgenden Generationen geschützt werden soll. Was ich mit 70 mit gutem Gewissen auch schreibe: Das Leben ist irgendwann vorbei. Und wenn ich sterbe, will ich es gelebt und nicht die noch guten Jahre nach Renteneintritt in aufgezwungener Isolation verbracht haben. Ein weiteres Symptom dieser Nebenwirkungen: Es müssen Sündenböcke gefunden werden, hier z.B. das nachlässige Pflegepersonal, das das Virus in die Altenheime trägt: Eine Ohrfeige für alle, die ihren Dienst gewissenhaft tun!

Hinzu kommt aber auch ein ebenfalls durch diese Krise und entsprechende Informationspolitik geschürter Machbarkeitswahn, der außer Acht lässt, 1. dass Viren auch ein Stück weit eine Eigengesetzlichkeit haben, 2. dass zu viel Hoffnung auf die Impfungen gesetzt wird, mit denen es zum einen kaum Erfahrungen gibt, dafür gehäufte Todesfälle in Altenheimen, zum andern natürlich auch die jetzt offenkundigen Liefer-engpässe. Die Konsequenz kann nur sein: Wiedereröffnung aller Geschäfte, der Gastronomie und der Kultureinrichtungen unter Beibehaltung der letzten Sommer schon bestehenden Abstands- und Hygieneregeln. Spezielle Angebote für Senioren und Risikopersonen in Geschäften, eigene Zeitfenster, Entzerrung des ÖPNV bzw. Sammeltaxis für Ältere), wie es bereits Boris Palmer vorgeschlagen hat, der leider nicht gehört wurde. – Dr. Susanne Wetzel 

 

War ich vor ca. 20 Jahren doch mal so dreist und hatte den Beruf der Altenpflegerin mit dem einer Grundschullehrerin verglichen. Sowohl von der sozialen Anerkennung her als auch von der finanziellen Sicherheit. Auf Grundlage meiner regelmäßigen über Jahre weg Besuche im Altenheim, damals auch noch „Alten“-heim, jetzt „Senioren“-heim. Vielleicht fehlt es einfach auch an der Wertschätzung der „Alten“. als nur noch Kostenfaktor! Dann würde man damit auch den Beruf und die Arbeit endlich aufwerten!! (Ich zähle inzwischen auch schon 75 Jahre und hoffe der Gesellschaft nicht zur Last fallen zu müssen, noch kann ich von meiner geringen Rente mein Leben selber finanzieren.) Geelke Braun

 

Warum Pflegekräfte das Virus in Altenheime tragen, erschließt sich mir in diesem Artikel nur partiell. Das Erscheinen Ihrer Gedanken auf Seite 1 der Zeit ist jedoch ein wertvoller Beitrag, ebenso Ihre situative Einschätzung. Dass man Wertschätzung auf zweierlei Arten zeigen kann, mit Geld und mit Ansehen, halte ich dennoch für zu kurz gedacht. Es ist lange überfällig, unsere Care Mentalität zu überdenken. Was brauchen kranke und /oder alte Menschen wirklich? Entspricht der Rahmen in dem sich Pflegekräfte in ihrer Arbeit bewegen (müssen) den tatsächlichen menschlichen Bedürfnissen? Scheitert nicht wertvolle Begegnung und Wahrnehmung schon am Zeitmanagement, an diversen Vorgaben wie Richtlinien zur Dokumentation oder wieviel Zeit man für eine pflegerische Handlung aufwenden darf.

In all dem bürokratischen Abrechnungsgefüge, den Assessments, den Qualitätsstandards geht vieles verloren oder erfährt Begrenzung, der wache Blick auf die Bedürfnisse der betreuten Menschen, Kreativität im Handeln, das Erfassen der individuellen Situation. Pflege ist unter anderem auch ein Handwerk und tatsächlich ist unser Stundenlohn weit unter dem anderer Handwerker. Dies zu ändern, ist ein Schritt und zwar für alle Pflegebereiche. Aufzuteilen in unterschiedliche Bereiche wie Intensiv-, Alten-, ambulante, spezialisierte Pflege, erscheint mir persönlich wenig sinnvoll. Wir alle leisten einen Dienst am Menschen. Ansehen oder Anerkennung über Applaus und die wertschätzenden Worte der Politik gleichen der symptomatischen Behandlung einer Krankheit.

Um das Pflegesystem zu heilen, bedarf es einer längst überfälligen ursächlichen Behandlung, in allererster Linie aber erst einmal einer Wahrnehmung der tatsächlichen Gegebenheiten. In jedem Wirtschaftsbereich wird gecoacht, gibt es Supervisionen. In der Pflege bleibt das einigen wenigen Gruppen vorbehalten. Der Umgang mit menschlichen Schicksalen hinterlässt Spuren. Und sie schreiben vollkommen richtig, damit sind wir meist alleingelassen. Ohne persönliche menschliche Kontakte, ohne liebevolles Wahrgenommensein ist niemand langfristig in solch einem Bereich leistungsfähig. Ob dies dazu führt, dass Pflegepersonal eine Infektionsquelle darstellt, wage ich anzuzweifeln. Es bleibt ohne nachweisliche Daten eine Vermutung.

Vielmehr ist doch zu hinterfragen, wie qualitativ eindeutig die Tests sind und in welcher Form die Maßnahmen der Gesundheitsämter bezüglich der Kontaktbegrenzung greifen. Da besteht doch einiges an Nachholbedarf. Die Pflegekräfte als „Schwachstelle“ auszumachen, schließt sich Herrn Söders Betrachtungen indirekt an und stellt uns einmal mehr unter Generalverdacht. Es ist das System als Ganzes, was betrachtet werden muss. Es gibt nicht eine Schwachstelle, sondern viele, auch in Form politischer Statements und Entscheidungen. Die Fokussierung auf einzelne Bereiche scheint mir wenig hilfreich. – Susanne Lemke 

 

Es ist in der Tat sehr bedrückend, dass Deutschland so hohe Todeszahlen hat, so eine hohe Rate per capita. Und es ist tief beschämend, dass es die Alten- und Pflegeheime so sehr trifft. Die sitzen in der Falle. Eine Impfpflicht für die Angestellten darf man gar nicht in den Mund nehmen. Denn Pflege ist emotional sehr, sehr anstrengend. Und man muss mal hinschauen, wer diese Arbeit macht. Wohl aber darf man eine Testpflicht beim Pflegepersonal fordern. Am besten systematisch und täglich. Da darf man die Heime aber auch nicht alleine lassen, sondern muss sie bei der Umsetzung unterstützen. Es ist mir in dieser Angelegenheit nicht klar wie weit Bundesrecht, Landesrecht und Kommunalrecht voneinander getrennt sind. Aber ich finde schon, dass man um die Gefahr der Pflegeeinrichtungen seit April 2020 wusste. Und eine Art Top-Down Hilfe wäre dringend gewesen. Die Umsetzung erst im Februar 2021 wirft bittere Fragen auf. Denn formal scheinbar schwer zu lösende Probleme haben viele Menschenleben gekostet – und auf welche Weise zum Teil! – Michael Scheppler 

 

Selbst bin ich tätig in einer Seniorenresidenz, wenn auch nicht in der Pflege, diesbezüglich kann ich jedoch sehr gut einschätzen, absolut sehr gut, wie die Stimmung gegenwärtig ist und natürlich auch vor Corona war. Es ist nicht so, dass die Arbeit der Pflegekräfte unerheblich gewürdigt wird, ganz im Gegenteil und ganz besonders möchte ich hier, weshalb ich diesen Leserbrief schreibe, immer wieder die authentische Lobschätzung der Angehörigen und Bekannten hervorheben, aber es ist eben das Gehalt, von der Personaldichte diesmal großzügig abgesehen, und wenn ich darüber ernsthaft nachdenke, dann, ja, dann… – ohne Worte. – Stefan-Max Kille 

 

Sie schreiben von Anerkennung der Pfleger und Pflegerinnen, von Ihren Leistungen und Entbehrungen und „zergendern“ dabei den Artikel bis zur Unkenntlichkeit, als wäre die korrekte Genderung wichtiger als der Inhalt. Jeder, der sein Kind füttert und die Windel wechselt ist ein Pflegender. Hier fordern Sie Anerkennung der Profis und setzen Sie umgehend sprachlich mit Amateuren wie mich gleich! Gendern vs. Anerkennung? Wenn ich ausgebildeter Pfleger wäre würde ich mich wehren! Gleiches gilt übrigens auch für andere Berufsgruppen wie „Kochende“, „Lokführende“ (ich habe schonmal eine Lokomotive bescheunigt), „Frisiernde“ usw. Zukünftig möchte ich sonst bitte bei Ihnen auch von Mordenden und Vergewaltigenden lesen. Das sind zwar wie in vielen Berufsbildern auch vorwiegend Männer, aber es wäre die konsequente Fortführung des genderns. – Rolf Grell 

 

Dieser Artikel richtet den Focus leider wieder nur auf die Pflegekräfte und Pflegeheime. Sie schreiben von den etwa 55.000 Menschen, die bislang in Deutschland an COVID-19 gestorben sind, waren rund 49.000 mindestens 70 Jahre alt. Was läuft schief? In Alten- und Pflegeheimen wütet das Virus. Sind die Menschen nun wirklich alleine an, oder mit Covid-19 gestorben? Wie viele Menschen sind denn wirklich in den Pflegeheimen gestorben? Wie viele hiervon sind denn im Krankenhaus gestorben? Wie viele sind denn zu Hause gestorben? Zu Hause werden 1.700 000 Menschen von Angehörigen gepflegt. Vom ambulanten Pflegedienst werden 818 000 Menschen gepflegt. In Pflegeheimen werden 830 000 Menschen gepflegt. Besteht nicht die Gefahr, dass auch ambulante Pflegekräfte und Angehörige das Virus verbreiten? FFP2 Masken sind in diesen Fällen nicht verpflichtend. In vielen Pflegeheimen sind sie es. Beim Bahnfahren und einkaufen ist es auch Pflicht! Ihr Artikel scheint mir an dieser Stelle zu oberflächlich, leider. – Karlheinz Gödert  

 

Eine merkwürdige Antwort gibt Ihr Artikel. Völlig richtig stellen Sie fest, dass Pflegekräfte Schwerstarbeit leisten und folgern, dass die Pflegekräfte im Privatbereich dringend einen Ausgleich brauchen. Der kann doch wohl aber nicht darin bestehen, dass sie leichtfertiger als andere mit den AHA-Regeln umgehen dürfen und so das Virus in die Altenheime tragen. Sich konsequent an die Regeln zu halten, wird von allen gleichermaßen erwartet -außer wahrscheinlich von den Bundesligaprofis, die ständig getestet werden. Offensichtlich halten sich aber einige Pflegekräfte und auch Ärzte kraft Berufes für virusresistent. Es darf doch nicht damit gerechtfertigt werden, dass das Personal Ihrer Meinung nach nicht ordentlich wertgeschätzt wird? Warum geht der Artikel von den Pflegekräften als Virusschleuder aus? Was ist mit den Zeitarbeitskräften in den Heimen, die von Heim zu Heim tingeln? Oder mit den fremdbeschäftigten Putzkolonnen, die in den Heimen arbeiten? Oder mit dem fahrlässigen Verhalten von einigen Pflegedienstleitungen, die angesteckte Bewohner zu gesunden Bewohnern ins Zimmer stecken? – Michael Platz 

 

Abschnitte vor der ersten Zwischenüberschrift: Tenor: DIE Pflegekräfte bringen das Virus in die Heime. Drittletzter Absatz: Tenor: Der Söder demotiviert die Pflegekräfte in dem er sie unter den Generalverdacht stellt, sie verweigern sich dem wissenschaftlichen Fortschritt. Schwingt im ersten Teil des Artikels nicht auch ein Generalverdacht mit? – Mike Schenker 

 

Ich bin immer wieder erstaunt und ein bisschen entsetzt, wie Politiker und anscheinend auch Journalisten intensiv darüber nachgrübeln, wie man dem Pflegepersonal Wertschätzung entgegenbringen kann. Dabei gibt es doch eigentlich nichts einfacheres, als Wertschätzung in einem kapitalistischen System auszudrücken und in ganz vielen Bereichen funktioniert das auch prima. Ich werde nicht schreiben, was ich meine, wenn sie ein bisschen nachdenken, kommen sie bestimmt von alleine drauf. – Niels Benken 

 

Die Wahrheit soll(te) eigentlich irgendwo in der Mitte liegen! Wer aber sagt uns denn noch die Wahrheit, und wo bitte sollte denn nur diese Mitte sein? Im Wirtschaftsmagazin Plusminus im Ersten gab einige aufschlussreiche Erkenntnisse und Beispiele zum ständigen Hotspot-Thema „Leben und Ableben in Alten- und Pflegeheimen“ zu sehen und zu hören! Glaubt man dagegen weiterhin unseren Politikern, so sollte das komplette Leben am besten nur noch hinter verschlossenen Türen stattfinden; und die Schlüsselgewalt die bleibt natürlich in staatlicher Hand. – Klaus P. Jaworek 

 

Vielen Dank für Ihren präzisen Beitrag! Allerdings ist mir nicht klar, ob Sie folgende Aussage zum Schluss ironisch meinen: „Bislang hat die Bundeswehr ausgeholfen, nun sucht die Regierung nach Freiwilligen, die das Personal in der Pflege beim Testen entlasten. Die Politiker scheinen das Thema wirklich ernst zu nehmen – auch das ist eine lang ersehnte Form der Anerkennung.“ Ist das Ihr Ernst? Wenn die Politik das Thema ernst nähme, würde man dann das Testen Freiwilligen überlassen, die für Gotteslohn arbeiten? Ein in der Schweiz beliebtes Nachrichtenportal hat es in einer Onlineumfrage, ob Pflegende mehr Lohn erhalten sollten, gut auf den Punkt gebracht: Eine Option neben ja und nein war „aber… wir haben doch geklatscht?“ Ich glaube, dass wenn solch wichtige Aufgaben an Freiwillige abdelegiert werden, dies zeigt wie hoch die gesellschaftliche Bereitschaft ist, Gesundheitsberufe und soziale Berufe angemessen zu entlöhnen: leider noch immer gering. – Lucien Frisch-Volkert 

 

Obwohl der Artikel an sich gut ist, basiert er in seiner Begründung auf einem Fehlschluss. Jan Schweitzer benutzt das häufige Sterben von älteren Personen als Argument dafür, dass diese nicht gut geschützt werden. Dies ist jedoch keine schlüssige Argumentation, denn wenn man ein Virus hat, bei dem Alte die Risikogruppe sind, sterben diese natürlich häufiger als junge Menschen. Etwas anschaulicher: Wenn alte Menschen eine Sterblichkeit von 100% haben und junge Menschen eine Sterblichkeit von 0%, dann ist das Sterben von 5 alten Personen („100% der Toten sind aus der zu schützenden Risikogruppe“) noch kein Argument dafür, dass der Schutz eben dieser Gruppe gescheitert ist. – Melvin Geib Caballero 

 


 

 

Leserbriefe zu „Männer first!” von Ralf Bönt 

 

Interessanter kleiner Artikel – auch den historischen Blick, dass eher Frauen gerettet werden als Männer: wer weiß ist die Verhüllung der Frauen auch eine Schutzmaßnahme gegen schwere Krankheiten? (nur so eine verrückte Idee J) Nun , bekannt ist, dass Männer eher sehr skeptisch gegenüber Präventionsangeboten und Arztbesuchen stehen.  Nur: verbesset sich das Immunsystem bei Männern durch Vorsorgeuntersuchungen – wird es weniger schnelle abgebaut wenn der Mann jährlich beim Arzt auftaucht? Vielleicht hilft es dem Immunsystem mehr, „Mädel Essen“ auf seinem Teller haben?

Bunt und knackiges Essen stärkt das Immunsystem und liefert den Haustierchen im Darm zusätzlich prima Futter – stärkt damit zusätzlich das Immunsystem. Also meine Herren: Salatteller mit Hülsenfrüchten und geräucherten Fisch anstatt Schnitzel mit Pommes. Schade eigentlich, dass der Faktor Ernährung als wohl die älteste bekannte Medizin im regulieren Gesundheitsangebot noch immer so vernachlässigt wird. Damit meine ich nicht die vielen ernannten Ernährungs- Gurus die z.T. haarsträubende und nicht ungefährliche Diagnosen und Empfehlungen weitergeben: diese sind sehr präsent. – Ingrid Acker 

 

Hat das einen Hang zum Sarkasmus?! Welcher Mut gehört dazu, solch einen Artikel zu verfassen und tatsächlich zu drucken?! Was ist, wenn er ernst genommen wird und umgesetzt werden soll? Auf den Aufschrei kann man gespannt sein! „Männer first!“ Aber wieso eigentlich nicht? Auch Frauen sind doch dafür, dass beide Geschlechter gleich und gerecht behandelt werden. Sie fordern das ja auch in der Teilhabe bei hochdotierten Führungspositionen in Wirtschaft und Politik mit der Quotenbeteiligung. Und erwarten dabei auch selbstverständlich männliche Unterstützung ihrer Vorstellung von gerechter Behandlung. Das können Männer jetzt auch erwarten. Das wird spannend! – Udo Bauer 

 

Na, so weit kommt es noch ! Beachtlich!  Ein mutiger Artikel in unserer Zeit. Selbst wenn man Fakten zu diesem Thema nennt und damit – fast unanständigerweise – eventuell auf Beachtung und Unterstützung für „alte“ Männer wagt hinzuweisen, sollte man doch daran denken, dass in der heutigen medialen und und offiziellen politischen Atmosphäre Männlichkeit sehr nahe neben den schlimmsten Schimpfwörtern rangiert. Dass das Anliegen von Herrn Bönt, trotz aller Daten, es schwer haben wird, liegt ja vor allem daran, dass der feministische Mainstream keine noch so kleine Schwächung seiner Dominanz sich wird nehmen lassen.

Zumal ja die begleitende Methode, nämlich jegliche männlichen Konkurrenten ganz einfach durch einen Hinweis auf ihre Geschlechtszugehörigkeit auszuschalten, so gut funktioniert. Da kann dann Qualifikation oder Eignung zu einem sehr dehnbaren Begriff werden. In einem solchen Falle würden wohl auch die dafür zuständigen Gleichstellungsbeauftragtinnen klarmachen, wie man diesen Begriff in der aktuellen Bedeutung zu verstehen hat. Zur Abrundung der Thematik passt eigentlich das schnelle Dahingehen der alten, hier wohl meistens weißen Männer sehr gut. Die neue feministische Argumentationslinie geht jetzt davon aus, dass man Meinungen, die von Männern geäußert werden, sowieso nicht ernst nehmen müsse, weil sie ohnehin früher sterben.
Also, alles gut so, wie es läuft. – Bernd Hauser 

 

War das eine Glosse?? – Sigrid Brucker-Maschke 

 

Die Lektüre des Textes von Ralf Bönt provoziert nicht nur das Auge, sondern auch somatische Symptome: Mir wurde übel. Wie kann es sein, dass in einer Pandemie, in der täglich in Deutschland tausende Menschen erkranken und hunderte sterben, Artikel in einer renommierten Zeitung wie der ZEIT erscheinen, die allen Ernstes dafür plädieren, dass Männer, weil sie stärker gefährdet seien, früher als Frauen geimpft werden? Erstens sind die Impfstrategie und ihre Durchführung so holprig gestartet, dass wir froh sein können, dass überhaupt geimpft wird und Termine dafür vereinbart werden können. Zweitens sind die Gesundheitsämter maximal überlastet und nicht in der Lage, alle Kontakte nach zu verfolgen, was aber eigentlich dringend notwendig wäre.

Drittens können aufgrund dieser Tatsache die Gesundheitsämter mit großer Sicherheit nicht die Leistung aufbringen, innerhalb der Bevölkerung zuerst Männer in Pflegeheimen, dann Männer über 80, Männer in Pflegeberufen, Männer über 60 und Männer mit Vorerkrankungen usw. ausfindig zu machen und diese dann zu benachrichtigen. Viertens: Bedeutete dies, dass Frauen erst ab Sommer geimpft würden? Fünftens verhöhnt der Autor damit die Leistung derjenigen Menschen, die seit einem Jahr maßgeblich zum Erhalt des öffentlichen Lebens beitragen. Spätestens seit einem Jahr ist den meisten in Deutschland bekannt, dass die systemrelevanten Berufe vor allem von Frauen ausgeübt werden.

Wenn diese Frauen erkranken, und auch sie können schwer erkranken und sterben, dann fehlen sie im Alltag. Davon hat niemand etwas, auch nicht die Männer. Das bedeutete nämlich, dass die, die die Pandemie mittragen, noch mehr zu leisten hätten. Am besten sollten wohl Frauen auf ihre Impfung zu Gunsten von Männern verzichten? Covid-19 kennt keine Landesgrenzen, das haben wir wohl zu spüren bekommen, es kennt aber auch kein Geschlecht. Ethisch kann es nicht vertretbar sein, zum Wohl der Männer, Frauen auf die Impfung warten zu lassen. Der Autor scheint es wirklich ernst zu meinen. Ich kann mich nicht entscheiden, ob ich darüber lachen, weinen oder wütend sein soll. – Theresa Hagemann 

 

Da generiert sich ein Physiker als Fachmann für Immunologie um seine Geschlechtsgenossen zu retten. Leider versäumt er es, einen wesentlichen sozioökonomischen Aspekt bei seiner Analyse zu berücksichtigen; ein Großteil der Beklagten ist wohl nur noch am Leben, weil sie von Frauen versorgt und gepflegt werden. – Lucia Missel 

 

Sie haben vollkommen recht damit, dass die älteren Männer zuerst geimpft werden sollten, denn deren Lebenserwartung ist laut der Ärzteschaft geringer, als bei den Frauen. Man muss nur einmal am Sonntagmorgen (wenn es dann wieder geht) in die Musikhalle gehen. Dort sieht nan fast nur weißhaarige Damen, deren Männer ihnen durch Tod abhanden gekommen sind. Es ist traurig, aber wahr. Also, impft die Männer, damit sie noch einen erfüllten Lebensabend haben. Die Frauen schaffen das schon etwas länger warten zu müssen, um geimpft zu werden. – Ute Koch 

 

Entschuldigung, aber Ralf Bönt zeichnet mir ein arg zu positives Männerbild. Meine Erfahrung ist, Männer gehen nicht zum Arzt, weil sie sich für unverwüstlich halten. Z.B. nach dem Motto: „Hörschutz in der Fabrik? Brauch ich doch nicht!“ um schließlich unter massiver Schwerhörigkeit zu leiden. Nachdem Männer unser Gesundheitssystem eh schon dadurch belasten, dass sie viel riskanteren Hobbies nachgehen, beim Autofahren schlimmere Unfälle verursachen, bei Genusssüchten wie Alkohol und Nikotin vor den Frauen rangieren, nicht zur Gesundheitsvorsorge gehen und nach meinem Eindruck die Corona-Pandemie herunterspielen und nicht so ernst nehmen wie Frauen, sollen sie nun dafür belohnt werden, zuerst geimpft zu werden? Tut mir leid, dem kann ich nicht zustimmen. Abgesehen davon, dass es nach dem Gesetzentwurf des neuen Selbstbestimmungsgesetzes von Grünen und FDP bald eh keine Frauen und Männer mehr geben wird, damit hat sich das Problem dann ja erledigt. Hajnalka Kovac 

 

Spontan kam mir beim Lesen des Artikels der Gedanke „netter Versuch“ – wissenschaftlich basiert  – die Prioritätenliste für die Impfung gegen Covid 19 zugunsten des männlichen Gechlechts zu verändern. Jedenfalls sind mir die Gründe sehr deutlich geworden, warum es mir in fast 45 Jahren nicht gelang, bei meinem Gatten dauerhaft die Einsicht in gesundheitliche Vorsorge und Verhalten zu wecken. In Verbindung mit dem Artikel“ Das Leben ist der Güter höchstes nicht“ hier: über die Verharmlosung der Pandemie durch die AFD, schließt sich für mich der Kreis. Wenn ich nicht in der Lage bin für mich selbst und meine Gesundheit Verantwortung zu tragen, wie soll dies im Rückkehrschluß einer männerdominierten Partei wie der AFD mit Blick auf die Gesellschaft gelingen. Dann kann Man(n) oder Partei nur verharmlosen! Eigenverantwortung ist zugleich Basis für Fremdverantwortung! Die beiden Pole bedingen sich – insbesondere in der derzeitigen Pandemie – gegenseitig. Biblisch gesprochen: „Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst“. – Ursula Thomas 

 

Was ein interessanter Beitrag zu geschlechtsspezifischer Medizin werden könnte, endet hier in dem leider allzu vertrauten männlichen Gejammer über Geschlechtergerechtigkeit. Das einzige Argument, das der Autor für seine Forderung, Männer bei der Covid-19-Impfung zu priorisieren, anführt, ist ein argumentativer Fehlschluss. Korrelation in der Statistik ist keine Kausalität. Ob die Unterschiede im Immunsystem für eine höhere Sterblichkeit bei Männern verantwortlich sind, ist nicht bewiesen. Es könnte z.B. auch mit Vorerkrankungen wie z.B. Herzkreislauferkrankungen oder mit der Viruslast bei der Infektion zu tun haben. Der letzte Satz des Artikels ist nach meiner Recherche schlichtweg falsch.

In der aktuellen Risikobewertung des Robert-Koch-Instituts heißt es eindeutig: „Die Wahrscheinlichkeit für schwere und auch tödliche Krankheitsverläufe nimmt mit zunehmendem Alter und bestehenden Vorerkrankungen zu.“ (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html, Zugriff 31.01.2021) Also „Vorerkrankungen“ und nicht „Männlichkeit“. Auch die angeführten soziokulturellen Aspekte werden nicht belegt. Und sollten Menschen, die sich nach bald einem Jahr Pandemie und entsprechender Aufklärung weniger an einfachste Regeln der Hygiene halten, wirklich bei der Impfung priorisiert werden? Insbesondere der zweite Teil des Artikels lässt mich vermuten, dass die Diskussion um die Verteilung des knappen Gutes Impfstoff nur der Aufhänger ist, um eine ebenfalls nicht belegte Behauptung von der „Schweigespirale um die männliche Gesundheit“ zu setzen sowie die völlig abstruse Behauptung, männliches Leben sei „seit je weniger wert“.

Dass die angeführte Maxime „Frauen und Kinder zuerst“ kein Seerecht ist und bei heutigen Evakuierungen nicht wie behauptet eine Rolle spielt, geschenkt. Frau denkt an lange Kämpfe, damit Frauen als Bürgerinnen mit gleichen Rechten anerkannt werden und nicht nur als Gebärerin von Nachkommenschaft. Diese Angriffe auf Geschlechtergerechtigkeit sind nur allzu vertraut. Männer, sucht meinetwegen Schutz in großen Autos, bis die Pandemie vorbei ist (solange ihr dabei keine anderen Verkehrsteilnehmer*innen gefährdet). Den Impfstoff geben wir derweil denjenigen, die euch pflegen und eure Nachkommen erziehen und dadurch einem höheren Infektionsrisiko ausgesetzt sind. Das sind übrigens mehrheitlich Frauen. – Christine Böckmann 

 

Einem antifeministischen Maskulisten die Bühne zu geben, der in seinem Artikel „Männer first“ allerhand Argumente (soziologisch, biologisch, …) vermischt und verschwurbelt, ist schon ein starkes Stück. Männer erkranken öfter, dann sollte man sich ansehen, warum, und das nicht nur mit purem Biologismus beschreiben, sondern eben genau da ansetzen. Wer wäscht sich seltener die Hände (immerhin räumt der Autor das ein), wer hält sich weniger an die AHA-Regeln, wer geht weniger oft zu Ärzt*innen und Vorsorgeterminen? Da muss doch eine komplett neue Gesundheitsstrategie und ein neues untoxisches Männlichkeitsverständnis her, anstatt Impfprivilegien. – Henriette Seydel 

 

Ralf Bönt schlägt vor: «Frauen sind durch Corona weniger gefährdet und sollten deshalb später geimpft werden.» Nun, es ist auch aus Kostengründen und nicht nur aus Gründen der Solidarität sinnvoll, die Gefährdeten bevorzugt zu impfen. Es geht dabei nicht nur um Solidarität mit den Schwächeren sondern auch um Solidarität mit dem Krankenhaus-Personal, dessen Belastung durch dieses Vorgehen reduziert werden kann. Der Vorschlag von Bönt ließe sich dabei noch erweitern. So wäre es sinnvoll eine Einstufung mit möglichst vielen Stufen vorzunehmen. Denn wenn zum Beispiel anfangs nur die über 75 jährigen ein Recht auf einen Impftermin haben und wenn dann die Zahl der Berechtigten die Zahl der verfügbaren Impftermine mehrfach übersteigt, dann gleicht der Zugang zu einem Impftermin einem Lotteriespiel, bei dem die agileren Jüngeren die besseren Chancen haben.

Eine Methode bei der man einerseits den Vorschlag von Bönt berücksichtigen könnte und andererseits das Alter optimal berücksichtigen könnte wäre das Berechnen einer Zahl, die die Gefährdung optimal abbildet. Wenn dabei (unter Verwendung des vorhandenen statischen Materials) nur das Alter und das Geschlecht berücksichtig würde, wäre eine Berechnung kein Problem. Nachdem Blutgruppe 0 einen etwas höheren Schutz bietet, könnte man auch dies berücksichtigen, aber das ginge vielleicht zu weit. Für den Einbezug anderer maßgeblichen Kriterien wie Vorerkrankungen oder die Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen (z.B. Krankenhaus-Personal oder Lehrer) könnte einerseits ebenfalls statistisches Material verwendet werden oder aber man reserviert für bestimmte Gruppen einen Teil der verfügbaren Impf-Termine.

Die Vergabe der Termine müsste dann so erfolgen, dass die „Gefährdungs-Zahl“ die Reihenfolge bestimmt, in der geimpft wird. Vermutlich ist es jedoch für eine Realisierung des Vorschlags zu spät und eine Realisierung würde angesichts der aktuell verwendeten Abläufe zu viel Wirbel verursachen. Interessant wäre trotzdem die Frage, ob sich anhand des vorhandenen Datenmaterials berechnen ließe, wie weit die Spitalbelastung durchs Verwenden solcher Methoden reduziert werden kann. Interessant an der Methode wäre, dass sie sowohl im Interesse der Solidarität mit den am meisten Gefährdeten und mit der Solidarität mit dem Krankenhaus-Personal wäre. Außerdem ließen sich die Zahl der Krankenhaus-Einweisungen und damit die Kosten reduzieren. – Gernot Gwehenberger 

 

Eigentlich kaufe ich mir momentan ihre Zeitung um neue Gedanken und Ruhe in der Corona-Zeit zu finden. In den letzten beiden Ausgaben, habe ich allerdings gerade von zwei Herren Gedanken aus dem letzten Jahrtausend lesen dürfen und was soll ich sagen, dass macht müde und verständnislos. Es scheint so als wären die beiden Boomer nur bereit Veränderungen zu akzeptieren, wenn sie sich dafür keinen Zentimeter bewegen müssen.  Nun ist es aber so, wenn Männer einfach weiter auf dem Raum beharren den sie seit Jahrtausenden in der Gesellschaft einnehmen, dann ist da kein gleichberechtigter Platz für andere Gruppe, dann ist da kein Platz für die Gesellschaft in ihrer ganzen Vielfalt. Anstatt den Argumenten zur Verteidigung eines angestaubten Status Quo, fände ich progressive Gedanke für ein gleichberechtigtes Miteinander wesentlich bereichernder zur Lektüre. – Carina Moser 

 

In der naiven Menschen- und Weltleugnung, die ich manchmal pflege, damit mir das Leben logischer erscheint, werde ich einfach annehmen, dass der Artikel von Ralf Bönt eine Karnevalsrede ist, die dieses Jahr leider nicht öffentlich gehalten werden kann. Nur so kann ich guten Gewissens weiterhin Eure Abonnentin bleiben. Aber Ziel erreicht: selten dieses Jahr habe ich so gelacht! Wenn das aber ernst gemeint war, dann bitte ich um einen Hinweis, damit ich einfach für die restliche Karnevalszeit nicht aufhöre, mit meinen Augen zu Rollen und mich zu fragen, was sich die Redaktion der „Zeit“ gedacht dabei gedacht hat… Gibt es eine Quote für politisch inkorrekte Beiträge, die Sie jährlich erreichen müssen? – Klaudia Bujek 

 

Vor einigen Monaten bot die ZEIT einem Mann eine (Schreib)Bühne auf der provokant gefordert wurde, die Alten zu ihrem Schutz „einzusperren“, bzw nur zu bestimmten Zeiten raus zu lassen, z.B. zum Einkaufen. Nun wird einem Mann die Bühne geboten, der, so nehme ich an, den Titel absichtlich provokant gewählt hat. Der Mann, der in Amerika von „first“ und „ich zuerst“ gesprochen hat, ist nun zum Glück nicht mehr „first„. Vorher hat er noch ziemlich viel Zerstörung in der Welt angerichtet. Ich hoffe, Herrn Bönt ist bewußt, daß statistisch gesehen, die meisten, die mit Gewalt gegen Corona-Schutzvorschriften vorgehen, junge Männer sind, siehe zuletzt in den Niederlanden. Wie könnte also ein neues Plädoyer aussehen. Ich würde es einmal so formulieren: „Männer sollten zu ihrem und zu dem Schutz von Frauen und deren Gesundheit vielleicht ein paar Monate in Quarantäne geschickt werden, bis alles vorbei ist“. – Erika Reineke 

 

Dieser Artikel von Ralf Bönt ist in meinen Augen wirklich eine Frechheit! Schon aus identitätspolitischen Befangenheitsgründen (ein Mann möchte, dass Männer vor Frauen geimpft werden) kann sein Votum nur verdächtig erscheinen. Trotz aller Erfolge für Frauenrechte leben wir in Deutschland nach wie vor im Patriachat – die nötigen Fakten dazu wie Genderpaygap oder Rückfall in alte Geschlechterrollen während Corona kann sich jeder selbst zusammenrecherchieren. Und nun kommt hier wieder so eine typische „Jammer-Nummer“ eines Mannes unter dem Deckmäntelchen von wissenschaftlichen Fakten daher: Soll ich als Frau jetzt etwa Mitleid haben, dass Männer ungesünder leben, im Schnitt übergewichtiger sind und deswegen mehr Risikofaktoren für Corona haben?

Oder sich vielleicht wie in vielen anderen Lebensbereichen risikohafter verhalten als Frauen, zum Beispiel, wenn es um Corona-Schutzmaßnahmen geht? Dass mehr Männer an Corona sterben ist ungut, aber die Lösung kann doch nicht sein, ein Geschlecht bei dringend benötigtem Schutz durch Impfung komplett auszuboten – von der gesellschaftlichen und geschlechtlichen Polarisierung, die davon ausginge, mal ganz zu schweigen (so nach dem Motto: Geimpfte Männer dürfen dann wieder ins Theater und zum Einkaufen, ungeimpfte Frauen müssen dann aber zuhause sitzen bleiben wie im Mittelalter??) Ich will mal ehrlich sagen: Frauen haben so viel zu leiden unter gesellschaftlichen, wie privaten Folgen, die mehrheitlich Männer anrichten (auch hierfür gibt es genug wissenschaftliche Belege) – und jetzt sollen sie auch noch deren schlechte Lebensbedingungen „abbüßen“ müssen, indem sie später gegen eine potentiell tödliche Krankheit geimpft werden???

Ich glaub ich spinne!! Jahrhunderte lang werden Frauen gesellschaftlich unterdrückt und nun jammern Männer wie Herr Bönt plötzlich herum, weil es ihnen durch Eigenverschulden gesundheitlicher ja so viel schlechter geht als Frauen, alles hübsch mit Daten untermauert. Ja, auch fallen die Jungs ja neuerdings bei Pisa durch, ach, die Armen. Im Chefsessel landen später trotzdem keine Frauen. Das nur als Beispiel, wie fadenscheinig die Argumente dieses Artikels sind. Und überings, falls der Autor es nicht weiß: Es gibt in Deutschland einen Ethikrat, der alle Fragen der Impfstoffpriorisierung mit verschiedenen Expert*innen sorgfältig diskutiert hat. Und der nicht zu dem Schluss kam, dass hier irgendwie gelten sollte: Männer first. Obwohl darin auch Männer sitzen. Und zum Schluss: Dass der Autor auch noch einen umgedichteten Slogan des frauenverachtenden Chauvinisten Donald Trump benutzt, diskreditiert diesen Artikel zusätzlich. – Julia Molina 

 

Ich möchte Ihnen meinen Kommentar zu diesem Artikel in einem fiktiven Dialog senden: Sohn: Mama, gib mir deinen Impfstoff, ich will nicht vor dir sterben. Mutter: Baby, mein Söhnchen, du kannst gerne für mich zur Impfstation fahren, wenn du überhaupt einen Termin kriegst. Aber keine Panik: Du wirst sowieso vor uns sterben. Sohn: Wieso muss ich denn vorher sterben? Mutter: Weil im Kindergarten deines Töchterchens die englische Mutante aufgetreten ist. Die überlebst du nicht. Sohn: Mama, hilf mir, rette mich! Mutter: Aber ja doch, wir bleiben bei dir, bis zum Schluss natürlich. Deine Frau und ich überlegen uns schon, wie wir dein Vermögen besser anlegen, als du das bisher gemacht hast. Das SUV wollen wir als Erstes kapitalisieren. Wir haben auch schon ein schönes Papierchen aus der Pharmabranche in Aussicht, in das wir investieren wollen. Also sei ruhig. Du brauchst nicht zu weinen. Es läuft alles so, wie es sein soll. Selten so gelacht, wie Dr. Ralf Bönt jault. Nur weiter so. – Dr. Sigrid Giersberg 

 

Nach der Lektüre des Artikels habe ich mich gefragt, welcher Virus in der Zeit Redaktion ausgebrochen ist? Ist dies der verzweifelte Versuch, ein Gegenwicht zu den vorherigen Ausgaben zu schaffen, in denen es um die Mehrfachbelastung der Frauen in den Zeiten der Pandemie ging? Und was hat dies in der Rubrik Politik verloren? Im Feuilleton hätte ich ja vielleicht noch über diese anachronistische Darstellung der Männer geschmunzelt und mich höchstens gefragt, ob der Autor aus der Zeit gefallen ist. So ist diese Zusammenfassung nur peinlich und es bleibt zu hoffen, dass diese Darstellung der Männlichkeit zukünftig die richtige Einordnung erfährt. – Friedhelm Winkelmann 

 

Glückwunsch zu dem Artikel in der aktuellen Ausgabe „Männer first„. Endlich mal ein Blick auf Corona aus Gendersicht – ein Gegenstück zu der immer wiederholten These, dass Frauen unter Corona besonders leiden. Die Genderdebatte leidet darunter, dass sie eine reine Frauen-Debatte ist und valide statistische Zahlen, die Totschlagargumente relativieren, kaum vorkommen. – Reinhold Jenders 

 


 

 

Leserbriefe zu „Im Herzen leid” von Tina Hildebrandt 

 

Zunächst einmal vielen Dank für diesen sehr interessanten und einfühlsamen Beitrag! Uneingeschränktes Lob für Inhalt und Form! Und ich bitte um Entschuldigung, wenn ich von einer Autorin, die Germanistik studiert hat, aber auch Korrektheit in der deutschen Sprache voraussetzen möchte – und zwar durchgängig. An der folgenden Stelle ist das leider nicht der Fall und mir stellt sich damit auch die Frage, wie ein so offensichtlicher Fehler auch der Korrekturlesung nicht aufgefallen ist?! Vierter Block, ganz unten, letzter Absatz: „Fast alle Bundeskanzler kamen aus den und über die Bundesländer.“ Lösen Sie diese Verkürzung einmal auf, dann stimmt es nicht mehr, denn es müsste korrekt lauten: „Fast alle Bundeskanzler kamen aus den Bundesländern und über die Bundesländer.“ Damit darf man es nicht – falsch – zusammenfassen. Gewiss, nur ein einziges „n“. Eine Winzigkeit.

Aber es nervt mich und ich habe nicht die Geduld der Kanzlerin, es für mich zu behalten! In letzter Zeit wird genau dieser Fehler einer falschen Verkürzung (meist durch falsche Fälle!) immer häufiger beobachtet. Ich freue mich so an der Zeit, dass dort so gutes Deutsch geschrieben wird! Wunderbar! Meine Tageszeitung habe ich deshalb abbestellt. Das Deutsch war grausig. Ich weiß nicht, was Journalisten heute noch lernen in der Ausbildung. Oder was schon vorher bis zum Abitur nicht mehr gelehrt oder gefordert wird. Bewahren Sie mir meine heile Welt, dass in der Zeit noch die deutsche Sprache hochgehalten und gepflegt wird. Unter anderem auch durch Verzicht auf furchtbares Gender-Gewäsch. Es macht wirklich alles kaputt und unsere Dichter drehen sich im Grabe um. Und Martin Luther auch… Liebe Frau Hildebrandt, schreiben Sie inhaltlich bitte so weiter, aber lassen Sie am Ende noch mal jemanden Korrektur lesen, der sein Metier auch beherrscht! – Holger Gehrke 

 

Nachdem Tina Hildebrandt vor genau drei Jahren das vorzeitige Ende der Ära Merkel herbeizuschreiben versucht hat, entdeckt sie jetzt, vor Ende der regulären Amtszeit, die angeblichen Widersprüche im Bild der Kanzlerin. Dumm nur, dass alle drei Baustellen, die Hildebrandts Meinung nach „16 Jahre unbearbeitet“ geblieben sind, Sache der Länder und nicht des Bundes sind: Schulen, Gesundheitsämter und Ordnungskräfte. Von einer Chefkorrespondentin der ZEIT hätte ich erwartet, dass sie über die Verteilung der Kompetenzen in unserem politischen System besser Bescheid weiß. Dass man grundsätzlich darüber diskutieren könnte, ob die föderalen Strukturen unserer Bundesrepublik den Aufgaben unserer Zeit angemessen sind, steht auf einem anderen Blatt. – Jürgen Thiede 

 

Wenn die Bundeskanzlerin feststellt, dass die durch Corona eingetretene Situation nicht mehr als Krise, sondern nur noch als Katastrophe bezeichnet werden kann, dann ist es höchste Zeit für grundsätzliche Überlegungen. Besteht unsere Lebenswirklichkeit hauptsächlich aus der Abarbeitung physischer Anforderungen zur Sicherung unserer Existenz, oder gibt es darüber hinaus Lebensbereiche, die wir zu unserem Wohlergehen nutzen sollten und auch können? Anders gefragt: Sind wir bereit und in der Lage, perspektivisch zwischen unseren Lebensumständen und unserem innersten Selbst zu unterscheiden, ohne das als getrennte Bereiche zu verstehen?

In Bezug auf die Werte unserer Wirklichkeit versprechen Religionen bessere Sphären außerhalb unserer irdischen Welt. Allerdings sollte das nicht zu abgehobenen Phantastereien oder gar zu Negationen des Gegenwärtigen führen. Grundsätzliches braucht die Überprüfbarkeit am Konkreten, und um das Konkrete erfolgreich gestalten zu können, bedarf der Einbeziehung des Grundsätzlichen. Weder das eine noch das andere soll zu Abhängigkeiten führen. Souveränität erreichen wir dann, wenn wir gemeinsam an den jeweiligen Herausforderungen arbeiten. Insofern gilt für uns alle, unsere Erwartungshaltung bezüglich der Lösung von Krisen nicht zu verabsolutieren, denn das würde das Tor zu Totalitarismen öffnen. – Christoph Müller-Luckwald 

 

Frau Hildebrandt, Ihren Artikel „Im Herzen leid“ habe ich gern und mit Interesse gelesen. Ein Aspekt hat mir allerdings dabei gefehlt: dass die Kommunikation der Kanzlerin, gerade in der Krise, auch von politischen (Krisen-) Beratern stammt. In einem Podcast von HR2 Der Tag zu politischer Kommunikation ging es u.a. auch darum, dass sich die Kommunikation Merkels während der Krise emotionalisiert hat, um die Menschen besser erreichen zu können und das dies auch in Zusammenarbeit mit Kommunikationsberatern so strategisch entschieden wurde. Damit will ich nicht sagen, dass nicht vieles doch aus Merkel selbst kommt oder dass sie nicht authentisch ist. Ich glaube, sie zeigt nun tatsächlich eine Seite ihrer selbst, die schon immer da war, die sie aber (auch auf zuraten von Beratern?) nicht offen gezeigt hat oder zeigen wollte.

Natürlich muss sie diese Kommunikation auch mittragen, aber in ihrem Artikel wird es so beschrieben, dass dies alles mehr oder weniger Alleinentscheidungen von Merkel sind. Nun hat sie sich vermutlich tatsächlich verändert, die Krise nagt an ihr, wie an uns allen. Die Grundaussage Ihres Artikels wird dadurch nicht verändert, aber ich finde schon wichtig, zu erwähnen, dass Merkel durchaus Berater hat, die ihr zuraten…ggf. kommt daher auch ein Teil Ihrer Ungelenkheit, wer weiß. In Ihrem Artikel kommen kurz auch die Gesundheitsämter vor, wie auch im Artikel von Jan Schweitzer. Dort wird süffisant angemerkt, dass die Gesundheitsämter ja nur bis freitags mittags arbeiteten, sogar in der Pandemie. Sicherlich ist richtig, dass die deutsche Bürokratie der Pandemie oftmals nicht zuträglich war (und ich finde, darüber sollte auch gerade jetzt einmal offen gesprochen werden).

Nun geht die Krise aber schon 1 Jahr…und ich finde, dass auch für Gesundheitsamtmitarbeiter gilt, dass sie auf ihre psychische Gesundheit achten dürfen, und an Wochenenden nicht arbeiten müssen, permanent. (Wenn auch das typisch deutsche „Des hammer schon immer so gemacht, des mache mer auch jetz net anners“ sicherlich haarsträubend sein kann). Und wenn Sie mir diese generelle Bemerkung erlauben: ich lebe in British Columbia, Kanada und kann so die Kommunikation und Umgang mit der Krise in 2 Ländern beobachten, die durchaus sehr unterschiedlich ist. Und dies betrifft nun auch wieder Ihren Artikel, Frau Hildebrandt, und die Wissenschaftlichkeit Merkels, aber auch der generelle deutsche Umgang mit der Pandemie.

Hier in BC wird sehr viel stärker emotional argumentiert, unsere Heldin der Krise heißt Dr. Bonnie Henry, Provincial Health Officer, die alle Entscheidungen zu Lockdownmaßnahmen trifft. Hier wird nie über Inzidenz- oder R-Werte oder andere stark wissenschaftsbezogene Fachbegriffe gesprochen, weder von offizieller Seite noch ist das Thema in der Bevölkerung. Übrigens sind hier nun ALLE Altenheime, Pflegeeinrichtungen und deren Personal geimpft (obwohl wir sehr viel weniger Impfstoff und Kapazitäten haben als Deutschland). An Wochenenden gibt es auch hier keine offiziellen Pressekonferenzen (sonst täglich unter der Woche seit Beginn der Pandemie!).

Ich rate Ihnen spaßeshalber mal eine dieser Pressekonferenzen anzusehen (egal welche) – um den Unterschied zu Deutschland wahrzunehmen – oder lesen Sie eine der Pressemeldungen, die täglich erscheinen: https://news.gov.bc.ca/releases/2021HLTH0006-000178 Bonnie Henry ist unser Drosten und Merkel in Personalunion, und ihre Schuhe und „Be kind, be calm, be safe“  sind die Obsession und das Mantra der Leute hier. That said, ich habe zu Beginn der Pandemie letztes Jahr beinahe religiös den Drosten-Podcast gehört, weil ich es sehr beruhigend fand, dass man über diese beängstigende Situation, ruhig, mit Fakten, und rein wissenschaftlich sprechen kann (und darüber in Deutsch zu hören, war sicherlich auch Teil des Ganzen). Dass dieser Podcast so erfolgreich wurde, scheint dafür zu sprechen, dass wir Deutschen alle tendenziell gerne mit Fakten zu tun haben. – Susanne Rühle 

 

Ich möchte hiermit meinen tiefen Unmut und Protest gegen die Äußerung von Frau Hildebrandt in ihrem Artikel „Im Herzen Leid“ in der Ausgabe 5 der Zeit zum Ausdruck bringen, dass die Gesundheitsämter auch in Pandemiezeiten „nur bis Freitagmittag arbeiten“. Diese Aussage ist grundfalsch! Und sie verärgert mich zutiefst, weil ich als angestellte Ärztin eines Gesundheitsamtes eines Kreises in NRW unmittelbar an der Bewältigung dieser Pandemie beteiligt bin und nur sagen kann, dass in unserem Kreis mindestens seit Mitte März 2020 365Tage im Jahr 24 Stunden Erreichbarkeit gewährleistet sind und selbst sonn- und feiertags mindestens 2-3 Ärzt*innen ebenso viele Gesundheitsaufseher*innen sowie in Hochzeiten der Pandemie bis zu 30 Personen in der Kontaktermittlung, Krisenstabbesetzung etc. von 09:00 bis 17:00/18:00 Uhr vor Ort arbeiten (anschließend Rufdienst für eine Ärztin bis 08:00 Uhr des nächsten Tages).

Wochentags ist Anwesenheit gewährleistet von 08:00 – 18:00/19:00 Uhr, Erreichbarkeit besteht rund um die Uhr und wochentags sind neben den Ärzt*innen und Gesundheitsaufsehr*innen (insgesamt täglich ca. 30 Personen) ca. 40-50 weitere Personen unterstützend tätig. Die Testungen sind zusätzlich durch Hilfsorganisationen sichergestellt. Ich persönlich habe seit Pandemiebeginn rund 400 Überstunden allein durch die zusätzliche Corona-Arbeit angehäuft und ich weiß von Kolleg*innen, die inzwischen sicherlich sogar das Doppelte, wenn nicht mehr an Überstunden angesammelt haben dürften. Die Wertschätzung unserer Arbeit ist allerdings durchgängig zu kurz gekommen.

Es wurde zwar immer wieder erwähnt, dass unsere Arbeit sehr wichtig sei und die Gesundheitsämter personell unterbesetzt seien; beides stimmt, aber dass unsere Arbeit non stop und ohne Pause seit nunmehr fast einem Jahr bedeutet, am und über das persönliche Limit hinaus zu arbeiten, dass das – wenn auch auf eine andere Art – so doch vergleichbar ist mit der Arbeit der Pflegekräfte und Ärzt*innen in den Krankenhäusern, wurde m. E. nie entsprechend gewürdigt (von der Bezahlung mal ganz zu schweigen!). In den ersten Monaten haben wir bis abends 22:00/23:00 Uhr mit den Bürger*innen telefoniert, um die Kontaktpersonen zu ermitteln und die Quarantänen zu verhängen.

Inzwischen wurden einige Abläufe etwas besser organisiert und die Arbeit konnte vor allem durch angelerntes Personal auf bedeuten mehr Schultern verteilt werden, so dass in aller Regel bis abends alles Wesentliche erledigt wurde (fertig wird man allerdings nie), aber wir alle schieben Dienste ohne Ende und ich persönlich bin in der Zeit von Mai bis Oktober dieses Jahres völlig am Ende gewesen, meine Kräfte waren aufgebraucht, man hatte kaum noch Zeit, sich zu erholen und ich habe viele Kolleginnen erlebt, denen es ähnlich erging wie mir. Darunter gibt es auch viele, vor allem Frauen, die Kinder haben (Stichtwort: KiTa-Schließungen, Distanzunterricht!), teilweise auch alleinerziehend sind und die bei einer vertraglichen Arbeitszeit von 20 bis 30 Wochenstunden über Wochen 40-50 Stunden gearbeitet haben und dass auch immer wieder samstags und sonntags. Ich bitte also dringend darum, bevor so eine verallgemeinernde Aussage zum Engagement der Mitarbeiter*innen von Gesundheitsämtern getroffen wird, genauer zu recherchieren! – Karin Klauke 

 

Mir ist aktuell leider recht oft danach, nicht nur einzelne Artikel Ihrer an sich recht lobenswerten Zeitung zu kritisieren, sondern in letzter Zeit auch Ihre gesamte Art, mit der Corona-Pandemie umzugehen. Die einzige positive Ausnahme war bisher die Ausgabe Nr. 4 in 2021, in der zum ersten Mal seit Monaten so etwas wie eine breiter angelegte, kritische, nach Fakten und nicht nach Stimmungen oder Unterhaltung suchende Recherche zu beobachten war. Ein weiteres Beispiel dieser immer billiger werdenden Recherche findet sich aktuell bereits auf Seite 3 unter dem Titel „Im Herzen Leid“ von Frau Tina Hildebrandt. Was bitte möchte uns Frau Hildebrandt sagen? Hat sie mehr zu bieten als das Spiel mit irgendwelchen altbekannten Ressentiments Frau Merkel gegenüber? Ich bin es langsam leid mitanzusehen, welchen schlechten Ruf „Zahlen“ in Deutschland haben.

Nur weil jemand mit Zahlen und Formeln umgehen kann, heißt das keineswegs, dass er keine Gefühle hätte, und oh Wunder, auch Frau Merkel hat welche! Und nur weil jemand mit Formeln umgehen kann, heißt das nicht, dass er blind wäre für Einzelschicksale – und oh Wunder, auch Frau Merkel ist das offanbar nicht. Und nur weil ein Politiker oder eine Politikerin eine Nähe zur Wissenschaft hat, heißt das nicht, dass er oder sie ein schlechter Politiker wäre – und oh Wunder, auch Frau Merkel ist kein schlechter Politiker, sondern einer der besten, die wir hier in Deutschland in den letzten Jahrzehnten hatten. (Das sage ich, obwohl ich, zumindest bisher, noch nie auf die Idee gekommen bin, die CSU oder die CDU zu wählen.) Zahlen und Formeln sind zwar abstrakt, was aber nicht heißt, dass sie inhaltsleer wären. Nein, sie stiften tatsächlich Zusammenhang und Vernunft – nur dass beides selten besonders bequem ist. Es ist kein Wunder, sollte die Kanzlerin, wie von Frau Hildebbrandt angedeutet, allmählich an der Zukunftsfähigkeit Deutschlands verzweifeln.

Eine Gesellschaft, in der sogar in DER ZEIT auf Seite 3 so unverhohlen Mathematik- und Wissenschaftsfeindlichkeit anzutreffen ist, kann in der näheren Zukunft nur verlieren – von der ebenfalls im Text angesprochenen, typisch deutschen Provinzialität ganz zu schweigen. (Welche Überheblichkeit ist es im Übrigen, im Ausland v.a. den Ort meines nächsten Urlaubs zu sehen und nicht gesellschaftliche, politische, wirtschaftliche … Alternativen, Chancen oder Konkurrenz.) Diese Tendenz zur übersättigten Nabelschau ist dann natürlich leider auch in DER ZEIT anzutreffen, wo man als Leser monatelang warten musste, bis man tröpfchenweise Informationen aus dem Ausland bekam. Ich sehe jetzt davon ab, die anderen haltlosen und wirren Kritikpunkte, die Frau Hildebrandt an Frau Merkel findet, zu kommentieren; es wäre Zeitverschwendung. – Angela Gatzoflias 

 

Als Leiter eines der im Artikel genannten Gesundheitsämter bin ich es auch leid: dass pauschal über uns gesprochen und geschrieben wird, sei es von Politikern, Journalisten oder Bürgern. Nein, wir arbeiten nicht nur bis Freitagmittag, sondern seit Pandemiebeginn jeden Tag, ob am Wochenende, Ostern, Pfingsten, Weihnachten etc. Papier und Bleistift spielen bei uns übrigens bei der Aufgabenerfüllung auch keine Rolle. Außerdem möchte ich ergänzend mitteilen, dass wir zwar immer noch ein Faxgerät haben, dieses aber schon seit Langem kaum mehr zum Einsatz kommt… In diesem Sinne wünsche ich mir eine differenziertere Berichterstattung. – Dr. Roland Brey 

 

Frau Hildenbrandt erklärt, dass Angela Merkel lieber pessimistische Prognosen verkünde, damit sie von der Wirklichkeit positiv überrascht würde und der Krise nicht gesenkten Hauptes hinterherlaufen müsse; dies unterschiede die Kanzlerin von einigen Landesfürsten. Sie täte das gebrochenen Herzens, weil sie wisse, wieviel Leid mit der Umsetzung in der Praxis des Alltags verbunden sei. Die Kanzlerin habe aber immer noch Schwierigkeiten, dem Volk Botschaften ihres Herzens authentisch überzeugend zu vermitteln. – Martin Bode 

 

Sind das die ersten Absetzbewegungen von einer Kanzlerin, die auch von der ZEIT über Jahre mit Lob und Anerkennung überschüttet wurde und die jetzt im Kampf gegen die Pandemie zum ersten Mal erleben muss, dass sie mit ihrer Methode scheitert, weil das Virus sich weder mit Millionen besänftigen lässt, noch auf später vertrösten, noch einlullen, noch mit Phrasen zum Schweigen gebracht werden kann? (Wir sind noch aus keiner großen Krise besser herausgekommen als die Maus aus der Falle.) Unsere Kanzlerin hat sich nie zu einem Fehler bekannt. Sie kann bei aller zur Schau gestellten Bescheidenheit erbarmungslos selbstgerecht sein, weil sie immer auf den Erhalt ihrer persönlichen Macht aus war. Wir haben es jetzt nicht mit „eine(r) anderen Kanzlerin“ zu tun, wie Sie meinen, sondern mit einem anderen Problem und einer Regierungschefin ohne Machtperspektive. Ohne Aussicht auf Machterhalt und ohne Rücksicht auf die Wünsche und Bedürfnisse der Wähler nehmen zu müssen, kann sie heute – im Gegensatz zu den Länderfürsten – strenger fordern, was langfristig geboten ist. Und Freund und Feind im Regen stehen lassen. – Johannes Ketltack 

 

Vielen Dank für Ihren Artikel. Ein paar Gedanken möchte ich noch ergänzen, weil aus meiner Sicht das Bild der Kanzlerin noch nicht stimmig ist. Anknüpfungspunkt für eine Erklärung der heutigen Verhaltensweisen der Kanzlerin sind m.E. zum einen ihr Bild von sich als Wissenschaftlerin. Zum anderen der Ermüdungszustand, den alle bisherigen, langjährigen Kanzler der CDU, vor allem gegenüber ihrer eigenen Partei erlebt haben. Die Wissenschaftlerin begann den Wahlkampf 2005 u.a. auch mit der Revitalisierung der Kernenergie. Ein schon zum damaligen Zeitpunkt, zumal nach der Einigung von Rot- Grün mit der Kernindustrie, Akt, der weder wissenschaftlich noch umweltpolitisch stimmig war.

Dies war ihr wohl auch selbst bewusst, anders lässt sich die 180 Grad Wende nach Fukushima und dem Tsunami nicht erklären, denn dieses Naturereignis konnte diesen – im Ergebnis richtigen- Kurswechsel nicht rechtfertigen. Viele Jahre spät können wir nun sehen, dass sie für die Energiewende weder einen Plan hatte noch dies bei ihr eine Emotion auslöste. Im Bewusstsein ihrer Unzulänglichkeiten mit der Energiewende wird ihr Verhalten in der Corona – Krise nachvollziehbar. Denn jetzt schlägt eigentlich ihre Stunde, Wissenschaft anschaulich machen, kühl argumentieren, Emotionen ausschalten. Aber was passiert: Nach einem guten Frühjahr beginnt das Versagen im Sommer 2020 und setzt sich bis heute fort (Impfen, Altersheime, Pflegeheime).

Der Wissenschaftlerin Dr. Merkel entgleitet alles (Rang 54 weltweit in der Bekämpfung). Der letzte Akt des Dramas, sie will nicht nur nichts mehr werden, sie kann es auch nicht mehr, Bevölkerung und Partei wenden sich von ihr ab. Aber traditionell ist auch ihr Verhältnis zur CDU am Ende erschüttert. Nur knapp entgeht sie ihrem Unheil in Form von Dr. Merz, für AKK bleibt fast nichts mehr übrig außer ganz leeren Worten. Conclusio : Zum Ende ihrer Amtszeit versagt die Wissenschaftlerin, kann ihr Fukushima- Trauma nicht aufarbeiten und vollzieht den Bruch – wenn auch nur innerlich- mit einer CDU die ihr nicht zugewandt war, sondern wie immer nur einen Wahlsieger brauchte hinter dem sich die Partei versammeln kann. – Jürgen Sievert 

 

Mit Erstaunen habe ich in Ihrem Artikel erfahren, dass ich offensichtlich eine zweiwöchige Klausurtagung der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten nicht mitbekommen habe. Ich war bisher der Meinung, die Treffen fänden nur vierzehntäglich statt. Darüber gestolpert bin ich auch nur, weil ich selbst Probleme habe, die zwei Begriffe auseinanderzuhalten. Von der ZEIT erwarte ich jedoch, dass sie nicht nur inhaltlich, sondern auch grammatikalisch korrekt arbeitet. Vielleicht lohn sich die Anschaffung einer Duden-Ausgabe für die Redaktion😉 – Ulrike Rix 

 

Ein wichtiger Punkt zum Impfnotstand in Europa/Deutschland scheint mir zu fehlen. Frau Merkel leidet noch heute an dem Kardinalfehler nach ihrer Flüchtlingshilfe 2015, der unterbliebenen Kooperation mit den EU-Partnerstaaten. Das wollte sie jetzt wiedergutmachen: die Beschaffungskompetenz für Impfstoffe bei der EU-Kommission, wo zudem die zuverlässige Partnerin, Frau von der Leyen – das Sagen haben sollte. Die EU hat nun leider versagt – zu spät bestellt-zu knauserig-zu bürokratisch. (Merkel: uns ist das Ding entglitten) Fazit: einen Fehler kann man nicht durch einen zweiten ausbügeln. Arme Kanzlerin! – Hans-Jürgen Pickert 

 

Ich denke, dass derzeit niemand in Deutschland nachempfinden kann, wie sich Frau Merkel, unsere Bundeskanzlerin, wohl im Moment fühlen muss. Sie ist wie ein Marathonläufer, der nur noch einige Kilometer bis zum Ziel hat. Wie er weiß auch Frau Merkel, dass es fast geschafft ist, dass ihre letzte Amtszeit fast vorüber ist. Aber wie der Läufer auch, muss sie die letzten Meter noch mit letzter Kraft überwinden, um ins Ziel zu kommen. Wir kennen alle dieses Gefühl, diese nahende Ohnmacht und diese Gewissheit: Ja, ich steh kurz vor dem Ende, habe jedoch eigentlich keine Energie mehr. Akku leer, Füllstand des Tanks kurz vor Null. Und gerade in dieser Zeit ist es am allerschwierigsten, die Emotionen unter Kontrolle zu halten.

Noch dazu in Zeiten einer Pandemie und wir dürfen ja auch eines nicht vergessen. Unsere Bundeskanzlerin muss sich nach wie vor in einem Becken voller männlicher Haifische behaupten und das auch noch so kurz vor der Bundestagswahl. Vielleicht sollten wir alle jeder und jede für sich in uns rein hören und eingestehen, dass wir mit dieser taffen Frau alle gemeinsam nicht tauschen wollten. Sie muss Entscheidungen treffen, für die sie vielleicht auch noch Jahrzehnte später gemessen werden wird. Daher wünsche ich persönlich Frau Merkel für ihre letzten Meter alle Kraft die sie benötigt. Sie hat Deutschland 16 tolle Jahre regiert und ich bin sicher, keiner der Herren um Söder, Merz, Laschet und Co. hätte es besser getan. – Yves Pulst 

 

Unser föderales System hat bei Länderzuständigkeiten den Vorteil, dass mehrere MPs diskutieren und einsame Entscheidungen (wie in der Flüchtlingskrise) vermieden werden. Durch die Globalisierung und bei offenen Grenzen wird auch der härteste Lockdown das Virus nicht vollständig auslöschen – was einige Wissenschaftler betonen und Aufflackerungen in China bestätigen. Da ein Lockdown die Jugend jedoch besonders benachteiligt und kaum gefährdet (die Toten sind fast ausschließlich über 60 Jahre alt) könnten die von der Kanzlerin favorisierten Maßnahmen (diesmal nicht alternativlos!) auch bei uns zu Unruhen führen (wie in Holland, Libanon etc) – Egon Kutz 

 

Deutschland mit ihrer Regierung, hat, allen voran Frau Merkel, die Welt nie richtig erklärt. Der Bürger, seit den 70er Jahren, hat leider keine Bildung genossen – weil die Kulturminister auf „Selbstfindung“ setzten. Ich habe selbst 3 Söhne, die ich von den Öffentlichen Lehranstalten in Privatschulen geschickt habe. Aber wer kann sich das schon leisten. Die Verblödung, wie die Soziologin Brigitte Witzer in ihrem Buch „Die Diktatur der Dummen“ schreibt, zeigt das Seite für Seite auf. Die Medien schreiben ständig, wie gut unser Land trotz der Pandemie damit fertig wird. Das wird sich zeigen. Zurzeit habe ich eher den Eindruck, dass sich das Virus eher verbreitet. Ihre Autorin Tina Hildebrandt schreibt u. a., „Die unterschätzte Macht des Souveräns erleben gerade alle gemeinsam: Es ist die Macht, sich nicht an Gesetze zu halten“. – Gunter Knauer 

 

Sie schreiben „Die Pandemie bringt die Schwächen der Republik ans Licht, und auch eine andere Kanzlerin.“ Mit mindestens ebenso großer Berechtigung hätten Sie schreiben können „Die Pandemie bringt eine Schwäche der Kanzlerin ans Licht.“ Und selbstkritisch hinzufügen müssen „Und wer hat dies Versagen – offenbar allzu wohlwollend – kommentiert?“ Musste man nicht hellhörig werden (um das Mindeste zu sagen), als die Kanzlerin noch 2013 behauptete, das Internet sei „für uns alle Neuland„? Musste man nicht hinterfragen, warum das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur sich seit 2013 mit fast nichts anderem beschäftigte als mit der unseligen PKW-Maut?

Warum die Politologin Bär zur Staatsministerin für Digitalisierung und die Hotelfachfrau Karliczek zur Ministerin für Forschung und Bildung ernannt wurden, der Mediziner Braun zum „Chefdigitalisierer“ der Bundesregierung bestellt wurde? Musste man nicht längst erkennen, dass der sogenannte Digitalrat wenig voranbrachte und die Digitalgipfel reine Show- und Alibiveranstaltungen waren? In den überaus positiven Bilanzen der Ära Merkel, die überwiegend unter dem Tenor „Wir werden sie noch vermissen“ stehen, fehlt durchweg der Hinweis auf die gravierenden Versäumnisse in puncto Digitalisierung. Erst die Corona-Pandemie hat vielen schlagartig die Augen geöffnet, in welch traurigem Zustand die Kanzlerin unser Land in dieser Hinsicht hinterlassen wird. – Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Heilmann 

 


 

 

Leserbriefe zu „Die letzte Wiese” von Wolfgang Bauer 

 

Vielen Dank für dieses eindrückliche Dossier. Das große Dilemma des Flächenfraßes wird am Beispiel der kleinen Wiese anschaulich geschildert. Nachvollziehbar wird geschildert, dass die Zerstörung von wertvollen Lebensräumen, eine der Hauptursachen des Artensterbens, nicht der zentralen Steuerung einer „bösen Macht“ unterliegt, sondern dezentral von nachvollziehbaren Wünschen einzelner Menschen angetrieben wird. Die hilflose Politik flüchtete sich bislang in eine vermeintlich alternativlose laissez-faire Politik. Doch das Offensichtliche wird immer offensichtlicher. Fläche ist begrenzt. In einzelnen Köpfen schwant zudem die Ahnung, dass im Artensterben trotz „harter Konkurrenz“ durch die Erderwärmung und die Corona-Krise die größte Herausforderung der Gegenwart liegt. Die Arten sterben nicht mit einem großen Paukenschlag.

Es gibt keine letzte Warnung. Arten sterben leise. Eine kleine Population hier, eine kleine Population da. Irgendwann ist die Fähigkeit zur Regeneration erschöpft. Irgendwann stirbt die letzte kleine Population. Irgendwann merkt man, dass man dies oder das schon lange nicht mehr gesehen hat. Irgendwann weiß man nicht mehr, dass es dies oder das mal gab. Doch irgendwann verliert das Gesamtsystem – man könnte auch sagen unsere Lebensgrundlage – seine Stabilität. Der Krimi von Gönningen scheint noch nicht entschieden. Die Hoffnung ist noch erlaubt, dass sich eine Lösung durchsetzt, die bereits versiegelte Flächen nutzt, obwohl mehr Geld, mehr Grips und mehr Arbeit dafür benötigt werden. Es wäre schön zu erfahren, wie das Ganze ausgeht. Ich wünsche der letzten Wiese alles Gute. – Dr. Christian Voll 

 

Die Schilderungen dieses typischen Beispiels zeigt dem Leser, dass die festgefahrenen Strukturen weder Beiträge zur Lösung der Wohn- noch der Umweltprobleme liefern. Warum also nicht mal ganz andere Denkansätze: Siedlungen mit Häusern für 1-3… Familien auf riesigen Grundstücken. Jedoch keine Rasen ( Rasenmäher verboten), mindesten 2 Laubbäume, sparsame Versiegelung durch Erschließung mit autoreifenbreiten (Beton?)-platten, keine Schottersteinwüsten, Kompostierung der Biomasse, intelligenten Zugang für Wildtiere usw.  Das ergäbe eine traumhafte Lebendigkeit, weniger fürchterliche Monokulturen usw. Allerdings geht das nicht, wenn Land unter marktwirschaftlichen Bedingungen gehandelt wird. Die Menge an Land ist konstant. Angebot und Nachfrage können sich nicht austarieren, also funktioniert die Marktwirtschaft derzeit nicht.  Es ist zu befürchten, dass sich hier nichts ändern läßt. Bleibt es bei einer Utopie, oder ist es schon ein Sakrileg, dem Bürger den Verzicht auf seinen Rasen zuzumuten? – Siegfried Veile 

 

Es entstehen in Deutschland entschieden zu viele Neubaugebiete im Doppelhauskasernenstil. Viel verbaute nichtssagende Architektur für die fast immer Natur weichen muss. Viel zu selten wird alte Architektur saniert und neu genutzt oder alte Brachflächen in der Stadt neu bebaut. Dabei gibt es hierfür genug gute Beispiele bei uns in NRW in Essen, Bochum und Dortmund. Es tut nicht not die wenigen Grünflächen außerhalb der Städte und Gemeinden dem schnellen Immobilienprofit zu opfern. – Stefan Burda 

 

Vielen Dank für die spannende Geschichte. Die ganze Zeit habe ich beim Lesen gehofft, dass die Wiese überlebt! Als künstlerisch arbeitende Fotografin, dokumentiere ich schon lange die Verschandelung der Landschaft, viele Wiesen aus meiner Kindheit sind heute bebaut. Es erfüllt mich mit Wut und Traurigkeit, wie sorglos mit Land und Natur in Deutschland umgegangen wird und auch ich fordere einen sofortigen Baustopp! Dieser Irrsinn aus immer neuen Straßen, Autobahnen, Gewerbegebieten, Einfamilienhäusern- jeder sieht, dass es so nicht weitergehen kann. Und den jungen Leuten sage ich: Ein Haus mit Garten (Beziehungskrise, Schuldenberg, immer neue Kosten), ist nicht so wichtig wie eine intakte Natur um uns herum. Ich wohne in einer 84 qm Wohnung zu viert, die Natur und der Wald ist mein Garten, wenig putzen, und für das Anhäufen von unnötigem Zeug ist einfach kein Platz, herrlich! – Claudia Mucha 

 

Auf Wunsch unseres Ortsbeirats haben zwei Grundstückseigner und ich den hinteren Teil unserer Grundstücke zur Bebauung angeboten, um die weitere Zersiedlung unseres Dorfes zu verhindern. Nach Vermessung erfolgte der Eintrag im Amt für Bodenmanagement und kostete knapp 1000€! Einem jungen Ehepaar mit 5 Kindern, dass ich gut kannte, denn sie gehörten zu meinen Stammpatienten, gefiel mein Grundstücksteil, sie wollten es kaufen und dort bauen. Jetzt trat das Bauamt in Aktion! Nach einem mir bis dahin nicht bekannten Bebauungsplan hätte das künftige Haus nur dort errichtet werden dürfen, wo mein alter Kirschbaum steht und mein Biotop liegt (mit Erdkröten, Fröschen, Molchen, Libellen)! 20m weiter, mitten auf meiner Obstbaumwiese, wäre der ideale Platz gewesen, dank hoher Tannen nicht einmal von außen einsehbar; kein einziger Baum hätte gefällt werden müssen!

Nach einem Streitgespräch mit unserem Bürgermeister und unserem Bauamtsleiter vor Ort willigte ich wie die beiden anderen Eigner in eine Bebauungsplanänderung ein; Kosten gedrittelt 1500€ für jeden (übrigens bis heute noch nicht fertiggestellt)! Von all dem frustriert und ohne das erwartete Baukindergeld trat das Ehepaar mit großem Bedauern vom Kauf zurück! Vor einem halben Jahr ist meine jüngste schwangere Tochter mit ihrem Mann in unser Haus eingezogen. Sie haben sich entschieden, das gesamte Grundstück zu behalten. So wurden 2.500€ in den Sand gesetzt, aber die Bürokratie dafür ordentlich geschmiert! Seit nunmehr einem Jahr ist auch die Hausarztpraxis im Ort verwaist, nachdem ich 9 Jahre nach Renteneintrittsalter nachfolgerlos mein Stethoskop an den Infusionsständer gehängt habe! Es gibt hier noch eine Kirche mit wechselnden Pfarrern, einen Kindergarten und eine Grundschule bis zur vierten Klasse; die aber steht auf der Kippe wegen mangelhafter Nachwuchsarbeit!

Einige Häuser im Ortskern stehen inzwischen schon eine Zeitlang leer. Warum nur setzt die Großgemeinde, vielleicht mit Unterstützung des Landes, nicht ein Zukunftszeichen und verfährt so wie beim Anlocken eines Hausarztes: Praxisräume anbieten, die der interessierte Arzt zunächst mietet; gefällt ihm Ort und Einkommen, kauft er Haus samt Praxis! Leerstehende Häuser könnte man ein bisschen aufhübschen, an interessierte Familien zunächst vermieten; gefallen ihnen Dorf und Nachbarn, können sie Haus und Grundstückkaufen! Wäre dann noch unweit eine S-Bahnstation zur nächsten Metropole, könnte man auf teure Speckgürtel und die damit verbundene Betonierung von Streuobstwiesen verzichten! Würde alten Dörfern gleichzeitig neues Leben einhauchen! Mehr Fantasie, weniger Bürokratie! – Dr. med. Ulrich Pietsch 

 

Vielen Dank für den tollen Artikel aus Gönningen! Viel zu selten wird über das Thema Flächenverbrauch berichtet, dabei ist er eines der größten Umweltprobleme in Deutschland. Stellvertretend steht Gönningen für tausende Kommunen in Deutschland, in denen Neubaugebiete am Rande der Orte ausgewiesen werden, während gleichzeitig zig Wohnungen in bestehenden Siedlungen nur noch von wenigen Menschen bewohnt werden. Nach dem Auszug der Kinder sind viele Eigenheime völlig überdimensioniert und werden teils jahrzehntelang weit unter der maximalen Kapazität bewohnt. „Heiraten, Eigenheim bauen und Kinder kriegen“ war vielleicht in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts noch ein sinnvolles Konzept, als allerorten zu wenig Wohnraum vorhanden war.

Heute gibt es – von den Großstädten mal abgesehen – auf dem Land eigentlich mehr als genug Wohnfläche. Um ein völliges Zersiedeln der Landschaft zu vermeiden, wäre es, wie in dem Artikel angesprochen, dringend nötig, auf Renovation, Umbau und Verdichtung bestehender Baugebiete zu setzen. Das gilt im Übrigen genauso für Gewerbegebiete. Niemand braucht noch mehr einfallslose, hässliche Gewerbegebiete vor den Toren der Orte, solange gleichzeitig alte Gewerbeflächen ungenutzt brach liegen. Bleiben Sie bitte an dem Thema dran! Ich bin auch gespannt, wie sich das in Gönningen entwickelt. – Johannes Beck 

 

Gönningen ist überall, so scheint sich die Situation in der Republik zu verdichten. Nicht drastischer als bei Corona, aber langfristig nicht weniger dramatisch, zeigen sich hier schonungslos die Schwächen unseres Föderalismus, gepaart mit den Machtinteressen der jeweils regierenden Provinzfürst*innen. Historisch familiär bedingt, pendle ich als gebürtiger Stuttgarter seit der Wendezeit mehr oder weniger stetig zwischen dem „zu“wuchernden Ballungsraum und dem langsamen Dahinschrumpfen eines ganzen Landstrichs in Sachsen-Anhalt. Dereinst versprach Kanzler Kohl blühende Landschaften. Außer einer schnell ausgebauten Straßeninfrastruktur blieb das meiste andere auf der Strecke. Viel Geld floss auch in das Aufhübschen der Innenstädte; leider blieben diese oftmals ohne Leben, weil die Discounter aus dem Westen auf der grünen Wiese schneller waren. Regularien: Fehlanzeige.

Richtig große Investitionen für eine flächendeckende Arbeitsplatzversorgung waren und sind nicht zu sehen. Von dereinst 30 Tsd. Arbeitsplätzen in Bitterfeld sind kaum 5 Tsd. geblieben. Befeuert wurde diese Entwicklung mit gekonntem Lobbyismus der Wirtschaft, die dorthin geht, wo es die meisten Geschenke gibt, wenn die Politik dies zulässt. Das Ergebnis sind das Aussterben ganzer Ortschaften und Wanderungsbewegungen, die dann anderenorts zu Gönninger Effekten führen. Und der Umweltaspekt von zusätzlich (sinnlos!) gefahrenen Pendlerkilometern ist hierbei gar nicht berücksichtigt. Solange es der Föderalismus möglich macht, dass sich reiche Regionen Wirtschaftskraft erkaufen, wird sich Gönningen überall (in West und Ost) fortsetzen, während Millionen qm erhaltenswürdiger Wohnraum in unserem Land verrotten. – Klaus W. Meilick 

 

Herzlichen Dank für den gut recherchierten Artikel. Eine Wohltat. Wir * kämpfen hier im Raum Bodensees-Oberschwaben gerade gegen die Regionalplanung für die Landkreise Friedrichshafen, Ravensburg und Sigmaringen. Ein Regionalplan, der weder die Vorgaben des Flächenverbrauchs, der Verkehrswende, des 1,5 Grad-Ziel auch nur ansatzweise erfüllt und mit Mehrheit der CDU, Freien Wähler und SPD durch den RVBO ging. Wir bündeln hier gerade die einzelnen Akteure, versuchen uns gegen diesen Plan zu organisieren und die Öffentlichkeit über diese Ungeheuerlichkeiten zu informieren. Die Verfahren sind kompliziert und die Menschen oft überfordert (und auch wenig interessiert) sich mit der Materie auseinander zu setzen. Durch die Baumbesetzung von Aktivisten mitten in der Stadt Ravensburg (SEK hat das Baumhaus geräumt, ein zweites wurde sofort an anderer Stelle wieder gebaut) hat unser Anliegen nun endlich auch etwas Gehör in der Öffentlichkeit gefunden.

Die jungen Menschen haben daran einen großen Anteil. Sie setzten sich mit großem Engagement für ihre Zukunft ein. Leider sind die Entscheidungsträger – und das finde ich wirklich ein Skandal – fast alle über 60 Jahre, Männeranteil 100 % (einzige Ausnahme sind B90/Die Grünen- die im Übrigen als einzige Partei den Regionalplan ablehnen und dagegen stimmen). Ebenfalls bemerkenswert, dass die Jungen Menschen oft besser informiert sind als die Entscheidungsträger, vor allem was das Zahlenwerk (Einwohnerzuwachs und Flächenbedarfe) und die Auswirkungen der Klimakrise betrifft. Drücken Sie uns die Daumen, dass wir durch unseren Protest diesen Plan verhindern können. Sollten Sie Interesse an dem Thema haben – wir würden uns sehr freuen und stehen gerne für Fragen zur Verfügung. Hier im Süden regt sich Widerstand.

Der neue Regionalplan Bodensee-Oberschwaben wurde auf maximales Wachstum entworfen, zahlreiche Initiativen, Vereine und BürgerInnen wehren sich mit Händen und Füßen, einzelne Aktionen haben es ins Fernsehen und die lokale Presse geschafft, vielleicht habt ihr ja auch Interesse über das Ohnmachtsgefühl der BürgerInnen zu berichten. Alle politischen Akteure wollen den Klimaschutz und das Einsetzen für die Natur und machen genau das Gegenteil, wider besseres Wissen und wissenschaftlicher Grundlagen. Der Leiter der Regionalplanung, Herr Franke, vertritt die Meinung, dass Klimaschutz in der Regionalplanung keine Rolle spielt, solange die Landesregierung bzw. Bundesregierung das nicht in ein Gesetz gegossen hat: 1,5 Grad Ziel und Reduktion des Flächenverbrauchs auf 3 Ha/Tag bis 2030 (in Ba-) und 0 Ha bis 2050 seien nur politische Willenserklärungen – daher nicht relevant. Skandal.

Die politischen Entscheidungsträger (Kreisräte über 60 Jahre – der letzte Wille?-, Frauenanteil 0 (Ausnahme B90/die Grünen) ) ficht das alles nicht an. Der unbedingte Wille zum Wachstum der CDU, Freien Wähler und leider auch der SPD wird für die junge Generation und Menschen, die eine lebenswerte Zukunft auch in 30 – 50 – 100 Jahren noch haben möchten, zum absoluten Problem. Die Regionalplanung gehört entmachtet, jede Region schaut auf maximales Wachstum um „Reichtum und Wohlstand“ zu sichern, obwohl es das nicht mehr geben wird, wenn Naturkatastrophen und die Klimakatastrophe über uns hereinbrechen. – Hermine Städele 

 

Frau Emmi Zeulner, die Obfrau des Bundestagsausschusses für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen, wird mit den Worten zitiert „Wir können nicht von heute auf morgen aufhören zu bauen“. Das Recht des Bürgers, so zu bauen wie er will, dürfe nicht einschränkt werden. Natürlich darf dann auch das Recht des Bürgers auf uneingeschränkte, individuelle Mobilität nicht eingeschränkt werden. Die Bürger haben ja schließlich auch das Recht, im eigenen PKW (mit eigenem Recht auf viel Hubraum und PS) schnell und staufrei, über dem ständig wachsenden Verkehr entsprechend ausgebauten Straßen, vom ländlichen in den städtischen Raum zum Arbeiten oder Einkaufen zu fahren. Günstiger und ausreichender Parkplatz in den Citys ist natürlich auch das Recht des Bürgers. Wenn man bedenkt, dass Frau Zeulner erst Anfang 30 ist, kann einem bei so einer Haltung ein mulmiges Zukunftsgefühl beschleichen. Was ist eigentlich mit dem Recht der Bürger auf saubere Luft, intakte Natur, gesunde Nahrungsmittel, guten klimatischen Bedingungen? Da sind andere Ausschüsse für zuständig! Leider gibt es keinen Ausschuss dafür die Rechte der Bürger, „unter einen Hut zu bringen“! – Andreas Müller 

 

Wolfgang Bauer beschreibt die Situation in Gönningen, einem Dorf im Schwäbischen, wo die letzte Wiese (1,9 Hektar) überbaut werden soll, um die dortige Wohnungsnot zu beseitigen. Dies obwohl die ungenützten für Wohnraum nutzbaren Ressourcen im Dorf einer Fläche von 8,5 Hektaren entsprechen. Was ist der Grund für diese die Umwelt schädigende Situation? Die Geburtenrate in Deutschland sinkt und langfristig sollte daher der Flächenbedarf zurückgehen. Für die Situation gibt es (neben den von Bauer erwähnten) mehrere Gründe. Ein erster Grund wäre folgender: Die Zinsen gehen gegen Null. Besitzer von ungenutztem Wohnraum und von ungenutzten Flächen haben daher kein Interesse daran, ihren im Wert steigenden Besitz für Geld zu verkaufen, das keine Zinsen abwirft. Im Artikel wird eine Baulückenbörse erwähnt, die nicht ausreichend Erfolg hatte.

Vielleicht sollte man dieses Konzept fortsetzten durch Einführen einer Art Boden-Aktie. Man tauscht Boden ein gegen eine Art Aktie, deren Wert mit dem Wert entsprechender Immobilien steigt. Damit müsste es den Besitzern der Aktie möglich sein, bei Eigenbedarf wieder zu gleichwertigem Immobilien-Besitz zu kommen. Das Ganze müsste finanziert werden durch Abgaben auf die Wertsteigerung aller Immobilien. Das Prozedere müsste vom Staat kontrolliert werden. Eine schon heute bestehende Möglichkeit wäre allerdings auch die Vergabe von Baurecht. Ein zweiter Grund ist, dass der Umzug ins Altersheim für ältere Leute an Attraktivität verloren hat. Das gilt auch für Leute, deren Haus nach Auszug der Kinder nur noch zum Teil bewohnt ist. Neue Gründe für den genannten Verlust an Attraktivität sind die hohe Ansteckungsrate in Altersheimen und die durch Corona erzwungenen zeitweise Isolation.

Ein dritter Grund ist, dass Einfamilienhäuser gerade in Corona-Zeiten an Attraktivität gewonnen haben. Man kann ungestörter home-office machen, sich an frischer Luft im Garten betätigen und wenn man will, eigenes Gemüse, Beeren und sonstiges Obst züchten. Gerade für Familien mit Kindern ist ein solches Haus ein Segen. Es wäre hilfreich, wenn das Nutzen eines Gartens als zusätzlicher Wohnraum den Bedarf an Wohnraum im Haus verringern würde und wenn zudem der Garten naturnah gestaltet würde. Solche auf Deutschland bezogenen Überlegungen haben eine globale Parallele. Was hier eine letzte Wiese ist, das sind in anderen Ländern im Süden (insbesondere auch auf anderen Kontinenten) bisher verschonte Wälder, Strände und Feuchtgebiete. Hier spielt auch die Demographie eine Rolle. Um die dortige viel schwerwiegendere Bedrohung der Natur und des Klimas zu stoppen, wäre ein umfassendes erfolgversprechendes Weltbild nötig (in Bezug auf eine gemeinsame gute Zukunft). Die Existenz eines solchen wäre auch hilfreich fürs Entstehen einer umfassenden Solidarität, was helfen könnte zu verhindern, dass in Deutschland die letzten Wiesen überbaut werden. – Dr. tech. Gernot Gwehenberber

 

Wolfgang Bauer hat Recht mit seiner Behauptung, der Konflikt zwischen Wohnraum und landwirtschaftlicher Fläche spiele sich überall in Deutschland ab; sogar in den Neuen Bundesländern, als dort nach der Wende nicht mehr der Plattenbau das Maß aller Dinge war, sondern das Einfamilienhaus mit eigenem Garten und entsprechend höherem Flächenverbrauch oder Flächen-Fraß. Seitdem gibt es nicht nur einen zunehmenden Flächenverbrauch durch die wachsende Zahl der Single-Haushalte, sondern auch ein Streben nach mehr Wohnfläche pro Einwohner:  “ 1960 lebte ein Bundesbürger im Schnitt auf 19 Quadratmetern Wohnfläche, 1998 waren es 39 Quadratmeter, 2019 schon 47 Quadratmeter“, so Wolfgang Bauer wörtlich. DIE ZEIT brachte am 30.April 2014 in einer Gegenüberstellungsgrafik noch 45 Quadratmeter pro Person in Deutschland, aber schon 75 Quadratmeter in den USA und nur 6 Quadratmeter in Nigeria. Wer hält uns auf und definiert eine neue Normalität? – Dietrich Bauer 

 

Das Dossier illustriert auf profunde Weise eine geniale Erkenntnis von Wissenschaftlern der griechischen Antike. Zwar hat der naturwissenschaftliche Wissensfortschritt gezeigt, dass die vier Elemente Erde, Wasser, Luft und Feuer (modern: Energie) nicht das sind, was die Welt im Innersten zusammenhält. Neu interpretiert sind sie aber das, was zumindest menschliches Leben, wahrscheinlich auch Leben überhaupt, auf unserem Planeten erst ermöglicht. Die Konsequenz, die politökonomisch zu ziehen wäre: An keinem dieser Elemente darf individuelles Eigentum erworben werden; sie müssen zwingend Allgemeingut bleiben oder, im Kapitalismus wohl kaum möglich, dorthin überführt werden. Wenn sie erst mal alle total den kapitalistischen Marktgesetzen ausgesetzt werden, dürfte die Zerstörung der menschlichen Lebensgrundlagen unabwendbar sein. – Udo Kroschewski 

 

„Die Haltung der CSU-Abgeordneten Zeulner, den Flächenverbrauch „noch nicht jetzt“ zu beenden, verdeutlicht: Die Sicht auf den Boden als Lebensgrundlage – im Wortsinn die Grundlage unseres Lebens – ist immer noch von rein ökonomischen Interessen geprägt. Trotz existenzieller Erfahrungen in der Pandemiekrise, die eigentlich eine Krise des Kapitalismus ist, geht der „Flächenfraß“ munter weiter. Der Wert des Bodens bemisst sich an Grundsteuern, am Abbau von Bodenschätzen oder wie im Beispiel von Gönningen an den Preisen fürs Bauland. Die Einzigartigkeit dieser wertvollen Ressource, ihre Lebendigkeit und notwendige Funktion im globalen Ökosystem, blendet man einfach aus. Dies ist nicht nur unökologisch, sondern in letzter Konsequenz auch unsozial. Eine Dorfgemeinschaft muss doch wohl, wenn sie das will, eine Streuobstwiese erhalten können – auch ohne dafür einen Seeadler finden zu müssen.” – Dennis Gallinger 

 

Am Ende eines langen Prozesses zeichnet sich in Gröningen eine winwin-Lösung ab: Der Wohnungsbedarf kann durch Entwicklung vorhandener Baugrundstücke gedeckt werden. Damit kann der Ortskern wieder belebt und aufgewertet werden. Gröningen kann an Attraktivität gewinnen. Und die ökologisch wertvolle Streuobstwiese im Randbereich kann erhalten bleiben. Die Gröninger Lokalpolitiker haben nun die Chance im Nachgang zur erfolgten Bürgerbeteiligung ein Wohnungsproblem im Frieden mit allen Beteiligten zu lösen und zu einem Vorbild für ähnlich gelagerte Fälle im Bundesgebiet zu werden: Binnenentwicklung und Bauen im Bestand statt flächenverbrauchendes Wachstum. Nachhaltige und umfassende Problemlösung statt Teillösung zulasten anderer Ziele. Qualitatives Wachstum statt quantitatives Wachstum. „Der Tag wird kommen, an dem wir uns umstellen müssen.“ Der Tag ist da! Nicht nur in Gröningen. – Reinhard Koine 

 

Das angesprochene Thema beschäftigt mich privat schon viele Jahre und auch jetzt ganz aktuell. Ganz abgesehen vom Flächenfraß möchte ich dabei auf die Studie zum Klimawandel (z.B. Wuppertal FFF) hinweisen in der die Suffizienz im Gebäudebereich also der Wohnraumbedarf pro Person als eine der 3 Säulen beim Energieverbrauch im Gebäudesektor beschrieben wird. D.h. ein höherer Flächenbedarf pro Person bedeutet auch einen höheren Energieverbrauch bei sonst gleichen Randbedingungen. Es ist also eminent wichtig hier etwas zu tun.

Zu möglichen Maßnahmen verweise ich auf die Studie zur Wohnraummobilisierung des Öko-Instituts Freiburg https://www.oeko.de/forschung-beratung/projekte/pr-details/kommunen-innovativ-lebensraeume /  <https://www.oeko.de/forschung-beratung/projekte/pr-details/kommunen-innovativ-lebensraeume> Sowie das Projekt Metamorphouse der Schweizer Architektin Mariette Beyeler https://www.beyeler-jaunin.ch/ <https://www.beyeler-jaunin.ch/>Ich denke aber, dass es ohne ordnungspolitische Lenkung nicht gehen wird und habe dazu schon vor ein paar Jahren einen Vorschlag zur Umwandlung der Grundsteuer in eine energieverbrauchsabhängige Steuer gemacht. Leider waren auch die Grünen nicht interessiert, ich habe jedenfalls keine Reaktion auf meinen Vorschlag bekommen. – Judith Eiwan 

 

Der Hunger nach neuen Baugebieten ist ungebremst. Wir haben aber keinen neuen Planeten Erde im Kofferraum. Mit dem knappen Gut Boden könnte sofort sparsamer umgegangen werden. Anstatt der riesigen Parkplätze in Gewerbegebieten müssen mehrgeschossige Parkhäuser gebaut werden; Gewerbehallen dürfen nicht mehr nur ein Geschoss haben und das Baumaterial muss recyclingfähig sein. – Siegfried Kühle 

 


 

 

Leserbriefe zu „Das Beste kommt noch” von Rudi Novotny 

 

Dass die zweite Lebenshälfte des eigenen Lebens die Bessere sein wird, folgt nicht aus dem u-förmigen Zusammenhang zwischen Lebenszufriedenheit und Alter. Dazu müsste man eine Vielzahl an Leben durchlaufen, einige verheiratet, andere ledig, einige wohlhabend, andere weniger betucht, einige im außereuropäischen Raum lebend, andere in diversen europäischen Ländern ansässig, einige mit Hochschulbildung, andere ohne, einige mit Kindern, andere ohne Kinder …Im Durchschnitt verliefe dann die eigene Lebenszufriedenheit näherungsweise in U-Form. Und besser würde die zweite Lebenshälfte in Sachen Lebenszufriedenheit auch nicht allemal, manchmal bliebe sie hinter der ersten zurück, manchmal überträfe sie diese. Die U-Kurve der Zufriedenheit mittelt den Zufall aus unserem Leben, ausgerechnet die Größe, die unser Dasein und damit unsere Zufriedenheit – ob in jungen Jahren oder im Alter – maßgeblich bestimmt. – Marcus Andreasson 

 

So, so, das Beste kommt also erst im Alter! Bezeugt wird diese Theorie in bester großbürgerlicher Manier von Personen, die es im Leben zu beachtlichem Erfolg gebracht haben (vom Olympiasieger bis zur Nobelpreisträgerin) und nun sehr gut versorgt und abgesichert ihr Alter genießen können, was ihnen auch gegönnt sei. Aber eine allgemeine Theorie daraus zu basteln ist schon zynisch gegenüber denen, die mit Altersarmut, schlechten Wohnverhältnissen und Krankheit zu kämpfen haben. Dass auch die Zufriedenheit im Alter von der finanziellen Absicherung und sozialen Lage abhängig ist, hat sich aber wohl noch nicht bis in die Redaktionsräume der „Zeit“ herumgesprochen. – Ulrich Flesch 

 

Danke für diesen interessanten Artikel. Ich habe ihn mit großem Interesse und Vergnügen gelesen. Bitte gestatten Sie mir eine kleine Anmerkung: Ich habe noch eine weitere Theorie, warum Menschen in der Mitte ihres Lebens (von ca 45-55 Jahren) meist weniger glücklich sind als Jugendliche oder Menschen über 60: In der Mitte unseres Lebens sind wir mit vielen unterschiedlichen Rollen konfrontiert, die uns zwar häufig Freude, aber auch viele Belastungen bescheren: Rolle als Eltern mit Kindern im Teenager-Alter, berufliche Karrieren, Rolle als Kinder von pflegebedürftigen Eltern etc. Unsere Tage sind in der Mitte unseres Lebens hauptsächlich damit ausgefüllt, unserer beruflichen Arbeit nachzugehen und für andere Menschen da zu sein. Wir haben kaum Zeit für uns selbst!

Das gilt, glaube ich, besonders für Frauen. Hingegen haben Jugendliche und Menschen über 60 oder 65 durchaus meist Zeit, einfach „sie selbst“ zu sein, und das Schöne am „Senioren-Dasein“ (solange man geistig und körperlich fit ist), ist es, dass man erstens meist nur für sich selbst (und eventuell für den Partner/die Partnerin) da sein muss und darf, und außerdem muss man sich und der Welt beruflich nichts mehr bewiesen. Man ist frei. Es ist diese Freiheit, die, glaube ich, viele glücklich(er) macht als Menschen, die noch mitten im Stress des Lebens stehen. Ich bin selbst 52 Jahre alt, habe zwei Kinder im Alter von 19 und 21 und bin voll berufstätig. Es geht mir auch jetzt gut, doch ich spüre, dass es nun von Jahr zu Jahr besser wird, und ich freue mich auf die nächsten Jahrzehnte meines Lebens.😊 – Doris Kiendl 

 

Ich finde es logisch, dass das Leben im Alter besser empfunden wird. Man muss sich selbst und auch sonst niemandem mehr etwas beweisen. Vorausgesetzt, es ist genügend Geld vorhanden und man ist halbwegs gesund und bei Sinnen. Da sind die Beispiele im Bericht arg einseitig. Professoren, Spitzenforscher, Nobelpreisträger und wer sonst noch alles. Zwanghaftes Jungseinwollen schlägt allerdings oft auch ins Peinliche über. Als müsste man sich schämen, alt zu sein. Getreu dem Motto: Alt werden will jeder, alt sein niemand. – Angelika Adler 

 

Wann beginnt für Sie die zweite Hälfte des Lebens? In dem Artikel wird das nicht klar definiert. Mit 50, 55 – wie auf der Titelseite angedeutet – oder sogar erst mit 60 oder 65? Dann müssten die Menschen durchschnittlich 100 bzw. 110 bzw. 120 bzw. 130 Jahre alt werden. Das ist bislang nicht der Fall. Sollte man also nicht ehrlicher vom letzten Drittel oder vom letzten Viertel des Lebens sprechen bzw. Schreiben? – Ulrich Willmes 

 

Ich habe für das U eine ganz einfache Erklärung: Alter macht frei! Man ist keinen Gruppenzwängen mehr unterworfen, sondern kann tun und lassen, was einem gefällt. – Klaus Kornmann 

 

Einen von diesen „Alten im besten Lebensabschnitt“ drängt es doch zu diesem Kommentar. Doch warum schickt man einen 40-Jährigen zu dieser Recherche, der nur staunen kann und stellt ihm keinen von diesen „im besten Alter“ zur Seite? Schon Otto Reutter hat empfohlen „Nehm´se nen Alten“, der dieses Glück bereits selbst erfahren hat: nichts mehr erreichen, beweisen, gar erstreiten zu müssen; das Geschenk jedes neuen Tages als Bereicherung erfahren darf. – Dr. Ulrich Enzel 

 

Was für ein Artikel = Blauäugig oder doch auf grausame Weise spöttisch? Dass das Alter oft unsere Erwartungen übertrifft kann man wohl eher nicht verallgemeinern. Oder der Satz: „Das Glück im Alter ist nicht nur Schicksal, sondern auch Leistung.“ Was für eine Aussage = Ein Allgemeinplatz oder doch nicht ins Schwarze getroffen? Die Beispiele im Artikel über die zweite Hälfte des Lebens mit Schilderungen der Vita von herausragenden Menschen die es in ihrem Berufsleben und auch sonst zu etwas gebracht haben und über ein erfülltes und allseits Anerkanntes Leben (im und außerhalb des Berufes) zurückblicken können und zudem über ausreichende finanzielle Mittel verfügen lassen nicht auf die Mehrheit im Alter Schließen. Eine zitierte Studie über das Zufriedenheitsparadoxon und die U-Kurve besagen im Kern, dass sich trotz objektiv schlechterer Lebensumstände das Lebensgefühl subjektiv verbessert.

Das soll angeblich helfen das Alter neu zu verstehen. Ein Schelm, wer Schlechts dabei denkt! Man muss in diesem Zusammenhang die Berichte des Paritätischen Gesamtverbandes Deutschland zum Thema Altersarmut lesen um zu einer anderen Sicht der Verhältnisse im Alter zu kommen. Die Altersarmut in Deutschland beträgt 14,4 % der über 65-jährigen. Bei den Rentnern sogar 15,6 %. Die Armut von Rentnerinnen und Rentnern ist in den vergangenen Jahren so stark gestiegen wie bei keiner anderen Bevölkerungsgruppe. Armut ist ein Schicksal von dem Menschen im Rentenalter mittlerweile überdurchschnittlich und besonders hart betroffen sind. Der Mangel an Geld führt daher zu einem Mangel an sozialer Teilhabe (zusätzlich verschärft durch die Corona-Pandemie). Das Beste haben diese Menschen schon hinter sich. Ohne den politischen Willen hier für Abhilfe zu sorgen wird sich für die Betroffenen absehbar nichts ändern. Dieser Wille ist derzeit nicht erkennbar. – Felix Bicker 

 

Als DIE ZEIT im Postkasten lag, hatte ich gerade meinen Buchblock „Die Niederlage der Krone – Tagebuch 2020“ hochgeladen. Thema: Verwaltet ein Achtzigjähriger seine verbleibende Zeit vernünftig oder verwartet er sie nur. Ich bin kein Rekordhalter und auch kein Nobelpreisträger, eher gehören meine Frau und ich zum Prototyp Ehepaar Hajto. Ich bin über die von Ihnen berichteten Forschungsergebnisse nicht überrascht: Wir sind im vierten Viertel des Lebens sorgenfreier als je zuvor. Was die von Ihnen erwähnten Forscher durch Umfragen herausgefunden haben, habe ich in meinem Tagebuch des Pandemiejahres anekdotisch festgehalten. Auch in der Krise geht es uns besser als den Kindern und Enkeln. – Johannes Kettlack 

 

Niemals hätte ich mir zu Beginn meines Abonnements in den 90er Jahren träumen lassen, dass Sie mir persönlich eine Ausgabe widmen werden: ich bin gestern 55 Jahre alt geworden. Ein zu schöner Zufall und passt in die Rubrik: Was mein Leben reicher macht. Danke. – Sabine Dorry 

 

Ich hatte das Glück, mit 69 wieder in meinem alten Beruf anfangen zu können  Jetzt werde ich 71 und hänge noch einmal 1 Jahr mindestens an. Das Alter brachte mir Zufriedenheit, ich bin nicht mehr so schnell auf 180 und nehme vieles nicht mehr so ernst. Die paar altersgemäßen Einschränkungen akzeptiere ich und lebe danach. Etwas früher aus dem Haus, weil alles etwas langsamer geht, Hilfe holen, wenn nötig. In meinem Freundeskreis sind etliche „junge“ Alte. Neugierig bleiben und sich selber und anderen etwas Gutes tun. Ich denke, das hielt mich jung. Ich liebe mein Leben und ich liebe mein Alter- Hoffentlich noch lange. – Stephanie Büttgenbach 

 

Ich fand das Titelthema interessant und habe den Artikel gleich als erstes gelesen. Demzufolge verändert sich die Lebenszufriedenheit im Verlaufe eines Lebens typischerweise in Form einer „U-Kurve“. Dazu verweist der Autor auf entsprechende wissenschaftliche Studien. Das scheint gut recherchiert zu sein und wirkt auf mich sehr glaubhaft. Dagegen erschließt sich mir nicht, nach welchen Kriterien der Autor seine Beispiele ausgewählt hat. Es fällt auf, dass das, was nach wissenschaftlichem Kenntnisstand für alle Menschen (und eventuell sogar für die Menschenaffen) gilt, ausschließlich an Akademiker*innen veranschaulicht wird. Das ist mir zu einseitig, auch wenn ich (wie viele Zeit-Leser) zu diesem Milieu gehöre.

Doch vor allem weist nur ein Einzelschicksal ungefähr den Normalverlauf der „U-Kurve“ auf: die Biologin hatte in ihren mittleren Jahren trotz ihrer Erfolge eine Krise. Von den anderen 4 Menschen erfahren wir nur, dass sie in ihrem jeweiligen, zumeist höheren Alter sehr zufrieden sind, als wäre ein glücklicher Lebensabend ein sicherer Beleg für die U-Form der Lebenszufriedenheits-Kurve. Es wäre doch ebenso gut möglich, dass diese Menschen (im Gegensatz zur Mehrheit) Zeit ihres Lebens überwiegend positiv eingestellt waren. Aber für den Autor, der auf der Suche nach der „U-Kurve“ ist, sehen am Ende sogar die Würstchen so aus. – Stefan Karsten 

 

Habe Ihren Artikel als 82-jähriger leidlich zufriedener Mann mit großem Interesse gelesen und mich da wieder gefunden. Meine Frage an Sie und Ihren Informanten: Könnte es nicht sein, dass es auch ein umgedrehtes „U“ gibt, also: Menschen, die unglücklich in der Kindheit/Jugend waren, sich ungeliebt fühlten und miesepetrig waren, dann leidlich (aber nicht mehr) Erfolg im Berufsleben im  Erw-Alter hatten, fallen am Ende des Lebens wieder in alte Pessimismus/Miesepetrigkeit  und wehleidige Lebenserinnerungen zurück. Ein Tief in der Jugend, ein kurzes leidliches Hoch im Berufsleben, ein großes Tief als Lebensfazit im Alter? Ich habe viele solcher Menschen in meinem Verwandten- und Bekanntenkreis, leider! Das würde- gesamtgesellschaftlich und menschheitspsychologisch gesehen-.bedeuten, dass man im Alter wieder in die Verhaltensweise der Kindheit/Jugend positiv oder negativ zurückfällt. Können Sie bitte bei Ihrem Informanden nachforschen, ob es da Untersuchungen gibt. Es wäre lohnenswert, darüber weiter nachzudenken und zu schreiben. – Axel Denecke 

 


 

 

Leserbriefe zu „Abschied von der Arroganz” von Herfried Münkler 

 

Herr Prof. Herfried Münkler spricht wesentliche Aspekte der Pandemieabwehr an, die ich für bedeutend halte: Die Unvernunft einer Minderheit von Leichtsinnigen und Rücksichtslosen gefährdet die Gesundheit und das Leben einer einsichtigen und geduldigen Mehrheit. Die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen für den Einzelnen lassen ein großzügiges Gewähren und Ignorieren der Schutzmaßnahmen nicht mehr zu. Im Ausnahmefall einer derartigen Pandemie ist es vertretbar und notwendig, die staatlichen Durchgriffsrechte vorübergehend zu erweitern. Der Rechtsstaat sollte sich auf noch gefährlichere Pandemien soweit wie möglich mit organisatorischen Planungen vorbereiten. Dazu gehört zum Beispiel auch, im Notfall alleinstehende und hilfsbedürftige Menschen mit Lebensmitteln zu versorgen. Für diese Fälle müssen wir uns vorbereiten und dafür müssen personelle und materielle Strukturen eingerichtet werden. – Horst Haude 

 

Herfried Münkler plädiert dafür, bei der Bewältigung einer Pandemie nicht auf den autoritären Staat, sondern auf den mündigen Bürger zu setzen. Ich denke, bereits in dieser Pandemie haben wir Bürger uns als mündig erwiesen. Viele bemühten sich, die Bestimmungen konsequent und unter erheblichen Investitionen umzusetzen. Allerdings wurden all die Bemühungen von scheinbar allein auf Zahlen blickenden Politikern oftmals mit Füßen getreten. Theater, Museen und Konzertsäle, Restaurants und Hotels, der Einzelhandel musste mit Ausnahmen schliessen, obwohl die Hygiene-Auflagen umsichtig erfüllten wurden. Gleichzeitig zeigte die Politik in vielen Fällen wenig Konsequenz. Ich denke nur an die lasche Durchführung der dringend notwendigen Testung von Reiserückkehrern aus Risikogebieten und an die nicht verhängten Bussgelder, trotz offensichtlicher Verstöße.

Für alles gibt es Gründe – dennoch – was die Politiker von den Bürgern verlangen, sollte sie auch von sich selbst fordern. Und noch fataler – es entstand der Eindruck, dass wir mündige Bürger, wie Unmündige behandelt wurden – denen die Wahrheit nicht zugetraut wird, denen ein Zuckerl hingehalten werden muss, damit sie gehorchen. Dabei fragten sich Bürger oft, warum die Politiker Ihnen nicht die ganze Wahrheit sagen, warum sie nicht klar und entschieden handeln, warum sie noch immer den Eindruck vermitteln wollen, als hätten sie alles im Griff – und nicht einmal Fehler zugeben. So gut die erste Welle der Pandemie angepackt wurde, desto unüberzeugender scheint das Poltische Handeln jetzt – und desto schwerer fällt es, die unmündig machende Behandlung zu akzeptieren. – Susanne Albrecht 

 

Sie schreiben: Es gibt nur zwei Möglichkeiten im Umgang mit der Pandemie: Befähigung des Staates oder Befähigung der Gesellschaft. Ersteres sei die Methode von oben durch Infektionsschutz und Einschränkung der Grundrechte, zweiteres verspricht „mehr von der Substanz des Liberalen zu bewahren“. Klingt gut – aber was sind denn Ihre Vorschläge? Wie soll die Gesellschaft befähigt werden, wenn man womöglich monatelang auf einen Impftermin warten muss? Wie wollen Sie diejenigen überzeugen, die sich – Querdenker hin, AFD her – in ihre eigene Wirklichkeit zurückgezogen haben? Wenn man für Partizipation ist, muss an auch eine Möglichkeit dazu bieten, etwa in Gestalt von Mitwirkungsmöglichkeiten oder Mitsprache. Oder geht es Ihnen nur darum, Einsicht in das ohnehin von oben Beschlossene als Mitwirkung umzuetikettieren? – Dr. Dirk Kerber 

 

Vergleiche, ausschließlich mit China, blockieren das Lernen von anderen Ländern,  die bei der Pandemieverfolgung erfolgreich sind. Vor einigen Monaten habe ich bei Bundestagsabgeordneten meines Wahlkreises angeregt, dass Maßnahmen ergriffen werden, die mit denen in Südkorea, Taiwan, Singapur usw vergleichbar sind. Ronja Kemmer von der CDU hat mir geantwortet, wir seien doch nicht in China. Dabei hatte ich China gar nicht erwähnt! Die Dame scheint mir allerdings mit einer solchen Reaktion nicht alleine zu sein. – Siegfried Veile 

 

Von der Aussage ausgehend, dass China im Kampf gegen das Virus besser dastehe als der Westen, beschäftigt er sich damit, was der Westen tun könne, um im Systemvergleich trotzdem zu bestehen. In Zeile 30 schreibt er: Es ist an der Zeit, über Pandemievorkehrungen nach dem Ende von Corona nachzudenken. Mit dieser Aussage stimme ich vollkommen überein. Bei den nächsten beiden Sätzen schon nicht mehr: Um die ökonomischen Folgen von Pandemie und Pandemiebekämpfung beim nächsten Mal in Grenzen zu halten. Und um dem Leistungsvergleich mit autoritär-diktatorischen Regimen gewachsen zu sein. Ich würde denken und schreiben: Um die Verluste an Menschen, die seelischen Belastungen vieler anderer Menschen, die ökonomischen Folgen für alle Menschen und Wirtschaftssysteme beim nächsten Mal in Grenzen zu halten.

Mein zweiter Satz hieße dann: Und um unsere Welt zu erhalten und das Überleben der Menschheit zu sichern. Denn klar ist uns doch geworden, dass in einer globalisierten Welt jede neue Pandemie mehr Opfer jeder Art kosten kann, an Menschen, gesellschaftlichen und ökonomischen Ordnungen und Leistungsfähigkeiten, und dass, wie beim Klima, die Welt nicht unendlich viel Missbrauch aller ihrer Ressourcen braucht, Wir brauchen daher dringend die internationalen Organisationen, beginnend mit der WHO, um Regeln für den Umgang mit einer Pandemie weltweit festzulegen, damit wir uns von Beginn an schützen können. Wir brauchen Regeln im Umgang mit Tieren weltweit, mit Wildtieren in einem Teilen der Welt, mit Nutztieren in dem anderen. Wir können uns schon lange nicht mehr leisten, dass die Welt von Wildtieren angesteckt wird, weil diese zu nah an den Menschen sind.

Wir können uns den Plastemüll, die riesigen Feuer in Australien, Brasilien und anderswo schon lange nicht mehr leisten, denn neben ökonomischen Werten werden auch Millionen von Tieren vernichtet. So, wie in der jetzigen Pandemie weltweit bereits über 2,2 Millionen Menschen gestorben sind, um noch einmal daran zu erinnern. Münkler schreibt in der vierten Spalte am Ende des ersten Absatzes: Die Zeiten eines arroganten Überlegenheitsdünkels im Westen, der sich durch die Kombination von individueller Freiheit, politischer Partizipation und Rechtsstaatlichkeit allen anderen politischen Ordnungen für überlegen hielt, sind vorbei. Das ist, politisch betrachtet, die erste und wichtigste Lehre. Nein, das ist nicht die wichtigste Lehre. Ich denke, dass die Zeiten eines arroganten Überlegenheitsdünkels der Menschen gegenüber der Welt und Natur in allen gesellschaftlichen Ordnungen vorbei ist. Was wir, so verschieden die Systeme sind, zuallererst zu tun haben: Wir müssen unser Welt-Schutzsystem stärken! – Dr. Petra Hoffmann 

 

Herr Münkler stellt die Systemfrage. In der Vorstellung einer „Befähigung der Bürger“, welche ohne entsprechende gesetzliche Regulierung zu effektiven kollektiven Schutzmaßnahmen führt, klingt die humanistische Hoffnung auf eine vernunftsbasierte moralische Evolution einzelner Gesellschaften oder gar der ganzen Menschheit durch. In der Tat ist eine Wette auf diese Strategie höchst riskant. Aber bei riskanten Wetten ist der Gewinn im unwahrscheinlichen Falle eines Erfolgs bekanntermaßen hoch und dadurch sehr verlockend. Das weiß jeder spielsüchtige Mensch. In der Tat steht einiges auf dem Spiel. Die relativ harmlose Corona-Krise, die zumindest das Gedankenspiel eines best case zulässt, fördert dabei wenig wirklich Neues zu Tage.

Denn schon lange schwebt die bange Frage im Raum, ob und wie liberale Gesellschaften die erdsystemischen Krisen – also allen voran die Erderwärmung und das Artensterben – tatsächlich bewältigen können. Hier ist – im Gegensatz zur Corona-Krise – keine „einfache“ technische Lösung denkbar. Statt eines potentiell rettenden, nebenwirkungsarmen Impfstoffs können wir allenfalls die Atmosphäre umgestalten, in dem wir die Bläue des Himmels mit spiegelnden Schwebeteilchen verschleiern, um uns vor der zunehmenden Wärme zu schützen. Niemand weiß um die Nebenwirkungen dieser Maßnahme, über die unsere „aufgeklärte“ Gesellschaft sich nicht zu diskutieren getraut, die aber angesichts der rasanten Erderwärmung immer alternativloser erscheint.

Beim Artensterben, dessen Potential für die Destabilisierung unserer Lebenswelt noch nicht ansatzweise an die Oberfläche der öffentlichen Wahrnehmung gedrungen ist, kann die Phantasie nicht einmal derart verzweifelte Rettungsversuche ersinnen. Wem die letzten Zeilen zu apokalyptisch erscheinen, wer derartige Analysen „optimistisch“ zu verdrängen weiß, der verpasst die einzige Chance, die uns verbleibt. Wir müssen zu einem neuen Lebensstil finden und uns von liebgewonnenen aber desaströsen „Erfolgsrezepten“ verabschieden.

Wir müssen die Erschütterung unseres Vertrauens in die kosmische Geborgenheit zulassen und die resultierende Verunsicherung als Kraftquelle für die Umgestaltung unserer gesellschaftlichen Prozesse nutzen. Ob dies allein durch die „Befähigung der Bürger“ gelingt? Ein schöner Traum, der aller Wahrscheinlichkeit nach zu einem herben Erwachen führen wird. Doch vielleicht gelingt der parlamentarischen Demokratie ein Drahtseilakt, der sie vor autokratischen Regierungsformen bewahrt und die Gesellschaft unabhängig von einer illusorischen Läuterung aller relevanten Schichten auf einen hoffnungsvollen Pfad führt. Dafür brauchen wir mutige Politiker und mutige Bürger, die unbeeindruckt und unerschrocken Kurs halten. – Dr. Christian Voll 

 

Den Artikel habe ich mit großem Interesse gelesen und möchte seinen beiden Vorschlägen für die zukünftigen Maßnahmen in demokratischen Staaten mit dem Ziel auf künftige Pandemien besser vorbereitet und gerüstet zu sein, ausdrücklich zustimmen! Die letzten Monate haben gezeigt, dass eine – leider zu große – Minderheit der Unverbesserlichen, egoistischen Individualisten und Verschwörungstheoretiker ohne jegliche Rücksicht auf die gesamtgesellschaftlichen und gesamtwirtschaftlichen Folgen ihres Verhaltens sämtlichen Apellen von Seiten der Wissenschaftler und Politiker zuwider handelten und alle Bemühungen zur effektiven und möglichst schnellen Bekämpfung der Virusverbreitung zunichte machten bzw. erheblich in die Länge zogen.

Ich bin der Auffassung, dass dieses Verhalten, welches viele Menschen mit einer mal milde oftmals aber auch schwer verlaufenden Infektion und leider in viel zu vielen Fällen auch mit dem Tode bezahlen mussten in letzter Konsequenz auch als Körperverletzung zu werten ist. Und auch, dass so viele Menschen als Folge der langen Zeiten des Lock-downs in ihrer materiellen Existens bedroht sind, Kinder die Bildungsinstitutionen (KiTa und Schule) nicht besuchen konnten und weiterhin können, Familien bis zur völligen Erschöpfung und Zermürbung auf sich zurückgeworfen waren ubd weiterhin sind, geht zu einem großen Teil auf das Konto dieser verantwortungslosen Minderheit. Mich hat die Ohnmacht staatlicher Organe, die Corona-Schutz-Verordnungen konsequent durchzusetzen und Zuwiderhandlungen zu verfolgen mitunter fassungslos und auch wütend gemacht.

Ich habe mir zuletzt die Frage gestellt, wie oft Herr Wieler, die diversen Virolog*innen, die Politiker*innen aller Parteien (außer der AfD) denn noch appellieren wollen? Die Appelle sind von dieser zahlenmäßig zu großen Minderheit verächtlich gemacht und mit einer schier unglaublichen Chuzpe, Hybris, Rücksichtslosigkeit und egoistischem Hedonismus missachtet worden – Egoismus und Individualismus wurden gefeiert, das Allgemeinwohl mit Füßen getreten (ein leider seit vielen Jahren zunehmendes Phänomen in den von einem ungezügelten Liberalismus geprägten westeuropäischen Demokratien – gestützt und befördert nicht zuletzt durch eine entsprechende Rechtsprechung, siehe Aufhebung des Demonstrationsverbots für die Qerdenker-Demo in Leipzig durch das OVG Bautzen oder auch die Außerkraftsetzung der NRW-Corona-Einreiseverordnung durch das OVG Münster – Schläge in das Gesicht derer, die sich tagtäglich z. B. in den Gesundheitsämtern mit der Kontaktpersonennachverfolgung und der Verhängung von Quarantänen abmühen und derer, die in den Kliniken bis zur völligen Erschöpfung um das Leben der Corona-Patienten kämpfen).

Es ist also richtig, wenn Herr Münkler betont, dass Maßnahmen sowohl auf Seiten des Staates (Stärkung der Durchgriffsrechte des Staates ausdrücklich beschränkt auf Not- und Ausnahmefälle!) als auch auf Seiten der Gesellschaft ergriffen werden müssen. Es ist doch nicht mehr nachzuvollziehen, dass eine funktionierende Corona-Warn-App  – für eine derartig außerordentliche Notfall-Situation(und ausdrücklich nur dafür!) wie diese Pandemie sie darstellt – an hierfür völlig ungeeigneten und überzogenen Datenschutzrichtlinien scheitert, und die gleichen Personen, die einen Google-Account haben, bei Amazon einkaufen und sich bei Facebook, Twitter Instagram etc. tummeln, den Aufstand proben und sich gegen einen vermeintlichen „Überwachungsstaat“ wehren – ein Überwachungsstaat bundesrepublikanischer Prägung – lächerlich!!!

Genauso wenig ist nachvollziehbar, dass Verschwörungstheoretiker namhaften Wissenschaftlern, die sich um die Sache und unser Land verdient machen, misstrauen, dafür aber völlig irrationalen Behauptungen irgendwelcher dahergelaufener Verbreitern von fake-news kritiklos das Wort reden und deren schwachsinnige Meinungen und Äußerungen ungeprüft übernehmen und über die sozialen Medien verbreiten und so zu einer breiten Verunsicherung in der Bevölkerung beitragen!  Man steht fassungslos und leider auch völlig ohnmächtig und wehrlos vor so viel Dummheit. Ich habe mich schon des Öfteren gefragt, wann und wo endlich mal die Schutzinteressen der Mehrheit der bundesrepublikanischen Bevölkerung Gehör finden, durchgesetzt und verteidigt werden gegen die Angriffe dieser oben skizzierten Minderheit! Ich warte bis heute darauf – leider! – Karin Klauke 

 

Die aktuelle Ausgabe hat mir wieder gezeigt, dass Die Zeit in Krisenzeiten, sei es Pandemie, Innenpolitik, der Kampf der politischen Systeme oder die gesellschaftlichen Verwerfungen durch ihre Hintergrundinformationen besondere Stärke in der Berichterstattung zeigt. Abschied von der Arroganz fand ich sehr gut, noch besser wäre es gewesen, wenn Herr Münkler die Strategie zur Befähigung der Bürger konkretisiert hätte. Die derzeitige Politik ist so weit weg von Konzept und Strategie, dass die Regierung in ihrer erratischen Repression dies gut gebrauchen könnte.  Vorausgesetz sie ist noch lernfähig jenseits der Virologen-Modellierer. Die Justiz auf Linie unterstreicht, dass die Corona-Maßnahmen mit der Streubüchse ohne Schaden bis zur Rechtsbeugung reicht. Die Justiz ist immer langsam, aber wer macht ihrer Bräsigkeit Feuer unter dem Hintern macht? Bei dem Artikel über den Impfprozess im Wirtschaftsteil fällt einem nichts mehr ein. Aus der Verwandtschaft kann man das Chaos richtig fühlen. – Dr. Bruno Kesseler 

 

Man kann sich doch nicht über Einschränkungen aufregen und die totale Einschränkung zum Vorbild erheben! Es gibt keinen Wettbewerb der Systeme, weil es keinen geben kann. Wer ernsthaft China als Vorbild setzen will hat die Vorteile der Menschenrechte nicht erkannt. Deutschland kann eine Situation wie diese nicht besser meistern als eine Diktatur es kann. Wir müssen gewisse Nebenwirkungen des Rechtsstaates hinnehmen. Lernen sollten wir aus der Krise, dass man alle Grundrechte gleichermaßen betrachten muss. Nur weil die Datenschützer am lautesten poltern darf der Datenschutz, den die meisten Menschen gegen kleine Krumen an Facebook und Co. verkauft haben, keine heilige Kuh sein. – Rolf Grell 

 

So sehr ich sonst die Gedanken von H. Münkler schätze – hier springt er zu kurz bzw. denkt nicht konsequent weiter. Was könnte man von China lernen aus meiner Sicht? Konsequentes Vorgehen in der Logik der Politik. China hat die diktatorische, repressive Logik – und setzt sie konsequent um. Nur: die demokratischen Regierungen hätten ebenso eine wirksame Logik, die jedoch kaum oder falsch eingesetzt wird:   den DIALOG. Falscher Dialog:  Appelle, Predigen, verurteilen ex cathedra (aktuell Pflegepersonal). Was fehlt: flächendeckende Dialogpräsenz auch mit kontroversen Gesprächspartnern, mit Betroffenen, mit Verlierern, mit Ängstlichen, sogar mit den Verschwörungsspezialisten, mit den entsprechenden Experten, mit den Vertretern harter Maßnahmen ebenso wie den Vertretern anderer Modelle und Perspektiven. 

Ich erlebe keine regionalen Politiker (Ausnahme Palmer in TÜ), die um gute Lösungen ringen, Lösungen, die der Komplexität, der Schärfe und der Dynamik der Situation angemessen wären. Auch die Opposition im Bundestag ist weitestgehend diesbezüglich stumm bzw. mosert nur an einzelnen Entscheidungen rum. Dabei gäbe es ein wirkungsvolles Instrument, das auch der „Metapolitik“ von Habeck gut zu Gesicht stehen würde:  flächendeckende Bürgerräte (nicht:  Bürgerbeteiligung). Entgegen allen Vorurteilen sind derartige Gruppen auch in der Lage, in Krisen schnelle, nachhaltige und von allen getragene (nicht nur erduldete) Maßnahmen zu entwickeln. (Wenn Sie daran interessiert sind: ich arbeite gerade an einem Artikel über die Stellhebel des Gelingens für Bürgerräte in Krisenzeiten). – Walter Herter 

 


 

 

Leserbriefe zu „Das Mainstream-Monopol“ von Kolja Rudzio und Mark Schieritz 

 

Ich bin langjährige und meist zufriedene Abonnentin der ZEIT. Doch auch dieses Mal wird “Das Mainstream-Monopol“ nur vordergründig kritisiert. Ganz kurz hatte ich mich über diese vermeintliche Kritik am Wirtschafts-Mainstream in den Lehrbüchern tatsächlich gefreut! Und dann leider den Trugschluss bemerkt. Nicht nur, dass in den Fließtexten die Passagen des Kritikers Bofinger tendenziell eher im Konjunktiv (suggeriert: „Möglichkeit“) und die des Mainstream-Autors Mankiw im Indikativ (suggeriert: „Tatsache“) dargestellt werden. Sowohl die dominanten Grafiken als auch die Überschriften der „strittigen“ Punkte wiederholen NUR die einseitige Position der Mainstream-Lehre.

Selbst wenn Leser*innen einen kommunikationswissenschaftlichen oder psychologischen Hintergrund haben und dieses Phänomen theoretisch kennen – das menschliche Gehirn FUNKTIONIERT einfach so, dass es gern einfache Aussagen speichert, egal, ob sie irgendwo anders kritisiert werden oder nicht. Damit reproduzieren die Autoren diese Mainstream-Logik auf nicht mal sehr subtile Art. Der vermeintlich neutrale Artikel wird somit tendenziös und lässt die Meinung durchblicken. Ich wünsche von seriösen Medien wie der ZEIT, dass sie solche Kommentare nicht als Berichte verkaufen und die Leserschaft ernst nehmen. – Ilka Dönhoff 

 

Bei ihrem Beitrag fällt mir das Buch von Jordan B. Petersen „12 Rules For Life“, was ich vor 3 Jahren gelesen habe, wieder ein. Es handelt von der Ordnung und Struktur in einer chaotischen Welt einer Demokratie. Der Autor wird in Deutschland totgeschwiegen, wie so vieles in der Politik und in den Medien. Das Buch wird vielen Bürgern das Leben verändern. Das wäre auch längst überfällig. Ihre beiden Autoren werden auch ihr Leben ändern. – Gunter Knauer 

 

Es kommt auf jedes Wort an! Zitat: … “ Wenn der Staat versucht, den ökonomischen Kuchen in gleichere Stücke aufzuteilen, wird er kleiner.“ Das Wort „er“ bezieht sich grammatisch auf den Kuchen, der beim Teilen – egal wie – natürlich nicht kleiner wird. Wenn man den Kuchen in „gleichere“ Stücke aufteilt, wird es, also das Stück, auch nicht grundsätzlich kleiner, sondern einige zwar kleiner, aber andere auch größer! Dass beim Teilen eines Kuchens die Stücke kleiner werden, wenn man ohne Veränderung des Kuchens die Anzahl der Stücke erhöht, ist allerdings eine Binsenweisheit! – Dr. Artur Behr 

 

Die Volkswirtschaftslehre darf nicht durch ein Monopol von Kernannahmen beherrscht werden, nur weil es der Mainstream ist. In diesen Aussagen unterschrieb Paul Samuelson mit vielen anderen Nobelpreisträgern einen Offenen Brief an die Weltgemeinschaft in den 90er Jahren. 20 Jahre der Bewegung für Pluralität in den Wirtschaftswissenschaften und eine Finanzkrise haben minimale Veränderungen bewegt, daher verwundert es mich stark, dass die beiden Autor davon ausgehen, dass der Markt für Lehrbücher relativ gut funktioniert, wenn mit über 70 % Marktanteil kein Wettbewerb herrscht (vgl. GWB).

Wir haben keine funktionierende VWL in der BRD, was unzählige Forschung (vgl. Peukert, Colander,..) und auch wissenschaftspolitische Initiativen zeigen (z.B. Institut for New Economic Thinking). Der Artikel spiegelt nicht den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand wider, weil wenn man nur neoklassische Ökonomik zur Analyse des Lehrbuchsquasimonopols verwendet, die Performatitiy-Marktfelder des Mainstreams nicht sehen kann. Hoffe auf mehr Ausgewogenheit in der Zukunft. – Dr. Thomas Dürmeier 

 

Wie das in der Realität aussieht was diese Marktfetischisten predigen, kann man in den USA bewundern. Ein kleiner Teil besitzt alles und der große Teil guckt in die Röhre. Die reichsten Menschen der Welt leben in den USA. Gleichzeitig müssen sich Hilfsorganisationen um die Grundversorgung mit Lebensmitteln und medizinischen Leistungen vieler Amerikaner kümmern. Marx hat eben doch Recht: Wer die wirtschaftliche Macht hat, hat auch die politische. Ein kleiner Teil der Bevölkerung der den Staat nicht braucht, bestimmt über die Mehrheit die auf ihn angewiesen ist. Wer Geld hat braucht sich eben darum keine Sorgen machen. Außer dass der Staat vielleicht Steuern verlangt. Aber dafür gibt es Wirtschaftsprofessoren die dem Staat erklären wie schädlich der Staat ist. Für wen eigentlich? – Olaf Goldschmidt 

 

Das größte soziale Netzwerk ist der Kapitalismus: der „Kapitalismus formt und isoliert das Denken in einer Echokammer! Meine Kritik am Mainstream-Monopol ist folgender: Die Vorstellung einer „unsichtbaren Hand Gottes“ transformierte Hr. A. Smith (Vater der Volkswirtschaftslehre) in eine „unsichtbare Hand vom Markt“. Bei der Wende89 feierte die Politik die Macht vom Markt – und Kritik am Markt wurde leiser. Da Naturwissenschaftler bisher keine zielorientierte Evolution identifizierten – außer sequentiell-lineare Wirkungen (zunehmende Rückkopplungsrisiken bei Dichtestress im Gütermarkt), lehren Sie auch keine „unsichtbare Hand der Evolution“ – statt der „unsichtbaren Hand Gottes oder Marktes. Der Begriff „Markt“ ist ein Treffpunkt für Willensäußerungen beim Warenverkehr: Da Wirtschaftswissenschaftler den Einfluss monetärer Willensäußerungen betrachten, deuten Sie den Markt primär monetär.

Allerdings betreffen Willensäußerungen beim Warenverkehr auch die Gütermenge. Unsere globalen Krisen „Klimawandel, Artensterben, Pandemien, etc.“ wurzeln alle im Gütermarkt. Fragen: „Welche Hand wirkt wie auf unsere Gesellschaftsordnung? Ziehen beide Hände an einem Strang? Wenn nein, welche Hand ist stärker? Welche Hand priorisieren wir und warum? Wie können wir die Wirksamkeit beider Hände nutzen? Antwort: Eine Währung (mhd. werunge für ‚Gewährleistung‘) ist im weiteren Sinne die Verfassung und Ordnung des gesamten Geld­wesens eines Staates die insbesondere die Festlegung des Münz- und Notensystems innerhalb des Währungsraums betrifft. Der Währungsraum ist dabei der Geltungsbereich einer Währung. Sie ermöglicht den Transfer von Waren und Dienstleistungen, ohne eine Gegenleistung in Form von anderen Waren und Dienstleistungen zu liefern. (Wikipedia)

Wenn ein Staat den Währungsraum gewährt, löst er die nicht-lokale Topologie über Güter- und Finanzmarkt durch geografische Grenzen auf. Im Währungsraum werden Transferleistungen durch den Finanzmarkt erfasst. Die Transfers betreffen auch den Gütermarkt. Die wachsende menschengemachte Gütermenge destabilisiert den natürlichen Gütermarkt – u. U. so stark, dass unsere Existenzbedingungen leiden und unsere Art bedroht ist. Der Gütermarkt ist abbildbar: Erst ein Vergleich beider Abbildungen offenbart den Bindungsfehler. Dieser „Bindungsfehler“ lässt sich durch eine Währungsreform, die das Werden in der natürlichen Realwirtschaft in Sprache fasst und daraus Regeln für die kulturelle Realwirtschaft ableitet, korrigieren. Für die „Bindung“ ist ein Markt, bspw. Entwicklung im globalen Energiemarkt als Ankerwährung, ausreichend. Währungsreformen sind nach Krieg, Staatsbankrott oder Wirtschaftsvorteile (Euro) durchsetzbar.  

Politische Aussicht für eine Weltwährung als Ankerwährung: Der evolutionäre Entwicklungs- und Anpassungsdruck im Gütermarkt löst durch das interevolutionäre Körper1 in Körper2 Raumproblem (1 für kulturelle Evolution; 2 für nicht kulturelle Evolution – irdische ökologische Kapazitätsgrenze) eine Abwärtsspirale mit wachsenden Rückkopplungsrisiken aus: Schlimmstenfalls unser Aussterben. Wo das Bedrohliche wächst, wächst auch das Rettende. Wenn wir die Genese vom und im Raum in uns wahrnehmen (vgl. Die Selbstentfaltung der Welt von A. v. Müller) und extrapolarisieren können, können wir eine Lösung finden. Im Grunde sind wir ein „Naturvolk“, was versucht in Gegen-Wart seine Herkunft zu deuten und seine Zukunft zu gestalten.

Nach den Offenbarungen an Johannes greift Gott in das Weltgeschehen ein. Da wir durch unsere CO2 Emissionen unsere Art gefährden, könnte 9/11 auch der „angekündigte Kriegsbeginn – Apokalypse“ sein. Disruptive Politiker zerstören die menschengemachte „Weltordnung“ für Ihre „Auserwählten“. Sie spalten das „Naturvolk“ und riskieren die zweitbeste Lösung „Reduzierung der Art“ als kleineres Übel. Sie wollen Ihre „Auserwählten“ vor dem Risiko „Aussterben der Art“ retten. Inzwischen haben wir noch Corona, was einige Politiker zu folgender Aussage „Die Natur führt Krieg gegen uns“ veranlasst. Umweltbewusste Aktivisten deuten die Gegen-Wart so: „Wir führen Krieg gegen die Natur“.

Kriegsentscheidend sind physische Macht, geistige Entschlossenheit und logistische Fähigkeit. Wir sind kein wirklicher Kriegsgegner für eine Macht, die Genese veranlasst. Daher empfahl ich am 11.09.2003 dem US-Präsidenten G. Bush die Kapitulation. Schuldenfreie Staaten sind im Zweiten Ring eine Ausnahme. Normalerweise steigen die Staatsschulden. Durch die Subprimekrise und Corona wurde die Verschuldungsspirale beschleunigt. Da Banken mit einer wachsenden Zahl von Unternehmens- und Privatinsolvenzen rechnen können, wächst auch in diesem Marktsegment das Bankenrisiko. Fazit: der Finanzkreislauf wird immer instabiler und Staatsbankrotte werden immer wahrscheinlicher.

Politiker „Die auf Sicht fahren“ stelle ich mir beim Schach vor und frage Sie: „Wie viele Züge sehen Politiker vorher? Wann erkennen Politiker das Ende, brechen die Partie ab und beginnen ein neues Spiel? Mein neues begründetes Angebot (wird bei Nachfrage nachgereicht) übersandte ich letztes Jahr ausgewählten Wirtschaftswissenschaftlern, Umweltaktivisten, Journalisten und Politikern. Mein Bewusstwerden der Genese geschah Ostern89 – kurz vor der Wende89: Das Erlebnis war unangenehm – sozial distanzierend. Erst 9/11 weckte meine Erinnerung – und Verantwortung. – Matthias Losert 

 

Ausprägungen geben. Aber „gleich“ ist gleich. Wenn dann im selben (nicht „gleichen“) Beitrag „lehren“ mit dem Dativ benutzt wird, ist eine Schmerzgrenze erreicht (auch im Wirtschaftsteil). Die Deutsche Sprache geht „den Bach runter“, ohne dass sich die ZEIT (zunehmend) daran beteiligt. – Sven Herfurth 

 

Ich habe mir Gedanken für eine bessere Lehre gemacht: Im ersten Semester erkläre ich die Botschaft des Bandes 1 von „DAS KAPITAL“ mit Arbeitswertlehre in der Tradition Ricardos, die schon Jahrzehnte vor Marx nur ungefähr zu 90 % zutreffend war. In Semester 2 kommt dann Band 3 des KAPITALs dran mit einigen Stunden zur Erläuterung der Marxschen Umrechnung der „Arbeitswerte“ in „Preise“. Dann kommt die Ernüchterung: Diese von Marx erfundene „Lösung“ ist schlichter Schwachsinn, wie leider Gottes gute Mathematiker erst Jahrzehnte nach seinem Tod etwa 1920 herausfanden. Alle Studierenden sind über diese Zeitverschwendung sehr empört. Also unterrichte ich in „Geld und Kredit“ über die Entstehung und heutige Funktion des Geldes.

Dabei muss ich natürlich die heutige Methode der Zinses-Zinsrechnung (christlich-abendländische Rechnung) und das islamische Zinsverbot (allerdings mit „Bearbeitungsgebühren“) erklären. Bis die Studenten begriffen haben, dass ein Kredit von heute 10.000 € über 5 Jahre bei 3 % Zinsen nach der 1. Methode jährliche Zurückzahlung von 2183,50 € erfordert und nach Methode 2 gleich zu Beginn die „Bearbeitungsgebühr“ von 1474 € (d.h. heute ausgezahlt werden 8626 €) und die Rückzahlung der Schuld von 10.000 € nach 5 Jahren fällig wird und dass beide Rechnungen im Barwert ein identisches Ergebnis liefern, benötige ich wegen religiös bedingter Turbulenzen im Saal zwei Doppelstunden mehr als geplant.

Völlig verzweifelt gebe ich eine Vorlesung über Wechselkurse: Aus feministischer Sicht in der Preisnotierung und weil Männer etwas dümmer sind, in der bei uns üblichen Mengennotierung, d.h. „Wieviel US-$ bekomme ich für 1 €?“. Dadurch wird die Veranstaltung leider sehr unübersichtlich da steigende und fallende Kurse ständig verwechselt werden, bis ich mit Tomaten beworfen werde. Am Ende bin ich froh, pensioniert zu sein! Aber im Ernst: Wie soll man Studienanfängern ein äußerst komplexes Fach beibringen? Meine große Vorlesung zur Mikroökonomik endete mit dem Spruch: „Wenn das alles an Wirtschaftswissenschaft wäre, bräuchte man das Fach nicht zu studieren. Der Markt kann nicht alles, denn es gibt öffentliche Güter (Deichschutz), externe Effekte (Umweltverschmutzung), natürliche Monopole (Netzindustrien mit notwendiger Regulierung) oder Oligopole und Monopolmärkte etc. Ab jetzt beginnt Ihr Studium!“ – Prof. Emeritus Dr. rer. pol. Wolfgang Ströbele  

 

Die Frage, ob ein Mindstlohn Arbeitplätze schafft oder vernichtet ist nur ein Aspekt der Fragen zu Wirkungen eines Mindestlohns. Schlagwort bei der Einführung war: Voll arbeitende Menschen sollen von Ihrem Lohn leben können. Also ist vor allem zu betrachten, ob der Mindestlohn dazu beiträgt. Ein typische Stammtischgespräch geht so: Wer zahlt den Mindestlohn. Antwort: der Unternehmer. Frage, hat der eine Gelddruckmaschine? Antwort: Nein das geht von seinem Gewinn ab. Da endet meist die Diskussion, aber nicht die Logik. Eine sehr große Zahl von Unternehmern erwirtschaftet nämlich keineswegs märchenhafte Gewinne, sondern hat zu kämpfen, ein ordentliches Einkommen zu erzielen. Oft arbeiten sie sehr viele Stunden, was ihren Stundenlohn erheblich senkt.

Diese belastet unter der Stammtischbetrachtung der Mindestlohn aber auch. Alle Unternehmen werden versuchen, die höheren Kosten durch den Mindestlohn auf die Preise draufzuschlagen. Unternehmen mit niedrigem Gewinn bleibt meist nichts anderes übrig. Für innovative Unternehmen oder solche mit großer Marktmacht stellt das kein Problem dar. Damit zahlt letzten Endes wieder der Konsument, egal ob Gering- oder Gutverdiener. Geringverdiener konsumieren sogar eher Waren und Dienstleistungen von Betrieben, die besonders viele Mindestlöhner beschäftigen und tragen so in besonderem Umfang ihre Mehrkosten selbst.

Völlig unberücksichtigt bleibt, dass es viele Menschen gibt, die zwar nicht von ihrem Lohn, aber sehr wohl von ihrem Einkommen, womöglich sogar sehr komfortabel, leben können. Die finanziert der Geringverdiener fröhlich mit. Sozial gerecht geht anders: Jeder gibt eine Einkommensteuerklärung ab. Wer bei voller Arbeitszeit zu wenig Einkommen erzielt, erhält Steuerrückzahlungen zu seinen gezahlten Steuern (Mehrwertsteuer, Spritsteuer, Gerbesteuer….) die auf den gekauften Dienstleistungen und Waren lasten. Damit wären viele Probleme gelöst und die Finanzierung erfolgte, wegen der hohen Steuerquote durch reiche Leute. Nun, da müsste aber viel geändert werden, aber man darf ja Utopien haben. – Siegfried Veile 

 


 

 

Leserbriefe zu „Das Leben ist der Güter höchstes nicht” von Thomas Assheuer 

 

Manchmal frage ich mich schon, warum es Ihnen so wichtig ist, immer wieder auf die Verbindung von rechtem Gedankengut und der Kritik an der Corona-Politik hinzuweisen. Leider impliziert eine solche Darstellung auch immer, die seit Beginn der Proteste hartnäckig behauptete These,“Maßnahmenkritiker“ machen sich mit Rechtsradikalen gemein. Damit hat sich in der politischen und Medienlandschaft jeder Widerspruch diskreditiert. Und die Regierenden können mit Medien- und daher Volksunterstützung weiterhin durchregieren und Grundrechte nach Belieben einschränken. Und ja es ist ein Freiheitsentzug, wenn sich Familien nicht mehr besuchen dürfen, nicht ihrer Arbeit nachgehen, nicht mehr öffentlich ihre Meinung kundtun dürfen, ohne von Polizei und Ordnungshüter drangsaliert und bestraft zu werden. 

Auch Kinder und Jugendliche gehören in die Schulen und müssen sich begegnen dürfen.  Natürlich gibt es einen „Maßnahmenaktivismus„, der durch nichts zu rechtfertigen ist. Sie als Feuilletonredakteur sollten eine Lanze für die Kultur brechen, die seit November (es ist ja nur der Nov.) stillgelegt ist. Auftrittsverbote für Musiker, Geldsorgen, Zukunftsängste. Und warum sind die Museen immer noch geschlossen? Ach ja, man könnte ja ins Nachdenken kommen. Unsere politische Führung wirkt machtbesessen, bürokratisch, kulturlos. Die Wichtigkeit der Kultur wird zwar seit März diskutiert, doch außer Almosen hat sie seitens der Politik keine Beachtung erhalten. Doch nun zur AFD.

Tatsächlich haben viele Menschen auf die von Ihnen zitierten Worte der AFD gewartet; denn was war das für ein Land im März 2020, wo es keine Opposition mehr im Bundestag mehr gab. Mittlerweile sind ja auch die Herren Kubicki, Lindner und Schäuble etwas kritischer.  Warum stellen Sie nicht die Fragen, die die AFD stellt. Ist es richtig das Parlament von Entscheidungen auszuschließen? Dient das Infektionsschutzgesetz nicht dazu, einfacher „durchzuregieren“? Wird nicht seitens von Merkel, Drosten, Lauterbach nicht nach wie vor Angst geschürt und Unheil prophezeit. Sehen Sie sich die Äußerungen dieser seit einem Jahr an. Ist das zukunftsgestaltende Politik, oder Verunsicherung der Bürger. Drohkulisse Corona-Tote, Drohkulisse Lockdown und die Verantwortung liegt nur beim Einzelnen. Das ist für mich und viele andere Menschen dieses Landes kein Zeichen einer liberalen Politik.

Im Gegenteil. Warum sollte A. Gauland nicht Carl Schmitt zitieren. Sehen wir uns den Dezionismus der politischen Führung doch an, dann ist dieser Zusammenhang nicht so abwegig. Vieles Ihrer Analyse scheint stimmig. Botho Strauss, Heidegger  die tragische Normalität der Geschichte, Ernst Jünger hat noch gefehlt. Und doch sehe ich Ihre Schlussfolgerungen als verfehlt. Denn erstens nimmt unsere Bundesregierung und die Landesregierung die „Kollateralschäden“ des Lockdowns als notwendige Opfer, die nicht erwähnt werden, in Kauf. Wenn man von zusätzlichen 30 Millionen Hungertoten ausgeht, frage ich mich , wer die „rechtsradikale Denkfabrik“ besser verstanden hat. Ist das nicht der von Ihnen postulierte rechte Antihumanismus. Und was ist zudem mit der auf Hochtouren produzierenden Rüstungsindustrie. Hören Sie auf nach den Fehlern der Minderheiten zu suchen , sondern suchen Sie nach der verlorenen Doppelmoral der „Herrschenden“. 

Nehmen Sie dazu auch die Fakten. Erstens wissen auch Sie von der Altersstruktur der Covid Toten, auch Sie wissen von den Vorerkrankungen dieser Menschen, auch Sie wissen,dass die AFD den Schutz der Alten im Bundestag gefordert hat, anstatt ein ganzes Volk zu beschränken. Auch Sie wissen von den Umständen in Pflegeheimen, die nur der Politik anzukreiden sind. Statt der AFD die Toten in Sachsen anzukreiden, wofür es keinen Nachweis gibt, suchen Sie nach den Verantwortlichen! Oder wollen Sie es doch auch hinnehmen? Und was den Totenkult betrifft, was soll das Bild der Einäscherung Das hatten wir doch schon vor zwei Wochen.  Gehört das auch wieder zur rechten Angstmacherpropaganda.  Ach nein , das dient ja nur zur Aufklärung. Ärgerlich.  Und trotzdem glaube ich, dass Gauland Schiller besser verstanden hat als Sie es denken, zumal besser als Ch.Drosten. „Schiller würde heute Maske tragen“ . Mitnichten. „Gewähren Sie Gedankenfreiheit“, gerade in der „Zeit“. – Thomas J.Birgel 

 

Natürlicher oder vermeidbarer Tod? In dem oben angeführten Artikel nehmen Sie die politische Haltung der AFD zur gegenwärtigen Corona Pandemie unter die Lupe. Da ist vieles richtig dargelegt. Im Jahr 2019 wurden laut „statista.com“ 101.000 Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen; 96,2 % davon nach erforderlicher Beratung. Darf ich Sie fragen, wie stufen Sie die 97.000 Abbrüche ein, die nicht aufgrund einer medizinischen Indikation vorgenommen wurden? Waren das natürliche oder ein vermeidbare Todesfälle? Wenn Sie auch darüber einmal recherieren und berichten würden. Würde hier der Natur ihren Lauf gelassen, hätten 97.000 gesunde Babys ein ganzes Leben vor sich. Warum werden nicht auch diese Zahlen täglich veröffentlicht? Ich weiß, weil das, wie vieles andere, niemand interessiert. – Hans und Irmgard Bauer 

 

Wie immer messerscharf in der Analyse und gewandt in der Rhetorik. Einen Superlativ verdient seine Schlusspointe mit der Vervollständigung des Schillerzitats. „Dank dafür“ sagt man wohl heute. – Sven Herfurth 

 

Herr Assheuer zitiert dort die mir (bislang unbekannte) Zeitschrift “Sezession“. Dort wiederum wird Huxleys Roman „Schöne neue Welt“ angeführt; in diesem Buch wird von „Infantilisierung und Absättigung, Entmündigung und Almosen“. (wohl durch den Staat) gesprochen. Nun von dem in der „Sezession“ bemühten Autor Aldous Huxley zu dem Co-Vorsitzenden der Grünen Robert Habeck. Anlässlich der Vorstellung des Parteiprogramms dieser Partei vor einigen Tagen in der 20Uhr –Tagesschau der ARD sagte Herr Habeck wörtlich: „Wir wollen dem Bürger doch keine Knüppel zwischen die Beine werfen, sondern wir wollen, dass er ein bequemes (sic), geordnetes (sic) und sicheres Leben führen kann.“ Wo liegt der Unterschied zu Infantilisierung, Absättigung und Entmündigung? Bleibt nur noch festzustellen: Jeder lebt in seiner Echokammer; die Extremen aller Couleur in ihren Hass-Kammern und Herr Assheuer in seiner Grün-liberalen. – Peter-Jürgen Knoll 

 

Also dieses Zitat ist , wie auch vom Autor bemerkt dem Kontext entrissen!  Herr Assheuer bemüht sich veritabel um des Menschen höchstes Gut aber das wurde , es zeigt die Geschichte , schon immer relativiert – noch nicht so lange her , da hieß es , das höchste Gut sei fürs Vaterland zu sterben … na ja um Corona willen sei das fragwürdig ,aber im schicksalhaften Einzelfall wohl unvermeidbar trotz aller Bemühungen jemanden zu retten. Weil das EBEN so ist , ist es unwürdig irgend jemanden als Sündenbock an zu prangern – egal welch politischen Coleur er auch sei , und gegenwärtig bestimmte Coronamaßnahmen kritisiert ! Hier bemüht der Herr Assheuer moralische Kategorien , die wohl ob ihre Berechtigungen ganz andere Ursachen haben ! Man kann keine Pandemie mit geschichtlich , politisch gesellschaftlichen Katastrophen gleich setzten.

Es geht doch garnicht um übertriebenen oder vernachlässigten Schutz eines bestimmten Anteils der Bevölkerung ,sondern um das WIE  , wie staatliche Fürsorge organisiert wird und auch umgesetzt werden kann. Die Lage zeigt , daß etwa 80% alte Menschen schwer an Covid erkranken oder auch daran sterben. Man muß aber auch realisieren, daß ein 85 –Jähriger , der gesundheitlich angeschlagen , eher an dieser Krankheit , oder auch an jeder Grippe sterben kann . Der Hinweis auf einen natürlichen oder vermeidbaren Tod , nun der ist völlig absurd – der TOD ist unvermeidbar – hat der Herr Assheuer hier eine andere Sicht , es sei respektiert – nur soweit bekannt , ist bisher nur ein Mensch dem Tod entronnen und das war der Herr Jesus !

Möge sich dieses Wunder einst wiederholen ; der Herr Assheuer kommt sicherlich nicht ins Fegefeuer ! Diese Feststellung hat nichts mit „Antihumanismus „ zu tun – was soll der Term – sage man doch schlicht Unmenschlichkeit. Nun kann auch verstehen , daß dem Herrn Assheuer  das ganze Sterben des Menschen eine Unmenschlichkeit darstellt ! Für Leute wie ihn, die in Watte gepackte hedonistische Defätisten sind, kann man keinen Krieg gewinnen , noch verlieren ! Dann kommt dieser Herr mit dem Liberalismus ! Was versteht der denn davon ? Auch noch wird der alte Heidegger bemüht , ich lache mich kaputt ! Warum nicht auch Robespierre ; und alle Ursozialisten die ihr Heil im  alles richtenden Staate wähnten ;  und was die unter liberal reklamierten zur Knute verkommen ließen !

Leute wie der Herr Assheuer verkauften die Unfreiheit schon immer als Freiheit . Hat der Herr Assheuer schon mal was von Eigenverantwortung vernommen  ! Wenn er denn so informiert und Zitate bemüht , wende er sich doch mal Heinrich Heine zu ! Der ist vor all diesen Pseudeheilern a la Hegel die im Staat das höchste Glück und Vollendung der Freiheit propagierten , geflüchtet , daß dem die Hacken sprühten !   Ich bin 82 Jahre alt – meine Devise , lieber in Freiheit sterben , als verknechtet , verfürsorgt bis zum unvermeidbaren TOD  !!! Der  Artikel des Hern Assheuer ein Stuß von ca. 4000 Worten !  Kann aber froh sein , daß ein Leser und Käufer  dieser Zeitung ihm verhilft ein Stückchen Brot zu kaufen . – Klaus Schindler 

 

Ich greife Herrn Assheuers Terminus des Taschenspielertricks auf und frage mich, ob die vereinfachende Vermischung komplexer philosophischer Gedanken und Fragen mit deren rechtspopulistischer Adaption ihrerseits letzten Endes so weit von der Trickkiste entfernt ist ? Tenor des Beitrags ist die oberflächlich gesehen zwar auf hohem intellektuellen Niveau hergeleitete, leider aber sehr schlichte Schlussfolgerung, dass Kritik an den Corona-Maßnahmen rechtes Gedankengut und darum verwerflich ist. Heideggers Gedanke von der „Not der Notlosigkeit“ ist höchst komplex und eine vertiefte Reflexion wert.

Hieran ändert auch Heideggers zeitweise NPD-Mitgliedschaft nichts (genauso wenig wie z.B. die NS-Adaption der Werke Nietzsches und Wagners deren Wert herabsetzt). Ebenso komplex sind philosophische Fragen nach dem Verhältnis der Grundrechte zueinander – z.B. Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit versus Recht auf Freiheit – und Gedanken zur Würde des Menschen. Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit diesen Themen funktioniert nicht im Modus eines vereinfachenden schwarzweiß – Schemas. Die Auffassung, dass der Schutz des Lebens durch den Staat nicht uneingeschränkt gelten kann und dass mögliche lebensschützende Maßnahmen hinsichtlich ihrer Konsequenzen beispielsweise in Bezug auf Freiheitsrechte und Kollateralschäden bis hin zur Lebensgefährdung (mittels Existenzvernichtungen, Gefährdung des Kindeswohls etc.) sorgfältig zu bedenken sind, ist keine originär rechtspopulistische.

Ich verweise hier nur auf die tiefsinnige Äußerung Herrn Dr. Schäubles, wonach der einzige absolute Wert des Grundgesetzes, nämlich die Unantastbarkeit der Menschenwürde, nicht ausschließt, dass wir sterben müssen. Richtig ist, dass rechte Bewegungen derartige Gedanken populistisch vereinfachen und für ihre Zwecke nutzen. Aus dieser Tatsache aber die lapidare Schlussfolgerung zu ziehen, dass die Gedanken darum per se abwegig und nicht ernsthaft diskussionswürdig sind, ist meines Erachtens nicht minder populistisch und unterbindet den für eine Demokratie unabdingbaren gesellschaftlichen Diskurs. – Antje Robbert 

 

Die Coronakrise hat etwas an sich, das eine hochgradig kompetente praktische Politik regelrecht erzwingt. Wir erleben, dass diese Politik selbst schnell in die Krise kommen kann, wenn sie unter den gegebenen Unsicherheiten die zwingenden Momente und Aspekte deutlich verfehlt. Umso mehr bringt Corona Ideologien in die Krise, wo diese für die praktische Politik per se nichts beizutragen haben und quer zu den zwingenden Fakten liegen. Corona entlarvt solche Ideologien als irreführend, zynisch, inhuman, untauglich. Wenn für die korrespondierenden Parteien das Überleben als politische Kraft der Güter höchstes ist, bietet sich für diese an, das Zwingende zu unterlaufen, das Virus zu verharmlosen, sich mit ihm anzufreunden, den Kampf unserer Regierungen gegen Corona als völlig unangemessen zu interpretieren und oberflächlich als Bürgerrechtsanwalt aufzutreten.

Thomas Assheuer zeigt, wie rechte Ideologie ihre totale Kapitulation vor der Wirklichkeit in ein Wirken der Schicksalsmächte „Geschichte“, „Not“ und „Tod“ ummünzt. Gefährlich wird es für unsere Demokratie, wenn diese voraufgeklärte Sicht als Deutungsmodell für immer mehr Menschen attraktiv wird, die sich in ihrer „Geworfenheit“ in Zwangslagen als immer weniger selbstwirksam erleben. Gefährlich wird es, wenn dieses Modell die Plattform für Umwertungen wird, mit denen Tod sich zu einer hinnehmbaren Lösung wird. Gegen das falsche Leben hilft eine Politik, die mit überzeugenden Erfolgen die Plattform für das richtige Leben baut. – Reinhard Koine 

 


 

 

Leserbriefe zu „Unter Druck” von Paul Middelhoff 

 

Es ist zu befürchten, dass der Verfassungsschutz die AfD unter „Schutz-Beobachtung“ nehmen wird. Deshalb bin ich der Meinung, dass der Verfassungsschutz nach allem was er sich geleistet hat, aufgelöst werden müsste. Die Mitarbeiter, sicherlich zumeist fähig, motiviert und gescheit, könnten in anderen, unterschiedlichen Behörden in ganz Deutschland und mit unterschiedlichen Aufgaben betraut werden. Die Aufgabe des Verfassungsschutzes müsste dem Innenministerium zugeordnet und damit der parlamentarischen Kontrolle, z.B. einem entsprechenden Kontrollausschuss, übertragen werden. Verfassung schützen heißt wachsam sein und bleiben und geeignete, auch organisatorisch passende Maßnahmen ergreifen, um das gesteckte Ziel zu erreichen – eine typische Aufgabe für das Parlament. – Alexander Köhler 

 

„Ist es richtig, dass die Partei schon jetzt unter den Konsequenzen der Beobachtung leidet, ohne dass diese offiziell begonnen hat?“ fragt der Autor. Des Weiteren bekundet er Mitgefühl mit den AFD-Politikern („extrem angespannte Menschen“). Ich frage mich, wie die AFD so viel Zartgefühl verdient hat. Es sollte nicht vergessen werden, dass die Politiker*innen der AFD-Fraktion schon innerhalb des Bundestags zu persönlichen Angriffen unter der Gürtellinie neigen und Parlamentarier anderer Fraktionen gerne „entsorgen“ möchten oder bedrohen, notfalls holen sie sich dazu Hilfe durch Provokateure von außen, die dann im Reichstag herumpöbeln. Noch viel brutaler ist ihr Auftreten in sozialen Medien, wo sie sich an Shitstorms gegen Menschenrechtsaktivisten beteiligen und diese befeuern.

Nein, eine Partei dieses Kalibers hat kein Mitleid verdient. Die Entscheidung zur nachrichtendienstlichen Beobachtung war überfällig, der Verfassungsschutz hätte sich sonst unglaubwürdig gemacht: Es ist das mindeste, damit der Verfassungsschutz dem Vorwurf „auf dem rechten Auge blind“ zu sein nach NSU und Maaßen überhaupt irgendetwas entgegensetzen kann. Ich hoffe jedenfalls, dass die Maßnahme ihre Wirkung nicht verfehlt und all diejenigen, die nach einer bürgerlichen Alternative rechts der Mitte suchen, davon überzeugt, dass die AFD alles andere als bürgerlich ist. – Dr. Dirk Kerber 

 

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinen beiden NPD – Nichtverbotsentscheidungen deutlich zum Ausdruck gebracht, dass eine Bestrebung willens, fähig und in der Lage sein muss, diese Demokratie zu stürzen. Hierauf sollte der im Vorfeld der Strafbarkeit agierende Verfassungsschutz mehr Gewicht legen. Oder einfacher gesagt, der Verfassungsschutz soll beurteilen, ob es schon fünf Minuten vor zwölf oder ob gerade die Sonne aufgegangen ist. Stattdessen wird eine Gefahr beschworen, ohne sie näher – bei der Vielzahl von in den Gesetzen aufgeführten Gefahren – zu präzisieren. Die Schwammigkeit des Begriffs führt zu einer politischen Pressbarkeit und Geneigtheit, vor der der Verfassungsschutz aber auch die ungeliebte Bestrebung zu schützen ist. – Uwe Boisch 

 

Vielen Dank an Paul Middelhoff für diesen Artikel. Die AFD behauptet von sich, eine bürgerliche Alternative Partei mit höherem moralischen Anspruch wie die anderen deutschen Parteien zu sein. Wenn nun diese Partei massiv gegen die Beobachtung durch den Verfassungsschutz vorgeht, ist klar erkennbar, diese Partei hat Mitglieder, denen Moral, Ethik, Regeln und Gesetze egal sind. Das muss nun jedem Wähler bewusst werden. – Tino Winkler 

 

Ich lese die ZEIT wegen der Texte, wegen der Wortbeiträge, nicht wegen der Bilder oder wegen des Layouts; manchmal sogar trotz des Layouts. Unter Druck – Inlandsgeheimdienst, NSU, Afd-das interessiert mich, ich begann zu lesen, die Zeilen rutschen eine nach der andern weg, verschoben sich, die Schattierung erschwerte das Lesen zusätzlich, ich musste den Artikel beiseite packen. Müssen dies Sperenzien wirklich sein? Schwer genug fällt es mir schon, bei den Interviews die Fragen wegzublenden, um zu den Aussagen zu kommen, bei den Features die gekünstelt situativen Eingangspassagen zu überschlagen, um mich zu informieren, nun kommt eine der Sache absolut abträgliche Aufmachen dazu. Bitte, hören Sie auf damit und informieren sie sachangemessen. – Barbara Becker 

 

Braucht man wirklich V-Leute, um festzustellen, ob die AfD eine Gefahr für die Verfassung ist, oder dies zumindest auf einzelne ihrer Landesverbände zutrifft? Warum nicht stattdessen ernsthaft und konsequent offene Quellen auswerten? Das vermeidet V-Leute-Pannen und dürfte völlig ausreichen. Die Bundes-AfD hat sich kürzlich durchgerungen, auch deutschen Staatsangehörigen nicht-deutscher Herkunft auf ihrer Webseite zuzugestehen, dass sie zum „deutschen Staatsvolk“ gehören. Nun kann man sich auf Facebook-Seiten der Landesverbände leicht ein Bild davon verschaffen, welche Ernsthaftigkeit diesem offiziellen Bekenntnis zum Grundgesetz wohl beizumessen ist. Zum Beispiel AfD-Fraktion Sachsen-Anhalt, Post vom 5. Januar 2021 um 12:31 und Kommentare: Die Kaskade gehässiger Unterstellungen und rassistischer Beleidigungen mit dem Tenor „zurück nach Afrika“ gegen eine deutsche Professorin afrikanischer Herkunft spricht Bände. (17) AfD-Fraktion Sachsen-Anhalt – Beiträge | Facebook – Dr. Heide Richter-Airijoki 

 


 

 

Leserbriefe zu „Beethoven wollte gar nicht so schnell” von Christine Lemke-Matwey 

 

Die Auseinandersetzung mit Beethovens Metronomangaben ist eher ein Ausdruck dafür, wie Interpreten und Rezipienten an ihren vorgefassten Ansichten über Beethovens Musik festhalten. Ein Festhalten am Denken innerhalb der „Box“. Anstatt zu sagen: Schau mal, interessant. Was hat sich Beethoven denn hier vorgestellt? Die Theorie mit dem Metronomablesen scheint abenteuerlich. Was ist zum Beispiel mit einer Metronomangabe 60 (60 Schläge pro Minute)? Der Reiter, um an der Unterseite abgelesen zu werden, müßte auf dem Pendel soweit nach oben geschoben werden, daß die Feder nicht mehr in die Arretierungen einrastet. (Bei Einstellungen unter 60 sogar noch unmöglicher) Der Reiter würde sich also mit jedem Pendelausschag verschieben und das Tempo mit jedem Ausschlag verzerren.

Was für ein Tempo sollte das dann sein? Unabhängig davon, ob Beethoven das Gerät nicht bedienen konnte oder ob es schadhaft war oder was auch immer an Theorien umläuft, um die Metronomangaben nicht ernst zu nehmen, haben die Metronomangaben zueinander doch eine Aussagekraft (wenn man sich dafür als offener Interpret interessiert). Ein kurzes Beispiel an Hand der „Eroica“. Der erste Satz im ¾-Takt hat die Angabe 60 zur punktierten Halbe. Also ein Schlag pro Takt. 60 Schläge pro Minute heißt, ein Schlag dauert eine Sekunde. Also 1. Satz: 1 Takt/Sekunde. Der zweite Satz im 2/4-Takt hat die Metronomangabe eine Achtelnote = 80 Schläge/Minute. 80 zur Achtelnote das entspricht 20 Schläge pro Minute für den ganzen Takt.

Also 2. Satz: 1 Takt/3 Sekunden. (Der zweite Satz ist also dreimal so langsam als der Erste!) Der dritte Satz im ¾-Takt hat die Angabe 116 zur punktierten Halben = ein Schlag pro Takt. 116 Schläge pro Minute heißt: zwei Takt dauern etwa 1 Sekunde. Also 3. Satz: fast genau 2Takte/Sekunde (Der dritte Satz ist also doppelt so schnell wie der Erste). Der vierte Satz beginnt im 2/4-Takt mit der Angabe 76 zur halben Note. Fünf Takte dauern 4 Sekunden. Also 4. Satz (schneller Teil) 5Takte/4Sekunden. (Der vierte Satz steht im Verhältnis 4:5 zum Ersten) Der langsame Teil des 4. Satzes im 2/4-Takt hat die Angabe: Achtelnote 108 damit hat ein Takt 27 Schläge/Minute also 2Takte dauern 5 Sekunden. Also 4. Satz langsamer Teil: 2Takte/5Sekunden. (Der 4. Satz langsamer Teil steht im Verhältnis 5:2 zum Ersten).

Das Finale Presto ist eine Angabe, die die Diskussion um die falschen Metronomangaben fördert. Sie kann nicht stimmen (Ja, auch Beethoven macht mal Fehler, aber dann ist nicht gleich das ganze System falsch) Der vierte Satz Presto-Finale im 2/4-Takt hat die Angabe Achtelnote = 116 das entspricht 29 Schlägen pro Minute für den ganzen Takt oder 2 Takt dauern 5 Sekunden. Das wäre das gleiche Tempo wie der vorherige langsame Teil. Das kann nicht stimmen. Nimmt man die Angabe Viertelnote = 116 entspricht das 58 Schläge pro Minute für den ganzen Takt also etwa 1 Sekunde pro Takt. Das wäre das gleiche Tempo wie der erste Satz. (Vielleicht einleuchtend).

Lange Rede kurzer Sinn: die Metronomangaben zur „Eroica“ zeigen ganz klare Temporelationen der einzelnen Sätze zueinander. Diese Relation bleiben bestehen egal, ob man Beethovens Metronom für schadhaft erklärt oder ihm mangelndes technisches Verständnis unterstellt. Genauso wie ein gewissenhafter Interpret die dynamischen Vorgaben oder die Artikulationszeichen einer Komposition berücksichtig, sollte er sich mit den Tempoindikationen durch die Metronomangaben auseinandersetzen. Wem also die Tempoangabe zum 2. Satz der „Eroica“ zu schnell ist, der muß bei entsprechend langsamerer Interpretation das Verhältnis zum ersten Satz berücksichtigen und diesen ebenfalls langsamer nehmen.

Ein Ignorieren dieser Relationen (die sich sicherlich auch in anderen Komposition Beethovens finden lassen) ist einem gewissenhaften Interpreten gerade vor dem Hintergrund der historisch informierten Aufführungspraxis nicht abzunehmen. P.S. Ich hatte Freude die „Eroica“ in diesen Relationen und den Tempi zu dirigieren und erfuhr keinerlei Widerstände vom Orchester. Widerstände kamen eher von Dirigenten in sogenannten Meisterklassen, die sich durch andere Tempowahl persönlich angegriffen fühlten und sich von ihrem Museumswärterstuhl der „einzig wahren“ (romantisch-gefärbten) Interpretation heruntergestoßen fühlten. – Wolfgang Michel 

 

Der Autor wiederholt die spätestens seit 1997 durch Philippe John van Tiggelen widerlegte Legende, Maelzel sei der Erfinder des Metronoms gewesen. Er war der Plagiator der Erfindung des Holländers Diederich Niklaus Winkel (Prototyp 1814), ließ sich das Metronom patentieren und erklärte sich stets als sein Erfinder. DIE ZEIT sollte das in einer Notiz unbedingt richtigstellen! – Prof. Dr. Herbert Schneider 

 

Ich habe selten eine Kolumne gelesen, in der so viele unbewiesene Hypothesen zu einem wahren Kartenhaus aufeinandergetürmt werden. Dass man ein Metronom auch an der unteren Seite des Pendelgewichts ablesen kann – das ist mir schon als Kind passiert, und sicher nicht allein mir. Und auch in Bezug auf manche schnellen Tempi im 19. Jahrhundert bin ich als Spieler historischer Tasteninstrumente auf diese Idee schon gekommen. Aber – was besagt es für Beethovens Tempi, wenn man die Hypothese aufstellt, er habe das getan, aber einen wirklich handfesten Beweis schuldig bleibt? Wie kann man überhaupt von einer „streng wissenschaftlichen“ Studie sprechen, wenn „eine junge spanische Mathematikerin und ihr Kollege (beide ausübende Musiker) komplizierte Modellberechnungen“ durchführen, anhand u. a. „einer Fotografie eines Metronoms aus Beethovens Besitz (das nach einer Wiener Ausstellung anno 1921 fatalerweise verloren ging)“??

Wie kann Frau Lemke-Matwey von daher auch nur einigermaßen sicher schließen: „Beethoven wollte gar nicht so schnell“, wenn diese „Ergebnisse“ der Studie schon alles sind, was sie als Belege zum Thema beibringen kann – aber nicht eine einzige sichere Aussage von Beethoven oder von seinen Schülern? – Wieder einmal wird der Kopfsatz der Hammerflügel-Sonate hervorgeholt. Warum erwähnt Frau Lemke-Matwey nicht, dass Czerny, Beethoven-Schüler (Generationen von KlavierschülerInnen durch seine virtuosen Etuden bekannt) in seiner „Pianoforte-Schule“ Tempi zu Beethovens Sonaten angibt? Dabei korrigiert er Beethovens schnelle Metronomzahlen nicht, gibt aber sehr langsame Metronomzahlen für die langsamen Sätze an. 

Dies zu registrieren, gehört zu einem vollständigeren Bild von Beethovens Tempi und deren Überlieferung. Hinzu kommt die Tatsache, dass man auf Flügeln der Beethoven-Zeit und mit einer Spieltechnik, die sich um die Angaben Beethovens und seiner Zeitgenossen kümmert, durchaus schneller und leichter spielen kann als heute im Durchschnitt gebräuchlich. (Extrem schnelle Metronomzahlen gibt es zudem auch z. B. in Chopin-Etuden und bei Schumann.) Darüber hinaus schildert Anton Schindler, Beethoven-Adlatus, ein Konzert, in dem Beethoven seine zweite Sinfonie dirigierte und in der Temponahme durchaus flexibel war; Schindler gibt sogar die Metronomzahlen zu den jeweiligen Varianten des Grundtempos an.

Sicher muss man wachsam bleiben im Umgang mit solchen Quellen, gerade auch mit Schindler. Doch, wenn denn „der Interpret entscheidet“: Solche Informationen aus Beethovens Umfeld aufzunehmen und sehr bewusst zu reflektieren, genau dafür kann und sollte sich der Interpret/die Interpretin entscheiden, statt bei schnellen Mutmaßungen und bekannten Anekdoten stehen zu bleiben. Ob er oder sie dabei Beethovens Metronomzahlen in jedem Fall akzeptieren und erreichen kann oder mag, ist nicht einmal das Wichtigste dabei. Wirklich wichtig ist aber sehr wohl eine grundsätzlich ernsthafte Suche, ein Bemühen um Verständnis für die Anforderungen der emotionalen und spieltechnischen Intentionen Beethovens!

Und von daher auch für seinen Umgang mit dem Metronom, auch wo es uns nicht leichtfällt, ihn zu verstehen. Ernsthaftigkeit also – statt vorrangigen Auskosten von Anekdotischen… Diesem eigentlich selbstverständlichen Anspruch entzieht sich Frau Lemke-Matwey hier, indem sie mit allzu leichter Hand eigene Hypothesen auf fremde häuft und voreilige Schlussfolgerungen zieht, als wären sie damit bewiesen. Selbst wenn das Ganze mit populärwissenschaftlichen Anhauch gemeint gewesen sein sollte – sie überschreitet so dennoch die Grenze zum Unseriösen. Wie ärgerlich! – Eckhart Kuper 

 

Entgegen der Aussage der Autorin hat die „Größe des Pendelgewichts“ keinen Einfluss auf die Schwingungsdauer, es zählt die effektive Pendelläng. – Hermann Klinger 

 

Otto Klemperer, Bruno Walter und viele der „alten Meister“ hatten also doch recht. Kaum zu glauben (und schon gar nicht zu erwarten) war diese erlösend gute – und gleichzeitig so simple wie verblüffend plausible Nachricht, die da aus Spanien hereingeflattert kam: Endlich einleuchtend aufgelöst der offenkundige Widerspruch zwischen der Forderung abstrakter Zahlen und ihrer klingenden Wirklichkeit! Wie sind wir, die um die Mitte des vorigen Jahrhunderts Geborenen, nicht ein Leben lang den Beethovenschen Metronom-Angaben – seit Adorno und die „Darmstädter Schule“ sie zum Dogma für „aufgeklärte“ zeitgenössische Musiker erhoben – atemlos hinterher ge-hechelt, was haben wir unter diesem Diktum nicht alles im musikalischen Sauseschritt unter den Tisch fallen lassen müssen!

Und wie viele beschlich wohl gleich mir nicht selten das Gefühl: So kann es doch eigentlich nicht gemeint sein… Es sei ihren sonstigen großen Lebensleistungen keinerlei Abbruch getan, – aber in diesem „springenden“ Punkt waren Adorno und seine eingeschworenen Referenz-Interpreten (R. Leibowitz , R. Kolisch oder Michael Gielen mit seiner legendären „Cincinnati-Eroica“) doch wohl definitiv auf dem Holzweg – und auf ihren Spuren unvermeidlich immer zahlreichere Ton- und Video-Einspielungen der jüngeren Vergangenheit. Wie sagte doch der Meister selbst so treffend: “Es gibt kein richtiges Leben im falschen.“ – Werner Seitzer 

 

Almudena Martín-Castro und Iñaki Ucar argumentieren in dem Artikel, dass Beethoven das Metronom unkorrekt abgelesen habe, nämlich unterhalb des Gewichts, nicht oberhalb, wir das heute tun. Wie These von Almudena Martín-Castro und Iñaki Ucar bedeutet, dass Beethoven, der Mälzel persönlich kannte, entgegen der Intuition die Zahl gemeint haben soll, die unten am Gewicht abgelesen werden könnte, wenn sie denn nicht von diesem verdeckt würde. Beethoven soll nicht gemerkt haben, dass oben die Kerben des Pendelstabes mit der Skala mit den Ziffern am Metronom übereinstimmen, unten am Gewicht aber viel weniger übereinstimmen. Das Genie, das die Hammerklaviersonate komponiert hat, der sich Zeit Lebens damit beschäftigt hat, das Tempo seiner Musik festzulegen, der eine öffentliche Erklärung über deren Nützlichkeit des Metronoms abgegeben hat, soll nicht intelligent genug sein, das Metronom richtig abzulesen.

Das ist nicht plausibel. Gewichtiger ist der Befund, dass zwar die zeitgenössischen Zeugnisse über verhetzte Tempi Legion sind, aber (meines Wissens) kein Zeitgenosse Beethovens sich über seine Metronomisierung beschwert hat. Auch gewichtig ist, dass Metronomzahlen vieler weiterer Komponisten der Beethovenzeit sinnlos rasche Tempi ergeben. Darunter ist z. B. ist Schumann mit der Träumerei aus den Kinderszenen. Die Träumerei gleicht in der (authentisch von Schumann stammenden) Metronomisierung eher ein Albtraum, wenn das Metronom abweichend vom Gebrauch der Beethoven-Zeit benutzt wird. Johannes Brahms verteidigt Robert Schumanns Metronomangaben und schreibt an Klara Schumann im April 1879 im Zusammenhang mit der Gesamtausgabe der Werke Schumanns bei Breitkopf und Härtel: „Notiere doch auch Härtels, daß die Pedal- und Metronom-Bezeichnung in den Kinderszenen zu bleiben hat.“

Und im Brief von 1878 schreibt Johannes Brahms an Clara Schumann: „Ich habe immer gesagt, daß ich die alten Ausgaben Schumann’scher Werke so vortrefflich finde, daß man nichts besseres tun kann, als möglichst genau nachzustechen.“ (Quelle: Clara Schumann / Johannes Brahms. Briefe aus den Jahren 1853–1896. Zweiter Band 1872–1896. Leipzig 1927, S. 169 und 137) Wir benutzen das Metronoms heute anders als es in der Beethovenzeit üblich war. Damals zählte man den Doppelschlag des Pendelstabes als eine Zeiteinheit, wie das heute beim Dirigierschlag die Ganzen üblich ist: eine Ab- zusammen mit einer Aufwärtsbewegung der Dirigierhand definieren die Dauer einer Ganze Note. Eine Hin- und eine Herbewegung des Pendelstabs definierte die zeitliche Grundeinheit, die als kleine Note angegeben ist. Damit führen die allermeisten Metronomangaben Beethovens zu musikalisch überzeugenden Tempi. Dies alles hat Wim Winters bereits seit Jahren erforscht und ist gerade dabei, die Befunde in einem Buch zusammenzufassen. – Dr. Bernd Michael Braun 

 


 

 

Leserbriefe zu „Der Bart ist ab” von Ijoma Mangold 

 

Brillant! So ganz ohne Insider-Wissen. Karl Kraus hätte es gefallen. Wäre neugierig auf einen 2.Teil zum Liebesleben der Hipster. – Alfred Preuß 

 

Okay – Snobs gabs ja schon immer aber was sollte der Bart – des Propheten?? Sollte es ihnen (den Hipster) tatsächlich gelungen sein den Dschihad zu kommerzialisieren dann würde ich sagen: Bundesverdienstkreuz! – Dieter Herrmann 

 

Warum beendet Ijoma Mangold seinen wunderbar witzigen Artikel über das Hipster-Phänomen mit einer die unterschiedlichen Ebenen individuellen bzw. politischen Handelns nicht berücksichtigenden Abgrenzung zur Generation Greta, die hier mit der Generation woke gleichgesetzt wird, und der er an dieser Stelle Unerbittlichkeit und Ironielosigkeit vorwirft? Davon abgesehen, dass der Vergleich zwischen dem sich als Individuum inszenierenden Hipster und einer politischen Bewegung hinkt, hat, wer diese Jugendbewegung und ihre Aushängeschilder in erster Linie als Spassbremsen darstellt, deren Botschaft offenbar immer noch nicht verstanden: Es ging nie um die Kritik am Individuum, sondern am System, und um die Aufforderung an Politik und Wirtschaft, eine klimagerechte Zukunft zu gestalten – und der Weg dahin kann sogar Spass machen, sofern man den von Mangold geäusserten Wunsch nach mehr „Unvernunft und Bedenkenlosigkeit“ nicht mit dem Recht auf exzessiven Konsum gleichsetzt. – Anja Dolder 

 

Sollte der Hipster lt. Mangold sein Ende gefunden haben, wird er auch von mir nicht besonders betrauert. Denn er agiert, agierte im materiell Vordergründigen, im gepflegten Schein, statt im intellektuellen Sein. der hipster ist/war ein intellektueller Anpasser, verliebt in seine Aura, schwimmend im Mainstream. Schade, wirklich schade für unsere Gesellschaft, dass uns der britische Dandy und seine zentrale Inkarnation, nämlich Oskar Wilde, so vollends abhandengekommen ist. Wo ist diese wunderbare Arroganz aus Geist und Gehrock geblieben? Wer hat die schamlose Kraft der Überheblichkeit, die das wehklagendende Gewürm satter Bittsteller zurechtstutzt auf das was sie sind, nämlich moraline Kostgänger von Menschen, die unter dem Joch der Stechuhr ihre Pflicht erfüllen.

Stattdessen, und das beschreibt der Beitrag zu Recht, erleben wir dieser Tage die etwas zottelige und selbstgestrickte Macht der Moral. Wo Moral, die richtige Moral versteht sich, herrscht, macht sie sich die Gesellschaft Untertan. Gesellschaften leben stets im Augenblick, nicht im Rückblick der Erfahrung und auch nicht im strategischen Denken an das Zukünftige. Also läßt sich unsere Gesellschaft von dem leiten, was die alten Römer den „modus diernus“ nannten, also die“ aktuelle Mode“. Klima, Flüchtlinge, Kinderarmut, Ungleichheit, ja, das Karma der Gerechtigkeit etc etc. sie alle liegen auf dem Altar der Priesterkaste des moralischen Imperativs. Da müssen wir durch, bis eine andere Moral die Macht ergreift. – Lutz Bauermeister 

 

Der gemeinsame Kern der aufeinanderfolgenden und teils sich überlagernden Jugendkulturen ist die Abgrenzung von der Erwachsenenwelt. Dies gilt mit Einschränkungen auch für die entspannte Hipster-Kultur, die in ihrer Warenorientierung allerdings immer anschlussfähig an die etablierte Konsumwelt blieb. So hat sie sich letztendlich durch Marktmechanismen (Marktdurchdringung, Sättigung) erledigt, spätestens seit auch Ältere sich hip fühlen und stylisch stylen wollten. Was folgt auf die Hipster-Kultur? Die Generation „woke“ wohl nicht, so Iloma Mangold. Ihr fehle die innere Spannung, die Lebendigkeit, die nach einem eigenen Ausdruck sucht.

Tatsächlich greift diese Generation Themen auf, die schon sehr lange darauf warten, von den Erwachsenen angepackt und gelöst zu werden. Wo die inzwischen teils hippen Erwachsenen – auch aus hedonistischen Gründen – ihre Verantwortung nicht wahrnehmen, geht die Generation woke zur Ersatzvornahme über. Da die junge Generation vorauseilend erwachsen werden muss, hat sie keine Chance zur Abgrenzung von der Erwachsenenwelt. Wo wir der Jugend nicht nur die Zukunft vermasseln, sondern sie auch noch um die Chance zur Gegenwart einer eigenen Jugendkultur betrügen, sollten wir im Hinblick auf ihren strengen moralischen Rigorismus (how dare you) mit Ironie etwas sparsamer umgehen. Eine wahrhaft rebellisch-kreative Jugend benötigt eine Erwachsenenwelt, die ihren Job macht. – Reinhard Koine 

 


 

 

Leserbriefe zu „Wirt ohne Rechnung” von Mark Schieritz 

 

Die von Kanzleramtsminister Helge Braun wegen einer „wirtschaftlichen Notsituation“ des Artikel 109 Grundgesetz (GG) vorgeschlagene weitere Aussetzung der Schuldenbremse für die nächsten Jahre hat eine breite Diskussion über eine zusätzliche Staatsverschuldung ausgelöst. Zunächst ist unbestritten, dass die bisherige Handhabung der Schuldenbremse mit ihren beiden Aussetzungen es der Bundesregierung ermöglicht hat, bei der Bewältigung der steigenden Kosten der Corona-Pandemie aus dem Vollen zu schöpfen, weil in guten Jahren Verschuldungsspielräume aufgebaut wurden und Deutschland damit die größte Wirtschaftskrise seit dem 2. Weltkrieg relativ besser bewältigt hat als viele andere Länder. Ob das vom Staat aufgenommene Geld vernünftig ausgegeben wurde, wird sich erst später herausstellen, wenn u.a. die aufgeschobene Insolvenzgefahr für Unternehmen endgültig gebannt ist und die Zahl der „Zombie-Unternehmen“ niedrig geblieben ist.

Die mögliche Alternative zur Änderung der Schuldenbremse und zur Beantwortung der Frage, wo das Geld für die Bewältigung der Zukunftsaufgaben herkommen soll, Steuern und Abgaben zu erhöhen, weil das angebliche Gift für die Konjunktur wäre, wird von Mark Schieritz verworfen. Angesichts der Tatsache, dass der Lastenausgleich nach dem 2. Weltkrieg zur positiven Entwicklung der Sozialen Marktwirtschaft beigetragen hat und dass jüngste Studien der Schweizer Großbanken Credit Suisse, UBS und der Beratungsgesellschaft PWC nachgewiesen haben, dass die Vermögen der Superreichen trotz Pandemie neue, obszöne Höchststände erreicht haben, ist die Forderung nach einer einmaligen Vermögensabgabe zur Finanzierung der Corona-Programme und weiterer staatlicher Infrastrukturinvestitionen nachvollziehbar.

Die These, dass der Staat durch weitere Schuldenaufnahme aus der Verschuldung herauswächst, ist angesichts wahrscheinlicher Preis- und Zinssteigerungen sehr gewagt, weil sie die Schuldentragfähigkeit der Staatsfinanzen schwächt und die Spielräume für Investitionen immer enger werden. Der Vergleich mit der Staatsschuldenquote der USA hinkt, denn deren Schulden werden dank der Leitwährungsfunktion des Dollars vom Ausland in unbegrenzter Höhe folgenlos finanziert. Eine solide Finanzpolitik hat also mehrere Alternativen und muss nicht einen unsoliden Umweg gehen, weil sie sonst „zum Dogma“ wird! – Hans-Henning Koch 

 

Wieso fallen Ihnen nur die Alternativen Steuererhöhung oder Ausgabenkürzungen ein? Wie wäre es mit Überprüfung aller Haushaltsbudgets und schrittweiser Abbau einzelner Posten? Zum Beispiel für Subventionen in der Landwirtschaft und den Straßenneubau. Oder wie wäre es mit der Besteuerung von Finanztransaktionen und der Digitalfirmen? Oder der schrittweisen Belastung der Nutznießer mit den externen Kosten, die aktuell vom Staat oder Bevölkerung getragen werden? – Reiner Bittner 

 

Eine Wette auf die Zukunft. Mark Schieritz macht sich für ein Aussetzen der Schuldenbremse auch für die Zeit nach der Corona-Pandemie stark. Dabei lässt er die Mechanismen außer Acht, die die Politik erfahrungsgemäß in Finanzfragen bestimmen. Seit John Maynard Keynes seine Theorie des Deficit spending veröffentlicht hat, sind Politiker gerne bereit, in krisenhaften Situationen die Schuldenaufnahme auszuweiten. Wenn es dann aber darum geht, die zweite Hälfte der Theorie zu beherzigen, nämlich mit den Überschüssen des neuerlichen Wirtschaftsaufschwungs die Schulden wieder zu tilgen, lässt die Bereitschaft deutlich nach. Dann finden sich immer Gründe, das geliehene Geld für „sinnvolle“ Zwecke auszugeben.

Rechnet man die Kosten zusammen, die die „sozialen Maßnahmen“ von SPD, Grünen und Linken in ihren aktuellen Wahlprogrammen kosten, kommt man auf 100 Milliarden Euro. Diese Parteien wollen das Geld eben nicht im Sinne von Mark Schieritz „vernünftig ausgeben“, also für notwendige Infrastrukturmaßnahmen, sondern rein konsumtiv. Dann würden die Generationen unserer Kinder und Enkel den Lebensstandard der heutigen Generation bezahlen, ohne dass sie materiell etwas davon hätten. Deutschland könnte den Anstieg der Schuldenquote auf 70 Prozent des BIP sicher verkraften, da es über eine starke und strukturell gesunde Volkswirtschaft verfügt. Es könnte also durchaus gelingen, dass wir aus den Schulden herauswachsen, wenn die Wirtschaftsleistung auf 2 bis 3 Prozent des BIP ansteigt.

Das gelänge aber nur, wenn nicht neue Schulden aufgehäuft würden. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass wir uns in einem Währungsverbund mit Staaten befinden, die heute schon exorbitant verschuldet sind. Italien wird nach Corona einen Schuldenstand von 160 Prozent und Griechenland einen von 200 Prozent aufweisen. Kein vernünftiger Mensch kann glauben, dass die verkrusteten und ineffektiven Volkswirtschaften dieser Länder durch Wirtschaftswachstum aus den Schulden herauswachsen könnten. Deshalb ist der Vergleich mit dem Schuldenstand von 100 Prozent in den USA, den Mark Schieritz anstellt, irreführend. Die Wirtschaft der USA ist so dynamisch, dass sie noch höhere Schuldenstände locker verkraften könnte. Deutschland hingegen müsste, wenn man die neuerliche Tendenz zu Euro-Bonds in Rechnung stellt, auch für die Euro-Staaten an der südlichen Peripherie haften. Das könnte es jedoch nur, wenn es die eigenen Schulden nicht zu sehr in die Höhe triebe.

All diese Überlegungen wären Makulatur, wenn in absehbarer Zeit die Inflation zunähme und mit ihr die Kreditzinsen anstiegen. Wenn die Zinsen auf 4 Prozent kletterten, müssten massiv Steuern und Abgaben erhöht und gleichzeitig Sozialausgaben gekürzt werden. An die politischen Verwerfungen einer solchen Krisenpolitik wage ich gar nicht zu denken. Griechenland und Italien stünden bei einem solchen Szenario vor dem Staatsbankrott, die Euro-Zone vor dem Zerbrechen. Es führt kein Weg daran vorbei: Die Schuldenbremse muss nach dem Ende der Corona-Krise wieder in Kraft gesetzt werden. Wenn sie durch politische Mehrheitsentscheidungen gelockert und flexibler gestaltet würde, müsste zumindest sichergestellt werden, dass das geliehene Geld nur für nachhaltige Strukturmaßnahmen ausgegeben werden darf. Die Erhöhung der Sozialausgaben durch Schulden müsste tabu sein. – Rainer Werner 

 

Ja, da kann ich Mark Schieritz in allen Punkten recht geben, nur muss es eine weitere Debatte zum Thema Steuern geben. Freilich kann es dabei nicht um Reichensteuer, auch keinesfalls um Sozialkürzungen gehen, aber die Schuldenprobleme bestehen. Es ist keine Frage, dass, bei allen Bemühungen. zu viele Menschen durch ein Raster fallen und vom Geldsegen nichts abbekommen werden. Da sind die Soloselbständige aus Kultur, Handel und Dienstleistung, all jene, die keine Lobby haben und für unser Wohl wertvollen Beitrag leisten. Wie wäre es mit einem Solidaritätsbeitrag der den Namen verdient?

Nicht für TUI, Lufthansa & Co., aber für die, die man nicht sieht. Ein befristeter Soli von jenen, die sich noch eines gesicherten Einkommens erfreuen dürfen, könnte ein möglicher Weg sein. Mag sein, dass es dazu einen Aufschrei geben wird, aber es ist eine ziemlich gerechte Steuerlast. Wer wenig hat, wird mit wenig bis nichts belastet, umgekehrt zahlt mehr, wem es nicht schwerfallen dürfte. Wird nicht gehandelt ist zu befürchten, dass die Schmerzen nach Corona für die Gesellschaft heftig sein werden. Und, die Regierung sollte es doch offen sagen: zahlen müssen wir Bürger wann auch immer, wer sonst. – Erich Röber 

 

Es reicht nicht mehr, und zwar schon lange nicht mehr! Doch leider tut niemand was dagegen. Seit Monaten hilft niemand den ärmsten in unserem Deutschland, auch die Politik reagiert nicht. Die Lufthansa bekommt Millionen, die kleinen und großen Unternehmen eine Hilfe nach der anderen, auch wenn nicht alles ankommt. Wenn man die Leistungen und Hilfen anschaut, die im letzten Jahr ausgezahlt wurden und die Diskussionen über die Schulden, die Deutschland deshalb macht, fühlt es sich so an, als ob die Politik mit Geld um sich wirft. Aber die Ärmsten werden dabei ständig vergessen und gehen leer aus. Es betrifft so viele Kinder, die im Bildungspakt sind und ihr tägliches Mittagessen nicht erhalten.

So viele Familien, die Mehrkosten haben durch das Homeschooling für andere Geräte, Blätter die ausgedruckt werden müssen und Internetkosten. Aber auch Stromkosten und Wasserkosten sind gestiegen für Kinder und Erwachsene, die den ganzen Tag zu Hause sind. Keine der Schulen an denen meine Kinder sind, hat Mittagessen für die Kinder, die es normalerweise bezahlt bekommen bereitgestellt. Auf Nachfrage bei der Schulleitung, hieß es, das betreffe zu wenige Kinder. Aber nur weil es wenig Menschen betrifft, verkleinert das die Not nicht. Nur weil der Aufwand zu hoch ist, wird die Armut nicht kleiner.

Daher habe ich mich sehr erfreut endlich einen Kommentar zum Thema gelesen. Doch leider scheint auch die Zeit sich der Meinung der Mehrheit anzupassen, denn Sie berichtet nur in einem kurzen Kommentar von diesem Zustand. Politiker bekommen Seitenweise Platz und die Serie ‚Mein Corona-Jahr‘ berichtet von Unternehmern und Künstlern. Warum bekommen sie mehr Platz für ihre Probleme und Sorgen, als die Menschen, die sich bei jedem Cent überlegen, ob sie ihn wirklich ausgeben. Sind das nicht die Leser der Zeit oder brauchen diese Menschen keine Beachtung? Die Armen sind doch überall die Vergessenen und leider hat sich in unserem Deutschland noch kein Fußballer wie Marcus Rashford für Kinder im Bildungspaket stark gemacht. Aber diese Kinder brauchen dringend mehr Presse und Aufmerksamkeit auch in der Zeit. – Judith Steinke 

 


 

 

Leserbriefe zu „Ich verstecke mich nicht mehr”. Gespräch mit Bodo Ramelow geführt von Cathrin Gilbert und Martin Machowecz 

 

Wieder einmal zieht Bodo Ramelow die Legastheniekarte, nachdem er sich politisch angegriffen fühlt. Aber seine Legasthenie hat nichts damit zu tun, wenn er die Bundeskanzlerin beleidigt und „Merkelschen“ nennt. Er beleidigt ausgerechnet den Menschen, dem er momentan sein Amt verdankt. Leider kennt Ramelow nicht den Spruch: Man beißt nicht die Hand, die einen füttert. – Rolf Schikorr 

 

Dass die Springerpresse einen beliebten Linken-Politiker zu demontieren versucht, überrascht wenig. Es ist jedoch traurig, dass auch die „seriösen“ Medien sogleich unreflektiert auf diesen Zug tiefster Empörung aufspringen. Was wirft man Bodo Ramelow eigentlich vor, dass er derart öffentlich Abbitte leisten muss? Niemand kann bei mehrstündigen Marathonsitzungen permanent die Konzentration aufrechterhalten. Insofern ist es nicht nur menschlich, wenn sich Politiker kurzzeitig abzulenken versuchen, sondern des langfristigen Durchhaltevermögens sogar förderlich. Und seien wir ehrlich: besser Ablenkung durch harmlose Handyspiele als durch indiskretes Twittern, Posten oder Simsen von ungaren Sitzungsinhalten. Den Begriff „Merkelchen“ kann man zurecht als herablassende Geschmacklosigkeit bezeichnen – was zählt, ist aber doch, dass der Begriff gar nicht als Meinungsäußerung gebraucht wurde.

Sondern dass es sich hierbei – und hier ist der Zusammenhang entscheidend – um einen Versuch Ramelows handelte, sich in die innere Gedankenwelt derer hineinzuversetzen, die er mit seiner Gesamtaussage kritisiert. Man kann diesen Versuch zwar als verunglückt ansehen, um eine Beleidigung handelt es sich aber sicher nicht. Wir sollten daher die Kirche im Dorf lassen. Wenn Empörung unbedingt sein muss, dann doch bitte gerichtet auf das eigentlich Kritikwürdige: Dass es in 2021 immer noch stundenlanger Mammut-Sitzungen bedarf, um gute (?) Politik zu machen; dass Medien immer noch ungestraft Zitate grotesk aus dem Sinn-Zusammenhang reißen dürfen. – Dr. Jan Querengässer 

 

Bodo Ramelow ist für mich ein Polit-Rock ‘n‘ Roller. Intelligenter Freigeist, kreativ-originell, dröge 0815-Plattitüden sind seine Sache nicht. Daher sein „Hang“, bisweilen ins Risiko zu gehen, „es rauszuhauen“. Thüringens Ministerpräsident weiß durchaus um die Wichtigkeit von Konventionen und Konsequenzen, seine Persönlichkeit einsperren lassen mag er dennoch nicht. Und in der „richtigen“ Stimmung kommt es dann eben manchmal zur Soloeinlage mit Overdrive. – Matthias Bartsch 

 

Das Interview von Bodo Ramelow zeigt einmal mehr, wo die Gesellschaft steht. Ist es wirklich so wichtig, sich über CandyCrush oder eine andere Plattform aufzuregen? Wäre es nicht an der Zeit, unseren Ministerpräsidenten zur Abwechslung auch mal „Danke“ zu sagen? Danke für diese schweren Entscheidungen in schweren Zeiten. Wie arbeitet denn die breite Bevölkerung? Haben wir nicht Pausen (die auch gesetzlich geregelt sind) und was tun wir dann? Also ich sage „Danke“ für diese Führung in dieser schweren Zeit. Wir dürfen nicht vergessen: Wir sollten unsere Ministerpräsidenten auch Menschen sein lassen. Sie treffen täglich Entscheidungen, von denen der Großteil der Bevölkerung sich drückt, aber im Gegenzug dann doch alles besser weiß. – Petra Dietrich-Klett 

 

So recht empört kann ich über Bodo Ramelows Fehltritt nicht sein. Seine Erklärung in der ZEIT, warum er nach Phasen der Anspannung in einer Konferenz die Entspannung gesucht hat (wie andere auch), finde ich plausibel. Dass er nun gerade „Candy Crush“ gespielt hat, na ja, ich dachte, das sei eher etwas für die jüngere Generation. Aber die ist wahrscheinlich längst darüber hinaus. Wenn Bundestagssitzungen im Fernsehen übertragen werden, sieht man oft genug Abgeordnete, Regierungsmitglieder und auch die Kanzlerin, wie sie mit ihren Handys beschäftigt sind. Ob sie sich dabei immer nur mit „dienstlichen“ Angelegenheiten befassen, ist sicher fraglich. Herr Ramelow hat sich für das „Merkelchen“ bei Frau Merkel entschuldigt, er hat seinen Fehler eingesehen und bereut ihn. Damit sollte dieser Sache dann auch genüge getan sein.

Allerdings verstehe ich nicht, dass Herr Ramelow nicht erkannt hat oder haben wollte, wie brisant sein Bekenntnis zur „Candy Crush Spielerei“ im Chatroom „Clubhouse“ sein kann, insbesondere wenn Redakteure des Springer Verlages anwesend sind. Ein Schweigegelübde haben diese Leute ja nicht abgegeben (Vertraulichkeit hin oder her), ein gefundenes Fressen also. Herr Ramelow hätte wissen müssen, dass er so das Bild eines abgelenkten Politikers abgibt, der sich, während schwerwiegende Entscheidungen für die Bevölkerung unter der Corona Pandemie getroffen werden, einer kindischen Zerstreuung hingibt. So etwas kommt natürlich nicht gut an. Bodo Ramelow ist doch kein unerfahrener Anfänger in der Politik, als Nutzer von „Clubhouse“ offenbar schon. Er sollte wirklich auf seine Frau hören und die Finger davon lassen.

Ich frage mich auch, ob es wirklich sein muss, dass Politiker ständig auf allen möglichen Plattformen unterwegs sind und ich frage mich auch, woher sie die ganze Zeit dafür nehmen. Vielleicht steckt ja die nicht ganz unberechtigte Befürchtung dahinter, abgehängt zu werden. Dennoch, und vielleicht bin ich ja hoffnungslos altmodisch eingestellt, finde ich, dass es zu einer großen Unsitte geworden ist, wenn auslaufenden Ministerpräsidentenkonferenzen Informationen durchsickern. Aus journalistischer Sicht natürlich ein Segen, allzu verständlich, und einige Politiker scheinen ja sehr gerne aus dem Nähkästchen zu plaudern. Klar, es ist interessant zu hören, dass die Bundeskanzlerin wütend geworden ist (ganz ungewohnt) und sich ordentlich gestritten worden ist (nicht ungewohnt). Wozu sollen diese Informationen aber gut sein? Am Ende zählen doch sowieso nur die Beschlüsse aus den Konferenzen. – Regina Stock 

 


 

 

Leserbriefe zu „Verhindert verdeckte Propaganda!” von Anne Meyhöfer 

 

Ihre Autorin Anne Meyhöfer gehört zu den Menschen, die nur links denken können. Ein fataler Fehler. Wer das heutige Rechte mit den Nazis vergleicht, ist auf dem Holzwege. Die heutige Rechte hat so wenig mit den Nazis zu tun, wie eine Henne mit einem Elefanten. Ich lebe in Singapur, dort ist die sogenannte Rechte schon seit ewigen Zeiten an der Regierung. Das war ihr Glück. Singapur ist zum reichsten Land aufgestiegen, noch vor den USA. In Singapur gibt es weder Armut noch Kriminalität. Wenn die Autorin einen Schulbuchverlag vorsteht, dann sollte sie das in Zukunft berücksichtigen. Dann ist was los in Deutschland. Sie hat leider eine Hochschule besucht, die nur links denkt. Genauer gesagt: An den Unis wurde eine radikal linke Politik installiert. Mein Sohn hat das alles in seinem Studium erlebt. Er ist dann nach England zum weiteren Studium umgesiedelt. Das war die beste Idee seines Lebens, wie er mir später berichtete. – Gunter Knauer 

 

Der Artikel ist ein (und leider nicht das einzige) Plädoyer für die Einrichtung einer staatlichen Zensurbehörde und die Einführung schwarzer Listen für missliebige Autoren. Keine Rede davon, dass man Aussagen, mit denen man nicht einverstanden ist, argumentativ bekämpfen sollte. Und mit wem möchte Frau Meyhöfer die Gremien besetzen, die diese cancel culture organisieren? – Jörg Neubauer 

 

Erweiterte Cancel-Kultur? In dem Beitrag von Frau Meyerhöfer (Verlegerin, Schulbuchverlag) wird ein Text (aus ZEIT 2/212; mir nicht zugänglich) als bekannt vorausgesetzt, der hier jedoch nicht zu lesen ist. Frau Meyerhöfer schreibt: „Der betroffene Essay … war auf den ersten Blick nicht als rechtsextrem einzuordnen.“ Der Text hätte jedoch nachträglich gesehen nicht in ein Schulbuch aufgenommen werden sollen, meinen die Autorin und wohl auch weitere Personen. Geht es also bei der jetzigen Ablehnung des Essays nicht um den Inhalt (der fiel ja nicht auf), sondern um dessen Herkunft?

Ich bin keinesfalls rechts, meine aber, wir sollten Texte und Aussagen nicht aufgrund ihrer Herkunft aus uns insgesamt inakzeptablen Kreisen einfach ablehnen, sie vielmehr, falls sie abgedruckt werden sollen, nötigenfalls in ihren Kontext stellen und kommentieren. Das ist etwas, was in der Schule vermittelt werden und auch in Ihrer Wochenzeitung so gehandhabt werden sollte. Die Missachtung von Aussagen nur aufgrund einer unerwünschten Quelle macht demokratische Meinungsbildung und Diskussion schwierig, fördert Polarisierung, bläht die eigene Blase weiter auf. Natürlich kann auch bedenkenswert sein, was aus extremistischen Kreisen kommt. Dies macht allerdings eigenes Denken erforderlich. Aber dafür steht doch – unter anderem – DIE ZEIT, nicht wahr? – Dr. Gerhard Utz 

 

Warum nur verdeckte Propaganda der „Neuen Rechten“ verhindern? Verfassungswidrige oder bösartige Hetze bspw. gegen Polizisten oder Minderheiten gibt es seit Jahren von mehreren Seiten. Ich erinnere mich an Saskia Eskens „Antifa – na klar!“ Wusste Sie, was Sie da von sich gab? Soll bspw. „gut gemeinte“, aber sachlich unzutreffende Schwafel-Propaganda von „grün gefärbten“ Schönschwätzern in der Schule als seriös akzeptiert werden? Dank der asozialen Medien und Wikipedia gibt es viele Möglichkeiten zur Verbreitung von Unsinn.Wenn die Bundeszentrale für politische Bildung allen Schwachsinn als solchen erkennen soll, müsste sie einen sehr guten Expertenstab haben.

Und wieviel davon darf sie eliminieren? Durch Volksverdummung (weder von rechts, von links oder von „gutmeinenden Grünen“) wird kein reales Problem gelöst, sondern die Gesellschaft in „sachkundige“ und „gut-gläubige“ Bürger gespalten, bis der Black-Out kommt. Fake-News bleiben auch in Deutschland sachlich falsch! Wer ist schuld, wenn es laut Wikipedia schon längst Lösungen für alle Probleme gab, dummerweise nur nicht in der Realität der Jahre 2025 – 2030? Doch nicht etwa Herr Habeck (der ähnlichen Unsinn 2017 von sich gab) oder Frau Baerbock, welche den Strom „im Netz speichern“ wollte etc. etc. Dann siegt die DUMMHEIT, egal ob von links, grün oder rechts! Nur leider mit irren Folgen! Dank der asozialen Medien gibt es heute leider von allen Seiten geradezu irrsinnige Propaganda. Aber wer wagt es, sich mit Facebook, Wikipedia, etc. Anzulegen? – Prof. emer. Dr. Wolfgang Ströbele 

 


 

 

Leserbriefe zu „Gehen hilft dem Geist” von Gabriel Proedl et al. 

 

Hilfreich kann auch das gelegentliche und natürlich angemessene Rückwärtsgehen in offenem Gelände sein: Es aktiviert das Kurzzeitgedächtnis, weil das Gesehene sich langsam und allmählich auflösend anstatt plötzlich aus unserem Blickfeld verabschiedet. – Christoph Müller-Luckwald 

 

Mit Freude habe ich Ihren Beitrag zum Thema Gehen hilft dem Geist“ gelesen. Besonders gut gefallen hat mir der Gedanke “ … wo sollte man sich Gott näher fühlen als … so nah unterm Himmel?“ Dabei kam mir der Roman „Houwelandt“ von John v. Düffel in den Sinn. Er schreibt auf Seite 63 über den Protagonisten Jorge, der bei seinem Bergaufstieg wegen großer Hitze seinen ungeliebten Strohhut trägt: “ …. wohl oder übel damit vorlieb nehmen musste, mit diesem albernen bisschen Bast zwischen sich und Gott …“ Ein wunderbares Buch – vielleicht kennen Sie es ja. Jedenfalls vielen Dank für Ihren schönen Text. – Hanne Bollwinn 

 

Ich bin absolut Ihrer Meinung und hätte es – wenn ich denn könnte – genauso ge– und beschrieben wie Sie. Die Aussage „der Morgen ist am ehrlichsten“ zeigt sich nicht nur beim ersten Blick morgens in den Spiegel…., sondern eben auch in der Natur. Ich habe Ihren Artikel gestern Morgen gelesen, als ich vom Laufen kam. Durchgefroren, durchnässt, aber glücklich. Ich war allein mit mir und der Natur, niemand ist mir begegnet. Meditation. – Annette Haagen 

 

Gehen: raus aus der fixierenden Situation. Der ständige Perspektivwechsel unter freiem Himmel hilft, frei zu werden. Im Gehen verlieren sich die Fixierungen. Vorbei an Gräbern. Auf dem Gipfelkreuz. Über die zwölf Apostel. Am Ende des Weges hat sich viel bewegt. Das Gehen endet immer mit dem Ankommen. Wer nicht geht, kommt nicht weiter und kommt nicht an. Wer geht findet, ohne zu suchen. Wer geht, findet: Freiheit, Ruhe, Antwort, Klärung, Frieden, Wandel, Gott. Wer nicht sucht, der findet. – Reinhard Koine 

 


 

 

Leserbriefe zu „Die Hälfte bleibt im Kühlschrank” von Ingo Malcher et al. 

 

Ihr verderbt mir echt den Spaß an der Zeit. Vereinzelt gibt es mal Artikel, die großartig geschrieben sind und pures Lesevergnügen sind. Zunehmend finde ich aber tendenziöse Artikel, billige Meinungsmache, die aus meiner Sicht mit seriösem Journalismus nichts zu tun hat. Es liegt in der Natur der Sache, dass alles immer zwei Seiten hat. So ist das beim Impfen auch. Impfschutz besteht erst, wenn man beide Impfungen hat. Und man kann sich für beide Wege entscheiden. So wie der Artikel aufgebaut ist, wird die Meinung des Verfassers zur Wahrheit. Und dafür wird kräftig manipuliert. Wir impfen quälend langsam? Stimmt das auch, wenn man die Zahlen bereinigt und nur die zählt, die tatsächlich vollen Impfschutz haben?

Wie es anders geht zeigt Meck Pomm?. In der Tabelle ausgewählt mit 3,2 statt 1,6 in NRW oder BW. Passt irgendwie genau, wenn diese beiden Länder eine Hälfte zurückhalten, um für vollen Impfschutz zu sorgen. Müsste man das nicht sichtbar machen? So habe ich keinen Spaß, eure Zeitung zu lesen. Bessere Sprache als bei Trump, aber ich möchte selbst entscheiden, was ich für richtig halte, und nicht das Ergebnis so manipulativ vorgesetzt bekommen. Es gab mal eine Zeit, in der ohne Wertung beide Seiten dargestellt und beleuchtet wurden, in denen der Autor zum Schluss seine Meinung verkündete, dies aber als Meinung gekennzeichnet hat. Schade, dass diese Zeit des seriösen Journalismus vorbei ist. – Helmut Sommer 

 

Ich bin über die Zulassung des Impfstoffs von AstraZeneca durch die EMA sehr beunruhigt. Ich bin sicherlich kein Impfgegner und werde mich auf jeden Fall mit wirksamen Impfstoffen wie denen von Biontech oder Moderna impfen lassen. Ich bin Gesundheitsökonomin arbeite in der Pharma-Industrie und kenne mich in diesem Bereich wirklich gut aus. Ich bin beunruhigt über die geringe Wirksamkeit des Impfstoffs von AstraZeneca und die Auswirkungen, die das auf die Pandemie haben kann. In den Medien wird gerade überall so viel über die Impfstoffe geschrieben und diskutiert, aber – meiner Meinung nach – wurde ein sehr wichtiger Aspekt dabei bis jetzt noch nicht berücksichtigt.

Die Fakten: Der Impfstoff von AstraZeneca hat in der Auswertung durch die EMA eine Wirksamkeit im Vergleich zur Kontrollgruppe von 60% gezeigt. Im Studien-Arm mit AstraZeneca gab es 64 COVID-Fälle (von ca. 5.200 geimpften in der Studie) im Vergleich zu 154 Fallen in der Kontrollgruppe. Bei einer deutlich größeren Studien-Population hat Biontech 8 (!!!) Fällle bei (einer deutlich größeren Studien-Population von) 18.200 Leuten gezeigt im Vergleich zu 162 in der Kontrollgruppe. Das ist eine Wirksamkeit, wie wir sie für einen Impfstoff in dieser Pandemie benötigen. Meine große Sorge ist, dass – vor allem jüngere – Menschen mit dem Impfstoff von AstraZeneca geimpft werden und sich dann in der falschen Sicherheit wiegen, dass sie jetzt geschützt sind.

Sie werden (und müssen vermutlich) die Corona-Regeln nicht mehr beachten, wenn sie geimpft sind. Doch mit der zu geringen Wirksamkeit des AstraZeneca-Impfstoffs riskieren wir, dass sich die Pandemie dann noch stärker ausbreitet. Das ist das wahre Risiko in der Risiko-Nutzen-Bewertung während die EMA diese leider nur in einer Abwägung von Nebenwirkungen vs Wirksamkeit betrachtet und so der Verhaltensaspekt der Bevölkerung nicht mit betrachtet wird.

Aus meiner Sicht hätte die EMA den AZ-Impfstoff nicht zulassen dürfen – in einer Situation wo schon Impfstoffe mit deutlich höherer Wirksamkeit zugelassen sind und diese als relevante Vergleichstherapie betrachtet werden müssen.mDa die Zulassung nun da ist, hoffe ich, dass Sie die Gedanken, die ich Ihnen geschrieben habe, in Betracht ziehen, und diesen ein Gehör verschaffen werden. Ich habe mich noch nie an die Presse gewandt, aber heute habe ich die gleiche e-Mail auch an eine Reihe einflussreicher Politiker gesendet. Denn ich könnte es mir nicht verzeihen, wenn ich nicht wenigstens versucht hätte einflussreiche Menschen und Medien auf das Risiko aufmerksam zu machen. – Andrea Mehl 

 

Wir mögen unseren Augen kaum trauen. Schreiben Sie doch tatsächlich „54.453 Menschen sind bis vergangenen Dienstag in Deutschland an Corona gestorben…“. Ist das noch fahrlässige Schlamperei oder mutwillige Manipulation der Leser? Es gab schlimmstenfalls eine solche Zahl positiv getesteter Verstorbener. Wie viele hiervon überhaupt Symptome hatten oder gar ursächlich an Corona verstorben sind ist völlig unklar. Keine seriöse Quelle behauptet, dass diese Personen ursächlich an Corona gestorben sind. Was soll das? – Christiane Kohl-Schmitz 

 


 

 

Leserbriefe zu „Zu immer neuen Ufern” von Christian Schüle 

 

Da ich selbst schon mal in Dubai war, sind die Highlights schon sehr gut beschrieben. Was ich aber ziemlich merkwürdig, und regelrecht fahrlässig fand, ist die Tatsache, dass in dem ganzen Artikel nicht ein einziges Mal erwähnt wird, welche Menschenrechtsverstöße in UAE stattfinden, ein Land, das alles andere als eine Demokratie ist, und wo man ja schon, bei allen schönen Reiseimpressionen fragen kann, wie die Westler sich da wohlfühlen können, wo Blogger, Kritiker, Oppositionelle, Homosexuelle schlimm drangsaliert und eingesperrt werden. Das fand ich offen gestanden völlig daneben. Reise- Reportage ja, aber wenigstens zwei, drei Sätze wären da mal angebracht gewesen. – Michael Meyer 

 

Ich habe vor rund 30 Jahren 5 Jahre in Dubai gelebt und seitdem auch immer wieder besucht. Über Ihren Dubai-Artikel habe ich mich sehr gefreut. Sie haben ihn ja auch „eine Schwärmerei“ genannt und müssen so offensichtlich nicht „der Ausgewogenheit wegen“ über irgendwelche negativen Sachen nörgeln. Das finde ich sehr erfrischend. Natürlich ist nicht alles fehlerfrei in Dubai, aber es ist ein Ort wie kein zweiter auf dieser Welt. Im positiven Sinne. – Manfred Ceriatke 

 

Was für ein Wahnsinn, diese Dubai-Schwärmerei in der aktuellen Ausgabe unkritisch, ohne Einordnung und Distanz zuzulassen. Bei den Vereinigten Arabischen Emiraten handelt es sich um einen autoritären Staat, der Oppositionelle verfolgt, fundamentale rechtsstaatliche Prinzipien missachtet und einen grausamen Folter-Krieg führt. Diese Wahrheit wird überpinselt mit der Inszenierung unschätzbaren Reichtums, mit Waffenkäufen im Milliardenbereich und mit einer gekauften kulturellen und sportlichen Exzellenz. „Eines Tages könnten die Vereinigten Arabischen Emirate die Vereinigten Staaten von Amerika als Land der unbegrenzten Möglichkeiten ablösen“ – das gilt nicht für die gesetzlich verbotene Homosexualität, das gilt nicht für die in elenden Zuständen hausenden Wanderarbeiter, die den vom Autoren bewunderten Bauboom durchführen und als Dank perspektivlos ausgebeutet werden.

Das „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“? Das gilt noch nicht einmal für die Prinzessinnen des Landes, die aus dem goldenen Käfig ausbrechen und ein selbstbestimmtes Leben führen wollen. Die Missbrauchsvorwürfe gegen Mohammed bin Raschid Al Maktoum, den Sohn des vom Autoren verehrten visionären Emirs, sind zahlreich und glaubwürdig. „Das alte Dubai hat nicht die Attraktion des neuesten“, klagt der Autor. Natürlich. Es gibt kein altes Dubai, es ist alles eine Pappkulisse, auf Sandboden errichtet, wo noch in den 1960ern nichts anderes als eben jener Sandboden war. Es gibt keine kulturelle, historische oder religiöse Referenz für Dubai. 

Die VAE stehen wie kaum ein weiteres Land für zügellose, ungebremste Ressourcenverschwendung, es ist ein ökologischer und ökonomischer Wahnsinn, in die Wüste die größte Skihalle der Welt, das größte Aquarium der Welt zu bauen. Und das geschieht auf Kosten der Erde und ihrer Sandvorkommen (ein wertvoller Rohstoff), ihrer Wasservorkommen. Womit finanziert? Mit dem Klimakiller Öl. „Ich lasse mich treiben, vorbei an Galerien, in deren Ausstellungen es um Kapitalismuskritik geht, um Respekt und die Rettung des Planeten Erde“, schwärmt der Autor. Wie absurd. Er erwähnt nicht, dass Dubai noch viel mehr als die USA der Inbegriff des Kapitalismus ist, eine Geldkratie, die ihr Dasein allein auf Luxusgüter, VIP-Urlauber und Steuerflüchtlinge und damit dem Nachteil der Weltgesellschaft stützt.

Ausstellungen zu Kapitalismuskritik sind da blanker Hohn, denn sollte tatsächlich der Status Quo angezweifelt und mit der Kapitalismuskritik das Staatssystem der VAE in Frage gestellt werden, würde den Verantwortlichen Verfolgung drohen. Der Autor findet es toll, dass sich dieses Emirat „die Freiheit nimmt“, antikapitalistische Kritik zu produzieren. Nein, nichts ist frei in Dubai, zumindest nichts, was den Herrschern gefährlich werden könnte. Ist es nicht eine journalistische Aufgabe, all das einzuordnen? Ist das zu Unrecht mein Anspruch an die ZEIT? Oder sollte ich mich in Zukunft vom Ressort Entdecken fernhalten, weil da einfach mal Schwärmereien veröffentlicht werden, weil sie sich so schön träumerisch lesen? – Christoph Winterbach 

 


 

 

Leserbriefe zu „Aktenkoffer vor Schulranzen?“ Streit von Susanne Eisenman und Moritz Piepel 

 

In diesem Streitgespräch wird mal wieder von gestohlenen Bildungschancen und einer verlorenen Generation gesprochen. Ich will daran erinnern, dass es in der Bundesrepublik 1966/67 zwei Kurzschuljahre gab, weil der Schuljahresbeginn von Ostern auf den 01.August umgestellt wurde. Durch diese Kurzschuljahre gingen je nach Schulform 10 bis 13 Jahrgängen acht Monate Schulzeit verloren. Ich kann mich nicht erinnern, dass es damals zu Diskussionen über gestohlene  Bildungschancen oder eine verlorene Generation gab. Sogar die nachgelagerten Ausbildungszeiten wurden gekürzt, um in der Berufswelt den neuen Rhythmus zu erreichen. Es traf in etwa die Geburtsjahrgänge 1948 bis 1961. Den Jüngsten fehlte es also an Grundlagenvermittlung, den Ältesten an Zeit für die Vorbereitung ihrer Abschlussprüfungen.

Und doch sind wir alle durchs Leben gekommen und haben Staat und Gesellschaft vorangebracht. Jedenfalls hat mich in meinem gesellschaftlichen und beruflichen Leben keiner nach der gestohlenen Bildungschance gefragt und ich fühlte mich auch nicht bestohlen. Ich glaube das ging wohl allen so, denn niemand erinnert sich an dieses „verlorene Jahr“. Oder stünde es um Staat und Gesellschaft und alle Betroffenen dieser Jahrgänge besser, wenn es diese Kurzschuljahre nicht gegeben hätte? Da sich niemand mit diesem Thema beschäftigt hat, wird es wohl so nicht sein. Liebe junge Generation, für euch bringt diese Pandemie eine unerwartete, ungewohnte schicksalhafte Unregelmäßigkeit ins Leben, aber in den nächsten 40 bis 50 Jahren wird sie sich nivelliert haben, so wie für mich die Kurzschuljahre. Gelassenheit ist angesagt, nicht Erregung. Das betrifft auch eure Eltern, eure Lehrer und unsere Politiker. – Henning Glaser 

 

In dem Streitgespräch Präsenzunterricht versus Homeschooling geht es leider wieder nur um den Schutz der älteren Generation, versäumte schulische Kompetenzen und mögliche Benachteiligung von Kindern aus sozial schwächeren Familien. Völlig außer Acht gelassen werden die psychischen Folgen für alle Kinder und Jugendliche, die diese langen Schulschließungen mit sich bringen. Schule ist für sie nicht nur ein Ort des Unterrichts, sondern vor allem auch ein Raum der Sozialisation, die Möglichkeit, Gemeinschaft und Freundschaft zu leben und spielerisches Lernen und Ausprobieren zusammen mit anderen jungen Menschen zu erfahren. Dies sind elementare Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen. Die Unterdrückung dieser Bedürfnisse auf so lange Zeit ist nicht so ohne Weiteres rückgängig zu machen und führt schon jetzt zu einer Zunahme an auffälligem Verhalten in dieser Altersgruppe. Diesen Aspekt finde ich wesentlich bedeutsamer als ein paar Monate Wissenslücken an nachlernbarem Stoff, der häufig schon nach kurzer Zeit wieder vergessen ist. – Eva Weidinger 

 

Das Streitgespräch verdeutlicht einmal mehr die Kluft, die zwischen Politikern und Bürgern und zwischen Älteren und Jüngeren liegt. Während Herr Piepel zurecht nach einer Strategie – vor allem in Bezug auf Digitalisierung und digitalem Lernen – fragt, reagiert Frau Eisenmann mir Geldern, die bereitgestellt wurden. Genauso wenig, wie ein Lockdown eine Strategie darstellt, ist das bloße Bereitstellen von Geldern eine Strategie zur Förderung von digitalem Lernen. Völlig zurecht weist Frau Eisenmann darauf hin, dass digitales Lernen allein nicht der Heilige Gral ist. Einkommensschwache Haushalte werden das nicht so leicht umsetzen können, wie einkommensstarke Haushalte. Herr Piepel weist auf die Langzeitfolgen hin, wenn Schulen weiterhin dicht bleiben.

Die angesprochenen 3.3 Billionen Euro an Folgeschäden bis Ende des Jahrhunderts (!) sind ca. 40 Milliarden Euro pro Jahr. 3.3 Billionen Euro umfasst auch ca. das BIP Deutschlands aktuell. In 2020 kam es zu einem absoluten Rückgang des BIPs um ca. 120 Milliarden Euro, was drei Jahre der Hochrechnung von Herrn Pieper umfasst. Berücksichtigt wird von Herrn Pieper allerdings nicht – er redet ja von Einmalschäden – dass Wachstum bei einer niedrigeren Basis langsamer erfolgt. Somit kann man rein volkswirtschaftlich von Folgeschäden reden, wenn man sich nur das BIP anschaut. Man wird aber auch von Folgeschäden reden müssen, wenn es bald zu Insolvenzen kommen wird, die aktuell nur aufgeschoben werden. Ich persönlich bin 28 Jahre alt, bin Volkswirt und arbeite an einer Uni. Grundsätzlich kann ich mich natürlich eher mit den Aussagen von Herrn Piepel identifizieren.

Aber solche Aussagen kommen zu selten bei den Politikern an. Gleichwohl ist wenig Verständnis in der jüngeren Generation für die Aussagen der Politiker vorhanden. Das Streitgespräch verdeutlicht, dass es sich weder um ein Problem der Ressourcen oder des Willens zum Handeln handelt, sondern vielmehr um Kommunikationsprobleme und die falsche Fokussierung. So sehr in Zeiten der Pandemie auf Experten wie Virologen gehört wird, sollte auch deutlich mehr auf Experten im Bereich der Digitalisierung gehört werden, wenn es wirklich um Digitalisierung geht. Nur weil ich ein LAN-Kabel in meinen Kühlschrank stecke und der somit internetfähig ist, kann ich noch lange nicht von Internet of Things reden. Gleiches gilt bei der Digitalisierung: Nur weil ich Laptops und Kabel kaufe, haben wir noch lange keine digitalisierten Schulen. Und schon lange keine Strategie. – Dario Foese 

 


 

 

Leserbriefe zu „Ein Genie des Ausprobierens” von Jan Ross 

 

„Lieber Herr Ross, ein genialer Artikel über einen wagenden, hervorragenden Präsidenten Franklin D. Roosevelt. Der Präsident macht Hoffnung, das Agieren gegen die Angst oder besser angstfrei Neues zu wagen – hervorragend. In unserer heutigen Zeit der Angstmache bringt dieser Präsident und Ihr Artikel Hoffnung: ich bete, dass auch Joe Biden mit Kamala Harris diesen rooseveltschen Weg gehen wird – danke für Ihre weisen Worte. – Penny Kallmorgen 

 

Schade, daß FDR in seinem New Deal die allgemeine Krankenversicherung vergessen hat. Dann wäre diese jetzt genauso etabliert und US-Amerikaner würden nicht sagen: „meine Freiheit ist es, keine Krankenversicherung zu haben“ (Kopfschüttel). Obama hat es versucht. Kann Biden mit einem zweiten „New Deal“ die Krankenversicherung einführen? Sehr zu bezweifeln… – Wolfgang Michel 

 


 

 

Leserbriefe zu „Auf Lügen gebettet” von Michael Thumann 

 

Sie haben sicherlich davon gehört. Die USA und die Bundesregierung betreiben gemeinsam Propaganda gegen Russland. Der Fall Nawalny ist das beste Beispiel. Nawalny war bereits wenige Tage nach dem er in Deutschland angekommen ist wieder kerngesund. Ansonsten wäre es wohl kaum möglich gewesen einen Film zu drehen. Auch die Rückreise nach Moskau war genau durchdacht. Nawalny wusste, dass er sofort festgenommen würde. Das war auch so gewollt. Sofort haben die Medien wieder auf Russland eingedroschen und Putin für alles die Schuld gegeben. Ganz vorne dabei die Tagesschau und Co. Was den Palast von Putin angeht so darf man nicht vergessen das auch Deutschland einige „Paläste“ hat die von Steuergeldern finanziert werden. – Kurt Polacsek 

 

Herr Nawalny kann ja weiter protestieren. Für mich schwingt dabei immer ein wenig Selbstdarstellung. Er soll lieber sein Leben nicht dabei ruinieren. Die Welt besteht aus vielen politischen Modellen. Vielleicht ist das gar nicht so verkehrt, wenn ich mir mein Land ansehe. Auch mit diesem Modell kann man durchaus unzufrieden sein. Ehrlich gesagt, halte ich Urbàn in Ungarn auch für ein denkbares politisches Modell. – Gunter Knauer 

 


 

 

Leserbriefe zu „Es reicht nicht mehr” von Kolja Rudzio 

 

Bei der Lektüre des sehr guten und wichtigen Artikels fiel mir auf, dass direkt neben dem Artikel Werbung für exklusive Freischwingerstühle zu sehen sind. Halten Sie es nicht für unpassend, direkt neben einem Artikel, der die finanziellen Schwierigkeiten der ärmeren Bevölkerung thematisiert und zurecht Verbesserungen ihrer Situation fordert, Stühle für ab 795€ beworben werden? Nur zur Klarheit: Ich kritisiere sicherlich nicht die Werbung für diese Stühle. Ich hätte mir nur gewünscht, sie nicht direkt neben dem besagten Artikel zu sehen. – Tim Kempers 

 

Bayern ist schön und Schönheit hat eben ihren Preis, und deshalb sind die Bewohner des Freistaats leidensfähiger, und für diese große Leidenschaft sorgt der bayerische Ministerpräsident mit samt seinem treuen Gefolge. Vielleicht ist diese Corona-Pandemie in Bayern sogar ein Stück schlimmbesser als in den übrigen Bundesländern, dafür sind die Maßnahmen hier extremer und die Bußgelder höher und saftiger, viel höher als es die höchsten aller bayerischen Alpengipfel zusammen sind. Unser bayerischer Landesvater ist dafür mit „Abstand und FFP2-Maske“ der Allerklügste aller Landesväter und Landesmütter. Wohlauf die Luft ist eben in Bayern frischer und reiner, das ist ein Fakt; hoffentlich bekommt diese Tatsache nicht die neue Coronavirus-Mutantin so schnell mit! Riggi Schwarz 

 


 

 

Leserbriefe zu „Steckt das Stiften in der Krise?” Gespräch mit Ise Bosch, Friederike von Bünau, Ursula Gather und Julia Kloiber geführt von Manuel J. Hartung und Uwe Jean Heuser 

 

Der Beitrag benennt das entscheidende Strukturproblem gemeinnütziger Stiftungen, die schwindende Ertragskraft ihrer Kapitalanlagen, aus denen heraus sie fremde Projekte fördern. Die Konsequenz, keine Kapitalerträge, keine Zweckerfüllung. Eine Lösung des Einkommensproblems fördernder Stiftungen besteht im Aufbau sog. operativer Stiftungen, die ihr Stiftungskapital in eigene Projekte investieren, welche zugleich Einkommen generieren. Wie kann so etwas gehen? Ein Modell-Beispiel der 2019 gegründeten ‚Villa ganZ‘ könnte weiterhelfen. Diese Hildesheimer Stiftung errichtet satzungsgemäß mit Hilfe staatlicher Zuschüsse und Wohnbaukredite sozialen Wohnraum für B-Schein-Berechtigte und vermietet an Jene zu gebundenem Mietpreis.

Aus den Mieterträgen werden Tilgung, Zins und Abschreibungen finanziert, Bewirtschaftungskosten entfallen aufgrund ehrenamtlicher Tätigkeit, Überschüsse werden in weiteren Wohnraum reinvestiert. Unter dem Gesichtspunkt gefühlter Ewigkeit werden auf diesem Weg zahlreiche positive Effekte erzielt: Ressourcen (Arbeitsleistung, Kapital und Rohstoffe) gelangen dorthin, wo sie gebraucht werden, knapper Wohnraum wird geschaffen und auf Dauer einem spekulativen Markt entzogen, Urbanität und gemischte Quartiersbildung wird mitgestaltet sowie gesellschaftliche Teilhabe unterer Einkommensbezieher (z.B. Alleinerziehende oder Alleinstehende) überhaupt erst ermöglicht, engagierte Ehrenamtler erhalten vielfältige Betätigungs- und Wirkungschancen, wechselseitige bürgerschaftliche Verantwortlichkeiten in Wohnquartieren wachsen und erhöhen gesellschaftliche Bindekräfte …

Wo man stattdessen im Wohnungsmarkt ausschließlich einen kapitalgetriebenen Versorgungsweg einschlug zeitigte dieser eklatantes Marktversagen. Deshalb müssen neue Wege begangen werden, bei denen Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft konzertiert zusammengeführt werden: Warum nicht im Organisationsrahmen gemeinnütziger, operativer Stiftungen? Eigentum verpflichtet nicht nur, sondern erweitert – gemeinwohlorientiert – Lebenschancen und ‚Gestaltungshoheit‘. – Werner Dicke 

 

Das Dilemma etlicher großer ebenso wie kleiner fördernder Stiftungen wird im Gespräch trefflich erörtert. Mit ihrem zu erhaltenden Stiftungskapital können nur geringe bis keine Erträge erwirtschaftet werden. In Zeiten der Niedrig- und Negativzinsen wird die Wirkkraft der meisten Stiftungen daher leider stetig geringer. Gleichwohl existieren aber Wege aus dieser Krise, denn Stiftungen können sich auch anders organisieren – nämlich als operative Stiftung. In dieser Organisationsform ist Programm was im Beitrag angeregt wurde: Stiftungen müssen selbst unternehmerisch tätig werden.

Das Stiftungskapital einer operativen Stiftung wird für einen gemeinwohlorientierten Stiftungszweck eingesetzt, Überschüsse fließen in erneute zweckkonforme Projekte. Was heißt das konkret? Eine Stiftung, die z.B. Menschengruppen mit dem höchsten Armutsrisiko vor Gentrifizierung bewahren und Teilhabemöglichkeiten erhöhen möchte, investiert mit Hilfe ergänzender staatlicher Mittel in den sozialen Wohnungsbau. Das im Beitrag nicht erwähnte Modell der operativen Stiftung stellt sehr wohl eine Chance dar für neue Stiftungsgründungen und effektives Wirtschaften im Sinne einer gemeinnützigen Stiftungsidee. – Kristina Osmers 

 


 

 

Leserbriefe zu „In der Stadt fahre ich elektrisch”. Gespräch mit Hildegard Müller geführt von Claas Tatje 

 

ZEIT: „Können alle mit Ökostrom fahren? Hildegard Müller: „Das wird es auf absehbare Zeit nicht geben, der engagierte Ausbau erneuerbarer Energien bleibt wichtig. Auch deswegen dürfen wir auf synthetische Kraftstoffe nicht verzichten.“ Ich habe schon öfter Erklärungen zum Begriff „synthetische Kraftstoffe“ gelesen. Da wird immer der Stoff-Kreislauf beschrieben, der das CO2 und das H2O aus der Verbrennung von Kohlenwasserstoffen einsammelt, und wieder Kohlenwasserstoffe draus macht. Wo aber die Energie dafür herkommen soll, wird nie gesagt.

Und wenn Frau Müller jetzt feststellt, dass der Ökostrom nicht für alle reicht, dann reicht er ja erst recht nicht für die zusätzlichen synthetischen Kraftstoffe. Welche Energie wird denn dann dafür genommen? Die Suggestion des Perpetuum Mobile namens „synthetische Kraftstoffe“ kann man vielleicht Journalisten und Politikern unterjubeln. Aber schon dem technisch interessierten Laien nicht mehr, und Ingenieuren erstrecht nicht. Gemäß den Hauptsätzen der Thermodynamik ist auch für einen Stoffkreislauf ein gerichteter Fluss von der Energie zur Entropie nötig. Ich habe den Eindruck, dass uns da ein paar Lobbyisten ein X für ein U vormachen wollen. – Hans List 

 

Da langfristig in jedem Stromsystem mit hohem Anteil PV + Wind besonders in den vier Wintermonaten NOV – FEBR riesige Mengen an Wasserstoff benötigt werden, um den Black-Out abzuwenden, greifen einige Argumente von Frau Müller immer noch zu kurz: Warum ist das Batterie-E-Auto besser als das Brennstoffzellen-EW-Auto mit der Möglichkeit, Wasserstoff „zu tanken“? Wissen wir schon alles über die technischen Chancen ab 2025 – 2030? Wer bezahlt die Verkehrsinfrastruktur? Das heutige E-Auto bezahlt dafür nichts!

Zwei Punkte zur Ergänzung: 1.Wenn beim heutigen Strompreis für E-Autos der Strom für 100 Kilometer etwa gleich viel kostet wie der Kraftstoff für ein Verbrenner-Auto, dann bezahlt der Golf-Fahrer im Benzinpreis über 50 % für die Straßenbenutzung mit; ein Tesla hingegen entrichtet dafür NULL. Wer bezahlt beim E-Auto die Verkehrsinfrastruktur? 2.Jedes Stromsystem mit einem hohen Anteil aus Wind- und Photovoltaik-Erzeugung benötigt langfristig aufwändige Wasserstoff-Speicherung zur Wiederverstromung bei „Dunkelflaute“: Bei bald 650 Mrd. kWh Stromverbrauch p.a. und nur 30 % Erzeugung aus H2 werden 1.100 Mrd. Stromerzeugung, davon per Elektrolyse rund 500 Mrd. kWh Wasserstoff benötigt. Warum dann nicht gleich auf E-Autos mit Brennstoffzelle setzen? Wasserstoff könnte man tanken! – Prof. emer. Dr. Wolfgang Ströbele 

 


 

 

Leserbriefe zum Politischen Fragebogen „Ich würde versuchen, Trost zu spenden”. Gespräch mit Christiane Woopen geführt von Tina Hildebrandt 

 

Diese Publikation habe ich genossen, wie schon lange kein Interview mehr. In Zeiten da die Uhr den Mitmenschen wichtiger erscheint als der Kompass präsentieren Sie eine Frau, die etwas vom Navigieren versteht. Unaufgeregt nüchtern und zutiefst menschlich repräsentiert die Dame unsere abendländische Kultur. Das Miteinander, das Füreinander, unsere Sehnsüchte. Wie viele abendliche Diskussionsrunden im Fernsehen gehen derzeit unter in den Wellen des Wahlkampfes, der Selbstsucht, der Belanglosigkeit oder vagen Spekulation. Als bemerkenswert fiel mir Frau Woopen dabei auf. Stets im positiven Sinne. Wie gut gewählt Ihre Entscheidung, ihr in der Zeit nachlesbar die Chance einer Darstellung zu geben. Hier passt dann Inhaltsschwere und Tempo. Gedrucktes bekommt angemessen wieder Wert. Das von Oriana Fenwick gezeichnete Portrait rundet diese gelungene Seite überzeugend ab. Frau Woopen und auch Ihr Fokus machen mir Mut mit Blick auf das, was noch kommen mag. Herzlichen Dank. – Thomas Werner 

 

Den politischen Fragebogen halte ich für eine grandiose Einrichtung. Woche für Woche gibt er faszinierende Einblicke in persönliche Anschauungen und Haltungen von Politikern und Prominenten. Diese mit den eigenen Standpunkten abzugleichen, ist immer wieder spannend. Ich finde allerdings, man sollte nicht nur die „Guten“ zu Wort kommen lassen. – Ludwig Engstler-Barocco 

 


 

 

Leserbriefe zum Titelbild und Thema „Die zweite des Lebens … ist sie die bessere?” von Rudy Novotny 

 

Ist das wirklich die ZEIT? das Bild auf dem Titel lässt mich zweifeln; was soll diese Kreuzung aus Weihnachtsmann und Buddha? und die Frage nach der zweiten Hälfte des Lebens (ab 55? was für eine Lebenserwartung!) klingt nach Wartezimmer-Blättchen. Ist Ihnen kein wichtigeres Thema eingefallen? Humor und Witz: ja bitte; aber dies ist einfach albern. – Rosemarie Hackmann 

 

Reitet die seriöse ZEIT jetzt auch auf der Esoterik-Welle? Warum müssen Sie zum Thema „Die zweite Hälfte des Lebens – ist sie die bessere?“ Einen alten Mann in hinduistischer Yoga-Entspannungshaltung präsentieren? Was soll diese Werbung für Esoterik, für Hinduismus? Überall finde ich den Vormarsch der Esoterik, nun auch bei Ihnen. – Prof. Dr. Matthias Amen 

 


 

 

Leserbriefe zu „Dick, ja und?” Gespräch mit Reiner Calmund, Angelina Kirsch, Ricarda Lang und Thomas Schreiner geführt von Sebastian Kempkens und Viktoria Morasch 

 

Die Denke ist falsch. Unabhängig davon, dass das Dicksein zu gesundheitlichen Schäden führt, sollte man an die Gesellschaft denken, die wird nämlich darunter leiden müssen, mehr Geld für ihre Krankenversicherung auszugeben. Da gibt es nichts zu leugnen. – Gunter Knauer 

 

1.Wer jemanden wegen seines Äußeren verurteilt, sollte sich schämen und beweist, wessen Geistes Kind er ist. 2.Es geht in diesem Artikel aber offensichtlich nicht darum, dass es jemanden in „kleiner“, sondern eher in „weniger gesundheitsgefährdend leichter“ gibt. Ich glaube kaum, dass jemand, der adipös ist oder war, sich in seinem Körper wohlfühlt(e). Mindestens zwei von Ihnen sind oder waren adipös. Das ist schlicht eine Beschreibung dessen, was ich auf den Bildern sehe und im Artikel lese. Der Punkt ist doch: wie geht es Ihnen in zwanzig, dreißig Jahren? 3.Curvy Models: Frau Kirsch, in meinen Augen sind Sie eines. Aber viele Ihrer Kolleginnen und ggf. selbsternannten Curvy Models sind adipös und damit krank.

4.Mir fehlt in diesem Artikel eine Einsicht. Nein, Sie sind weder undiszipliniert noch schwach noch noch noch. Sie stellen sich nur nicht der Realität und handeln verantwortungslos sich selbst gegenüber. Sie machen die Augen zu und es sich zu leicht. 5.Sie liegen falsch, wenn Sie glauben, dass ich hochmütig bin. Ich bin 56, habe mittlerweile Speck da, wo ich ihn nie haben wollte. Ich neige schon immer dazu, meine innere Unruhe mit Essen zu bekämpfen. Daran arbeite ich jeden Tag, seit vielen Jahren meines Lebens. Ich mag mich – größtenteils und meistens – mittlerweile deshalb so, wie ich bin, weil ich nie aufgegeben habe. 6.Auch, wenn Sie mich nach dem – eventuellen – Lesen meiner Zeilen nicht mögen: sei’s drum. Ich hoffe, Sie tun etwas. NUR FÜR SICH. – Annette Haagen 

 


 

 

Leserbrief zu „Alles schon mal da gewesen” von Heike Buchter 

 

Beim Lesen des Artikels habe ich mich im oberen Teil der zweiten Spalte über eine Zahl gewundert. Obama wollte zu Zeiten der Finanzkrise …“ den Einbruch der Wirtschaft mit einem 800 Millionen schweren Konjunkturprogramm auffangen“. Das wäre ja nicht mal 1 Milliarde Dollar, also ein absolut laues Lüftchen für eine solche Maßnahme, auch im Vergleich zu den 1900 Milliarden ( ,9 Billionen) die aktuell jetzt im Raum stehen. Es handelt sich dabei um einen fast unausrottbaren Klassiker im Journalismus: Die Verwechslung von Millionen mit Milliarden. Tatsächlich betrug das damals bewilligte Konjunkturpacket 789,5 Milliarden Dollar (im Englischen Sprachgebrauch wären es 789,5 Billion, da ist ein Billionair immer noch ein Milliardär). Die zitierte Zahl ist aus “Spiegel online“ vom 12.02.2009, US. Konjunkturpaket, und mit dieser Summe konnte auch tatsächlich etwas bewirkt werden. – Herbert Kustermann 

 


 

 

Leserbrief zu „Der Stoff, aus dem Geschichte wird” von Angelika Franz 

 

In dem sehr lesenswerten Artikel wird zum Schluss die Frage angesprochen, welchem Kleidungsstück während der Zeremonie der Amtseinführung von Joe Biden am meisten Aufmerksamkeit zuteil wurde. Ich persönlich habe da nicht den geringsten Zweifel: Dieses Bild wird bleiben, auch wenn alle anderen Einzelheiten verblasst sind: Eine zierliche junge Frau im gelben Mantel, eine liebenswerte Dichterin, tritt ans Rednerpult vor dem Kapitol, und es ist als ginge die Sonne auf, noch ehe sie mit ihrem Vortrag beginnt. Sie lässt für einen Moment die hässlichen Ausschreitungen vergessen, mit denen ein barbarischer Mob die Würde des Ortes entweihte. Amanda Gorman, die Frau im gelben Mantel, verkörpert mit ihrem herzergreifenden Stahlen das gute Licht, das nach vier abgrunddunklen Jahren Amerika wieder zum Leuchten bringt. – Ludwig Engstler-Barocco 

 


 

 

Leserbrief zu „Dausend Prozent” von Peter Dausend 

 

Bruno Labbadia als Hoffnungsträger für das gebeutelte Berlin. Das ist doch einmal ein exzentrischer Vorschlag von Herrn Dausend und seine weiteren Ausführungen sind auch blitzgescheit. Allerdings vergeht mir so langsam das Lachen, wenn ich mir die Entwicklung ansehe. Wenn der Berliner Senat tatsächlich eine Migrantenquote von 35 % in der öffentlichen Verwaltung einführen wird, soll bitteschön auch daran gearbeitet werden, dass von den 35 % 50 % Frauen sind. Eine gendergerechte Ansprache müssen künftige Bewerber dann ja noch nicht nutzen, ansonsten würden ihre Bewerbungen gleich aussortiert werden (s. Stadt Hannover). Alles ganz schön verwirrend. Qualifikation scheint keine Rolle mehr zu spielen und die Meinung einer Mehrheit sowieso nicht mehr relevant zu sein; Gendern, Political Correctness und Cancel – Culture lassen grüßen. Hier sind nicht nur politische Minderheiten sehr aktiv und sie haben offensichtlich einen überproportionalen Einfluss, anders kann man ihre Erfolge kaum erklären. Am Ende bleibt es dennoch fragwürdig, ob eine gelebte Integration und eine Akzeptanz für Diversität in Deutschland wirklich entstehen kann, wenn eine Minderheit die Mehrheit mehr oder weniger entmündigt. – Regina Stock 

 


 

 

Leserbrief zu „Was ist Wahrheit?” von Sarah Pines 

 

Die Wahrheit ist, Frau Farrow hat ein wirres Konglomerat aus Anleihen bei Tolkien und Fahrenheit 451 zusammengefaselt. Was Wahrheit ist, wollte vor etwa 2000 Jahren der römische Statthalter in Palästina auch wissen; und wusste keine Antwort und wusch sich die Hände. Jetzt gibt es eine Antwort, Frau Farrow mit ihrem Ouvre. – Hans-Emil Schuster 

 


 

 

Leserbrief zu „Ohne ihn” von Matthias Krupa et al. 

 

Der ultraegomane Trump, dessen Politik auf Fakes, evidenten Lügen und populistischen Scheinwahrheiten in seiner Präsidentschaft basiert und der trotzdem Millionen von Republikaner von sich in der Kongresswahl überzeugte, fand auch außerhalb Europas Anhänger mafiöser Färbung. Der verirrte Trump-Schüler und Todesengel des brasilianischen Regenwaldes heißt Bolsonaro. Seinen Followern rät er, den Regenwald weiter durch Brandrodung zu zerstören und dafür dort Monokulturen anzulegen; mit verheerenden Folgen für das Weltklima. Die europäische Toleranz gegenüber diesem brutalen Umweltfrevel ist mir unverständlich und ist zugleich global undemokratisch. – Rudolf Ebler 

 


 

 

Leserbriefe zu „Sie klagen an” von Johannes Dudziak im ZEIT Magazin 

 

Ein interessanter Artikel, insbesondere wenn man auch zwischen den Zeilen liest. Mir wird dort suggeriert, dass nicht nur die Verletzten krank oder dauerhaft arbeitsunfähig geschrieben wurden/werden, sondern deren Angehörigen gleich mit. Schreiber und Leser des Artikels sollten sich bewusst machen, dass es sie nicht geben würde, wenn ihre Vorfahren 1945, als jede(!) Familie dieses Landes mindestens einen Angehörigen auf ähnlich grausame Weise verloren hatte, sich dem Weitermachen auch so entzogen hätten. In Deutschland wären 1945 alle Menschen verhungert!

Eine evtl. besonders zu berücksichtigende migrantische Komponente gab es mit den 12 Millionen Vertriebenen auch schon, aber deren Überlebenswille und eigenverantwortliches Handeln unterschied sie nicht vom Rest der Bevölkerung. Bis zu diesem Artikel hielt ich noch die (altmodische) Lebensweisheit für wahr, dass Arbeit helfen würde, Leid durch Ablenkung zu überwinden. Falsche Psychologie, wenn unerschöpfliche finanzielle Zuflüsse auch ein dauerhaftes Leben ohne Broterwerb möglich machen. – Ernst Kaffanke 

 

Ich habe mit großem Interesse Ihren Artikel über den Anschlag in Hanau gelesen. Es hat mich sehr berührt, wie die Angehörigen mit ihren unterschiedlichsten Problemen sehr oft allein gelassen worden sind. Möge solch ein Artikel uns alle aufrütteln, um Menschen, denen ein so großes Leid widerfahren ist, besser zu unterstützen und zu begleiten. Noch viel besser wäre es natürlich, wenn so etwas gar nicht passiert! Mich hat es allerdings sehr verwundert, dass Sie sehr oft den Namen des Attentäters erwähnt haben. Viele Attentäter, auch wenn sie sich teils selbst töten, empfinden eine sehr große Befriedigung darin, dass ihr Name in den Medien im Zusammenhang mit ihrer Tat genannt wird und der „Nachwelt somit in Erinnerung“ bleiben.

In solchen rassistischen Kreisen wird aus meiner Sicht dadurch ein falsches Zeichen gesetzt, da diese Täter dann noch mehr von Gleichgesinnten in fataler Weise glorifiziert werden können. Bei dem Attentat in Christchurch, Neuseeland, hat man den Namen des Attentäters ganz bewusst nur dann erwähnt, wenn es aus juristischen Gründen nicht anders möglich war. So ist er ein „Niemand“ für die Nachwelt. ,Als langjährige, treue Zeitleserin hätte ich mir hier ein anderes Vorgehen von Ihnen gewünscht. Doch vielleicht gab es einen Grund, so den Artikel zu schreiben. Es würde mich dann sehr interessieren, warum Sie so gehandelt haben. – Heidi Steinbock 

 

Zunächst einen uneingeschränkten Glückwunsch zum Beitrag. Gefühlvoller, näher, treffender und menschlicher kann niemand über das schreiben, was der Anschlag von Hanau vor bald einem Jahr für die Hinterbliebenen bedeutet. Wirklich eine hervorragende Leistung von Johannes Dudziak, Luisa Jabs und Fabian Ritter. Grüßen Sie alle Drei gerne angesichts dieses auffällig gelungenen Artikels. Am Ende stellte ich mir nur die Frage, ob es eigentlich noch möglich ist, den Hinterbliebenen auch aus der Ferne zu helfen. Also per Spende. Ein solcher Hinweis wäre noch hilfreich gewesen. Bei der Gelegenheit noch ein Hinweis: Dass dieser Beitrag „Sie klagen an“ seine Wirkung entfalten kann, hat ganz wesentlich mit der sensiblen und klaren Sprache zu tun. Mir fiel irgendwann auf, warum ich mich als Leser voll und ganz in das Thema reinfühlen kann.

Das ist möglich, weil hier keinerlei Ablenkungsmanöver durch irgendwelche Formen sogenannter gendergerechter Sprache erfolgen. Ich kann mich als Leser also auf das eigentliche Thema konzentrieren. Ich nehme diesen – ich wiederhole mich – hervorragenden Beitrag zum Anlass, Sie darum zu bitten, in der ZEIT, im ZEIT-Magazin und besonders dringlich auf zeit.de unverzüglich alle Versuche einzustellen, mit verschiedenen Formen sogenannter gendergerechter Sprache Ihre Leser zu erziehen oder gar zu manipulieren. Ihre Leser sind nicht doof und können sich selber ausmalen, wer alles gemeint ist, wenn Sie in guter, für alle verständlicher Sprache schreiben.

Für Ihre Leser sind sprachliche Phänomene wie die ewigen Dopplungen (Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten, Französinnen und Franzosen), ungelenken Partizipialkonstruktionen (Mitarbeitende, Pflegende, Redigierende …), technokratischen Abtörnbegriffe (Lehrkraft, Pflegekraft, Redigierkraft …), sexus-geschlechtliche Abwechslungen (Lehrerinnen, Erzieher, Forscherinnen, Politiker, Senatorinnen, Republikaner) oder aber wie aus Nichts einfach verwendete weibliche Formen (Notarinnen), bei denen niemand weiß, ob es wirklich nur Notarinnen sind (oder auch Notare), schlicht verwirrend. Diese Formen schaffen Unklarheiten, Missverständnisse und wirken auf Ihre Leser belehrend, oberlehrerhaft und erzieherisch. Journalisten sind aber nicht für die Erziehung ihrer Leser da, sondern für sauber recherchierte und gut geschriebene Artikel.

Ich würde mich obendrein freuen, wenn alle Journalisten bei der ZEIT und bei zeit.de den Unterschied zwischen Genus und Sexus beherrschen würden. Wäre das der Fall, würde es all die Formen alarmierend schlechter, umständlicher und den Lesefluss störender Sprache in oben beschriebenen Formen nicht geben. Um es klar zu sagen: Ich lese die ZEIT unter anderem wegen der darin in aller Regel zu findenden sehr guten Sprache. Zeit.de meide ich – von Ausnahmen abgesehen, weil die dort verwendete Sprache schlicht schlecht ist (Erklärungen siehe oben). Ich beobachte seit vielen Monaten, dass diverse Formen sogenannter gendergerechter Sprache in den Medien um sich greifen (mitunter auch mit Gendersternen, -unterstrichen, –doppelpunkten resp. in Radio und Fernsehen mit gesprochenen Genderstern-Pausen).

All diese Formen halte ich für infantil und total rückschrittlich – aus x verschiedenen Gründen. Während ich es für fortschrittlich halte, dass wir im öffentlichen Diskurs immer selbstverständlicher finden, dass das Geschlecht von Menschen völlig wurscht ist, stellen alle Formen der sogenannten gendergerechten Sprache zweifelsohne einen Rückschritt dar. Gendergerechte Sprache ist genitalien-fixiert, kündigt den Sprachkonsens auf, den wir für eine funktionierende Demokratie dringend brauchen – und nimmt dem wichtigen, seriösen Feminismus seine Ernsthaftigkeit. Die Unterstützung von Mädchen und Frauen muss seriös, konkret und ernsthaft erfolgen, aber gewiss nicht mittels infantiler Sprache, mit der auch zeit.de und stellenweise auch die gedruckten ZEIT-Medien in die Köpfe der Leser reinregieren wollen. Hören Sie also auf mit diesen Manipulationsversuchen! Schreiben Sie in guter Sprache, die jeder gut verstehen kann. Schreiben Sie so wie in dem hervorragenden Beitrag „Sie klagen an“. Nur so funktioniert seriöse, unabhängige Information. Und nur so zeigen Sie den nötigen Respekt vor Ihren Lesern. Danke! – Bernhard Bomke 

 

Nachdenklich musste ein Satz des Hanauer Oberbürgermeisters über das Attentat im Februar 2020 stimmen. „Die Opfer waren keine Fremden.“ sollte sicher diesem fürchterlichen Geschehen zusätzliche Tragik verleihen -Opfer, die man kannte, machen uns nun mal besonders betroffen. (Auf der Gedenken-Stele steht auch „Sie waren keine Fremden.“) So empörend man das Attentat empfinden muss – so „befremdend“ kann diese Aussage wirken! Ist ein Attentat weniger verabscheuungswürdig, wenn Fremde die Opfer sind? – Helmut Lenhart 

 

Es ist erfreulich und wichtig, dass Sie sich des Anschlags in Hanau noch einmal annehmen. Ich möchte Ihnen inhaltliche Anmerkungen mit auf den Weg geben und habe die große Hoffnung, dass diese Sie in einem Moment erwischen, in dem Sie sich mit einer Tasse Tee in Ruhe den Rückmeldungen widmen können. Die einleitende Headline „die Opfer waren keine Fremden“ wird im Text wiederholt, und doch werden sie im Text zu Fremden, was ich sehr schade finde. Ich möchte Ihnen zeigen, wie dieser Eindruck bei mir entsteht. Der Täter sei „getrieben vom Hass auf Ausländer“ gewesen. Sie machen sich hier gemein mit der Täterlogik. Die Menschen waren nicht deswegen in seinem Fadenkreuz, weil sie Ausländer waren.

Aus zwei Gründen ist diese Einordnung problematisch. 1.“Ausländer“ und „Deutscher Staatsangehörige“ sind rechtliche, behördliche Statusangaben. Sie können nicht an der Hautfarbe abgelesen werden. Es gibt BIPoC, die laut Pass ‚Ausländer‘ sind und solche, die laut Pass Deutsche sind. 2. ,Ausländer’ war aber auch gar nicht die Kategorie des Täters, das können weiße Menschen aus Schweden, Frankreich oder Kanada auch sein. Die Kategorie des Täters war: People of Color. Oder BIPoC. Ganz einfach. Das ist die offizielle Selbstbezeichnung für die Menschen, die Sie beschreiben möchten. Wenn Sie die Kategorie nicht benennen, benennen Sie das Problem nicht: Rassismus. Ebd.: „er zielte auf Menschen, deren Aussehen auf einen Migrationshintergrund schließen ließ.“ 

Es gibt zu dem Begriff „Migrationshintergrund“ gerade eine große Debatte, schauen Sie mal hier: https://www.tagesschau.de/inland/fachkommission-fordert-abschaffung-des-begriffs-migrationshintergrund-101.html-. Der Begriff ist deswegen so unglücklich gewählt, weil äußere Merkmale und Namen vielleicht gar nicht auf die eigene Migrationsgeschichte, sondern auf die Migrationsgeschichte der Eltern oder Großeltern verweisen. Die Dimension von Migration an sich ist auch überhaupt nicht relevant in der Wahrnehmung des Täters – für ihn zählen die für ihn sichtbaren Merkmale, selbst wenn eine der Personen noch nie im Herkunftsland der Eltern war und ihr ganzes Leben in Deutschland verbracht hat. Und wieder: auf weiße Menschen, die stereotyp so aussahen, als kämen sie aus Norwegen, schoss er nicht. Deswegen wäre hier richtig gewesen zu sagen: „er schoss auf Männer und Frauen mit brauner Haut und schwarzen Haaren.“ oder „Er schoss auf Menschen, die nicht in sein rassistisches Bild von ,deutsch‘ passten.“ Wir müssen das Problem benennen, präzise. Das Problem heißt „Rassismus“.  

„Die Tat von Hanau wurde im ganzen Land einhellig verurteilt (…).“ Ich weiß, wie Sie das meinen, aber die Formulierung suggeriert, dass Rassismus keine Struktur ist, sondern einem einzelnen Amokläufer zuzuschreiben ist. Dass die Tat nichts mit allen weißen Menschen in Deutschland zu tun hat. Ja, mag sein, viele weiße Menschen haben die Tat verurteilt. Aber die Struktur haben sie dadurch doch nicht gesehen, verurteilt und defragmentiert. Für viele Verurteiler war das ein Spinner, ein Psychopath. Mit ihnen selbst hatte das aber nichts zu tun. Und so leben PoC in Deutschland weiter in Angst, obwohl der Täter tot ist. Warum ist das so? Weil die Tat weniger über einen Psychopathen sagt als über eine Struktur, die da ist und Ausdruck findet, mal härter, mal unauffälliger. Die Protokolle zum Schluss zeigen: neben der Angst vor dem noch lebenden Vater des Täters bleibt die Gewissheit, von der Polizei nicht so geschützt zu werden wie weiße Menschen. Lassen Sie uns den Grund der Angst benennen: Rassismus ist eine Struktur, Rassismus tötet. Jeden Tag.  

„…von Migranten besuchte Bar.“ Nee. Die weißen Schweden nicht, die weißen Franzosen nicht. Das war nicht der Punkt. Der Punkt war: da saßen vor allem Jungs und Männer of Color. Vor allem Menschen mit brauner Haut und schwarzen Haaren saßen da. Let‘s name it! Es werden hier die Morde „rassistisch“ genannt. Danke! „Der Attentäter zielte auf Mustafa Tunc, drückte aber nicht ab. Offenbar, weil er blond ist und blaue Augen hat.“ Danke. Let’s name it. In aller Anerkennung für Ihren wichtigen Beruf und die Umstände, unter denen Journalist_innen gerade ihre so wichtige Arbeit machen, empfehle ich Ihnen von Herzen drei wirklich hervorragende Bücher und ich würde Sie fast lieber bitten, sie zu lesen als nur eine Empfehlung auszusprechen. Deutschland Schwarz Weiß. Noah Sow / Exit Racism. Tupoka Ogette. / Sprache und Sein. Kübra Gümüşay. Sie sind Multiplikator, Ihre Worte zählen. Ihre Worte können genauso auch verletzen, Rassismen reproduzieren oder Teil der Heilung werden. – Jil Blume 

 

Im Artikel haben Sie etwas Gutes getan und diesen Opfer Namen, Gesichter und eine Geschichte gegeben. Es ist nur bedauerlich, dass man scheinbar einen Migrationshintergrund benötigt, um als deutsch Opfer, seine Würde wieder zu bekommen. – Clive Kewell 

 

Es gibt wohl in der deutschen Presse eine Übereinkunft, niemals über die Opfer von solchen Attentaten zu berichten. Schutz der Opfer, Schutz der Angehörigen wird da immer genannt. Stattdessen wird seitenlang über den Attentäter und seine Hintergründe berichtet. Ich halte diese Haltung schon immer für falsch. Mitgefühl mit den Opfern kann ich nur entwickeln, wenn ich weiß, welche Schicksale sich dahinter verbergen. Insofern ist Ihr Beitrag vorbildlich und unbedingt lesenswert. Ein weiterer Aspekt der Berichte der Hinterbliebenen ist die Unfähigkeit und die mangelnde Anteilnahme der Polizei. In allen Berichten über solche Attentate taucht immer wieder der Vorwurf an die Polizei auf, warum diese nichts rechtzeitig übernommen habe. Hier geht es nicht nur um den Breitscheidplatz oder den NSU, denn dieser Vorwurf ist auch in Hanau wieder an die Polizei zu richten. Leider ist dieses Problem nicht aus der Welt zu schaffen. Die linke Hand weiß nicht, was die rechte tut. Und Empathie kennen die Beamten bis rauf zum Minister überhaupt nicht. Nur Sonntagsreden von ihren Redenschreibern.Gerd Heidbrink 

 

Kazimierz Korzeniewski, so erfuhren wir während unserer Klassenfahrt mit unserem Religionslehrer Felix Evers am 27. Januar 2005 in Oswiecim, pflanzte im Garten des Lagerkommandanten Höß Erdbeeren auf mit Menschenasche gedüngter Erde. Über den Kapellmeister Adam Kopycinski lernten wir, dass die Konzerte vor der Villa Höß ein makabres Erlebnis gewesen seien, weil in nur 100 Metern Entfernung der Kamin des Krematoriums den süßlichen Gestank verbrannter Leichen ausgestoßen habe. Wir nahmen uns für unsere eigenen Lebenswege vor, so zu denken, reden und handeln, als ob das Grauen von Auschwitz nur 100 Meter entfernt von uns geschehen wäre – also in Sicht-, Spür-, Riech- und Hörweite, genau wie auf unvorstellbare Weise für Familie Höß mit ihren Kindern.

Und wir thematisieren das Böse, auch und gerade wenn es sich erst im Kleinen zeigt, damit Anschläge im Großen wie in Halle und in Hanau vermieden werden können: Jedes Mobbing auf Schulhöfen, jeder kleine Witz gegen Juden am Stammtisch, jede Hassmail im Internet gehört mit Zivilcourage zurückgewiesen, weil wir alle nur 100 Meter entfernt von den Verbrennungshöfen leben. Höß schrieb vor seiner Hinrichtung am 16. April 1947 in Auschwitz: „Ja, meine Familie hatte es in Auschwitz gut. Jeder Wunsch, den meine Frau, den meine Kinder hatten, wurde erfüllt. Die Kinder konnten frei und ungezwungen leben. Meine Frau hatte ihr Blumenparadies.“ Auch heute leben bei uns Menschen wie im Paradies, während 100 Meter entfernt die Menschenwürde auch unserer jüdischen Geschwister mit Füßen getreten wird – ohne Gewissensbisse. Halkert Sach, Lennart Duncker und Bernd Horstkamp  

 


 

 

Leserbriefe zum Wochenmarkt „Linsen, die nach Sommer schmecken” von Elisabeth Raether im ZEIT Magazin 

 

Ihr neuestes Rezept ist nicht nur, wie gewohnt, leicht nachzukochen, sondern es schmeckt auch sehr gut!mSehr appetitlich dieses Mal auch das Foto von Silvio Knezevič! Wenn diese hervorragende Fotoarbeit eine Trendwende hin zu mehr Lust auf Ihre tollen Rezepte darstellte, hätten wir alle gewonnen! – Matthias Zapf 

 

Erst einmal herzlichen Dank für das schöne Linsensuppe Rezept. Was mich aber mindestens genauso fasziniert, ist das Geschirr, bzw. die beiden Schüsseln. Wo gibt es die zu kaufen? – Benno Pöhler 

 

Woche für Woche sind wir gespannt auf Ihre Rezepte. Sie sind sehr leicht nachzukochen, ohne dass man gleich aus dem Haus gehen muß, um einzukaufen. Ihr heutiges Rezept hat uns inspiriert, mal wieder in unseren Ottolenghi zu gucken. Jetzt werden wir die Thailändische Rote-Linsen-Suppe mit der Ihren kombinieren. (Mein Mann schnippelt – ich koche). Wir sind sicher nicht die einzigen, die auch asiatische Küche lieben, deshalb freuen wir uns, wenn einige Ihrer Rezepte in diese Richtung gehen. Früher konnte ich keinen einzigen Kuchen backen, heute habe ich die Qual der Wahl. Danke! Die Fotos sind sehr einfallsreich. – Ingrid Beyrow 

 


 

 

Leserbriefe zur Deutschlandkarte: „Biomüll-Quoten” von Matthias Stolz und Infografik von 1kilo im ZEIT Magazin 

 

In Baden-Württemberg sind Biotonnen Pflicht, mit einer Ausnahme: Die Landkreise Emmendingen und Ortenau betreiben zusammen die Mülldeponie Kahlenberg bei Ringsheim (ZAK Zweckverband Abfallbeseitigung Kahlenberg), die ein in den letzten Jahrzehnten entwickeltes und hervorragend bewährtes mechanisch-biologisches Abfallverwertungsverfahren (MBA) entwickelt hat, das als MYT (Maximum Yield Technology – gewinnt das maximale Energie- und Rohstoffpotential aus Resthausabfällen) zum Funktionieren auf den Restmüll mit Biomüll angewiesen ist. Technische Einzelheiten entnehmen Sie bitte dem Anhang (BZ-Artikel einer Besucher-Führung) bzw. dem Internet unter www.zak-ringsheim.de .

In der Gesamtbilanz arbeitet dieses Verfahren besser als die sonstigen „Standard-Deponien“. Dieses Verfahren findet international Zuspruch, zahlreiche Lizenzen dieses innovativen Verfahrens wurden bereits international verkauft. In Baden-Württemberg selbst hält man – schematisch? gedankenlos? phantasielos? – wie in allen anderen Bundesländern pedantisch am Mainstream der Biotonne fest, der ZAK Ringsheim hat lediglich eine auf einige Jahre beschränkte Sondererlaubnis für sein innovatives und besseres Verfahren, obwohl man hiermit einen Weltmarkt erschließen könnte. Auch so kann man Fortschritt abwürgen. Nach diesem meinem Plädoyer kann ich nur dringend empfehlen, dass Sie sich selbst Informationen und einen persönlichen Eindruck verschaffen und dann – das ist jetzt besonders wichtig!im Zeit Magazin einen ausführlichen Bericht darüber bringen. Damit können Sie der Sache, dem ZAK Ringsheim und der Umwelt dienen. – Dr. Jürgen Hoffmann 

 

Sie zeigen, welche Landkreise kein Biotonnenangebot haben. Sie berücksichtigen nicht, dass es zumindest ein anderes Konzept gibt, das in den Landkreisen Emmendingen und Ortenau angewandt wird. Mit einem mechanisch-biologischen Verfahren werden 99 % des Restmülls einer Wiederverwertung zugeführt. Dazu braucht es Biomasse. Deshalb gibt es keine gesonderte Biotonne. Nur das letzte Prozent an Müll wird in einem Hochtermperaturofen verbrannt, alles andere wird wiederverwertet. Trotz ihrer großen Erfolge werden die Betreiber leider immer wieder angegriffen, da diese Technologie nicht in die Müllverbrennungswirtschaft passt. – Karl-Hans Jauß 

 

„Und nicht überall, wo es die Tonne gibt, ist sie Pflicht.“ – Das wäre auch unsinnig. Gerade auf dem Land haben fast alle Haushalte einen Komposthaufen. Den aufzugebenden Biomüll umweltbelastend zur Kompostieranlage zu karren entbehrt jeder Sinnhaftigkeit. – Iman Schwäbe 

 


 

 

Leserbriefe zu Morgens halb zehn in Deutschland: „Folge 19: Im Impfzentrum in Berlin-Treptow ist im Kampf gegen die Pandemie eine überraschende Allianz entstanden” von Moritz von Uslar im ZEIT Magazin 

 

Vielen Dank für Ihre tolle Reportage! Ich habe meine Mutter zweimal zum Impftermin begleitet und mich ebenfalls gefreut, dass dort so viele junge und gut gelaunte Menschen hilfreich und freundlich unterwegs sind. Und nun weiß ich sogar, wo die Helfer*innen in den bunten Westen gelernt haben, was Service heißen kann. Ich gehöre (auch aus Altersgründen) nicht zu den Partygängern und habe folglich auch niemanden wiedererkannt – mal sehen, ob ich in der Nach-Corona-Zeit die Arena mal besuche, wenn dort wieder boys and girls auf die Toilette gehen. Aber heute, beim zweiten Impftermin für meine Mutter, war ich doch konsterniert.

Am Eingang machen Soldaten in Uniform eine Ausweiskontrolle und überprüfen, ob man auch auf der Terminliste steht. Nach einem kurzen Blick auf den Personalausweis meiner Mutter sagt der Mann Mitte Dreißig unvermittelt (um nicht zu sagen wie aus der Pistole geschossen): „Aha, geboren am 8.8., dem Schwarzen Tag des deutschen Heeres!“ Ich war so verblüfft, dass es mir die Sprache verschlagen hat. Insofern hat die von Ihnen zitierte 95-Jährige mit ihrer Äußerung „Und Sie? Sie sind von der Wehrmacht?“ leider nicht nur einen Lacher gelandet, sondern vielleicht auch etwas ausgedrückt, was ihr atmosphärisch entgegengekommen ist. In meinen Augen ist das ein Fall für AKK. – Holger Kühne 

 

Endlich einmal kein Geschimpfe über die Arbeit im Berliner Impfzentrum Arena. Dort selber als impfende Ärztin ab und zu tätig, kann ich nur bestätigen, dass die Arbeitsatmosphäre überaus angenehm, entspannt und sehr kollegial ist. Die Mischung aus Bundeswehrsoldaten, „Nachtgestalten“, Ärzten, MFAs und Impfgeladenen ist interessant und hat mir persönlich bereichernde Stunden vor Ort bereitet. Gemeinsam motiviert an einem Strang ziehen, trotz aller Unterschiedlichkeiten. Dank an Moritz von Uslar für dieses positive Stimmungsbild! – Kathrin Haberecht 

 

Ich hoffe allerdings, dass sich bei Ihnen an einer Stelle der „Druckfehlerteufel“ eingeschlichen hat: 4 Tage Arbeit pro Woche als „ungelernter lebender Wegweiser“ mit monatlich 2800 € brutto zu honorieren, wäre ein Schlag ins Gesicht für alle Physiotherapeuten, Altenpfleger und Intensivschwestern (monatlicher Durchschnittslohn zwischen 2200€ und 2800€, Quelle Gehalt.de), um nur einige Beispiele zu nennen. Alle diese Berufsgruppen haben eine qualifizierte Ausbildung, arbeiten in der Regel im Schichtbetrieb mindestens 5 Tage die Woche, regelmäßig auch an Wochenenden.

Und man könnte meinen, dass ihre körperlich und psychisch hochgradig belastende Tätigkeit womöglich doch eine größere Stressresistenz erfordert als die Ausrichtung der „größten Seniorenparty des Jahres“…Sollte der angegebene Wert jedoch wider Erwarten korrekt sein, bin ich überrascht über Ihre naive Darstellung und fehlende kritische Einordnung, die ich auch in einem sicher unterhaltsam gemeinten Bericht zumindest ansatzweise erwartet hätte. Denn dieses Vorgehen würde die kranken (sic!) Relationen in der öffentlichen Finanzierung und die geringe monetäre Wertschätzung der regulär im Gesundheitswesen Beschäftigten doch leider überdeutlich demonstrieren. – Annegret Wehmeyer 

 


 

 

Leserbriefe zu „Über das Recht verrückter Ansichten” von Harald Martenstein im ZEIT Magazin 

 

Sie sprechen mir aus dem Herzen! Man sollte immer noch Nachdenken, Dinge hinterfragen dürfen, den Sinn suchen und möglichst auch finden. Andererseits – das Privileg für Geimpfte Senioren, zu denen ich mit 61 Jahren vielleicht auch bald zähle, ein Restaurant zu besuchen, zur Disco oder Techno Party zu gehen hat auch was! Man wäre unter sich. Ein neues Lebensgefühl?! – Sieglinde Einbeck 

 

Die zweite Textspalte würde ich direkt unterschreiben. In der ersten könnten Sie noch ergänzen, wie verrückt es ist, dass transplantierte Menschen ihr Leben genießen dürfen, während sich diejenigen, die noch auf ein Organ warten, an der Scheibe zum OP-Saal die Nase plattdrücken. Vielleicht ist das in China verboten! – Christian Voll 

 


 

 

Leserbrief zu „Lexikon der Liebe” von Julia Reinl im ZEIT Magazin 

 

Ich vermisse die Kolumne von Wolfgang Schmidbauer im Magazin. Der „Ersatz“, das „Lexikon der Liebe“, vermag mich dagegen nicht wirklich zu begeistern. Nächstes Jahr wieder etwas Spannendes? – Christian Voll 

 


 

 

Leserbrief zu „Prüfers Töchter” von Tillmann Prüfer im ZEIT Magazin 

 

Ich habe ja verstanden, dass das Zeit-Magazin dazu da ist, lukrative Werbung zu transportieren, unter anderem durch die alberne Doppel-Titelseite. Texte, in denen Frauen ihr Leben ausbreiten, die nichts Interessantes zu bieten haben als einen berühmten Großvater, braucht auch kein Mensch. Aber es muss doch möglich sein, anderweitig preiswerten Content zu generieren als mit den nicht enden wollenden, langweiligen Geschichten über die Töchter von Herrn Prüfer! Wann hört das endlich auf? – Gesa Schwarze-Stahn 

 


 

 

Leserbrief zu „Ist »Candy Crush« so schlimm?” Sieben Bürger äußern sich in der Regionalausgabe ZEIT IM OSTEN 

 

In meiner Kindheit (Jahrgang 1961) hat mein Vater mit seine 48 Wochenstunden offiziellen Arbeitsverhältnisses nicht genug verdient, um für seine Familie Nahrung, Kleidung, Heizung und Miete zu finanzieren. Aus dieser Erfahrung heraus stehe ich Schwarzarbeit in privatem Umfang, um die es ja auch im Beitrag geht, positiv gegenüber. Bereits seit vielen Jahren sehe ich es genau so wie Herr Schneider und bin erfreut hier ERSTMALS diese Sicht zum Thema zu finden. Ich wünsche mir einen Beitrag, in dem das, so weit möglich, mit Zahlen beleuchtet wird. Herr Schneider hat dazu ja wohl Hoffentlich welche. – Iman Schwäbe 

 


 

 

Leserbrief zu „Ein Plan von gestern” von Christoph Twickel in der Regionalausgabe ZEIT Hamburg 

 

Der Autor Christoph Twickel hat die Zwickmühle, in der sich die Freie und Hansestadt mit ihrem Investor URW befindet, erkannt. Der Senat hat schon jetzt dem gefräßigen Investor jede Menge zugestanden, angefangen mit einer erheblichen Erhöhung des Bauvolumens, einem geschlossenen Einkaufszentrum, das so nie geplant war, bis hin zu einer autogerechten, dreigeschossigen Tiefgarage für die vielen Kunden mit eigenem Auto aus dem Umland. Er hat sich damit auf Gedeih und Verderb dem Einkaufs- und Entertainmentkonzept des Investors ausgeliefert. Die kleine Grafik zur Lage des Südlichen Überseequartiers macht deutlich, wie exponiert, aber auch wie isoliert sich dieses von Wasser umgebene Zentrum präsentiert.

Da kann jedes kleine „Zuviel“ ein Problem werden. Insofern täten die Investoren gut daran, nicht um jeden Quadratmeter öffentlichen Raum zu kämpfen. Sie sollten die Stadt mit ins Boot nehmen und ihnen die öffentliche Nutzung des Elbufers zurückgeben, das bisher für die Abfertigung von Kreuzfahrtschiffen vorgesehen und damit blockiert  wäre für  Spaziergänger und Flaneure an der Elbe. Anstelle des vorgesehenen Terminals könnte ein spannendes  Museum für moderne Kunst stehen. Der Lieferverkehr würde wegfallen und vielleicht gelingt es dem Investor dann, gemeinsam mit der Stadt die bisher zu hohe Umweltbelastung durch Individual- und Lieferverkehr soweit zu drosseln, dass eine Baugenehmigung in Aussicht gestellt werden kann. Die liegt nämlich noch nicht vor, obwohl schon eifrig gebaut wird. – Bruno Brandi 

 


 

 

Leserbrief zu „Das wird jetzt kurz wehtun” von Sabrina Winter in der Regionalausgabe ZEIT Hamburg 

 

Die aktuelle, durch Corona bestimmte Krise, stellt uns vor die Frage: was passiert hier eigentlich. Diese Frage geht über tragische Einzelschicksale, überfüllte Intensivstationen Todeszahlstatistiken und den das ganze Leben umfassenden Lockdown mit allen existenzbedrohenden Konsequenzen hinaus. Die als Rettung gepriesene Impfung wird uns nur eine kurze Verschnaufpause gewähren, wenn alles gut geht! Die nächste Pandemie wird nicht lange auf sich warten lassen. Es gibt nur eine Erkenntnis: Das ganze schöne Haus der menschlichen Zivilisation mit all den großartigen Errungenschaften steht in Flammen, während die Feuerwehrleute diskutieren: wo? wann? was? womit? überhaupt?

Die einzige und dringendste Erkenntnis aus dem Problem ist: Wir Menschen müssen lernen, dass wir nicht die Herren der Welt sind, auch nicht über diese minikleinen Viren! Die Natur kann gut ohne den Menschen leben, der Mensch nicht ohne und gegen die Natur! Partnerschaft ist angesagt, in unserer Lebensweise, auf unseren Äckern, in den Tierställen, in der Medizin…Sofort und drastisch. Wir lernen gerade, dass drastische Maßnahmen einschließlich sehr viel Geld ganz schnell möglich sind, wenn Erkenntnis und Wille vorhanden sind. – Dr. Gerhard Hofmann 

 


 

 

Leserbrief zu „Schulen zu, Schulen auf, Schulen zu” von Nike Heinen und Oskar Piegsa in der Regionalausgabe ZEIT Hamburg 

 

Ich bin Lehrerin an einer Schule in Hamburg. Freunde treffe ich schon seit Monaten nicht mehr. Weihnachten fand ohne meine über 80jährigen Eltern statt, und meine Kinder habe ich zwar zum Fest, danach aber auch nicht mehr gesehen. Alles, das, um Kontakte zu vermeiden. Gleichzeitig gehe ich jeden Tag in die Schule, treffe dort, trotz offizieller Schulschließungen, auf bis zu 20 Kinder (und damit ebenso viele Haushalte!), die betreut werden wollen. Nötig, im offiziellen Sinne einer „Notbetreuung“, ist das nicht immer. Trotzdem sind wir für die Kinder und Eltern da – schon seit Monaten – und folgen den Vorgaben der Behörde! Wir alle, Schüler*innen, Lehrer*innen, Eltern, wollen wieder den normalen Schulalltag, denn der jetzige Zustand ist kräftezehrend und unbefriedigend.

Dennoch: Jetzt die Schulen zu öffnen wäre fatal. Die zurückgehaltenen Studienergebnisse zeigen: Corona-Infektionen passieren auch in Schulen. Diese nicht zu veröffentlichen und die nachgewiesene Ansteckungsgefahr an Schulen zu verschweigen ist schon grob fahrlässig. Sie bei einer Rückkehr zum Präsenzunterricht aber bewusst zu ignorieren, wäre ein Skandal! In allen Diskussionen um Schule und Bildung werden Lehrerinnen und Lehrer nicht gefragt. Politik und Gesellschaft sollten aber nicht vergessen: Lehrer*innen sind auch Bürger*innen, die geschützt werden wollen! Es gibt das Recht auf Bildung, aber auch das, auf körperliche Unversehrtheit! – Nini Albrecht 

 


 

 

Leserbrief zu „Rückkehr zum Urgrund” von Thomas Miessgang in der Regionalausgabe ZEIT Österreich 

 

Darf ich Sie darauf hinweisen, dass Sie in der „Wiener Schule des Phantastischen Realismus“ den Maler Anton Lehmden vergessen haben. Er hat das Schloss Deutschkreuz im Burgenland gekauft, das seine Tochter Barbara Lehmden verwaltet und wo Sie viele seiner Bilder sehen. Frau Lehmden führt auch weiter Malkurse durch. Es wäre vielleicht interessant für Sie auch darüber einmal zu berichten. – Evelyne Ranharter 

 


 

 

Leserbrief zu „Es gibt viel Wichtigeres als Ski fahren” von Marius Buhl in der Regionalausgabe ZEIT Österreich 

 

Zum zweiten Mal widmen Sie in der mir zugesandten Ausgabe eine ganze Seite einem Schweizer, unter der großen Überschrift „ÖSTERREICH“. Denken Sie sich eigentlich irgendwas dabei, oder lähmt das vorgegebene Layout Ihre kritische Vernunft? Vielleicht müssen wir Ihnen das erst erklären, so wie dem Herrn Trump: diese schrulligen kleinen Bergvölker, die auf den Bäumen wohnen, sind trotzdem ganz verschieden und nicht eins. Das eine ist die Schweiz, wissen Sie, und das andere, auch so ein kleines, ist Österreich.  Nicht einmal annähernd same, but ziemlich different. Oder berichten Sie über Deutschland unter der Überschrift „Niederlande“? – Thomas Höhne