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11. März 2021 – Ausgabe 11

 

Leserbriefe zu „Dein Mitbürger, der Unterdrücker“ von Jochen Bittner

 

Es ist schlichtweg einfacher und bequemer, sich mit der abgehobenen kritischen Rassenstheorie zu beschäftigen als mit den realen Schrecken des rechtenradikalen Rassismus, bei dem es um Mord, Totschlag und Brandanschläge geht. Im Übrigen wendet sich die Theorie vor allem an und gegen liberale Bürgerinnen und Bürger, eine offene und selbstkritische Zielgruppe, die natürlich leichter zu beeinflussen ist als ein strammer Rechtsradikaler. Letztlich kann diese absurde Theorie Teile des bürgerlich konservativen Lagers in die Arme von Rechtsradikalen treiben. – Klaus Botzenhardt

 

Vielen Dank an Herrn Jochen Bittner für den Artikel in DIE ZEIT Nr. 11 „Dein Mitbürger, der Unterdrücker“. Dieser Text weckte bei mir Erinnerungen an die 80iger Jahre. Als junge deutsche Frau war ich mit einem griechischen Gastarbeiter verheiratet, der nach seiner Anwerbung durch die Fa. Siemens dem Kulturschock so begegnete, dass er, obwohl der deutschen Sprache anfangs nicht mächtig, trotzdem auf seine deutschen KollegInnen und Vermieter offen zuging, dadurch schnell sein Erlernen der deutschen Sprache festigte und dann anfing, Begegnungen zwischen seinen Landsleuten und Einheimischen zu organisieren, zunächst durch Gründung einer Fußballmannschaft, die gegen örtliche Vereine antrat, später auf politischer Ebene durch Gründung und Mitarbeit in Ausländer- bzw Integrationsbeiräten der Städte, in denen er lebte.

Anfang der 80iger Jahre zog in das Reihenhaus neben uns ein Inder, der ebenfalls mit einer deutschen Frau verheiratet war. Da wir Kinder im gleichen Alter hatten, kamen wir schnell in Kontakt. Dabei klagte er häufig über Diskriminierungserfahrungen, die wir so nicht kannten. Sein arrogantes, von Vorurteilen belastetes Verhalten führte auch bei uns dazu, dass wir uns langsam immer mehr zurückzogen. Was mich damals sehr beschäftigte: Nie hat er überlegt, ob die erlebte Ablehnung bzw Zurückhaltung gegenüber seiner Person auch an seinem Charakter lag – immer war für ihn klar, dass dies allein auf seiner ethischen Herkunft beruhte.

Vorurteile gibt es auf allen Seiten. Deshalb ist es aus meiner Erfahrung enorm wichtig, dass jede und jeder von uns sich zunächst selbst ehrlich hinterfragt, was ihr oder sein Anteil an dem Verlauf von Begegnungen ist, inwieweit sie oder er durch Offenheit, Verständnis und Empathie für das Gegenüber Einfluss darauf nehmen kann, wie wir uns von Mensch zu Mensch begegnen und kennenlernen können. Nur so kann der soziale Frieden gestärkt werden! – Erika Garos

 

Schon einige Zeit fühle ich mich zutiefst verunsichert. Ich glaube (!) , mein Leben lang die meisten Menschen mit Respekt und Anstand behandelt zu haben. Ich engagierte mich um Klimaschutz, Gleichberechtigung und dafür, dass die sexuelle Orientierung eines jeden nur das ist. Und nun, als alter, weißer, Hetero-Mann, komme ich in eine Situation, dass ich das, was ich lange Tat, nicht mehr tun dürfen soll: Darauf hinzuweisen, dass das „Dritte Reich“ immer als Mahnung diesen muss (auch wenn man die „Gnade der späten Geburt“ -H. Kohl – genießen kann). Oder den Kolonialismus kritisch zu sehen. Gibt es wirklich Bestrebungen, diese (und weitere) Auffassungen als rassistisch, mikro-agressiv anzusehen? Bin ich weniger „Opfer“ als Nicht-Abiturient, Nicht-Akademiker gegenüber US-Amwrikanischen Elitestudentinnen? Zählt hier das Frausein gepaart mit akademische Brilliant mehr als die mangelnde Bildung eines Mannes?

Ich glaube, die vollständige Gerechtigkeit wird erst dann erreicht sein, wenn wirklich alle Entscheider*innen in unserer Gesellschaft nichtbinare BPoC-Personen mit Migrationshintergrund sind, die in gleichgeschlechtlichen Beziehungen leben. Frage ist allerdings, in dann nicht, quasi zwangsläufig, alten weißen Männern die Opferrolle zustehen werden wird. Ich bin mir noch nicht einmal ganz sicher, ob ich das alles jetzt schon / noch ernst meinen (darf ;-) … – Michael Koehn

 

Es wäre eigentlich ein Thema für die erste Seite. Ich bin aber froh, daß das überhaupt in der „Zeit“ erscheint. Die anderen Tages- und Wochenblätter üben ständig; „Abstand nehmen von Wahrheiten“ oder von falschen Behauptungen. Die „Süddeutsche“ ist darin Meister, die „tz“hat auch diese Krankheit. In den Lehranstalten wurde eine radikal linke Politik installiert. Das hat zum Chaos in unserem Land geführt. Durch Frau Merkel hat sich die CDU selbst aufgegeben. Es rumort hinter vorgehaltener Hand, und trotzdem wird aus Opportunismus die Klappe gehalten. Schöne Schweinerei. – Gunter Knauer

 

Danke für diesen erhellenden Artikel. Irritiert sah ich bisher die Ausbreitung dieses destruktiven Irrsinns. Jetzt verstehe ich zwar, wie es zustande kommt, bin aber weiter fassungslos. Es ist erschreckend, wie angeblich aufgeklärte Menschen sich so einfach ins tiefste Mittelalter zurückführen lassen. – Reimer Clausen

 

Herzlichen Dank für diesen Artikel. Ich stehe voll und ganz hinter Ihrer Meinung. Es kann nicht angehen, dass eine Minderheit uns vorschreiben will, wie wir zu denken haben. Der Irrsinn des Indenitäts- und Rassismusdenkdiktats muss gestoppt werden. Bleiben Sie bitte standhaft. – Henning Glaser

 

Hervorragender Beitrag von Jochen Bittner. Man wird sich seiner Aufforderung noch erinnern: „Es wird Zeit, sich diesen Irrsinn bewusst zu machen – und ihn zu stoppen.“ – Alfons Vogtel

 

Zu einzelnen Darlegungen aus dem Artikel von Jochen Bittner möchte ich gerne Stellung nehmen: Woher wusste der erwähnte Hausmeister des Colleges in Massachusetts, dass die Studentin nicht zu der anstehenden Veranstaltung gehörte?? Der Argumentation, dass im Mittelalter Hexen also doch zu recht gebrannt hätten, wenn Empfindungen als Wahrheitsbeweis geltend gemacht werden könnten, möchte ich entgegensetzen, dass hier vergessen wird, von den Hexen aus zu denken: Weil man nicht auf deren Empfinden geachtet hat, haben sie zu Unrecht gebrannt. Sie schreiben kritisierend: „Weniger die Absicht des Sprechers ist entscheidend als vielmehr der Eindruck des Gesagten.“

– Geht es nicht in vielen rassistischen Äußerungen um den Ausdruck des Gesagten? Verstehe ich das sprachlich richtig, dass Sie es als „kulturellen Rückschritt“ bezeichnen, der Perspektive des realen oder vermeintlichen Opfers eine Stimme zu verleihen?? Weiße haben Schwarze als Kategorie hervorgebracht. Menschen „erfüllen“ in diesem Zusammenhang keine Merkmale (so in der Art als gegebene Sorte Mensch), sondern sie haben die von Weißen gesetzten Merkmale nicht (schwarz = nicht weiß) Robin Di Angelo stelle in einem ihrer Antirassismuskurse „die Forderung auf, ‚weniger weiß‘ aufzutreten, was […] bedeute: ‚Sei weniger unterdrückerisch, arrogant und ignorant.'“ Sie sagen, dass dies rassistisch sei. Für mich klingt das einfach nur nach einem guten Vorschlag oder sogar einer guten Handlungsanweisung für ALLE!

Das „politische Gift“, das nach Ihnen aus „der Mischung von Kritischer Theorie und Intersektionalität“ entstehe, ließe „die Gesellschaft als Schichtung aus gegnerischen Gruppen erscheinen […]“. Aber die gegnerischen Gruppen wurden doch lange vorher und vorher und vorher schon zugewiesen, zum Beispiel mit der Kolonisierung. Die Geschichte von blackness können wir nicht verleugnen, sie erscheint nicht erst mit ihren Diskursen. Sagen wir doch mal jemandem, deren*dessen Vorfahr*in als Sklav*in zum Beispiel ertränkt wurde, dass erst die sich jetzt Wehrenden gegnerische Gruppen erscheinen lassen… Wessen „Gemeinsinn“ könne durch Identitätsdebatten und deren Grabenkämpfe zerstört werden? Wen schließt diese Gemeinschaft, um deren Sinn es geht, ein – und wen schließt sie aus? Geht es nicht genau darum, das neu zu verhandeln?

„Wer glaubt, dass Verbrechen und Extremismus aus den ‚Strukturen‘, dieses Landes erwachsen, also auch und gerade aus seiner Mitte, der bezichtigt und entfremdet seinen Hauptverbündeten im Kampf gegen Rassismus.“ Soll also selbst der Kampf ein weißer sein? Mit Pauli Murray, den sie am Ende Ihres Artikels erwähnen, wüsste ich nun nicht, WER diesen großen Kreis denn ziehen soll. Sind denn nicht Mitteilungen von Menschen, die tägliche Diskriminierung erleben, ein Versuch, zu sagen: Ich gehöre nicht zu diesem euren Kreis? Sollten wir nicht auf genau diese Stimmen achtgeben und gemeinsam einen neuen Kreis (oder welche geometrischen Figuren auch immer) versuchen, und zwar im Bewusstsein gerade ‚unserer‘ Unterschiedlichkeit!?

Sehr geehrter Herr Bittner, danke, dass Sie mich zum weiteren Nach-Denken angeregt haben. Wie ich von Ihrem Foto neben dem Artikel – sehr vage und angreifbar – herleite, sind Sie keine Person of Color und möglicherweise ein Mann. Ich selbst bin eine weiße cis-Frau und überlege ständig, WIE ich mit diesem Diskurs umgehen kann, ohne schon wieder meine Vorstellungen über alles zu stülpen – ich, die nie Diskriminierung aufgrund ihrer Hautfarbe oder Herkunft erlebt hat. Ich höre mittlerweile einfach hin, was jemand zu sagen hat, der*die von sich sagt: Hier ging es mir so. Warum sollte ich das anzweifeln? Und ich versuche mittlerweile, zu fragen: Was willst du? Wie kann ich mich mit für deine Belange einsetzen in deinem Sinne?

Zum Beispiel wenn ich bei der Black Life Matters-Bewegung mitgehen möchte, um diese zu unterstützen – dann muss ich sie ja nach deren Erwägung unterstützen und nicht nach meinen weißen, ganz anderen Erfahrungen. Wenn ich als weiß sozialisierte Person hier in Deutschland einen Seifenspender benutze, dessen Spendeautomatik keine dunkle Hautfarbe erkennt (gibt es), fällt MIR das nicht auf. Wenn mich ein Bekannter darauf hinweist (weil seine dunkle Hand keine Seifenspendeportion erhält), weiß ich mehr. Und entdecke, was struktureller Rassismus ist. Herzliche Grüße und danke, das ich meine Gedanken klarer fassen und hier einmal lassen durfte. Ich glaube wie Sie, dass Feindseligkeit nicht der Weg sein kann. – Katja Stüben

 

Der Autor Jochen Bittner fragt in seinem Artikel „Dein Mitbürger, der Unterdrücker“, ob denn nicht schon viel zur Emanzipation von Frauen, Homosexuellen und ethnischen Minderheiten in unserer Gesellschaft geleistet wurde: „Nun, haben die westlichen, freiheitlichen Gesellschaften in den vergangenen sieben Jahrzehnten gegen diese Chauvinismen nicht entlarvt und enorme Fortschritte gemacht?“ Freilich ja. Das stellt allerdings keinen Grund dar, die Identitätspolitik weiterhin zu verteufeln. Anna Mayr, in ihrem Essay auf Seite 44 der gleichen Ausgabe, geht scheinbar genau auf Herr Bittners Frage ein: „Wer nie einen Schmerz gespürt hat, der durch Worte ausgelöst wurde, wer nie eine Identität hatte, die durch andere verächtlich gemacht wurde, der mag das Prinzip Anerkennung lachhaft finden.“

Dass es enorme Fortschritte im juristischen und politischen Bereich gegeben hat, bestreitet wohl niemand. Doch gibt es nach wie vor nachhaltige Vorurteile im Alltag, die nicht bloß mit einem weiteren Gesetz zu bekämpfen sind. Dass diejenigen benachteiligten Gruppen, welche die Politik nun gleichzustellen bestrebt ist, dennoch nicht in den Prozess ihrer eigenen Emanzipation eingebunden werden, scheint auch niemanden zu stören. In der Tat ist keinem geholfen, wenn man nur „immer kleinere Kreise mit immer dickeren Pinseln“ geholfen – doch genauso wenig zeigt sich jener vermeintliche „Hauptverbündete“ der Unterdrückten, die gesellschaftliche Mitte, bereit, jene Kreise selbst zu durchbrechen, oder gar die eigene Denkweise zu hinterfragen.

Dafür müsste man nicht „weniger weiß“ auftreten, sondern bloß weniger rechthaberisch. Es gibt tatsächlich blinde Flecken in der westlichen Demokratie. Denn das System erlaubt sehr wohl die Mitsprache aller, aber die große Mehrheit der Mitsprechenden sehen dennoch sehr wohlhabend, weiß, und männlich aus. Da vermisst man leicht die Vielfalt, von der der Liberalismus sehr wohl etwas mehr vertragen könnte. Der Text ist zwar etwas lang geraten aber das Thema lässt sich schwer in nur wenigen Worten erfassen. – Maximilian Pitner

 

Vielen Dank für Ihren leider sehr wichtigen Artikel in Ausgabe 11. Lassen Sie sich nicht von dem Shitstorm einschüchtern, der jetzt wahrscheinlich über Sie hereinbrechen wird. Es freut mich, dass solch ein Text noch in der „Zeit“ erscheinen kann. In der „New York Times“ wäre es wahrscheinlich nicht mehr möglich. Diese Ideologie, die Sie treffend beschreiben, hat seit den neunziger Jahren vieles in der politischen Linken zerstört, auch in Deutschland, dadurch ungewollt rechte Kräfte gestärkt und bedroht mittlerweile den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Tatsächlich ein Irrsinn. – Michael Rensen

 

Ich bin kein Fan der Identitätspolitik und sehe die Gefahren, die damit einhergehen können, aber auch die Chancen für Menschen wie mich, endlich Gehör zu finden und sprachfähig zu werden. So habe ich den Artikel von Herrn Bittner mit Interesse gelesen. Jedoch muss ich mindestens an einer Stelle doch sagen: Herr Bittner, Sie schreiben, die Behauptung, dass extremistische (etwa rassistische) Strukturen aus der Mitte der Gesellschaft kommen, ähnlich falsch sei wie die rechtspopulistische Projektion, islamistische Anschläge entsprängen aus der Mitte der muslimischen Community. Doch der Vergleich hinkt, und zwar gewaltig: Schließlich ist die muslimische Community nicht in der Machtposition und verfügt gesamtgesellschaftlich über keinerlei Ressourcen, um strukturelle Veränderungen o.Ä. herbeizurufen.

Anders sieht es jedoch in der Mitte der Gesellschaft der Bundesrepublik aus: Sie sind die Mehrheit und die Menschen, die etwa über Immobilien verfügen, um einem Ahmed eine Wohnung abzuschlagen, oder in Gerichten sitzen und schicksalsträchtige Urteile fällen. Ja, Rassismus ist in den Strukturen der Bundesrepublik zu finden, also in allerlei Machtpositionen und ist kein Randphänomen. Die muslimische Community in Deutschland verfügt allerdings weder über Strukturen noch sitzen sie für gewöhnlich an den Hebeln der Macht; wohl aber viele Rechte, deren Rassismus Sie mit der Identitätspolitik vergleichen. Das finde ich absolut unverhältnismäßig. – Hilal Sezgin-Just

 

Vielen Dank für diesen Artikel. Fühlt sich eine Interessengruppe verletzt, schwappt eine Welle der Empörung durch das Internet, Institutionen knicken ein, Menschen, die gar nicht wissen wie ihnen geschieht, werden weggeschwemmt. Diskussionen auf rationaler Basis sind nicht mehr möglich, nur noch das Gefühl zählt. Kleine Gruppen fühlen sich moralisch ermächtigt gegen jeden zu wüten, der sich nach ihrer Meinung falsch äußert – und viel schlimmer: Dieser Druck führt zur Ächtung von Menschen. Die Deutungshoheit, was verletzend ist, liegt dabei ausschließlich bei kleinsten Gruppen. Diese Art der der Identitätspolitik kann nur das Gegenteil dessen bewirken, was sie anstrebt. Die Mitte der Gesellschaft wird zu den Rändern diffundieren und davor habe ich wirklich Angst. – Walter Horms

 

Ich habe mich schon die ganze Zeit gefragt, woher diese schrillen, ja hasserfüllten Töne kommen können, die die Debatten immer mehr beherrschen. Dieser Artikel erklärt und ordnet sie für mich ein. Ich danke Ihnen! – Clara Peukes

 

Das von Jochen Bittner angesprochene Kreis-Motiv ist sehr hilfreich, um die Ausgrenzungs-Mechanik zu beschreiben, die den Zusammenhalt unsere Gesellschaft fortlaufend schwächt. Zugleich ist das Kreis-Motiv hilfreich, um eine gegensteuernde Antwort zu geben, die etwas mit menschlicher Größe zu tun hat: Es kommt darauf an, einen Kreis so groß zu zeichnen, dass der kleinere ausschließende Kreis eingeschlossen wird. Bei dem Einsatz dieses Prinzips läuft die ausschließende Logik – dem Zeichnen immer kleinerer Kreise mit immer dickeren Linien – zunehmend ins Leere.

Die wachsende Verbreitung der ausschließenden Praxis geht einher mit einer wachsenden Verwendung von Allgemeinbegriffen in der Alltagskommunikation. Die Subsumtion unter solche Begriffe ersetzt immer mehr die Wahrnehmung des Konkreten und Einzelnen. In der gesellschaftlichen Kommunikation schwächt der Trend zur Subsumtion Humanität und Würde. Die kulturkämpferische Verwendung von vereinfachenden und ausgrenzenden Allgemeinbegriffen vernichtet Vielfalt. Es kommt darauf an, in konkreten Lebenszusammenhängen hinzuzurechnen, nicht zu subsumieren. Mit dem Prinzip des Hinzurechnens (von Eigenschaften, Aspekten, Umständen und Zusammenhängen) behauptet das Einzelne Relevanz und Gültigkeit. –Reinhard Koine

 

Über Spalter und Paranoide. Dies ist mein erster Leserbrief. Beim Lesen von Jochen Bittner‘s Artikel zur „sich in Deutschland ausbreitenden und zu stoppenden Ideologie der ‚Critical Race Theory‘, dem paranoiden Weltbild, dass die Gesellschaft spaltet und Ungleichbehandlung als Folge von Machtstrukturen sieht“, bleibt einem die Luft weg. Mal zur Seite gestellt, dass der Artikel von einem weißen Mann Ende Vierzig geschrieben ist, der sich aufgrund dieser seiner eigenen Gruppenzugehörigkeit nicht vorstellen können wird, welche Ausmaße strukturelle Diskriminierung in Deutschland seit Jahrzehnten annimmt:

Wenn wir schon davon sprechen – wer ist denn der wahre „Spalter“? Der, der Probleme aufzeigt und klar benennt, sowie nach Lösungen sucht; oder der, der dies als spalterisch, paranoid und gefährlich bezeichnet? Ich frage mich: Wovor hat der Autor denn selbst Angst? Was ist so falsch daran, wenn Medien und öffentliche Personen sich für rassistische Äußerungen entschuldigen müssen? Und ja – die Strukturen dieses Landes machen es dem Extremismus in der Tat leider leicht, auch wenn der Autor dies negiert. Es ist schön für ihn, dass er ohne Probleme einen solchen Artikel schreiben darf. Danke an die Strukturen. – Eva Sperling

 

Danke, Herr Bittner, für diese ausgezeichnete Darstellung der Hauptströmungen, die für den derzeit zu beobachtenden, gefährlichen gesellschaftlichen Trend verantwortlich gemacht werden können. – Herbert Quelle

 

Allein dieser Artikel hat mein wetter- und coronabedingtes Trübsal verfliegen lassen. Ich denke Sie haben einer schweigenden Mehrheit eine veröffentlichte Stimme gegeben. In letzter Zeit kam mir öfter der Gedanke, ein Glück , dass wir die arabischen Ziffern schon vor vielen hundert Jahren den Weg nach Deutschland fanden. Heute gäbe es sicher unendliche Diskussionen und wäre als kulturelle Aneignung gegeißelt worden. – Axel Voß

 

Wie gut, daß all unsere „Identitätspolitiker“, „Kritischen Theoretiker“ und „Intersektionalitäter“ mich vom Irrweg des „ideologischen Individualismus“ abbringen wollen, wie gemein, daß sie mich dafür in eine weiße Schublade pressen, eng wie ein Prokrustesbett und so verklemmt, daß ich ihr kaum entkommen kann! Eigenschaften von gestern wie gütig, klug, mittelmäßig, faul oder fies zählen rein nichts mehr im Vergleich zu Hautfarbe und Geschlechtszuordnung! Trotz meiner, natürlich vom „Rassismus“ geprägten, „Wahrnehmung der Wirklichkeit“ erlaube ich mir, euch einen gutgemeinten Tip zu geben: habt doch ein bißchen Geduld!

Schaut immer mal wieder in die Schulen unserer Städte; dort blickt ihr in das zukünftige Gesicht unserer Gesellschaft! Sollte ich diesen Mehrheit-zu-Minderheit-Wechsel noch erleben, dann werde ich auf meine (Vor)Rechte pochen, so, wie ihr sie heute für alle Grüppchen und Untergrüppchen beansprucht! Ich möchte in der Sonne dösen auf einer Bank mit der Aufschrift: „Blankes – Whites“, wie ich das vor Jahrzehnten im Apartheid-Südafrika getan habe, möchte meinen weißen Gedanken nachhängen, solange meine grauen Zellen noch nicht völlig ergraut sind und davon träumen, wie ich alle schwarzen, weißen, cis-, trans-, diversen…Schubladen leerräume und sie anschließend in hohem Bogen auf den Sperrmüllberg der Geschichte werfe! – Dr. med. Ulrich Pietsch

 

Vielen Dank für den Artikel von Jochen Bittner zum jede/n/s bevormundenden neuen Idealismus. Die jungen Leute scheinen tatsächlich wenig ernsthafte Probleme zu haben und durch ihre Überempfindlichkeit einen unkomplizierten Umgang aller Bevölkerungsgruppen miteinander unmöglich werden zu lassen. Güte, Wohlwollen und Freundlichkeit sind doch alles was es braucht. – Bibijana Münch-Sgodda

 

Das bedeutet Maulkorb für alle. Keine Zeitung darf mehr gedruckt werden, kein Buch mehr geschrieben werden und Gespräche gehören dann auch verboten. Wir sind alle einzigartig. Wenn sich jeder zu einer Gruppe zählen muß und keine über die andere sprechen darf, darf niemand über irgendjemanden sprechen. Also Sprech- und Denkverbot für alle. Wieso dann noch Jura studieren? Darf dann nur ein verurteilter Mörder über einen Mörder richten? Und muß der dann in allen Eigenschaften dem angeklagten gleichen, um neutral zu sein? Das heißt jeder richtet sich selbst und spricht nur noch mit sich selbst.

Aber bitte höflich, frei von Rassimus und Sexismus, und und und ……….. . Ideologievergleiche sind zwar sinnlos, aber da war wohl der Stalinismus und der Faschismus nur Kindergeburtstag. Die Inquisition war anscheinend nur ein offener Gedankenaustausch. Hätte nicht gedacht, das die Krone der Schöpfung sich anschickt Krone und Schöpfung in den Orkus zu werfen. Den ollen weißen Mann den wir anbeten gleich hinterher. Also das Denkende plus das Anzubetende ist gleich das Wegzuwerfende. – Olaf Goldschmidt

 

Mit ihrem Artikel stimme ich in der Gänze nicht überein, aber als Demokrat muss ich verschiedene Meinungen aushalten. Zudem hätte mich ein solcher Beitrag nie dazu bewegt einen Leserbrief zu schreiben. Was mich allerdings erbost ist die Auswahl ihres zweiten Fallbeispieles. Besagter Radiomoderator ist zwar für seine Polemik bekannt, aber in diesem Fall hat er klar über das Ziel hinausgeschosses und sich tatsächlich rassistisch geäußert. Ob das ungeschickt war oder an anderen Dingen liegt, spielt zuerst mal keine Rolle. Das Absurde für mich ist, dass Sie in ihrem Beitrag dieses Beispiel ohne weiteren Kontext mit dem ersten Beispiel gleichsetzen. Für ihre Argumentation war es offensichtlich nicht nötig den in der Folge kam dieses nicht mehr vor.

Das Beispiel, in dem sich die Fand der Band BTS zurecht darüber aufregen, dass Herr Matuschick den Künstlern 20Jahre in Nordkorea wünsche und behaupte er könne nichts gegen Südkoreaner haben, immerhin fahre er ein südkoreanisches Auto. Die Sache mit dem Virus ist komplizierter, denn dass Koreaner mit dem in China ausgrbrochenen Virus nichts zu tun haben liegt auf der Hand. Das ist klar rassistisch und wenn nicht dann so unwissend, dass man sich zu solchen Themen nicht außern sollte. Wie dem auch sei, Ihr Artikel deckt diesen Sachverhalt nicht ab, sondern setzt ihn gleich mit einem Ereignis, in dem, so kann ich es ihrer detaillierten Analyse entnehmen (und möchte es ihr auch glauben), ein Mann zu Unrecht des Rassismus bezichtigt wurde. Und das klar.

Sie argumentieren stichhaltig und ich bin mir sicher sie hätten auch zum Thema BTS ein Argument formulieren können, dem ich wahrscheinlich nicht zugestimmt hätte, aber über das man wenigstens hätten schreiben. Anstattdessen tischen Sie dem nicht mit dem Sachverhalt vertrauten Leser ein Strohmann-Argument auf. Und tun so, als gäbe es hier keinen Diskussionenbedarf, völlig entgegen ihres eingangs verwendeten Zitats, dass Demokratie Streit brauche. Ich bitte Sie also, wenn Sie in Zukunft keine Argumentationslinie finden, oder nicht mehr Zeichen für Ihren Artikel zugesprochen haben oder nicht genug Zeit hatten ihr Argument bis zur Deadline auszuformulieren, so lassen Sie ein Beispiel weg, dass nicht weiter behandelt wird. Zumal es für den eigentlichen Inhalt nicht bedeutend ist. – Paul Thieme

 

„Weiße Menschen müssen sich stets als Vertreter ihrer Rasse betrachten.“ „Hautfarbe, Alter und Geschlecht begründen Schuldvermutungen.“ „Die Critiacal Race Theory kann dazu dienen, eine rassebewusste Perspektive für das deutsche Recht fruchtbar zu machen.“ Das ist die Weltsicht von Antirassisten? Oder hatte die NS-Ideologie am Ende doch recht? Ein Joseph Göbbels hätte das jedenfalls sofort unterschrieben. Bernd Höcke wird sich freuen über so viel Schützenhilfe. – Hans List

 

Der Schlüssel zur Reduktion von Gruppediskriminierung liegt, das ist ein alter Hut der Sozialpsychologie, in der Auflösung von Gruppengrenzen und der Förderung von Identitäten, die möglichst viele Menschen einschließen. Identitätspolitik akzentuiert aber eben diese Grenzen, die Menschen aufgrund von an sich nebensächlichen Merkmalen in Gruppen teilt. Volkspädagogische Erziehungsversuche wie das Gendern von Sprache verstärken, bei aller guten Absicht, eben genau solche Prozesse. Das ständige Reiben an unseren Wunden vereitelt den Heilungsprozess, den unsere aufgekratzte und zutiefst erschöpfte Gesellschaft gerade so dringend bräuchte. – Till Buchmann

 

Danke fuer diesen grossartigen Beitrag, der mein Unbehagen mit einigen Auswuechsen der derzeitigen Debatten ueber Diskriminierung sehr viel besser fomulierte als ich es koennte. – Sabine Moehler

 

Herr Bittner! Sie schreiben über Rassismus als ein gefährliches Problem, das aber weithin sozial und juristisch geächtet sei und weiter: Rassismus macht Menschen zu Mördern. Sie beklagen eine grobe Wirklichkeitsinterpretation in dem Zusammenhang, wem Sie die Unterstellen ist mir nicht genau ersichtlich. Ich unterstelle Ihnen das. Beziehungsweise ich finde es sehr Beklagenswert, dass Sie weitschweifig über das Thema Rassismus schreiben ohne das Thema ernsthaft durchdrungen zu haben. Rassismus zeigt sich nicht nur im NSU Terrorismus und in Hanau, er existiert in uns allen, implantiert in der Zeit der gelobten Aufklärung: alle Menschen sind gleich, aber nur die Weißen. Lesen Sie Kant und Hegel! Das saugen wir seit 200 Jahren mit der Muttermilch ein. Wir Weißen sind alle Rassisten, ohne es zu realisieren, bis wir uns der Auseinandersetzung stellen.

Wenn wir heilend in dieser Gesellschaft wirken wollen, dann müssen wir den strukturellen Rassismus aufdecken helfen, damit die vielen Menschen (von Ihnen benannt als migrantische Community, aber hier Leben viele Deutsche, die äußerlich als nicht-deutsch gesehen werden), die davon betroffen sind, sich hier mehr zu Hause fühlen können, sich freier bewegen können, die gleichen Chancen haben. Wenn wir unsere white fragility überwunden haben und unsere white supremacy eingestehen können wir POC auf Augenhöhe begegnen. Ich finde auch, dass die Suppe zu heiß gekocht wird, aber ich glaube vieles davon ist unsere Hitze, weil wir uns so angegriffen fühlen. – Nora Graetz

 

Danke für Ihren Beitrag zur „Ideologie der Lagerspaltung“ in der Gesellschaft. Ich finde, Sie erwähnen und analysieren einige wichtige Dinge und wenden sich zurecht gegen die von Ihnen diagnostizierte „Gruppen-identitätspolitische“ Gesellschaftsspaltung. Meine Kritik ist allerdings, dass Sie die inhaltlichen Argumente der von Ihnen genannten, linksakademischen Strömungen leider nicht differenziert genug behandeln. Sie reagieren nämlich leider genauso auf die Aussagen dieser Schulen, wie diese es selbst prognostizieren: mit einem Gefühl des Unbehagens und einem „Wo kommen wir denn da hin, wenn sich jetzt jeder gleich diskriminiert fühlt?“

Klar, auch ich sehe wirre Polarisierungsgefechte auf bestimmten sozialen Internetplattformen nicht als gesellschaftlich gewinnbringende Verständigungsform an, hier hätten Sie gerne noch mehr über den Einfluss dieser Aufmerksamkeits-algorithmischen Steuerung der Meinungspolarisation schreiben können, anstatt sich nur über „Shitstorms“ (z.B. gegen Wolfgang Thierse) zu echauffieren. Hinter der „Machstruktur“ und „Systemfrage“ steckt allerdings mehr als bloße „Lagerbildung“ und gruppenidentitätspolitische Gesellschaftsspaltung. Stattdessen handelt es sich um einen Appell, endlich nicht nur Individuen als Ursache von Rassismus und Diskriminierung auszumachen, sondern eben auch jahrhundertelang eingeschliffene, institutionelle Benachteiligungen als Teil des Problems zu begreifen.

Strukturen zu hinterfragen rührt doch nicht von Ohnmacht und Pessimismus her, wie Sie interpretieren, sondern von kritischer Reflexion und der Hoffnung auf tatkräftige Veränderungsmöglichkeit. Bitte werfen Sie also nicht alle linken Argumente zu diesen Themen in einen Topf, nur, weil manche Vermittler*innen dieser Argumente in der Form vielleicht übers Ziel hinausschießen. Diskriminierung muss aber insgesamt komplexer und umfassender behandelt werden, als nur auf einzelnen Ebenen. Weder ist nur „das System“ schuld, noch nur „das Individuum“ (namentlich der „böse Rassist“). Wie Ina Kerner vorschlägt, gibt es einen Dreiklang aus Person, Wissen und Struktur, an dem sich Diskriminierung in der Gesellschaft entfalten kann. Ich denke, es ist unstrittig zu behaupten, dass es, wie die neue Wendung der Kritischen Theorie konstatiert, Gesellschaftsstrukturen in Deutschland gibt, die Menschen von Minderheitsgruppen systematisch benachteiligen.

Dies ist keine „Behauptung“, wie Sie meinen, sondern eine Tatsache. Fragen Sie mal einen Menschen mit Migrationshintergrund und einem ausländisch klingenden Nachnamen, wie schnell er eine neue Wohnung oder einen neuen Job bekommt, im Vergleich zu einem vermeintlich „Bio-Deutschen“. Meine These ist daher, dass es sehr wohl problematische Gesellschaftsstrukturen gibt, die Menschen bestimmter Minderheitsgruppen benachteiligen. Aber: Nicht alles kann allein auf diese Strukturen zurückgeführt werden. Es gibt eben auch personale (Menschen mit rassistischen Weltbildern z.B.) und epistemische Einflüsse (tradierte Narrative, z.B. über Juden oder Ausländer als „Sozialschmarotzer“, ohne, dass Menschen mit solchen vagen Überzeugungen im Kern rassistische Ansichten vertreten würden).

Auf allen Ebenen muss Diskriminierung differenziert bekämpft werden. Ich denke, da stimmen Sie mit mir überein. Nun geht es aber um die „Methode“, mit der dies geschehen soll. Und da werfen Sie linksakademischen Strömungen radikale Vernichtungs-Verurteilungen vor und kritisieren, die Vereinzelung der Gesellschaft in feindliche Gruppen würde nur zur Polarisierung beitragen, nicht zur Solidarität. Damit finde ich, haben Sie teilweise recht (s.o.). Pauschalisierungen helfen weder von rechts, noch von links. Alle cis-Männer zu potentiellen Übeltätern zu erklären, ist natürlich unterkomplex und selber diskriminierend. Nichts spricht jedoch dagegen, dass sich besagte Männer mit ihren eigenen Privilegien mal auseinandersetzten, anstatt diesen Vorwurf pauschal abzuwehren. Die systemische Frage ist doch auch eine Teil-Entlastung des Individuums.

Kann irgendjemand etwas dafür, als weißer cis-Mann geboren zu werden? Nein. Kann jemand etwas dafür, wenn er sich in seinen Privilegien sonnt, aber nichts dazu beiträgt, dass auch andere davon profitieren können? Ja, schon. Zudem möchte ich Ihnen auch die Frage stellen, warum denn bitte schön Minderheitsgruppen, die nun auch endlich ihre gesellschaftspolitische Identität bestimmen möchten, sofort reflexhaft unzulässige Polarisation vorgeworfen wird? Da bin ich dann nämlich sehr wohl bei der von Ihnen skeptisch betrachteten „White Fragility“-These, dass Weiße (oder von mir aus Privilegierte) es abwehren, sich mit ihrer eigenen Bevorzugung zu beschäftigen, anstatt diese als Teil-Ursache des Diskriminierungsproblems anzuerkennen (was freilich nicht sofort und selbstverständlich erfolgen muss).

Was für mich schon immer gilt, darf jetzt für andere aber nicht gelten, denn das ruft Spaltung hervor – so eine Logik ist naiv, denn sie geht davon aus, dass die Situation einer Unterdrückung als Normalität anzusehen ist, die nun von dagegen Aufbegehrenden und nicht mehr Schweigenden bedroht wird. Ist es nicht sogar notwendig, Strukturen, die zu Unterdrückung führen, zu reformieren? Dafür muss man diese Problematik aber auch benennen können und ja, wer sollte es denn sonst besser tun können, als die, die davon unmittelbar betroffen sind? Sie haben Recht, radikale Schuldzuweisungen und Totalverurteilungen sind Gift für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, außer Wut über Missstände transportieren sie nicht viel Message. Allerdings ist die Radikalität des Gegenbeispiels auch nicht viel besser.

Es ist nämlich nicht nur schwierig bis heikel, strukturelle Kritik im Rahmen von Rassismus oder Kolonialismus pauschal als linke Meinungsmache abzutun (nach dem Motto: Wer fühlt sich denn nun schon wieder auf den Schlips getreten?), weil man Menschen nach jahrhundertelanger Diskriminierung nicht „Empfindlichkeit“ vorwerfen kann, wenn sie dagegen aufbegehren, sondern es fehlt mir in Ihrer Betrachtung auch zweitens, die Erwähnung ähnlicher Deutungshoheitsansprüche aus dem rechten Milieu. Rechte Demagog*innen und Politiker*innen üben sich leider in so offensichtlich schäbiger Art und Weise in verbaler Relativierung und Verharmlosung von Diskriminierung, Antisemitismus und Rassismus, sprechen ganzen Gruppen Würde und Selbstbestimmung ab, dass ich es nicht verwunderlich finde, dass das linke Gegenextrem entsprechende Antwort-Narrative darauf findet.

Das soll allerdings nicht heißen, dass sich solche Diskurse allein über plumpe „Reiz-Reaktions-Schemata“ legitimieren würden, nach dem Motto: Wer provoziert wird, schlägt eben in gleicher Schärfe zurück. Fakt ist aber auch, dass sich die westlichen Gesellschaften diversifizieren und transkulturalisieren, womit gewisse (aber nicht alle) linke Schulen und Argumentationslinien nur als aktuelles Abbild dieser Transformationen anzusehen sind, als intellektuelle Methode, sich mit dieser Tatsache eben endlich zu befassen, anstatt sie bloß zu ignorieren oder als Problem von „Brennpunkt-Vierteln“ zu bagatellisieren. Gewissen rechte Strömungen a la Pegida, AfD und Co. kommen mit dieser Veränderung offensichtlich schwer zu Recht und stoßen ins andere, bisweilen nationalkonservative bis völkische Extrem.

Zwischen diesen Extrempositionen eine Vermittlung zu finden, fällt in der Tat schwer. Die einen rufen „Nazis“, die anderen „Gender-Terror“, dazwischen ein riesiges Nichts. Da wäre es doch an der „schweigenden Mitte“, diese Grabenkämpfe ein wenig zu ebenen, indem sie anfinge, sich mit dem komplexen Problem der Diskriminierung selbstkritisch zu beschäftigen und die Grundproblematiken, die sich aus den radikalen Argumenten herauslesen lassen, endlich einmal anzugehen. – Julia Molina

 

Ein großes Lob an Jochen Bittner für seine aufklärenden Worte. Kein Mensch auf dieser Welt sucht sich aus, mit welcher Hautfarbe und mit welchen Geschlechtsmerkmalen er geboren wird, die sexuelle Orientierung entwickelt sich dann später selbst. Menschen aufgrund dieser Merkmale in Gruppen einzuordnen und diesen Gruppen bestimmte Eigenschaften (negative oder positive) zuzusprechen, schließt jegliche Individualität des Menschen aus, reduziert ihn und nimmt bzw. erkennt ihm die Verantwortlichkeit für das eigene Tun ab.

Diese Weltanschauung ist weder fortschrittlich noch vernünftig und kann eigentlich wiederum nur zu Ungerechtigkeiten und auch zur Unterdrückung führen. Dafür gibt es keine Rechtfertigung. Eine Gesellschaft kann nur miteinander und nicht gegeneinander funktionieren. Die Folgen einer tief gespaltenen Gesellschaft sieht man in den USA. Das kann sich auch für Deutschland niemand wünschen. – Regina Stock

 

Solange, bis man meine Unterschrift gelesen hat, wird man nicht wissen, wer da schreibt: Mann, Frau, alt, jung, wahrscheinlich weiß oder andersfarbig, usw. Und auch dann wird man nicht wissen, ob ich nicht irgendein Sternchen bin. Und? Macht das, was man dann weiß einen Unterschied? Ich bin ein Mensch, der seine Meinung schreibt, ein Mensch entsprechend der Menschenrechtskonvention: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren, sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt…“ Sind die, die uns in immer kleinere Schubladen sortieren wollen, und auf eine Eigenschaft (!) reduzieren noch „mit Vernunft und Gewissen begabt“ ? – Dr. Ursula Augener

 

Vielen Dank für den ermutigenden Artikel! Mein Eindruck war: Solange die ZEIT sich noch über die gleichen Dinge aufregt wie ich (bzw. unter den gleichen Sachen leidet wie ich) besteht für mich noch Hoffnung für unsere Gesellschaft. Obwohl ich seit über 20 Jahren ZEIT-Leser bin, war ich seit einem Jahr etwas von der ZEIT entfremdet. Hintergrund war u.a., – dass zu Beginn aus meiner Sicht doch allzu unkritisch über die ‚Pandemie‘ berichtet wurde, sowie – die Einführung von „ZEIT im Osten“, wodurch im Osten die Rubriken „Leserbriefe/Geschichte/Recht&Unrecht“ wegfielen (ich habe über diesen – aus meiner Sicht – Irrsinn bereits mit der Redaktion kommuniziert).. Nun habe ich einen Weg gefunden (obwohl ich im „Osten“ wohne) wieder die normale bundesweite ZEIT zu beziehen. Und einige sehr gute Artikel in den letzten beiden Ausgaben führen mich nun „zurück zur ZEIT „, wozu ihr Artikel noch einmal erheblich beigetragen hat!

Eine tiefgreifende Analyse der schon in anderen Publikationen angeklungenen Vermutung, dass „übertriebene political correctness das größte Gift der heutigen Gesellschaft“ sei. Für mich ist Ihr Artikel auch eine Fortsetzung der Analyse „Drittes Geschlecht: Diverse Missverständnisse“ von Martin Spiewak (DIE ZEIT Nr. 20/2019), auf die ich schon lange gewartet hatte. Vielleicht können Sie nun auch noch den nächsten Schritt gehen, und den Sprung dieser Ideologie zu Corona wagen? (bzw. die Schnittmenge dieser Ideologie mit dem Corona-Hype erforschen?). Mir würde das sehr gut tun, darüber etwas zu lesen.

Man hat ja einfach so eine Vermutung bzw. Unverständnis, warum wird eine relativ kleine Bevölkerungsgruppe so mit (z.T. fragwürdigem) Schutz überhäuft, während der Großteil der Bevölkerung darunter z.T. erheblich bis existenziell leidet? Und viele die das infrage stellen, werden ähnlich mundtot gemacht wie in Ihren Beispielen zu Beginn des Artikels. Aber wie gesagt, für mich wird der Erkenntnisgewinn aus ihrem Artikel fast noch überwogen durch den Trost, den er spendet. Zu merken, es gibt noch andere – sogar in so einem wichtigen Medium wie die ZEIT – die so ähnlich denken und empfinden wie ich. Vielen Dank! – Justus Garbe

 

Danke für diesen erhellenden Artikel. Irritiert sah ich bisher die Ausbreitung dieses destruktiven Irrsinns. Jetzt verstehe ich zwar, wie es zustande kommt, bin aber weiter fassungslos. Es ist erschreckend, wie angeblich aufgeklärte Menschen sich so einfach ins tiefste Mittelalter zurückführen lassen. – Reimer Clausen

 

Danke an Jochen Bittner für diesen Artikel. Ich bin fast 44 und mit zunehmender Sorge sehe ich die Generation Woke unsere Gesellschaft genau in dieser Lager teilen. Ich habe noch gelernt, Menschen nicht in Schubladen zu stecken. Offensichtlich ist es dieser Generation aber besonders wichtig. – Daniel Kudernatsch

 

Ich kann die Einschränkungen des Lebens, die sich im Rahmen der Identitätsfragen allenthalben auftun, nicht nachvollziehen. Und wenn ich mich im Bekanntenkreis, der meines Erachtens recht umfangreich und sozial durchmischt ist, über dieses Thema unterhalte, finde ich auch niemanden, der entsprechende Tendenzen positiv bewertet. Die Protagonisten und Protagonistinnen der identitären Richtung haben natürlich das Recht ihre Meinung zu äußern. Ich habe jedoch kein Verständnis dafür, wenn im Kultur- und Universitätswesen, zwei Bereiche, die ansonsten nicht müde werden, ihre berechtigte Freiheit einzufordern, bei jedem Shitstorm aus dieser Richtung sofort eingeknickt wird, Leute entlassen werden und sich der Modus des vorauseilenden Gehorsams einstellt.

Unter Beachtung der Identitätsfrage hätte Harriet Becher Stowe als weiße Frau niemals den Roman „Onkel Toms Hütte“ schreiben dürfen. Dieses Buch hat nachweislich erheblichen Einfluss auf die Einstellung zur Sklaverei in den USA gehabt. Vieleicht wäre ohne den Roman die Sklaverei erst Jahre später abgeschafft worden. Aber was sind schon ein paar Jahre Sklavenarbeit gegenüber dem vermeintlich richtigen Status der Identität. Wir sollten nicht zulassen, dass die Verfechter der reinen Identitätslehre sich zu deren kulturellen Wächtern aufschwingen, um unsere individuellen Bürgerrechte einzuschränken. – Dirk Schranz

 

„Wenn Aussagen von vielen Menschen als beleidigend und rassistisch empfunden werden, dann waren sie es auch“, wird ein Radiosender zitiert, der vor einem Shitstorm einknickte. Klingt plausibel. Aber so einfach kann man es sich in Zeiten des anonymen Internets nicht machen. Was sind hier viele? Und wenn zehnmal so viele – oder sagen wir hundertmal so viele – die gleiche Aussage keineswegs als beleidigend empfinden? Eventuell sogar verletzte Gefühle hier für völlig überzogen halten? Jede kleine, aber gut organisierte Minderheit könnte Ziele durchsetzen, die von großen Mehrheiten nicht gebilligt werden. Martenstein hat es auf den Punkt gebracht: „Verletzte Gefühle sind eine Art Wunderwaffe gegen Äußerungen geworden, die jemandem nicht passen.“ Es ist so leicht, andere mit Gefühlen zu erpressen, seien sie nun echt oder vorgetäuscht. – Wolfgang Butzkamm

 

Vielen Dank für Ihren lesenswerten Artikel „Dein Mitbürger, der Unterdrücker“. Solche klugen und grundlegenden Debatten brauchen wir, um unseren gesellschaftlichen und politischen Kompass wieder neu zu justieren. – Norbert Berthold

 

Mit Interesse habe ich Ihre anspruchsvolle Analyse zum Entstehen einer neuer Ideologie in der letzten ZEIT gelesen, die betitelt war „Dein Mitbürger der Unterdrücker“. Die Herleitung aus Intersektionalität und „kritischer Theorie“ legt einen roten Faden zugrunde, den man nachvollziehen kann. Sind das aber wirklich die „Ursachen“, für das, was sich in Universitäten, Redaktionsstuben und Parteizentralen abspielt? Nun braucht man nicht gleich bis zu Demokrit zurückzugehen, der sinngemäß gesagt hat: Es gibt nichts als die fallenden Atome und den leeren Raum, alles andere ist Meinung. Ein Satz, der mir als Chemiker übrigens sehr sympathisch ist. Aber man könnte zumindest bei Max Weber nachlesen, der gute Argumente für den Siegeszug des Kapitalismus aus der Ethik des Protestantismus abgeleitet hat. Augustin, Luther und Calvin gehören ebenfalls erwähnt, wenn es um die Zunahme der Vertikalspannung im Menschen geht.

Nur Nietzsche hatte auch die andere Seite des Christentums, die Opfermentalität, im Blick und hat die auch gegeißelt. Dabei wurde ihm aber die schöpferische Kraft der Solidarität mit den Zukurzgekommenen nicht bewusst. Auserwähltheit und Solidarität bildeten zusammen mit den Ideen der Aufklärung im Gefolge des Erdbebens von Lissabon die Rahmenbedingungen für die bis heute andauernde Dominanz der westlichen Welt. Durch die Explosion des Wissens in den letzten Jahrzehnten und der fast ungehinderte Zugang dazu über das Internet, ist jedoch eine ungeheure Verunsicherung eingetreten, darüber, was noch wichtig ist und was nicht. Das betrifft vor allem die Lehre in den Schulen und Universitäten. Bildung wird nur noch häppchenweise rezipiert und was Wahrheit ist, entscheiden Eloquenz und bioästhetische Medienverwertbarkeit. In der Berufsausbildung von Elektrikern gibt es den Begriff des „Siemens’schen Lufthakens“, mit denen unerfahrene Azubis in die Materialausgabe geschickt werden, um sie vorzuführen. Ebenso wie dieser virtuelle Haken, den man irgendwo in die Luft einschlägt, um sich daran festzuhalten, kommt mir das Erratische der gegenwärtigen gesellschaftlichen Diskussion vor.

Hinzu kommt die Devise des herrschaftsfreien Diskurses à la Habermas, nach der jede Meinung, und sei sie noch so schlicht, ernst genommen werden muss. Nur so ist es zu verstehen, dass Jugendliche, derzeit vor allem junge Frauen, denen man nicht einmal an der Ladentheke die Entscheidung überlässt, Alkohol zu kaufen, mittlerweile in den FFF-Demonstrationen die politischen und wirtschaftlichen Entscheider vor sich hertreiben und auch in der ZEIT jede Aufmerksamkeit bekommen. Der Wirtschaftsminister mit Hunderten von wissenschaftlichen Beratern und Instituten erklärte doch tatsächlich, dass er von den Ideen dieser jungen Leute überrascht und begeistert ist.

Wenn dem wirklich so ist, sollten wir die Schulen und Universitäten schließen, und das Wirtschaftsministerium gleich mit. Wissen, von Weisheit ganz zu schweigen, zählt offensichtlich überhaupt nicht mehr. Ein nettes Beispiel aus der ZEIT ist jede Woche die Kolumne Ihres Kollegen Tillmann Prüfer über seine Töchter. Ich lese sie sehr gern, vor Allem weil ich selbst Töchter habe und ähnliche Erfahrungen mache. Was mir auffällt, ist, dass Herr Prüfer, der verständlicherweise sehr stolz auf seine Nachkommenschaft ist, am Ende der Geschichte meist als sympathischer Depp dasteht. Er vermeidet aus gutem Grund jeden Eindruck der Superiorität, die ihn von seinen scheinbar selbstbewussten Töchtern entfremden würde. Jugendliche, die in einer völlig unübersichtlichen Welt aufwachsen, die offensichtlich in die Katastrophe treibt, haben keinen Kompass mehr. Um wenigsten noch eine, nämlich die empathische Seite des säkularisierten Christentums zum Ausdruck bringen zu können, von sozialer Intelligenz kann leider nicht der Rede sein, suchen sich die jungen Leute „irgendwie“ Benachteiligte, für die man sich engagieren kann.

Da schadet es nicht, wenn man nebenbei für einen Augenblick auch Aufmerksamkeit für sich selbst generiert. Es ist egal, wie klein oder wie fern die Gruppe der Benachteiligten ist und ob man Menschen, die man als Opfer identifiziert, dadurch auch demütigt. Wo ein Opfer ist, muss auch ein Täter her. Den stolzen Spruch von Jean-Paul Sartre sinngemäß: Beurteilt uns nicht nach dem, was andere aus uns machen wollten, sondern nach dem, was wir aus dem gemacht haben, was andere aus uns machen wollten, wird in diesem Diskurs als Provokation angesehen. Ein weiteres Opfer ist die Grammatik der deutschen Sprache, die bar jeder Geschichtskenntnis und Logik verhunzt wird. Die Sprache als Mittel zur Weltveränderung. Wenn einzelne Wörter tabuisiert werden, fühle ich mich in tribalistische Gesellschaften versetzt. Von Aufklärung ist nicht mehr die Rede. Offensichtlich kommt dieser herrschaftsfreie und bildungsferne Diskurs vor allem den Gender Studies entgegen, die nun mittlerweile selbst die Naturwissenschaften und die Mathematik als toxisch maskulin und als weißes Herrschaftsinstrument entlarven.

Man kann sich eigentlich nur wundern, dass die derzeitige Corona-Pandemie nicht mit Bachblüten und homöopathischen Einläufen behandelt wird. Die Feminisierung der Gesellschaft hat aber nicht nur negative Seiten: Da die früher und woanders so wilden jungen Männer kaum noch in Erscheinung treten, wird die bundesrepublikanische Gesellschaft immer friedlicher. Ob auch innovativer, wird die Zukunft zeigen. Ihr Kollege Jens Jessen hat (als alter weißer Mann) in seinen letzten Beiträgen offensichtlich Zweifel. Ein Blick über den östlichen Gartenzaun könnte den Unterschied zeigen. Ich beschäftige mich etwas mit dem Aufstieg Chinas und habe auch sehr viele junge Chinesen in meiner Abteilung. Sie sind geprägt durch den Konfuzianismus, in dem die Verehrung der Älteren als Träger von Erfahrung und Weisheit und eine unbedingte Bildungsbereitschaft im Mittelpunkt stehen.

Ein Angriff aus feministischer Ecke z.B. auf die ehrwürdige chinesische Schriftsprache ist nicht zu erwarten. Und das, obwohl das Zeichen für Frau eine Frau in besonders demütiger Haltung symbolisiert. Ungefähr 150 Zeichenkombinationen enthalten dieses Symbol und die meisten sind nicht sehr charmant, trotzdem ist es kein Thema in China. Vielleicht ist das der Schlüssel zum Erfolg? Hoffentlich ist der derzeitige Zustand der westlichen Intellektuellen nur eine Augenblicksaufnahme und das Ressentiment erweist sich auch weiterhin als kreative Kraft, ansonsten sind deprimierende Überraschungen nicht auszuschließen. – Armin Börner

 

Gut nachvollziehen kann ich Jochen Bittners kritische Haltung gegenüber “Critical Race Theory” – natürlich finde ich Rechtsstaatlichkeit und weiteres wichtige Bausteine westlicher Gesellschaften, die es eher zu stärken als abbauen gilt, als sie pauschal zu diskreditieren weil sie weisse Männer geschrieben haben. Dennoch finde ich die bis dato fiktionale Frage gar nicht so uninteressant, wie Verfassungen aussehen würden, die aus einem repräsentativen Team aus Bürgerinnen und Bürgern unterschiedlicher couleur geschrieben würde (käme man damit nicht näher an Rawls?). Übersetzungen von Weissen für Bücher von Schwarzen zu ächten ist mir generell unverständlich.

Wenn man das jedoch als politische Intervention versteht, finde ich es auch schon weniger irritierend. Und sicherlich gibt es andere Formen und Ausschluss von “Privilegierten” die mir zu weit gehen. Eine Diskussion über ein sinnvolles Mass an Representation, Sprechmöglichkeit und Quoten finde ich relevant. Dieser Text geht darauf jedoch nicht explizit ein, sondern scheint eine generelle Kritik an dem Konzept von Intersektionalität und Kritischer Theorie zu versuchen. Es fällt mir in mehrfacher Hinsicht schwer dem Text zu folgen:

1. Bittner wettert gegen “Strukturen”, die mächtiger sein als die Einzelne. In den Sozialwissenschaften werden ganz unterschiedliche Strukturbegriffe verwandt; welchen meint er? Oder glaubt er tatsächlich, dass Individuen nicht von breiteren macro-soziologischen Phänomenen umgeben, eingebettet und beeinflusst werden. Ein einfaches Strukturverständnis, welches mir als sehr hilfreich erscheint, ist ein empirisches: Frauen verdienen 18% weniger als Männer “alle” anderen Einflussfaktoren herausgerechnet, Menschen schwarzer Hautfarbe sind im höheren Masse Anfeindung, Beleidigung Aggression ausgesetzt (bis hin unfassbaren erwürgenden Polizei Einsätzen), oder die alleinerziehende Pflegerin, die nicht nur enorm wichtige und anspruchsvolle Arbeit übernimmt und mit dem Lohn fast nicht überleben kann, sonder auch statistisch häufiger an Herz-Kreislauf-Erkrankungen leidet. Solche Strukturen können Policies für eine gerechtere Gesellschaft informieren. Mir scheint, wem die Unterstützung Benachteiligter in einer Gesellschaft nicht so wichtig ist, kann möglicherweise jene Strukturen und die “Kreise, die sie zieht” kritisieren oder ausser acht lassen. Mir persönlich fällt es schwer dies nachzuvollziehen.

2. Obwohl Jochen Bittner viel Platz aufwendet um Intersektionalität theoretisch zu beschreiben, bin ich mir unsicher ob er sie gen Ende seines Textes sauber anwendet. Er spricht davon, die “neue Ideologie” gehe davon aus, dass Diskrimierungen, die sich u.a. im Rechtsextremismus zeigen, aus der gesellschaftlichen Mitte entspringen. Ich verstehe es überspitzt so: alle Weissen werden unter Generalverdacht gestellt. Gerade derartige Generalisierungen versucht das Konzept der Intersektionalität zu überkommen; sie wird spezifisch und damit genauer. Ich als weisser, deutscher Mann, mit guter Ausbildung, aus mittelständischeren Familie, mit einem großen Freundeskreis, etc., habe ich aufgrund von all diesen Kategorien mögliche Vorteile und ich kann damit spezifisch angesprochen und sensibilisiert werden.

3. Zu Anfang des Textes lobt Herr Bittner Fortschritte in der Gesetzgebung für Gleichberechtigung im Westen. Während dies nicht zu bestreiten ist, scheint es mir schlicht empirisch und historisch uninformiert davon auszugehen, dass damit sich die Probleme unterschiedlichster Formen von persistenter Ungleichheit und Diskriminierung schon gelöst seien. Man schaue sich nur die Skandale zu Rechtsextremismus in der deutschen Polizei an. Gerade in dieser Organisation gibt es Gesetzte, Reglemente und Prozeduren, aber diese reiche nicht aus. Diskriminierung, Ausschluss und Rassismus haben tiefverankerte kulturelle Dimensionen, die durch konkrete und nicht selten subtile Normen, Werte und Formen des Sprechens weitergeben und reproduziert werden. Glücklicherweise ist in unseren Breiten die Arbeit nicht mehr so stark auf der Ebene der grundlegenden Gesetze der Gleichberechtigung und Würde, das heißt aber nicht das noch extrem viel zu tun wäre.

4. Was ist Jochen Bittners “Theory of Change”, oder glaubt er gar wir brauchen keine? Ich kann nachvollziehen sich unwohl zu fühlen aufgrund von strukturellen Zugehörigkeiten und Durchschnittswerten (weisser, reicher, politische machtvoller, cis-Mann). Aber was wäre die Alternative spezifische intersektionale Gruppen und ihrer Privilegien und Einschränkungen offen zu legen, policies zu stricken und dafür zu sensibilisieren? Herr Bittner kritisiert seine Version davon wie es gemacht wird, aber bringt keinen Vorschlag zu einem anderen Umgang. Für diese würde ich mich sehr interessieren und hätte auch Ideen dazu. Eher scheint sein O-Ton zu sein, wir haben doch schon Gesetzte und das reicht. Diese Weltanschauung teile ich nicht. Auf die Vehemenz seines sich Wehrens und teils aggressiver Schreibform könnte man mit einem Begriff, den er selbst kritisiert, antworten; are you white and feel fragile?

5. Die Schlussfolgerung des Textes bleibt mir auch schleierhaft. Warum genau wird die Gesellschaft nun gespalten? Weil die reichen weissen Christen aufgefordert werden über Ihre offensichtlichen Privilegien nachzudenken? Weil um diese Kategorien Kreise gezogen werden? Mein Eindruck wäre ein konträrer: wir sollten Ungleichheiten und Diskriminierung benennen. Eine verbreitete Analyse nach den ersten Trumpp Wahlen war “rustbelt worker”, “low income”, “Christian and white” hätte man besser als Demokraten klar identifiziert, ihre Herausforderungen ernst genommen, und daran gekoppelt Privilegien von anderen abgebaut. Das hätte die Spaltung der amerikanischen Gesellschaft gemindert. – Jonas Friedrich

 

Jochen Bittner führt das Beispiel des Bayern3-Radiomoderators Matthias Matuschik an, um sein Argument zu untermauern, dass in Deutschland eine gefährliche Mutation der Identitätspolitik Einzug gefunden habe. Dieser hatte eine südkoreanische Boyband in einer wortreichen Tirade mit einem Virus verglichen, gegen das es hoffentlich bald einen Impfstoff gebe. Nachdem Matuschik einen globalen Shitshorm mitsamt Rassismusvorwürfen geerntet hatte, ruderte Bayern3 zurück und entschuldigte sich.

Für Bittner offenbar eine vollkommen überzogene Reaktion, auf die er dann anschließend seine Argumente gegen die Identätspolitik basiert. Es gibt sicherlich einiges an der oftmals faktenfremden und überheizten Debatte zu Identätspolitik auszusetzen. Jedoch würde man von einem Autor, der in gefühlt jedem dritten Satz eine Lanze für die Aufklärung bricht, doch erwarten, dass er sich zumindest die Mühe macht, nicht den zentralen Stein des Anstoßes an Matuschiks Äußerungen auszusparen. Denn was viele Menschen als verletzend empfanden sind die folgenden Sätze, die Matuschiks Tirade abrundeten: „Dann geben die kleinen Pisser auch noch damit an, dass sie „Fix You“ von Coldplay gecovert haben. […]. Dafür werdet ihr in Nordkorea Urlaub machen müssen für die nächsten 20 Jahre.“

Dass man in Nordkorea keinen Urlaub machen kann, weiß jedes Kind. Nordkorea ist ein Land, in dem öffentliche Hinrichtungen zur Tagesordnung gehören; in dem Millionen Menschen hungern, viele verhungern; und in dessen Arbeitslagern zahllose Menschen gefoltert werden und Mütter zusehen müssen, wie ihre Neugeborenen kurz nach der Geburt von den Wärtern getötet werden. Vielleicht sollte Herr Bittner nochmals in sich gehen, ob das Beispiel von Matuschik tatsächlich taugt. Menschenverachtende Äußerung gehen eben nicht, Identitätspolitik hin oder her. – Dr Benedict Probst

 

Ich habe tatsächlich noch nie einen Leserbrief geschrieben, aber möchte nun meine Zustimmung zu dem Artikel „Dein Mitbürger, der Unterdrücker“ von Jochen Bittner in der aktuellen Ausgabe der ZEIT zum Ausdruck bringen. Ich kenne das Denken in den Kategorien der Identitätspolitik, weil ich mich während meines Studiums der Sozialwissenschaft vor einigen Jahren damit beschäftigt habe und selbst ziemlich davon überzeugt war. Gerade wegen ihres explizit anti-liberalen Charakters sehe ich die Ideen, die Herr Bittner in seinem Artikel treffend beschreibt, aber mittlerweile kritischer – und dies obwohl ich selbst von verschiedenen Diskriminierungsformen betroffen bin.

Ich finde es sehr gut und wichtig, dass zu diesem Thema in der ZEIT immer wieder verschiedene, auch kritische, Stimmen zu Wort kommen, während die problematischen Aspekte andernorts oft heruntergespielt oder ganz geleugnet werden (Stichwort Cancel Culture). Wegen ihrer liberalen Ausrichtung habe ich vor Kurzem die ZEIT abonniert und hoffe, dass sie – anders als andere Medien wie etwa die New York Times – dem Druck standhält, der von verschiedenen Akteuren aus identitätspolitischen Gründen ausgeübt wird. – Kevin Wolf

 

Der Autor wendet sich gegen grobe, ideologische und machtfördernde Interpretationen der Wirklichkeit, die Spaltungen in der Gesellschaft verstärken. „300 Jahre Aufklärung und allein die Empfindungen vieler zorniger Menschen gelten als Wahrheitsbeweis?“ fragt er seine Leser. In der Aufklärung wurde ja bestenfalls das – oberflächlich gesehen gesellschaftsbestimmende – Christentum anhand seiner eigenen Maßstäbe beurteilt und damit ein Weg für transparente und konsequente Sinn- und Wahrheitsfindung sowie ethisches Verhalten gelegt. Ein Jahr eines speziellen Auseinandertreibens liegt jetzt wieder hinter uns, ein Jahr, das geradezu nach Aufklärung lechzt. Wenn wir sie nicht vertuschen, merken wir, dass die finanziellen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Probleme verheerende Ausmaße angenommen haben.

Es ist Zeit für die demokratisch Gewählten in einem Rechtsstaat mit konsequenter Gewaltenteilung, der überall in der Gesellschaft angebotenen Aufklärung und Analyse einen breiten, geschützten Debattenraum zu geben. Auch „Verschwörungstheorien“ müssen natürlich gehört und untersucht werden, sobald es einen Anfangsverdacht für real existierende Verschwörungen und verfolgbare Hinweise gibt. Was und wer könnte hinter welchen Entscheidungen stecken, welche Strömungen und Stoßrichtungen lassen sich bei Berücksichtigung aller relevanten Komponenten im öffentlichen Narrativ erkennen und welche Interessen liegen zugrunde? Welche Annahmen könnten Erklärungen für ansonsten widersprüchliches Verhalten oder Ereignisse bieten?

Fundierte, kontroverse Kritik ist nicht nur das Salz in der Suppe der Demokratie, sondern die unverzichtbare BASIS. Auf kontroversen Diskurs, der den Gegner ernst nimmt und respektiert und seine Positionen und die eigenen durchgängig empirisch und logisch untersucht und mit klar definierten Fakten vergleicht, können wir nicht verzichten. Denkvoraussetzungen – auch von politischen und wissenschaftlichen Aussagen – müssen hinterfragt und nachvollzogen werden. Hypothesen sind zu erstellen und deren Plausibilität ist anhand der Beobachtungen zu überprüfen. Im konkreten Fall der nun einjährigen Krise sind Begriffe, Relationen und Deutungen von Zahlen nachvollziehbar zu klären und konsequent sachlich zu vermitteln.

Keine menschlichen Aussagen dürfen einfach ungefragt und unbegründet stehen gelassen werden, wenn wir nicht Gefahr laufen wollen, Opfer eines Narrativs zu werden, das gar nicht im Sinne unserer Gesundheit und des Wohls des einfachen Bürgers und Mittelständlers ist, sondern anderen, nachprüfbaren Paradigmen folgt. Zerrissene multidimensionale Kausalanetze in einer immer komplexer werdenden Welt und abgebrochene Kausalketten lassen auf angemaßte Deutungshoheiten schließen. Die Medien müssen laut dem Pressekodex das alles widerspiegeln. Diese Arbeit können wir nicht dem Hilfsmittel der sogenannten künstlichen Intelligenz überlassen. Wir brauchen das intelligente, realitätsnahe und humane Vorstellungsvermögen eines jeden Bürgers, um zu einem DEMOKRATISCHEN MITEINANDER zu kommen. Zum Glück wird das tausendfach in alternativen Medien geboten und sollte zum Nutzen unserer demokratischen Gesellschaft verwendet werden. – Gerhard Jahnke

 

Ich freue mich sehr über jeden Beitrag, der die Gemeinsamkeiten aller Menschen betont, der die Gesellschaft nicht in Täter- und Opfergruppen unterteilt, und der die Mechanismen analysiert, anhand derer Menschen alleine aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit oder anderer formalen Merkmale quasi automatisch als Täter identifiziert werden.

Der perfide Vorwurf des unbewussten Rassismus ist den Vorurteilen echter Rassisten vollständig ebenbürtig. Feuer soll hier mit Feuer gelöscht werden. Mit jakobinischem Eifer wird nach der Wurzel allen Übels gegraben. Wenn die erst einmal vollständig ausgerupft ist, soll ein unschuldiges weißes Blatt mit einer wohl ersonnenen eigenen Geschichte neu beschreiben werden. Wann immer sich jemand verletzt zeigt, sollte man sein Tun hinterfragen. Das ist keine Frage. Doch das Resultat einer solchen Reflexion könnte im Einzelfall auch ein reines Gewissen sein. Die logische Folge wäre eine im besten Sinne selbstbewusste Distanzierung von etwaigen Vorwürfen.

Wenn ich mich beispielsweise nicht den Regeln der sogenannten „diskriminierungsfreien Sprache“ beuge, weil es mir unvorstellbar erscheint, nicht mehr so sprechen zu dürfen, wie ich sprechen will, so heißt das keinesfalls, dass ich deswegen diskriminierend spreche. Auch Menschen, die diese Regeln ablehnen, können sich intensiv mit Sprache beschäftigt haben. Man darf sogar das generische Maskulinum verwenden, ohne deswegen automatisch der Missachtung von Frauen und Diversen überführt oder geistig im 19. Jahrhundert beheimatet zu sein.

Man muss es aussprechen dürfen: Nicht nur die Sympathie und der Zuspruch, welche echten Opfern oft zuteil werden, machen die Opferrolle an sich attraktiv. Wer als Täter beschuldigt wird, erlebt in Zeiten effektiver Echokammern auch die mitunter brutale Stärke, die einem in der Opferrolle zuteil werden kann. Man muss sich daher schon sehr anstrengen, um in der Opferrolle nicht die eine oder andere Verlockung zu erkennen. Doch da dieses Eingeständnis echten Täter ein fadenscheiniges Argument an die Hand geben könnte, wird es tapfer unterdrückt und negiert.

Herr Karim Fereidooni, welcher den Kabinettsausschuss der Bundesregierung berät, behauptet zum Beispiel öffentlich, Rassismus sei ein rein weißes Phänomen. Rassismus gegen Weiße wäre daher undenkbar. Persönlich scheint es mir hilfreicher, neben vielen guten Eigenschaften auch allen Menschen gleichermaßen das Potential zu rassistischem Denken und Handeln zuzusprechen. Das fördert die Selbstreflexion, verhindert eine zunehmende Spaltung und erklärt zudem viele historische und aktuelle Prozesse deutlich besser. – Dr. Christian Voll

 

Ihren Beitrag habe ich mit großem Interesse gelesen. Über Ihre Klaren Feststellungen zum identitären Denken habe ich mich gefreut. Dafür bin ich Ihnen sehr dankbar. Ich bedauere außerordentlich, dass hierüber keine breite sachliche, öffentliche Debatte geführt wird. Geht es doch um den Zusammenhalt unserer Gesellschaft.

Die aufgezeigte Entwicklung ist kein Zufall, keine aus dem Nichts entstandene akademische Strömung. Sie hat Ursachen. Diese sehe ich in der Bildung, in der Übernahme des angelsächsischen Bildungssystems. Fächer werden abgewählt. Für die verbleibenden Fächer ist das sogenannte Bolemie-Lernen weit verbreitet (Wissen in kurzer Zeit für die Prüfunglernen und danach nie mehr darauf zurückkommen). Wer weiß heute noch, was die Aufklärung bedeutet, welche geistige Grundhaltung sie beinhaltet? Wer versteht die geschichtlichen Zusammenhänge insbesondere des 18. Jahrhunderts?

Wenn es nicht gelingt, dieses indoktrinäre Ego- und Gruppen-Denken wenigstens mehrheitlich zu überwinden, fürchte ich eine gesellschaftliche Entwicklung, wie sie sich in ähnlicher Form bereits mehrfach in der Geschichte bis in die Gegenwart hinein vollzogen hat und heute noch zu beobachten ist. Die Fähigkeit, Themen bis zu Ende zu denken, ist weitgehend verloren gegangen. Begriffe und Definitionen wie z. B. Rassismus, Chauvinismus werden nicht allgemeingütig, sondern als Mittel zur Durchsetzung eigener Vorstellungen eingesetzt. Mohamed Amjahid unterstellt allen, auch den toleranten Deutschen eine rassistische Grundhaltung. Sich selbst zu hinterfragen ( Selbstrefexion) ist er nicht fähig. Ebenso ist es nicht möglich, diese Fragen öffentlich zu stellen. – R. Renaux

 

Es ist zwar erfreulich, in den aktuell zumeist corona-verseuchten bzw. -domi­nierten (Print-) Medien einen interessanten, aktuellen und (system-)relevanten Artikel über ein nicht von der Pandemie infiziertes Thema zu lesen, allerdings fehlen mir beim von Jochen Bittner angerissenen Thema „Kombination zweier Welterklärungsmodelle, der ‚Kritischen Theorie‘ und der ‚Intersektionalität‘“ doch einige wichtige Aspekte. Richtig ist zwar, dass der „inter­sectionality approach“ bzw. „der Begriff der Intersektionalität … von der amerikanischen Jura-Professorin Kimberlè Crenshaw“ aus dem Jahr 1989 stammt, aber über­sehen wird, dass die intersektionale Perspektive bereits in der deutschen Bildungssoziologie bei Ralph Dahrendorf in den 60er Jahren herausgearbeitet wurde, als dieser die Figur des im Bildungs­system diskriminierten und benach­teiligten „katholischen Arbeiter-Mädchens vom Lande“ konstruierte.

Im „intersectionality approach“ geht es darum aufzuzeigen, dass es struktur­relevante ge­sell­schaftliche Variablen, ursprünglich „class – race – gender“, sind, welche Diskriminierungen/ Benachteiligungen einer Person zur Folge haben (können). Wenn Menschen im Schnittpunkt (intersection = Kreuzung) dieser Variablen gesellschaftlich unterprivilegiert verortet sind, also in Bezug auf „class“ (soziale Herkunft, Schicht, Milieu), „race“ (Ethnie, Kultur) und „gender“ (das soziale Geschlecht) – oder operationalisiert und konkretisiert als Unterschicht/ bildungs­fernes Milieu/ Arbei­terklasse; weibliches Geschlecht; als fremd typisierte Ethnie und Kultur – und weitere Strukturvariablen wie Region, Konfession, Stadt-Land, Generation/ Alter, sexuelle Orientie­rung etc. dazu kommen, dann reduzieren sich deren gesellschaftliche Chancen in Bezug auf Bildung, Beruf, Partizipation, Inklusion.

Bei Dahrendorfs Denkfigur (vgl. oben) waren die bildungsrelevanten Merkmale „Schicht“ (Arbeiter), „Konfession“ (katholisch), „Geschlecht“ (Mädchen) und „Landbevölkerung“. In neueren migrationssoziologischen Studien spricht man mit Blick auf die Chancen der Heran­wachsenden in der Gesellschaft, speziell im Bildungs- und Beschäftigungssystem, vom „moslemischen Arbeitersohn aus der Großstadt“! Interessant dabei ist – jetzt kommt’s – dass im Übergang vom „katholischen Arbeitermädchen vom Lande“ zum „moslemischen Arbeiter­sohn aus der Großstadt“ der sozio-kulturelle Wandel der Gesellschaft deutlich sichtbar wird, dass aber eine Strukturvariable konstant bleibt: „Arbeiter“(klasse) bzw. Unterschicht.

Im Denken der „Kritischen Theorie“ war die „Klassenzugehörigkeit“ der Individuen zentral und determinierte deren gesellschaftliche Position und Chancen, ihr Denken und Handeln. Sowohl bei Crenshaw (sie erwähnt „Frauen und Schwarze“) als auch in der weiteren Argu­men­tation von Bittner – er nennt „Hautfarbe, Alter und Geschlecht“, „Homosexualität“ – fehlt nun genau diese für eine Kritische Theorie (nach meinem Verständnis) und im Ursprung der intersektionalen Perspektive hervorgehobene zentrale gesellschaftliche Strukturvariable (Klasse, Schicht) – Zufall oder Zeitgeist?

Fazit: Es lohnt sich, bei den aktuellen Theorie- und Ideologiekontroversen zurück zu schauen auf das, was bereits gedacht worden ist. Und eine Kritische Theorie bzw. „deren 21.- Jahr­hundert-Neuauflage“, die sich überwiegend auf die Strukturvariablen „gender“ und „race“ („Kultur/ Ethnie“) und „Sexualität“ bezieht und damit „Identitätspolitik“ macht, hat sich vom Ursprung der Kritischen Theorie so weit entfernt, dass sie deren Namen nicht missbrauchen sollte. Und: Soziale Ungleichheit und Ungleichbehandlungen resultieren immer noch (vgl. oben „sozio-ökonomischer Wandel“) primär aus ungleichen sozio-ökonomischen Lagen (Klasse, Schicht) in der immer noch kapitalistischen Gesellschaft. Bei aller gesellschaftlichen Pluralität, Individualität und Diversität existieren ebenso Polarität (Klassenspannungen), Dominanz der herrschenden Klasse und „Eindimensionalität“ (Herbert Marcuse). – Prof. i. R. Dr. phil. habil. Hartmut M. Griese

 

„Haben im Mittelalter eine Menge Hexen also doch zu Recht gebrannt?“ fragt Jochen Bittner in der ZEIT Nr. 11 vom 1.3. 2021 S. 11. Damit stellt der Co-Leiter des Streit-Ressorts in einem – ansonsten sehr aufschlussreichen – Artikel einen äußerst populären, aber deswegen nicht weniger irrigen historischen Bezug her: Die europäische Hexenverfolgung fand nicht im Mittelalter sondern zu Beginn der Neuzeit statt. Am intensivsten wütete der Massenwahn zwischen 1550 und 1650. Und das war kein Zufall. Diese einhundert Jahre gelten als die krisenreichsten der europäischen Geschichte. Zur geistig-theologischen Orientierungslosigkeit nach dem Zusammenbrechen des mittelalterlichen Weltbildes sowie dem Aufeinanderprallen von Reformation und Gegenreformation kam die Umstellung von der mittelalterlichen auf die an Handel und Geldwirtschaft orientierte neuzeitliche Produktionsweise.

Außerdem fielen in diese Zeit besonders extreme Agrarkrisen mit entsprechenden Hungersnöten, Inflationen, Epidemien – und nicht zuletzt der 30jährige Krieg. Und in Krisenzeiten neigen Menschen dazu – daran hat sich bis heute nichts geändert – sich Sündenböcke zu suchen für etwas, was sie anders nicht erklären können oder wollen. Damals schob man den „Hexen“ vor allem die Schuld an Missernten, Viehseuchen, Bränden und unerklärlichen Todesfällen in die Schuhe. Siehe u.a.Krämer/Trenkler: Lexikon der populären Irrtümer. Ffm. 1996. Oder: Dagmar Scherf: Homburger Hexenjagd oder Wann ist morgen? Bad Homburg, 2. Auflage 2012. – Dr. Dagmar Scherf

 

Man sollte meinen, dass das, was wir allgemeinhin mittels menschlicher Vernunft als Wahrheit erkennen (müssen), auch die gesellschaftspolitische Mitte markiert. Dass sich „von dort aus“ Menschen ihre Meinungen bilden, gemeinsam menschliche Werte wie Freiheit und Sozialität durchaus unterschiedlich gewichtend. Und dass sie sich mit gleichberechtigter Stimme in den demokratischen Raum begeben, nicht zuletzt angetrieben von dem unerlässlichen Willen zur Verständigung.

Unerlässlich, weil Konformismus und Illiberalität, ohnehin schon der Aufklärung und des eigenen Denkens gegensätzlich, wachen Verstandes und unverstellten Blickes wahrnehmbar, in bilaterale Radikalisierung, in die Gewalt rechten und linken Meinungsfaschismus ausufern. Wenn unsere heutige Gesellschaft die Überzeugung in sich trägt, die Erfüllung unserer bisherigen Normen und Werte sei nicht hinreichend – was anzuerkennen ist -, dann reicht es nicht, lautstark und abkanzelnd Regeln zur Ausnahme zu erklären.

Für eine sinnvolle und zudem glaubhafte Aufklärung auf der Höhe von Zeit und Geist braucht es über das Ringen um das bessere Argument und den bestmöglichen Konsens hinaus einen demokratischen Diskurs, der nicht mehr Menschen ausschließt, sondern eben mehr Menschen miteinbezieht. Mit identitär standardisierter „Argumentation“ und typisierter (Un-)Schuldsvermutung jedenfalls betreiben wir nichts anderes als Anti-Antidiskriminierung (und Anti-Antirassismus). – Matthias Bartsch

 

Danke für diesen überfälligen Artikel. Da das Dezimalzahlensystem nicht vom weißen Mann erfunden wurde, dürften wir das beibehalten. Kritischer sieht es mit der Differenzial- und Integralrechnung aus oder gar der Relativitätstheorie. Sind das noch seriöse Wissenschaften oder für nicht-weiße Menschen unzumutbar? Falls einige der SPD-Parteispitze meinen, sich für Äußerungen von Wolfgang Thierse schämen zu müssen, sollten sie eine eigene „durch und durch korrekte“ Partei ohne weiße Männer gründen, da sie ja dann problemlos von allen xyz-Personen wählbar sind. Ansonsten hat die SPD ja kein größeres Problem! – Prof. Emeritus Dr. Wolfgang Ströbele

 

Vielen Dank für diesen Artikel, auch die Kolumne von Martenstein schlug ja in die gleiche Kerbe. Ich bin auch gegen Diskriminierung, Rassismus und alle ähnlichen Übel. Aber die Art und Weise, wie jetzt zunehmend diskutiert und gestritten wird, ist weit von einer vernünftigen Kultur entfernt. So werden meines Erachtens keine Probleme aus der Welt geschafft, sondern neue Barrieren aufgebaut und Konflikte geschürt. Ich stimme voll und ganz zu, es wird Zeit, diesen Irrsinn zu stoppen. – Christoph Klein

 

Anders zu sein ist nicht einfach. Das weiß ich aus eigener Erfahrung. Wenn Du anders bist, ist das nicht selbstverständlich, dass die Mehrheit dich gleich so akzeptiert wie Du bist. Oft dauert es, bis die anderen begreifen, dass Du zwar Du bist, ansonsten nicht viel anders als alle anderen. Dafür müssen aber beide Seiten aufeinander zugehen. Deshalb bedeutet Diversität für mich, dass wir trotz unserer Unterschiede, uns gegenseitig respektvoll und wertschätzend behandeln. Wir müssen nicht der gleichen Meinung sein und können Dinge anders sehen. Wir müssen aber den anderen das gleiche Recht wie uns selbst zugestehen, nämlich so sein zu dürfen, wie sie sind.

Aus diesem Grund beobachte ich mit Sorge, wie sich unsere Gesellschaft derzeit entwickelt, beziehungsweise, wie sie sich gerade selbst zerlegt. Immer mehr Menschen begreifen sich als Minderheiten und treten lautstark für ihre Interessen ein, die die Mehrheit nicht genug beachten will. Dagegen gibt es im Grunde nichts einzuwenden. Was mich aber enorm stört ist, dass der Dialog dabei ausbleibt. Reden ist out – Cancel Culture ist in. Wer eine andere Meinung vertritt, ist ein Feind, der es nicht verdient, dass man mit ihm auf Augenhöhe redet. Stattdessen wird moralisiert, gemaßregelt, zurechtgewiesen. Leider bewirkt das genau das Gegenteil von dem, was die Vertreter der Minderheiten erreichen wollen:

Viele der interessierten Menschen, die zur Mitte der Gesellschaft gehören, wenden sich entweder genervt von ihnen ab oder verstummen aus Angst, mit ihrer Meinung einen Shitstorm auszulösen. Ich bin davon überzeugt, dass das Ziel, die Interessen von Minderheiten in den Fokus zu rücken, auch anders zu erreichen ist: indem Menschen miteinander reden, ihre Argumente und Sichtweisen austauschen, einander zu verstehen suchen und sich gegenseitig zugestehen, anderes zu sein. Der Wille dazu muss aber von allen Seiten kommen. – Maria Sinjakowa

 


 

 

Leserbriefe zu „Endlich frei?“ von Heinrich Wefing

 

Schauen wir über den Tellerrand von Covid-19 hinaus, sehen wir einige Gruppen von Menschen, denen in Deutschland schon immer gewisse Rechte – aus guten Grund -vorenthalten werden: Z. B. Minderjährige oder Inhaftierte. Fällt der gute Grund weg (etwa das erhöhte Schutzbedürfnis der weniger lebenserfahrenen Kinder und Jugendlichen), bekommen sie volle Rechte (wieder zurück). Warum sollte das bei C obid-19 anders sein? Der gute Grund entfällt für Geimpfte. Vielleicht hilft diese Perspektive den Neidern sich für ihre Eltern und Großeltern zu freuen. – Iman Schwäbe

 

Es war wieder einmal ein Fehler, einen Artikel wie diesen direkt in der Früh zu lesen. Mein Blutdruck steigt inzwischen bei dem Wort „Gerechtigkeit“. Vor lauter verkrampfter Impfgerechtigkeit werden Menschen mit Termin nach Hause geschickt, weil sie für die Gruppe der 80 jährigen noch wenige Tage (!!) zu jung sind, dann werden sie ohne Impfung zurückgewiesen, weil zwar die STIKO AstraZeneca für über 65 jährige bereits empfohlen hat, die Verordnung hierzu (ein wohl rein formaler Akt), noch nicht vom Bundesgesundheitsminister unterschrieben worden ist. Jetzt wird ernsthaft darüber diskutiert, wie mit Menschen, deren Infektionsgefahr nahe Null liegt und die mit aller Wahrscheinlichkeit für eine Weitergabe der Viren nicht mehr geeignet sind umgegangen wird? Ob Ihnen Rechte zurückgegeben werden können, da ja noch einige diese Möglichkeit der Impfung noch nicht hatten?

Hierzu darf ich feststellen, dass die Einschränkung der Grundrechte in jedem Falle begründet sein muss, dies entfällt bei den Geimpften…Ende der Diskussion. Ich komme mir allmählich vor, als würde so manche Entscheidung von Auserwählten und nicht Gewählten getroffen, es schwingt allzu oft eine besserwisserische Überheblichkeit mit, die ich nicht mehr ertragen möchte.

Aus meiner Sicht muss das Infektionsgeschehen mit seinen Inzidenzzahlen ähnlich betrachtet werden wie ein See mit unterschiedlicher Wassertiefe. Nun gibt es Bürger, die könnten an jeder Stelle hineinspringen, sie können schwimmen und werden nicht untergehen (Infizierte mit mildem Krankheitsverlauf), im Übrigen ein Großteil der Bevölkerung), dann gibt es diejenigen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit ertrinken werden (der ältere Bürger mit Vorerkrankungen), die Gruppe derer, die beim Sprung eines Einzelnen die gesamte Gruppe mit ins Wasser ziehen (Heimbewohner)… Den Geimpften würde ich als jemanden betrachten, der das Schwimmen recht sicher gelernt hat und keinen mitzieht.

Sofern unser Gesundheitssystem in der Lage ist, die zunehmend geringere Zahl an „Ertrinkungsunfällen“ adäquat zu versorgen, und die hilflosen Gruppen geschützt sind, muss im Übrigen auch denjenigen, die es für sich schlicht darauf ankommen lassen wollen (Impfverweigerer) der Sprung ins Wasser erlaubt sein. Somit ist es an der Zeit, den „Badesee“ nach und nach wieder mit Schwimmern zu füllen, denn diese sind für das Ökosystem dieses Sees entscheidend, um diesen auch am Laufen zu halten. Wenn ich zu lange warte und mich im Gerechtigkeitsthema verrenne, wird aus diesem See schnell ein Tümpel, in dem vielleicht noch viel mehr stirbt.

Die Welt ist nicht gerecht und sie wird es auch nicht; eine Gerechtigkeitsverordnungt wird hieran nichts ändern. Aber wenn die Regierung hierauf bestehen möchte, lade ich diese herzlich ein, auch in anderen Bereichen mit gleicher Vehemenz Gerechtigkeit einzufordern. Löhne, Bildung, Chancen, Vermögen… so viele brennende Themen unserer Zeit verdienen hier sicherlich verstärkte Aufmerksamkeit. – Dr. med. Andreas Harth

 

Dass es falsch sein soll, Geimpften die Freiheit zu verwehren, wie es in der ZEIT steht, sehe ich anders. Und das aus einem ganz einfachen Grund: Die Menschen, die sich nicht impfen lassen dürfen oder denen es nicht empfohlen wird, würden dadurch benachteiligt werden – obwohl sie vielleicht impfwillig sind. Ich zB bin schwanger, nach der Geburt werde ich wie mein erstes Kind auch mein zweites stillen. Schwangeren und Stillenden wird von einer Impfung allerdings noch abgeraten. Somit empfände ich es als sehr unfair, wenn meine kinderlosen Mitmenschen einen Impf-Freifahrtschein bekämen, ich – und andere Schwangere und Stillende – aber nicht.

Gleiches gilt – zumindest noch – für alle Menschen, die ganz unten in der Impf-Prioritätenliste stehen: also in erster Linie junge, gesunde Menschen. Ließen sich alle Kranken und Senioren impfen, dürften sie bald „in Freiheit“ leben – die jungen Menschen und Familiengründer müssten währenddessen weiter in „Corona-Gefangenschaft“ extrem limitiert leben – und das, obwohl sie brav alle Vorsichtsmaßnahmen (Maskenpflicht, Abstand etc.) einhalten – und zwar in erster Linie zum Wohle der Älteren! So ein gesellschaftlicher Zustand wäre unglaublich paradox und absolut nicht wünschenswert. Im schlimmsten Fall würde es junge Menschen dazu anstacheln, sich gegen die Älteren zu wenden – statt ihnen den Respekt zu zollen, den sie verdient hätten. Also: Nein zu einer Zwei-Klassen-Gesellschaft durch Impfen! – Katrin A. Otrzonsek

 

Mit Kopfschütteln und Erschrecken las ich zum Morgentee Ihren wortreichen Aufruf zur Spaltung der Gesellschaft. Anders kann ich die Lektüre leider nicht interpretieren. Offenbar hatten die Querdenker und Impfkritiker doch recht, als sie bereits vor einem Jahr vor einer Covid-Impfpflicht gewarnt haben. Natürlich folgten die giftigen Reaktionen auf dem Fusse, und das „Verschwörungstheorie-Wort“ ging viral. Jedoch bewegt man sich – momentan noch pragmatisch vorsichtig (denn die Impfdosen reichen ja nicht aus) – immer mehr in diese Richtung. Wie sagte ein Freund von mir so resignativ wie pragmatisch: „Ich stehe zwar nicht auf diese unzureichend geprüften Impfungen, aber ich möchte meinen Urlaub nicht nur auf dem Balkon verbringen.“

Wenn Impfunwilligen die gesellschaftliche Teilhabe und das Reisen verwehrt werden soll, dann ist das nichts anderes als eine Impfpflicht durch die Hintertüre, und zwar so offensichtlich, dass es der Politikverdrossenheit neue Nahrung geben wird. Das inflationär verwendete und zum Gruppendruck-Erzeugen sehr nützliche Wort „Solidarität“ spielt in diesem Zusammenhang offenbar keine Rolle mehr, wenn die ZEIT-Autoren beklagen, dass „68% der Bevölkerung den Geimpften ihre Rechte nicht zurück geben wollen“. Man beachte die Wortwahl. Keine Rolle spielen im Artikel warnende Stimmen, wie die der WHO und des Europarats, die vor der Diskriminierung von Nichtgeimpften ausdrücklich warnen. Als Zeit-Abonnent hätte ich mir da eine etwas ausgewogenere Berichterstattung gewünscht. In Israel gilt der grüne Impfpass nur ein halbes Jahr, dann muss man nachimpfen, weil offensichtlich ungeklärt ist inwieweit der Schutzeffekt tatsächlich greift und wie lange.

Vergessen wird auch gerne, dass die NNtV (Number needed to Vaccinate) bei ca. 250 geimpften Personen liegt, um einen Infektionsfall zu verhindern. Klar ist auch, dass der Schutzeffekt einer durchgemachten Infektion länger anhält, aber kaum jemand thematisiert oder interessiert sich für eine wirklich aussagekräfte Laboranalytik (T-Zelltest). Da ca. 85% der Infektionen symptomlos verlaufen, dann kann man hochrechnen, wieviele bereits immun sind; es muss sich um Millionen Mitbürger handeln. Für diese Gruppe ist eine Impfung sinnlos. Wer diesen durchaus sinnvollen T-Zellimmuncheck machen möchte, muss ca. 150.- Euro als Privatzahler selbst für die Laborleistung hinlegen. Für diesen Test wären die offensichtlich nahezu unbegrenzt verfügbaren Steuermillionen besser angelegt, als für das millionenfache Dauertesten von Symptomlosen. – Hubert Geue

 

Was sind wir eigentlich für ein giftiges Volk, dass wir es den alten Damen und Herren nicht gönnen, wieder in die Heim-Cafeteria gehen zu dürfen, wenn alle geimpft sind? Ganz abgesehen vom Cafeteria-Personal, das vielleicht auch gerne mal wieder arbeiten würde… Sofern sie andere nicht gefährden, sollen Geimpfte ihre Grundrechte wieder ausüben dürfen, daran besteht für mich kein Zweifel. – Merlin Halbach

 

Den Ausführungen von Herrn Wefing zum Thema „Freiheit für Geimpfte? Endlich frei? “ (Zeit vom 11.3., S. 3) muss ich entschieden widersprechen. Diese Argumentationsweise ist ein Schlag ins Gesicht der jungen Generation, die so viel weniger gesundheitliche Schäden durch Corona zu fürchten hat, aber tatsächlich noch mehr beschränkt wird in ihrem alltäglichen Leben als die meisten anderen Generationen. Keine Schule, keine Kita, keine Uni. Kein Spielplatz, keine Konzerte, keine Kindergeburtstage. Das alles ist geschehen, um das Gesundheitssystem nicht zu überlasten. Dies ist die Grundlage für die – richtigen! – Einschränkungen des täglichen Lebens.

Ist die Risikogruppe durchgeimpft, werden zwar die Inzidenzzahlen steigen, die Todesrate wird vermutlich aber ebenso sinken wie die Zahl derer, die intensivmedizinisch betreut werden müssen. Und hier sollen nun diejenigen, die seit einem Jahr durch immense Kraftanstrengungen der gesamten Bevölkerung, geschützt wurden, nämlich die Generation 70+, ihre Grundrechte schneller zurückbekommen? Nur weil zu wenig junge Menschen an dem Virus sterben, deswegen später geimpft werden und die Politik an dieser Priorisierung festhält? Wo bleibt da die Solidarität der älteren Generation mit der Jugend?

Stand heute würde ich mit 29 Jahren und ohne Vorerkrankungen im Mai 2025 geimpft werden. Bis dahin würden meine Grundrechte eingeschränkt bleiben angesichts einer potentiellen Ansteckung mit einer Viruserkrankung, die in meiner Altersgruppe mit einer Wahrscheinlichkeit zwischen 0,01 und null Prozent tödlich ist (vgl. Nature 585, 16-17 (2020)). Deswegen ist es weder rechtlich noch menschlich richtig, zwischen „Geimpften“ und „Ungeimpften“ zu unterscheiden, Herr Wefing! – Thomas Klotz

 

Die Debatte um die Aufhebung der Grundrechtseingriffe für Geimpfte ist in einigen Teilen von Missgunst und in vielen Teilen von erstaunlicher Kleingeistigkeit geprägt. Heinrich Wefing weist zurecht darauf hin, dass wir mit dem aktuellen Diskurs an unserem Gerechtigkeitsempfinden verkrampfen und damit die Gleichheit nur im Leid erzielen. Besser wäre eine komplexere Auslegung des Solidaritätsgedanken, die sowohl die Solidarität gegenüber den bereits Geimpften als auch den noch nicht Geimpften erfasst.

Als 25-Jähriger gönne ich von Herzen jedem Intensivpfleger, der sich seit einem Jahr täglich höchster Infektionsgefahr aussetzt, und jeder Rentnerin, die sich seit einem Jahr vor einer für sie lebensbedrohlichen Infektion schützt, eine schnelle Impfung und eine schnelle Rückkehr aller Freiheitsrechte, damit für sie das normale Leben bald wieder möglich ist. Genauso verlange ich aber Solidarität für diejenigen, die noch besonders lange auf eine Impfung warten müssen, sowie besondere Wertschätzung für diejenigen, die noch besonders lange mit den ökonomischen, sozialen oder psychischen Folgen der Pandemie umzugehen haben.

Frühzeitig Geimpfte, die gesundheitlich fit sind, könnten Patenschaften für Schulkinder übernehmen, damit Lernrückstände aufgearbeitet werden können. Frühzeitig Geimpfte, die finanziell gut ausgestattet sind, könnten Interrail-Tickets für junge Erwachsene stiften, damit ausgefallene soziale und Reiseerfahrungen bald nachgeholt werden können. Grundrechte sind keine Sonderrechte – Solidarität ist aber auch keine Einbahnstraße. – Sebastian Ziegert

 

Ein sehr guter Artikel von Heinrich Wefing. Die Kurzsichtigkeit hat sich die Regierung mit ihrem Motto „Wir müssen auf Sicht fahren“ letztes Jahr ins Logbuch geschrieben. Mich hat es schon damals gewundert als gesagt wurde „das sei ein theoretisches Problem solange nicht feststeht ob Geimpfte andere anstecken können“. Hinter der Floskel „theoretisches Problem“ steht eigentlich: Wir habe momentan keine Zeit um uns damit zu beschäftigen! Und genau das ist das Problem an vielen Stellen: Es wird sich nicht frühzeitig über Mögliche Verläufe Gedanken gemacht. Ein guter Schachspieler überlegt sich eine Vielzahl an Varianten damit er schnell auf den Zug des Gegners antworten kann. Wenn man zusätzlich bedenkt, dass meist ein vom Staat getriebenes Digitalisierungsprojekt hinter einer Variante steckt, welcher per se sehr lange dauern, kann man nicht früh genug anfangen. – Oliver Wedlich

 

Die Recherche, dass angeblich 68 Prozent einer Umfrage wg. Lockerungsschritten ausschließlich nur für Corona-Geimpfte diesen ihre Rechte (auf Freizügigkeit) nicht zurückgeben würden, kann man als marginal betrachten – eine Aussage aufgrund einer Umfrage – mehr nicht ! Eine Ausnahmegenehmigung sollte niemals erteilt werden , alleine schon aus dem Grund der rel. Unsicherheit einer latenten Virus-Last und dem Grund von Gleichbehandlung. Endscheidend ist doch folgendes: Da man sog. Grenzwerte wie Inzidenzen etc. als rel. unbrauchbar zur Beurteilung von Lockerungsschritten bzgl. des Corona-Lockdowns neuerdings erwogen hat sollte der Fokus alleine auf die Entwicklung der Neuinfektionen gerichtet sein.

Die Entwicklung der Neuinfektionen in Deutschland zeigt (schlüssig; auch dies ist relativ), dass im Verlauf der Zeit um Weihnachten 2020 die Zahlen für Neuinfektionen täglich um die Höhe von 20 bis 30 Tausend schwankte. Diese Entwicklung hielt bis Ende Januar 2021 an mit deutlicher Tendenz abwärts, bis es ab Anfang Februar 2021 zu einer deutlichen Entspannung mit Werten um die 10 Tausend pro Tag kam und ab Ende Februar/Anfang März 2021 sogar deutlich unter 10 Tausend pro Tag gereichte. Allein dies sollte Maßstab für Lockerungsschritte sein. Sog. Grenzwerte führen zur Verunsicherung, zudem sie noch „aus der Luft gegriffen“ scheinen.

Gelegentliche Schwankungen der Neuinfiziertenzahlen wie zB heute, am 11.03.21 mit einem Wert auf 14 Tausend sollten als normal eingestuft werden. Ableitungen daraus hin zur Deutung einer dritten Welle (britische CoV2-Variante) sind natürlich legitim. Gem. der Wissenschaftler wird CoV2 uns wie eine „normale“ Ansteckungsgefahr begleiten. Immunisierungen dagegen auch unter Zwang sind die beste Alternative, um die Gesellschaft zu schützen. – Rainer Rehfeldt

 

Womit um alles in der Welt ist es zu erklären, dass Herr Wefing folgende zwei auf der Hand liegenden Aspekte in seinem Artikel nicht einmal erwähnt: 1. muss es doch für all diejenigen, die sich jetzt z.T. schon seit Wochen vergeblich um einen Impftermin bemühen, als eine doppelte Bestrafung empfunden werden, wenn sie gegenüber denen, die das Glück hatten oder bald haben werden, einen Termin zu ergattern, dann auch noch mit einer weiteren Verlängerung der derzeitigen Restriktionen belegt werden sollen.

Und 2. wird im Artikel so getan, als ständen nur die zwei Alternativen zur Debatte: Weitgehende Öffnung nur für die Geimpften oder weitere Verlängerung der Grundrechtseinschränkungen für alle. Dabei drängt sich doch mit Zunahme der Impfung, vor allem nachdem die besonders „vulnerablen“ Menschen, die das wollen, geimpft sind, mehr und mehr eine ganz andere Lösung auf: Nämlich eine weitgehende oder auch vollständige Rückgabe unserer Grundrechte an uns alle. Denn schon sehr bald dürfte die Gefährlichkeit des Virus dann doch wirklich unterhalb der einer durchschnittlichen Grippe liegen, so dass man den Menschen die Verantwortlichkeit für ihre Gesundheit zurückgeben kann. Sind wir denn durch den Wahnsinn des vergangenen Jahres schon so pervertiert, dass wir diese offensichtliche Konsequenz nicht einmal mehr sehen? – Andreas Obrecht

 

Der Autor beschreibt ein nicht ganz neues, allerdings vorauszusehendes Problem. Wie alles in der letzten Zeit hervorgerufen durch das fortlaufende Missmanagement der Regierung. Dürfen Geimpfte mehr als die Personen, die (noch) nicht geimpft sind? Meiner Ansicht nach gehört zu diesem Thema auch, dass es viele Impfwillige gibt, die aber durch das starre Festhalten an der Priorisierung keine Chance haben, zügig geimpft zu werden.

Die Impfpriorisierung sollte endlich aufgebrochen werden. Die Menschen, die durch ihre Arbeitskraft die Wirtschaft am Laufen halten, die durch Beratung, Pflege und dergleichen mehr sich der Gefahr einer Infektion aussetzen, sollten die Möglichkeit erhalten, sich durch Impfung zu schützen. Ebenso die jungen Menschen, die tatsächlich ihrer Perspektive beraubt sind. Die KünstlerInnen, SchauspielerInnen… Kurz gesagt: flächendeckende Impfung.

Ich bin der Überzeugung, dass dies die Meinung über gedachte oder wirkliche Vorteile der Geimpften im täglichen Leben ändern würde. Chancengleichheit! Und nicht zuletzt: durch eine großangelegte Impfung würden natürlich auch die Vulnerablen automatisch geschützt. Zur Zeit wird viel Impfstoff einfach in den Müll gegeben, da Impftermine nicht wahr genommen werden und angebrochene Fläschchen nicht aufgehoben werden können. Gleichzeitig gibt es viele Menschen, die froh wären, ihre Dosis zu erhalten, jedoch nicht „an der Reihe“ sind. Auch dieses haarsträubende Problem könnte durch die Freigabe an Alle weitgehend aufgehoben werden. – Monika Sander

 

Die „Titanic“geht unter. Ein Teil der Rettungsboote ist im Wasser, ein Teil hängt noch am Schiff fest. Der fertigen Rettungsboote sind besetzt. Alle schreien:“Laßt sie nicht los, bis wir alle Boote im Wasser haben!“ Die schwimmfähigen, besetzten Rettungsboote werden vom Sog der untergehenden Titanic mit heruntergezogen. Bravo Deutschland! – Wolfgang Michel

 

Ich hoffe, daß der Artikel die lange überfällige Diskussion über die Rechte von Geimpften anstößt. Ich bin 58 Jahre, gesund und werde wohl noch ein wenig auf mein „Impfangebot“ warten müssen. Trotzdem wäre es für mich kein Problem, wenn schon Geimpfte mehr Freiheiten hätten als ich. Dürfte sich, hoffentlich, wohl nur um Wochen handeln. Mein Tipp: Der Blockbuster in den Kinos in diesem Sommer wird „Die Feuerzangenbowle“ werden. Die kennen die bis dahin Geimpften noch aus ihrer Jugend. – Harald Lutz

 

In der Interpretation der Aussage von Hn. Laschet: SOLLEN WIE IHNEN (den jungen Menschen) JETZT RECHTE GEGENÜBER PRIORISIERTEN GEIMPFTEN VORENTHALTEN,…. ist Ihnen leider ein schwerwiegender Verständnisfehler unterlaufen. M.E. meint Herr Laschet: geimpfte Personen erhalten einige Rechte zurück und gleiches gilt dann auch für noch nicht geimpfte. In mehreren Interviews und Stellungnahmen ist dies die korrekte Wiedergabe von Laschet‘ s Meinung. – Meinrad Weskamp

 

Der Journalist Heinrich Wefing stellt für @DIEZEIT die Frage, ob es gerecht sei, Geimpften ihre Freiheiten weiterhin vorzuenthalten. Der Artikel ist ein herrliches Paradebeispiel für Framing und sollte von Jedem gelesen werden. Ein erstes Highlight findet sich gleich in der ersten Spalte: Der Impfstoff von Biontech würde die Weitergabe von Corona verhindern, das hätte ua eine Studie aus Israel gezeigt. Dass diese Studie von Pfizer selbst kommt, findet keine Beachtung. Auch die Kritik an ihr nicht. Und auch im weiteren Verlauf wieder: Die große Kunst des Weglassens! In Israel mehren sich die Proteste, Juden malen sich KZ-Nummern auf die Arme und protestieren gegen die Zwangsimpfungen. Menschen verlieren ohne Impfung ihren Job. ImpfApartheid als DAS große Vorbild! „

Andere Staaten sind längst weiter eben um Impfanreize zu schaffen. In Israel etwa können Ge- impfte mit einem Impfpass wieder ins Konzert, zu Basketballspielen, ins Restaurant. Auch Dänemark lässt bereits digitale Pässe entwerfen, mit denen auch der Impfstatus nachgewiesen werden könnte. Es sei >>absolut entscheidend«, erklärte Finanz- minister Morten Boedskov, »die dänische Gesell- schaft wieder in Gang zu bringen<. Die Inter- nationale Luftfahrtorganisation IATA entwickelt einen elektronischen Travel Pass, der neben an- derem auch Informationen über Testungen und Impfungen enthalten soll.“ Dabei ist die Mehrheit der Deutschen gegen Sonderrechte – Wefing vollzieht darum eine wunderbare Framing-Kurve, indem er diese Verweigerer mit der AfD gemein macht. Er sagt es nicht explizit – aber der Zusammenhang entsteht im Kopf. Chapeau!

„Die Antworten ziehen sich relativ stabil durch alle Altersgruppen und Bildungsschichten, fast identisch in Ost und West. Frauen sind noch etwas rigoroser gegen vermeintliche »Sonderrechte« als Männer. Am entschiedensten gegen eine Rück- kehr zu den Grundrechten sind laut einer anderen Befragung für den ARD-Deutschlandtrend die Anhänger der AfD. Erstaunlich -hatte die Partei doch am lautesten gegen eine angebliche Hygiene- Diktatur protestiert. Insgesamt aber ist das Bild eindeutig: Zwei Drittel sagen, solange nicht allen alles erlaubt ist, soll niemand etwas dürfen.“ Man hätte auch „68 Prozent wollen keine indirekte Impfpflicht“ schreiben können – stattdessen prangt diese Grafik plus Text in der Mitte des Artikels. Empörend:

Diese gierigen 68% gönnen einem „68 Prozent wollen den Geimpften ihre Rechte nicht zurückgeben“ Dabei ist Solidarität das Thema der Stunde – Markus Söder sagte in 2020: „Die Pandemie wird in manchen Menschen das Beste zum Vorschein bringen, in manchen das Schlechteste.“ Was bringt sie bei Herrn Wefing zum Vorschein? „Eine Welt, die in Geimpfte und Nichtgeimpfte geteilt ist, verspricht zwar Entlastung für Familien und Wirtschaft, aber nach Wochen im Lockdown, nach Monaten, in denen pandemische Solidarität eingefordert wurde, scheint Gleichheit nun über alles zu gehen.

»Nicht Freiheit, sondern Solidarität stand im vergangenen Jahr im Vordergrund. Viel- leicht kommt daher der Reflex, es müsse bei allem unbedingt für alle das Gleiche gelten«, sagt die Kölner Medizinethikerin Christiane Woopen, die Vorsitzende des Europäischen Ethikrates.“ Zu keinem Zeitpunkt war unser Gesundheitssystem überlastet. Das ist das Eine. Aber „Gleichheit im Leid“ ist ein Satz, den man sich auf der Zunge zergehen lassen muss. Heißt: Impfverweigerer und Impfunfähige haben gefälligst weiter zu leiden. Das ist schließlich nur gerecht.

„Faktisch heißt das: Grundrechtseingriffe sollen nach der Vorstellung des mutmaßlichen Kanzler- kandidaten der Union offenbar erst dann zurück- genommen werden, wenn alle geimpft sind. Nach einem Jahr Pandemie wechselt er die Begründun- gen für die Freiheitseinschränkungen aus: Auf ein- mal geht es nicht mehr darum, Ansteckungen und damit eine Überlastung des Gesundheitswesens zu verhindern. Jetzt ist es offenbar das Ziel, dass es al- len gleich schlecht gehen soll. Gleichheit im Leid.“ Ein paar gut eingestreute, schlechte Vergleiche dürfen in solch einem Artikel natürlich nicht fehlen. Und es ist anscheinend keine bedrohliche Idee, eine Zweiklassengesellschaft zu fordern. Das muss man DIE ZEIT erst einmal nachmachen!

„Eine recht bedrohliche Idee. Man mag sich nicht ausmalen, was es heißt, Freiheiten ließen sich mit mit der Begründung einschränken, ihr Gebrauch kön- kön- ne andere irritieren: Gottesdienste nur, soweit sich Ungläubige nicht belästigt fühlen? Demonstratio- nen allenfalls, solange niemand unruhig wird?“ Der krönende Abschluss: Ein wenig Pflegekräfte (Haben sie nicht genug gelitten!), ein paar arme Künstler (Almosen!). Solidarität! Für manche. Die verseuchte Gesellschaft wird sich solche Artikel merken – und sie in 70 Jahren eventuell im Unterricht besprechen. #niewieder – Esca Pology

 

Was ist das für ein Armutszeugnis für dieses Land – 68 % Neid und Missgungst! Und wieso überrascht mich das nicht? Abkotzen könnte ich. Zunächst: Ich bin unter 60 und gehöre keiner Risikogruppe an, bin nicht systemrelevant und wirtschatlich nicht durch Corona geschädigt. Ich habe also kein persönliches Interesse an einer schnellen Öffnung für Geimpfte. Ich gehöre vielmehr zu denen, die vermutlich nicht vor dem Herbst geimpft werden (wobei ich diesen Zeitpunkt intzwischen als „optimistic to the poit of foolishness“ ansehe).

Aber was bitte schön habe ich davon, wenn die Geimpften jetzt auch bis sonstwann warten müssen, um wieder uneingeschränkt am öffentlichen Leben teilnehmen zu können? Mal ganz abgesehen davon, dass es das öffentliche Leben bald nicht mehr geben wird, für niemanden, geimpft oder nicht, wenn es nicht schnelltens wieder anlaufen darf. Warum können wir uns nicht freuen mit den Menschen, die jetzt (nach mehrheitlich realer Todesangst als besonders Gefährdete) sich buchstäblich freuen können, noch und wieder zu LEBEN – und das auch ungehindert zu tun? Meine Mutter (85) hat letzte Woche ihre zweite Impfung erhalten, sie ist Krebs- und Parkinsonpatientin. Ob sie im Herbst noch laufen kann? Oder überhaupt noch lebt?

Worauf zum Teufel sollen diese Menschen warten? Wie lange? Wozu? Weil irgendwer es dem geimpften Oberarzt nicht gönnt, wieder auf die Seychellen reisen zu können? Weil man selbst keine Fluggesellschaft findet, die einen ungeimpt nach Malle bringt? Weil der Nachbar nicht haben soll, was ich nicht haben darf? Teilung der Gesellschaft, ha! Es gibt keine Gesellschaft. Es gibt nur Egos. Ich kann nur hoffen, dass die „reichen Alten“ das Land überziehen mit Klagen für ihre Grundrechte und dass es mutige Richter gibt, die ihnen schnell und umfassend Recht geben. Vielen Dank für Ihren Artikel! – Bettina Lützel

 

Der Beitrag befasst sich in dankenswert unaufgeregter Weise mit einem sehr komplexen Thema. Darauf eine politische Antwort zu finden, die alle Aspekte umfassend berücksichtigt und zu keinerlei Benachteiligungen führt, erscheint schlicht unmöglich. Wir werden damit leben müssen, dass es dabei ohne tatsächliche oder vermeintliche Ungerechtigkeiten nicht ablaufen wird. Notwendig wird vielmehr sein, dass ein gesellschaftliches Bewusstsein entsteht, das sich über jeden freut, der dank Impfung (bzw. Genesung) wieder ein Stück Normalität erlangt. Ein solches Bewusstsein kann politisch zwar befördert aber nicht verordnet werden; es sind letztlich wir selbst, die es in der Hand haben, Freude statt Neid zu empfinden.

Letztlich hilft die Lockerung für Geimpfte auch jedem Ungeimpften, weil die Wirtschaft, die Kultur und das soziale Leben schrittweise in die Normalität zurückkehren, von der natürlich auch Ungeimpfte (z.B. durch Absenken der Staatsverschuldung, Entlastung der Kliniken etc.) profitieren. Die Welt war noch nie gerecht, die Menschen waren noch nie gleich. Das wird auch jetzt und künftig so sein. Lernen wir, damit unverkrampfter umzugehen. – Uwe Reuter

 

Ihr Beitrag hat mir mehrfach ziemlich zu denken gegeben. So z.B. die Aussage des Anwalt „Wenn Gerichte so entscheiden, geht jeder Impfanreiz verloren“. Hallo? Realitaetscheck? Wie waere es mit den Impfanreizen „Ich erkranke ueberhaupt nicht oder nur leicht an Corona (egoistisch)“ und „ich kann niemanden mehr anstecken (solidarisch)“? Ihr Vorschlaege, dass man doch den Geimpften mehr soziales und kulturelles Leben wieder ermoeglichen soll, uebersehen m.E. einen wichtigen Aspekt: Da bisher Impfungen aufgrund des Alters und besonderer Risiken (Vorerkrankungen, Berufe mit hohem Ansteckungsrisiko) erfolgen, werden PartnerInnen der Geimpften im Regelfalle nicht geimpft sein und Kinder schon gar nicht.

Pflegekraefte koennten also z.B. mit ihren KollegInnen oder alleine in Urlaub fliegen oder ins Konzert gehen, waehrend die Familien oder FreundInnen zuhause bleiben. Das scheint mir nicht so wirklich attraktiv. Es waere auch interessant zu wissen, wie die Ansichten der Geimpften sind. Die Gesellschaft erwartet seit ca. einem Jahr, dass Kinder und Jugendliche, die seltener schwer erkranken und nicht ansteckender sind als andere, extreme Einschraenkungen hinnehmen zum Schutz anderer.

Wenn nun die Freiheitsrechte der Geimpften wichtiger sind als Solidaritaet – obwohl nicht alle Impfwilligen geimpft werden koennen – sollten wir nochmal ueber die Impfreihenfolge nachdenken. Denn dann kann man argumentieren, dass man die (nicht-berufsbedingten) Risikogruppen ueber Selbstisolation schuetzt statt durch Impfen, und das Impfen statt dessen nach dem Zufallsprinzip vornehmen. Dann haben zumindest alle die gleichen Chancen. – Sabine Moehler

 

Vielen Dank für Ihren Artikel. Auch ich gehöre zu denjenigen, die Geimpften noch nicht sofort alle Freiheiten zurückgeben möchten. Aber nicht aus „Neid“, wie Sie in Ihrem Artikel vermuten, sondern aufgrund von zwei Problematiken, die Sie in Ihrem Artikel leider gar nicht ansprechen. Erstens, Sie erwähnen die wahrscheinliche Ansteckungsminderung durch den Biontech-Impfstoff (welche leider noch nicht offiziell bestätigt wurde), versäumen aber im gleichen Schritt aufzuzeigen, dass der Anteil derjenigen, die in Deutschland mit Biontech geimpft wurden, gemessen an der Gesamtbevölkerungszahl, leider noch nicht sehr groß ist und auch keinesfalls 100% der Impfwilligen betreffen wird.

Für die anderen Impfstoffe, von denen sehr viel Dosen bestellt wurden, namentlich Astrazeneca, gibt es solche Infektionsminderungs-Daten meines Wissen noch gar nicht. Was soll also dann daraus folgen? Café-Eintritt nur für Biontech-Impflinge? Sehr fragwürdig. Zweitens, haben wir das massive Problem der Lieferkürzungen (die jüngste von Astrazeneca wurde allerdings erst nach Erscheinen der ZEIT publik) und der Impfverzögerung. Wenn nun die „Glücklichen“, die bereits geimpft wurden (oder die sich diese Impfungen am Rande der Illegalität erschlichen haben), wieder alles dürfen, ist das Ungerechtigkeitsempfinden weniger auf Neid, denn auf ein „Bestrafungsgefühl“ zurückzuführen. Erst schaffen es der Staat und die EU nicht, genügend Impfungen in die Breite zu bringen, dann „bestrafen“ sie den Großteil der Bevölkerung auch noch damit, dass diejenigen, die bisher „Pech gehabt haben“, weil es nicht zügig vorangeht, noch nichts dürfen?

Daher wäre Ihre nur ganz am Ende kurz erwähnte Test-Strategie als wichtiger Baustein für Öffnungen sinnvoller, als allein das Impf-Argument. Und überings: Israel (das Sie ja als lobendes Beispiel erwähnen) hat nicht nur für seine ganze Bevölkerung fast ausschließlich Biontech geordert (für uns in Europa leider pure Illusion für 2021), sondern auch schon mehr als die Hälfte der ganzen Bevölkerung damit immunisiert. Dann ist es auch sinnvoll, langsam wieder zu öffnen. Für uns in Deutschland wäre es dagegen in meinen Augen wirklich spalterisch, wenn bei dem geringen Impf-Anteil nun für nur ganz wenige „alte Normalität“ gälten würde. Das könnte man keinem vermitteln. – Julia Molina

 

Die Auseinandersetzung in der Gesellschaft über Freiheiten für Geimpfte und aus welchem Grund auch immer Nichtgeimpfte berücksichtigt eine kleine Gruppe nicht, nämlich die, welche einer Impfung grundsätzlich positiv gegenüberstehen, aber gerade bei Covid 19 mit allen Varianten Bedenken haben. Ich gehöre zu diesen Bedenkenträgern. Zu mir: 73 Jahre alt, 92 kg, alle notwendigen Impfungen erhalten, die man haben sollte (die letzte war eine Tetanus vor 3 Jahren) – aber nie an einer Grippeschutzimpfung teilgenommen, Blutgruppe 0 – Rh positiv, kein täglicher bzw. wöchentlicher Medikamentenplan, vor 32 Jahren mit dem Rauchen aufgehört, seit 8 Jahren keinen Tropfen Alkohol mehr, Cholesterin gut im Rahmen, keine Diabetes in Sicht.

Ich hatte in meinem Leben noch nie eine Grippe, ernähre mich äußert gesund – und habe seit 60 Jahren Migräneattacken mit Aura, dem kompletten Programm. Bei Untersuchungen zu dieser Migräne hat sich bei mir eine Medikamentenunverträglichkeit für bestimmte Arzneimittelgruppen herausgestellt. Z.B. haben Migränemittel den Zustand nur noch verschlimmert, vor Jahren konnte ich bei Cholesterinsenkern die Uhr stellen, wann eine Migräneattacke kommt mit dem Ergebnis, dass ich meine Ernährung hinterfragt und umgestellt habe. Wer Migräneattacken über 6 – 8 Stunden kennt, stellt sich im Laufe von 60 Jahren die Frage, was er seinem Körper noch alles zuführen darf, zumal eine Grippe oder Corona nie in Sicht war und ist. Ich jedenfalls habe die Angst, irgendwas mit einer Covid 19 Impfung in meinem Körper zu wecken, was anschließend sich als schwer zu beherrschen herausstellt.

Diese Angst vor einem schwerwiegenden Verlauf einer Covid 19 Erkrankung ist größer als vor einer Migräneattacke, nur: Wem kann ich meine Angst vor einer Covid 19 Erkrankung begreiflich machen? Einem Türsteher vor einem Restaurant, der nach einem Impfausweis fragt? Einem Politiker, von denen 99 % eh keine Ahnung haben, die aber alles verstehen und nichts begreifen (oder umgekehrt)? Soll ich mit meiner kleinen Sorge nach Karlsruhe zum BVG laufen, nur weil einige am Durchdrehen sind? Am besten ich besorge mir eine 100-er Packung Selbsttests und stecke mir das jeweilige Ergebnis an meine Mütze, dann können es alle sehen. – Ingo Hermes

 

Ihren Artikel „Endlich frei?“ habe ich mit großem Interesse gelesen, denn Dank meines Alters bin ich in der glücklichen Lage, bereits geimpft zu sein. Im Hinblick auf die Malaise bei den Impfungen habe ich Verständnis für die Ungeduld der noch nicht Geimpften und nehme auch viele Einschränkungen nochhin. Gleichzeitig mit der ZEIT bekam ich aber auch ein Schreiben der Hamburger Staatsoper, mit dem mir als Abonnentin die Wiederaufnahme des Spielbetriebs am 8. April angekündigt wurde. Darin wird mir aber auch mitgeteilt, daß ein Besuch der Vorstellungen nur mit einem aktuellen negativen Corona-Schnelltestergebnis möglich ist.

Das führt zu der absurden Situation, daß getesteten Menschen gewisse Freiheiten zugestanden werden, die Geimpften noch vorenthalten werden sollen. Dabei ist die Impfung ein sicherer Schutz vor eigener oder fremder Ansteckung als es die Schnelltests je sein können. Außerdem ist die zusätzlichge Testung von bereits Geimpften nicht nur unsinnig, sie ist auch eine Verschwendung von Ressourcen. Je länger die Pandemie anhält desto mehr verstärkt sich der Eindruck, daß die handelnden Personen hektisch auf Druck und Stimmungen reagieren, ohne die Auswirkungen ihrer Maßnahmen zu bedenken. Bisher fand ich, daß die Politik in Hamburg weitgehend mit Augenmaß handelte. Nun scheint aber auch hier mehr Panik als Sachverstand zu wirken. – Ingeborg Holz

 

Wie die Deutschen ticken bleibt -wieder einmal- ein Rätsel. Wenn nach der Umfrage der „Zeit“ 68 % der Deutschen es ablehnen, für Geimpfte bestimmte Einschränkungen aufzuheben kommt man nicht umhin nach den Gründen zu fragen. Ist es wirklich der Neid auf die Geimpften, wenn die wieder von beschnittenen Freiheiten befreit werden oder ist es das Verlangen nach Solidarität mit den noch nicht Geimpften ? Oder ist es schlicht nur ein Kalkül, dass, wenn die Geimpften noch nicht von ihrem Vorteil profitieren dürfen, damit der Politik Beine gemacht werden um die Impfung für alle zu beschleunigen ?

Umgekehrt wäre es fast sinnvoller, die Geimpften von Einschränkungen zu befreien damit der Frust und die Wut der Ungeimpften die Politiker noch mehr unter Druck setzen würde nicht noch mehr Fehler bei Beschaffung und Verteilung der Impfstoffe zu machen. Am härtesten trifft es natürlich die Jüngeren. Auf der Prioritätenliste leiden die am Ende der Schlange zurzeit am meisten – sicher eher psychisch da die Gefahr einer schweren Erkrankung durch Corona ihnen weniger droht als den Älteren. Die Reaktion der AfD, die eine Rückkehr der Geimpften zu den Grundrechten genauso ablehnt wie die oben angeführten 68 % der Deutschen, zeigt einmal mehr wie konfus ihre Pandemiepolitik ist. – Klaus Reisdorf

 

O ja, wir wünschen uns alle, dass wir möglichst bald wieder ein möglichst „normales“ (sprich: gewohntes) Leben haben. Das wird wohl noch eine ganze Weile dauern. Denn nicht nur schafft es Astrazeneca sehr gut, sich in ein schlechtes Licht zu bringen – auch, wenn das anders wäre, gibt es noch genügend Möglichkeiten, dass die Impfungen gegen Corona nicht nach Wunsch vorankommen. Lieferengpässe beim Impfstoff, Chargensperrungen, irgendwann fehlen dann vielleicht die Kanülen – es gibt da noch viele Möglichkeiten.

Und selbst Herr Lindner (FDP) würde wohl außerhalb des Wahlkampfs nicht fordern, dass die Regierung versprechen soll, dass bis zu den Sommerferien jeder, der will, geimpft werden kann – auch ihm dürfte klar sein, dass ein solches Versprechen kaum zu halten ist. Verständlich, dass man da wenigstens den schon Geimpften ein paar der Grundrechte zurückgeben will.

Aber: Wie soll das funktionieren? Die dürfen dann wieder in Restaurants, Theater, Läden – und wer arbeitet dort für sie? Die ungeimpften Verkäuferinnen dürfen sie noch nicht bedienen, der ungeimpfte Kellner darf weder (Kaiser)Schmarrn noch Bier servieren – und die Kinos darf auch niemand betreiben. Im Theater kann man ja vieleicht noch eine CD laufen lassen – damit es nicht so still ist…. Von „Neid“ zu sprechen, wenn viele dafür sind, dass Lockerungen erst einsetzen sollten, wenn sich alle haben impfen lassen können, dürfte also ziemlich kurzsichtig sein – das hat eher mit „weiser Voraussicht“ zu tun! – E. Kühnel

 

Ja, warum ist das so?! Ich finde es verständlich. Ich lebe allein. Habe mich sehr streng an die Kontaktbeschränkungen gehalten. Meine Kinder und Enkelkinder habe ich seit Monaten nur aus der Ferne- via Facetime- gesehen. Ich werde im April 71 Jahre alt. Gehöre zu den Impfwilligen, habe aber vorläufig keine Chance auf eine Impfung. Bin nicht einverstanden mit der eingeschlagenen Priorisierung- Erzieher und Lehrer z.B.wären meiner Meinung nach von Anfang an wichtiger gewesen….

Es gibt viele Menschen, die sich sofort impfen lassen würden, aber vorläufig keine Chance haben. Wir sind -oder sollten- eine Solidargemeinschaft sein! Doch leider ist es so, dass viele Mitbürger ( Politiker eingeschlossen) sich nicht an die Verhaltensempfehlungen in dieser Pandemie halten oder ihren Zugriff auf den Impfstoff für sich nutzen. Gerecht wären meiner Meinung nach Lockerungen für Geimpfte zur Zeit nicht! – Helga Heise

 

„Zwei Drittel der Deutschen und viele Politiker fordern: Auch wer geimpft ist, soll nicht wieder frei leben können. Aber ist das gerecht?“ – so war auf der Titelseite zu lesen. Auf Seite 3 hieß es dann: „Endlich frei? Die große Mehrheit der Deutschen will auch die Geimpften weiterhin den Corona-Beschränkungen unterwerfen. Rechtlich und menschlich ist das falsch.“ Hinter dem letzten Satz war kein Fragezeichen! Offenbar soll dies eine Tatsache sein, ein Factum und deshalb nicht hinterfragbar. Das kann ich so nicht schlucken. Mein Denken und Fühlen sperren sich gegen diese Einschätzung der Lage. Die Corona-Beschränkungen sollen ja die Ausbreitung des SARS-CoV-2 verhindern oder zumindest einschränken.

Unter der Annahme, daß ein Geimpfter die Virus-Infektion nicht mehr verbreiten kann, könnte man bei diesem die Beschränkungen in der Tat aufheben. Aber diese Annahme ist falsch! Auch Geimpfte können sich sehr wohl mit SARS-CoV-2 infizieren und das Virus verbreiten. Sie können auch zum Zeitpunkt der Impfung schon infiziert sein und viele andere anstecken, zumal der Impfschutz ja erst eine ganze Weile später gegeben ist: Bei dem Impfstoff von BioNTech/Pfizer (Comirnaty) erst 7 Tage nach der zweiten Impfung und bei der COVID-19 Vaccine Moderna erst 14 Tage nach der 2. Impfung. Weiterhin muß man damit rechnen, daß auch bei der Corona-Impfung (wie bei allen anderen Impfungen auch) in einem bestimmten Prozentsatz der Geimpften (zwischen 5 – 10%) ein Impfversagen vorkommt, d.h. auch die Geimpften entwickeln keine Antikörper und können selbstverständlich wie zuvor sich infizieren, krank werden und andere anstecken.

Die Geimpften wiegen sich in einer trügerischen Sicherheit, und die Kontaktpersonen der Geimpften auch. Aus all diesen Gründen steht in dem Aufklärungsmerkblatt zur Schutzimpfung gegen COVID-19 (Corona Virus Disease 2019) – mit mRNA-Impfstoffen – (Stand: 11. Januar 2021) unter der Überschrift: „Wie wirksam ist die Impfung?“ auch der folgende Satz: „Da der Schutz nicht sofort nach der Impfung einsetzt und auch nicht bei allen geimpften Personen vorhanden ist, ist es trotz Impfung notwendig, daß Sie sich und ihre Umgebung schützen, indem Sie die AHA + A + L-Regeln beachten.“ Wenn man die Aufhebung der Corona-Beschränkungen von der Immunität der Menschen abhängig machen wollte, dann müßte man bei allen – den Geimpften und den Nicht-Geimpften – einen vollständigen Immun-Status erheben; man müßte sowohl die humorale als auch die zelluläre Immunität bestimmen.

Auch unter den Ungeimpften wird man mit Sicherheit viele finden, bei welchen ein ausreichender Immunitäts-Schutz schon besteht. Die Untersuchung der gesamten Bevölkerung (über 80 Millionen Menschen) würde Monate, vielleicht Jahre dauern und bis dahin dürfte keiner einen „grünen Impfpass“ erhalten. Die Bestimmung des Immun-Status müßte zudem in regelmäßigen Abständen wiederholt werden. Das alles ist utopisch! Aus einem ganz anderen Grund wäre auch dies moralisch nicht zu vertreten; und dieser Grund ist fundamentaler und eigentlich der einzig und allein entscheidende.

Seit den Erfahrungen aus der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft, seit den Nürnberger Ärzteprozessen und erst recht nach der Helsinki-Deklaration gilt in der Humanmedizin bei allen ärztlichen Handlungen der Grundsatz: „Informed Consent!“ Die Autonomie des Patienten zu respektieren und zu bewahren ist oberstes Gebot. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat in einem Grundsatzurteil verfügt, daß die Autonomie des Menschen so weit gehen darf, daß er sogar den Zeitpunkt seines Todes selbst bestimmen darf. Nicht nur die Würde des Menschen ist unantastbar; seine Autonomie ist es anscheinend auch. Man kann auch hier eine andere Meinung haben, aber die Richter haben dies nun mal so beschlossen.

Dieses Recht auf Selbstbestimmung auszuüben, darf nicht mit unabwendbaren Nachteilen für den freien Bürger verbunden sein. Eine Impfung setzt das „informed consent“ voraus. Es ist ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Menschen. Wird er hierzu gezwungen oder genötigt, so stellt dies eine Körperverletzung dar und kann bestraft werden. Es kann und darf doch nicht sein, daß die in unserer Verfassung einem jeden Bürger garantierten Freiheitsrechte nur mit der erzwungenen Einwilligung in eine Körperverletzung erreichbar sind! Sollen wir wieder einmal gezwungen werden, an Menschenversuchen teilzunehmen? Denn darum handelt es sich ja schließlich bei dieser Impfkampagne mit nur vorläufig und befristet zugelassenen Impfstoffen.

Ich habe ein Aufklärungsmerkblatt zur Schutzimpfung gegen SARS-CoV-2 mit mRNA-Impfstoffen aufmerksam gelesen. Ich habe darin gelesen, daß COVID-19 zum Tode führen kann. Nirgends aber habe ich gelesen, daß die Impfstoffe nur vorläufig und befristet zugelassen sind, daß es eigentlich nur Notzulassungen sind. Und ich habe auch nicht gelesen, daß man auch nach der Impfung sterben kann; z.B. gab es in England vom 9. Dezember 2020 bis zum 21.Februar 2021 genau 460 Todesfälle in einem zeitlichen Zusammenhang mit einer Corona-Impfung. Ich fühle mich unzureichend und lückenhaft informiert. Wenn die große Mehrheit der Deutschen auch die Geimpften weiterhin den Corona-Beschränkungen unterwerfen will, dann finde ich das rechtlich und auch menschlich richtig (oder zumindest weniger falsch!).

Wer weiß in diesen verworrenen Zeiten noch, was richtig und was falsch ist? Der Staat kann mir doch nicht meine Freiheitsrechte entziehen, nur weil ich auf meinem Recht auf körperliche Unversehrtheit beharre! Es ist doch ein Unding, daß man Freiheitsrechte der Bürger einschränkt aufgrund von marginalen Parametern der Gesundheit und aufgrund von wahnwitzigen Tests, welche unbrauchbar sind und für die Diagnostik in der Humanmedizin gar nicht zugelassen sind! Ist uns unsere Verfassung so wenig wert, daß wir sie bei der kleinsten Bedrohung – in Panik – außer Kraft setzen?

In der närrischen Zeit habe ich eine Büttenrede geschrieben; ich füge sie als Ergänzung zu meiner Stellungnahme diesem Leserbrief bei: Eine downgelockte Büttenrede: lauter Ungereimtes INSERERE HUMANUM EST Ich sah und hörte vor ein paar Tagen unsere Justizministerin im Fernsehen: Hüterin von heimischem Recht und göttlicher Ordnung. Sie stellte ein für allemal klar – sie wiederholte sich-, daß es keinen verfassungsrechtlichen Grund mehr gäbe, einem gegen SARS-CoV-2 Geimpftem auch weiterhin die Ausübung seiner durch die Verfassung garantierten bürgerlichen Grundrechte zu verwehren. Von ihm ginge keine Gefahr mehr aus. Geimpfte dürfen wieder feiern, ins Kino gehen, Theater und Konzerte besuchen und an großen Veranstaltungen teilnehmen, wie z.B. Fußballspielen, Karnevalsfeiern, Sommerfesten, und natürlich auch bei großen Demonstrationen mitlaufen, wie zum Beispiel bei der Massendemonstration für die Aufrechterhaltung der Freiheitseinschränkungen für nicht Geimpfte.

Zwar ergeben sich daraus ein paar Fragen, aber die Antworten weiß ganz allein der Wind. Müssen die Schauspieler in einem Theater für Geimpfte auch geimpft sein? Wie ist es im hr Sinfonieorchester in der Alten Oper Frankfurt? Dürfen auch nicht geimpfte Trompeter für ein geimpftes Publikum blasen? Warum eigentlich nicht: Die Zuhörer sind ja durch die Impfung geschützt. In Restaurants werden nur noch Geimpfte bedient; die nicht Geimpften werden sich im Dark-Net treffen, in dunklen Kaschemmen und in der unterirdischen Kanalisation. Ist es eigentlich einem nicht Geimpftem zuzumuten, in einem mit Geimpften voll besetzten Bus zu fahren?

Nur mit Bodyguard, denn er müßte fürchten, gelyncht zu werden. Aus all diesen Überlegungen folgt: Geimpfte müssen von nicht Geimpften getrennt werden, wie die Spreu vom Weizen. Impfverweigerer stellen eine Gefahr dar für den gesunden Körper des Volkes – oder für das Volk der körperlich Gesunden, will sagen – (jetzt hab‘ ich’s) – für den gesunden Volkskörper. In den Schulen werden Geimpfte und nicht Geimpfte getrennt unterrichtet; sie dürfen auch nicht gemeinsam in den Pausen auf dem Schulhof flanieren. Die nicht Geimpften müssen vor den Prügelattacken der Geimpften geschützt werden; so manches Mal müssen erstere auch in Schutzhaft genommen werden, auf daß nicht Schlimmeres passiere. Darf eigentlich ein Geimpfter eine nicht Geimpfte heiraten? Besteht dabei nicht die Gefahr, daß nur halb-geimpfte Kinder entstehen? Zum Schutz der Gesundheit des deutschen Volkes müssen all diese Fragen gesetzlich geregelt werden.

Geimpfte müssen sich durch einen Impfpass ausweisen. Bei Auslandsreisen muß der Nachweis erbracht werden, daß auch die Eltern geimpft sind. Viertel-Geimpfte nimmt auch die Lufthansa nicht mehr mit. Um die Abfertigung in den Flughäfen und auch die Einlaßkontrollen in Cafés, Bars, Restaurants, im Theater , im Kino u.s.w. zu erleichtern und zu beschleunigen, wird von Seiten des Gesundheitsministers empfohlen, einen grünen Impfstern deutlich sichtbar an der äußeren Kleidung zu tragen. Geimpfte sollten die Geschäftsräume von nicht geimpften Ladenbesitzern meiden. Kauft nicht bei Nicht-Geimpften! Entsprechende Plakate kann man kostenlos bei den staatlichen Ämtern für die Volksgesundheit anfordern. Auf lange Sicht kann es nur eine Lösung des Problems geben: Geimpfte und Impfunwillige müssen räumlich getrennt werden, auch wenn diese Trennung ganze Familien auseinanderreißen sollte; am besten durch Umsiedlung in östliche weniger dicht besiedelte Regionen.

Dabei stellt sich die Frage: Sollten die Geimpften umgesiedelt werden oder besser die nicht Geimpften? Die Lösung ist einfach: Die mit Vernunft Begabten, den gesamten Volkskörper Nährenden und Bewahrenden bleiben hier; die anderen müssen zur Umschulung verschickt werden, zur Umerimpfungsschulung sozusagen. Jedem treuen Bürger sollte klar sein: Die Dummheit der nicht Geimpften muß ausgemerzt werden. Die Verfassung garantiert jedem unmündigen Bürger, daß alle Maßnahmen ergriffen werden, ihm seine Mündigkeit vorzuenthalten. Es lebe die Freiheit der Geimpften! Darauf ein dreifaches HIPP HIPP HURRAH, HIPP HIPP HURRAH, HIPP HIPP HURRAH!!! Das Volk zerfällt in zwei Teile: Geimpfte und nicht Geimpfte. Sie sind voneinander getrennt zu halten, bis daß der Tod sie scheidet! (Das kann bei den nicht Geimpften länger dauern.) Hoffnungslos Unwillige können dazu verurteilt werden, bis zu 300 Tage in einer Umschulimpfungsanstalt zu verbringen.

Wenn man als Ungeimpfter mit einem Geimpften zusammenlebt: Das nagt am Gemüt! Der darf dauernd ins Kino und ich muß immer auf den Hund aufpassen. Wer möchte nicht gern zur Kaste der Berührbaren, der Geimpften gehören! Das Licht am Ende des Tunnels: Exodus ins gelobte Land der Geimpften! So ganz langsam entpuppt sich die Realität als Satire; als Satire ist sie großartig! Wir leben in einer großen Zeit! Habe ich nun quer oder geradeaus gedacht? Wer weiß das schon? The answer is blowin’ in the wind! Ich glaube, ich bin im falschen Film – als Ungeimpfter. Das Denken gerät unmerklich aus den Fugen und die Milch der frommen Denkungsart wird sauer. “ich fahr heut ‘ne andre Schicht. Zahlen, raus und weiterziehn, irgendwohin fliehn.“ (Franz Josef Degenhardt: Zug durch die Gemeinde) – Dr. J. Bohl

 

Bei allen Verboten ging es darum, die Vulnerablen zu schützen und das Gesundheitssystem zu entlasten. Da dieser Schutz besteht, ist es m.E. nicht mehr gerechtfertigt, dass wir uns über die übliche Höflichkeit hinaus gegenseitig durch Verbote vor möglichen Infektionen schützen müssen. Es steht jedem frei, eine Maske zu tragen, aber die Infektionsvorsorge der Besorgten findet nun ihre Grenze in der Freiheit der Gelassenen. – Ingo Klamann

 

Was für ein toller Artikel! Der Satz von Tilman Kuban, Vorsitzender der Jungen Union, schiesst den Vogel ab: „Rentner sollen nicht am Strand liegen“. Natürlich sollten Rentner, die geimpft sind, mehr Freiheiten bekommen. Ich gönne es Ihnen von Herzen. Leider ist der Neid in der Gesellschaft so gross, da die Menschen den Rachen nicht voll bekommen. Es fliegen bereits Ungeimpfte nach Mallorca, während hier Schüler immer noch lüften müssen und gut organisierte Hotels weiter in den Mond schauen. Für solche Entscheidungen habe ich keinerlei Verständnis.

Ich habe das Glück, dass ich als Mitarbeiterin eines Pflegeheimes bereits geimpft bin. Mir würde es schon reichen, wenn ich (unter Auflagen) in meiner Stadt nach einem halben Jahr wieder schwimmen gehen dürfte. Alles andere steht hinten an. Die Vergnügungssucht und Fantasielosigkeit mancher Menschen ist schon fragwürdig. Ja, es ist schwierig, für alle. Am meisten für Betagte und Kinder. Aber Missgunst hilft uns nicht weiter. – Claudia Körner

 

Mit vielem bin ich sehr einverstanden. Alleine der zum Schluss geäußerten Ansicht, Schnelltests könnten auf lange Sicht einen der Impfung ebenbürtigen Freifahrtschein auslösen, kann ich mich nicht anschließen. Zu aufwändig ist auf lange Sicht die notwendige Infrastruktur, um betrugssichere Tests zu gewährleisten, zu lange wird es dauern, wahrscheinlich eine Unendlichkeit, bis ein Paket geschnürt ist, gegen das sich keine Proteste mehr erheben.

Die Gesellschaft braucht ein Ende der Pandemie. Ein Brodeln auf kleiner Flamme wird Mutanten schaffen, die alles wieder von vorne beginnen lassen. Wir brauchen Angebote, die sich exklusiv an Geimpfte richten, und das ab sofort und bis auf Weiteres. Wir brauchen Impfpasskontrollen an allen internationalen Flughäfen. Wir brauchen Politiker, die klar denken und entschlossen handeln. Ansonsten werden wir einen sehr hohen Preis dafür zahlen, das wir – wie in vielen Bereichen längst üblich – propagierte Gefühlsverletzungen über rationale Überlegungen und objektive Sachverhalte stellen. – Dr. Christian Voll

 

Ich (noch nicht geimpft) bin der Meinung, dass Geimpfte auf jeden Fall Privilegien genießen sollten. Ich bin nicht neidisch. Ich würde mich im Gegenteil sehr freuen, wenn Geimpfte dazu beitragen würden, Menschen in Existenznot wieder zu einem würdevollen Leben zu verhelfen. Mit verpflichtenden Tagestests vor Besuchen von Geschäften, Cafés, Restaurants, Theatern, usw., wie Tübingen es vormacht, könnten diese Freiheiten auch jetzt schon allen Nicht-Geimpften zur Verfügung stehen, wenn Frau Merkel nicht einseitig auf Lockdowns und Impfungen gesetzt hätte. Es ist höchste Zeit für einen Strategiewechsel, für den die Kommunen nicht zuletzt auch im Hinblick auf das künftige Pandemiegeschehen mit den erforderlichen finanziellen Mitteln zur Errichtung von Teststationen ausgestattet werden müssen. – Elisabeth Buchholz

 

Sie scheinen ja in der Impfung „ die Rettung“ zu sehen. Covid19 heißt Covid 19, weil es davor andere Covidvarianten gab…Wie wir schon vom Grippevirus wissen verändern sich Viren, das macht das Impfen so herausfordernd. Von daher ist die Euphorie definitiv zu früh. Von den anderen Impftechnologien sind die Nebenwirkungen ja auch noch nicht abschließend erforscht. Anstatt Menschen zu diskriminieren die der Impfung kritisch gegenüber stehen,, vielleicht auch aus eigenen gesundheitlichen Gründen, wäre es verantwortungsvoll Motivation zu schaffen, dass nur die Hälfte des z.B. Pflegepersonals/ Polizei/ Lehrer/… geimpft wird. So könnten grundlegende Studien durchgeführt werden, die ja bisher noch fehlen und falls es schwerwiegende Nebenwirkungen gibt hätten wir wenigstens noch einige „gesunde“ Ungeimpfte ;-)

Spannend ist auch, dass sie in ihrem Artikel als Argument für eine Impfung anführen, dass Geimpfte ja eine geringer „Virenlast“ in sich tragen, dadurch, dass die Krankheit bei ihnen nicht ausbricht. Das ist doch auch ohne Impfung schon bei 90%(?) der positiv Getesteten der Fall. Aus meiner Sicht wird unnötig Panik gemacht, indem behauptet wird, dass positiv Getestete ohne Symptome „gefährlich“ sind. Wichtig ist dabei auch, ob die Betroffenen keine Symptome hatten, weil sie die Symptome z.B. Fieber mit z.B. mit Ibuprofen unterdrückt haben. Ich kann mir gut vorstellen, dass dadurch sogenannte „eigentlich Gesunde“ plötzlich einen schweren Verlauf hatten. Auf jeden Fall war das bei den beiden Fällen die mir geschildert wurden der Fall.

Meine Traumvorstellung ist, dass in Gesundheit und Bildung investiert wird, daraus resultieren gesündere Menschen und gleichzeitig würden viele „andere Leiden“ ((Kinder-)armut, Fremdenfeindlichkeit, Extremismus…) unserer Zeit mit geheilt werden. z.B. Gerechtere Bezahlung in den Gesundheitsberufen ,Chancengleichheit… An Corona wird das Mathedefizit immer wieder deutlich…Wann ist es sinnvoll Prozentzahlen zu verwenden, wann sollten absolute Zahlen genannt werden, wann Inzidenzwerte als Referenz verwendet werden, … Besonders Nachrichten waren gerade zu Beginn der sogenannten „Pandemie“ deshalb unerträglich und sind es teilweise immer noch…. In dem Artikel „ Wer liegt eigentlich auf der Intensivstation“ wurden dafür gute Fragen gestellt Freiheit ist/war ein hohes Gut stelle ich immer mehr fest.

Und hier wird ein immenser Druck aufgebaut, weil wir unsere Freiheit wieder haben möchten. Wichtiger wäre es doch immer wieder eine Risikoabwägung zu machen. Ich möchte behaupten, dass zur Zeit mehr Menschen durch/an den Coronamaßnahmen sterben als an/mit Corona. Dafür sollte doch intensiv geforscht/ Studien betrieben werden. Ich bin da mehr bei Herrn Streeks Variante „ mit dem Virus leben lernen“. Wie groß war vor einigen Jahren die Panik sich mit HIV zu infizieren. Was gab es für obskure Berichte von Ansteckungsmöglichkeiten. Wie so oft … die beste – gesündeste!- Methode ist: Aufklärung!

Und zum Thema Impfpflicht: Auch bei Masern bräuchten wir keine Impfpflicht, wenn eine bessere Aufklärung/ Betreuung z.B. durch die Kinderärzte im Rahmen der U- Untersuchungen gewährleitet wäre. Danach sollte dann eine freie Wahl möglich sein. Diese Beratung sollte dann auch angemessen vergütet werden. Wie sich ja herausgestellt hat vergessen die meisten Menschen schlichtweg sich und ihre Kinder impfen zu lassen. Und wie es so schön bei „Hinter der Geschichte“ stand: Kernaufgabe des Journalismus ist es „umfassend“ zu informieren, unterschiedliche Positionen und Meinungen gegeneinander abwägen. Davon wünsche ich mir mehr. – Claudia John

 

Das Privileg der Geimpften ist die Impfung. Alle anderen Argumentationen stellen den Hedonismus über die gebotene Demut. – Dr. Christian Haupt

 

Das Aufheben der Beschränkungen für Geimpfte wäre zu diesem Zeitpunkt verfrüht. Dies hat zwei Gründe: Der Erhalt einer Impfung ist zur aktuellen Zeit ein Privileg und einer bestimmten Gruppe vorbehalten, diese dann zudem von den allgemein geltenden Einschränkungen zu befreien, könnte zu einer nachhaltigen Spaltung der Gesellschaft führen. Die Bekämpfung der Pandemie erfordert gesamtgesellschaftliche Anstrengungen, kehrt das gesellschaftliche Leben für bestimmte Gruppen nun wieder zur Normalität zurück, könnte das zu einer verminderten Beachtung der geltenden Regeln und Maßnahmen bei den Nichtgeimpften führen (insbesondere dann, wenn eine Unterscheidung der beiden Gruppen mangels Impfausweis o.Ä. nicht trivial ist). Die von Herrn Wefing angeführten Zahlen zur fehlenden Solidarität und dem Wunsch nach absoluter Gleichbehandlung lassen das vermuten.

Nichtsdestotrotz ist es wahrscheinlich, dass beide Argumente aufgrund eines hoffentlich zunehmenden Impftempos zeitnah an Stärke verlieren – wenn fast jede*r geimpft ist bzw. ein Impfangebot bekommen hat, ist es kaum mehr ein Privileg und auch die Infektionsgefahr ausgehend von Nicht-Geimpften, welche sich nicht an für sie bestehende Einschränkungen halten, gebannt. Die schiere Zahl der Geimpften allein wird vermutlich die Kontroverse um eine Aufhebung der Beschränkungen weiter anheizen. Die Bundespolitik sollte bei dieser Thematik beweisen, dass vorausschauendes Handeln noch möglich ist und diese Debatte zum jetzigen Zeitpunkt führen, um entsprechende Handlungsmaximen abzuleiten, welche sich in hoffentlich naher Zukunft auch in Restaurant-, Theaterbesuchen und Ähnlichem für Geimpfte ausdrücken. – Jule Neubauer

 

Eigentlich bin ich fassungslos über diese Diskussion . Ich freue mich über jeden geimpften Menschen und halte es für selbstverständlich , das alle nach der Impfung wieder ihre Rechte , sich ohne Beschränkungen zu verhalten , zurück bekommen. Ich begreife nicht, wieso es da Missgunst geben soll oder gibt , das wäre doch schrecklich und in keinem Fall zu unterstützen . Die sieben Todsünden wollen doch bekämpft werden , um des guten gemeinsamen Lebens.

Es sind doch nur Monate , die noch einige warten müssen. Ich hoffe auch, das nach der Einführung des Impfens in den Hausarztpraxen jüngere Menschen schnell an ihre Impfung kommen. Selbstverständlich werde ich mich an den Strand legen und mit meinem Urlaub auch dafür sorgen , das Menschen wieder verdienen .Das ist doch auch wichtig . Wenn ich mich in Konzerte und Theater begebe, ermögliche ich anderen wieder Arbeit. – Ingrid Rass

 

Zu der Auffassung des Ethikrats, die Rücknahme staatlicher Freiheitsbeschränkungen für bereits Geimpfte könne von einem Teil der Bürger als ungerecht empfunden werden und die Bereitschaft zur Regelbefolgung mindern, mein „Lösungsvorschlag“: dann schaffen wir doch das Grundgesetz ab und führen das „gesunde Volksempfinden“ von 1933-1945 wieder ein. Das erspart Rechtsstreitigkeiten und Diskusionen und auch der Deutsche Ethikrat würde damit überflüssig. – Dr. Bernd Lindemeyer

 

Ich habe folgende Kommentare zum Artikel „Freiheit für Geimpfte“ von Heinrich Wefing der Printausgabe 11/2021. Es ist sicherlich wichtig, in der aktuellen Situation über das Thema Impfen zu berichten. Auch bin ich davon überzeugt, dass Impfungen unter bestimmten Bedingungen wirksam und lebensrettend sein können. Im vorliegenden Fall der Corona-Impfung und der Corona-Impfstoffe möchte ich die Redaktion der ZEIT jedoch dringend bitten, sich intensiv oder noch intensiver damit auseinanderzusetzen. Eine m.E. wissenschaftlich fundierte Herangehensweise bietet z.B. Clemens G. Arvay: Corona-Impfstoffe: Rettung oder Risiko?

Wirkungsweisen, Schutz und Nebenwirkungen der Hoffnungsträger, mit Stand Januar 2021 Hier weitere Quellen zum Thema Sicherheit und Wirkung von Impfstoffen: https://www.deutschlandfunk.de/kampf-gegen-corona-mutationen-impfstoffe-und-ihre.2897.de.html?dram:article_id=492207 Meiner Recherche nach kann bei keinem der bisher zugelassenen Corona-Impfstoffe bisher ausreichend von der notwendigen Sicherheit und auch nicht von einer Wirkung, bei der Geimpfte den Virus nicht weitergeben können, ausgegangen werden. Was die Sicherheit angeht, so kann durch das teleskopierte Testverfahren nicht ausgeschlossen werden, dass die Impfstoffe kurz-, mittel- oder langfristige Folgen haben KÖNNTEN, wie z.B. dass die Geimpften aufgrund der Impfung im späteren Verlauf des Lebens anfälliger für andere Krankheiten werden. Das heißt, es werden nach aktuellem Stand bisher gesunde Menschen geimpft, um die Corona-Erkrankung nach einer möglichen Infektion abzuschwächen, unter dem Risiko, dass die Menschen Schäden davon tragen, die bisher nicht ausgeschlossen werden können.

Beim Thema Wirkung ist bisher m.W. nicht bestätigt, dass die Impfungen eine sterile Immunität bewirken, also dass Geimpfte den Virus nicht mehr weiter verbreiten können. Nach aktuellen Studien wird von einer klinischen Immunität ausgegangen, die Impfung bewirkt den Schutz vor Symptomen, nicht vor der Virenvermehrung. Dies rechtfertigt m.E. aber nicht, dass Millionen von Menschen durchgeimpft werden, insbesondere da die Studien zur Sicherheit nicht abgeschlossen sind. Hier noch ein Kommentar zu folgendem Abschnitt: „Erste Studien zur Wirkung des Impfstoffs von BioNTech/Pfizer bei der Massenimmunisierung in Israel und dem Vereinigten Königreich erbrachten erstaunlich positive Ergebnisse.“

Könnten Sie mir die Ergebnisse solcher Studien aus anderer Quelle (außer vom Impfstoffhersteller) bestätigen? ich meine dass bisher keine Quelle von einer sterilen Immunität spricht (auch nicht das RKI https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/COVID-Impfen/FAQ_Liste_Wirksamkeit_Sicherheit.html), was Herr Wefing hier aber ansatzweise macht, zumindest könnte es so verstanden werden (Zitat: „Und selbst wenn sie sich doch anstecken, produzieren sie nach Ansicht vieler Experten so wenige Viren, dass es für eine Übertragung nicht mehr reicht. Sie sind, kurz gesagt, höchstwahrscheinlich nicht mehr ansteckend.“) Den Hersteller BioNTech/Pfizer selbst als Quelle zu nennen, halte ich für wenig überzeugend. Zu folgender Passage des Artikels „Ein Grund dafür dürfte die Stimmung im Volk sein. Die nämlich ist irritierend eindeutig. Eindeutig gegen Lockerungen.

In einer repräsentativen Befragung des Instituts »policy matters« für die ZEIT lehnten es jüngst 68 Prozent der Befragten ab, dass »für bereits geimpfte Personen bestimmte Einschränkungen aufgehoben« werden sollten. Nur 32 Prozent sprachen sich für eine Rückkehr zur Freiheit aus.“ möchte ich anmerken, dass die Skepsis eventuell eine Basis in den Fakten hat (siehe die oben genannten Fakten zur Impfsicherheit und zur Wirkung) und dass es daher vielleicht nicht irritierend, sondern gut für unsere Gesellschaft ist, dass es eine solche Haltung gibt. Vielleicht sind die vom Autor genannten „Impfskeptiker“ aus guten Gründen skeptisch?

Gründe, die meiner Recherche nach in den Medien nur sehr wenig auftauchen. Print- und Online-Version der ZEIT werden sicher weiterhin wichtige Informationsquellen für mich sein ebenso wie die phantastischen Webinare und sonstigen Angebote von Ihrer Seite. Ich möchte Sie bitten, bei diesem äußerst relevanten Thema der Impfung eine ausgewogene Berichterstattung anzustreben, diese kann ich im genannten Artikel nicht erkennen. Sie ist aber m.E. wichtig, damit Menschen eine Impfentscheidung auf einer möglichst tiefgehenden Informationsbasis treffen können. Aus meiner Sicht wäre eine gute Alternative, regelmäßige Testungen durchzuführen und damit die Virusverbreitung zu kontrollieren. Ich würde mir wünschen, dass die berechtigten Einwände gegen die Impfung sowie mögliche Alternativen einen prominenteren Platz in der Berichterstattung erhalten. – Beate Heimberger

 

Wenn jetzt viele (68 % der Befragten) für eine Gleichbehandlung von Geimpften und Nicht-Geimpften plädieren, wird offensichtlich die unterschiedliche Lebenssituation von jungen und von alten Menschen außer Acht gelassen: Alte Menschen über 80 Jahre – also die inzwischen überwiegend geimpften Menschen – haben eine nur noch sehr begrenzte Lebenserwartung. So ist ein Treffen mit alten Freunden (meist gleichaltrig und ebenfalls geimpft) oder eine Geburtstagsfeier (vielleicht die letzte) nicht beliebig verschiebbar. Ein Treffen wird später u. U. nicht mehr möglich sein, nicht zuletzt auch wegen der zunehmend eingeschränkten Mobilität, die bei alten Menschen oft von Monat zu Monat deutlich fortschreitet.

Die viel -beklagte Vereinsamung alter Menschen durch zusätzliche Corona-Einschränkungenunnötigzu verstärken ist nicht nur aus rechtlicher sondern auch aus humaner Sicht nicht akzeptabel. Dies soll kein Plädoyer dafür sein, ausschließlich alten Geimpften die entzogenen Freiheiten wiederzugeben, – natürlich sind individuelle Freiheiten auch für junge Menschen von großer Bedeutung. Aber es macht doch einen Unterschied, ob man diese Freiheiten vielleicht nur noch einige Monate oder vermutlich noch viele Jahre nutzen kann. – Lore Schröder-Jahn

 

Das nenne ich einmal einen mutigen Beitrag! Mutig, wie hier mit Grundrechten, bzw. Menschenrechten umgegangen wird. Grundrechte/Menschenrechte gelten für mich nicht mehr einfach weil ich Mensch bin. Nein, Menschsein reicht jetzt nicht mehr, es muss plötzlich noch ein Attribut hinzukommen, z.B. geimpft. Welche anderen Attribute lassen sich noch mit einigermaßen vernünftig klingenden Begründungen anführen? Wenn Grundrechte/Menschenrechte an einer Spritze hängen (die zudem noch längere Zeit für die meisten Menschen unerreichbar ist), scheinen sie nicht mehr viel Wert zu sein. Der Wert einer Spritze steigt dagegen ins Unermessliche. Dann finde ich es mutig, über Zweidrittel der Gesellschaft die hässliche Untugend des Neids zuzusprechen. Dass es leider viel Neid gibt, wusste ich schon; aber dass er so verbreitet ist, überrascht mich denn doch. (Es sei denn, es verbergen sich bei diesem Zweidrittel auch noch andere, z.B. sachliche Gründe.) Der Autor scheint ein bemerkenswert pessimistisches Menschenbild zu haben.

Weiterhin finde ich die Feststellung mutig, der Impffortschritt würde alsbald Fahrt aufnehmen. Viele Ankündigungen von höchster politischer Stelle mussten schnell wieder zurückgenommen werden. Bislang tun sich immer wieder neue Schwierigkeiten auf. Das Impfangebot für alle Ende September scheint von daher doch sehr fraglich. Mit dem Einsatz von engmaschigen, jederzeit unkompliziert zur Verfügung stehenden aber etwas ungenauen Schnelltests verhält es sich nicht viel anders. Steigt der Wert einer Spritze derart, weil Grundrechte/Menschenrechte z.Zt. allein mit ihr verbunden sind, gibt es wohl keinen größeren Anreiz zur Impferschleichung. Sich Grundrechte/Menschenrechte erschleichen – wo gibt es denn so etwas? Wer da widersteht, beweist wirklich moralische Stärke. Seinem pessimistischen Menschenbild zufolge müsste der Autor mir Recht geben.

Schließlich gehört Mut dazu, sich ein Miteinander von Geimpften, also Grundrechtsinhabern, und Nichtgeimpften in seinen ganz alltäglichen Auswirkungen vorzustellen. Ganz nebenbei: Wie verhält es sich eigentlich mit den Genesenen? Da werden zwei strikt voneinander getrennte Parallelwelten aufgebaut. Der Kontrollwahn müsste sich explosionsartig ausweiten. Mutig von der ZEIT, einen solchen Artikel, sogar als Titelthema, zu bringen. So wird die öffentliche Diskussion lebendig gehalten. – Carsten Ledwa

 

Informativ, umfassend, gebildet…. und verdrießlich— ist es, gerade in der Zeit das Titelthema Freiheit für Geimpfte zu finden! Ich und viele.. gleichaltrige, ( bin 77 Jahre alt) junge, alte Menschen,die soweit gesund sind, nicht in Pflegeheimen untergebracht sind, nicht in Pflegeberufen oder Lehrberufen arbeiten oder gearbeitet haben, nicht das „Glück“ zu haben, wen zu kennen, der wen kennt- sich aus Prinzip und Selbstachtung niemals vordrängeln würden……… sind,obwohl seit erstem , möglichen Tag zur Impfung angemeldet- immer noch nicht geimpft—Schuld der EU, der jeweiligen Regierung ?– sie sind nicht geimpft ! Was fangen die mit einer so reißerischen Überschrift an ? Oder sind es genau diese Überschriften, die die ZEIT ausmachen ? – K. Weseslindtner

 

Um Missbrauch zu vermeiden, müssen Ausweise erstellt werden, so wie das bereits im Landkreis Altötting erprobt wird. Die Diskussion um Ungleichbehandlung und Benachteiligung von noch nicht immunen Menschen ist in diesem Kontext zweitrangig. Zu Recht fragen die Autoren, ob es sich nicht umgekehrt um einen Akt der Solidarität handeln würde, wenn man Künstlern, Gastronomen und manchen anderen zu ihrer „Freude, aber auch, um endlich wieder ein bisschen Geld zu verdienen“ bald wieder die Möglichkeit gäbe, ihre Tätigkeiten wieder aufzunehmen. – Professor Dr. med. Karl Ernst von Mühlendahl

 

Der Artikel zur Solidarität für geimpfte Alte und Pfelgepersonal macht mich traurig und wütend. Ein ganzes Jahr wurde und wird von der gesamten Gesellschaft, egal ob jung oder alt, gesund oder krank, Solidarität und Achtsamkeit gefordert. Aus Angst vor Übersterblichkeit der Alten gehen alle Menschen in den Lockdown. Nun fordern Ihre Autoren Solidarität für Geimpfte, Rücknahme der Einschränkungen der Grundrechte. Dabei wären zuerst die Alten und die Geimpften dran.

Meine Eltern sind beide zu Hause in einem grossen Haus. Bisher spürten sie zwar den lockdown irgendwie, aber nicht richtig. Aufgrund des Alters (1942,1950 mit Erkrankungen) haben sie am gesellschaftlichen Leben nicht mehr richtig teilgenommen. Warten nun aber darauf geimpft zu werden um endlich wieder verreisen zu können. Unseren täglichen Spagat in der Familie können sie nur wenig nachvollziehen. Wir sind eine Familie mit drei Schulkindern unterschiedlichen Alters. Nicht nur unsere Tochter (14), sondern auch wir müssen ihre Pubertät aushalten. Zu gerne würde sie mit Freunden unterwegs sein, sich von den Eltern lösen und ihre eigenen Wege beginnen zu gehen. Sie darf nicht losziehen, nicht in einem Café sitzen, mit mehreren Freunden unterwegs sein.

Unser mittleres Kind (11) darf nicht zum Fußball, vermisst seine Freunde, hat Angst, dass er in der Schule nicht mehr mitkommt und weiß nicht wann die Pandemie je enden soll. (Er hat seine zweite Fremdsprache (Englisch) gerade mal 3 Monate gehört.) Und der jüngste Sohn (8) hat seit einem Jahr kein Schwimmtraining mehr und seine erste heilige Kommunion wird definitiv anderes gefeiert als die seiner Geschwister. Die Kinder und wir nehmen Rücksicht, treffen die Großeltern mit Tests und Selbstquarantäne, halten uns an die Maskenpflicht, die Auflagen was den Kontakt mit anderen Haushalten und Familien anbelangt etc….

Und dann lese ich Ihren Artikel. Es fühlt sich nicht gut an, weiterhin angehalten zu werden nicht am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu dürfen, weil man zu jung ist und ein Impftermin in weiter Zukunft liegt. Aber dafür stehen wir vor der Konzerthalle und winken unseren Großeltern zu, wenn sie nach so langer Entbehrung endlich wieder ein Konzert besuchen dürfen oder in den lang ersehnten Urlaub fliegen. Und wie ist es, wenn wir, mein Mann und ich, geimpft sind, dürfen dann unsere Kinder mit ins Restaurant? Ich wünschte mir Solidarität von den Geimpften, solange bis für alle eine Impfmöglichkeit besteht. Denn so wie im Artikel gefordert, wird nur noch mehr soziale (zwischenmenschliche) Ungleichheit geschaffen. Es fühlt sich eher nach Drohung an. „wenn du dich nicht impfen lässt, dann darfst du am gesellschaftlichen Leben nicht teilnehmen.“ – Anna Maex

 

Sehnen wir uns nicht alle nach Freiheit? „Endlich frei“ schreiben Sie in Ihrem Artikel. Doch auf welche Kosten würden wir das tun? Sie sagen, die Mehrheit der deutschen Bevölkerung ist gegen Rechte für Geimpfte. Doch vielleicht ist die Mehrheit gar nicht gegen Rechte. Sondern für Demokratie. Denn wie können sich die alten Menschen bei den jungen Menschen dafür bedanken, dass sie für ihre Gesundheit und ihr Leben so viele Einschränkungen in Kauf genommen haben? Denn den ermüdenden Lockdown haben wir zum Wohl, zur Gesundheit und zum Überleben der gefährdeten Menschen, insbesondere der Alten, auf uns genommen.

Wie können sich die älteren Menschen und die Risikogruppen bei den Kindern und Jugendlichen bedanken, die zu ihren Gunsten auf persönliche Entwicklung, Bildung und soziale Kontakte in der Schule verzichtet haben? Bei den Menschen in Kurzarbeit, bei Künstlern, bei den erschöpften Eltern, bei insolventen Selbstständigen, bei allen die unter Corona gelitten haben für sie? Indem sie jetzt genauso solidarisch warten, bis alle gemeinsam diese Krise durchgestanden haben.

Ihr Vorschlag führt in Deutschland eine Zweiklassengesellschaft ein – Geimpfte und nicht Geimpfte. Menschen mit Grundrechten und Menschen ohne. Sie fragen sich, wie man mit Impfskeptikern umgehen soll. Wie geht man mit Menschen um, die Angst haben? Weil der- oder diejenige Sorge vor Nebenwirkungen hat? Oder an die nächste Generation denkt wie bei den Contergan-Fällen. Angst sitzt im Kopf. Ich denke nicht, dass bislang ungeimpfte Menschen und Impfskeptiker die Feinde der Nation sind. Ich bin auch überzeugt, dass nicht das Ausschlussprinzip jemanden zum Impfen überzeugen sollte. Sondern gute Information und Überzeugung. Der richtige Weg ist aus meiner Sicht nicht darüber hinweg gehen, sondern zuhören.

Sie überlegen in Ihrem Artikel, ob wir in einer Neidgesellschaft leben. Ich denke, wir leben glücklicherweise in einer solidarischen, demokratischen Gesellschaft. 99 Prozent unserer Bevölkerung sind gesund (nach der Datenbasis des RKI, Stand heute). Somit sind auch über 99 Prozent der ungeimpften Menschen aktuell völlig gesund. Kerngesunde Menschen sollen von der Gesellschaft und von gesellschaftlichen Rechten ausgeschlossen werden? Warum? Mich erinnert Ihr vehementer, einseitiger Artikel leider an eine Zeit vor nicht ganz hundert Jahren. Auch hier haben Menschen entschieden, dass sie viel gesünder sind als andere und mehr Rechte haben. Auch damals galten körperliche Gründe als Privileg, in dem Fall waren es bessere Gene.

Damals wurden ebenfalls gesunde Menschen von der Gemeinschaft ausgeschlossen, durften nicht mehr in Geschäfte, durften nicht an Kunst und Kultur teilnehmen. Seit dieser Zeit arbeiten wir an unserer Demokratie. Und mich macht es sehr stolz, dass diese so tief in unserer Gesellschaft verankert ist. Dass 68 Prozent unserer Bevölkerung sagen: wir gemeinsam. Und ich wünsche mir für heute, dass wir nicht durch Privilegien und Ausschluss aus der Pandemie kommen. Sondern bessere Lösungen finden mit einer Mischung aus Tests, Impfungen, Offenheit, Ideenreichtum, Investition, Innovation und gegenseitigem Zuhören. – Kati Westphal

 

Nein, nicht frei – leider. Wir erleben eine gruselige Zeit: Die dritte Welle der Pandemie läßt die Inzidenzen hochschnellen, aber die Sterberaten sind auf niedrigem Niveau, Schulen werden geöffnet, aber die Beteiligten haben Angst. Was haben wir in dem vergangenen Jahr gelernt? Wo sind die technischen Errungenschaften für die Schulen, die Corona-vernichtenden Luftfilter? Was wissen wir über die Ansteckungspfade im Alltag? Das (All-) Heilmittel war und bleibt der grobe Hammer des Lock-down, aber nicht mangels Alternativen. Und dann die Frage: Sollen die Geimpften wieder dürfen? Hier geht es um Grundrechtsfragen, nicht um Opportunitäten.

Verwaltungsgerichte haben zu entscheiden: Ist der Betreffende weiterhin eine potentielle Belastung des Gesundheitswesens oder nicht? Ist er geimpft, ist er negativ getestet oder hat er aufgrund einer Vorerkrankung Antiviren? Wenn „ja“, so erwartet man einen „Freispruch“. Der wird aber verweigert. Warum? Was wissen wir über das Virus? Was haben wir gelernt? Welche Hygienekonzepte taugen, welche nicht? Es gibt unendlich viele Wissenslücken, Forschungsdesiderate, Hoffnungen und Befürchtungen. Aber unsere Verantwortlichen kennen offenbar nur ein Mittel… – Wolfgang Philipps

 

Wir über achtzig haben nur noch eine begrenzte Lebenszeit. Jeder Tag, jede Stunde ist kostbar und möchte gut gelebt werden. Viele von uns sind bereits geimpft und dafür sehr dankbar. Der Druck und die Angst, an Corona elendiglich und einsam zu sterben, ist von uns genommen. “Jeder, der geimpft ist, schützt sich und andere” sagte M. Söder am 15.3. im Fernsehen. Und lt. einer mit Spannung erwarteten Studie von Biontech/Pfizer in Israel sind wir auch weitgehend nicht mehr ansteckend. Aber frei sind wir noch lange nicht: noch ist uns nicht erlaubt, unsere Kinder und Enkel zu sehen, ins Theater, Konzert oder Kino zu gehen, im Biergarten den vielleicht letzten Frühling zu genießen … Aus Solidarität ertragen wir die Maskenpflicht, zum Schein sozusagen. D. h. unsere letzte Lebenszeit ist noch sehr stark beschattet.

Muß das sein, daß in den Heimen, in denen alle geimpft sind, noch immer das Leben beeinträchtigt wird? Oder ist das eine Machtfrage? Der Impfpass wird kommen, andere Länder haben ihn schon. Dann können kulturelle Veranstaltungen auch wieder veranstaltet und besucht werden, ebenso Biergärten, Restaurants und Hotels könnten öffnen. Unter den Corona-Toten sind bekannterweise überwiegend viele Ältere zu beklagen. Sind die geimpft, ist das bereits für alle eine Erleichterung. Wäre es nicht auch ein Akt der Solidarität, uns unsere Grundrechte wiederzugeben? Die wärmeren Tage des kommenden Frühlings werden das Leben draußen erleichtern und – wie im vergangenen Jahr – die Inzidenzen senken. Hinzu kommen die Impfungen – trotz all der hinderlichen Komplikationen. Warum nicht nach amerikanischem Vorbild? Liebe PolitikerInnen – gebt uns unsere Grundrechte wieder, unsere Freiheit und einen Impfpass! – Monika Propach-Voeste

 

Wenn lt. einer Befragung 68 Prozent den Geimpften ihre Rechte nicht zurückgeben will, macht mich das fassungslos. Es gibt unzählige Beispiele für Ungerechtigkeiten in unserem Land, über die man sich zu Recht empören kann. Mangelnde Bildungschancen aufgrund sozialer Herkunft, Einkommensunterschiede zwischen den Geschlechtern, Ungleichverteilung des Vermögens wie unter dem letzten Kaiser, Rentenniveau im Vergleich zu Beamtenpensionen wären nur wenige „Aufreger“.

Wenn aber die Geimpften wieder ins Theater oder Restaurant gehen dürfen, schaden sie niemanden sondern helfen den notleidenden Kultureinrichtungen und Betrieben. Die zuerst Geimpften sind auch die zuvor am meisten Belasteten. Pflegerinnen und Pfleger, Hochbetagte mit extrem erhöhtem Risiko an Covid zu versterben etc. Die Ergebnisse der Befragung zeigen das Gegenteil einer solidarischen Gesellschaft in erschreckender Weise auf. – Heiner Behrens

 


 

 

Leserbriefe zu „Ist er noch er?“ von Robert Pausch

 

Mich hat der Artikel um Robert Habeck traurig gemacht. Keine Ahnung, ob sein Auftreten von früher authentisch war, oder ob er sich (bewusst oder unbewusst) inszeniert hat – es ist doch einfach mega-traurig, wenn man alles, was einen ausmacht, nicht mehr sein darf, wenn man in der Politik Erfolg haben will. Am Ende heißt das doch auch, dass nur noch die Politiker mit dem dicksten Fell, dem größten Ehrgeiz und am wenigsten individuellen Eigenheiten erfolgreich sind. Und das ist denke ich die Krise, in der die Politik steckt. Kaum einer, der bei Sinn und Verstand ist und das Herz am rechten Fleck hat, würde doch heutzutage Politiker werden wollen. Solange das so bleibt, sehe ich aus den Krisen, die wir haben, keinen sinnvollen Ausweg. Ich fand das Pferde-Zitat von Habeck nett und nahbar und ich wünsche mir Politiker, die Menschen bleiben. So wie der Artikel klingt, haben wir da nun wieder einen verloren. – Sabrina Kley

 

Wer eine Machtoption ernsthaft verfolgt, muss aufgeben, nur er oder sie selbst sein zu wollen. Die Machtambition muss integraler Bestandteil der eigenen Identität als politischer Mensch und Person des öffentlichen Lebens sein. Die Robert Habeck untergeschobenen Fragen „Wie anders kann ich sein? Was will ich sein?“ führen weg von dieser Bedingung, die noch auf ihre Erfüllung wartet. Allein schon, weil immer noch offen ist, wer bei den Grünen als Spitzenkandidat*in ins Rennen gehen wird. Überzeugungskraft und Authentizität allein, das glaubwürdige Zusammenspiel von Person und Inhalt, sind als Basis für einen ernstzunehmenden Machtanspruch von Robert Habeck oder Annalena Baerbock nicht hinreichend. Angela Merkel macht langjährig vor, wie die Dimensionen Person, Inhalt und Macht in Einklang zu bringen sind. Erst dieser Einklang erzeugt bei Wählern das Zutrauen, für die Ausübung politischer Macht tatsächlich in Frage zu kommen.

Umfragen geben nur die Beliebtheit wieder, in den Wahlen aber geht es konkret um das Zutrauen. Es wird Zeit, dieses Zutrauen aufzubauen. Olaf Scholz und Markus Söder sind bei der vollständigen Durchdringung von Person, Inhalt und Macht bereits sehr gut unterwegs. Bei Armin Laschet dagegen steht die Person mit ihrem Machtwillen im Vordergrund, der Inhalt hinkt unbestimmt weit hinterher. Niemand weiß genau, wofür Armin Laschet steht. Bei Jens Spahn dominiert der smarte Machtwille, sowohl die Person als auch die Inhalte. Jeder weiß, dass er ganz nach oben will. Anders Christian Lindner, der bisher die prägnante Sichtbarkeit seiner Person mit pointierten Inhalten vor jede Machtperspektive stellte. Erst jetzt scheint er bereit, die Herausforderung anzunehmen, die mit einer Partizipation an der Macht einhergeht. Im bereits gestarteten Langstreckenlauf, der in einer neuen Bundesregierung mündet, ist er jedenfalls dabei, die Grünen noch nicht. – Der Ausweg für die Grünen: Nicht länger suchen, sondern finden! Und dann einsteigen in den Langstreckenlauf. – Reinhard Koine

 

Ein journalistisch routinierter Beitrag, sorgfältig beobachtet, psychologisch präzise gespiegelt. Und was lernen wir daraus: Auch Robert Habeck ist also nur ein Mensch, der unter Dauerbeobachtung im medialen Ring durchaus auch schwache Momente zeigt. Er sollte sich als Performer dringend weiter professionalisieren, sich unangreifbarer machen, die kleinen Eitelkeiten noch geschickter verbergen, weil sonst die Häme unerbittlich lauert und das schadenfrohe Publikum sich zufrieden im Normalen aalen kann. Die Medien fressen doch zu gern ihre Kinder.

Dass Politiker sich auch persönlich kritischer Beobachtung aussetzen müssen ist vielleicht unvermeidlich. Wenn aber eine Gesellschaft dringend existentielle Fragen der Transformation zu diskutieren hat, bedienen solche „persönlichen Beobachtungen“ lediglich die latente Lust auf Entthronung der potentiell Mächtigen. Und sie stärken das traditionelle Narrativ einer personenzentrierten Politik vermeintlich Mächtiger, deren Image daher permanenter Markenpflege bedarf.

Ein Vielfaches an Aufmerksamkeit dieser neunmonatigen Recherche hätten die Hintergründe der sachlichen Positionen verdient, die der Mensch Habeck in seinem aktuellen Buch entwickelt. Es sollte der ZEIT um die Auseinandersetzung mit dem Potential solcher Entwürfe gehen, mit journalistischem Weitblick und Sinn für Zusammenhänge. Denn im diskursiven Denken zeigt sich das Wesentliche einer politischen Persönlichkeit, nicht in unbedachten Untertiteln zu Instagram-Bildchen. Eine Demokratie ist darauf angewiesen, dass die Reflexion unbewusster oder unbeachteter Prozesse und Machtstrukturen gelingt und dann in maximaler Klarheit zur Sprache gebracht wird. Von hieran anders. Eine Aufgabe für ZEIT-Zeugen. – Prof. Martin Traub

 

Gestern habe ich diesen Bericht gelesen und habe mich geärgert. Heute morgen bin ich aufgewacht und einfach nur fassungslos. Sind diese Damen und Herren sich eigentlich bewußt, dass sie Verantwortung tragen? Für Millionen Menschen in diesem Land, kleine und große, junge und alte, reiche und arme – für uns alle. Und sich nicht im Sandkasten um die Förmchen kloppen. Wenn das das Ergebnis von demokratisch legitimierte Macht ist, dann sollten wir langsam über die Reform des Systems nachdenken.

Oder zumindest über eine Mindestqualifikation in Projektmanagement und Gesprächsführung für alle, die Regierungsverantwortung übernehmen wollen. Und by the way: Ihr Artikel über Robert Habeck wird auch dazu beitragen, dass vernünftige Menschen lieber nicht in die Politik gehen. Soviel scheinheilig besserwisserisches Kaputtschreiben sollte Die Zeit unterlassen. Das zielt auf den Menschen als Menschen und ist keineswegs die Analyse seines politischen Denkens und Handelns. – Susanne Seidel

 

Der frühere Bundesminister Erhard Eppler (SPD) hat sich in einem Vortrag Mitte der 1990er Jahre mit der persönlichen Deformation beschäftigt, der ein Berufspolitiker ausgesetzt ist. (Er wusste, wovon er redet!) Eppler kam schon damals, also vor 25 Jahren, zu dem Schluss, dass diese Deformation in dem Maße zunimmt, wie Medienmacht politische Macht bestimmt, verleiht, und schnell auch wieder entzieht. Sein Fazit: „Vielleicht ist Politik an der Grenze dessen angesiedelt, was Menschen leisten können, ohne Schaden zu nehmen an ihrer Seele.“

Auch Robert Habeck von den GRÜNEN muss seit einiger Zeit diese Erfahrung machen: Ein unbedachtes Wort, eine missglückte Metapher – und die öffentliche Demontage nimmt ihren Lauf. „Irren ist menschlich“, sagt der Volksmund – demnach sind Politiker keine Menschen, denn sie dürfen ja niemals ungestraft irren. Wer sich seine Menschlichkeit und das Recht auf Irrtum bewahren will, muss so zu der Erkenntnis gelangen, in der Politik fehl am Platz zu sein. Kein Wunder, dass die politische Bühne zunehmend von Charaktermasken, Avataren und Zombies bevölkert wird, und sich immer weniger Menschen bereitfinden, als Berufspolitiker dem Gemeinwohl zu dienen. – Dr. Wolfgang Fischer

 

Ich möchte Sie ermutigen, Ihrem Weg des gesunden Menschenverstandes zu folgen! Warum ist die Politikverdrossenheit und Wahlbeteiligung so katastrophal für eine Demokratie? Weil so viele BürgerInnen von eben diesen Strukturen im politischen Berlin so dermaßen angeekelt sind. Die Häme, die spitzfindigen Fragen von Journalisten zeigen doch nur, dass die Orientierung am Wohl des Volkes völlig verloren gegangen ist. Ich bitte Sie herzlich, seien Sie nicht der gegelte Politiker sondern der echte Mensch. Reden Sie mit jüngeren Menschen und Sie werden erfahren, was diese für die Zukunft von der Politik erwarten….

Nur wer Dinge tut, die er noch nie getan hat, wird erreichen, was er noch nie erreicht hat. Es ist nicht schlimm Fehler zu machen- das ist menschlich. Und wer auch mal Tacheles redet findet Gehör. Also: Suchen Sie sich vertrauenswürdige, wahrhaftige Gefährten (nicht Mitstreiter – streiten ist out! Beraten ist in!) und gehen Sie’s voller Zuversicht an. Sie SIND DER KANZLER der Zukunft! – Marion Claus

 

Nach der Lektüre ihres Artikels über Herrn Habeck im Dossier habe ich sofort eine mail an den Vatikan geschrieben, mit der Bitte um Einleitung eines Verfahrens zur Heiligsprechung. – Prof. Dr Joachim Grötzinger

 

Fragen sie mit recht. Roobert was machst du da. Bei Rooobert denke ich immer an die Gassens-Familie…. – Gunter Knauer

 

Die Frage ist: würden die Koniks auch heute noch zu Habeck zum Schnuppern kommen? Was die wilden Ponys damals hat auf Tuchfühlung gehen lassen mit ihm war seine Authentizität, die Gabe unprätentiös im Hier und Jetzt zu sein. Sie hat ihm auch den Respekt der Muschelfischer eingetragen und ließ das Publikum den Stagediver auffangen. Und natürlich ist diese Eigenschaft innerhalb des Politzirkus so wohltuend anders, dass sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit Häme herausfordert von all jenen, die wohlgeübt sind in den selbst auferlegten Rollenspielen ihrer eigenen Bedeutsamkeitswabe. Angesichts dessen sprühte übrigens der SPIEGEL-Vorwurf der „Würdelosigkeit“ von Habecks „Zauber“- Satz geradezu vor Selbstironie!

Aber die traurige Frage ist doch, wie weit man sich denn eigentlich vom Menschsein lossagen muss, um im Politzirkusdasein (vermeintliche) Akzeptanz zu erfahren? Wieviel Resilienz ist nötig, um nicht mitzumachen beim schauderhaften Um-sich-selbst-drehen aus Angst vor der eigenen Bedeutungslosigkeit? Von Ferne betrachtet scheint das politische Berlin viel mehr „Bibi und Tina“ zu sein, als es ein realer Pony-Hof je könnte! Denn dort geht es tatsächlich um Authentizität: egal welches Hemd, Hauptsache der Mensch steht zu sich selbst und weiß was er will. Wer nur so tut als ob, taugt eben nicht als Leittier. So gesehen, täte diesem Land tatsächlich etwas mehr Pony-Hof ganz gut. Dann wäre Robert Habeck nämlich nur der Anfang… – Sandra Köhler

 

Nach diesem überaus positivem Blick auf Robert Habeck erwarte ich jetzt einen ebensolchen über Annalena Baerbock. Oder ist sie es als Frau nicht wert???? – Angelika Allers

 

Identitätskrise geht immer- eine mediale Zuschreibung, über die gelungene oder misslungene Inszenierung persönlicher Verhaltensweisen in “ Bild und Wort“ der eigenen Selbstdarstellung, bleibt nicht ohne Mediale- Resonanz und Wirkung von beeinflusster Meinungsbildung in der Öffentlichkeit. Ist er noch er? – Ja, auf diese Frage gibt es eine klare Antwort: Ich bin der,der ich bin; einzigartig als Individium,wie jeder andere Mensch auch. Er ist immer noch er, gestern, heute und morgen, eine vorhandene Identität in seinem innersten erkennbar, was im Denken und Handeln, äußerlich in Wort, Sprache und Schrift-Bild sichtbar wird. Identität geht nicht verloren braucht auch Ruhe und Zeit Erholung- bevor der Wahlkampf los geht. – Thomas Bartsch-Hauschild

 

Was für eine Frage! Nein, ist er momentan nicht mehr und das liegt u.a. daran, dass Printmedien, wie z.B. die in dem Artikel erwähnten, nichts Besseres zu tun haben, als jede Äußerung, jedes Foto, jedes Styling – auch von der ZEIT Fotografin – zu bewerten, zu interpretieren. Das liegt auch an Ihrem Artikel, Herr Pausch, in dem es darum geht, wie medienwirksam Robert Habeck auftritt. Ein Artikel, der kaum Aussagekraft hat zu politischen Ansichten, Haltungen und Visionen von Robert Habeck. Mir graust vor der Sorte Politiker, die rundgelutscht, rhetorisch geschliffen, nichtssagende Dinge von sich geben oder die so lange reden, bis keiner mehr weiß, was die Frage war.

Ich wünsche mir Politiker, die nicht mehr in Talk Shows auftreten und wenn doch, nicht am nächsten Tag als dünnhäutig beschrieben werden, wie unlängst Winfried Kretschmann, der sich einen Gefühlsausbruch bei Marcus Lanz erlaubte. Ich wünsche mir PolitikerInnen, die Fehler machen dürfen, ohne sofort niedergeschrieben oder -gesprochen zu werden, Politiker, die ein Recht darauf haben, sich zu wehren und nicht permanent souverän daher kommen müssen.

Welch eine Überforderung! Ich wünsche mir PolitikerInnen, die nicht jede noch so dümmliche Frage beantworten müssen – Helmut Schmidt war der beste Beweis, dass er nicht willens war, sich vorführen zu lassen. Hat er nicht gesagt : Nächste Frage bitte, wenn ihm eine zu banal daher kam? Jeder Mensch hat Anspruch auf einen respektvollen Umgang mit seiner Person, warum gilt das nicht für PolitikerInnen?! – Helga Tillmann

 

Zum wiederholten Male ist die Zeit einschließlich Zeit-Magazin voll von Identitätshysterie. Hierzu hat Matthias Beltz bereits 1993 in den Merian-Heften in einem Satz alles gesagt: „Identität scheint mit wichtig in der Frage der Verbrechensbekämpfung, vielleicht auch zur Förderung des Verkaufs von Markenartikeln nötig – Identität aber erklärt nicht […]“. Wenn ein Übersetzerin wegen äußerer Merkmale nicht tätig sein darf, darf ich als alter weißer Mann dann das Gedicht von Amanda Gorman überhaupt lesen, zumal Lesen immer Übersetzung in „meine“ Sprache ist?

Wird mir von vorneherein die Möglichkeit, es zu verstehen, abgesprochen? Dürfen Shakespeares Dramen nur von „Royals“ gespielt werden? Kann repräsentative Demokratie noch sein? Letztlich gibt es jemanden ganz genau so wie mich nur einmal – also muss das deutsche Parlament auf über 80 Millionen Sitze erweitert werden! Alles so absurd, dass es sich noch nicht einmal Albert Camus vorgestellt hat. – Udo Kroschewski

 

Der aufmerksame Leser fragt sich bei der Lektüre der neuesten ZEIT, ob es neben Robert Habeck (der innerhalb kurzer Zeit wieder einmal Gegenstand des „ Dossiers“ ist) nicht noch andere Politikzeitgenossen gibt, über die es sich zu berichten lohnen würde. Die Nähe Ihrer Zeitung zu den Grünen ist mehr als auffallend und möglicherweise auf die grüne Vergangenheit Ihres stellvertretenden Chefredakteurs zurückzuführen. Sie beraubt sie der Möglichkeit, die deutsche Politik aus einem neutralen Gesichtspunkt zu betrachten. Wirklich sehr schade. Es macht die ZEIT zu einem Blatt unter vielen. – Klaus Grasenick

 

3 DIE ZEIT-Seiten über Robert Habeck, den Obama-Fan und grünen Marc Aurel aus dem kühlen Norden! Mit „Kompetenzvakuum“ auf „Bündnis“-Suche stolpert er über Fallgruben und -stricke im Polit- und Mediendschungel, verliert dabei oft seine „Impulskontrolle“! Ein Weg von der „Vermerkelung“ über die Pferdeflüsterei zur „Veranderung“ – oder doch umgekehrt? Unser Land hat genug weichgespülte Politiker, braucht Menschen mit Ecken und Kanten! Doch durch die allgegenwärtigen politischen Zwänge in Regierungsverantwortung schleifen sich ihre markanten Konturen mehr und mehr ab, durch Anpassung in einer Koalition verlören vor allem die Grünen ihre Bindung zur Basis und den außerparlamentarischen Klimaschützern! Habeck ja, einflußreicher und wirkmächtiger jedoch als Führer der größten Oppositionspartei! – Dr. med. Ulrich Pietsch

 


 

 

Leserbriefe zu „Leben ohne Krone“ von Patrik Schwarz

 

Jede Woche warte ich mit Spannung auf die neue Ausgabe DIE ZEIT. Die Artikel „Leben ohne Krone“ und „Endlich frei?“ haben mich sehr überzeugt und mir gezeigt, dass Themen niveauvoll, mit Stil, Intelligenz und Tiefgang von Ihren Journalisten*innen bearbeitet werden. Daher möchte ich vor dem Weiterlesen meinen DANK aussprechen und dass Ihre Printmedien Woche für Woche „mein Leben reicher machen“. Immer wieder ein Highlight in der Pandemie geschüttelten, belastenden Zeit. – Beate Maria Riepe

 

Kennen wir das denn nicht alle irgendwie – die gehässige Verwandtschaft, die mißgünstige Schwägerin, der rassistische Opa, die bizarren familiären Rituale? Wir haben gelernt, dies alles mehr oder weniger klaglos zu ertragen – aber wir werden zur Strafe auch nicht von Oprah Winfrey zum Kaffeeklatsch eingeladen und bekommen auch keine hundert Millionen Dollar für Verträge mit Netflix und Spotify. Die Welt ist ungerecht! – Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Heilmann

 

Oh je, wer hätte gedacht, dass sich DIE ZEIT jemals auf das Niveau der Klatschpresse begibt ? Noch dazu als Aufmacher auf Seite 1 ! Wen interessieren die internen Querelen im Haus Windsor außer den Hofreportern tatsächlich ? Mit Verlaub: Kann es sein, dass DER ZEIT hier ein „Zacken aus der Krone“ gefallen ist ? Bleibt zu hoffen, dass es sich hier um einen einmaligen redaktionellen Ausrutscher gehandelt hat. – Stephan Poser

 

Schreiben Sie einen Artikel, der der Frage nachgeht, warum Schülerinnen und Schüler auch im 21. Jahrhundert Gleichungen im Mathematikunterricht lösen müssen, obwohl der Lehrer vorne nicht vorab erklären kann, welcher Aspekt der Wirklichkeit durch diese Gleichung beschrieben bzw. tangiert wird. Gerne auch auf Seite 1. Wird von mir gelesen. Schreiben Sie eine Rezension zu dem herausragenden Buch „Reichtum als moralisches Problem“ von Christian Neuhäuser. Gerne auch auf Seite 1. Wird von mir gelesen. Aber ersparen Sie doch der Welt die Vorkommnissse aus der Welt minderbegabter Adliger, die es trotz ererbter oder angeheirateter Privilegien nicht schaffen, krawallfrei ihr nutzloses Dasein zu fristen. – Johann Siemon

 

Ich las Ihren Beitrag, und vielleicht haben Sie ja sogar recht. Ich vermute allerdings etwas ganz anderes hinter diesem Interview: Die Royals hängen bekanntlich am Tropf des Britischen Staates. Sie haben kaum Einnahmen, jedoch hohe Ausgaben. Irgendwann schlossen sie, verborgen vor der Öffentlichkeit, einfach einen Deal mit verschiedenen Medientreibenden ab. Fortan verfassen begabte AutorInnen wöchentlich eine Art Drehbuch. Je gewagter, umso besser. Die Royals arbeiten das Ganze dann nur noch ab. Die Yellow Press schreibt. Auflagen schnellen in die Höhe. Jede und jeder will alle Details kennenlernen. Dabei gehen Millionen von Druckerzeugnissen über die Ladentische. Und in den Hinterzimmern knallen derweil die Sektkorken… Vielleicht ist meine These ja etwas gewagt, aber sie ist doch zumindest vorstellbar, oder? – Achim Bothmann

 

Da ich die Zeit seit einem Jahr nur noch sporadisch die ZEIT lese – jetzt eher Süddt. oder FAZ – fällt auf, dass mir nur wenig tiefgründigere Artikel bei ihnen in Erinnerung bleiben. Aber dies sollte doch eigentlich ihr Kern sein. Einziger Lichtblick ist ihr Dossier. „Dem Fass die Krone aufgesetzt“ hat jedoch „Leben ohne Krone“ und dies auch noch auf ihrer Titelseite. Ein solcher Aufreger ? passt besser in die Bunte – oder in die Rubrik Vermischtes. Dieser Bericht auf Seite 1 in einem Qualitätsmedium ??? Haben wir keine anderen Probleme ?- damit meine ich nicht Corona ! Darum kümmern sie sich mehr als intensiv – weniger ist hier mehr ! – Andreas John

 

Ihr Artikel „Leben ohne Krone“ – Haus Windsor ! Alle Achtung – (auch wenn Sie der meinen nicht bedürfen) ! Ihr Stellungnahme überzeugt, da diese sprachlich und inhaltlich bewundernswert elegant und vorurteilsfrei ist. Das ist leider unter den vielen Meinungen selten. – R.M. Scholz

 

Wenn die Regenbogenpresse royale Berichte auf Seite 1 hat, dann, dümmlich wie es ist, gehört das wohl so. Aber bitte nicht in der „Zeit“ (aktuelle Ausgabe Nr. 11). Nicht mal weiter hinten. Die einzige Nachricht, die Sie bringen können ist die, wenn diese, pardon, Typen abdanken. Dieser Adelskram gehört längst auf den Müllhaufen der Geschichte. Vermutlich bin ich nicht allein mit meiner Abneigung. Wie bekloppt muss man sein, im Zeitalter von Demokratie Nachfolger aus einer einzigen Familie zu rekrutieren …?! Oder das gut, normal, etc. zu finden ?! Gleich koche ich über … – Gerald Baader

 

……. ohne Worte auf der Titelseite der Zeit die Königskinder. Wenn ich das lesen wollte, würde ich die Bunte oder die Bild kaufen. – Thea Antic

 

DIE ZEIT macht mal wieder den Tatler and Bystander und berichtigt über das Wüten der Queen.Sich eine Monarchie zu leisten,die nichts zu sagen hat, ausser Orden zu verteilen ,ist das Revier der Engländer.Und geht uns gar nichts an.Lasst die ganze Baggage einfach in Ruhe und ihrem shakespeare-reifen Treiben und Unfug nachgehen.Titel: `“Wie es uns gefällt“.Ein teurer Spass, aber die Queen hat ja was auf dem Konto. – Hans-Emil Schuster

 

Oh ja, ein kleines Stück Boulevard in der ZEIT. Ich habe die feinsinnig verteilten Spitzen von Herrn Schwarz sehr genossen. Eine moderne Parabel in dem Konflikt zwischen Meghan (richtig, es ist wohl mehr ihr Konflikt) und dem britischen Königshaus sehe ich allerdings nicht. Das gibt die „Story“ von Meghan und Harry nicht her, auch wenn der Vorwurf von Rassismus im Raum seht. Dieser schwerwiegende Vorwurf sorgt natürlich für maximale Medienaufmerksamkeit und ggf. auch für „Folgeaufträge“ für die beiden. Herr Schwarz schreibt es ja selbst.

Ich habe das Interview gesehen, für mich glich es mehr einem einstudierten Schauspiel mit den Hauptdarstellerinnen Meghan und Oprah und einem Nebendarsteller Harry. Die Hauptdarstellerinnen mit vielen Posen von Empörung und Mitgefühl. Die Fragen und Antworten wirkten leider abgesprochen und nicht immer überzeugend. Der Nebendarsteller wirkte dagegen authentischer, schon sehr zerrissen und entwurzelt.

Und nun? Klare Sieger wird es diesem Konflikt wohl nicht geben. Das Königshaus hat schon viele Krisen überstanden und auch Meghan wird es nicht stürzen, dafür spielt das Königshaus immer noch eine zu große Rolle im Selbstverständnis der Briten. Ob die Ehe von Meghan und Harry dies alles auf Dauer überstehen wird, wird sich irgendwann zeigen. Wenn nicht, wir werden es alle rechtzeitig erfahren. Zwei Verlier gibt es aber jetzt schon in diesem Konflikt. Die Brüder William und Harry, die den frühen Unfalltod ihrer Mutter verkraften mussten und dieses wohl nur gemeinsam konnten. Nun haben sie sich entzweit, das ist schon bitter, „but the show must go on“. – Regina Stock

 

Jetzt weiß ich, was ich niemals wissen wollte. Das kommt daher, dass ich in diesen Corona-Zeiten einfach alles, was mir da so zwischen meine Finger kommt, fast schon zwanghaft lesen muss. Diese Neuigkeiten über das Luxus-Leben von Royals & Co., haben mich bisher nicht die Bohne interessiert, aber dieses hausgemachte Geschichtlein aus dem pilcherschen Dunstkreis-Kosmos, ja das ist ganz hübsch unterhaltsam. Endlich weiß ich auch, dass es kleine, große und royale Probleme gibt, die eigentlich alle auf (k)eine Lösung warten! – Riggi Schwarz

 

Vielen, vielen Dank für Ihren Artikel. Nun weiß ich mich für den nächsten Lockdown der Friseure gut gerüstet. Ich muss dort nicht mehr die Yellow Press lesen, das habe ich nun auch in der ZEIT. Klatsch und Tratsch aus den Königshäusern gleich auf der ersten Seite. Große Klasse. Genau deshalb lese ich ihre (sonst wirklich herausragende) Zeitung. – Ute Szameitat

 

Meinem örtlichen Käseblatt kann ich die peinliche Hofberichterstattung ja noch nachsehen, aber das sich Die Zeit auch auf dieses königliche Boulevard-Niveau herabbegibt erschüttert mich sehr. Hinzukommt, dass Sie kritiklos Oprah Winfrey loben („unerbittlich einfühlsam“). Leider erwähnen Sie nicht, dass der Text zwischen Winfrey und Harry/Meghan vorher abgesprochen wurde und Winfrey für sich und das arme Pärchen 7 Millionen Dollar für alle TV-Rechte herausgehandelt hatte. – Jürgen Neunaber

 


 

 

Leserbriefe zu „Politik ohne Maske“ von Matthias Geis

 

Trefflich Ihr Aufmacher „Politik ohne Maske“ – es ist an der Zeit, viel genauer hinzuschauen und schneller zu reagieren! Zu Thema Solidarität packe ich noch eine Geschichte hinzu, die mir seit dem ersten oder zweiten Quartal 2021 im Hals steckt*. Karl-Josef Laumann hat in einer Rund bei Frank Plasberg geprahlt, er hätte nun eine Quelle für Masken aufgetan. Die Nachfrage aus dem Talk-Kreis nach dieser Quelle, wollte er nicht beantworten nach dem Motto „selber essen macht satt“. Für mich ein fatales Signal in einer Krise, in der föderale Strukturen offensichtlich an ihre Grenzen kommen, und meilenweit weg sind von einer Orientierung zum Gemeinwohl. – Jörg Puttfarken

 

Alles richtig, aber ein Aspekt kommt in der Krise zu kurz: Diejenigen, die staatlich alimentiert werden und finanziell ungeschmälert durch die Pandemie gehen, müssten sich eigentlich doppelt anstrengen. Stattdessen muß man von Versagern und Krisengewinnlern lesen. Ist es nicht hohe Zeit, dass insbesondere Bedienstete, die aus dem Staatssäckel ihr geregeltes Einkommen beziehen, ihren Soldidaritätsbeitrag leisten? – Helmut F. Schade

 

Hab ich was nicht verstanden? Seite 1 links unten: Deutschland wird schlecht regiert….diverse – eher platte Argumente. Seite 2 oben: insgesamt steht Deutschland weltweit in Kombi verschiedener outcome Parameter ganz gut da. Hallo? Und ehrlich, das diskussionsklima in diversen Runden interessiert mich nicht wirklich. Es beruhigt mich eher, dass heiß diskutiert wird. Da muss ich nix ad hominem lesen. – Dr. Ulrich Pfaff

 

Schön ist, dass Herr Geis den Mut aufbringt die niedrige handwerkliche Qualität aktueller Politik anzusprechen. Leider wird der Grund dieser schwachen Regierungsleistung nicht gesucht. Jedoch wie sollte man Analysefähigkeit und Entscheidungsfähigkeit von Personen erwarten deren Qualifikationen Bella Figura im Wahlkampf und Parteisoldatentum ist. Für Menschen mit herausragenden Fähigkeiten und Erfahrungen ist das Berufsbild des Politikers schlichtweg unattraktiv. In ereignisarmen Zeiten mögen diese bestenfalls mittelmäßig qualifizieren Entscheidungsträger halbwegs zurechtkommen.

Wobei sich leider auch dann in fast allem Regierungshandeln methodische Fehler zeigen, welche bewirken, dass eine Maßnahme selten die gewünschte Wirkung hat. Sobald größere Herausforderungen anstehen zeigen sich die Schäden der Überforderung. Wenn sich da mal jemand um 600.000€ bereichert bin ich gerne bereit zu verzeihen, die immens größeren Schäden der Fehlentscheidungen der letzten Jahre kann ich nicht mehr verzeihen. Bitte schenkt mir auch nur einen einzigen kompetenten Politiker, dann gehe ich auch wieder wählen. – Michael Horbaschk

 

Oh nein mein Herr, Der Union wurde nicht zu gute gehalten … (dass sie sich am Gemeinwohl orientiert ist), sondern der Union wurde von Ihnen und einigen Zeit – Kollegen zugute gehalten… Andere erfahrene Zeitgenossen wissen seit langem, dass die Union an den Wohlhabenden, von denen sie profitiert orientiert ist und ansonsten so doppelmoralisch und verlogen wie die katholische Kirche ist auf deren Wählerschaft sie sich seit langem gestützt hat.

Das Verrückte ist, dass sie von vielen trotzdem oder sogar gerade deshalb gewählt worden ist, weil man Doppelmoral und Eigennutz für menschlich hält, also das gleiche Menschenbild teilt und für „realistisch“ hält, sich identifiziert und als Ergebnis eine erfolgreiche Politik für Erfogreiche erwartet. Um die weniger erlogreichen bei der Stange zu halten sind Menschen wie der christliche Arbeiterführer Laumann zuständig, die einen langen erfolglosen Kampf gegen die Zustände in der Fleischindustrie (Tönnies) führen weil sie von mysteriösen „Wirtschaftsverbänden“ gehindert werden. – Dieter Herrmann

 

Die bisher sogenannten „Volksparteien“ (CDU, CSU, SPD) haben sich längst überholt und selbst in den verschiedenen Regierungskoalitionen, im Bund und den Ländern, abgenutzt und abgeschafft. Das Gemeinwohl, das Wohl des ganzen Volkes, (siehe Amtseid) ist in der heutigen politischen Landschaft leider keine Selbstverständlichkeit mehr. Die Corona-Pandemie und der damit verbundene Aktionismus haben eine Zeitlang diese Tatsache überdeckt. Nun zeigt sich bei der Festlegung von willkürlichen Grenzwerten, dem Chaos bei der Beschaffung von FFP2 Masken, dem Einkauf von Impfstoffen, dem Tohuwabohu bei der Impfstrategie und den Testmöglichkeiten, das ganze Ausmaß des Unvermögens der Entscheidungsträger. Es fehlt an den Schaltstellen an richtungsweisenden und vorausschauenden Entscheidungen durch kompetente Minister und/oder Landesfürstinnen/Landesfürsten.

Jetzt tun sich bei der CDU und der CSU-Abgründe auf, weil einzelne Abgeordnete korrupt und/oder bestechlich sind. Bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie haben sich im Übrigen weder der Koalitionspartner im Bund noch die Oppositionsparteien mit Ruhm bekleckert. Aber was kann man erwarten, wenn wichtige Posten immer noch nach Parteiproporz und nicht nach der Fähigkeit oder gar der Eignung vergeben werden. Auch das gilt natürlich für alle Parteien. Dann ist es offensichtlich so, dass in den Parlamenten viel zu viele Theoretiker und kaum Praktiker zu finden sind. Nach dem Motto: „Kreissaal, Hörsaal, Plenarsaal!“ – Felix Bicker

 

„Demokratische Politik ist dem Gemeinwohl verpflichtet“ Das gilt für alle Parteien, einschließlich der Presse und „die Zeit“. Wenn es auch in der CDU einige schwarze Schafe gibt, auf die ganze Partei zu schließen (auch die vielen ehrenhaften Mitglieder) und dann zu schreiben, die CDU taumelt ins Wahljahr. “ es wäre nicht überraschend, wenn dieser Eindruck bei den beiden Landtagswahlen am Wochende von den Wählern s c h o n e i nm a l zu Protokoll gegeben wird „. Das ist inseriöse, unverhältnismäßige journalistische Meinungsmacher 3 Tage vor der Wahl. Ich habe schon vor 65 Jahre meinem Großvater in West-Berlin aus „die Zeit“ vorgelesen, insbesondere Artikel von Paul Sethe, habe mit Gerd Bucerius im Studentenheim in Hamburg über unabhängigen Journalismus diskutiert, dann infolge der linken Welle (mit RAF) mich von „die Zeit“verabschiedet, leider auch durch die „Gräfin“.

Theodor Sommer und das Distanzieren vom „Rudeljournalismus“ hat mich zurückgebracht. Jetzt haben wir wieder die Linke Welle, von „Links bis Grün“, „die baden-württembergische CDU steht vor einer historischen Niederlage.“ M.Lau 3 Tage vor der Wahl weiß „die Zeit“ schon das Ergebnis, macht „die Zeit“ indirekte Propaganda gegen die CDU und gegen die Wirtschaft, – ohne die Wirtschaft geht aber nichts. Das müßten wir noch aus DDR-Zeiten wissen. Ist das seriös und verhältnismäßig, „Partei und lagerübergreifend“ ? „Wenn Medien nicht mehr in der Lage sind, partei- und lagerübergreifend einen Austausch zu organisieren und stattdessen darauf setzen, möglichst störungsfrei die eigene (träumerische“ politische Klientel zu bedienen, dann betreiben auch sie die Spaltung der -Gesellschaft und am Ende die der eigenen Leserschaft.“ Giovanni di Lorenzo.

PS: Die Parteien, die uns vollständig ins totale Unglück geführt haben hießen: NSDAP , NATIONAL S O Z I A L I S T I S C H E DEUTSCHE ARBEITERPARTEI (3mal ausgebombt, Berlin und Sangerhausen i.Th.wurde unsere Familie zum finanziellen Totalverlust) und die Nachfolge SED (Verwandte Bauern verloren Haus und Hof und starben völlig verarmt in Hamburg.) Wortverdreht wird von „Nazi“ gesprochen anstatt von „Nasozi“. Auch wenn die C D U viele Fehler gemacht hat, war und sollte sie weiterhin die stabilisierende Partei sein, für ein soziales u n d leistungsstarkes Deutschland. Sonst werden uns unsere träumerischen „Schlaraffenlandkinder“ A.Baerbock u. Co. mindestens ins neue gewaltbereite RAF- Chaos stürzen. (Verhindern wir, wie derVolksmundsagt, den …..Bock zum Gärtner zu machen.“) – Klaus Dieter Melzheimer

 

Als ich den Untertitel des Leitartikels „Politik ohne Maske“ gelesen habe, musste ich schallend lachen. Wie bitte? Der Union wird „zugutegehalten, dass sie sich am Gemeinwohl orientiert“?!? Wer hat das der Union in den letzten Jahren denn noch zugute gehalten? Die Liste all der Handlungen oder Unterlassungen der Union, die sich GEGEN das Gemeinwohl richten, würde die Rahmen eines Leserbriefs bei Weitem sprengen. (Und ich rede hier noch gar nicht von den aktuellen Fällen). Daher muss es hier leider nur bei einer Handvoll von Beispielen bleiben: Wer verhindert seit 2011 ein Lobbyregister? – Die Union.

Wer will jetzt widerstrebend, aus Wahlkampfgründen einem Lobbyregister zustimmen – aber immer noch den „exekutiven Fußabdruck“ in einem solchen Register verhindern? – Die Union. Wer hat die meisten Kontakte zu Lobbyisten und die lukrativsten Nebeneinkünfte im Deutschen Bundestag? – Die Union. Wer hat die Steuerzahler 500 Millionen Euro (für nichts) gekostet wegen vorschneller Vertragsabschlüsse in puncto Maut? – Die Union.

Wer hat die Steuerzahler 2,4 Milliarden Euro gekostet, weil man erst – gegen die Mehrheitsmeinung der Bevölkerung – die Laufzeiten der AKW verlängert hat und das dann nach Fukushima hauruckartig wieder kassieren musste? – Die Union. Diese Liste kann noch um das X-fache verlängert werden. Wer glaubt denn noch an das Märchen von der „Gemeinwohl-Orientierung“ der CDU/CSU? Gut, dass das Lobbyregister jetzt wohl kommt (wenn es auch noch zu milde ist), noch besser allerdings wäre es, die Union nach 16 Jahren per Wahl von den Schalthebeln der Macht zu entfernen. – Anselm Hahn

 

Schön ist, dass Herr Geis den Mut aufbringt die niedrige handwerkliche Qualität aktueller Politik anzusprechen. Leider wird der Grund dieser schwachen Regierungsleistung nicht gesucht. Jedoch wie sollte man Analysefähigkeit und Entscheidungsfähigkeit von Personen erwarten deren Qualifikationen Bella Figura im Wahlkampf und Parteisoldatentum ist. Für Menschen mit herausragenden Fähigkeiten und Erfahrungen ist das Berufsbild des Politikers schlichtweg unattraktiv. In ereignisarmen Zeiten mögen diese bestenfalls mittelmäßig qualifizieren Entscheidungsträger halbwegs zurechtkommen.

Wobei sich leider auch dann in fast allem Regierungshandeln methodische Fehler zeigen, welche bewirken, dass eine Maßnahme selten die gewünschte Wirkung hat. Sobald größere Herausforderungen anstehen zeigen sich die Schäden der Überforderung. Wenn sich da mal jemand um 600.000€ bereichert bin ich gerne bereit zu verzeihen, die immens größeren Schäden der Fehlentscheidungen der letzten Jahre kann ich nicht mehr verzeihen. Bitte schenkt mir auch nur einen einzigen kompetenten Politiker, dann gehe ich auch wieder wählen. – Michael Horbaschk

 

CDU/CSU: Vielleicht hat die Union ein Eisbergproblem. Denn was bisher ans Tageslicht gekommen ist, scheint nur die Spitze eines Eisbergs zu sein. Von Einzelfällen zu sprechen, wie Herr Laschet behauptet, halte ich für sehr gewagt. Er will jetzt mit dem „Eisernen Besen“ für Klarheit und Ordnung sorgen. Hoffentlich greift er nicht aus Versehen oder mit Absicht zu einem Heurechen mit großen Abständen zwischen den Zähnen. Wenn es um wirkliche Transparenz bezüglich der Verflechtungen zwischen Abgeordneten und der Wirtschaft geht, steht die Union bisher immer auf der Bremse.Entweder wird ein entsprechendes Gesetz verhindert oder so verwässert, dass es seinen ursprünglichen Zweck kaum erfüllt. – Reinhard Fabis

 

Waren die Deals mit der Schutzausrüstung von G.Nüßlein (bisher CSU) und N.Löbel (bisher CDU) nur „Verstöße gegen politischen Anstand“ oder nur „Gift für die Demokratie“ (lt. Bundespräsident Steinmeier) ? Nein! Sie waren persönliche Bereicherung zu Lasten unseres Staates. Die Lieferfirmen haben diese Provisionen in ihren Abgabepreis eingerechnet und damit erhöht. Ob das strafbares Verhalten von Abgeordneten des Bundestages ist, sollten Juristen inkl. Staatsanwaltschaften herausfinden. Auch in allen weiteren Fällen von Zahlungen für Nebentätigkeiten, Provisionen, Lobbyarbeit usw. für Bundetagsabgeordnete ist zu klären, ob und in welchem Umfang diese Zahlungen letztlich zu Lasten des Staates erfolgen.

Bleiben wir ein Rechtsstaat! Volksvertreter-innen sind zwar dem Allgemeinwohl verpflchtet, aber bei hohen Geldsummen spielen offensichtlich politischer Anstand, Ethik und Moral schon mal nicht mehr die Hauptrolle. Doch wegen Fehlverhaltens einzelner Abgeordneter nun die gesamte CDU/CSU zu verurteilen, ist auch nicht gerechtfertigt. Aber auch die CDU/CSU sollte sich uneingeschränkt zu Offenlegungen aller Einkünfte neben den offiziellen, die ihnen als Abgeordnete zugestehen, verpflichten. Nur das schafft Vertrauen! – U. H. Bauer

 

Ich lese auf Seite 1 der Zeit: „Der Union wird zugutegehalten, dass sie sich am Gemeinwohl orientiert und ordentlich regiert. Leider stimmt das nicht mehr“. Klar ist: das Verhalten von Georg Nüßlein und Nikolas Löbel ist abstoßend, nicht zu vergessen Alfred Sauter! Wie können Sie „der“ Union aber als Ganzes absprechen, sich am Gemeinwohl zu orientieren? In meinen Augen ist das tatsächlich eine unglaubliche Darstellung und wird der Leistung und dem Arbeitseinsatz der vielen (auch CDU-) Politiker nichtgerecht.

Nennen Sie mir bitte die Länder, die in der letzten Legislaturperiode besser regiert wurden, als dies Frau Merkel bei all den dramatischen Entwicklungen der letzten vier Jahre gelungen ist (USA?, Großbrittanien?, Frankreich?, Italien? etc.). Fehler macht jeder (Sie stellen natürlich sicherlich eine Ausnahme dar). Etwas mehr Demut und weniger reißerische Schlagzeilen würden der Berichterstattung gut tun! Ich habe „die“ „Die Zeit“ schon wesentlich differenzierter erlebt in den letzten Jahren. – Paul Wentges

 


 

 

Leserbriefe zu „Sind diese Städte reingefallen?“ von Ingo Malcher

 

Dank für die sorgfältige Analyse, wie naiv ca. 50 Kommunen bis zu 700 Millionen € versenkt haben. Daß es soweit kam hat Gründe, die Sie nicht erwähnten, die aber öffentlich gemacht werden sollten, z.B.: 1. Silvio Gesell und viele Bürgermeister, die ihn verstanden haben, sorgten mit negativen Zinsen in schwierigsten Zeiten, daß in ihrer Region Geld im Umlauf blieb und vernünftig eingesetzt wurde. 2. In der brasilianischen Stadt Curitiba sorgte ein Architekt aus meiner Heimatstadt Mähr.Ostrau, daß bei der Stadtplanung die Bürger zum Mitdenken aufgefordert wurden. Gewaltige Einsparungen und kreative Lösungen.

3. Warum wurden in den 50 Kommunen weder Bürger noch mehrere Experten befragt? 4. Man hätte das Geld in Projekte für erneuerbare Energien, in Bürgergenossenschaften, in energetische Sanierung von Gebäuden der Kommune stecken können, mit Verzinsungen bis mindestens 3% statt 0,3% 5. Auch kostengünstige Darlehen für Projekte von Bürgern und risikoarme Start-Ups usw. wären denkbar gewesen. usw. usw. usw. Die ZEIT könnte ein bundesweites Brainstorming organisieren, um die ganze Bandbreite der Möglichkeiten für weise Bürgermeister und Kommunalpolitiker abzustecken. – Diether Sieghart

 

Diese Nachricht ist für Herrn Ingo Malcher und alle die, die es hätten merken sollen und nicht gemerkt oder nicht besser gewusst haben: Entgelt hat hinten ein „t“ und Strafzinsen werden gezahlt nicht bezahlt. – R.P. Wormsbächer

 

Ich habe mich lange gegen Geschäfte im Finanzmarkt gewehrt, aber bei den aktuellen Zinsen bleiben einem ja kaum Alternativen. Trotzdem würde ich mich als finanzwirtschaftlichen Laien bezeichnen. Aus dieser Situation heraus wirft Ihr Artikel zwei Fragen auf: Erstens, wenn ich mit meinen paar Zehntausendern, in Fonds und Aktien konservativ angelegt, eine jährliche Rendite von 8% erziele, warum kann das eine Kommune nicht auch? Zweitens gilt das erst recht für eine Bank, wo ja nun wirklich keine Laien sitzen sollten. Warum dürfen die dann eigentlich Strafzinsen verlangen? – Frank Hrebabetzky

 

Da geht es zwar um eine Menge Geld. Aber der Autor hätte wissen sollen, dass Entgelt von entgelten kommt und darum zwei Mal mit t zu schreiben ist. – Horst Behr

 

Jeder Auszubildende einer rheinischen Sparkasse oder Volksbank hätte der Kommune die Risiken einer Geldanlage bei der Greenhill Bank erklären können. Dann hätte man von einer solchen risikohaften Anlage abgesehen. Die andauernde Negativzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) belastet Banken ebenso wie Sparer. Je länger diese Geldpolitik bestehen bleibt, desto schwieriger wird es für die Banken, ihre Kunden vor der Weitergabe eines sogenannten Verwahrentgeltes, das sie selbst an die EZB zahlen müssen, zu schützen. Die Anlage von Geldern von Kommunen bei der besagten Bank war nach meiner Auffassung grob fahrlässig, da die Risiken bekannt waren. Die begrenzte Haftung der Einlagensicherung der privaten Banken –auf Basis der gesetzlichen Vorschriften- war auch bekannt.

Die Einlagenhaftungen der Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken gehen weit für die Einlagensicherung der privaten Banken hinaus. Hier gibt es Haftungsverbünde der Institute, die die Anleger bei einer evtl. Schieflage eines einzelnen Institutes schützten. Nach meinem Wissen ist auch die Eigenkapitalausstattung der Sparkassen und Genossenschaftsbanken besser als die der privaten Banken (natürlich immer im Verhältnis zur Größe des Institutes). Deswegen sind die Haftungsverbünde wichtig!

Gebühren, Beiträge, Steuern der Bürger müssen sicher verwaltet werden. Sicherheit geht vor Rentabilität oder möglicher Kosten. Spekulationen beinhalten immer das Risiko des Verlustes bis zum Totalausfall. Die Sparkassen und Genossenschaftsbanken berechnen keine „Strafzinsen“. Sie geben das ihnen von der EZB berechnete Verwahrentgelt an die Anleger weiter. Auch diese Banken müssen wirtschaftlich arbeiten, auch wenn sie nicht gewinnorientiert arbeiten und am Gemeinwohl orientiert sind. – Peter Schöne

 

Die ganze Affäre läßt sich der Einfachheit halber unter dem Titel ‚immer noch nicht nicht dazugelernt‘trefflich beschreiben! Obwohl der Ausgangspunkt und die Bedingungen zu vorangegangenen Finanzskandalen Kommunen vs. Internationale Großfinanz durchaus unterschiedlich sind, sind die Fehler und Folgen dieselben: Kämmerer und Bürgermeister lassen sich dazu verführen, die ihnen anvertrauten Steuergelder zu verzocken. Man stelle sich vor, für 0,3% Zinsen bei Greensill verdampfen gerade insgesamt ca. 700 Mio € Steuergelder von den beteiligten Kommunen…. Dieser Fall führt aber jetzt auch vor Augen, wohin die unkritische Übernahme von Vorschriften, geschaffen von und für die internationalen Banken führen kann: es kann doch nicht richtig sein, dass die Steuergelder bei kurzfristiger Nichtinanspruchnahme durch die staatliche Träger bei den Kreditinstituten ungesichert eingelagert werden (müssen) und dennoch Geld kosten?

Das ist umso unverständlicher, da die Kommunen ja in den Aufsichtsräten der Sparkassen sitzen und diese entweder Sonderregelungen für ‚ihre‘ Kommune treffen können oder über den Verband für die Änderung der Richtlinien sorgen können, in diesem Fall also eine Ausnahme für staatliche Einlagen! Anderenfalls wäre es ja wirklich ein Skandal, sähen sich die Kommunen dazu gezwungen, sich für die kurzfristige Kapitaldeponierung auf internationale Geschäftsbanken verlassen zu müssen und damit die Steuergelder für den Zugriff der Finanzspekulation zu öffnen.

Wenn anderweitige Auswege nicht möglich sein sollte, muss eben die Bundesbank für entsprechende Möglichkeiten sorgen, mir ist auf Anhieb kein Fall bekannt, wo der Bund seine Überschüsse zur Vermeidung von Verwahrgeldern extern aufbewahrt. Bis dahin sind allerdings Kämmerer und Bürgermeister dazu verdonnert, die Gelder mündelsicher aufzubewahren, besonders dann, wenn wie im vorliegenden Fall die Margen denkbar gering sind und wie man sieht, das Risiko bei weitem nicht gedeckt ist. – Dr. Hartwig Müller

 

Dies ist nur eine kleine orthografische Anmerkung: Das Wort Verwahrentgelt wird tatsächlich mit T am Ende geschrieben, da hier etwas entgeltet wird. Sie schrieben es wie hier: Verwahrentgeld und das ist direkt falsch. – Erika Heine

 

50 Kommunen und 700 Mio € sind eine Menge Holz das da verbrannt wurde. Bei dem Geschäftsmodell der Greensillbank wird ganz sicher kein Knopf zu holen sein. Wenn alle Banken minus Zinsen verlangen und nur die Greensillbank positive Zinsen zahlt, dann muss bei ihr ein besonderes Geschäftsmodell vorliegen. Das ist aus den Jahres-/Geschäftsberichten von Banken ersichtlich. Kommunen haben mit ihren Geschäftsführern und Kämmerern eigene Fachleute und sie haben die Möglichkeit sich von Verbänden, der Kommunalaufsicht und Fachbehörden qualifizierten rechtlichen Rat einzuholen. Vielleicht hätte schon ein Anruf bei der Bafin oder eine Schufa Auskunft gereicht. Wenn die Kommunen diese Möglichkeiten nicht nutzten, haben sie fahrlässig gehandelt. – H. Giller

 

Was Sie gut recheriert in Ihrem Artikel berichtet haben zeigt, dass die Grenzen der Dummheit immer wieder neu definiert werden müssen. Herr Krämer , zuständig für die Finanzen bei der Stadt Monheim am Rhein , kann sich rühmen, eine „Grenzverschiebung “ geschafft zu haben ! “ Prinz Charles zeichnete Greensill für seine Verdienste um die britische Wirtschaft aus.“ Das allein muß Herrn Krämer schon veranlasst haben, Steuergelder unverantwortlich zur Aufbewahung weiterzureichen, zumal der Prinz für sein „Wissen auf dem Gebiet der Finanzen“ sehr bekannt ist.

Jeder private Kleinstanleger oder Darlehnsnehmer wird stutzig, wenn er beim Vergleich der Konditionen ( Zinsen, Laufzeiten, Kündigungsfristen, Bearbeitungsgebühren usw.) von Geldinstituten auf Abweichungen stößt, die außerhalb der üblichen Spannbreite liegen. Hier muß man nur einmal den nüchternen Verstand einsetzen und schon weiß der ungeschulte Laie, dass etwas nicht stimmen kann. Zum Trost kann Herr Krämer für sich in Anspruch nehmen, dass sein Gehalt weiter gezahlt wird. Es wird aus sicherer “ Quelle“ überwiesen. – Reinhard Schmitz

 

Sind sie. Ein guter Finanzmanager schließt besser Verträge ab. Garantien können sich schnell in Wind auflösen. Wenn die mich engagiert hätten, wäre ihnen das nicht passiert. P.S.: Ihr Beitrag lädt eigentlich andere Kommunen zum nachmachen ein. Die Stadt Mohnheim liegt ganz in meiner Nähe, wenn ich in Deutschland bin (das sich immer mehr auflöst). Der Bürgermeister Zimmermann hat das viele Geld in die Kasse gespült, allein durch sein Einfallsreichtum. Die anderen Kommunen sollte sich ein Beispiel nehmen, wie richtig regiert werden sollte. Beamter immer Beamter. Damit sollte endlich Schluss sein. Und den Anwohnern kann ich nur raten, in Zukunft genauer hinzusehen, welche Kandidaten sich aufgestellt haben. – Gunter Knauer

 


 

 

Leserbriefe zu „Auf dem Rücken der Arbeiter und der Armen“ von Anna Mayr

 

Ihr Beitrag, heute in der Zeit, ist gut zu lesen. Man fühlt sich – gerade als alter Zeitleser – von den allzu vielen bürgerlichen Auffassungen und braven, oft nur aufgemotzten Sprachschnippseln recht oft „eingezwängt“ und auf die Spur oder in die „Drift“ (Sennett) gebracht, als sei man für diverse Schrift-Medium doch nicht mehr ganz geeignet. Dagegen gefällt mir Ihr Stil gut, und natürlich der Versuch, die Larmoyanzen ach so benachteiligter gesellschafter Gruppen versuchsweise an die richtige Stelle zu setzen bzw. in ihrer Bedeutung nicht vereinseitigt hochzuspielen und ihnen gewissermaßen in der Selbstzuschreibung zu folgen, sprich auf den Leim zu gehen. Bleiben Sie dran an der Beschreibung, dass auch „untere Klassen“ und Gruppen und Menschen Raum für Sprache und Ansichten bekommen und insofern „gewürdigt“ werden und auch selber sich würdigen. Herzlichen Dank! – Alois Franken

 

Die Geringschätzung der beschriebenen Klasse ist genau das Problem, vor allem bei denen, die sich eigentlich um sie kümmern sollten. Die intellektuelle Linke in Deutschland wiederholt die Fehler der US-Demokraten, deren Endergebnis „the Donald“ war. Wo ich vehement widersprechen muss, ist die Beurteilung des bedingungslosen Grundeinkommen in dem Zusammenhang. Wer sich ernsthaft mit der Idee auseinandersetzt, kann niemals zum Schluss kommen, dass es sich hier um eine soziale Sicherung ausschließlich für das in Selbstfindung befindliche Bürgertum handelt. Und auch nicht um gnädig ausgegebene Almosen für die Armen. Es steckt ganz im Gegenteil eine emanzipatorische Idee dahinter! – Michael Hauck

 

Ich schlage eine einen weiteren -zismus vor, wenn es um gesellschaftliche Benachteiligung geht: Den Feoismus. Feo aus dem Spanischen! für hässlich. Diese Menschen haben vielfache Nachteile gegenüber attraktiven Menschen. Sie sind weniger beliebt, werden für dümmer gehalten, verdienen, wissenschaftlich bestätigt, weniger Geld, als gutaussehende Menschen mit gleicher Qualifikation. Sie finden häufig nur wenig attraktive Parner und die Gefahr einen Amoklauf zu begehen ist höher. Wir müssen endlich dahin kommen für mehr Gerechtigkeit und Gleichheit zu sorgen. Innerlich und äußerlich. – Bettina Lemke

 

Das Bild über dem Titel beschreibt eine Binsenwahrheit: Aufsteigen können nicht alle. Zum Beispiel: Für jeden, der Gruppenleiter wird, gibt’s mehrere, die weiter unten bleiben und hoffentlich trotzdem ausreichendes Einkommen haben. Aufstiegschancen für alle, die diese wollen, gäbe es nur bei entsprechendem Wachstum von Produktion und Bevölkerung. Hätte jeder fünf Kinder, könnte (theoretisch) jeder Gruppenleiter einer Fünfer-Gruppe werden. Wäre natürlich nicht gut für die Umwelt. Daher ist es gut, dass es andere befriedigende Perspektiven gibt, als aufzusteigen. In fast allen Vereien gibts Leute aus vielen unterschiedlichen Berufen (heute überwiegen leider die Pensionierten). Im Übrigen ist ein glücklicher Familienvater (oder jemand der sonst wie – etwa durch Mitarbeit in einem Umwelt-Verein – zufrieden ist) beneidenswerter als ein in Intrigen verwickelter Aufsichtsrat. Ausser natürlich man hat Spass an extremen Belastungen, die ein höheres Amt oftmals bringt.

Klar, ein Problem sind Arbeitsplätze mit schlechten Arbeitsbedingungen, etwa solche, für die sich fast nur ausländische Arbeitnehmer interessieren. Das Problem dabei ist: Je schlechter die Bedingungen sind, umso grösser sind die Chancen auf einen Job, für diejenigen, die keine Alternativen haben und daher schlechte Bedingungen in Kauf nehmen müssen. Im Weltmassstab gesehen wird dies ausgenutzt, indem gewisse Produktionen in die Länder, mit den tiefsten Löhnen ausgelagert werden. Beides sorgt für einen gewissen Ausgleich, der aber nicht reicht, weltweit einigermassen günstige Lebensgrundlagen zu schaffen.

Das Problem sind teilweise die hohen Geburtenraten, die hohe Jugendarbeitslosigkeit bewirken und eventuell auch politische Instabilität, was die Situation weiter verschlechtert. Dazu kommt, dass der technische Fortschritt zu wenige Arbeitsplätze schafft, was die Konkurrenz in den Bereichen Bildung und Arbeit verschärft. Teilweise Abhilfe müsste dadurch entstehen, dass nachhaltige Perspektiven gesucht werden: Kleinfamilie, Engagieren für Umwelt oder in Vereinen, Gärtnern, etc.

Ich selbst habe es nur zweimal zum Gruppenleiter im IT-Bereich geschafft, bin dann aber gescheitert, weil die Erwartungen unerfüllbar waren. 1973 wurde ich Leiter einer Gruppe mit Namen und Auftrag „Software-Planung“, wobei damals keine brauchbare, käufliche Software verfügbar war. Mehrere geteste käufliche Programme waren unbrauchbar. Daher bastelte ich eine Eigenentwicklung, die von 1973 bis 2005 im Einsatz war. Diese wurde von mir auch für meine Firma (ein Pharma-Unternehmen) an etliche Grossfirmen verkauft wie UBS, Migros, TÜV Rheinland-Pfalz, GEW Köln, etc. Aber das wurde so interpretiert, dass ich meine eigentliche Aufgabe nicht erfüllte. Meine erste kommissarische Gruppenleitung bei einer anderen Firma übernahm ich 1968. Das Problem war damals, dass der Aufgabenbereich zu klein war für die mir zugeteilte Gruppe.

1969 nach Verteilen meiner Aufgaben nahm ich 9 Monate unbezahlten Urlaub, um (an der TH Wien) eine Dissertation auf dem Gebiet der Algebra zu schreiben. Eine Zwischenlösung, die mir viel Spass machte und es wäre natürlich schön, wenn es für alle ein breiteres Angebot an nachhaltigen Perspektiven gäbe. Denn es ist nötig, dass die Abhängigkeit von Wirtschaftswachstum (als Voraussetzung für Ansehen durch Aufstieg aber auch von Ansehen durch viele Kinder – letzteres betrifft vor allem den Süden) so weit reduziert wird, dass die Ressourcen der Erde langfristig reichen. Es muss dabei möglich sein, trotz Einschränkungen allen Menschen den Weg zu einem zufriedenen Leben aufzuzeigen. – Dr. tech. Gernot Gwehenberger

 

Die Verwendung des Anerkennungsbegriffs im Zusammenhang mit Armut und Arbeiterschaft ist in zweierlei Hinsicht verfehlt: Erstens, was die Begriffsdeutung angeht und zweitens, was die erhoffte Wirkung betrifft. Zum einen ist die Nutzung des Anerkennungsbegriffs von seiner Bedeutung her verfehlt, weil dieser Begriff typischerweise entweder verwendet wird, um Erfolg zu bekunden oder um Dankbarkeit auszudrücken oder um Ermächtigungen auszusprechen. Eine Anerkennung mit diesem Bedeutungshintergrund vorzunehmen, wäre geradezu zynisch, denn wofür soll man jemanden in seiner Armut anerkennen? Dafür, dass er arm an sich ist? Was ist hier genau anerkennenswert? Ebenso wenig bedarf es einer Anerkennung dafür, dass jemand ein bestimmtes Geschlecht hat, und es bedarf desgleichen keiner Anerkennung dafür, welcher Nation jemand zugehörig ist!

Zum anderen geht die Anerkennung von Armut und Arbeiterschaft im Sinne einer identitätsgetriebenen Bevollmächtigung an der von Ihnen beabsichtigten Wirkung, einer „Veränderung der Verhältnisse“, vorbei. Ganz im Gegenteil würde eine solche Anerkennung den Status Quo der Gruppen manifestieren, nach dem Motto: Du bist arm? – Respekt! Oder: Du bist Arbeiter? – Gut so, jeder tut, was er kann! Diese Anerkennung schriebe Armen und Arbeitern eine Funktion in unserer Gesellschaft zu, die sie so nicht haben. Beide Personengruppen sind eben keine zwingende Folie eines kritischen Entwicklungsstandes im Wirtschaftsleben, ohne den unsere Ökonomie nicht existieren könnte. Richtig ist vielmehr, dass unser Wohlfahrtsstaat alles unternimmt, um jedem Bürger ein würdevolles Leben zu ermöglichen.

Und jeder Arbeiter hat vielfältige Alternativen, sich staatlich finanziert weiterzubilden. Tatsächlich führte eine Anerkennung des Status von Armen und Arbeitern im Sinne der Zuschreibung eigenständiger Identitäten nicht zur Veränderung ihrer Verhältnisse, sondern lediglich zur Sedierung des Bewusstseins, ihre Lage selbst verbessern zu können. – Christian F. Olejnik

 

Anna Mayr hat einen nostalgischen Artikel geschrieben, anrührend aufgrund seiner altertümlichen, dem 19.Jhd. entlehnten Sprache. Über das vermeintliche „Gruselwort“ ANERKENNUNG, das unter „Heititeiti-Verdacht“ stehe, schreibt sie sehr gefühlig – und nicht so knochentrocken wie Hegel in seiner klassischen Phänomenologie schon1807, an die dann Marx andockte und Konzepte entwickelte, die u.a. in der Gründung der Sozialdemokratie mündeten. Emotional rückt sie „Ekel“, „Schmerz“ und „Diskriminierungserfahrungen“ in den Vordergrund, die „arme und ungebildete Menschen“ machten – schwer fällt bei solch altmodischen Formulierungen der Transfer in die Gegenwart. Die Armen und Ungebildeten würden „der Mehrheit der Gesellschaft als Abschaum gelten“, es gäbe ein sich vor den Armen ekelndes „Bürgertum“.

Ähnlich grobflächig werden den armen verachteten Menschen dann auch noch die „Arbeiter“ zugeschlagen, dazu gehören z.B. „Fliesenleger und Tankstellenkassiererinnen“. Neben etlichen analytischen Einwänden darf bezweifelt werden, ob diese Zuschreibungen dem Selbstverständnis der Angesprochenen entsprechen oder nicht eher – entgegen den Intentionen der Verfasserin – als arrogant und beleidigend empfunden werden. Durch die Fixierung auf Schmerz und Leiden, die es anzuerkennen gelte, wird in dieser Passionserzählung aktives Handeln ausgeblendet, ein klassischer Begriff kommt gar nicht mehr vor: Solidarität. – Jochen Stüsser-Simpson

 

Jetzt habe ich Ihren Artikel 3mal gelesen und weiß immer noch nicht, was Sie damit sagen wollen… – Dr. U. Denker

 

Zunächst einmal finde ich es durchaus lobenswert, dass Sie sich diesem Thema auf der Ebene einer vernunftbasierten Diskussion annehmen und auf entsprechende Missstände hinweisen (Diskriminierung unterschiedlichster Menschen und Menschengruppen). Zugleich scheint es mir sinnvoll zu sein, auf entsprechende Kritik oder Einwände aus dem konservativen Lager (rechts kann man ja leider nicht sagen, m. E. zum Leidwesen der ganzen Debattenkultur. Gemeint ist: rechts im Sinne von konservativ, arbeitgebernah, liberal). Wie dem auch sei, scheinen Sie allerdings einigen falschen Annahmen aufgesessen zu sein oder, und das vermag ich nicht zu beurteilen, im Wissen um ihre Falschheit anderes zu behaupten.

1. Der Hinweis darauf, dass mit Worten Politik gemacht wir, ist eine Binsenweisheit, die jedermann bewusst ist. Was dahinter steckt ist freilich der Gedanke, dass Worte sehr wohl die Realität und unser Denken (mit)formen. Das bestreitet niemand. Gleichwohl war es ihr Kollege Lars Weißbrod, der vor einiger Zeit in einem Artikel das Problem der Verselbständigung des Sprachlichen beschrieben hat, weshalb jede Form des Sprechens zu einem bloß symbolischen Akt verkommt und zugleich dieser symbolische Akt als Realpolitik missdeutet würde. Reales Handeln wäre wohl: Gesetze verabschieden, Gesetze abändern, sich aktiv für Minderheiten einsetzen, im Bus, der Bahn oder anderen öffentlichen Orten jemanden in Schutz nehmen usw. Dies sind sicherlich teilweise auch sprachliche Akte. Sie sind aber zugleich situativ gebunden und zielen auf reale und konkrete Verbesserungen bzw. Veränderungen.

Insofern scheint mir das Treffen eine Unterscheidung von realem Handeln und sprachlichem Handeln, wohlgemerkt eingedenk der Fluidität beider Aktionsformen, doch sinnvoll zu sein anstatt schon die Einführung von Binnensternchen und ähnlichem als große realpolitische Revolution zu feiern. 2. Anerkennung: Anerkennung impliziert mehrfaches. Ist vieldeutig und vielgestaltig. Und auch die finanzielle Zuwendung (etwa der Pfleger und Pfelgerinnen während der ersten Coronawelle) ist eine Form von Anerkennung (und Symbolpolitik, das nur nebenbei). Aber ihre Aussage, dass gerade die Ausgrenzung und Abwertung des armen Bevölkerungsteils auf fehlender Anerkennung beruhe und dass sich ihre Lage erst verbessere, wenn „die Gesellschaft anerkennt, dass es nicht gut ist, wenn sie [die Armen] leiden, egal weswegen.“, beißt sich sehr wohl mit dem eingangs behaupteten zu-kurz-Denken derjenigen, die kritische Theorie betreiben.

Denn eben genau diese Anspruch muss ja die Linke und ihr Kernanliegen haben. Nicht die Berücksichtigung einzelner Minderheiten, die aus einem Gesamtproblem (sich vergrößernde Schere von Reich und Arm etwa), viele einzelne und individuelle Probleme macht. Und ganz sicher zielte die Aussage von Herrn Eimermacher ab. Denn dann, dies weitergedacht, stünden die lesbische schwarze Rechtsanwältin und der heterosexuelle Zeitarbeiter, nebst der heterosexuellen schwarzen Putzkraft und dem homosexuellen türkischen Pfleger, der alleinerziehenden weißen Mutter von Zwillingen (usf.) ziemlich allein dar und jede und jeder würde für seine Gerechtigkeit kämpfen. Der Gedanke, den Sie zu Beginn ihres Artikels beschrieben, geht aber wie folgt weiter (und wurde tatsächlich längst und seit je weiter gedacht – etwa von Robert Pfaller, von Marx selbst und von vielen vielen anderen):

Anstatt grundlegende Probleme und Schiefstellungen sozialer Art als das Problem einzelner, noch so unterschiedlicher Identitäten zu betrachten (im übrigen eine Verallgemeinerung, um das Konkrete oder Individuelle zu bezeichnen) bedarf es sehr wohl einer Vereinheitlichung der geprellten und verunglimpften Klientel. Es sind nämlich sehr oft die Schwarzen, die Migranten oder alleinerziehende Mütter (und viele andere) arm und zwar aus gar nicht so vielen Gründen, wie Sie glauben. Sie sind arm, weil sie entweder sprachliche Probleme haben oder aber überfordert sind und weil es ganz offenbar rassistische Reflexe gibt (Wohnungsmarkt!). Auf jeden Fall verdienen sie alle Unterstützung! Und d. h. Anerkennung ihrer Situation.

Und das gelingt nur durch Bekräftigung des Gleichheitsgrundsatzes und damit durch ein Umdenken der Menschen, insbesondere derjenigen die Chancen verteilen und durch politische Anreize, die ein solches Umdenken und Andershandeln befördern. Was also erkannt werden muss und tatsächlich längst erkannt ist, das ist die Tatsache, dass die Armen arm sind und es ihnen deshalb schlecht geht und dass ihre Kinder oftmals arm bleiben. Was allerdings nicht getan wird – und zwar seit Jahrzehnten – ist, daran grundlegend etwas zu ändern. Insofern bleibt folgende Aussage zutiefst wahr: Wenn die Zeitungen und Feuilletons voll sind von Artikeln zur Identitätspolitischen Debatte, ist weder auf das Problem des Missstandes der ärmeren Klassen hingewiesen, noch scheint sich so recht dafür jemand zu interessieren.

Aber anstatt politische und konkrete Lösungen zu suchen, werden weiterhin schöne Worte gemacht, die tatschlich… ehm … nichts bewegen. Den Armen nicht mehr als Proll zu bezeichnen, macht ihn tatsächlich nicht weniger arm. Und tatsächlich bieten Sie in Ihrem Artikel, außer dem Hinweis, dass man doch endlich mal auf die Probleme hinweisen muss, keinerlei Lösungsansätze. Was uns wohl zu bürgerlichen Reflexen führt. 3. Der gutbürgerliche Reflex: Und ist es nicht vielleicht auch ein Reflex der linken Intelligenzija, die Aufhebung sprachlicher Strukturen als die eigentliche Tat zu missdeuten und die Hinweise darauf, „dass Menschen ohne Hochschulabschluss auch Menschen mit Bedürfnissen und Gefühlen sind“ überzubewerten, während das tatsächliche Angehen der Probleme weitestgehend ausgeklammert bleibt.

Solcherlei im übrigen weithin erkannte und bekannte Probleme sind: Der Umgang mit den Flüchtlingen (Wer redet davon noch? Welches Konzept wurde da letzthin erstellt?); die Subventionierung von Billigfleisch statt regionaler nachhaltiger Produkte, damit sich das auch die armen leisten können?; die Wohnungssituation in den ärmeren Stadtteilen Deutschlands? Die soziale Frage nach den Bildungsverlierern und das staatliche Schulsystem? Die sozialen Dienste und ihre chronische Unterfinanzierung? Anreize und Chancen für Menschen, sich aus Armut herauszukämpfen (Aufstiegschancen)? Politik zu ermöglichen, die in Dekaden und nicht in Wahlperioden denkt? Städtische und regionale Projekte, um etwa die Strompolitik und die moderne Lebensweise umweltverträglicher zu machen? Die chronische Verdummung und Verfettung der Bevölkerung, was, wie so vieles, ebenfalls und zumeist Effekte von Armut sind?

Dazu braucht es vieler Menschen, die Druck machen – realen Druck. Es braucht dazu viele Menschen die laut aufschreien und Nein! Sagen. Das Problem an der Identitätspolitik ist also mitnichten die fehlende Anerkennung, sondern sind die Überrepräsentation einer Frage, deren politische Relevanz weithin überschätzt wird und die vor allem in einer medialdiskursiven Blase existieren, die ihre Meinungshoheit dazu nutzt, diese Fragen auf alle anderen Bereiche zu applizieren, ohne die Realität, von der Sie ja sprechen, als solche erlebt zu haben oder tatsächlich ernst zu nehmen. Zumal Sie davon auszugehen scheinen, dass alle armen Menschen unverschuldet arm sind.

Ich aber etwa nicht davon ausgehe, dass die Armut der Menschen allein ihre Schuld ist. 4. Hartz IV: Den Fliesenleger in Not, der Hartz IV anmeldet, würde ich gerne einmal sehen. Fliesenleger, ebenso wie andere Handwerker werden nämlich händeringend gesucht. (Eine Suchanfrage bei Meinestadt.de ergab, dass in NRW 252 Stellen vakant sind). Da sind andere Berufsgruppen tatsächlich deutlich mehr gebeutelt. Aber das wissen Sie natürlich und ganz sicher besser als ich. Das bedingungslose Grundeinkommen allerdings kommt allen zu Gute und wird in der Regel als Ablösung der bisherigen Hartz IV Praxis gedacht. Was Sie dazu schreiben entbehrt also wirklich jeder Logik, da es genau darum geht, Arme zu entstigmatisieren.

Und im übrigen, als jemand, der die Erfahrung von Armut sehr wohl gemacht hat, kann Ihnen sagen, dass es sich deutlich besser leben lässt, wenn man sich bestimmte Dinge leisten kann und es einem dann herzlich egal ist, wie man angesprochen wird. Das Gefühl, am Anfang des Monats die Miete nicht bezahlen zu können, nichts zu Fressen zu haben für den eigenen Sohn oder sich nicht einmal Kino leisten zu können, ist ein wirklich unangenehmes. 5. Das Leben: ist ein hartes Stück Scheiße. Aber es bleibt auch scheiße und stinkt um so ärger, wenn man es aufwärmt. An die Stelle windelweicher Bekundungen und inflationär gewordener enthüllender Reportagen sollten dann vielleicht doch Konzepte treten, die das schlimmste soziale Leid abfedern. Aber dass Menschen leiden, verunglimpft werden, sterben, ausgegrenzt werden, das kann nicht verhindert werden.

Und noch so viel „Sprachpflege“ wird daran nichts ändern – und aktionistische Gesetze auch nicht. Und hier bleibt doch die eher grundlegende, vielleicht philosophische Frage nach dem Umfang und den Grenzen der Möglichkeiten staatlichen Handelns. 6. Politik: Anstatt zu schreiben oder nichts zu tun oder sich ausbeuten zu lassen und zu schimpfen, sollten die Menschen in die Ortsverbände der Parteien eintreten, insbesondere die Armen, und dort beginnen, Politik zu machen. Dann werden die politischen Systeme nämlich von sich aus nicht nur Volksnäher, sondern auch Diverser, ganz einfach, weil sich die Bevölkerungszusammensetzung in den letzten Jahrzehnten geändert hat.

Menschen mit und ohne Migrationshintergrund merken, dass sie mehr gemeinsam haben, als sie trennt. Zumal es Armut und Ausgrenzung sind, die sie ein gemeinsames Ziel formulieren ließen: dieses zu bekämpfen. Die schwarze Anwältin und der weiße Zeitarbeiter werden dann nämlich feststellen, dass sie ihr Leben lang verarscht wurden und Prozesse in Gang setzen wollen, die diesen Zustand beendet. Der Hinweis darauf, wie unterschiedlich sie und damit ihre Probleme alle seien, ändert daran, genau: nichts. – Simon Limbeck

 

Was Anna Mayr so umtreibt, mag anstößig und schlimm sein. Wie sie damit umgeht ist deutlich schlimmer. Gröber und klischeeversessen geht’s nimmer. Auf welcher Galaxie siedelt eine Autorin, die ernsthaft (?) den „Aufsteiger“ in die Debatte zitiert, also etwas kategorisiert, ohne deutlich zu machen, wen sie damit meint? Immerhin muss sich der Aufsteiger nach Vorstellung von Anna Mayr ja gelegentlich oder häufig fragen lassen, ob seine Eltern nur dumm oder faul oder in anderer Weise dysfunktional seien.

Wenige Sätze später präsentiert uns Frau Mayr eine weitere Frucht ihrer Erkenntnis(-defizite). Sie hat nämlich die wahre Ursache niedriger Löhne und der Armut ausfindig gemacht. Es gibt sie, weil die Gesellschaft sich darüber einig war, dass manche Menschen einfach nicht mehr verdienen als das. Klar. Wie ignorant, dass wir das bisher übersehen hatten. Da fehlt aber noch was, Menschen ohne Hochschulabschluss etwa. Ihnen attestiert die Autorin, dass sie auch Menschen mit Bedürfnissen und Gefühlen sind. Wer hätte das gedacht. Bleibt die Diskussion über den Klassizismus auf diesem Niveau, bliebe sie ein Schmarr’n, für Aufsteiger und Absteiger gleichermassen, für uns alle also. – Wolfgang Meier-Rudolph

 

Diesen Beitrag habe ich mit besonderer Freude gelesen. Klare Worte, logische Gedankenführung. Der Beitrag veranlasst mich, einige Gedanken zur Interessenvertretung und zum Idenetitätsstreben von Gruppen und Minderheiten darzustellen. Eine kleine akademische Minderheit erhebt den Anspruch, der großen Mehrheit der Gesellschaft vorzugeben, wie sie zu sprechen und zu schreiben hat. Deren Denkweise gilt als alternativlos. Sie wird aggressiv vorgetragen und ist aus meiner Sicht das Ergebnis einer Identitätspolitik, die sich als kompromisslose Doktrin, als Ideologie offenbart. Wer deren Vorgaben nicht folgt, Ist rückwärts gewandt, für den schämt man sich (Saskia Esken), der ist gesellschaftlich nicht zu akzeptieren. Bei dem Eifer dieser kleinen Gruppe vergessen deren Aktivisten sogar, auf die richtige Verwendung von Begriffen zu achten. Nehmen wir das Wort „asozial“. Wenn ich mich von der Verengung des Begriffs auf die NS-Zeit befreie, dann bezeichnet asozial ein von den anerkannten gesellschaftlichen Normen abweichendes Verhalten.

Wenn für die Vermittlung von Aufträgen über die Lieferung von Schutzmasken 600.000 € Honorar gezahlt werden, dann ist das gegen den sozialen Zusammenhalt gerichtet, in meinen Augen asozial. Wen Menschen sowohl Ausbildung als auch Arbeit für Ungelernte ablehnen, sich „hängen lassen“ und sich für immer auf Sozialleistungen verlassen, haben Sie dem Respekt vor den Menschen, vor der Gesellschaft verloren, die ihnen diese Leistungen ermöglichen, dann zeigt das im umgekehrten Sinne den fehlenden Respekt vor der Gesellschaft. Hierfür grundsätzlich und pauschal das Atribut ‘asozial’ zu verweigern, geht an den Tatsachen vorbei.

Da ich gerade bei der Sprache gelandet bin, erlaube ich mir einen persönlichen Hinweis: Die Doppelung des Attributs richtig (Zitat: „Ein einigermaßen okayer, richtiger Gedanke,…) ist auch ohne „okayer“ vollständig. Diese Wortschöpfung ist m. E. nicht einmal kreativ, sondern wohl eher eine gedankenlose, ungewollte Anbiederung an ein bestimmtes Klientel, das es mit der Sprache ohnehin nicht so genau nimmt. Dann heiligt in der Debatte der Zweck die sprachlichen Mittel (Toleranz als Einbahnstraße in der einen, Rassismus in der anderen Richtung, Kritik als Feindlichkeit usw.)

Die identitätspolitik wird vor allem von Lesben, Homosexuellen, Bisexuellen und Transsexuellen genutzt, um Aufmerksamkeit zu erregen. Einige dieser Menschen sind stolz auf ihr Anderssein. Sie wollen es in der Öffentlichkeit zelebrieren. Ich bin seit Jahrzehnten glücklich verheiratet. Das wat und ist meine ganz persönliche Angelegenheit, die ich nicht in die Öffentlichkeit trage. Ich genieße die Freiheit, mich anonym im öffentlichen Raum ungestört zu bewegen. Niemand hat das Recht, mich nach meiner Sexualität oder nach meinen persönlichen Vorlieben zu fragen.

Selbst ein Polizist ist nur berechtigt mich anzusprechen, wenn es dazu keinen öffentlichen Anlass gibt. Auf lange Sicht ist diese Freiheit gefährdet, wenn sich Minderheiten diese Anonymität missachten und sich in der Öffentlichkeit der Mehrheit aufdrängen. Eben diese Freiheit ist der Grund für Frauen aus muslimisch beherrschen Ländern nach Europa zu kommen, um nicht mehr zum Tragen religiöser Symbole verpflichtet zu sein (Beispiel: Chahdortt Djavann aus dem Iran, Dr. Necla Kelek aus der Türkei und viele andere).

Die Identitätspolitik geht über die Geltendmachung von Ansprüchen hinaus. Sie vertritt eine Ideologie, eine Doktrin und fordert dafür Öffentlichkeit, Anerkennung und Respekt. Diese Ansprüche werden aggressiv vertreten. So kommt es eben zu ebensolcher Gegenwehr. Die Mehrheit der Gesellschaft legt Wert auf das Wahl- und Telefongeheimnis ebenso wie auf sonstige Anonymität in der Öffentlichkeit. – R. Renaux

 


 

 

Leserbriefe zu „Der große Beinamenbetrug“ von Alard von Kittlitz

 

Da ich seit mehr als 35 Jahren in Jena lebe, glaube ich, meinen Augen nicht zu trauen, als ich diesen pürierten Unsinn lesen muß. Gerne hätte ich etwas über tatsächlichen Beinamenunsinn erfahren. Aber Jena-Paradies ist kein Beinamen, sondern die Bezeichnung eines Bahnhofes, wahrscheinlich geht der zurück auf den seit mehr als 100 Jahren existierenden benachbarten Park. Naja, schlechte Recherchen (und entsprechende Journalisten-Versager) gibt es sogar in Ihrer Zeitung, das ist es nicht, was mich wütend macht. Auch nicht, daß er tatsächlich die unterste Sprosse journalistischer Niveaulosigkeit unterbietet und verspricht, dort nie auszusteigen. (.. bei Neustadt an der Dosse macht er sich sogar darüber lustig, doch nur einen Mann mit Holzbein zu treffen, noch arroganter geht es nicht)

Dass es auch unter den Gebildeten Leute gibt, die sich für die besseren Menschen halten, ist ja mittlerweile Alltagswissen. Der Schoß ist halt fruchtbar noch. Nein, was mich wütend macht, ist, dass Sie das abdrucken. Dazu gehören Gegenlesende, die das mittragen und eine Redaktion, die das verantwortet. … und nichts dagegen getan hat. Ich denke, dass man auch für Dinge verantwortlich sein kann, die man nicht tut. In diesem (doch so scheinbar einfachen) Fall ist das eben auch eine Botschaft. Ich meine, vor dem Hintergrund zunehmender Kritik an der Glaubwürdigkeit der Presse sollten Sie mehr gelernt haben. Ich schlage Ihnen vor, z. B. kürzen Sie den Umfang Ihrer Zeitung und verbessern Sie Ihre Recherchen. Ansonsten werde ich wieder abbestellen, wie ich das bereits vor Jahren schon mal getan hatte. – Andreas Morstein

 

Im in Ihrer Ausgabe 11/21 auf S.55 enthaltenen – weitgehend belanglosen – Artikel „Der große Beinamenbetrug“ erscheint auch der Name Friedrich Ludwig Weidigs: „Wer war dieser besondere Mann, dass sich die Stadt nach ihm benannte? Ich reiste interessiert dorthin. Aber wieder war ich hereingefallen. Denn es zeigte sich, dass man diesen Weidig nicht kennenlernen konnte, weil er längst tot war, schon 1837 gestorben. Er war wohl Lehrer und Pfarrer gewesen und Turner in Butzbach. Warum soll man wegen eines Toten, den keiner kennt, irgendwohin fahren? Das hat ja keinen Sinn. Fragen Sie mich aber nicht, warum sich die Butzbacher nach ihm benannt haben, ich weiß die Antwort nicht, denn kaum, dass ich vom Ursprung des Namens erfuhr, reiste ich wieder weiter.“

Nachdem sich zumindest bis gestern Abend zahlreiche Leserzuschriften zu diesem Text lediglich bei „Jena Paradies“ – eine Bagatelle – aufhielten, zeugen oben zitierte Sätze von einer eklatanten und für Ihre Zeitung peinlichen Bildungslücke, war Weidig doch quasi der Co-Autor von Georg Büchners berühmten „Hessischem Landboten“. Der Autor hätte bei der entsprechenden Wikipedia Namen-Übersicht nur auf den Namen Friedrich Ludwig Weidigs klicken müssen, und schon hätte er es erfahren, wenn er es denn schon nicht wußte. Ist dieses Versäumnis korrigierbar? – Alois Bröder

 

Ein guter und nötiger Beitrag.Eine drastische Steigerung wäre: jedes kleine Kaff, wo sich während der römischen Besatzungszeit Germaniens ein Legionär mal die Hände gewaschen hat, nennt sich BAD im Stadt oder Ortsnamen. – Hans-Emil Schuster

 

Leider irrt der Autor gleich zu Beginn seiner Schmähschrift. Vielleicht war er zu sehr im Furor, dass er keine Zeit eine kleine Recherche erübrigen konnte – „Paradies“ ist mitnichten das Beiwort für Jena (Jena vermarktet sich offiziell mit „Lichtstadt“). Der Bahnhof hat seinen Namen von dem anliegenden Flurstück, dessen Bezeichnung schon im Mittelalter belegt ist. Dieses Fleckchen Erde, auf dem damals die Jenaer Bürger und Bürgerinnen südlich ihrer Stadtmauer kleine Gärten pflegten, auf Wiesen Kühe weiden ließen und es ansonsten vielleicht zum Spaziergang an die Saale nutzten, muss ihnen damals so schön erschienen sein, dass sie ihm diesen Namen zu erkannten.

Als mehrere hundert Jahre später das Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach im Verbunde mit anderen thüringischen Kleinstaaten die Saalbahn baute und einen kleinen Haltepunkt südlich der Innenstadt einrichtete, lag es nahe, die vertraute Ortsbezeichnung zu übernehmen. Bundesweit bekannt wurde der Name erst, als der ICE-Halt vor 20 Jahren von dem damals bedeutenderen Jenaer Saalbahnhof hierher verlegt wurde, was auch einen Neubau der Bahnanlagen nach sich zog. Somit ist der Autor nicht gehindert, doch einmal an diesem Bahnhof, der mittlerweile wieder nur noch in Regionalzügen zu erreichen ist, auszusteigen.

Wenn er dann den heutigen Paradiespark betritt, kann er an drei eindruckvollen Moirenstatuen vorbeigehen, unzähligen jungen Leuten und Familien beim Spielen, Lesen und Grillen auf den Wiesen zusehen und sich anschließend mit einem Glas Wein von der Bar Strand 22 am Saaleufer niederlassen, um seinen Blick über den Fluss hinweg auf den Jenzig schweifen zu lassen, einen der sieben Wunder Jenas (doch das ist schon eine andere Geschichte). Er möge dann ganz subjektiv beurteilen, ob die Menschen vor langer Zeit mit ihren Namen für die Szenerie vielleicht doch recht gehabt haben könnten. – Tilo Schieck

 

Als gelegentlicher, aber regelmäßiger Leser der Zeit lese ich Ihre locker-leicht-ironische Kolumne gern und mit Gewinn. In der neuesten Ausgabe bin ich aber gleich über den Aufmacher Ihres Beitrags gestolpert. Im ersten Absatz liegen Sie falsch: Jena Paradies ist gerade nicht das Produkt eines Stadtmarketingbüros. Vielmehr ist es die schnöde Ortsangabe für einen Bahnhaltepunkt. Als die Bahn im Saaletal 1874 gebaut wurde, durchschnitt sie ein parkartiges Gelände zwischen Stadt und Fluss, das – vom Volksmund so benannte – Paradies. Ein 1880 hier eingerichtete Bahnhaltepunkt hieß daher zunächst „Paradies bei Jena“, bald aber und auf Dauer „Jena Paradies“.

Nach dem einschneidenden Bahnbau gab es das Paradies gleich doppelt – das Kleine Paradies auf der Stadtseite und das Große Paradies zur Saale hin. Das erstere ist mittlerweile eine Verkehrswüste, das letztere bis heute ein Park – mit eigenem Bahnhof! Und ehrlich gesagt: ich finde es toll, dass wir einen so originellen Bahnhofsnamen haben – ganz ohne Marketing. Natürlich hat auch Jena nicht widerstehen können und sich einen Beinamen zugelegt: Lichtstadt. Aber das ist schon eine andere Geschichte. – Karsten Höhle

 

Wenn Herrr von Kittlitz schreibt, dass sich Butzbach „Friedrich-Ludwig-Weidig-Stadt“ nenne nach einem Mann, der „längst tot“ sei und „wohl Lehrer und Pfarrer (…) und Turner“ gewesen sei, dann ist das für einen ZEIT-Autor ziemlich bedenklich. Man sollte – auch ohne Germanist zu sein – wissen, dass dieser Weidig zusammen mit Georg Büchner die Flugschrift „Der Hessische Landbote“ schrieb: „Friede den Hütten, Krieg den Palästen!“ Büchner floh ins Exil, Weidig wurde verhaftet, von Georgi gefoltert und 1837 vermutlich in den Selbstmord getrieben. Ein simpler Klick auf Wikipedia hätte genügt, um das zu erfahren; besser wäre es aber, den Text in Georg Büchners Werken zu lesen. Das lohnt sich. – Dr. Helmut Landwehr

 

Den o.a. Artikel kann man nur unter einer Rubrik „Anecken“ ertragen. So viel geballte Arroganz und Ignoranz strotzt einem da entgegen. Zu jedem Beinamen eines Ortes gibt es doch eine Geschichte! Das aufzuklären wäre eine echte „Entdeckung“! So sei gleich zu Anfang dem Autor empfohlen, sich die Bedeutung des Beinamens Jena Paradies (Bahnhof) in dem Buch von Doris Weilandt, Das Jenaer Paradies zu erlesen! Ein Artikel dazu wäre dreimal interessanter gewesen als das oberflächliche Durchreiten von Stationen. So etwas Dummes habe ich selten gelesen. Dafür ist mir die „Zeit“ eigentlich zu schade. – Christiane Scholz

 


 

 

Leserbriefe zu „Hineinschlüpfen ins Andere“ von Ronald Düker

 

Eine weiße Lyrikerin darf das Gedicht einer schwarzen Lyrikerin nicht übersetzen, weil sie sich nicht in diese hineinversetzen kann. Basta, Schluss, causa finita, wen hat da noch die Meinung der zu übersetzenden Dichterin zu interessieren? Solches empathiefeindliche Denken – und dies ist ja nur ein winziger Ausschnitt aus der immer bizarrer werdenden Identitätspolitik – zerstört die Grundlage künstlerischer Einfühlung und menschlicher Annäherung. – Ludwig Engstler-Barocco

 

Die Diskussionen zur Auswahl von Übersetzerinnen und Übersetzern veranlassen mich zu drei Bemerkungen: 1. Den „idealen“ Übersetzer kann es nicht geben, nur der Autor selbst wäre wohl über jeden Zweifel erhaben. Sollten wir also nur noch Originale lesen? Gut, die Bibel nur in Aramäisch hätte uns viel Ärger erspart. Sophokles, Eratosthenes und Aristoteles in Altgriechisch wäre mir persönlich ein grosser Verlust. Shakespeares universelle Beschreibungen der menschlichen Eigenschaften würde uns allen fehlen, sein Englisch ist heute fast unverständlich, seine grosse Karriere begann erst mit Tieck und Schlegel. Und erinnern wir uns an die vielen Schriftsteller/Poeten, die ihre Kollegen übersetzt und uns zugänglich gemacht haben. Ohne Übersetzungen würde uns das Wissen der Welt fehlen (Deutsch ist doch nur eine Exoten-Sprache).

2. Die Auswahl geeigneter Übersetzerinnen/Übersetzer ist ein schwieriges Feld, es hat aber mit Ethnie überhaupt nichts zu tun. Es geht um die Übertragung eines kulturellen Kontextes in einen anderen kulturellen Kontext. Und die Zielsprache ist immer die Muttersprache der Übersetzerin/des Übersetzers. Trotz aller Mühen bei der Auswahl, eine eins zu eins Übersetzung kann es nicht geben, die kulturellen Unterschiede bleiben – und das ist doch auch gut so.

3. Nach meiner Erfahrung gibt es keine Übersetzerin/keinen Übersetzer, die/der fehlerfrei arbeitet. Deshalb war meine Lösung ein Team aus zwei Fachkräften, unterstützt von einem sehr guten Lektorat. So haben meine hunderte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in 35 Jahren mehr als 45.000 Filme, Fernsehprogramme, Texte übersetzt (das ist mehr Text als DIE ZEIT in den 35 Jahren veröffentlicht hat), in 40 Sprachen, und die Programme damit einem Milliardenpublikum erschlossen. Wenn Hoffmann und Campe jetzt endlich ein solches „Experiment“ wagt, kann ich vielleicht einmal ein fehlerfrei übersetztes Buch lesen. –Gerhard Lehmann

 

Im Feuilleton der „Zeit“ N. 11 las ich den Artikel von Ronald Düker „Hineinschlüpfen ins Andere“, der sich mit der Debatte um Übersetzungs-Probleme und – Rechte befaßte. Da der poetische Vortrag von Amanda Gorman anläßlich der Inauguration des neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika auch mich sehr bewegt und begeistert hat habe ich den Text ohne irgendeinen Auftrag, einfach so ins Deutsche übersetzt. Dabei war es mir wichtig, so nahe wie möglich am Text, den Metaphern und dem Sprachstil zu bleiben. Ich erlaube mir hiermit, Ihnen als Anhang meine Übersetzung zu übermitteln:

AMANDA GORMAN: Gedicht zum Amtsantritt von Joe Biden als Präsident der USA. Der Hügel, den wir erklimmen müssen: Herr Präsident, Dr. Biden, Frau Vize Präsidentin, Herr Emhoff, Amerikaner und die Welt, wann kommt der Tag, an dem wir uns fragen, wo wir in dieser unendlichen Dunkelheit Licht finden. Die Überreste tragen wir ins Meer, in das wir waten. Wir haben den Machthunger des Ungeheuers überwunden. Wir haben gelernt, daß Ruhe nicht immer Frieden heißt, gemäß der heutigen Norm und dem Verständnis, daß Recht wirklich nicht immer Gerechtigkeit ist. Und dennoch, ehe wir uns versahen dämmerte uns der Tag. Irgendwie schaffen wir das. Irgendwie haben wir etwas bewegt und waren zugegen, als sich die Nation nicht als gebrochen, sondern nur als unvollendet zeigte. Wir, die Nachfolger eines Landes und einer Zeit, wo ein dünnes schwarzhäutiges Mädchen, Abkömmling von Sklaven und einer alleinerziehende Mutter davon träumen darf, selbst einmal Präsidentin zu werden und jetzt für einen Präsidenten zu rezitieren.

Und ja, wir sind bei weitem nicht glänzend poliert, wie neu. Das heißt aber nicht, daß wir danach streben, eine Union zu bilden, um perfekt zu sein. Wir wollen unsere Union mit einem bestimmten Ziel bilden. Wir wollen ein Land errichten, das allen Kulturen, Farben, Charakteren und menschenwürdigen Bedingungen Rechnung trägt. Und so richten wir unseren Blick nicht auf das, was uns trennt, sondern auf das, was vor uns liegt. Wir schließen die Lücken, weil wir wissen, unsere Zukunft steht an erster Stelle. Zuerst müssen wir unsere Unterschiede beiseite legen. Wir legen die Waffen nieder, damit wir die Arme ausbreiten und einander umarmen können. Wir wollen niemandem Böses und allen Harmonie. Laßt die ganze Welt wissen – was sonst? – daß es die Wahrheit ist, daß wir auch als wir litten wuchsen, daß wir auch als wir ermüdet waren den Wunsch hatten, für immer miteinander siegreich verbunden zu sein. Nicht, weil wir nie wieder unterlegen sein werden, sondern, weil wir niemals wieder Trennung sähen wollen.

Es steht geschrieben, wir sollten uns vorstellen, daß alle unter ihrem eigenen Weinstock und Feigenbaum sitzen werden und vor niemandem Angst haben müssen. Wenn alle nach ihrem eigenen Rhythmus leben können, dann wird der Sieg nicht am geschärften Schwert gemessen, sondern an all den Brücken, die wir gebaut haben. Wir werden die Lichtung erreichen, das Capitol erklimmen, wenn wir uns nur trauen. Denn amerikanischer Staatsbürger zu sein ist mehr als der Stolz, den wir geerbt haben. Es ist die Vergangenheit, in die wir treten und es stellt sich die Frage, wie wir sie heilen. Wir haben einen Wald gesehen, der unsere Nation spalten wollte, statt sie zu teilen.

Aber während die Demokratie von Zeit zu Zeit mißachtet wird, kann sie niemals für immer besiegt werden. In diesen Glauben vertrauen wir, während wir unsere Augen in die Zukunft richten bewachen uns die Augen der Vergangenheit. Dies ist die richtige Zeit für Vergebung. Wir haben sie anfangs gefürchtet, uns nicht bereit befühlt, die Erben einer solch Furcht erregenden Stunde zu sein. Aber mittendrin fanden wir die Kraft, ein neues Kapitel zu schreiben, Hoffnung anzubieten und miteinander darüber zu lachen, daß wir uns einst fragten, wie es möglich sei, über die Katastrophe hinweg zu kommen. Jetzt wollen wir wissen, wie es möglich war, daß die Katastrophe uns beherrschte.

Wir werden nicht zurückgehen zu dem, was war, sondern vorwärts gehen zu einem zwar verletzten aber Ganzen, wohlwollend aber tapfer, gewaltig und frei. Wir lassen uns nicht durch Einschüchterung kehrt wenden oder unterbrechen, denn wir wissen, unsere Taten- und Bewegungslosigkeit würde das Erbe der nächsten Generation sein. Unsere Fehler werden ihre Bürde sein. Aber eins ist sicher, wenn wir Gnade mit Macht und Macht mit Recht verbinden, wird unser Nachlass Liebe sein, die das Geburtsrecht unserer Kinder wandelt.

Also laßt uns ein Land übergeben, das besser ist als jenes, was wir geerbt haben. Mit jedem Atemzug meiner bronze-klopfenden Brust weiß ich, wir werden diese verwundete Welt in eine Wunderbare verwandeln. Wir werden uns von den goldumrahmten Hügeln im Westen erheben. Wir werden uns erheben aus dem windgefegten Nordosten, wo unsere Vorfahren die erste Revolution wahr machten. Wir werden uns erheben aus den Städten am Ufer der Seen des mittleren Westens. Wir werden uns erheben aus dem sonnen verbrannten Süden. Wir werden den kleinsten Winkel unserer Nation wieder aufbauen, befrieden und genesen lassen. In jeder Ecke , die sich unser Land nennt, werden unsere unterschiedlichen, schönen, geschlagenen Menschen wieder wunderschön erscheinen. Das neue Morgenrot blüht, weil wir es befreien, denn es gibt immer Licht. Wenn wir nur tapfer genug sind, es zu sehen. Wenn wir nur tapfer genug sind, es zu sein.- Sabine Dreyer

 

Kann das sein…Kann das sein, dass eine weiße Lyrikerin das Gedicht einer schwarzen Lyrikerin nicht übersetzen darf, weil sie weiß ist, obwohl die Verfasserin es gewünscht hat, dass sie es ins Holländische überträgt? Kann das sein, dass ein Filmregisseur streng gefragt wird, ob er es wirklich richtig finde, dass eine Figur mit eindeutig und gewollt negativem Charakterbild das tabuisierte „N-Wort“ ausspricht? (Beitrag, WDR 5)Kann das sein, dass SchriftstellerInnen sich kaum noch trauen, Figuren und Rollen mit negativen Charakteren zu entwerfen? (ZEIT-Artikel von Tina Uebel; 14.06.2018)Ja, das kann sein. Leider!

So machen die Kultur diskutierenden und kritisierenden linksliberalen Intellektuellen die Freiheit der Schaffenden und die der gesamten Gesellschaft kaputt. Solche absurden Auswüchse von Diversitäts- und Identitätsdenken zerteilen fortschrittliche Kräfte in diversitäre Kleingruppen, die sich misstrauisch und feindselig beäugen, statt gemeinsam für die Freiheit der Kunst und der Rede einzustehen. Solch ein Verhalten und solch eine Haltung töten das kulturelle Leben, erzeugt Angst, ein falsches Wort zu sagen, zu schreiben oder zu drucken. Theatern, Kabarett und Literatur wird die Basis entzogen, wenn die Autoren sich nicht mehr in Menschen, Rollen und Figuren hineinversetzen dürfen, wenn sie sich nicht mehr über die Grenzen der eigenen Identitätsgruppe hinaus bewegen und denken dürfen. Diese Form von „political correctness“ zwingt die KünstlerInnen in kleinkarierte Biederbürger-Korsetts, in denen ihre Kreativität erstickt, aus lauter Furcht vor dem Shitstorm der bigotten Moralwächter.Schönen Dank an Ronald Düker für seine klaren und klugen Worte in „Hineinschlüpfen ins Andere“ – Winfried Thamm

 

Dass niemals eine Weiße das Gedicht einer Schwarzen übersetzen darf, hätte Göbbels genauso gesehen. – Dr. Sabine Brandenburger-Frank

 

Noch ein sehr aufschlussreicher Beitrag, über den ich mich sehr gefreut habe. Er wirft jedoch einige Fragen auf der normale Ablauf in dieser Angelegenheit wäre doch, dass die Übersetzung durch geführt und danach die Qualität derselben beurteilt wird. Woher nimmt sich jemand das Recht und die kanzlerinnähnliche „Richtlinienkompetenz“, entscheiden zu dürfen, wer eine Übersetzung vornehmen darf und wer nicht? Bisher war dieses Recht den Sensoren in autoritären Staaten vorbehalten. Diese saßen in Beiräten und anderen Gremien. Ihr Wirken führte sogar zur selbst Zensur, um nicht die eigene Existenz zu gefährden. Heute in Europa ein unerträglicher Gedanke. – E. Renaux

 

In Fortführung der Diskussionen über die Übersetzung eines Gedichtes von Amanda Gorman, lyric poet of colour, ist zu überlegen, ob nicht schon die Lektüre, Interpretation oder Rezitation eines Kunstwerks of Colour durch weiße Personen (etwa auch im Schulunterricht) eine unzulässige kulturelle oder ethnische Aneignung darstellt. – REINHOLD SCHRÖDER

 


 

 

Leserbriefe zu „Pandemie versus Politik“ von Katja Gloger und Georg Mascolo

 

Die Autoren haben den Zeitpunkt verpasst, an dem alles gekippt ist. Das war der späte Frühling 2020. Statt bei rund 200 Neuinfektionen je Tag konsequent durchzugreifen mit Quarantäne und Kontaktverfolgung, statt die strengen Beschränkungen des Frühlings noch einige Wochen fort zu setzen und so das Virus unter Kontrolle zu bringen, haben sich Politiker und Bürger selbstgefällig (?) in ihren (scheinbaren) Erfolgen gesonnt und die Zügel schleifen lassen. Warnungen vor diesem Fehler hat es damals genug gegeben. – Iman Schwäbe

 

Totalversagen auf allen Ebenen. Seit 1 Jahr sehen wir, wie unsere politischen Verantwortlichen in der Pandemie nur irrlichtern, egal ob es sich um die zuständigen Mitglieder des Kabinetts oder um die Ministerpräsidenten und -präsidentinnen handelt. Totalversagen auf allen politischen Ebenen. In der Regierung Unfähigkeit bei der Beschaffung von Masken, beim Impfen und bei den Tests und bei der Organisation. Wo die USA an allen nur denkbaren Orten impft, diskutieren wir wochenlang, ob die Einbindung von Hausärzten und Ambulanzen der Betriebe in die Impfkampagne sinnvoll ist.

Es wäre nicht nur sehr sinnvoll, es wäre auch extrem effizienter Turbo. Sehr hohe Kompetenz zeigt sich jedoch bei der persönlichen Bereicherung von Unionsabgeordneten. Auf der Ebene der Ministerpräsidentinnen und – präsidenten ist seit 1 Jahr noch nicht ein einziger gemeinsamer Beschluss von allen mitgetragen worden, aber jede (r) lobt sich nach dem Meeting nur selbst, um anschliessend eigene Beschlüsse zu treffen. Selbst der blasse Woidke meldet sich mit einer neuen Inzidenznotfallgrenze von 200.

Auf der EU -Ebene sollte unter der Ratspräsidentschaft von Deutschland das Credo eine abgestimte Impfpolitik und keine Alleingänge sein. Mittlerweile bestellt der abtrünnige Osten vor allem in Russland und China, Österreich und Dänemark kooperieren sogar mit Israel, aber Deutschland lobt weiterhin das gemeinsame und abgestimmte Vorgehen. Altruismus in Reinform, da der führende Impfstoff in Deutschland entwickelt wurde. Es ist beschämend, immer wieder Länder wie USA, Israel und Grossbritannien als Vorbild demonstriert zu bekommen. Man hat den Eindruck, dass Deutschland nicht zu den führenden Industrienationen gehört und wieder – wie der Economist 1999 treffend bemerkte- zurück auf die Krankenstation muss. – Wolfgang Scheer

 

Ein Land wie Heiner Lauterbach. Jammern, jammern und verbieten. Erlasse erlassen und verlassen. Bürokratische Erbsenzählerpapiere ohne Blick auf die Realität und voller Widersprüche. Immer negativ und rückwärtsgewandt, nie positiv nach vorne blickend. Nicht in der Lage Dinge bis zu Ende zu erledigen. Vor der Fussball- Frisör- und Buchhandels-Lobby einknicken. Und die Schlafmützen vom RKI. Noch mehr Texte, die auf ihrer eigenen Homepage nicht gefunden werden können. Völlig überfordert. Eine Impfanmeldungs-Homepage, die ü b e r h a u p t nicht funktioniert. Spätestens als über Weihnachten die Gesundheitsämter im Urlaub waren, ist klargeworden, daß die Politik die Sache nicht ernst genug nimmt. Die Pandemie hat jedem deutlich gemacht, wie ineffizient die deutsche Politik auch schon vor der Krise war. Es konnte nur besser vertuscht werden. Jetzt ist die Unfähigkeit für jeden offensichtlich. – Udo Schill

 

Mit Ihrem Protokoll der CoronaMinisterpräsidentenkonferenz ist Ihnen ein bezeichnendes, ausgesprochen aufschlussreiches aber natürlich keineswegs transparentes Dokument von Politikversagen gelungen. Die eigentlichen Entscheidungen dürften an anderer Stelle getroffen worden sein. Immerhin dokumentieren Sie die Dürftigkeit, Beschränktheit, Inkonsequenz, Hilflosigkeit, Inkompetenz, ja Dummheit der Regierenden. Denn insgesamt verlieren sie völlig das Ziel aus den Augen, nämlich die Pandemie unter Kontrolle zu bringen. Ein Virus (ob aus dem Labor oder vom Schwarzmarkt, Zufall oder biologische Waffe) wird geradezu personifiziert, was lächerlich genug ist. Was hilft in einer Pandemie? Eine Immunisierung der Bevölkerung, entweder durch Infektion oder durch Impfung.

Ob die Infizierten überhaupt eine Immunität entwickelt haben, wird zumindest nicht öffentlich diskutiert. Es fehlen als Beleg Antikörpertests. Also bleibt noch die Impfung. Da haben die Regierenden zu Beginn erst einmal alles richtig gemacht, indem sie in die Entwicklung eines Impfstoffes Steuergelder (offiziell 750 Millionen Euro) gesteckt haben. Ein Impfstoff wurde sehr schnell!!!! entwickelt – und – nicht in Deutschland verimpft, weil wir ja keine Impfnationalisten sein wollen. Was für ein enormer verbaler Schwachsinn unseres Bundespräsidenten (Impfnationalisten dürften jetzt wohl die Israeliten sein?). Wem nützt das, außer unseren chinesischen Freunden, eigentlich? Nützt ein schwaches Deutschland etwa Europa? Wohl kaum.

Wird die deutsche Demokratie unterminiert, was derzeit in allen gesellschaftlichen Bereichen stattfindet, so steht das europäische Projekt in seiner Gesamtheit auf dem Spiel, von Begleiterscheinungen wie der unsäglichen Rolle der EZB mal ganz abgesehen. Auf dem Spiel steht damit der Wohlfahrtsstaat. Demokratien funktionieren nur in stabilen Volkswirtschaften. Und genau das scheinen unsere Ministerpräsidenten und die Kanzlerin völlig aus den Augen verloren zu haben. Eine mehrheitliche Zustimmung der Bevölkerung zu den Coronamassnahmen ist leider kein Beleg für deren Richtigkeit. Und wie willig gerade die Deutschen demagogischen Einflüsterungen folgen, hat die Geschichte gezeigt. So bleibt Ihr Artikel ein trauriger Beleg für die Dummheit, die in diesem Land grassiert und weit größeren Schaden anrichten wird als ein Virus dazu in der Lage ist. – Ellen Murzik

 

Vor Corona ging ich nur zum Arzt, wenn es mir gesundheitlich übel ging, auch wegen mancher Vorsorgeuntersuchung oder auch sogar zum freiwilligen Impfen, beispielsweise gegen Polio. Jetzt in diesen Pandemie-Zeiten, da wird man schon als (schwer)krank abgestempelt, nur wenn das Testergebnis positiv ausgefallen ist, auch wenn sich der Test-Mensch weiterhin topfit fühlen sollte. Ab April 2021, da dürfen sogar die (Haus)Ärzte diese „freiwillige“ Corona-(Pflicht)dosis in ihren hauseigenen Praxien verimpfen, der Coronatest, gehört dort schon zum Standardprogramm; so haben sich die Zeiten geändert!

Noch ein Satz zu diesen mehr als künstlich erzeugten Inzidenzzahlen, die uns ständig um die Ohren fliegen: Bis heute hat mir wirklich niemand schlüssig erklären können, was diese Inzidenzzahlen eigentlich aussagen sollen, außer, dass sie nur für politische Zwecke, wie für diese „Hin- und Herlockdownerei“ (zum Vernaschen) gut sein sollen! – Klaus P. Jaworek

 

Angesichts des Umgangs der Politik mit der Pandemie in den vergangenen 15 Monaten habe ich diesen Beitrag mit Interesse gelesen. In Gefahrensituationen müssen alle eng zusammenstehen. Das ist nicht nur eine Floskel, das sollte sinngemäß umgesetzt werden, demokratisch, nicht autokratisch. Wo blieb die Führung im Umgang mit der Pandemie? Wo fanden Denkfabriken statt? Wo wurden Vertreter aller Bereiche der Gesellschaft an einen Tisch geholt und deren Argumente gegeneinander erwogen? Die Kanzlerin hat wiederholt auf ihre Richtlinienkompetenz hingewiesen. Nach Anhörung ausgewählter Experten wurden in Konferenzen mit den Ministerpräsidenten Entscheidungen getroffen. Diese Konferenzen haben m. E. nichts mit Think-Tanks zu tun. Sie sind Zusammenkünfte der politischen Exekutive, die jedoch vor ihren Entscheidungen alle Ideen und Vorschläge eingehend prüfen sollten.

Um auf die Pandemie mit den effektivsten Maßnahmen reagieren zu können, bedarf es aus meiner Sicht einer Strategie, die unter Einbeziehung aller Bereiche der Gesellschaft in einer „Denkfabrik,“ einem Think-Tanks“ entwickelt werden sollte. Warum wurde die Entwicklung eine App zur Nachverfolgung nicht in einem verkürzten Verfahren ausgeschrieben? Die App „Luca“ gewährleistet den Datenschutz und sichert trotzdem die sichere Nachverfolgung der Infektionswege. Stattdessen wird für sehr viel Steuergelder an einer App gebastelt, die der gestellten Aufgabe nicht gerecht wird. In diesem Fall fehlte das technische Verständnis der „Mächtigen“, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Da offensichtlich so nicht gehandelt wurde, beschränkten sich die Entscheidungen auf Abstandsregeln, , Kontaktverbote und pauschale Schließung von Kulturstätten, Handelseinrichtungen, Gaststätten und soziale Treffpunkte. Auf Vorschläge für einen Strategiewechsel, für einen geschützten Ausstieg aus dem sehr weit gehenden Stillstand (Prof. Voopen) im März 2020 wurde nicht eingegangen.

Die Kanzlerin überschätzt ihre Fähigkeiten, wenn sie mit den Ministerpräsidenten über Abstände, Schließung von Einrichtungen des Handels, Hotels, Pensionen usw. pauschal entscheidet.. Hier sind intelligentere Lösungen möglich. Dazu muss sie allerdings mit den Betroffenen zusammen und mit den Virologen direkt sprechen und Argumente abwägen. Offenbar geistert in einigen Köpfen immer noch die Vorstellung von einem „reichen“ Deutschland herum. Dabei wird verkannt, dass dieser Reichtum nicht verfügbar ist, sondern darin besteht, dass die Industrieproduktion effektiv organisiert ist. Indem man sich immer wieder auf diesen „Reichtum“ beruft, wird derselbe aufs Spiel gesetzt. – R. Renaux

 


 

 

Leserbriefe zu „Spitzel in die AfD?“ Streit von Patrick Sensburg und André Hahn

 

Der berühmte Pragmatismus der CDU, ohne politisches Wirken und Handeln auch Verbote von natürlichen Wählerpotentialen nicht auszuschließen, ist dem Verständnis von Populisten naheliegend und lediglich von eigenen Unzulänglichkeiten ablenkend. Wie jeder Organismus weist auf natürliche Weise auch eine Gesellschaft lebensschädlichen Anteile auf. Die dafür notwendige Anamnese muss zwar auch ein Erfordernis für eine operative Entfernung, aber eher, politisch geboten, eine ständige Beobachtung prüfen.

Weil der pathologisch auffällige Anteil der Gesellschaft eine Konstante darstellt, muss eine ständige Beobachtung aber auch von einer therapeutisch wirkenden, überzeugenden Politik begleitet sein. Dieses aber einem überforderten, politisch eher unkontrollierten und dann noch verdeckt handelnden Verfassungsschutz zu überlassen, fördert das auch in Teilen der CDU grassierende Verständnis für eine unpolitisches Selbstbedienung a‘la AFD. – Jürgen Dressler

 

Nur schwillt der Kamm, wenn man so etwas lesen muß. Es wäre eher angebracht, die Mitglieder der Regierung näher zu untersuchen. Die AfD ist die einzige wirkliche Opposition. Von den anderen Parteien ist nur die Linke zu untersuchen, die Europafeindlich eingestellt ist, um das wichtigste zu nennen. Herr Sensburg hat recht, wenn er das für Schwachsinn hält. Die Partei der Linken wäre eher ein Prüfungsfall. Die Überwachung dieser Partei wäre klüger. – Gunter Knauer

 

Wenn man sich nicht gleich vehement gegen die AfD stellt ist die Schublade zum Nazi wahrscheinlich sehr schnell geöffnet. Aber um welche Frage geht es eigentlich. Klar hat die AfD sehr Rechte Tendezen aber Ihre Wähler sind eben nicht nur in der Rechten Szene zu finden. Da dürfen sich die anderen etablierten Parteien schon einmal die Frage stellen was wir nicht ganz optimal machen dass sich so viele genötigt sehen die AfD zu wählen. Für mich persönlich ist es ein Armutszeugnis unserer Politik wenn man die AfD nur klein halten kann indem man diese in eine entsprechende Ecke drängt und versucht diese Partei zu verbieten. In der Politik sollte man immer noch versuchen möglichst viele Menschen zu erreichen und daran scheint es momentan zu hapern. – Hans-Peter Eisenbeiss

 

Der Poliltikforscher Professor Patzelt hat seit Jahren über eine Repräsentationslücke in unseren Parlamenten gesprochen, die zum Erfolg der AFD führte, da sie von anderen Parteien nicht ausgefüllt wurde. Viele klassische konservative Wähler kommen beim Tempo der Veränderungen in der Flüchtlings-, Frauen und Minderheitenpolitik , wie es der Alt-Präsdident Gauk sagte nicht mehr mit. In ihren Artikeln über die AFD wird über dieses Problem gar nicht mehr geredet. Es ist doch logisch, daß der notwendige Modernisierungskurs der CDU dieses Problem aufwirft. Wenn man möchte das alle Bürger sich in den Parlamente wiederfinden und auf dem Weg zum multi-kulturellen Deutschland mitgenommen werden, könnte man höchsten sagen, daß die AFD keine seriöse Antwort auf diese neue politische Lage ist.

Viele der Menschen, die sich in der CDU nicht mehr wiederfinden suchen ja nach Alternativen und scheuen den Weg zur AFD, wie der Erfolg der Freien Wähler zeigt. Wenn man aber die Antworten der Abgeordneten im Bundestag sich anschaut, dann wird auf AFD Anträge von allen Parteien grundsätzlich mit den Rassismusvorwurf begegnet und in keiner Weise mit Ausnahmen in der CDU auf die Defizite und Gefahren ihrer Politikangebot sachlich hinzuweisen. So muß sich jeder AFD-Wähler auf der Anklagebank fühlen. Oft wird ihm auch pauschal Rechtsradikalismus vorgeworfen und den Abgeordneten und Wählern jeder Anstand abgesprochen.

Ich kann diese Debatten gar nicht ansehen und sehe die jetzige Lage als Tiefpunkt des Parlamentarismus. Mich erinnert es an die feindlichen Debatten in Nordirland zwischen Unionisten und irischen Nationalisten, wo jeder dem anderen das Recht zu existieren abspricht. Wenn wir ein bunte solidarische Bundesrepublik wollen, müssen wir den Versuch machen alle auf diesem Weg mitzunehmen. Der Riß geht durch viele Familien Gespräche am Küchentisch sind oft besser als Drohungen mit dem Verfassungsschutz und Besuchverbote der Kinder bei AFD-Großeltern. – Jan Stephan

 

Zum Umgang mit der AFD. Ein Kommentar. Die AFD als rechtsextremistischen Verdachtsfall einzustufen, um dann anschließend wieder die Entscheidung revidieren zu müssen, ist ein Skandal. Dies gilt insbesondere, aber nicht nur, für die Politik, sondern auch für die Demokratie. Am 3. März gab das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) bekannt, die Alternative für Deutschland (AFD) sei als Verdachtsfall unter „Beobachtung“ zu stellen. Grund der Annahme seien verfassungswidrige und menschenunwürdige Aussagen von Parteimitgliedern, die als Demokratiegefährdend gelten. Somit müsse die AFD, laut Jurisdiktion, als Verdachtsfall beobachtet werden. Zwei Tage später kam die Retourkutsche vom Verwaltungsgericht Köln, welches zu der Aussage kam, die Beobachtung würde „in unvertretbarer Weise in die verfassungsrechtlich gewährleistete Chancengleichheit politischer Parteien eingegriffen“. Vorausgehend ist die Tatsache, dass die Meldung über die Einstufung der Partei als Verdachtsfall, nicht hätte öffentlich werden dürfen.

Das ist umso erschreckender, da somit schon eine Agitation gegen eine Partei stattfindet und das auch noch pünktlich zur Landtagswahl in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Es sei hier erwähnt, dass der Verfasser kein AFD Sympathisant ist, und auch keine rechtsextremistischen und rassistischen Äußerungen toleriert. Doch trotzdem muss man hier konstatieren, dass die Entscheidung, die AFD als demokratiefeindlich einzustufen, in sich demokratiefeindlich ist. Die repräsentative Demokratie lebt von Gegensätzen und disparaten Meinungen. Politische Entscheidungen werden vom Souverän, dem Wahlvolk, auf politische Akteure übertragen, die als Repräsentanten des Volkes handeln. Als Bindeglied treten hierbei die Parteien in Erscheinung. Sie vernetzen den Volkswillen mit dem Staatshandeln. In toto bedeutet das, dass ein Wettbewerb zwischen den Parteimeinungen, als auch den Meinungen der Bürger in ständiger Interaktion gewährleistet sein muss.

Und genau hier liegt der Knackpunkt der Entscheidung des BfV, die Einstufung als Verdachtsfall zu lancieren. Es findet eine Indoktrination des Wahlvolkes statt, indem die AFD mit rechtsextremen Eigenschaften flankiert wird, und die Bürger dazu angehalten werden, dieser Partei keine Stimme zu geben. Eine Stimme, die trotzdem der Partei, mittels Wahl, gegeben wird, besitzt das Risiko nihiliert zu werden. Ad hoc verbrämt sich eine demokratiefeindliche Haltung, Meinungen die nicht dem säkularen Weltbild der Mitte angehören, zu schmälern und als erratisch kennzuzeichnen. Das ist ein doppelter Standard.

Anstatt die Flucht nach vorne in das Parteienverbot anzutreten, wäre eine demokratische Auseinandersetzung angebracht. In Anbetracht dessen, dass die AFD immer mehr Zulauf bekommt, sollten die Meinungen der Bürger ernst genommen werden, um nicht, wie in Amerika, das blutige Hemd des Trumpismus zu schwenken. Dort findet Cancel culture, indem man Meinungen torpediert. Fürwahr ist der rechte Flügel nicht mit einem demokratischen Weltbild kongruent, und ja, Rassismus hat auf politischer, als auch auf europäischer Ebene nichts zu suchen, aber man kann den rechten Flügeln mit demokratischem Werkzeug bekämpfen.

Steven Levitsky und Daniel Ziblatt zeigen 4 Indikationsfragen auf, woran man erkennen kann, ob Demokratien dem Abgrund nahe sind: 1) Wird versucht, die Legitimität von Wahlen zu untergraben? 2) Werden politische Gegner grundlos als Kriminelle verunglimpft, deren angebliche Rechtsbrüche sie von der vollen Beteiligung am politischen Leben ausschließen sollten? 3) Wird die Gewaltanwendung von Anhängern stillschweigend gebilligt? 4) Werden Kritikern in konkurrierenden Parteien, in der Zivilgesellschaft oder den Medien rechtliche Schritte oder andere Strafmaßnahmen angedroht? Was hier ohne weiteres auf die AFD projiziert werden kann, kann indes aber auch auf den aktuellen Umgang der Regierungsparteien angewandt werden. Dies zeigt, dass die Demokratie ein fragiles Gebilde ist, welches auf leichte Erschütterungen ständig reagieren muss.

Dennoch lebt sie von Kontroversen und einer Meinungsbildung, die sich wie zwei Zahnräder, die nicht zueinander passen, erst „abreiben“ muss, bis die Zähne ineinandergreifen. Und dieser Zustand des Konsenses kann nur erreicht werden, wenn unangenehme Meinungen diskutiert werden. Der mündige Bürger ist der Schlüssel zum Erfolg, der auf jeden Fall hinreichend informiert sein muss. Daher bin ich für einen eher „hemdsärmeligen“ Umgang mit der AFD. Integration anstatt Exklusion. Denn wie viel Bevormundung verträgt die Demokratie?

Kann man die Demokratie retten, indem ich in eine demokratische Rezession flüchte? Ich denke der beste Umgang mit der AFD ist nicht ein Verbot oder ein „Beobachten“, sondern ein offener Umgang. Ein Auseinandersetzen mit den akuten Problemen auf politischer Ebene und eine Reflexion über vielleicht vergangene Fehler, die zu einer Fluktuation ins rechte Lager führten. Und vielleicht gelingt uns ja der Sieg gegenüber dem Rechtspopulisten, indem wir mehr Demokratie wagen, wie es schon Willy Brandt richtig skandierte. – Daniel Rösch

 


 

 

Leserbriefe zu „Wer liegt eigentlich auf der Intensivstation?“ Gespräch mit Felix Römer geführt von Anne Baum

 

Statistische Zahlen über die intensiv Bettenbelegung existieren nicht. Sie sagen dass es hierzulande zu wenig Daten gibt, zugleich sagen Sie, dass diese teils nicht zugänglich sind und nicht in Statistiken verfügbar sind. Uns fehlt die statistische Kompetenz von Jahrzehnten! Das klingt sehr armselig. Sie drücken sich sehr vorsichtig aus mit Rücksicht auf ihre öffentliche Anstellung in der Humboldt-Universität. Umfangreiches Datensammeln hat in Deutschland Tradition. Es ist gewiss nicht der Mangel an Daten, sondern der Unwille der Behörden diese zu aussagefähigen Statistiken zu formen. Daraus könnte sich ja die Unfähigkeit der Behörden in vielerlei Hinsicht ablesen lassen. Corona offenbart das ganz deutlich. – H. Giller

 

Wie ueblich wird bei diesem Thema politisch korrekt nur die halbe Wahrheit erzaehlt. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass ein grossteil der menschen mit immigrationshintergrund – welch schreckliches wortungetuem! – die seuche nicht ernst nimmt, ganz leugnet oder sich wie oft, nicht an irgendwelche regeln halten will. Da die Reporter sich wohl meist mit Akademikern beschaeftigen, isst ihnen wohl entgangen, dass ein grossteil dieser bevoelkerungsgruppe sehr weit von akademischer Bildung entfernt ist. – Siegfried wittmann

 

Man kann durchaus Äpfel mit Birnen vergleichen, aber dieser Vergleich wird immer hinken. Hans-Heinrich Hitzler (1929-2017), ein deutscher Pädagoge und Schulleiter sagte einst dazu: „Manche Vergleiche hinken auf allen vier Beinen derart gleichmäßig, dass es fast elegant wirkt.“ Ich kann es einfach nicht mehr hören, wenn da behauptet wird, dass sich das Coronavirus in beengten Wohnverhältnissen schneller ausbreiten soll, und wenn dem ganzen noch eine Studie des Stat. Bundesamtes von 2018 zu Grunde gelegt wird. Auch waren die Wohnverhältnisse im 19. Jahrhundert vollkommen anders, da wohnten die Menschen noch enger beieinnander und Hygienemaßnahmen gab es gut wie nicht. Wir sollten schleunigst dieses Modaladverb-Versuchslabor wieder verlassen! „Vergleiche werden gerne da gezogen, wo geistiger Konkurs droht.“ (Erhard Blanck, *1942, deutscher Heilpraktiker, Schriftsteller und Maler) Und noch so ein Spruch: „Papier ist geduldig!“ – Klaus P. Jaworek

 

Das Ergebnis Ihrer Recherche hat mich sehr verwundert. Ich wusste bisher nicht, dass sich die sozioökonomischen Lebenslagen von rd. eine Million Langzeitarbeitslosen, rd. 700.000 Wohnungslosen in den Gemeinschaftsunterkünften und rd. 70.000 Obdachlosen auf der Straße und die der von Migranten voneinander unterscheiden. Bisher bin ich davon ausgegangen, dass Arbeitslose, Geringverdiener und Aufstocker ebenso eng bemessener Wohnraum als Leistung des Jobcenters bezahlt wird wie den Migranten. Ich bin jedoch kein Journalist, ich habe das nicht recherchiert. Meine Annahme resultierte von ,einen Bemühungen, als ich einem befreundeten Syrer half, eine Wohnung zu dem Mietpreis zu finden, den das Jobcenter im Höchstfall übernahm. – R. Renaux

 

In der Ausgabe 11/2021 der Zeit auf Seite 30 im Artikel „Wer liegt eigentlich auf der Intensivstation?“ wird Herr Römer zitiert mit einer Aussage über den Erreger der Cholera. Dort heißt es „Denn der Erreger der Cholera wurde über verunreinigtes Wasser übertragen. Wenn also viele Personen zusammentreffen und die hygienischen Standards schlecht sind, dann breitet sich das Virus leichter aus.“ Der Erreger der Cholera wird tatsächlich durch kontaminiertes Wasser übertragen, es handelt sich jedoch um ein Bakterium namens Vibrio choleraeund nicht um ein Virus. – Anke Gößling

 


 

 

Leserbriefe zu „Haltet durch!“ von Martin Spiewak

 

Die Studie hat es aufgedeckt, Die Bildung haben Die Kultusminister völlig ignoriert. Der heutige Zustand der etwas jüngeren Menschen hat das gnadenlos offengelegt. Das Hauptübel, die fehlende Motivation, erkenne ich auch bei meinen eigenen Kindern. Die Eltern vieler Kinder stehen im Arbeitsprozess, die sind selbst mit sich beschäftigt. – Gunter Knauer

 

Herzlichen Dank für diesen Artikel! Seit Monaten wird beim Thema „Bildungssystem / Schule“ fast ausschließlich über „die Digitalisierung“ gesprochen und geschrieben. Dabei geht es stets vor allem darum, wann wie viele Laptops und Tablets geordert und verteilt werden, ob die Schulen technisch auf dem neusten Stand sind und welche Defizite es in diesem Bereich noch gibt. Die Corona-Krise hat hier ohne Zweifel Schwächen offengelegt und für einen Digitalisierungsschub gesorgt; es ist nur eine Frage der Zeit, bis alle Kinder entsprechend ausgerüstet sein werden. Dann aber wird man merken, dass die Probleme im Bildungssystem damit keineswegs gelöst sind und Lese- oder Schreibkompetenz nicht durch die Verbreitung von Geräten erzeugt wird.

Es ist höchste Zeit, die Kinder und Jugendlichen wieder in den Blick zu nehmen, sich also wieder pädagogischen Fragen zu widmen und zu überlegen, wie wir es schaffen, möglichst allen Kindern und Jugendlichen Interesse und Freude am Lernen zu vermitteln und sie dazu zu befähigen, zu eigenständig denkenden und handelnden Menschen werden zu können. Das ist eine gesellschaftliche Aufgabe. Technische Geräte haben dabei eine dienende, vermittelnde (eben: mediale) Funktion, ihr Besitz und ihr Einsatz im Unterricht alleine ist aber noch kein Selbstzweck.

Die Kinder und Jugendlichen brauchen Orientierungs- und Strukturierungshilfen, um eigenständig arbeiten zu können, und den Lern- und Lebensraum Schule, beispielsweise um in die Gesellschaft eingeführt zu werden – und zwar als Persönlichkeit, nicht nur als Rädchen im Getriebe des Berufslebens. Dazu allerdings braucht es gut (aus-)gebildete Lehrerinnen und Lehrer, die pädagogisch, fachlich und methodisch etwas zu vermitteln haben, und ein Bildungssystem, das es ihnen ermöglicht, individuell auf jedes Kind bzw. auf jeden Jugendlichen eingehen zu können. – Mario Paulus

 

Als Lehrerin bedanke ich mich ausdrücklich für den Artikel „Haltet durch“ ,der an Weitsichtigkeit und Einsicht das Meiste, was ich seit Langem über Schule gelesen habe, bei Weitem übertrifft. Es entspricht auch meiner Erfahrung und ,wie ich aus Gesprächen mit vielen KollegInnen weiß, auch deren, dass die größten Probleme beim Distanzunterricht nicht bei der mangenden Ausstattung, nicht funktionierenden Plattformen oder schwachem WLAN liegen, sondern in der mangelnden Motivation, Fähigkeit zur Selbstregulation und Frustrationstoleranz, unter der viele SchülerInnen leiden. Den vielbeschwörenen Sekundärtugenden müssen nicht nur im Distanzunterricht, sondern immer eine viel größere Bedeutung zugemessen werden, da ohne sie eine erfolgreiche Teilnahme in Beruf und Gesellschaft nicht vorstellbar ist. Leider hilft es da wenig, wenn dies nur in der Schule erfolgt, während einige Eltern, möglicherweise aus falsch verstandener Liebe zu ihrem Kind, das hintertreiben. – Lisa Page

 

Zunächst einmal herzlichen Dank für diesen interessanten, wissenschaftsbezogenen und anschaulichen Artikel zum Thema Lern- und Lebenserfolg u.a. durch Selbstkontrolle und Zielstrebigkeit. Ich werde ihn sogleich als Anregung an meine Master-StudentInnen Lehramt weiterleiten, die jetzt ins Theorie-Praxis-Semester gehen und parallel dazu ein kleines selbstgewähltes Projekt zum Forschenden Lernen in Erziehungswissenschaft zu bearbeiten haben. Im Vorbereitungsseminar dazu haben wir das Thema „Lehrerkompetenzen – Lehrerprofessionalität“ sehr breit bearbeitet.

Darüber hinaus möchte ich der Redaktion ausdrücklich für die Möglichkeit der Weiterleitung von Artikeln auch an Nicht-Abonnenten danken, die ich sehr häufig nutze, und die andere Medien nicht anbieten wie z.B. der Spiegel und neuerdings auch die WAZ, unsere Lokalzeitung. Einschränkend ist zu bedauern, dass in der Zeit die dazugehörigen Grafiken nicht mitübermittelt werden. Häufig sende ich Artikel aus der Zeit an politisch interessierte FreundInnen und wir diskutieren anschließend darüber. Oder ich archiviere die Artikel digital in meinem Mac, was bei der WAZ jetzt auch nicht mehr geht und was ich sehr ärgerlich finde. Und noch eine Anregung: es wäre schön, wenn bei Ihren weitergeleiteten Artikeln das Erscheinungsdatum und der Name des Autors genannt würden, siehe unten. Also behalten Sie diese Funktion bitte unbedingt bei und erweitern Sie sie ggf. noch! – Dr. Barbara Arens-Voshege

 


 

 

Leserbriefe zu „Mr. Biden rettet die Welt“ von Thomas Fischermann und Mark Schieritz

 

Grosse Zahlen: Mount Everest würde mit gestapelten 20-Dollar-Noten gerade für knapp 1,9 Milliarden Dollar ausreichen. Für 1,9 Billionen bräuchten Sie tausend mal soviel. Nicht 9 km bis zu Mount Everest, sondern 9’000 km. Drei Viertel des Erddurchmessers. Wer hat da gerechnet? – Benno Straumann

 

Den Artikel „Mr. Biden rettet die Welt“ leiten die Autoren mit der Aussage ein, man erhielte einen „Stapel in etwa der Höhe des Mount Everest“, würde man die 1,9 Billionen Dollar des US-Konjunkturprogramms in 20-Dollar-Scheinen aufeinanderlegen. Da ein 20-Dollar-Schein eine Dicke von etwa 0,11 mm aufweist, würde man jedoch einen Stapel in Höhe von 10.450 km erhalten – womit dieser Stapel bis weit in den Weltraum reichen und dem Großteil der um die Erde kreisenden Satelliten im Weg stehen würde! Der Mount Everest hat hingegen eine Höhe von (nur) knapp 9 km. Zur Ehrenrettung des höchsten Berges unserer Erde sei gesagt, dass seine Höhe einem Stapel von 20-Dollar-Scheinen in einem Wert von etwa 1,6 Milliarden Dollar entspräche – immerhin. – Kai Berkenbrink

 

Im Artikel „Mr Biden rettet die Welt“ schreiben sie, daß, wenn man 1,9 Billionen $ in 20$-Scheinen übereinander legen würde, dieser Stapel so hoch wie der Mount Everest wäre. Da haben sie sich um den Faktor 1000 verrechnet! Angenommen ein 20 Dollar-Schein ist 0,1mm dick dann gilt: 1,9 Billionen $ sind circa 2*10¹² $ Geteilt durch 20 (20$-Scheine) sind also 10¹¹ Scheine. Bei 0,1mm Dicke sind das 10¹⁰mm = 10⁷m = 10⁴km. Das sind also 1000 Mount Everests. – Wolfram Leonhardt

 

„America is back“, so tönt es Joe Biden, der 46. Präsident der Vereinigten Staaten, hinaus in die große weite Welt. Biden ist „Super-Männ(chen)“, und er will seine „Maschen ganz anders stricken und fallen lassen“, als dieser ungehobelte Haudegen Donald, „the first“ Trump! Sämtliche gekündigte Verträge sollen wieder glatt hingebügelt werden, danach gehts ab und voll hinein in die übergroßen Fußstapfen seines Vorvorgängers Barack Obama! „Heile, heile Gänsje. ist bald wieder gut. Kätzje hot e Schwänzje, ist bald wieder gut. Heile, heile Mausespeck, in hundert Jahr ist alles weg!“ (Fastnachtslied von Martin Mundo, 1882-1941) – Riggi Schwarz

 


 

 

Leserbriefe zu „Rinder, zur Sonne, zur Freiheit!“ von Markus Wanzeck

 

Ich wünsche mir, dass Sie in den Beiträgen schneller und konzentrierter zum Punkt kommen. Wenn ich einen Text lese, um mich über einen Sachverhalt zu informieren, will ich nur das zu dem Thema Gehörende lesen. Zwei Beispiele: Rinder, zur Sonne, zur Freiheit: Welche Relevanz hat die Kopfbedeckung von Herrn Maier für das Töten der Rinder? Solches Drumherum führt vom Wesentlichen weg und stiehlt mir meine Zeit. Den Beitrag über den Einsatz der Genealogie in der Verbrechensbekämpfung wurde damit beworben dieses Verfahren vorzustellen. Stattdessen kam erst mal lang und breit eine Geschichte über irgendwelche Leute.

Hier kommt noch dazu, dass bei dem langen Text der Mix aus Sachverhalt und menschlichem Beiwerk der Lesefluss gestört und die Informationsaufnahme erschwert wird. Ich habe jedenfalls nicht verstanden, wie das Verfahren funktioniert. Das Thema hat mich sehr interessiert, aber meine Lesezeit war vergeudet. (Hier sie noch angemerkt, dass in Deutschland noch immer Deutsch die Amtssprache ist. Und da heißt es DNS und nicht DNA:) Bitte nicht missverstehen. Es gibt durchaus Themen, bei denen das menschliche wichtig, gar essentiell ist. Ich will es keineswegs aus der ZEIT verbannt wissen. Doch an manchen Stellen gehört es für mich nicht hin. Und dazu gehören Sachtexte. – Iman Schwäbe

 

Super Artikel. Ein Landwirt, der für die Genehmigung zur Tötung seiner Tiere auf der Weide 12 Jahre einen juristischen Kampf gegen die Behörden durchhält und nicht locker lässt, danach weiter macht, um seinen Tieren die Ohrmarken zu ersparen und auf Mikrochips setzt. Würde ich wahrscheinlich nicht durchhalten. Aus der Seele gesprochen hat mir der Satz „ bornierte deutsche Verwaltungsbeamte, die ihre Borniertheit der EU in die Schuhe schieben“ – Dr. Klaus Schriever

 

Die große Politik schwadroniert von Tierwohl. In der Provinz indessen treiben schwäbische Behörden vorsätzlich den Meierhof in den Ruin, der in vorbildlicher Weise eine naturnahe und artgerechte Rinderhaltung und -Schlachtung betreibt. Eine amtliche Provinzposse die in Dümmlichkeit, Tier- und Menschenverachtung nicht zu überbieten ist. – H. Giller

 

Dieser entpannte Blick der Kuh macht direkt Lust, den Artikel zu lesen. Bewundernswert sind die Leistung von Herrn Maier, sein Mut, seine Ausdauer, vor allem seine riesengrosse Tierliebe und die Wertschätzung, die er seinen Tieren entgegenbringt. Beruhigend ist die Tatsache, dass er seine Tochter für dieses tolle Projekt gewinnen konnte, sodass die Uria- Kühe hoffentlich noch lange ein kuhgerechtes Leben am Rande der schwäbischen Alb geniessen können. Die Überschrift des Artikels ist vom Autor Markus Wanzeck sehr treffend gewählt. – Susanne Weyrich

 


 

 

Leserbriefe zu „Ins Offene!“ von Hanno Rauterberg

 

Wie schön, dass es doch noch eine gute, angemessene Deutung zu C. D. Friedrich bei Ihnen zu lesen gibt! Aber wie steht man jetzt zum Titelbild von Oktober 2000 (siehe Anhang), das ich damals mit meinen Schülern als Beispiel für die Vergewaltigung eines Künstlers und seines Werken sowie psychologische Brandstiftung identifiziert hatte. Dieses Titelbild hat mich damals wahnsinnig geärgert. Es rief nichts anderes als Angst, Resignation und Hoffnungslosigkeit hervor. Wieso macht DIE ZEIT so etwas, wo sie es doch ganz genau und besser weiß? Sind wir denn wirklich bereit, alles, aber auch alles zu verkaufen? – Tanja Leonhardt

 

Mit Freude habe ich Ihren Beitrag in der Zeit vom 11. März 2021 über Caspar David Friedrich gelesen! Es ist so schön, wieder mal „echte Kunst“ in einer Zeitung zu sehen. Als Künstlerin scheint mir heute der Wille zur Kunst zunehmend zu verschwinden. Das Verständnis/das Wissen von was Kunst ist, Kunst kann und warum wir Kunst haben/machen ist leider nicht mehr „in“, dafür haben wir den Kunstmarkt. Die Bereitschaft in der (Schweizer) Kunstszene offen zu sein für andere Ideen, neugierig auf Wissen und welcoming für neue KünstlerInnen ist leider selten vorhanden. Daher lese ich mit Begeisterung Texte die den Horizont weiten und nicht nur eine „aktuelle, Gesellschaftskritische“ Kunst verherrlichen. Ich freue mich auf Ihren nächsten Beitrag. Damit Sie wissen wer ich bin habe ich Ihnen hier meinen aktuellen Newsletter angehängt, das Thema ist u. a. „Was ist ein Künstler“ (Teil 2). – Sibylle Laubscher

 

Der Artikel von Hanno Rauterberg: geschrieben wie die Bilder von Caspar David Friedrich gemalt sind. Mit sprachlichen Bildern entsteht eine übergreifende Szene unbestimmten Wandels, eine Welle, die über die Gemälde von Casper David Friedrich aus der Zeit ihrer Entstehung bis in die heutige Zeit sich bricht. Das Ferne rück nahe, das Nahe ist ahnungsvoll verbunden mit dem Fernen. Wie bei den gemalten Rückenfiguren die Bildbetrachter*in ist in den Text die Perspektive der Leser*in hineingenommen.

Aktuell ist unser Bewusstsein von der Krise geprägt, von Einschränkungen, von Sehnsucht nach Gewissheit und Beherrschbarkeit, von Hoffnung auf Öffnung. Wie die Gemälde den Blick öffnen, lädt Hanno Rauterberg zum Aufbruch ins Ungewisse ein. Nur Mut! ins Offene! Die Sonne geht auf. Die Sonne geht unter. Anfang und Ende sind nicht absolut. Auf das Ende folgt immer ein Anfang. Die Ambivalenz: Man sieht es in der Tiefe und steht sich in übertriebener Vertikalität zugleich doch immer im Weg (jedenfalls in dem Gemälde “Frau vor der auf- oder untergehenden Sonne“). – Reinhard Koine

 

„Jedes Bild ist mehr oder weniger eine Charakterstudie dessen, der es gemalt.“ (Caspar David Friedrich, 1774-1840, deutscher Maler und Zeichner. Geschlossen ist das neue „Auf“, pech gehabt: Es ist „Auf“, also doch geschlossen! „Die meiste Dummheiten diesr Welt muss sich wahrscheinlich ein Gemälde im Museum anhören.“ (Edmond de Goncourt, 1822-1896, französischer Schriftsteller. Der französiche Literaturpreis Prix Goncourt ist mit im verbunden) – Klaus P. Jaworek

 


 

 

Leserbriefe zu „Sollen wir mit dem Virus leben? Oder müssen wir es niederringen, bevor der Alltag zurückkehren kann?“ Gespräch mit Clemens Fuest und Hendrik Streeck von Lisa Nienhaus

 

Dem Hinweis von Herrn Streeck, „wir sprechen zu viel über Versagen“, kann man nur zustimmen sofern damit das Versagen von Wissenschaft und Politik gemeint ist. Versagt haben weite Teile der Medien, die sachlich/fachlich nicht in der Lage waren/sind, der Bevölkerung die umfassende Problematik einer Pandemie zu erklären. Stattdessen beförderten sie eine im Verhältnis zur pandemischen Herausforderung unverhältnismäßige Grundrechte-Diskussion, die die Politik zu zweifelhaften Kompromissen zwang. Leider bezieht sich diese Kritik teilweise auch auf die Kommunikation in der ZEIT. – Peter Vollmer

 

Im Interview zum Thema „Sollen wir mit dem Virus leben?“ plädiert Hendrik Streeck mehrmals für Lockerungen der Corona-Beschränkungen nach Hygienekonzepten und nicht nach Branchen. Natürlich kann ich sehr gut verstehen, dass der Einzelhandel und auch die Gastronomie empört über die Lockdowns sind und in ihrer Existenz bedroht, weil doch alle im Herbst sehr schlüssige Hygienekonzepte ausgearbeitet haben.

Obwohl ich vor einigen Wochen angefangen habe, an diversen Corona-Maßnahmen unserer Regierung zu zweifeln, verstehe ich sehr gut, dass man nicht nach Hygienekonzept öffnen kann. Wenn ich mir vorstelle, dass in der Regensburger Altstadt viele Geschäfte und gastronomische Betriebe und auch das Theater wieder öffnen dürfen, weil sie für sich gesehen sehr durchdachte Hygienekonzepte vorweisen können, wäre die Altstadt brechend voll. In den Parkhäusern würde sich viele Menschen begegnen, an den Bushaltestellen und in den engen Gassen ebenso. Hier greifen die Hygienekonzepte nicht und genau das ist doch der Knackpunkt! – Lisa Unger-Fischer

 

An kann nur hoffen, dass Herr Fuest in seinem Job kompetenter ist, als er in Ihrem Interview rüberkommt. Wenn das die Elite der deutschen Wirtschaftsforschung ist – dann armes Deutschland. Schon seine Ausführungen über die Auswirkungen des Lockdowns auf den Einzelhandel wirft die Frage auf mit welchen Einzelhändlern Herr Fues gesprochen hat. Ist Herr Fuest jemals im Lockdown durch eine verwaiste Innenstadt gelaufen? Wieviele Click and Collect – Kunden hat er denn da gesehen? Meine Frau arbeitet im Einzelhandel und hat aus der Branche vollständig andere (und erheblich schlimmere) Informationen als Herr Fuest kolportiert. Diese Zeit ist wirklich reich an hirnrissigen Ideen, die von der Presse ungefiltert und unkommentiert in die Welt geblasen werden.

Die Idee, verschreibungspflichtige Medikamente über Aldi und Lidl zu verkaufen, schlägt dem Fass aber den Boden aus. Ich bin wirklich fassungslos, wie Sie eine solche Idee ohne kritische Rückfrage einfach so hinnehmen. Warum fragen Sie denn nicht, wie er sich das konkret vorstellt? Sollen sich die Bürger zu Hause unkontrolliert Spritzen in den Körper jagen? Ohne medizinische Ausbildung oder Hintergrundwissen? Aus gutem Grund werden in vielen Ländern verschreibungspflichtige Medikamente ausschliesslich über Apotheken vertrieben und Impfungen von Ärzten oder medizinischem Fachpersonal durchgeführt. Es existiert (auch in Deutschland) eine ausgefeilte Pharma-Logistik, die hervorragend funktioniert und jedes Medikament innerhalb von Stunden sicher und nachvollziehbar an jeden beliebigen Ort von Deutschland bringen kann.

Dies sollte Herrn Fuest eigentlich bekannt sein! Die richtige Frage lautet doch, weshalb die Politik bei der Verteilung der Impfstoffe nicht auf bereits bestehende und hervorragend funktionierende Infrastrukturen setzt? Diese Frage habe ich von der Presse bisher noch nirgends vernommen. Weshalb stellen Sie sie nicht einmal? Es werden lieber neue Strukturen geschaffen, und… oh Wunder… was passiert, wenn die Politik komplexe Projekte organisieren soll? Es funktioniert erst mal nicht. Dafür gibt es auch viele andere prominente Beispiele. Daraus hat die Politik aber bisher offensichtlich nichts gelernt. Armes Deutschland! – Sandro Secci

 


 

 

Leserbriefe zu „Dürfen wir andere Tiere benutzen?“ von Christine M. Korsgaard

 

„Moralisch sind radikale Veränderungen in unserer uralten Beziehung zu unseren Mitgeschöpfen erforderlich“, so schließt Frau Korsgaard. Sie erwähnt im Text nur Tiere, aber keine Pflanzen. Aber auch sie sind Geschöpfe Gottes. Es ist sicher nicht im Interesse von Gemüse, Obst, Getreide, Kartoffeln etc. gefressen, pardon gegessen zu werden oder mit ihnen Versuche anzustellen. Oder ist es im „Gut“ einer Blume in der höchsten Blüte ihrer Jugend von ihrer Wurzel getrennt und in eine Vase gesteckt zu werden oder mitsamt Wurzel und etwas Erde einige Zeit auf einer Fensterbank vernachlässigt/ überversorgt zu stehen? Oder Nordmanntannen im kindlichen Stadium von weniger als 10 Jahren zu schlagen (sic!) und für wenige Tage Weihnachtsgefühl in die (zu) warme Stube zu stellen und danach zu schreddern? Oder Bäume im besten Alter in Balken, Leisten, Bretter und Hackschnitzel zu zerlegen?

Und wie ist es mit dem Mineralreich? Auch dieses ist laut Genesis von Gott geschaffen. Wir beuten Gold, Eisen, Kupfer … aus. Wir zerschlagen und zerschneiden Gestein und nutzen es zum Bau von Häusern, Straßen, Statuen, Gartenwegen, Vorgärten, Solarpaneelen, Computerchips etc.. Gott schuf Himmel und Erde, trennte das Wasser… Ist es im „Gut“ des Wassers getrunken zu werden, im Gut der Luft dort Gase abzulagern, Flugzeuge, Funk- und Handy-wellen aufzunehmen? Usw. Am besten, wir Menschen verlassen diese Erde (und auch das Weltall), dann können wir nicht mehr das Gut der anderen Geschöpfe beeinträchtigen. Das Fressen und Gefressenwerden ginge dann eben uns weiter. – Adolf Ronnenberg

 

Was ist damit gewonnen, den Unterschied Mensch zu Tier sprachlich aufzuheben? Zwar gehört der Mensch zweifelsfrei zu den Säugetieren und er identifiziert sich immer wieder – manchmal liebevoll („Mein Bärchen“) oder auch wütend („Blöde Kuh“) – mit ihnen. Ist er ihnen aber gleich? Wenn Mensch und Tier beides gleichermaßen Tiere sind, ist dann der Mensch ein Mensch-Tier und das nichtmenschliche Tier ein Tier-Tier? Hier sollen offensichtlich schwerwiegende Unterschiede eingeebnet werden.

Bleiben wir also beim üblichen Sprachgebrauch: Den Menschen sind Tiere einerseits gleichgültig, andererseits nützlich oder aber gefährlich. Sie kümmern sich liebevoll, erwerbsorientiert oder gar nicht um sie. Andersherum sind Menschen den Tieren zwar auch gleichgültig, nützlich oder gefährlich, aber Tiere gestalten diese Beziehung nicht aus Selbstbewusstsein heraus sondern passen sich, durchaus – was die Überlebenwahrscheinlichkeiten anbelangt – am eigenen Nutzen orientiert, den Gegebenheiten an. Bisher ist aber Menschenhaltung bei Tieren noch nicht beobachtet worden, Science-fiction-Filme mal ausgenommen. Was aber sicher nicht einem ethisch besonders vorbildlichem Verhalten der Tiere zuzuschreiben ist, ist im Tierreich doch Fressen und Gefressenwerden gang und gäbe.

Damit lassen sich natürlich nicht die teilweise qualvollen Haltungs- und Tötungsbedingungen von Tieren rechtfertigen. Nur, Menschen müssen mit der Welt in der sie leben, wechselwirken und sie werden immer anderes Leben beeinflussen, nicht immer zu dessen Gunsten. Wer Tiere essen will sollte dies immer bewusst tun und alles dafür unternehmen, dass den Nutztieren sowenig Übles geschieht wie irgendwie möglich. Wer sie nicht verzehren will muss darauf hoffen, dass die Biologie bei den Pflanzen nicht irgendwann auch ein „höheres“ Empfinden feststellt oder dass wir uns irgendwann „künstlich“ ernähren können. – Udo Kroschewski

 

Kants Denken hat eine Lücke? Ja, stimmt; aber nicht erst da, wo Frau Korsgaard es beschreibt, sondern schon ein Level höher: Sein Imperativ setzt eine heile, konfliktfreie Welt voraus, mit einer allseitig anerkannten Moral und Ordnung. Leider ist die Walt nicht konfliktfrei (und das ist die Lücke), nicht nur unter den Menschen oder zwischen Mensch und Tier (wie Fr.K. es moniert), oder auch unter den Tieren selbst — der Konflikt zwischen Löwe und Gazelle lässt sich offensichtlich nicht weg-philosophieren. – Dr. H. Fuss

 


 

 

Leserbriefe zu „Wann kommt die Polizei?“ von Michael Allmaier et al.

 

Was Sie berichten und was von der Polizei beanstandet oder geahndet wurde, ist alles nachvollziehbar und richtig. Aber nicht berichtet wurde, das es in der jüngsten Vergangenheit sehr schönes Wetter gab und an den Wochenenden in Freizeitbereichen massenhaft Leute auch in Gruppen ohne Abstand und Masken unterwegs waren, auch hier in unserer Kleinstadt. Das war ja auch in Fernsehberichten zu sehen. Die Polizei war nicht sichtbar, weil das nicht mehr beherrschbar war. Dafür wurden einige wenige Jugendliche „behandelt“, die sich nachts im Freien trafen, wie unsere Lokalzeitung berichtete. – Karl Scherer

 

Wie kann man nur dem Denunziantentum 2 volle Seiten einräumen. – Klaus Kornmann

 

Eigentlich ist „ENTDECKEN“ meine Lieblingskategorie, allerdings war ich diese Woche so schockiert von dem – ich weiß nicht mal ob man es Artikel nennen kann- Format, dass ich mich nun für einen Leser*innenbrief entschieden habe. Meine Frage ist: Welches Ziel soll durch die (willkürliche?) Zusammenstellung von Polizeimeldungen erreicht werden? Menschen, die sich verantwortungsbewusst und gewissenhaft an die Regeln halten, kommen in Ihrem Text nicht vor. Im Gegenteil: durch die unreflektierte und unkommentierte Aneinanderreihung der Tatbestände klingt es so, als würde sich der Großteil der Bevölkerung diesen widersetzen. Ja, teilweise sind die Schilderungen lustig oder absurd, aber letztlich haben sie mir mehr und mehr vor Augen geführt, wie sehr wir uns, unabhängig von Beruf, Geschlecht, Alter usw. nach Gemeinschaft sehnen.

Ich bin keine Corona-Leugnerin, im Gegenteil – ich halte mich streng an die Maßnahmen. Aber ich leide auch darunter, wie jede*r andere auch. Und diesen Artikel zu lesen hat mich nur noch weiter demoralisiert und verunsichert: Rufen meine Nachbar*innen auch die Polizei, wenn ich mit meinen Mitbewohnern ein bisschen zu laut Musik höre? Wie lange kann eine Gesellschaft ohne eine sinnvolle Perspektive (Impfen, Schnelltests, Öffnungen) von Seiten der Regierung noch durchhalten? Ich wünsche mir von der ZEIT, sich – besonders in diesen Zeiten – mehr dem konstruktiven lösungsorientierten Journalismus zuzuwenden! – Charlotte Poppa

 


 

 

Leserbriefe zu „Ein Land testet den Alltag aus“ von Katharina Menne und Stephan Reich

 

Ihr Artikel über die Testungen hat mich total verwirrt und wenig zur Aufklärung beigetragen. Schnell- und Selbsttests werden irgendwie in einen Topf geworfen. Dann wird ausgeführt, dass Mindestanforderungen an Selbsttests bestehen und es sieben offiziell zugelassene Selbsttests gibt. „Bei den Schnelltests gibt es bislang noch kein solches Zulassungsverfahren, “ das ist für mich sehr verwirrend. Ich dachte, dass die Schnelltests schon deutlich länger auf dem Markt sind und von Externen durch den fiesen Abstrich ziemlich tief in Rachen und/ oder Nase durchgeführt, werden. Heißt das, die Selbsttest von Aldi sind besser geprüft (weil zugelassen) als die, die von Profis in den Abstrichzentren durchgeführten? Das erscheint mir alles etwas seltsam. Vielleicht wäre auch eine Graphik / Tabelle zur besseren Erklärung hilfreich. – Robert Rathmann

 

Ist das Grundgesetz noch intakt oder ist es outtakt? Plant Karl Lauterbach das Gesundheitsministerium zu entern? News, Fake News, Lüge, Wahrheit, wessen Wahrheit, oder einfach nur wurscht? Testen, testen, testen, ist das Mantra: Start und Ziel zugleich: Möglichkeit 1: Pech gehabt, das Ergebnis zeigt auf positiv, auf ins Quarantäne-Land, und testen, testen, testen! Möglichkeit 2: Glück gehabt, das Ergebnis zeigt auf negativ; Vorsicht „Virus & the Mutants“, rocken weiter; testen, testen, testen! Der Hamster hat sein Hamsterrad verlassen, der Mensch hamstert jetzt im Hamsterrad! Das Hamsterrad heißt jetzt Pandemierad mit hoher Inzidenz. – Klaus P. Jaworek

 

Das Thema Testen ist in aller Munde. Daher habe ich diesen Beitrag mit Interesse gelesen. Mein Eindruck bestätigte sich erneut. Die Bedeutung der Tests wird teilweise missverstanden. Ein Test weist lediglich mit eingeschränkter Sicherheit nach, das der Getestete an diesem Platz, wo der Test durchgeführt wurde, nicht infiziert ist. Begibt er sich anschließend ins Treppenhaus, in die Öffentlichkeit, kann er sich bereits infizieren. Mehr ist von einem -test nicht zu erwarten. – R. Renaux

 


 

 

Leserbriefe zu „Wie Deutschland dasteht“ von Mark Schieritz (Text) und Doreen Borsutzki (Grafik)

 

Vielen Dank für die sehr gute Kurzübersicht, die einen Ländervergleich in sinnvollen Verhältnissen darstellt. Ermüdet durch die Berichterstattung der öffentlich rechtlichen Nachrichtensender, die sich seit Beginn der Pandemie auf weitgehend unsinnige Vergleiche von absoluten Zahlen in unterschiedlich großen Ländern stützt um möglichst drastische Sensationsmeldungen zu produzieren, ist das ein erfrischend sachlicher Beitrag.

Auch in den letzten Tagen wurde immer wieder berichtet, dass die USA weltweit mit am stärksten betroffen seien. In absoluten Zahlen sicherlich korrekt, bezogen auf 100.000 Einwohner bleiben dann aber Großbritannien, Italien, übrigens auch San Marino, Belgien, Slovenien, Tschechien, Lichtenstein und auch Europa insgesamt unberücksichtigt. Europa ist mindestens genau so stark von der Pandemie betroffen wie die USA. Das scheint aber keine Meldung wert zu sein. – Frank Meierhoff

 

Die Graphiken zeigen interessante Daten. Im Wust der Einzelheiten ist leider die Kernaussage nicht plakativ dargestellt. Aus den Schaubildern ist ersichtlich, dass Deutschland gegenüber erfolgreichen Ländern bei der Pandemie Bekämpfung erbärmlich schlecht abschneidet. Jedoch, fällt es dem Betrachter, der mit einer Flut von Informationen überschwemmt wird, überhaupt auf?

Angesichts von rund 73 Tausend Todesfällen gehören die Daten des Artikels auf die 1. Seite und die im Vergleich zu Ländern wie Südkorea, Taiwan usw fast 73 Tausend zu vielen Todesfälle in die fett gedruckte Überschrift! Anmerkung: Ungefähr 73 Tausend zu viele Tote sind anschaulich begreifbar, wenn wir uns den Absturz von etwa 300 Flugzeugen vorstellen! – Siegfried Veile

 

Wir werden noch lange im Lockdown und mit den Einschrämkungen leben müssen, bei dem gegenwärtigen Impftempo dürften wir frühestens im nächsten Frühjahr mit den Impfungen durch sein. Anfangs wurden wir von den anderen Staaten noch für den Umgang mit dem Virus gelobt, das hat sich jetzt gründlich geändert: Jetzt werden wir von den anderen nur noch mitleidig belächelt. Staaten wie Dänemark, Großbritannien, Israel, Österreich und die USA machen es wesentlich besser und effektiver, hier können wir noch etwas lernen – aber das will ja keiner, wir sitzen ja auf einem hohen Ross und sind die Besten. Herrn Tschentscher ist mit Recht neulich der Kragen geplatzt, als er sagte, der Bund kriegt es einfach nicht hin – der Bund und die hauptverantwortliche CDU, allen voran die Kanzlerin und ihr Gesundheitsminister Spahn.

Schon die Bestellung des Impfstoffs ist gründlich in die Hose gegangen und das gleiche wiederholt sich jetzt bei den Schnelltests. Wir verharren im Klein, klein, den Vorschriften und versäumen dabei das Wesentliche. Nicht umsonst ist die CDU inzwischen mit Recht in den Umfragen unter 30 % gefallen und die linken und rechten Ränder erstarken. Das Schimmste an dieser Posse ist, dass hier unnötig Menschenleben geopfert werden und natürlich niemand dafür verantwortlich ist – schließlich wurden die Vorschriften eingehalten. – Helmut Jung

 


 

 

Leserbriefe zu „Nur 20 Prozent“ von Manuel J. Hartung

 

Seit Oktober 1990 arbeite ich mit Fachkollegen von der Tsinghua Universität in Peking zusammen und ich kann keine der hier beschreibenen Einschränkungen der akademischen Freiheit beobachten. Natürlich decken meine persönlichen Erfahrungen nur einen winzigen Teilbereich ab. Zum anderen muß ich mit Bedauern beobachten, dass eine zunehmende IP (=Intelectual Property) Versessenheit im deutschen Sprachraum die freie wissenschaftlichen Zusammenarbeit zunehmend behindert. – Heinz Nabielek

 

In der angeblich schwersten Krise seit 09.05.1945 (wer das behauptet – und das sind leider fast alle – kennt die Jahre 1945/46 nicht) sollten Forschergremien ihre Zeit besser für patentfreie Impfstoffe einsetzen. Leider scheiterte solch ein Versuch (ähnlich organisatorisch geplant wie „Linux“) im Mai 2020 (!) in Finnland, selbstverständlich mangels Profit. Für die Korrelation der unabhängigen Organisation einer Uni und der Freiheit der Forschung bedarf es wohl keiner Studie, selbstverständlich ist die Forschung in das politische Gesamtsystem eingebunden. Allerdings hätte man in der angeblich schwersten Krise seit 75 Jahren befristet unsere förderale Forschungsfreiheit (gesetzlich abgesichert) einschränken sollen durch Themenvorgabe des Forschungsministerium an die Fachinstitute und Uni’s (Medizin,Physik, Aerosolforschung etc.) im März 2020 mit der Verpflichtung zur Koopperation (mit finanziellen Anreiz) .

Dann müsste man im März 2021 (!) nicht mehr über die Verweildauer im Freien streiten und einem Verbrauchermagazin (Lob der Stiftung Warentest) die Effektivitätsbeurteilung von Lüftern überlassen. Wir wissen immer noch nicht, wo was wie passiert und die Inzidenz ist zufallsbedingt von der Entscheidung der fachlich überfordeten Landräte oder Bürgermeister abhängig. Jeder wurstelt vor sich hin, manche haben Glück mit den Bedingungen (Uni,Grenzen etc.) und Entscheidern (Tübingen,Rostock u.a.), keiner wertet aus und empfiehlt Musterlösungen die spezifiziert werden müssten. Bezüglich der Freiheit benennt man im o.g. Artikel die üblichen Verdächtigen.

Sicher kennen die Autoren den Kampf der britischen Regierung gegen die Cancel-Kultur an ihren Uni’s („Zeit“ Nr.9) und wissen warum in den Rundfunkräten mehrere Kirchenmänner aber keine Wissenschaftler sitzen („Zeit“ Nr.9). Die BRD ist wohl in der ersten Gruppe , da es ein neues „Netzwerk zur Verteidigung der Wissenschaftsfreiheit“ (nötig) hat. Ganz unten ist natürlich China, die sind in Digitalisierung (G5) , Batterieforschung etc. hinter dem Mond (im wahrsten Sinne des Wortes, in der Forschung). Diese chinesische Korrelation erschließt sich mir nicht, ebensowenig wie der vorletzte Satz im o.g. Artikel von der „hoffentlich undiplomatischen“ Rolle der Forschungsorganisationen. Sollte das Braindrain bedeuten oder militärisch gemeint sein ? Die nicht ganz schlechten Weltraumforscher der Atommacht Russlands werden es aushalten.

Offensichtlich wird (oder lässt sich ) hier Forschungskapazität für das Außenministerium instrumentalisiert, das ausgerechnet Anfang 2021 „offenbar erkannt“ hat, was für China wichtig ist. Nun gilt es, für 80 % der Weltbevölkerung freie Forschung zu schaffen mittels Kampf gegen Desinformation, ganz schön anmaßend, klingt aber mehr nach Felbermayrs Wunsch zum Regimewechsel. Mehr Freiheit für geschätzte 50% der Weltbevölkerung (für China und Rußland Dank deren Forschung natürlich nicht ) würde es geben, wenn erschwinglicher Impfstoff gerecht zur Verfügung gestellt wird. Länder und Gemeinschaften mit selbsternannter Führungsrolle in der Welt könnten hier mit ihren Forschungsorganisationen vorangehen und so ihrem Anspruch gerecht werden, aber das ist wohl zuviel verlangt. Von der Wissenschaftsfreiheit zum Exportverbot für Impfstoffe, nur scheinbar seltsame Logik – systemgerecht! – D.Beuschel

 


 

 

Leserbriefe zu „Worüber denken Sie gerade nach, Johannes Grave? Über eine Politik der Bilder“ von Johannes Grave

 

Nicht einmal eine viertel Seite Text, und doch: Welch einen Bewusstseins- und Erfahrungsraum öffnen diese Zeilen für ein selbstbestimmtes Sehen, das den Betrachter als Souverän seiner eigenen Wahrnehmungen, Gedanken und Empfindungen ermächtigt. Wenn wir uns in einen offenen Dialog mit den Bildern begeben, werden diese uns nicht mit stereotypen „Wahrheiten“ abspeisen, sondern zu erweiterten Assoziationen einladen. – Ludwig Engstler-Barocco

 

Die Seite ›Sinn & Verstand‹ bereichert meine wöchentliche Lektüre, keine Frage, danke. Die Überlegungen von Johannes Grave (»Über eine Politik der Bilder«) überschneiden sich gleichsam mit einem Gedanken, mit dem ich meinen Studenten die Lektüre von Gedichten veranschauliche. Sie sollten sich dabei nicht an der (vorherrschenden) Lektüre von Romanen orientieren, sondern die Lektüre von Gedichten eröffne ganz neue Möglichkeiten, man solle sich eher vorstellen, man sei in einem Museum, in einer Ausstellung und würde Bilder betrachten. So wie die Bilder uns »in die Zeitlichkeit der Wahrnehmung« verstricken können, sobald wir uns auf sie einlassen, ebenso kann es Gedichten gelingen. Von der ›geschenkten Zeit‹, die Grave bei der intensiven Betrachtung von Bildern erfährt, sprechen übrigens mehrere moderne Lyriker (sowie Interpreten) in ihren poetologischen Äußerungen. Den Beitrag von Grave werde ich meinen Studenten bei nächster Gelegenheit mitteilen, er bietet jede Menge kluger Anregungen. – Dr. Franz Schwarzbauer

 


 

 

Leserbriefe zu „Ein himmlisches Geschäft“ von Hannah Knuth und Marcus Rohwetter

 

Es ist unfassbar, dass es in der Geschäftswelt Menschen gibt, die mit Privatjets durch die Welt düsen und sich anscheinend keinen Kopf machen um die Umwelt und das Klima. Hauptsache es geht um das eigene Vergnügen – wie egozentrisch! Und womöglich wird der Privatjet auch noch mit all seinen Unterhaltungskosten ( wie eine warme Halle für den Jet ) von der Steuer abgesetzt. Unfassbar!! – Almut Gulba

 

Dieser Artikel führt hoffentlich auch letzten Zweiflern vor Augen, wie dringend wir eine CO2-Steuer brauchen. Wer sich – privat oder als Unternehmen – in einer weltweiten Krise Charterflüge oder die genannten Anschaffungspreise sowie Unterhaltungskosten leisten kann, der sollte auch für die unvermeidbaren Folgen für Umwelt, Atmosphäre und Zukunft aufkommen müssen. Damit würde hoffentlich ein Nachdenken (und Nachrechnen) beginnen, wie dringend erforderlich für den Wirtschaftsverkehr das “Heute hier, morgen dort” der Manager*innen tatsächlich ist und ob zukunftsfähiges Unternehmertum in Deutschland nicht eher für verantwortungsvollen Ressourcenumgang als für grenzenlose Freiheit stehen sollte. Bei dieser Gelegenheit ein großes Kompliment und vielen Dank an die ganze Redaktion für die tolle Lektüre jede Woche! – Rike Regueira

 


 

 

Leserbriefe zu „Die Niederlage fest im Blick“ von Mariam Lau

 

Eisenmann und Verantwortung. «Natürlich übernehme ich die Verantwortung, das ist für mich selbstverständlich» erklärte die CDU-Spitzenkandidatin in Baden-Württemberg, Frau Eisenmann am Wahltagabend: Verantwortung für das desaströse Wahlergebnis der CDU in Baden-Württemberg, das schlechteste Ergebnis seit der Wahl zur Verfassungsgebenden Landesversammlung am 9. März 1952. „Verantwortung übernehmen!“ – was heißt das? Wenn es nicht eine Worthülse sein soll so hat sich Frau Eisenmann von Koalitionsverhandlungen mit Herrn Kretschmann, dem Sieger dieser Landtagswahlen fernzuhalten. Noch ist Frau Eisenmann Mitglied des Präsidiums der CDU von BW – ?

CDU-Landwirtschaftsminister Peter Hauck fordert „neue Köpfe für seine Partei“ – und zwar sehr schnell, sollte es nicht für eine Regierungsbeteiligung reichen. Ich bin der Ansicht, dass es – angesichts dieser katastrophalen Niederlage – bei der CDU von Baden-Württemberg auf jeden Fall „neue Köpfe“ braucht und zwar sofort und umfassend. Denn: Angesichts der großen Zahl von Briefwählern war der erst kurz vor dem Wahltag bekanntgewordene bundesweite CDU-Maskenskandal nicht wahlentscheidend. Die Probleme sind hausgemacht. Frau Eisenman spricht ja auch von einem Rückgang in den letzten zehn Jahren: Neue Köpfe!!! – Jürg Walter Meyer

 

Im Bundesland BW gibt es Unternehmen, deren Produkte zum Besten gehören, was es gibt. Es gibt erstklassige Forschungs- und Bildungseinrichtungen. Dem entgegen stehen Persönlichkeiten der Landespolitik, deren Provinzialität erstaunt und zugleich mutlos macht. “Hätt i gewusst, wie …” Darf man Einen, der so spricht, um distinguiertere Ausdrucksweise bitten? Ich bin je froh, wenn Herr Oettinger oder Dr. Th. Bach nicht Englisch sprechen. We’ll see what happens today (14.03.2021). – Dr. Klaus Miltenberger

 


 

 

Leserbriefe zu „Retter vor Gericht“ von Marco Bova et al.

 

Im Milliardengeschäft des Schlepper-Business ist Seenot-Rettung ist ein nicht unwichtiger Faktor. Es ist eher unklar, ob sie hilft die Zahl der Toten zu senken. Denn sie trägt nicht dazu bei, die Zahl der riskanten Überfahrten zu reduzieren und die (unter Einbezug des unsicheren Vorhandenseins von Rettungs-Schiffen kostenoptimierte) minimale Ausstattung der Boote zu verbessern. Zudem mindert sie den durch Überbevölkerung ausgeübten nötigen Druck auf die Geburtenraten.

Neben dem Milliardengeschäft für die Schlepper gibt es einen anderen etwas positiverer finanziellen Aspekt. Das betrifft die Überweisungen der Migranten in die Heimatländer. Sie sind wichtig, um den dort verbliebenen Verwandten zu helfen, über die Runden zu kommen (und eventuelle neue Migrationen zu finanzieren). Zusammen mit hohen Geburtenraten und der dadurch verursachten politischen Instabilität übt das Druck aus, der zur Migration führt. Im Einzelfall führt das dazu, dass von einzelnen Familien Druck auf einzelne Jugendliche ausgeübt wird, um sie mehr oder weniger zu zwingen, die gefahrvolle Migration anzugehen.

Ist Seenot-Rettung für MIgranten ein Gebot der Menschenrechte? Hier gibt es den Zielkonflikt zwischen lang- und kurzfristiger Wirksamkeit auf das Retten von Menschenleben. Historisch gesehen wurde dieser Zielkonflikt oft zu Gunsten der langfristigen Wirksamkeit entschieden. Dies indem rigorose Massnahmen angewandt wurden (unter Einschränkung der Menschenrecht), um die Geburtenrate den Ressourcen anzupassen. Die Bewohner der Insel Tikopia oder die Bewohner von Fluss-Oasen im Himalaja billigten nur den jeweils ältesten Söhnen das Recht auf Nachwuchs zu. Ähnliche Massnahmen gab’s in Europa wobei die Klöster (ähnlich wie bei den Fluss-Oasen) oder die Erbfolge für Bauernhöfe eine Rolle spielten.

Der älteste Sohn erbte, die jüngeren Kinder mussten sich (falls Alternativen fehlten) als Dienstboten verdingen. Ein Beispiel: Meine Grossmutter musste als Magd ihre zwei ersten Kinder weggeben bevor sie Jahre später mit 28 Jahren meinen damals 58 Jahre alten Grossvater heiratete. Dieser hatte erst in diesem Alter durch eisernen Fleiss, die Mittel beisammen, um eine kleine Geusche als Grundlage für eine Familiengründung zu erwerden.

Das Vermehrungspotential der Menschheit ist unbegrenzt, das Potential der Erde ist es nicht. Das Mittel um das Plündern der Ressourcen (Stichwort „Tragik der Allmend“) zu begrenzen ist das Beharren auf Eigenverantwortung (Stichwort: Menschenrecht auf Eigentum). Im Grunde genommen gibt es nur zwei faire Lösungen fürs Migrations-Problem. Offene Grenzen für alle Armen und Gefährdeten (nicht nur für die, die sich eine Migration leisten können). Dann gäb’s keine Schlepper sondern nur legale Transport-Unternehmen. Oder aber Beharren auf weltweiter Eigenverantwortung der Staaten fürs Wohlergehen ihrer Einwohner durch Berücksichtigen der begrenzten Ressourcen. Dies mit Unterstützung des Südens durch den Norden bei unverschuldeter Notlage. Dies aber so, dass diese Unterstützung nachhaltig tragbar ist. Nur die zweite Lösung ist nachhaltig durchführbar.

Eine gerichtliche Anklage für die Helfer (begründet mit dem Vorwurf der Zusammenarbeit von Schleppern und Helfern) hat – unterm Aspekt der aktuellen Interpretation der Menschenrechte – eine etwas schwammige Basis. Wichtig wäre es, eine nachhaltige faire Lösung für den Zielkonflikten zwischen dem Menschenrecht auf Eigentum und den Menschenrechten auf Lebensunterhalt durchzusetzen. Es ist im Interesse einer gemeinsamen guten Zukunft der Menschheit nicht akzeptabel, dass das für die Nachhaltigkeit wichtige Recht auf Eigentum dadurch umgangen wird, dass eine Rettung aus einer selbst verschuldeten Lebensgefahr provoziert wird. – Dr. tech. Gernot Gwehenberger

 

Diesen Beitrag habe ich mit Interesse gelesen. Er offenbart, dass das Thema Migration über das Mittelmeer nicht zu Ende gedacht wird. Trotz Seenotrettung werden immer wieder Migranten, die sich für viel Geld den Schleppern anvertrauen, ertrinken. Der Blick der politischen Aktivisten und der NGO’s für das viel größere Elend hier vor Ort geht verloren. Wo bleibt die Würde der rd. 48.000 Menschen, die in Deutschland obdachlos auf der Straße leben. Wo bleibt die Würde der etwa 670.000 Menschen, die hier keine eigene Wohnung haben. Hierfür fehlt jedes Mitgefühl, jedes Engagement.

Die Situation der in Not geratenen Migranten aus der Türkei und vor allem aus muslimisch dominierten Ländern in Afrika wird von Hilfsorganisationen (NGO’s) und politischen Aktivisten beklagt und Hilfe organisiert. Das geschieht m. E. nicht nur aus reiner Nächstenliebe, sondern auch aus Gründen der publikumswirksamen Selbstdarstellung. Sie appellieren an das Mitgefühl der Bürger und fordern den Einsatz der Bundesregierung, um die in Not geratenen, die mehrheitlich keinen Anspruch auf Asyl haben, nach Deutschland zu holen.

Auf Fragen nach den wahren Ursachen dieser Migrationsbewegung wird nicht tatsächlich eingegangen, sondern auf strukturelle Probleme in den Herkunftsländern der Migranten verwiesen. Fragen nach Grenzen der Aufnahmefähigkeit wirtschaftlich und sozial fragil funktionierender Gesellschaften, nach den Auswirkungen der Herausbildung von Parallelgesellschaften mit hier längst überwundenen Wertvorstellungen werden weder gestellt noch beantwortet. – R. Renaux

 


 

 

Leserbrief zu „Sportlich abkassiert“ von Maren Jensen

 

Vielen Dank für Ihren Artikel zum Finanzgebaren der Fitness Studios. Noch sportlicher beim Abkassieren sind die Unis, zumindest in NRW, wie ich im Gespräch mit einer Betroffenen erfahren durfte. Pünktlichst muss der volle Semesterbeitrag ( WWU Münster €305,62) beglichen werden; Verspätung führt automatisch zur Exmatrikulation. Dieser, nun bereits zum drittenmal, für geschlossene Bibliotheken und Mensen. Inkludiert ist auch immer wieder der zur nutzlose Mobilitätszuschlag von ca. € 150,-. Das Online Angebot ist bescheiden, die Prüfungstermine werden schlecht vorbereitet. Hierzu auch ein Beitrag im WDR Westlick vom 12.3.21. Dafür dürfen sich die jungen Leute in den nächsten Jahren dann gerne an der Minimierung des Schuldhügels beteiligen. Ich hoffe ich konnte Ihre Neugier für weitere Recherchen wecken. – Karsten von Scheidt

 


 

 

Leserbrief zu „PROMINENT IGNORIERT. Auf Rädern“ von GRN.

 

Hier kommt eine verhaltene Kritik: Jetzt hinkt die ZEIT der journalistischen Entwicklung hinterher. Andere seriöse Medien haben das Thema der „Geimpften“ bereits durch und folgen sonst der Schwerpunktsetzung durch die ZEIT, sonst …. … Sonst kann ich mir auch die Express- oder die Bildzeitung kaufen – kommt mich billiger. 5,70 Euro – das waren mal 11,40 Deutsche Mark. Bitte sehen Sie mir nach, dass die ZEIT für mich ein Medium ist, dass auch andere, positivere Themen behandeln kann, als die omnipräsente Geschichte eines kleinen Tierchens – ich kann und will es nicht mehr lesen, sehen und hören. P.S.: … Entschuldigung, aber Ihre Rubrik „Prominent Ignoriert“ hat die Verärgerung eingedämmt. klasse pointiert und leider wahr. – Bernd Ritter

 


 

 

Leserbrief zu „Iran-Drama, nächste Staffel“ von Jörg Lau

 

Jörg Lau versucht krampfhaft zu suggerieren, Israel sei einer „der drei großen Akteure“ beim Atomabkommen mit Teheran, neben den USA und dem Iran, dazu auch noch „der erfolgreichste Akteur des Dramas um das iranische Atomprogramm“. Dem ist aber nicht so, auch wenn dies Herrn Lau, einem altbekannten pro-israelischen Lobbyisten, nicht gefallen mag, denn Israel war nicht Signatarmacht dieses Abkommens, das die Trump-Administration so leichtsinnig aufgekündigt hat (auf Wunsch Israels übrigens!)

Die EU, Deutschland, Rußland, China und die UA sollten schnellstens mit dem Iran zu den Bestimmungen dieses Abkommens zurückkommen, indem die Sanktionen gegen den Iran aufgehoben und der Iran sofort (was er zugesagt hat!) zu den Beschränkungen seiner Nuklearanlagen zurückkehrt. Israel ist dabei außen vor. Als Nuklearmacht, die sich nicht den Kontrollen der IAEA unterwirft (wie der Iran), hat es keinerlei Recht, mit dem Finger auf den Iran zu zeigen. Es sitzt im Glashaus und sein Steinewerfen macht es unglaubwürdig! – Björn Luley

 


 

 

Leserbriefe zu „Durchschaut: Zwergtintenfisch“

 

Ich wiederhole mich – bereits ein wenig zerknirscht. Ist es wirklich sooo schwierig Bilder mt einem Massstab aufzurüsten???? – Manfred Uttenthaler

 


 

 

Leserbrief zur Infografik „Große Pause“ von Carolin Eitel (Infografik) Friederike Oertel (Recherche)

 

Bitte beendet diesen verstörenden Zustand! Ich liebe Herausforderungen, und die Bedingungen, die Corona schafft – familiär und jobbezogen- sind definitiv eine Herausforderung. Aber wenn ich nicht durch und durch Realist wäre würde ich einen Wunsch an die berühmte Fee richten: Kannst Du mir bitte eine andere Herausforderung schicken, diese fürchte ich nicht mehr allzu lange zu bewältigen! Ich möchte mir kein Urteil darüber erlauben, ob es richtig ist oder falsch, die Schulen zu schließen. Ich sehe nur die Folgen davon und diese sind verstörend. Ich weiß nicht, inwieweit die Entscheidungsträger konkrete Familiensituationen vor Augen hatten als sie die Schulen geschlossen haben ohne jede Hilfe / Unterstützung für die Situationen, die sich daraus ergeben (ich weiß, es gibt eine NOT-Betreuung, diese ist aber für meine Situation weder gedacht noch sinnvoll).

Homeschooling in Kombination mit Homeoffice hat massive Auswirkungen auf die Familienkonstellation. Für einen begrenzten Zeitraum ist das alles machbar. Aber auf Dauer wird das Auswirkungen haben auf die schulischen Leistungen, das familiäre Miteinander (der schöne „Haussegen“) sowie auf die berufliche Leistung und damit die finanzielle Grundlage. Meine Situation: Alleinerziehende mit zwei pubertierenden Kindern (15J. Realschule + 17J. Gymnasium Q11) mit immensem beruflichen Druck und Bangen um den eigenen Job. Im Homeoffice Tür an Tür mit zwei Kindern im Homeschooling. Immer versucht, optimale Leistung zu bringen, keine Fehler zu machen. Diese Situation ist naturgemäß subjektiv und sicher nur eine von vielen schwierigen Konstellationen:

7:00 Wecker (einer der Vorteile von Corona: man kann eine halbe Stunde länger schlafen) Bad (Pluspunkt: geht schneller, als wenn man ins Büro muss), Frühstück zubereiten 7:30 Arbeitsbeginn Homeoffice, Kinder für Homeschooling wecken 7:30 – ca. 17:30 Online-Meetings Konzentriert am Headset in der Hoffnung, in der teilweise schlechten Audioqualität alles mitzubekommen, was die manchmal durcheinanderredenden Kollegen sagen. Ich muss dazu sagen, dass ich ein lästiges Problem mit meinem Hörvermögen habe, immer wieder mit Tinnitus zu kämpfen habe. Die ausschließlich audio-gestützte Kommunikation ist eine hohe Anforderung an meine Konzentration. Und es ist immer mindestens einer dabei, der so laut in sein Mikrofon schnauft, dass man den Eindruck hat, er läuft nebenbei ein paar Kilometer auf dem Laufband.

Leider habe ich nicht immer die Befugnis, die betreffende Person stumm zu schalten, es ist auch nicht jeder so flexibel sein Mikrophon nur dann einzuschalten, wenn er etwas sagen möchte. Jetzt fällt auch unangenehm auf, wie oft manche Meeting-Teilnehmer ein inhaltslos beipflichtendes „ja genau“ von sich geben, bei einem Meeting, das ausschließlich per audio stattfindet ist störend was in einem Präsenzmeeting kaum auffällt. Im ungünstigsten Moment (es ist immer dann, wenn es gerade am Wichtigsten oder am Schwierigsten ist) kommt eines der Kinder in der Raum und braucht ganz dringend sofort irgendetwas. Ich wedle wild mit den Armen um zu signalisieren, dass ich gerade ein wichtiges Meeting habe. Ist das Kind endlich verstummt ist das Wichtigste verpasst und ich muss nachfragen oder habe mal wieder etwas verpasst, den Anschluss oder zumindest den Konzentrationsfaden verloren.

Ich möchte mich nicht länger bei Online-Meetings aufhalten, darüber könnte ich wohl ein halbes Buch schreiben, ich will nur festhalten: es ist deutlich anstrengender als Präsenzmeetings. Mögliche Kapitel für ein Buch zum Thema wären wohl u.a.: Über das Bestreben Gesten und Mimik in der audiobasierten Kommunikation zu transportieren Wie setze ich – als nicht Vorgesetzter – Regeln der Kommunikation über Skype & Co um ohne dem Kollegen (oder dem Vorgesetzten) auf den Schlips zu treten und / oder meine Zuständigkeiten als Unterstellter zu überschreiten Wie schaffe ich es, im Videomeeting bei der Sache zu bleiben, wenn bei dem Kollegen im Hintergrund die Handschellen über dem Bett hängen? tbc. Arbeiten an einem nie für Dauernutzung vorgesehenen Arbeitsplatz Mein mobiler Arbeitsplatz besteht aus einem 40cm tiefen 90cm breiten kleinen Tischchen mit Schubladen darunter. Ich kann nicht daran sitzen ohne dass ich häufig unterbrechen muss, um mir selbst immer wieder den Nacken zu massieren.

Mein Rücken ist schon froh, wenn er nicht so sehr schmerzt, dass ich am Abend vor dem Fernseher stehen muss. Der Abstand zum Bildschirm ist für meine Augen auch nicht der, den der Arbeitsschutz am Arbeitsplatz vorschreibt, aber es lässt sich eben nicht anders einrichten. Leider darf ich aus Sicherheitsgründen meinen privaten Rechner nicht für das Arbeiten benutzen. Also stecke ich am Abend Bildschirm, Maus und Tastatur um, um vom Rechner, der mir von meinem Arbeitgeber für die mobile Arbeit zur Verfügung gestellt wurde, an meinen privaten PC zu wechseln. Mein Arbeitsplatz ist im Wohnzimmer. Ursprünglich waren hier alle Kabel schön hinter den Möbeln verlegt, darauf verzichte ich nun, es ist ein wüstes Durcheinander von Kabeln auf das ich schaue, wenn ich abends (wenn es die Zeit zulässt) vor dem Fernseher sitze. Mittagessen Kinder, deren Mutter zuhause ist, erwarten mittags und abends eine selbst zubereitete Mahlzeit. Diesen Zahn habe ich meinen beiden Teenies bereits gezogen.

Aber natürlich haben sie auch ein bisschen Recht: In der Schule bekommen sie in der Mittagspause eine warme Mahlzeit in der Schulkantine. Jetzt erwarte ich von ihnen, dass sie sich selbst etwas zubereiten. Leider machen sie das meist so lautstark dass ich dann doch lieber wieder selbst schnell etwas koche (wir wohnen in einer Wohnung, in der Küche und Wohnzimmer ein Raum ist, so dass mein Arbeitsplatz direkt neben der offenen Küche ist). Und natürlich habe ich just dann ein Onlinemeeting, wenn eines der beiden Kinder gerade Mittagspause hat. Lautes Geschirrgeklapper mögen meine Ohren nicht allzu gerne während ich versuche komplexe Sachzusammenhänge am Headset zu verfolgen und ggf. kompetente Antworten zu geben. Spätestens wenn es zu übermäßiger Rauchentwicklung und begleitendem Geruch kommt muss ich endgültig unterbrechen, egal was ich gerade mache.

Ca. 17:30 – 22:00 Ich habe mal wieder nicht geschafft „zwischendurch“ mal eben die Wäsche in die Maschine zu werfen o.ä.. Also wird das jetzt erledigt. Einmal täglich gibt es natürlich eine warme Mahlzeit, also wird jetzt gekocht. Und ich stelle mir wiederholt die Frage, warum mich das jetzt mehr stresst als wenn ich den ganzen Tag im Büro war. Ich habe schon einige Teilantworten darauf gefunden, aber letztendlich wird das Angelegenheit von vielen Psychologen sein, die uns alle wieder zusammenflicken müssen, wenn wir diese Zeit halbwegs überstanden haben. Sitze ich dann endlich gegen 21:00 auf der Couch bin ich definitiv nicht mehr in der Lage ein Buch zu lesen, so wie ich das vor Corona gehandhabt habe. Ich schaue irgendetwas was da im Fernsehen kommt und bin zum Glück so kaputt, dass ich mich nicht mehr über die Niveaulosigkeit des dort Angebotenen aufregen kann. Meine beste Freundin hat sich bitter bei mir beschwert, dass ich mich nicht wenigstens zwischendurch mal kurz melde.

Das gibt mir sehr zu denken, aber ich bin einfach nicht mehr in der Lage rein audiobasiert zu kommunizieren. Ich liebe meinen Job, ich habe meinen Beruf gewählt, weil mir Spaß macht, was ich tue. Aber ich habe immer das Konzept Arbeiten um zu leben praktiziert, Sicherung von Freizeitqualität vor Verdienstoptimierung gestellt. Jetzt lebe ich um zu arbeiten. Und das bei einem Lohn, der noch nicht einmal meine Fixkosten deckt. Wechselunterricht Wenn der Wechselunterricht wieder beginnt, wird es scheinbar besser, aber nur scheinbar, denn dann muss ich wieder regelmäßig mit einem der Kinder ins Testcenter fahren, weil irgendein Mitschüler über 3 Ecken Kontakt mit einem positiv getesteten hatte (bitte nicht missverstehen, ich finde all diese Maßnahmen sinnvoll, möchte hier nur darauf hinweisen, welche Belastungen dies an mich stellt).

Und sobald eines der Kinder ein bisschen Schupfen hat (oder um Gottes willen vielleicht sogar hustet) muss das betroffene Kind zuhause separiert werden, denn es könnte dieses mal ja Covid19 (oder noch schlimmer die britische Mutation) sein. Dann verpasst das Kind den gesamten Unterricht, da während dem Wechselunterricht kein Homeschooling in Form von Videounterricht angeboten wird. Wechselunterricht bedeutet für mich: noch weniger Planbarkeit, denn das Kind muss sofort aus dem Unterricht abgeholt werden wenn es nur ein einziges mal hustet. Mit dem Auto, um Gottes Willen nicht mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Wir wohnen in Fußnähe zur SBahn, jeder weiß, was das in Bezug auf die Miete bedeutet.

Ich zahle diese hohen Miete, weil ich als berufstätige alleinerziehende Mutter nicht die Möglichkeit habe, meine Kinder immer überall hin mit dem Auto zu fahren, aber nun muss ich wieder alles mit dem Auto erledigen weil die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel mit Schupfen oder Husten nicht angebracht ist. Bei meinem Sohn sind das mal eben 160km, er geht (in coronafreien Zeiten) ins Internat. Leben mit Pubertieren Ich fühle mich der Herausforderung von Pubertieren (im Rahmen des Möglichen) gewachsen. Jeder darf m.E. seine eigene Haltung dazu haben, ich bin auf der Seite der eher autoritären Eltern, bei mir gibt es recht klare Regeln und entsprechende Konsequenzen bei Nichteinhalten.

Aber jeder mit Kindern ab ca. 15 Jahre weiß, dass dies alles manchmal nichts hilft, sondern nur eine einzige Strategie dem weitgehend schadfreien Überleben zuträglich ist: Distanz. Freiraum. Seit nahezu einem Jahr sitze ich nun mit meinen beiden Kindern 24/7 in unserer Wohnung fest. Ja, meine beiden sind eine der seltenen Exemplare, die sich strikt an die Regeln halten, keine Treffen mit Freunden o.ä.. Auch zu diesem Thema könnte ich nun ein halbes Buch füllen, denn die teilweise toxische Dynamik, die dieses Zusammenleben mit sich bringt hat mich schon mehrmals an meine Belastungsgrenze gebracht – und ich wusste vorher gar nicht wie dehnbar diese Grenze ist. Es hat die Beziehung zwischen mir und meinen Kindern stark beschädigt.

Auseinandersetzungen, die ein Niveau haben von dem ich niemals gedacht habe, es einmal zu erreichen sind nahezu an der Tagesordnung. Beide haben nun die erklärte Absicht, so bald wie möglich auszuziehen, Hauptsache nicht mehr bei dieser schrecklichen inakzeptablen Mutter. Ich kann das manchmal aus der angebrachten Distanz betrachten, aber es gibt auch die Momente, in denen es mir einfach nur die Tränen der Verzweiflung in die Augen treibt. Finanzielle Hilfen vom Staat Als Ausgleich habe ich in 2020 für jedes Kind 300 Euro bekommen, die Hälfte davon darf der Vater vom Kindesunterhalt abziehen obwohl er keines der Kinder eine einzige Woche bei sich hatte, nicht im ersten und nicht im zweiten Lockdown.

Er bekommt Geld dafür, dass seine Kinder die ganze Zeit auf meine Kosten und auf meine Nervenlast bei mir waren statt in der Schule. Viel Spass beim Ausgeben! Die Internatsgebühren zahle ich natürlich weiterhin (pro Lockdown wurde eine Monatsrate erlassen), ohne eine Leistung dafür zu erhalten. Ist aber verständlich, das Internat hat schließlich die gleichen Kosten zu tragen egal ob Schulbetrieb ist oder nicht. Anmerkungen Corona verlangt uns allen viel ab, und ich bin nicht der Meinung, dass die Regierung versagt hat oder ähnliches, ich möchte explizit keine Beurteilung dieses Aspektes vornehmen. Ich bin mir sicher, dass wir alle unser Bestes geben, aufgrund der Besonderheit der Situation ist das nicht perfekt, aber es ist das bestmögliche.

Ich möchte die Probleme nicht nur auf uns Alleinerziehende beziehen, auch klassische Familiensituationen sind gleichermaßen betroffen, aber ich kann es nur aus meiner Erfahrung ganz subjektiv als Alleinerziehende darstellen. Aufgrund der Komplexität der Themen nage ich nur am Rand der Problematiken, ich wollte kein Buch schreiben, sondern möglichst knapp ein paar meiner drängendsten Gedanken loswerden. Daher ist überall Kritik an meinen Aussagen schon alleine wegen der Unvollständigkeit angebracht. – Kathrin Lückenga

 


 

 

Leserbrief zu „Andi, der Weltenretter“ von Peter Dausend

 

Auf die Lektüre dieses herrlichen Artikels, der mich recht amüsierte, möchte ich Ihnen kurz meine Assoziation übermitteln: Vor nicht allzulanger Zeit nannte man so etwas in einem Teil unseres Vaterlandes noch: Bewährung in der Produktion! – Christian Gehring

 


 

 

Leserbrief zu „»Bild«-Chefredakteur unter Friendly Fire“ von Hannah Knuth und Holger Stark

 

Was ist blos mit manchen Männern los? Da wird die Macht verbunden mit Geld und Sex zum Symbol. Wie lange das schon so geht, wird man wohl nicht erfahren, da die betroffenen Frauen natürlich den Mund halten, und ihren Chef in Schutz nehmen. Vor allem, wenn viel Geld floss. Oder eine gute Stelle dabei herauskam. Gibt es eigentlich überhaupt keinen Verhaltenscodex bei Springer? Oder wird alles über die „Besetzungscouch“ gelöst. Ich hoffe, dass es bei der ZEIT anders läuft, und die Chefs wissen, was sich gehört. Zum guten Journalismus gehört auch gutes Benehmen, denn Sie wollen ja Vorbild sein. – Ute Koch

 


 

 

Leserbrief zu „Bei den Irakern“ von Andreas Englisch

 

Danke, dass Sie darüber berichten, dass Papst Franziskus in den Irak, ins Zweistromland, zur Wiege des Christentums gereist ist und erneut ein Bild des Trostes und der Hoffnung hinterlassen hat.

Papst Franziskus hat vor genau einem Jahr am 27. März um 18 Uhr alleine auf dem menschenleeren Petersplatz den eucharistischen Segen „Urbi et orbi“ gespendet – Trost in schwerer Zeit! Beide Trostbilder werden neben dem von Krankheit gezeichneten Papst Johannes Paul am Karmittwoch 2005 und dem vom Wind aufgewehten Evangeliar während des Requiems für Johannes Paul in die Geschichte eingehen: Vera Icona! Das wahre Bild des Menschen auch in Coronazeiten hat uns dieser Papst zurückgegeben: Wir sind Gottes geliebte Kinder. – Marco Evers

 


 

 

Leserbriefe zu „Er will streiten“ von Raoul Löbbert im ZEIT Magazin

 

Danke, Immer, Herr Löbbert, hat mich richtig gefreut. Ein schöner Beitrag von Streitkultur gegen Lingua Quinti Imperii. Ich hab mich mit Herrn Thierse versönt! Wie überraschend für mich. Als DDR’ler Jahrgang 56 war ich gewiß ein williger Helfer für und des Sozialismus und auch mit dem Erwachsenwerden immer stärker auf Abstand zur Nomenklatura-Politik, ja auf ideologischen und satirischen Abstand gebürstet. Für mich ging es in fröhlichem und auch wütendem Oppositionsgeist ab November 88 steil bergauf, weil es mit der Nomenklatura dinosaurierhaft wurde und ihr Sterben wörtlich wurde. Herr Thierse wurde nach oben gespült.

Mir war er zu onkelhaft – und sein Linken – bashing habe ich oft als Problem verkürzend eingeschätzt. Er wurde ein Mächtiger – und lebte ich mein neues Leben – bis heute gut. Als Wolfgang Thierse Bundespräsident wurde, gelang es mir, ihm etwas mehr zuhören zu können. Dass der Bundespräsident alles Nomenklaturahafte hasste, war mir immer klar. Er blieb ja Prenzelberger, normal Wohnender, bürgerlich im besten Sinne wie Joachim Fest („Ich nicht“). Seine Antigentrifizierungswut fand ich treffend und lustig. Man wird doch wohl mal Schwaben beleidigen dürfen! Ab heute wird zurückhumort!

Mit der Zeit wurde es wohl immer etwas stiller um den Bundespräsidenten a.D. . Vermisst habe ich ihn nicht, ihm nachgetrauert auch nicht. Und jetzt dieser Paukenschlag – diese Offensivelust. Das tut mir gut. Ich „fühlte“ (sehr schön, Ihre Passagen über fühlen, beleidigt und betroffen sein) mich schon einsamer in heutigen Debatten. Das ist ja vielleicht auch normal mit dem Älterwerden. Völlig bewusst lehne ich forlaufendes Abheben auf Geschlecht, sexuelle Orientierung und Rasse bzw. Hautfarbe ab. Diese dauernde Kennzeichnung und zunehmende Kennzeichnungspflicht individueller Ausprägung ist ermüdend, langweilig und letztlich kontraproduktiv für Demokratieentwicklung und Beteiligungskultur.

Es kommt allein auf den demokratischen Prozess und das konkrete Tun an und Ungerechtigkeiten in und auf allen sozialen Ebenen schrittweise zu minimieren und letztlich abzuschaffen. Ungebrochen bin ich Anhänger der Aufklärung und von Montaigne. Beide pflegen ein menschheitliches Menschenbild. Dafür setze ich mich immer ein. Herr Thierse ist mein Bruder. Also: Immer Kopf hoch und weitergemacht, Herr Thierse, und Herr Martenstein. – Mathias Kleinschmidt

 

Die Geschichte der SPD ist (auch) geprägt von inneren Auseinandersetzungen und Spaltungen. Auch in den erfolgreichen Jahren zwischen 1966 und 1982 wurde die dominierende Troika Brandt, Schmidt und Wehner z. B. von den Jusos und Studentenverbänden wie SDS und SHB kräftig gepiesackt. Schmidt verlor seine Kanzlerschaft und die SPD ihre Regierungsbeteiligung nicht zuletzt wegen der innerparteilichen Auseinandersetzungen z. B. über den NATO-Doppel- beschluss. Aber damals saß die SPD auf einem Wählerpolster von über 40 Prozent. Heute liegt sie bei 16 Prozent, aber auch das lässt die innerparteilichen Kritiker und Kontrahenten nicht ruhen.

Die kleine, aber immerhin vorhandene Möglichkeit, von der Schwächung der Union nach dem Ausscheiden von Merkel als Parteivorsitzender und Kanzlerin und der aktuellen „Masken- Affäre“ zu profitieren, wird verspielt, weil maßgebliche Kreise lieber die (vermeintlichen) Interessen immer kleinerer Minderheiten bedienen als den Wählern frühere Kernkompetenzen einer sozial- demokratischen Partei anbieten wollen. Mit freundlichen Grüßen, W.-R. Heilmann Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Heilmann die Geschichte der SPD ist (auch) geprägt von inneren Auseinandersetzungen und Spaltungen. Auch in den erfolgreichen Jahren zwischen 1966 und 1982 wurde die dominierende Troika Brandt, Schmidt und Wehner z. B. von den Jusos und Studentenverbänden wie SDS und SHB kräftig gepiesackt.

Schmidt verlor seine Kanzlerschaft und die SPD ihre Regierungsbeteiligung nicht zuletzt wegen der innerparteilichen Auseinandersetzungen z. B. über den NATO-Doppel- beschluss. Aber damals saß die SPD auf einem Wählerpolster von über 40 Prozent. Heute liegt sie bei 16 Prozent, aber auch das lässt die innerparteilichen Kritiker und Kontrahenten nicht ruhen. Die kleine, aber immerhin vorhandene Möglichkeit, von der Schwächung der Union nach dem Ausscheiden von Merkel als Parteivorsitzender und Kanzlerin und der aktuellen „Masken- Affäre“ zu profitieren, wird verspielt, weil maßgebliche Kreise lieber die (vermeintlichen) Interessen immer kleinerer Minderheiten bedienen als den Wählern frühere Kernkompetenzen einer sozial- demokratischen Partei anbieten wollen. – Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Heilmann

 

Das wäre nichts für mich. Gleich gar nicht, wenn es um eine Ideologie geht. Was ist gut oder schlecht? Das kann nur ein Mensch wissen, der über einen gesunden Menschenverstand verfügt. Und da hapert es in Deutschland gewaltig. Ich behaupte, ohne Politik kann man ein besseres Leben führen. Das ist der Sinn des Lebens. – Gunter Knauer

 

Wolfgang Thierse erfährt eine Menge Gegenwind. Dabei stellt er eine durchaus bedenkenswerte Frage: Wieviel Identität verträgt unsere Gesellschaft? Offensichtlich ist ihm gewahr, daß in unserer zuspitzenden Meinungskultur die Formulierung einer Identität der erste Schritt zur Zwietracht ist. Der zweite ist die Abgrenzung gegenüber den anderen. Im dritten Schritt, man könnte sie Kompressionsphase nennen, entwickeln die Identitären entweder eine Überlegenheitsgesinnung oder eine Opferrolle, die sich im vierten Schritt in Haß, manchmal auch in Gewalt entlädt. Sozialfragen werden (nicht nur) in der SPD oft mit Identitätsfragen vermischt. Dabei ist Identität der Spaltpilz unserer Gesellschaft. Und Identitätspolitik der Dünger. – Ralf Theisen

 

Die große alte, derweil nur noch alte SPD hat eine Führung, die die ganze Bandbreite an komplexer Unsouveränität und Formatlosigkeit dieser Partei widerspiegelt. Wenn ein verdientes Parteimitglied wie Wolfgang Thierse, der, ausgehend von der verbindenden Basis menschlicher Vernunft und Bildung, nicht mehr und nicht weniger als einen demokratischeren Umgang miteinander anmahnt, allenfalls Scham und Verstörung anstatt einer intelligenten Auseinandersetzung mit Gesagtem und Gemeintem hervorruft, dann entbehrt genau das in höchstem Maße der Sozialdemokratie. Überdies sollten wir alle als Teil der Gesellschaft ganz grundsätzlich zur Kenntnis nehmen: Die Ausschaltung des gesunden Menschenverstandes birgt stets Gefahr für das Herz einer Demokratie. Und dagegen muss man auf jeden Fall streiten wollen. – Matthias Bartsch

 

Mit großer Verwunderung und Unverständnis habe ich die Aussagen Wolfgang Thierses zu seiner missglückten Kommunikation über „Identitätspolitik“ gelesen. Der Eindruck des Artikels war, dass er die Missverständnisse aus seinem ursprünglichen Gastbeitrag in der FAZ ausräumen wollte – dabei aber meiner Meinung nach noch viel mehr Vertrauen in seine Partei zerstört hat. Er spricht von normalen Menschen, die nicht an Identitätspolitik interessiert seien. Laut seinen Aussagen gehören zu den normalen Menschen und den Hauptwähler*innen der SPD „Arbeiter“. Da stellt sich die Frage, ob es denn seiner Meinung nach keine schwulen Facharbeiter, keine feministischen Verkäuferinnen oder Familien von Arbeitslosen gibt, in die ein Kind mit nicht eindeutig zuweisbarem Geschlecht geboren werden?

Wenn er das Verlangen nach Gleichberechtigung für bisher Benachteiligte als etwas abtut, was nur Bildungsbürger*innen betrifft, erschwert er genau denen das Leben, die schon mit anderen Nachteilen zu kämpfen haben. Wenn das „Arbeitermilieu“ von denen als intolerant und desinteressiert dargestellt wird, die vorgeben, es zu vertreten, macht er es noch schwerer, sich zu outen und gleiche Behandlung einzufordern. Ist gleichgeschlechtliche Liebe in seinen Augen noch unnormal? Ist es unnormal, als Frau gesehen und wahrgenommen und geschätzt zu werden?

Ist es unnormal, darauf zu bestehen, dass die Natur nicht eindeutig männliche oder weibliche Menschen hervorbringt und diese Trennung in unserer Gesellschaft eine künstliche ist? Wenn sich nun außer Frau Esken und Herrn Kühnert so viele in der SPD-Spitze auf seine Seite gestellt haben, bedeutet das für mich, dass die SPD keine progressive Partei mehr ist, sondern nur noch eine Besitzstandswahrerin für eine aussterbende Gruppe von Menschen. – Ulrike Mietz

 

Ich bin gleich zu Anfang beim Lesen Ihres Beitrags zu Wolfgang Thierse gestolpert, als Sie ihn mit einem „Denkmal von kultureller und nationaler Bedeutung“ ähnlich dem Schadow-Haus in Berlin verglichen haben, in dem er ein Büro als Bundestagspräsident a.D. besitzt. Richtig gingen aber die Laternen bei mir an, als ich die Passage las über die neue Debattenkultur und „die neue digitale Demokratie“. Ich frage mich, was zeichnet eine „digitale Demokratie“ aus, daß sie so neuartig wie bisher nichts auf der Welt sein könnte, und daß jede/r, die/der ihre Technik nicht verinnerlicht hat, günstigstenfalls als bedauernswertes vorgestriges Inidividuum gelten darf? Ist denn wirklich das Medium die Botschaft?

Ich bin sehr froh, daß ich Wolfgang Thierse zu meinen Genossen zählen darf, der sich nicht scheut, mutig die verquasten neuen Sprachregelungen zumindest als Gesinnungsgängelung, wenn nicht gar als Gesinnungsdiktatur zu bezeichnen, und ich hoffe, er lässt sich auch künftig die Parteimitgliedschaft, von wem auch immer, nicht vermiesen. Um ehrlich zu sein, einen solchen Beitrag hätte ich von der ZEIT bzw. vom ZEIT-Magazin nicht erwartet. – Raimund Scholzen

 

Vielen Dank für die Beschäftigung mit der sogenannten Identität(spolitik) in dieser Ausgabe, die mir diese Angelegenheit erhellt hat, mir Sinn wie Unsinn daran klarer gemacht hat. An Herrn Martenstein ein schlichtes „Bravo!“. – Volker Homann

 


 

 

Leserbriefe zu „Prüfers Töchter“ von Tillmann Prüfer im ZEIT Magazin

 

Auch ich teile Ihre Sicht, dass Jugendliche in Zeiten der Corona Pandemie auf ziemlich wertvolle Erfahrungen verzichten müssen und jetzt wo sie ihre Freiheit leben und ausloten bzw auch ausprobieren könnten, sich einschränken bzw darauf verzichten müssen. Das betone ich auch selbst gerne in Diskussionen! ABER: Ihre Aussage “ Ich kann nur ahnen, dass sie und ihre Freunde gerade eine Jugend erleben wie noch keine Generation vor ihnen…“ halte ich für sehr fragwürdig! Eine Jugend wie KEINE Generation vor ihnen…Mein Vater ist Jahrgang 1941 …er hatte wie sehr viele seiner Generation eine Kindheit in einer „ausgebommten Familie“ in Krefeld ohne Vater, der im Krieg gefallen ist und eine Jugend mit „brav und artig sein müssen“ ohne Rebelle sein zu können… und das ist erst zwei Generationen zurück…

Bis vor zwei bzw drei Generationen gingen viele Jugendlichen mit 14 oder 15 häufig bereits zur Arbeit, andere mussten mit 15/16 in den Krieg…Nicht, dass ich das gut finden würde nach dem Motto „früher…“und nicht jeder nachfolgenden Generation wünsche, das nie erleben zu müssen, aber heute zu schreiben, dass die heutige Jugend eine Jugend erleben muss, wie KEINE vorher ist schon sehr fraglich ! Meinen Sie das bei näherem Hinsehen nicht auch! Von Herzen wünschen ich den jungen Menschen in unserer Zeit, dass sie bald wieder oder erstmals Rebelle und Rebellin sein können und dürfen. – Ignatius Möncks

 

Gerade habe ich Ihren wöchentlichen Beitrag über eine Ihrer Töchter gelesen, dieses mal über ihre 15-jährige Lotta, und ich war geneigt, Ihnen voll und ganz zuzustimmen. Bei nochmaligem Überfliegen des Textes bleibe ich nun aber doch an Ihrem Satz: „Ich kann nur ahnen, dass sie und ihre Freunde eine Zeit erleben wie noch keine Generation vor ihnen“. Und nun muß ich Ihnen doch heftig widersprechen. Ich weiß, dass sie so ungefähr so alt sind wie meine beiden Töchter, eine 45, die andere 49 Jahre alt. Und ich selbst bin 76.

Als ich 16 war, verbrachte ich im Sommer 1961 mit einem Freund zwei Wochen an der Ostsee, ich war erst das zweite mal in meinem Leben dort, und genoß eine Schiffsfahrt von Boltenhagen aus auf die Lübecker Bucht. Zwei Tage, nachdem wir aus dem Urlaub zurück waren, wurde die Berliner Mauer gebaut. Mein Freund war einen Tag zuvor noch über Westberlin geflohen, er wollte nicht dem Einberufungsbefehl zur NVA folgen. Es dauerte 25 Jahre, bis ich meinen, inzwischen völlig entfremdeten Freund, wieder sah, und 28 Jahre, bevor ich das nächste mal mit einem Schiff auf die Ostsee fahren konnte.

Als ich 1987 das erste mal allein, ohne Familienangehörige, in die Bundesrepublik reisen durfte, stand mir meine damals 16 jährige Tochter bei der Verabschiedung mit einer bitteren Mine gegenüber, die ich nie vergessen werde. Es war nicht etwa die Befürchtung, dass ich vielleicht nicht zurückkommen würde, sondern sie bemerkte nur, dass sie wohl in 50 Jahren erstmals in den Westen reisen könne, denn nahe Verwandte wie ich, hatte sie ja nicht mehr, und für die anderen galt das Rentenalter als Reisealter. Einer meiner Enkel, der im vorigen Corona-Sommer das Abitur gemacht hat, studiert online, auch für mich eine grausige Vorstellung. Er kennt seine Kommilitonen kaum, von gemeinsamen Kneipengängen ganz zu schweigen!

Aber auf meine Befragung diesbezüglich, zuckt er mit den Achseln und sagt: „Ist halt so, ist ja nicht für immer!“ Genau diesen Satz sollten wir uns alle öfter mal gegenseitig sagen, und das alle deprimiert sind, gehört zur Krisenrhetorik. Wir müssen uns nur von der Vorstellung lösen, das alles so bleibt wie es immer war, und dass die Zukunft nur eine Verlängerung der Gegenwart ist. Auch die Vorstellung, dass nichts mehr so sein wird wie früher, muß einen nicht erschrecken, denn hätte sich nichts geändert, wäre ich heute immer noch nicht auf der Ostsee Schiff gefahren! – Eberhard Schöffel

 

In Ihrem Beitrag stiess mir die Formulierung „gerade eine Jugend erleben, wie noch keine Generation vor ihnen: eine Jugend, in der man keine leichtsinnige Rebellin sein darf…“. Da frage ich mich doch, wie kurz Ihr Gedaechtnis ist. Oder meinen Sie ernsthaft, dass eine Jugend im 2. Weltkrieg, waehrend des Dritten Reichs, im 1. Weltkrieg, im Kaiserreich, in den Laendern des globalen Suedens etc.etc. wirklich weniger schlimm ist als das, was die Generation Ihrer Tochter derzeit erlebt? Ich will damit nicht sagen, dass mit Kindern und Jugendlichen in Deutschland derzeit nicht wirklich uebel mitgespielt wird, aber es waere schoen, wenn noch ein Sinn fuer Proportionen gewahrt bliebe. – Sabine Moehler

 

Gern und regelmäßig lese ich Ihre Kolumnen und freue mich darüber, wie genau Sie Ihre Töchter beobachten und kommentieren. Über Ihren letzten Beitrag war ich allerdings ziemlich erstaunt. Sie schreiben u.a.: „Was ist das eigentlich für eine Jugend? … … dass sie und ihre Freunde gerade eine Jugend erleben wie noch keine Generation vor ihnen; eine Jugend, in der man keine leichtsinnige Rebellin sein darf, sondern sich in jeder Alltagssituation an strenge Regeln halten muss. Eine Jugend, in der gar keine Orte existieren, an denen man leichtfertig sein könnte. … usw. usw. Ich bin 86, meine Schwester ist 93 Jahre alt. Die heutigen jungen Leute sollen Ihres Erachtens eine Jugend wie noch keine Generation vor ihnen erleben?

Bisher hatte sie das große Glück, im Luxus aufzuwachsen. Der macht nun zweifellos mal eine etwas längere Pause. Das aber gleich als großes Unglück zu bezeichnen, wenn man sich an strenge Regeln halten muss und nicht leichtfertig sein darf, halte ich doch für ziemlich übertrieben. „Good vibrations“ kannten wir in unserer Jugend nicht. Der Schulunterricht meiner Schwester fand in den immer kürzer werdenden Pausen zwischen Bombenangriffen im Keller statt. Danach wurden die 16-jährigen zur Feuerwehr abkommandiert. Sie mussten brennende und zerbombte Züge im Bahnhof löschen. Leider fand sie dort auch ihre verbrannten Klassenkameradinnen.

Ich musste später noch mit der Straßenbahn an Ruinen vorbei zur Schule fahren. Wegen Raummangel wurde der Unterricht z.T. in einigermaßen intakten Räumen von muffigen Kneipen erteilt. Strenge Regeln musste man uns nicht beibringen. Sie ergaben sich von selbst. Leichtfertig? Was war das? Der Jugend von heute geht es nach wie vor gut. Vielleicht sollte sie sich mal in einem Flüchtlingslager umsehen. Unter Umständen würde ihr dann klarer, dass sie immer noch auf der Sonnenseite des Lebens steht. Trotz Corona. – Traudel Schmidt

 


 

 

Leserbriefe zu „Wondraks Wiederkehr“ von Tillmann Prüfer im ZEIT Magazin

 

Janosch-Nummer: Bei der Lektüre des Zeitmagazin-Heftes Nr. 11 / 2021 fiel mir ein dummer Witz ein: Hein und Fietsche machen eine Sause durchs Vergnügungviertel von St. Pauli: Reeperbahn, Hans-Albers-Platz, und landen in einem Rotlichtlokal. Fast völlig entblösste Damen ringeln sich um Metallstäbe. Mit’nmool seggt Hein to Fietsche: ,,Du, Fietsche, dor süht’n mool, wat wi tohuus för Schiet hebbt!“. – Angesichts von Janoschs ,,Wondrak“-Zeichnungen und Bildtexten früher und in diesem Heft möchte ich variieren:,,Dor süht’n mool, wat wi nu mit Nadine Redlich ehr Billers för Schiet hebbt!“ – Prof. Dr. B. J. Diebner

 

Auch wir in unserem kleinen aber feinen Museum WANDLIEBE in Celle haben den 90. Geburtstag von Janosch gefeiert. Janosch hat nicht nur Wondrak-Geschichten geschrieben und gezeichnet, sondern auch Tapeten und wunderbare Stoffe entworfen, die wir in unserem „Tapeten-Museum“ zeigen und ausstellen. Auch diese Entwürfe sind unbedingt sehenswert. In unserem Tapeten-Geschäft wurden die Tapeten und auch die Stoffe vor ca. 30 Jahren gerne angeboten und verkauft. Nun sind sie nur noch – wie schon gesagt – im Museum WANDLIEBE zu bewundern! Das ist unsere Geschichte zum 90. Geburtstag von Janosch. – Museum WANDLIEBE und Marianne Stumpf

 


 

 

Leserbriefe zu „SCHACH“ von Helmut Pfleger im ZEIT Magazin

 

Ist es nur Zufall oder Versehen, dass die Schachaufgabe im Magazin vom 10.03. 2021 dieselbe Stellung zeigt wie am 06.01. 2021, wenn auch mit anderer Aufgabenstellung? Gefragt ist nach einem Weg f Schwarz, Material zu gewinnen, dabei ist er schon im Vorteil und muss nur die Mattdrohung abwehren, nach der im Januar gefragt war…? – Gerd Georgii

 

Ich habe eine Frage zur Lösung des Schachproblems aus dem Zeitmagazin Ausgabe 10/2021. Gesucht wurde eine Matt Kombination. Die Lösung ist in Ausgabe 11/2021 wie folgt angegeben: 1.Sf6+! Kh8 2.Dg6!! Neben den in der Lösung angegebenen Zugmöglichkeiten für Schwarz, die zu direktem Matt führen, kann Schwarz alternativ aber auch noch 2. … gxf6 spielen. Wie aus dieser Zugfolge eine unmittelbare Mattstellung resultieren kann, sehr ich nicht, würde es aber gerne verstehen. Gibt es hier eine vergleichbare Lösung, diese finde ich einfach nicht. Aus meiner Sicht lässt sich nach 2…. gxf6 maximal ein Damengewinn (mit anschließender Übermacht im Endspiel) erzielen: 3.Dxf6+ Sg7 (sonst Matt durch 4.Tg3) 4.Tg3 Tg8 5.Se5xf7+! Dc7xf7 6.Df6xf7 – Konrad Berghoff

 


 

 

Leserbrief zu „Mein weißes Geheimnis“ von Ursula März in der Beilage ZEIT Entdecken „Kommst du mit?“

 

Mit Erstaunen habe ich Ihren Artikel im Inhaltsverzeichnis des Zeit-Sonderheftes „Z Entdecken N. 11“ gelesen: „Das Klopapier – Etwa 600 Blatt sollte man in die Mongolei schon mitnehmen“. Was würde der Clou, was die entscheidende Wendung der Story wohl sein, fragte ich mich, denn es wird wohl kaum wirklich jemand 600 Blatt Toilettenpapier mit in die Mongolei genommen haben.

Leider stellte sich heraus, dass es keinen Clou gab. Stattdessen wird die Geschichte einer Frau erzählt, die ein richtiges Abenteuer erleben will, aber ohne die Zivilisation hinter sich zu lassen. Einmal ganz nah an der Natur sein – und gebleichten Zellstoff in ihr verteilen. Es hat mich traurig gemacht, zu lesen, wie sehr sich der Mensch von sich selbst entfremdet hat. Wie er – oder sie – von etwas träumt, das sie dann doch nicht will.

Liebe Frau März, in vielen Regionen dieser Welt ist die Verwendung von Klopapier unüblich. Da muss man noch nicht einmal in die mongolische Steppe, es genügt eine Reise in die Türkei. Für gewöhnlich wird dort die linke Hand und etwas Wasser (auf Reisen aus der Flasche) benutzt. Essen tut man dann mit rechts, das ist absolut ausreichend hygienisch und eine Erfahrung, bei der man sich selbst näher kommen kann. Wem das zu arg ist, kann eine portable Podusche benutzen, zum Beispiel die „HappyPo“, die ist klein, leicht, unendlich oft wiederverwendbar, macht prima sauber und überhaupt keinen Müll. Und wem das immer noch nicht reicht, der/die sollte vielleicht ein anderes Reiseziel erwägen. – Felix Dengler

 


 

 

Leserbrief zu „Frisch gestärkte Servietten, so schön!“ von Jens Jessen in der Beilage ZEIT Entdecken „Kommst du mit?“

 

Mit Interesse, Neugier, Nostalgie und Wehmut habe ich Ihren Reisebericht gelesen. Die ersten Abschnitte beschreiben meine Geschichte. Von meinem ersten selbst verdienten Geld habe ich mir einen gebrauchten roten 700er BMW gekauft. Damit war ich PS-mäßig besser ausgestattet als mein Freund mit seiner Isetta. 1966 habe ich mich mit einem Freund auf eine Alpentour gewagt. Ich erinnere mich an eine mäßig steile Schotterstraße, bei der einer aussteigen musste, weil die Räder durchgedreht sind. Natürlich habe ich Zusatzscheinwerfer angebracht, da wir gelegentlich Nachtrallyes gefahren sind. Geografische und historische Kenntnisse waren erforderlich, um die Zwischenstopps zu finden. Eine Startnummer an der Tür hat Selbstbewusstsein ( und PS ?) verliehen. Das Überholen von Lkws bei starkem Seitenwind war stets eine kleine Mutprobe. Vielen Dank für die Reise in die Vergangenheit. – Dieter Hetzel