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15. Juli 2021 – Ausgabe 29

 

Leserbriefe zu „Auf dem Sofa um die Welt” von Jörg Lau 

 

Herr Buhrow sagte zur Causa Strobl, dass sie nie habe erkennen lassen, in welchem politischen Umfeld sie aufgewachsen sei. Mit der Entscheidung den Sendeplatz des Weltspiegel in das Nirwana des Spätprogramms zu verschieben, kommt sie jetzt aus der Deckung. – Rüdiger Weigel 

 

Sie haben mir „aus dem Herzen“ geschrieben. Ich schaute den Weltspiegel schon als Sie dreieinhalb waren (ich bin Jahrgang 1939). Gerd Ruge, Klaus Bölling, Lothar Loewe noch immer im Gedächtnis. Auch die Korrespondenten in den Brennpunkten, z.B. Prag 1968, Madrid 1975, aus Europas Zentren 1989/1990 nicht zu vergessen. Bis heute ist diese Sendung ein fester Bestandteil meiner Fernsehwoche, die inzwischen stark „ausgedünnt“ ist. Um 23:00 Uhr würde ich es auch noch schaffen, aber das ist doch der Platz für richtige Minderheiten.

Und in den Staatsverträgen mit den Öffentlich-Rechtlichen, ich kenne die Texte nicht, aber die Sinngebung, steht doch ausdrücklich, dass sie an Bildung oder so ähnlich, der Bevölkerung einen hohen Anteil haben. Das wird doch bei den Anträgen für die Beitragserhöhung immer besonders hervorgehoben. Weiter Werbung für den Weltspiegel zum jetzigen Zeitplan machen. Wäre auch mal einen Artikel in DIE ZEIT wert, in welchen Städten, weltweit, ARD/ZDF Büros und Korrespondenten*innen hat. – Hartmut Wagener 

 

Nun also auch das noch: der „Weltspiegel“, einer der letzten Leuchttürme journalistischer Information und interessanten Aufklärung soll auf dem Altar des gefälligen Quotenstrebens geopfert und in die Wüste der Wahrnehmungslosigkeit verbannt werden, wo es mit dem bereits seit Jahren dorthin verworfenen „Auslandsjournal“ des ZDF ein müdes Publikum teilen dürfte. Man erinnere sich in diesem Zusammenhang an das bei jeder Gelegenheit durch die Verantwortlichen betonte Sendungsbewusstsein der Öffentlich-Rechtlichen, den ‚alternativen Fakten‘ Qualität und seriöse Recherche entgegenzuhalten.

Richtig, aber man muss es auch zu den Zuschauern bringen und nicht den Kreis der Interessenten auf die ehedem bildungsorientierten Nutzer der Mediatheken beschränken. In Zeiten, in denen ein Tsunami bedeutungsloser und falscher Inhalte durch die sozialen Netzwerke und undurchsichtigen Medien flutet, ist eine seriöse von Fakten geprägte Berichterstattung umso notwendiger. Die ARD kommt ihrer Aufgabe immer weniger nach, rutscht ein beträchtliches Stück tiefer in die mediale Beliebigkeit und kapituliert vor ihren hehren Zielen. Wäre nicht auch der 20:00 h Termin der Tagesschau eine ideale Zeit, um den Zuschauern ein weiteres ach so lustiges Quiz mit albernen Fragen für unsere C-Prominenten zu kredenzen? – Uwe Lohölter 

 

Mit Bestürzung lese ich von dem Vorhaben, den Weltspiegel ins Spätprogramm zu verfrachten und durch Ausweitung der Sportberichterstattung zu ersetzen. Informationen und Öffnung des Horizonts des Durchschnittszuschauers wird einmal mehr durch Verdummungsprogramm ‚a la Brot und Spiele für das Volk ersetzt. So untergraben wir immer weiter die geistige Basis unserer Gesellschaft mit der Folge zunehmender Phantasielosigkeit und abnehmender Kritikfähigkeit. Auf dass wir dann alsbald wieder kritiklos einem armseligen Narrenfänger hinterherlaufen werden. – Eberhard Goette 

 

Als Senior Experte für Architektur und Städtebau bin ich häufig im Ausland tätig und zwar nicht in westlichen Ländern, über die man ausreichend informiert wird. Über Indonesien und Madagaskar z.B., wo ich wiederholt im Einsatz war, hat man so spärliche Informationen, dass ich trotz ausgiebiger Vorbereitung Erlebnisse vor Ort oft schwer einordnen konnte. Mir haben Reportagen im „Weltspiegel“ oft geholfen, mich auf solche Orte vorzubereiten, einmal sogar zu der Entscheidung, einen Einsatz nicht anzunehmen. Tagesschau und Weltspiegel sind für mich die wichtigsten Sendungen der ARD und sie erfüllen m.E. am vollkommensten den Informations- und Bildungsauftrag der öffentlich rechtlichen Sender.

Dagegen kann ich auf die Unzahl austauschbarer Talkshows gut verzichten wie übrigens auch auf die immer mehr Sendezeit beanspruchenden Sportsendungen. Panem et Circenses – für mich fallen unter Spiele natürlich selbstredend der Sport, aber auch die Talkshows, deren Informationsgehalt inzwischen so gering ist, dass auch sie zur Kategorie Spiele zu zählen sind. Also lasst die konzentrierte, gut recherchierte Information unser Brot sein, wie sie ja auch das anspruchsvollste tägliche Brot guter Berichterstattung ist. Ihren hervorragenden AuslandskorrespondentInnen gebührt der prominente Sendeplatz vor der Tagesschau – wer sich von Talkshows berieseln lassen will, kann das gern am Montagabend tun. Ich habe mich gefreut, dass die ZEIT sich dieses Themas angenommen hat – runden doch ihre Berichte das Bild, das in der begrenzten Zeit einer TV Reportage nur kurz angerissen werden kann. – Prof. Gottfried Zantke 

 

Danke für ihren guten Artikel zum „Weltspiegel“. Ich habe der ARD gleich eine Mail geschrieben und meine deutliche Kritik geäußert. Weiter so! – Ulrich Fochtler 

 

Wie wärs, –  wir, 2 Millionen begeisterte Weltspiegelgucker weigern uns unseren Rundfunkbeitrag zu zahlen, sollte der Weltspiegel von seinem angestammten Sendeplatz vertrieben werden. Ich bin dabei. Ein Sonntag ohne Weltspiegel ist kein Sonntag. P.S. Lieber Jörg Lau, auch wenn wir unseren Kindheitstraum Auslandskorrespondenten zu werden nicht mehr verwirklichen können, lets fight for our right – Weltspiegel vor dem fucking Tatort. Komme auch gerne nach Köln um den Verantwortlichen die Pistole auf die Brust zu setzen, ich mit weiblicher Pumpgun, die Männer gerne mit Molotowcocktails. – Ellen El Malki 

 

Danke für diesen wichtigen Appell an die so wertvolle Berichterstattung der vielen Auslandskorrespondenten des Weltspiegels, der ZEIT und alle der vielen und unabhängigen Medien, durch die uns wöchentlich das Weltgeschehen außerhalb unseres komfortablen, bisweilen beschaulichen Tellerrandes in unsere Wohnzimmer gebracht wird. Journalisten, die für Ihre Berichte viel riskieren, haben es verdient einen prominenten Sendeplatz im öffentlich rechtlichen Programm zu bekommen, um so einen wesentlichen Beitrag zum Bildungsauftrag zu liefern. Hoffen wir, dass die Programm-Strategen der ARD gelegentlich auch Zeitung lesen um diesen Appell zu hören und zu verstehen. – Marc Fritsch 

 

Vielen Dank Herr Lau für die Lanze, die Sie in Ihrem Artikel für den „Weltspiegel“ gebrochen haben. Ich stimme Ihrer Argumentation 100%ig zu und sehe in der Verlegung der Sendung auf den späten Montagabend ebenfalls den ersten Schritt zum Sterben auf Raten. Schmunzeln musste ich allerdings ein wenig, als Sie den Haushalt, in dem Sie aufwuchsen, als ziemlich bildungsfern bezeichnen, obwohl dort beinahe „religiös inbrünstig“ der „Weltspiegel“ und Werner Höfers „Internationaler Frühschoppen“ geguckt wurden. Glücklich die Gesellschaft, in der solch ein Maßstab für den Begriff bildungsfern gilt. – Ulrich Schwitzner 

 

Der Artikel enthält bereits alle Argumente gegen die geplante, absolut unverständliche Sendeplatzänderung inkl. reduzierter Sendungen. Man will es nicht glauben! Ähnliches passierte bereits u.a. mit den Politmagazinen, zumal mit verkürzter Sendezeit. Es scheint ein bedauerlicher Trend zu sein, dass Qualitätsformate immer wieder Profanerem weichen müssen. Das ist sehr ärgerlich, denn für eine gute, ausgewogene und (weitgehend) unabhängige Medienlandschaft der Öffentlich-Rechtlichen zahle ich gerne den Beitrag. Aber selbst dem wohlmeinendsten Zuschauer gehen irgendwann die Argumente pro Öffentlich-Rechtliche aus, da nach meinem Eindruck Qualität, Ausgewogenheit, also der öffentliche Auftrag zu oft vernachlässigt wird.

In meiner Wahrnehmung kommen systematisch Zuschauer mit einem breiten Interesse immer öfter zu kurz. Alles bereits x-mal thematisiert, allein – es gibt keinen Richtungswechsel. Im Gegenteil, zu beobachten ist eine fortschreitende ‚Trivialisierung des Programms‘ (Zitat Georg Restle). Und geplante neue Talkshows (lt. neuer Programmdirektorin Christine Strobl) – als gäbe es nicht bereits genug davon -, überproportionaler Anteil von Sportsendungen sowie unzählige Krimis erhöhen weder Qualität noch Vielfalt. – Ute Siegmund 

 

Ist es richtig, dass der Weltspiegel einen neuen Platz bekommen soll? Nicht mehr am Sonntag, sondern Montag spätabends? Was für eine Degradierung! Das hat diese hervorragende von mir regelmäßig besuchte Informationsplattform nicht verdient. Der Artikel in der ZEIT sagt genau, was ich dazu zu sagen hätte. ARD ist wohl auch ersatzweise auf zusätzliche Werbeblöcke in einer erweiterten Sportschau angewiesen? Ich bitte sehr, diesen Plan fallen zu lassen und den Auftrag des öffentlich rechtlichen auch dem Sinn nach wahrzunehmen: Information vor Unterhaltung! Ansonsten können wir ja gleich zu den Privaten flüchten.“ – Claus Schüßler 

 

WELTSPIEGEL heimlich sterben lassen? Ein Fenster zur Welt in allen seinen Facetten ist gewiss der ARD Weltspiegel. Hoch qualifizierte Journalisten, stellvertretend für viele andere genannt Gert Ruge oder Peter Scholl-Latour, öffneten mir als Kriegskind die große Weite unseres Planeten. Heute versuchen Populisten und Volksverführer die offenen Fenster menschlichen Zusammenlebens wieder zu schließen. Der Weltspiegel mit immerhin rund 2 Mio. interessierten Zuschauern und qualifizierten Moderatoren bietet sonntags Information und Hintergrund aus 1.Hand jeweils vor Tagesschau Und TATORT.

Ein Abschieben auf einen Sendeplatz montags vor Mitternacht heißt, dass die ARD Verantwortlichen den Weltspiegel heimlich sterben lassen. Ich hoffe, dass die neue ARD-Programmdirektorin, Christine Strobl, den treuen Zuschauern weiter Gelegenheit gibt ihren Weltspiegel auf dem Bildschirm zur Hauptsendezeit zu sehen. Habe die Hoffnung, dass Frau Strobl auf den Bundestagspräsidenten hört. – Albert Hof 

 

Über Ihren Artikel habe ich mich gefreut, hatte ich doch erwartet, dass die ZEIT das Thema aufgreift. Bereits kurz nachdem ich von der Verlegung des “Weltspiegel“ im Deutschlandfunk gehört habe, habe ich an die ARD geschrieben (s.u.). Die Antwort war nicht überzeugend, eher selbstherrlich und arrogant (ebenfalls s.u.). Ich finde es gut, dass auch andere bedeutende Zeitungen kritisch Stellung nehmen, und viele Korrespondenteninnen und Korrespondenten sich gegen die Verlegung wehren. 

Mein Kontaktschreiben an ARD: Der Deutschlandfunk meldet am 8.7.2021, dass die ARD im Zuge einer Programmreform den „Weltspiegel“ auf 22 Uhr verlegen will. Dies halte ich für keine gute Idee. Schon andere wichtige Informations-sendungen wurden in den späten Abend verlegt, z.B. „ttt“. So werden bestimmt nicht mehr interessierte Zuschauer erreicht. Gerade in Zeiten zunehmend zweifelhafter Informationen sollte die ARD bemüht sein, eine große –auch junge – Zuschauerzahl mit ihren politischen und kulturellen Informationssendungen zu erreichen. Dies geschieht bestimmt nicht am späten Abend, an welchem Tag auch immer. Überlegen Sie einmal, ob nicht einige Krimis oder andere Unterhaltungssendungen einige Sendeplätze am frühen Abend für Politik und Kultur freimachen können. 

Die Antwort der ARD: Der „Weltspiegel“ ist und bleibt Kern der ARD-Auslandsberichterstattung. Das breite Netz der Korrespondentinnen und Korrespondenten ist einzigartig. Ihre Kompetenz und ihre Expertise werden auch künftig nicht nur eine zentrale Rolle im Ersten – auch in der Primetime – spielen, sondern die Schlagkraft soll im non-linearen Bereich ausgebaut werden. Es ist das Bestreben, die Informationsangebote in allen Ausspielwegen zu schärfen und zu stärken und damit die Informationskompetenz in der ARD insgesamt zu stärken. Eine Platzierung des „Weltspiegel“ nach den „Tagesthemen“ würde die Möglichkeit bieten, aktuelle Themen aus internationaler Sicht zu vertiefen und einzuordnen. Erstes Deutsches Fernsehen – Wolfgang Schäfer 

 

Das Programmangebot von ARD und ZDF besteht aus Krimis, Quizsendungen, Talkshows mit den immer gleichen Gästen sowie Fußballübertragungen. Zu den wenigen herausragend guten Sendungen gehört der Weltspiegel. Es ist ein Skandal, den seit Jahrzehnten angestammten Sendeplatz zu streichen. Gerade in einer Zeit der Debatten um die Zukunft der öffentlich-rechtlichen Sender einschließlich deren Finanzierung eine Sendung, die dem Bildungsauftrag in besonderer Weise nachkommt, auf einen völlig unattraktiven Sendeplatz zu verschieben, müsste die neue Programmdirektoren sich deutlich für derartige Sendungen auf einem guten Sendeplatz einsetzen. Diese Sendungen unterscheiden ARD und ZDF doch gerade von den Privaten. Deshalb rufe ich als älterer weißer Mann zu einem nationalen Proteststurm auf: Der Weltspiegel muss da bleiben wo er ist. – Prof. Dr. Ralf Kreikebohm 

 

Quote und Geld vor Information. Wie weit ist es mit unserem Journalismus gekommen, wenn schon eine Zeitung sich für das Fernsehen stark machen muss. Wir werden in der ganzen Welt durch die sozialen Medien von Fake News dominiert und die wirklichen Sendungen von Qualität wie der Weltspiegel werden auf Zeiten verlegt, die fast keine Zuschauer mehr hat, um sie dann ganz einzustampfen. Aber dafür bekommen wir als Ersatz die hundertste Sportsendung, wobei der Sport (UEFA) gerade gezeigt hat, wie unsensibel er reagiert. Die Despoten und Autokraten dieser Welt werden sich bedanken. – W. Scheer 

 

Dies ist der erste Leserbrief in meinem 65-jährigen Leben. Ich bin entsetzt: Eine der informativsten Sendungen des deutschen Fernsehens soll in die „Ablage“. Wegen noch mehr Sport. Ich will es nicht glauben. – Hanne Fabisch 

 

Ihre Klage an die ARD richtet sich an eine Institution, die ihre Tätigkeit ausschließlich am „Votum“ der Kunden orientiert. Worauf beruht dieses Urteil? Sind es die Fernsehteilnehmer, die einen Monitor ihrer Einschaltquoten zuhause dulden und wie sieht es mit dessen sozialem Spektrum aus? Das Übermaß an Fußballübertragungen, in denen Fanatismus und Rassismus unverblümt zu erleben sind, die Unzahl dümmlicher Krimis im Programm entspricht wohl der Befriedigung dieses Publikums.

Gegenüber Ruges, Höfers und allen, von Ihnen erwähnten Sendungen, die ich noch erleben durfte, wirken die Magazine von ttt, die Talkshows von Anne Will und ihren Kollegen, auf mich wie Barbiepuppen- oder Kasperletheater. Besonders unpassend und dümmlich stellt sich zudem die Kommentierung des Publikums in der Sendung dar. Angesichts der Degeneration des Niveaus scheint es mir sehr gerecht, dass den „Bildungsanstalten“ die Beitragserhöhung versagt wurde. – Dr. Vilkmar v. Bruchhausen 

 


 

  

Leserbriefe zu „Geht es nur noch mit Verboten?” Streit von Philipp Amthor und Nina Noblé 

 

Gut, dass sie im Streit immer zwei wirklich kontroverse Meinungen aufeinanderprallen lassen. Auf diese Weise kommen andere Sichtweisen zur Geltung und der geneigte Leser kann sich ein gutes Bild machen, so auch über die Aktivistin Nina Noblé. Das ist doch mal eine Idee, als Stadtplanerin, die selbstredend keine Fahrerlaubnis besitzt, den Bewohnern Berlins vorschreiben zu wollen, wie oft sie ihr Auto pro Jahr benutzen dürfen.

Finde ich richtig klasse, denn auf diese Weise werden notwendige und sinnvolle Änderungen im Verhalten der Bürger ganz bestimmt verhindert, denn radikale Ideen haben schon immer eins erreicht: eine absolute Polarisierung und Entzweiung unserer Gesellschaft. Gott bewahre, wenn Aktivisten eines Tages die Geschicke einer Millionenstadt lenken wollen… Gut zu erkennen ist auch der rot, rot grüne Geist, der einmal aus der Flasche gelassen hier scheinbar unbehelligt sein Unwesen treiben kann. – Thomas Harnisch 

 

Vielleicht geht es nicht darum, Extrempositionen gegeneinanderzusetzen. Natürlich ist Philipp Amthor mit seiner Position von gestern. Immer das Land als Begründung heranzuziehen, um in der Stadt nichts ändern zu müssen, ist einfach daneben. Da hatte Frau Noblé eindeutig die differenziertere Argumentation. Als Stadtteilpolitikerin frage ich eher nach den einzelnen Schritten zu einer menschenfreundlicheren Stadt. Ein erster, durchaus radikaler Schritt ist die Idee eines Kollegens von mir, alle Einfallstraßen um eine in die Stadt führende Spur zu reduzieren. Das Hineinfahren wird erschwert, das Herauskommen ist weiterhin möglich. Auf der entfallenen Spur gewinnt die Stadt Platz für Busspuren und breitere Radwege. Platz, der im Moment einfach fehlt.  Kein Verbot, aber eine große Wirkung, und vergleichsweise rasch umzusetzen. – Barbara Epple 

 

Ich bin Rollstuhlfahrer, und bei dem Streitgespräch zu einem möglichen Autoverbot in der Berliner Innenstadt bin ich an folgender Formulierung der Aktivistin Frau Noblé hängengeblieben: „Menschen mit körperlichen Einschränkungen sollen auch weiterhin ihren Wagen nutzen können.“ Das ist löblich, bringt aber auch Probleme mit sich: Erstens hätte sie auch einfach von „Gehbehinderten“ sprechen können, was viel kürzer ist als das Ausdrucksungetüm „Menschen mit körperlichen Einschränkungen“ – bestehend aus vier Wörtern mit elf Silben und 35 Buchstaben. Ich weiß, dass „behindert“ in unseren shitstormgeplagten Zeiten anrüchig klingen mag, doch mit der Vorsilbe „geh-“ wird das Wort „behindert“ präzisiert und unterstellt keine geistige Einschränkung.

Ich fühle mich von dem Wort „gehbehindert“ jedenfalls nicht diskriminiert. Ich habe den Verdacht, dass Menschen mit gleich welchen Behinderungen auch heutzutage noch so wenig sichtbar sind und politisch kaum eine Rolle spielen, weil sich fast niemand traut, über ihre Behinderung zu sprechen. Zu viele haben Angst, nicht den aktuellen Ansprüchen an die korrekte Wortwahl zu genügen und schweigen deswegen. Doch genug der Wortklaubereien. Zweitens wird es viele Menschen geben, die zwar offensichtlich gehbehindert sind, ihre Behinderung vom zuständigen Amt aber nicht anerkannt wird. Über Fälle, in denen solchen Menschen z. B. der blaue Parkausweis verweigert wurde, wird immer wieder berichtet.

Vor allen Dingen offenbart die Ausnahme Gehbehinderter von den angestrebten Fahrverboten, so notwendig sie ist, die Hilflosigkeit derjenigen, die die Verkehrswende vorantreiben möchten, in Bezug auf Gehbehinderte. Gehbehinderte haben oftmals zum Auto keine alternative Möglichkeit zur Fortbewegung; wer gehbehindert und berufstätig ist, dem werden darum z. B. die Umbauten am Auto bezahlt. Dabei gäbe es durchaus Alternativen, die jedoch an mangelnder politischer Unterstützung scheitern: Wer querschnittgelähmt ist (so wie ich), kann am Fahrradverkehr mit einem handbetriebenen Spezialfahrrad (Handbike) teilnehmen.

Wem die Muskelkraft fehlt, dem kann ein Elektroscooter mit drei oder vier Rädern helfen. Bloß sind solche Spezialfahrzeuge um ein Mehrfaches teurer als ein reguläres beinbetriebenes Fahrrad, und sie werden nur ausnahmsweise von der Krankenkasse bezahlt – das könnte man ändern. Der öffentliche Nahverkehr wird vielerorts immer noch nicht den Bedürfnisse Gehbehinderter gerecht. Und wo ein Aufzug den Zugang zum Bahnsteig der U- und S-Bahn ermöglichen soll, ist dieser allzu oft defekt – im Netz der Deutschen Bahn oft über Wochen und Monate. Hier könnte zum Beispiel die Ausfallzeit der Aufzugsanlage vertraglich begrenzt werden.

Schließlich ergibt sich auch noch ein soziales und psychologisches Problem: Wer mangels Alternativen Auto fahren muss, fühlt sich damit unverschuldet auf die Seite der „Umweltsünder“ gestellt, wenn das Auto für „böse“ erklärt wird. Da kann die Politik noch so viele Ausnahmen gestatten, das Gefühl, im Abseits zu stehen, bleibt. Könnte man hingegen auch Gehbehinderten ein überzeugendes alternatives Angebot zum Autofahren machen (ich weiß, dass das von der Initiative „Autofreies Berlin“ nicht erwartet werden kann, hier ist die Politik gefordert), hätten auch Menschen, die sich problemlos auf zwei Beinen fortbewegen, keinen Vorwand mehr, das Auto zu nehmen.

Es sind immerhin mindestens 5% der Bevölkerung, die mit einer körperlichen Behinderung leben müssen (Quelle: Statistisches Bundesamt, https://eur06.safelinks.protection.outlook.com/?url=https%3A%2F%2Fwww.destatis.de%2FDE%2FPresse%2FPressemitteilungen%2F2020%2F06%2FPD20_230_227.html&data=04%7C01%7Cleserbriefe%40zeit.de%7C3b86170a4f3749c8f5c008d94af68e58%7Cf6fef55b9aba48ae9c6d7ee8872bd9ed%7C0%7C0%7C637623245093884848%7CUnknown%7CTWFpbGZsb3d8eyJWIjoiMC4wLjAwMDAiLCJQIjoiV2luMzIiLCJBTiI6Ik1haWwiLCJXVCI6Mn0%3D%7C1000&sdata=v7ulgs4AOs95FLKUSIErM5Fq0u1Wf%2BYB2PsW%2BnBu0yI%3D&reserved=0 – 9,5% der Bevölkerung haben eine Behinderung, davon wiederum sind 58% körperlich behindert, und ich vermute, dass die meisten davon [auch] gehbehindert sind). Dazu kommt noch eine Dunkelziffer von Menschen, die keine Behinderung im Sinne der Statistik haben, aber trotzdem schlecht zu Fuß sind. Es sind meiner Meinung nach zu viele, um sie bei der Neugestaltung des Verkehrs zu vernachlässigen. – Gerrit Lehmann 

 

„Es ist gelinde gesagt verblüffend, wie Philipp Amthor, ohne vor Scham im Boden zu versinken, die Behauptung gelingt, dass „das 1,5-Grad-Ziel steht.“ Gerade seine Partei CDU tut seit 16 Jahren alles, damit dieses Ziel, zumindest soweit es die deutsche Verantwortung betrifft, partout nicht erreicht werden kann. Mittlerweile ist es – weltweit betrachtet – völlig klar, dass die Menschheit sich glücklich schätzen könnte, wenn sie am Ende bei 2 Grad Klimaerwärmung landen würde. Um dies noch zu erreichen, wären ab sofort weltweit drastische Maßnahmen nötig; sprich generell müsste umweltschädliches Verhalten monetär bestraft und umweltfreundliches Verhalten analog belohnt werden. Aber nun gut: Was will man von einem Lobbyisten von AUGUSTUS INTELLIGENCE auch mehr erwarten außer Nebelkerzen und Vertuschung.“ – Thomas Geiger 

 

Ach du lieber Himmel, wie erwachsen wirkt die junge Nina Noblé gegenüber dem Jungen Philipp Amthor. Dieser Berufspolitiker mit dem Hang zum Lobbyismus lebt im HIER und JETZT, hat immer noch keine Ahnung von weltlichen Problemen, die alle angehen. Natürlich wird Berlins Innenstadt autofrei werden, so wie viele andere Städte mit gutem Beispiel vorangehen. Solche Bremspiloten, wie Amthor, wird es gelingen alles in die Länge zu ziehen, bis es vielleicht zu spät ist. Er begreift einfach nicht, dass natürlich auch Verbote in einer Demokratie notwendig sind. Den Anzug, den Amthor spazieren trägt, sollte er nochmal mit dem Strampelanzug tauschen und zurück gehen in seinen Laufstall in Uckermünde. Die nur ein Jahr ältere Nina Noblé wirkt so unendlich erwachsener als der kleine Philipp und nährt meine Hoffnungen auf die Zukunft außerordentlich. – Martin Reinhardt 

 

Im Streitgespräch mit Frau Noblé bezeichnet Philipp Amthor die Verbotspolitik als empörend. Empörend finde ich, wenn Herr Amthor die Freiheit, Autofahrer über alles stellt, wann und warum immer sie wollen in der Stadt den größten Platz zu verbrauchen, und eine permanente Gefahr für Leib, Leben und Gesundheit der Bewohner zu sein und dem Staat verbieten will, diese Freiheit einzuschränken. Während die Freiheit der dort lebenden Bevölkerung, den für den Autoverkehr reservierten Platz anderweitig zu nutzen, in gesunder Luft zu leben, ohne Angst spielen, spazieren oder Rad fahren zu wollen, für ihn überhaupt nicht existiert. Richtig anmaßend wird es dann, wenn Herr Amthor solche Freiheiten für Autofahrer auch noch im Grundgesetz verankert sieht.

Im Grundgesetz steht in Artikel 2.2, dass jeder Mensch das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit besitzt. Von der Freiheit mit dem Auto immer und überall hin zu fahren, steht da nichts, auch nichts von einem Recht auf Autobahnen generell schneller als 130km/h fahren zu dürfen. Dennoch wehrt sich seine Partei gegen ein Tempolimit und stellt die Freiheit des leidenschaftlichen Autofahrers über das Leben und die Unversehrtheit des Menschen. Jede Kritik am aktuellen Individualverkehrskonzept ist für Herrn Amthor dirigistisch, schlimmer als die DDR. Jeder, der die Vorherrschaft des Autos in Frage stellt, ist für ihn Teil eines ideologischen Kampfes gegen vom Grundgesetz garantierte Freiheitsrechte der Autofahrer. Mehr als offensichtlich, wer hier ideologisch verbohrt ist. – Klaus Metzger-Beck 

 

Was ist die Freiheit, die Herr Amthor bedroht sieht? Etwa, dass Kinder alleine zur Schule gehen können, ohne Gefahr? Dass sie auf der Straße spielen können? Dass Eltern nicht gezwungen sind, jeden Schritt ihrer kleinen Kinder zu überwachen? Dass Kinder lernen können, ohne Gefahr Dreirad, Roller und Fahrrad zu fahren? Und dass alte Menschen nicht über die Straße hetzen müssen, weil das nächste Ampelrot droht? Wenn man sich auf der Straße in Ruhe unterhalten kann, ohne von Autolärm gestört zu sein. Alle diese Freiheiten gibt es zurzeit nicht in Großstädten wie Berlin. Wann werden wir lernen, auch die Freiheiten der Schwächeren zu respektieren? Ist es so schlimm, wenn man mit der U-Bahn ins Berliner Zentrum fahren muss? – Mechthild Dierlamm-Harth 

 

Philipp Amthor bemüht in bewusst populistischer Manier den Begriff der Freiheit, um gegen Regelungen gegen den überbordenden Autoverkehr in Berlin zu polemisieren. 21 Seiten weiter dürfen wir dann lesen, was die vielbeschworene Freiheit in einem anderen, sehr relevanten Gesellschaftsbereich so bewirkt: der Lobbyismus (Herr Amthor kennt sich damit bestens aus) von Lebensmittelindustrie, Arbeitgeberverbänden und Supermarktketten sorgt dafür, das es zu keinen Einschränkungen in der Herstellung von gesundheitsschädlichen Lebensmitteln kommt.

Diese Ernährungsweise sorgt dafür, dass unsere Gesellschaft zunehmend übergewichtig wird und damit das Risiko für Krankheiten steigt. Und jetzt auch das Risiko, schwer an Covid-19 zu erkranken. Dieses Festhalten an der „Freiheit“, immer mehr und größere Autos zu produzieren, zuckerhaltige Lebensmittel und Fertiggerichte herzustellen und zu verkaufen, sorgt dafür, dass Menschen krank werden, sterben, gesellschaftlich marginalisiert werden. Aber es geschieht ja im Namen der Freiheit! – Karl-Heinz Schmid 

 

Solange die Berliner nicht weiterlaufend Geld von anderen für ihre Ideen benötigen, können sie meinetwegen machen was sie wollen. Das Moralisierende und Belehrende sollten Menschen wie Frau Noble einfach weglassen. Das macht unsympathisch. Der Behauptung 3/4 der Menschen in Deutschland lebten in Städten und Ballungsgebieten ist irreführend. Fakt ist 2/3 leben in Städten und Gemeinden kleiner 100.000 Einwohner. Und die Hälfte in Kommunen kleiner 50.000 Einwohner.

Konzepte für Großstädte wie Berlin oder Hamburg, aber auch für Städte in der Größenordnung von Augsburg oder Rostock dürften nur bedingt auf Kommunen wie Meißen oder Strausberg mit 20.000 – 30.000 Einwohnender übertragbar sein. Das Format von „Streit“ finde ich im Prinzip gut. Was mir allerdings immer wieder auffällt, ist, dass quantitative Behauptungen nicht überprüft werden. Im Nachgang, in Echtzeit während des Gepäcks ist das natürlich nicht immer möglich, das verstehe ich schon. – Dietmar Baier 

 

Hatte der Christdemokrat Philipp Amthor bei der Aufnahme für den Artikel: „Geht’s noch..?“ (oder so ähnlich) gerade eine Marienerscheinung? Oder sieht er Angela Merkel nach ihrer Seligsprechung? Oder: Ich finde Philipp Amthor toll. Seine Eltern sind bestimmt stolz auf ihn. Oder: Philipp Amthor ist so zupackend, bei ihm ist Mecklenburg-Vorpommern und bestimmt auch Hinterpommern in besten Händen! Entschuldigen Sie bitte, aber ich habe den Artikel nicht gelesen. Das Bild von Herrn Amthor hat mir gereicht. – Harald Bost 

 

Es wird mich natürlich nicht davon abhalten, weiter donnerstags die neue ZEIT zu lesen, aber manchmal habe ich den Eindruck, ihr legt es drauf an: Was dieser Herr Amthor über Fahrverbote denkt, dass er schon mit 17 den Führerschein machte und nun leidenschaftlicher Autofahrer ist, dass er deshalb lieber in McVoPo lebt, interessiert mich so sehr wie der in China umkippende Reissack. Der Musterschüler als dem „fernen Osten“ der Republik vermengt mal wieder alles mit sakrosankten „Freiheiten“, so wie wir vor einiger Zeit erfuhren, wie gut er persönliche pekuniäre Interessen mit politischen Funktionen zu vermengen vermag. Die Argumentation von Amthor lässt die teilweise futuristisch wirkenden Argumente seiner Widersacherin Nina Noblé in besserem Licht erscheinen, als sie verdienen. Verschont mich vor dem Besserwisser….. sonst wähle ich doch nicht Laschet. – Wolfgang Frings 

 

Es mag der Jugendlichkeit, der juristischen Vorbildung und der kleinstädtischen Herkunft des Herrn Amthor geschuldet sein, eine so naive, vereinfachte, undifferenzierte und sehr populistische Meinung über eine räumlich-gesellschaftliche Entwicklung von Großstädten zu besitzen. Einen Dialog mit unterschiedlichen Auffassungen kann man dadurch dem geneigten Leser „schmackhaft“ machen, in dem man durch die Auswahl der Diskutierenden einen qualitativen Anspruch einbringt. Der Verweis, Amthor sei Jurist, ist das Gegenteil von Qualitätsnachweis. Man erkennt es am derzeitigen Intellektuellen Status des Bundestages. Voller Juristen. – Jürgen Dressler 

 

Wie tief ist die ZEIT gesunken, um einen alten weißen Mann Phillip Amthor aus der Versenkung zu holen und eine Plattform zu bieten. Bahnt sich hier etwa ein Trendwechsel in der Redaktion an. – Eberhard Arbeiter 

 

Ich bin grundsätzlich gegen Verbote, weil diese nur selten vernünftig begründet werden. Natürlich muss viel geschehen, um unsere Umwelt gesünder zu gestalten. Aber ich habe den Eindruck, man zäumt das Pferd am Schwanze auf. Bevor ich Verbote ausspreche, muss ich Alternativen bieten. Das geschieht in der BRD leider nicht. Beispiel: Autofreie Städte. Um die Autos aus den Städten rauszuhalten, muss ich erst mal die öffentlichen Verkehrsstrecken ausweiten. Es genügt nicht, in den Städten ein gut ausgebautes Verkehrsnetz zu haben, man muss auch die Verbindungen auf dem Lande massiv bessern.

Wenn in einem Dorf nur 3mal täglich ein Bus fährt, dieser dann auch noch alle umliegenden Dörfer abklappert, ist es doch verständlich, dass der Pendler das Auto nimmt, um in die Stadt zu fahren, sei es zur Arbeit oder zum Einkaufen. Dann kommt die zweite Hürde. Statt an den Stadträndern kostenlose Parkplätze anzubieten und den Pendlern die Möglichkeit gibt, preiswert oder sogar kostenlos die öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen, müssen die Pendler oft noch bis ans andere Ende der Stadt fahren, um zu ihrer Arbeitsstelle zu gelangen. Außerdem müssten die Tarife für die öffentlichen Verkehrsmittel drastisch gesenkt werden.

Wenn ich mit der Bahn zu meinem Zahnarzt fahre, zahle ich pro Fahrt 3€ und brauche 40 Minuten. Fahre ich mit dem Auto, bin ich in 15 Minuten da und brauche keine 6 € für Benzin. Es gibt noch mehr Beispiele, wie man die Bürger dazu bringt, überlegter mit der Umwelt umzugehen. Aber zuerst müssen der Staat und die Kommunen in die Pflicht genommen werden. Ich kann nur Umdenken verlangen, wenn ich Alternativen biete. – Ingrid Grenzmann 

 

Philipp Amthor, ein Mann der sein demokratisches Amt für den eigenen Vorteil missbrauchen wollte, geben Sie die Möglichkeit sich darzustellen? Nicht zu fassen! – Rüdiger Weigel 

 

Was ist ein Inlandsflug? Zum Thema Inlandsflüge fallen Herrn Amthor zunächst Flüge nach Mallorca ein. Sind das für ihn etwa Inlandsflüge? Man kann sich ja sicher darüber streiten, ob die Diskussion um Inlandsflüge angemessen und sinnvoll ist, aber bitte nicht mit der billigen Unterstellung, wer gegen Inlandsflüge ist, der will den Menschen die Flüge nach Mallorca verbieten! Damit macht Herr Amthor doch nur seinen eigenen Standpunkt unglaubwürdig! – Dr. G. Zeye 

 


 

 

Leserbriefe zu „Wie klug ist unser Bauch” von Alard von Kittlitz 

 

Ich dürfte bei der ZEIT-Redaktion schon ein leichtes Image als „Meckerer“ haben, da ich in Energie- und umweltökonomischen Punkten teilweise sehr schlechten Sachverstand dort antreffe und häufig moniere. Dieses Mal gratuliere ich Ihnen und den beteiligten Personen für einen ausgezeichneten Artikel. Wenn noch die Komponenten „Neugierde“ und ein bisschen „Fleiß“ oder „Durchhaltevermögen“ dazu kommen (wie sagte unser Trainer im Senioren-Standardtanzen: „Was Ihr jetzt gerade gelernt habt: Fünftausendmal üben!“), kann es ein schönes und bereicherndes Leben geben! Gerne weiterhin solche Artikel. 

Gratulation zu einem ausgezeichneten Artikel in der ZEIT. Sowohl Einstein als auch die zitierte Ärztin haben Recht: Rational-analytisches Können und Intuition ergänzen sich dynamisch gegen-seitig und ermöglichen erst produktives „Empor-Irren“ (Harald Lesch). Für beides benötigt man Üben, Üben, Üben an verschiedenen beispielhaften Aufgaben!1 Dazu noch etwas (Selbst-)Disziplin und Neugierde, schon kommt dieser Mensch mit Neuem und Komplexem besser klar. Das Üben in diesem dynamisch sich wechselseitig verstärkenden Prozess von Intuition und rationaler Analyse sollte heute in der Schulpraxis wieder ein höheres Gewicht haben. Sich etwa den Satz des Pythagoras als a2 + b2 = c2 ohne sachliches oder geometrisches Verständnis einzubimsen, ist sinnleeres formales Bla bla. Selbst wenn man im Abitur damit durchkäme, weiß man substanziell im Grunde fast nichts. – Prof. emer. Dr. Wolfgang Ströbele 

 

Intuition ist (auch) für mich das sinnenhafte, zu einem Entschluss geformte Echo all unserer (un-)bewussten Lebenserfahrungen im Moment X. Kein zauberhaft klugbäuchiges Re-Agieren, sondern Teil der menschlichen, Teil meiner persönlichen Evolution. Ein allezeit spannendes und aktuelles Thema, finde ich. Meine Entscheidung, nunmehr endlich auf ZEITDIGITAL E-Paper-Abo umzusteigen, dahingegen ist eine sehr bewusste und gewiss vernünftige. – Matthias Bartsch 

 

DIE ZEIT beschreibt die zunehmende Bedeutung der Intuition in unserer Gesellschaft. Kahneman („Thinking, fast and slow“ sowie „Noise“) und Gigerenzer („Bauchgefühl“) beantworten die Titelfrage nicht. Unser Bauch ist weder klug, noch entscheidet er. Wie der Name bereits sagt, ist das Bauchgefühl ein bewusstes Gefühl, das „Probleme“ im menschlichen Entscheidungsprozess anzeigt. Es sollte als Signal gedeutet werden, den Entscheidungsprozess bewusst zu gestalten. Für eine bewusste Entscheidung kann die intuitive Entscheidung wahrgenommen werden, auf die eine vermeintlich rationale folgen sollte. Abgeschlossen wird diese Entscheidungsstrategie mit einer intuitiven Bewertung auf Stimmigkeit. Gelingt diese nicht, erscheint wieder das Bauchgefühl.

Dann sollten wir unbedingt in Gedankenzyklen schrittweise bewusst zu einer guten Entscheidung kommen. Belohnt werden wir dann mit einem guten Bauchgefühl. So sollten wir für bewusste Entscheidung lernen, immer auf unsere Intuition zu hören. Ich hoffe mit dem ZEIT-Beitrag „Wie klug ist unser Bauch?“ wird das Thema Intuition und Decision Making Management weiter diskutiert. Mehr „Im Widerstreit zwischen Intuition und Kognition wird Zeit und Entscheidungsqualität vergeudet“ – https://www.k-i-e.com/s227-2-de/ – Richard Graf 

 

… und die Werbung spielt auf unserem Intuitionspotenzial zielgenau und das sogenannte Bauchgefühl anregend Klavier, so dass man möglichst gar nicht mehr darüber nachdenken soll, ob wir die angebotenen Produkte und Dienstleistungen überhaupt haben wollen. – Christoph Müller-Luckwald 

 

Mit großem Interesse habe ich Ihren Aufsatz über unser intuitives und rationales Handeln gelesen. Mir fehlten aber Hinweise auf unser Nervensystem, auf den älteren Teil, den Sitz unseres Schutzengels, der natürlich instantan reagieren muss, damit wir im Ernstfall überleben, und auf den ´nervösen´ Teil ´um den Bauch´. Für rationale Entscheidungen fehlt uns gewöhnlich alles, nicht nur die Zeit, sondern die notwendigen Daten, selbst die grob geschätzten, und die dazu passende Logik, um daraus ´treffliche´ Schlüsse zu ziehen.

Obwohl wir ständig mit probabilies und fuzzy concepts zu tun haben, sind uns  deren Logiken nicht geläufig. Aber der Anlass meines Leser-Briefs ist ein ganz anderer. Ich beende nämlich gerade einen Aufsatz über Einsteins ´historische Kuriositäten´, zu dem das am Ende Ihres Beitrages von Gerd Gigerenzer memorierte, hier folgende Zitat Albert Einsteins perfekt ´passt´. “Der intuitive Geist ist ein heiliges Geschenk, und der rationale Verstand ein treuer Diener. Wir haben eine Gesellschaft erschaffen, die den Diener ehrt und das Geschenk vergessen hat.“ 

In meinem Aufsatz weise ich nämlich nach, dass Einsteins Theorien der Relativität auf konzeptionellen, intuitiven (!) Fehlern basieren, die seit über hundert Jahren den treuen Dienern ´heilig´ sind. Ich halte es dagegen mit Georg Christoph Lichtenberg: “Briefe über die neueste Literatur: und ich dank es dem lieben Gott tausendmal, dass er mich zum Atheisten hat werden lassen.“ – Michael Schmiechen 

 

Zu diesem -ausgewogen dargestellten-Thema intuitiver Entscheidungen, drängt sich mir seit langem ein –frei erfundenes – Szenario auf: Ein engagierter Ingenieur drängt, den geschlängelten Wasserverlauf des Flusses zwischen A und B zu begradigen, da hiervon erhebliche Vorteile für den Transport zu Waser erwachsen. Ein Ureinwohner (first nation etc.) rät dringend ab, da dies dem Geist des Wassers entgegenstehe. Der Enkel des Ingenieurs wiederum rät 100 Jahre später zur Renaturierung, da aus wissenschaftlicher Sicht der ursprüngliche Verlauf für die Rückhaltefunktion, die Auwiesen für die Biodiversität unerlässlich seien. Mangels Medienzuganges war der Kommentar des anderen Enkels nicht einzuholen. – Dr. Wilfried Mütterlein 

 

Vielen Dank für Ihren sehr inspirierenden Artikel zum Verhältnis der nur scheinbaren Antipoden Ratio und Intuition! Es fehlte m.E. lediglich eine Beobachtung: Verhält es sich im Alltag nicht vielmehr häufig so, dass wir die Intuition „verrationalisieren“, also mit rationalen Argumenten untermauern, zumeist reflexartig, und zwar Männer ebenso wie Frauen? Wir benutzen die Ratio, um der Stimme der Intuition Gewicht zu verleihen, um uns selbst und andere von ihr zu überzeugen. – Dipl.-Psych. Bettina Oppelt 

 

Im Text weiter heißt es: „Jeden Tag treffen Menschen Entscheidungen-spontan und ohne nachzudenken. Sie verlassen sich dabei auf ihre Intuition. Kann das  gut gehen ?“ Natürlich nicht, ohne nachzudenken. Auch wenn man das dezenter Intuition nennt. Bauchgefühl klingt so ordinär nach Verdauung und Blähungen. Ein Blah-Blah Text, nur die Blähungen bleiben. – Hans-Emil Schuster 

 

Das Spektrum der wissenschaftlich fundierten Meinungen zur Intuition ist offensichtlich sehr groß. Im Artikel hat der Autor mit Daniel Kahneman und Gerd Gigerenzer zwei sicherlich bedeutende Protagonisten herangezogen. Die meisten populärwissenschaftlichen Artikel, die in den letzten Jahren zur Intuition geschrieben wurden, beginnen mit den Geschichten von Menschen, die in einer lebensbedrohlichen Situation Entscheidungen treffen müssen, z.B. Feuerwehrleute, Rennfahrer, militärisches Personal. So gesehen ist schon der Start des Artikels in der Zeit ein „Framing“, da hier der Eindruck entsteht, Intuition käme immer dann ins Spiel, wenn der Mensch eine schnelle, eben intuitive Entscheidung treffen soll, bei der der bewusste Verstand überfordert wäre.

Das ist aber gerade nicht die ganze Geschichte. Laut Kahneman können wir mit dem System 1 (das Kahneman explizit nicht neurobiologisch zuordnet) durch Mustererkennung auf Basis von Erfahrungswissen schnelle Entscheidungen treffen. Diese Entscheidungen können falsch sein, wenn das System 1 aufgrund der Geschwindigkeit der Entscheidung das falsche Muster heranzieht. Beispiele dafür liefert Kahneman zur Genüge. Nur spielen diese Beispiele nie im Territorium lebensbedrohlicher Situationen, sondern drehen sich eher um sachliche Fehleinschätzungen, wie Erfolgsprognosen bei Projekten und Aktiendepots. Gerd Gigerenzer beschreibt in dem im Artikel erwähnten Buch allerdings auch einen anderen Begriff von Intuition.

Dieser Begriff bezieht sich auf das verteilte Verarbeiten von Informationen (ebenfalls nicht neurobiologisch zugeordnet) zur Einschätzung eines komplexen Sachverhalts, wofür man sich bewusst Zeit nimmt. Dabei geht es darum, dass im Artikel mehrfach erwähnte Erfahrungswissen nicht unter Zeitnot sondern wirken zu lassen. Also geht also darum, eine Entscheidung bewusst „aus dem Bauch“ zu erspüren. Wenn man diesen Begriff von Intuition zugrunde legt, dann landet man bei dem, was wir häufig aus eigener Erfahrung kennen und wofür man kein Schachprofi sein muss, nämlich, einerseits logischen Argumente abzuwägen und andererseits einfach mal in sich hinein zu horchen, was sich richtig anfühlt.

Hier kommen die von Gigerenzer erwähnten Heuristiken in Spiel, und das ist dann auch der Begriff von Intuition, den Gigerenzer mit dem Zitat von Einstein meint.  Konsequenterweise zählt Gigerenzer ja auch Forschungsergebnisse auf, die gezeigt haben, dass die Kombination beider Arten von Denken, also logisch und aus dem Bauch heraus die besten Entscheidungen ermöglicht. Aus eigener Erfahrung kann ich zumindest bestätigen, dass diese Vorgehensweise nachhaltig gute Ergebnisse liefert, wenn man persönliche Entscheidungen treffen soll, die etwas mit komplexen Sachverhalten wie Glück und Zufriedenheit zu tun haben. – Dr. Holger Rohde 

 


 

 

Leserbriefe zu „Schwere Zeiten” von Annika Joeres 

 

Anders als Sie bin ich ausgesprochen froh, dass in vielen Staaten der Welt keine Gesundheitsprävention durchgeführt wird, denn es stände vermutlich sehr schlecht um die Bevölkerungsgesundheit in jenen Ländern, in denen staatlicherseits Maßnahmen durchgeführt würden, um Gesundheit zu verhüten. Krankheitsprävention ist zweifellos sinnvoll, und es wäre eine eigene Untersuchung wert zu analysieren, warum sich das Wort „Gesundheitsprävention“ überhaupt verbreitet (vermutlich, weil es so heilsam klingt: „Gesundheit und Prävention“, das muss doch jeder gut finden).

Darüber hinaus habe ich damals in Statistik gelernt, dass in Regionen mit vielen Störchen auch viele Kinder geboren werden – aber, dass der Kinderreichtum nicht durch die Störche zustande kommt, sondern sich begründet durch die ländliche Umgebung, in der sowohl mehr Störche leben als auch mehr Kinder geboren werden. Ich weiß nicht, ob diese Zusammenhänge heute noch existieren, meine Statistik-Kurse sind Jahrzehnte her.

Aber ich bin ziemlich sicher, dass Sie, wenn Sie den Faktor „Niedrige Soziallage“ einkalkulieren würden in Ihre Darstellungen zur Korrelation von Übergewicht und Belastung durch Covid 19, Sie vermutlich zu dem vergleichbaren Störche-Kinder-Landleben-Ergebnis kommen, nämlich dass weniger die Adipositas (und noch weniger das Übergewicht), sondern vor allem die benachteiligende Soziallage die Korrelation grundiert zwischen hohem Körpergewicht und Belastungen durch Covid 19. – Bettina Schmidt 

 

Aun also die Dicken. Übergewicht scheint zwar aller derzeitigen Erkenntnis nach einem Risikofaktor für einige sogenannte Zivilisationskrankheiten zu sein. Aber jetzt auch noch für schwere Corona-Verläufe ausschlaggebend? Wenn ich die Grafik „Corona-Verstorbene nach Land/Body-Mass-Index“, die ja den Zusammenhang belegen soll, betrachte, so stelle ich – abgesehen davon, wie verlässlich im internationalen Vergleich der Anteil der BMI > 25-Personen in der Bevölkerung eines Landes bestimmt werden kann -, erst einmal fest, dass gleichgültig, ob 20 oder über 70 Prozent der erwachsenen Bevölkerung von Übergewicht betroffen sind, die Todesfälle pro 100 000 Einwohner für viele Staaten unter 20 bleiben. Gleichzeitig schwankt die Todesrate bei einem Anteil zwischen 50 und 70 Prozent Übergewichtigen von unter 20 bis etwa 170. Also kann Übergewicht nicht der maßgebliche, geschweige denn der alleinige, Faktor sein, der die Schwere von Covid-Erkrankungen hervorruft. Da müssen wohl andere Gründe gefunden werden. – Udo Kroschewski 

 

Wenn man durch eine Stadt schlendert, dann fallen mir die dickleibigen Menschen auf. Auch im Fernsehen gibt es zuhauf fast nur dickleibige Gäste. Die richtige Ernährung ist das Maß aller Dinge. Das ist hinreichend bekannt, und trotzdem wird das von den meisten Menschen ignoriert. Unter den Politikern ist es nicht anders. Das können nur die jungen Menschen ändern. – Gunter Knauer 

 

Auch mir ist während der Pandemie eine Zunahme der Anzahl der Übergewichtigen aufgefallen. In unserem Einzelfall – meiner Frau und mir, beide ca. 60 Jahre alt – stimmt die Rechnung mit dem schweren Krankheitsverlauf allerdings gar nicht. Während ich mit einem BMI von ca. 24 relativ schwer erkrankt war, hatte meine Frau mit deutlich erhöhtem BMI so gut wie keine Symptome. Wer wie Frau Joeres allein mit dem BMI argumentiert, ist in meinen Augen in einer wissenschaftlichen Diskussion bezüglich Übergewichts auch nicht ernst zu nehmen. – Jörg Weddigen 

 

haben Sie vielen Dank für diesen erhellenden Artikel, in dem mir nur ein Wort fehlt: Eigenverantwortung. Bei manchen Mitbürgern habe ich das Gefühl, sie wollen sich mit Messer und Gabel zugrunde richten (Blick in den Einkaufswagen) oder sie begehen Körperverletzung an ihrem Kind. Natürlich hat die Politik versagt, vor allem dadurch, dass sie zu wenig Mumm hat und offensichtlich mehr damit beschäftigt ist, gut rüberzukommen (J. Klöckner). ABER: ich bin für meinen Körper selbst verantwortlich, auch für das, was ich ihm gut- oder schlechtes (an)tue. Informationen gibt es doch wohl genügend? – Annette Haagen 

 

Nun ist also die Autoindustrie auch noch für die vielen Übergewichtigen Menschen verantwortlich. Gibt es für diese These einen Beleg? Oder gibt es eine Studie zur Korrelation von Führerscheinbesitz und erhöhtem BMI? Meines Wissens sind Belgien oder Schweden „Fahrradländer“ ohne nennenswerte Autoindustrie. In diesen Ländern ist die Corona-Sterblichkeit leider besonders hoch. Im Gegensatz dazu schneidet Vietnam laut Statistik hervorragend ab. Ob das am dortigen Mangel an Automobilen liegt? Und auch Deutschland (Autoland!) steht im Vergleich zu vielen anderen Ländern nicht schlecht da. Natürlich weisen Sie auch auf die Lebensmittelindustrie und die Supermarktketten hin. Zurecht.

Die Vorbildfunktion der Eltern dürfte allerdings der entscheidende Faktor auf dem Weg zu gesunder – und damit „schlanker“- Ernährung sein. Das Automobil ist ja durchaus für Probleme wie Lärm, Feinstaub, Klimawandel, Unfalltote und lebensfeindliche Städte mitverantwortlich. Das sollte doch als Sünden-Katalog reichen. Nebenbei: Ihr Artikel ist aufschlussreich und lesenswert. Überhaupt: Die ZEIT No. 29 hat eine Fülle an tollen Beiträgen zu bieten. Vielen Dank dafür. Ich fühle mich (trotz meiner Kritik an einem Absatz Ihres Artikels) sehr gut informiert und auch unterhalten. – Thomas Meichle 

 

Adipositas hat in der „entwickelten Welt“ viel mit der Art der Ernährung zu tun, wir Sie ja auch im Artikel beschreiben. Gute Ernährung hat viel mit Bewusstsein und Wissen (Bildung!) zu tun und mit der Verfügbarkeit von Geld (auch hier wieder: Bildung). Bessere Ernährung würde mittelfristig auch Natur und Umwelt weniger belasten, damit vielleicht Zoonosen etwas weniger wahrscheinlich und damit zur weiteren (geringen) Verringerung der Risiken führen. Aber so lange Lobbyisten so ungehindert Einfluss haben (Julia & Nestlé), wird das wohl frommer Wunsch bleiben. – Michael Koehn 

 

Fettleibigkeit korreliert negativ mit dem sozialen Status. Die Häufigkeit von Corona- Erkrankungen tut dies ebenfalls. Dieser Zusammenhang bleibt in dem Artikel unberücksichtigt. Das verringert dessen Informationswert. – Dr. Michael Woernle 

 


 

 

Leserbriefe zu „Gedenkt endlich auch der Opfer kolonialer Gräueltaten!” von A. Dirk Moses 

 

Nach Dirk Moses Essay „Der Katechismus der Deutschen“ sollten wir uns fragen: Sind wir in Deutschland vom Herrenmenschen, der sich zum gnadenlosen Genozid berufen fühlt, nun zu Schuldbekenner und Büßer geworden, der von aller Welt bewundert werden will, egal wie authentisch das Büßergewand auch ist. Das wären zwei Seiten derselben narzisstischen Selbstüberschätzung und Größenfantasie. Dank an Saul Friedländer, der eine notwendige Differenzierung vornimmt zwischen dem Genozid an den europäischen Juden und der ebenfalls verbrecherischen Kolonialpolitik. – Dr. Beate West-Leuer 

 

Die in zwei längeren Artikeln dokumentierte Kontroverse zwischen Saul Friedländer und A. Dirk Moses macht vor allem eines deutlich: In dem Moment, da man sich in die Debatte um die Singularität des Holocaust einbringt, ganz gleich mit welchen Argumenten für oder wider die Einzigartigkeit, bezweifelt man genau diese bereits. Denn es geht ums Vergleichen, und das geht nur, wenn man die Unvergleichbarkeit als solche aufgibt. Wohin dieser Weg führt, zeigt der Artikel von Moses auf erschreckende Weise, wenn er am Ende bei der Black-Lives-Matter-Bewegung landet.

Es lohnt, noch einmal das Fernseh-Gespräch zwischen Günter Gaus und Hannah Arendt aus dem Jahr 1964 sich anzusehen. Indirekt befindet Arendt, dass die industrielle Menschenvernichtung während der NS-Herrschaft, sie spricht in diesem Zusammenhang von einem „Abgrund“, keine Vergleichbarkeit erfahren könne, denn „diese hätte nie geschehen dürfen.“ Indem man jedoch eine vergleichende Methode der Geschichtswissenschaft anwendet, wie es Moses vorschlägt, bleibt man verwiesen auf Worte und Begriffe, die einerseits allesamt nicht hinreichend, um das Unvorstellbare zu beschreiben, und gleichzeitig kommen wir nicht umhin festzustellen, wie das Grauen doch in einer uns vertrauten Sprache daherkommt. Allein, so konstatiert es Hannah Arendt, „da ist etwas passiert, womit wir alle nicht mehr fertig werden.“ – Warum kann man es nicht dabei belassen? – Dieter Rogge 

 

Dirk Moses Perspektive auf die deutsche Erinnerungskultur ist ein Paradebeispiel für die erinnerungspolitische Entfremdung von der Singularität der Schoah. Doch dabei sind die Thesen die er in seinem Werk „The Problems of Genocide“ aufstellt brandgefährlich. Sie eröffnen den Weg hin zu einer Relativierung der Verbrechen an den Juden. Die Thesen Moses sind ein Beispiel für eine Historiker Generation, die die Frage aufwirft, was uns eigentlich überhaupt noch mit der Schoah verbindet, und was die Schoah von anderen historischen Verbrechen unterscheidet. In einer Zeit, in der immer mehr Zeitzeugen der Schoah versterben ist dies ein Dammbruch.

In seiner Darstellung geht er zudem höchst undifferenziert vor. So wägt er die Erinnerung an die Schoah mit anderen historischen Verbrechen ab. Auch dies ist symbolisch für eine politische Bewegung, die in der Erinnerung an die Schoah eine historische Ungerechtigkeit sieht. Dabei missachtete er einen geschichtswissenschaftlichen Grundsatz. Das Gedenken an das eine, macht das Gedenken an das andere nicht unmöglich. Gerade in Deutschland sind die Thesen Moses Wasser auf die Mühlen derer die einen „neuen Schlussstrich“ fordern. Sie leugnen nicht den Holocaust und dessen Abscheulichkeit.

Allerdings sehen sie sich selbst in keiner Verantwortung mehr gegenüber den Verbrechen an den Juden. Ihr Verantwortungsbewusstsein ist durch den Generationenabstand zur Schoah verblasst. Sie empfinden die Erinnerung der vergangenen Jahrzehnte als ausreichend. Doch wer die Singularität der Schoah in Frage stellt, der gefährdet das Gedenken an den Holocaust. Es ist korrekt, dass auch das Gedenken an die Schoah zu einer speziellen Beziehung Deutschlands zu Israel geführt hat. Doch die Existenz Israels ist nicht trennbar von der historischen Verantwortung, die aus der Schoah resultiert. Die deutsche Erinnerungskultur und Beziehung zu Israel als Produkt britischen und amerikanischen Zionismus darzustellen ist eine Figur des modernen Antisemitismus.

Ein Antisemitismus der nachweislich in BLM und BDS Einzug gefunden hat. Er ist Ausdruck einer politischen Generation, die das Schicksal der in Palästina lebenden Bevölkerung fälschlicher Weise mit dem Schicksal derer vergleicht, die unter der westlichen Kolonialherrschaft gelitten haben. Deutschlands Beziehung zu Israel ist eine Lehre aus den Verbrechen an den Juden. Die Existenz eines jüdischen Staates, und die Verteidigung seiner Sicherheit ist Bestandteil des Kampfes gegen Antisemitismus. Und so traurig die Erkenntnis sein mag, es gibt ihn noch den Antisemitismus.

Und daher ist es Teil unserer Verantwortung als deutscher Staat, die Existenz eines jüdischen Volkes und seines Staates zu unserer Staatsräson zu machen. Eine Erinnerungskultur, die den Zionismus schützt ist eine progressive Erinnerungskultur. Denn sie hat verstanden, dass es unsere deutsche Pflicht ist, der Bewegung zur Seite zu stehen, die dafür gekämpft hat, dass ein 2000 Jahre lang gedemütigtes und misshandeltes Volk endlich in Freiheit und Sicherheit leben kann. Genau deshalb sind die Schoah und die Erinnerung an sie einzigartig. Einzigartig wichtig! – Joshua Paul Valentin Kraski 

 

Moses macht ideologische Volten, die mich sprachlos zurücklassen. Der Staat instrumentalisiere das Holocaust-Gedenken und schränke zugunsten einer unkritischen Solidarität mit Israel die Meinungsfreiheit ein. Er verteidigt die BDS-Bewegung vehement und vermischt das Ganze mit der Forderung, die kolonialistischen Gräueltaten mit dem Holocaust „zusammen zu denken“. 1. Israels Existenzrecht klipp und klar zu verteidigen ist keine unkritische Solidarität. 2. Nur weil BDS Deutschland den Gründungsaufruf politisch korrekt verwaschen hat und Israel nicht abschaffen möchte, bleibt BDS im Kern antisemitisch.

Wenn sie hierzu junge Israelis einspannen können, sei ihnen zu diesem Propagandatrick gratuliert. 3. In Deutschland haben wir erhebliche Defizite, was die Erinnerung an die kolonialen Gräuel betrifft. Das zeigen allein die Diskussionen um die Carl-Peters-Straßen, die zum Teil nur noch peinlich sind. Aber mit dem Holocaust wird nichts „zusammengedacht“ – niemand nimmt uns Deutschen die Last dieses singulären Verbrechens, da verbitte ich mir die „Hilfe“ von Herrn Moses ausdrücklich! – Dr. Gebhard Mehrle 

 

Die Erwiderung von Moses auf den argumentativ überzeugenden und wichtigen Beitrag von Saul Friedländer irritiert, nicht zuletzt durch den Titel und den Tonfall. Als hätte Friedländer bestritten, auch der kolonialen Gräueltaten gedenken zu müssen. Moses‘ Antworten, stets eingeleitet durch ein „wie ich schrieb“, gehen an Friedländers Argumenten vorbei, und dass dieser den deutschen Umgang mit Antisemitismus nicht verfolge, hat er so gar nicht gesagt. Ihn ohne Belege der Lüge zu bezichtigen, was die antisemitischen Aktionen von BLM 2020 betrifft, ist schlechter Stil und sollte leicht zu entkräften sein. Von illiberaler Wende ist dazu dann zu sprechen, wenn innerhalb postkolonialer Bewegungen Tendenzen zur cancel culture spürbar werden. Moses ist offensichtlich kein Historiker vergleichbaren Gewichts. – Prof. Michael Dallapiazza 

 

Ich kann den Thesen von A. Dirk Moses nur voll zustimmen, denn „wenn Israelkritiker als Antisemiten apostrophiert werden, wird ein Israel in Schutz genommen, welches die systematische Unterdrückung eines anderen Volkes betreibt, eine Unterdrückung, die Israel zum Täter werden lässt – mag es sich noch so sehr ideologisch selbst viktimisierend als Opfer darstellen.“ Moshe Zuckermann: „Der allgegenwärtige Antisemit oder Die Angst der Deutschen vor der Vergangenheit“, Westend Verlag Ffm, 2019; S. 130)  

Bei allem großen Respekt vor Saul Friedländer, muss man A. Dirk Moses zustimmen bei dem, was er zur politischen Instrumentalisierung des Holocausts schreibt. Diese unkritische Solidarität mit dem Staat Israel seitens fast aller deutschen Politiker und Medien schränkt die Meinungsfreiheit zunehmend ein und erlaubt reflexartige Antisemitismusvorwürfe, die sehr häufig völlig fehl am Platze sind. Aktuelles Beispiel ist die jüngste Berichterstattung über den Tod der 96-Jährigen deutschen Auschwitzüberlebenden Esther Bejarano. Dass diese großartige immer politisch aktive Frau 1960 mit ihrem Mann Israel verließ und nach Deutschland zurückkehrte, weil sie den Zionismus und die rassistische Politik Israels ablehnte und sich bis zu ihrem Tod mit dem Freiheitskampf der Palästinenser und BDS solidarisierte, wurde in unseren Medien praktisch vollständig verschwiegen. – Björn Luley 

 

Der Holocaust ist kein Narrativ, sondern eine Tatsache, ein auch heute kaum vorstellbares Verbrechen. Die Erinnerung daran im kollektiven Gedächtnis wachzuhalten kann niemals ’normal‘ werden, unabhängig davon, ob es sich historisch um unvergleichliche Gräueltaten handelt oder nicht. Aber wenn die Berufung auf die deutsche Verantwortung dafür missbraucht wird, Kritik am Kurs der israelischen Regierung (z.B. am völkerrechtswidrigen Siedlungsbau) als Antisemitismus zu diffamieren, dann werden die Opfer von damals vor den Karren einer politischen Unrechtsstrategie gespannt. Dass dies in unserem Land passieren kann, habe ich erlebt, und halte es für ein durchsichtiges, unmoralisches Manöver, um von der je eigenen aktuellen Verantwortung abzulenken. (www.alexander-melan.de) – Alexander Melan

 


 

 

Leserbriefe zu „Sie müssen Lehm essen” von Christiane Grefe 

 

In dem Artikel benennt Christiane Grefe drei Gründe für rapide steigende Zahl der hungernden Menschen auf der Erde: Pandemie, Konflikte und Ungleichheit; und bietet auch drei Wege an dagegen etwas zu unternehmen: Essgewohnheiten der Wohlhabenden ändern, Hilfsfonds stärken und angepasste agrarökologische Anbausysteme. Alle drei Maßnahmen finde ich absolut richtig, könnte es jedoch sein, dass der wichtigste Grund für die Probleme nicht benannt wurde, die rapide steigende Zahl der Weltbevölkerung, die jedes verträgliche Maß überschritten hat und jede
Maßnahme sofort zunichtemacht? – Georg Lerner 

 

Das ist für mich wirklich unverständlich, wie jemand, der über den Hunger in der Welt schreibt, den doch so offen sichtbaren wichtigsten und entscheidenden Grund völlig ignoriert: Die Übervölkerung der Erde! Die gesamte Menschheit hat über 100.000 Jahre bis in die 1990er gebraucht um sich ziemlich stetig auf 2 Milliarden zu vermehren. Die erste Verdoppelung auf 4 Mrd. dauerte nur etwa 50 Jahre, die nächste auch wieder 50 Jahre, aber es waren eben weitere 4 Mrd. 800 Millionen Hungernde sind davon nur etwa 1% – wie leicht wäre durch ein wenig Zurückhaltung bei der Menschenproduktion der Welthunger zu überwinden. Der zweite wirkliche Grund ist, dass gerade in den ärmsten Ländern die Menschen die Bürgerkriege anfangen.

Kennen sie die Geschichte des Südsudan? Jetzt in Äthiopien: Obwohl die seit der großen Hungersnot von 1984 wissen, dass sie sich nicht selbst ernähren können, haben sie seitdem die Bevölkerung mehr als verdoppelt und dabei ihren Waldbestand von über 30% der Landfläche auf 3% runtergebracht. Es ist ein Land von großer alter Kultur seit 2000 Jahren, nie Kolonie gewesen, und verschiedene Völker haben immer darin zusammengelebt. Aber genau jetzt starten sie ohne Zwang von außen einen unfasslichen Bürgerkrieg und einige Zigtausend verhungern! Und das alles soll die Welthungerhilfe – und das heißt die industrialisierten Länder – bessern. Es kann so nicht gehen! Dies ist nun kein einfacher Leserbrief mehr, aber ich frage mich, wie es ein Artikel, für den dies alles wohl gar nicht relevant ist, auf die Titelseite der Zeit schaffen kann. – Ludwig Fensch 

 

Ich dachte, nach dem großartigen Ausspruch des UN-Fonds-Vize: „Die Wohlhabenden müssen aufhören, zu essen, als gäbe es kein Morgen mehr“, folge ein kraftvoller Spruch, der sich nicht einem Nebenkriegsschauplatz wie diesem widmet (obwohl zu Recht beklagenswert), sondern den Schlüsselparameter aller(!) menscheninduzierten Probleme aufs Korn nimmt.  Mit einem an oben angelehnten Satz, wie: „Wer sich selbst kaum ernähren kann, muss aufhören Kinder zu produzieren, als würde es auf ewig Lebensmittelhilfen aus der westlichen Welt geben“. Diese riskante Spekulation ist eines vernunftbegabten Wesens, wie es nicht nur die verschwenderischen Wohlhabenden sind, unwürdig.  

Darüber hinaus erfüllt es den drohenden Tatbestand der Misshandlung von Kindern, wenn diese bedenkenlos geboren werden, um voraussehbar zu (ver-)hungern. Doch auch Frau Grefe kann sich nur die Wohlhabenden – Synonym für die Erste (weiße) Welt – als Problemlöser vorstellen.  Nur reicht es nicht, wenn in der Ersten Welt kompensatorisch auf Kinder verzichtet wird, aber die dann schwindende Bevölkerung immer weniger in der Lage sein wird, die zusätzliche Versorgung der ungehemmt wachsenden Empfängerzahl sicherzustellen. Egal welche Klimmzüge gemacht werden, um nur ja keinen Rassismusverdacht aufkommen zu lassen, aber die Menschen der Dritten Welt bei der Problembewältigung wie unmündige Kinder außen vorhalten zu wollen, ist bereits Rassismus. 

Und der Eiertanz wird sowieso nicht funktionieren, wenn irgendwann die letzten nutzbaren Flächen auf dem Globus für Landwirtschaft/Massentierhaltung/Infrastruktur genutzt und das aktuell freilebende Getier als Platz- und Nahrungskonkurrent ausgerottet ist. Furchtbarer lässt sich der biblische Spruch “Wachset und mehret euch, und macht Euch die Erde untertan“, kaum ausführen. Sind wir uns einig, dass der praktizierte Wettlauf: Steigerung der Nahrungsmittelproduktion gegen Bevölkerungsvermehrung nicht einfach ein “totes Rennen“ ist, welches nicht gewonnen werden kann, schon weil der Mangel an Materialressourcen, Energieerzeugung und Abfallbeseitigung noch hinzukommen?

Als ich ein Kind war, gab es 2 ½ Milliarden Menschen auf der Welt, von denen angeblich 800 Millionen hungerten.  Diese “heilige Zahl“ wird jährlich fortgeschrieben, obwohl bereits 8 Milliarden Menschen die längst zu klein gewordene Erde bevölkern.  Wie selbst von Grundschülern nachgerechnet werden kann, gäbe es die Hungersnot schon lange nicht mehr, wenn dieses irrsinnige Wettrennen rechtzeitig hätte gestoppt werden können.  Und nebenbei bliebe auch noch ein bisschen Platz für andere Lebewesen. – Ernst Kaffanke 

 

Es gibt das Bischöfliche Hilfswerk Misereor, der katholischen Kirche, seit 1958 und das Hilfswerk der evangelischen Landeskirche und Freikirchen „Brot für die Welt“ seit 1959. Beide Hilfsorganisationen unterstützen in mehr als 100 Ländern dieser Erde Menschen gegen Hunger, Armut und Ungerechtigkeit. Mit dem Ziel der Hilfe zur Selbsthilfe. Das seit nun mehr als 60 Jahren vor allem in Afrika und Asien. Aber für die Betroffenen hat sich nicht viel zum Besseren entwickelt. Weltweit operierende UN-Organisationen und andere Hilfsprojekte schlagen schon Jahrzehntelang Alarm und es hat sich das Leid der hungernden Menschen von Jahr zu Jahr verschlimmert.

Spenden zur Weihnachtszeit helfen da zu wenig. Die simple Aussage: „Die Reichen werden immer reicher und die Armen werden immer ärmer“ bewahrheitet sich. Wo sind die langfristigen Auswege, wo sind die zielführenden Lösungen? Die neuesten, schrecklichen Zahlen, sind wie so oft in diesen Tagen, natürlich der Corona-Pandemie geschuldet. Ist das so? Ja, zum Teil schon, aber das ist nur die halbe Wahrheit. Wir, die im Überfluss leben, müssen unser Verhalten ändern (z. B.: weniger Fleisch essen, regionale und saisonale Produkte kaufen und so weiterund sofort), und ganzjährig empathischer werden (also auch außerhalb der gefühlsdusseligen Weihnachtszeit Hilfsorganisationen mit Geld unterstützen).

Das im Jahr 2020 mehr als 811 Millionen Menschen hungern und Kinder, Frauen und Männer sterben und fast 2,4 Milliarden Menschen zeitweise unterernährt sind und davon ebenfalls viele deshalb sterben ist mit dem Wort „Beschämend“ nur sehr unzureichend beschrieben. In der Bibel sind die Hilfen für die Ärmsten der Armen, vor allem für die vielen Kinder, das Grundmuster des Glaubens, des Lebens und der Liebe zum Mitmenschen und deshalb ein wesentlicher Eckpfeiler eines christlichen und auch offenen agnostischen Lebenswandels („Liebe deinen Nächsten wie Dich selbst“ „Was du dem geringsten meiner Brüder/Schwestern getan hast, hast du mir getan“) Diese Grundidee findet sich im Übrigen auch im Grundgesetz wieder: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ – Felix Bicker 

 

„Warum hungern wieder mehr Menschen?“ Diese Frage betrifft den Anstieg der Hungernden um 161 Millionen Menschen im Jahre 2020. Die 650 Millionen Hungernden im Jahre zuvor sind jedoch das eigentliche Problem, das auf Antworten wartet. Daher ist es m. E. „beschämend“ für die fünf UN-Organisationen, dass sie jetzt Alarm schlagen, weil „2020 811 Millionen Menschen, 161 Millionen mehr als im Jahr zuvor, hungerten“. Die Aktionen „Brot für die Welt“ der Ev. Kirche in Deutschland, die deutsche „Welthungerhilfe“ und Einzelaktionen wie „Menschen für Menschen“ von Karlheinz Böhm begleiten dieses Problem seit 1959, 1962 bzw. 1981. Sie konnten das Problem nicht lösen. Emotionen sind keine Wahrheiten.

Wer dieses komplexe Problem ernsthaft lösen will, kommt um eine offene, sachliche Debatte ohne Tabus über die Ursachen nicht herum. Dazu gehören jedoch vorurteilsfrei alle Tatsachen auf den Tisch, die seit Jahrzehnten diese Entwicklung fördern. Haben – das enorme bisherige und das weiterhin anhaltende Wachstum der Bevölkerung (insgesamt bis 2030 um 10 Prozent, bis 2050 um 26 Prozent), – die von den UN vorhergesagte Verdoppelung der Bevölkerungszahl in den Ländern südlich der Sahara, wo Hunger ein gesellschaftliches Problem darstellt – die extensive Struktur der dortigen Landwirtschaft und die Ausbreitung der Sahara in diesen Ländern – das weit verbreitetere Analphabetentum in diesen Ländern nichts mit dem Hunger dort zu tun? 

Der Hunger in der Welt ist nicht erst heute eine Folge der gegenwärtigen Pandemie, der Änderungen des Klimas und der „gewaltsamen Konflikte“ (der religiösen Kriege). Daher können: das Verbot der Einfuhr von Avocado und Soja in die Industrieländer, die Erweiterung der Staatshaushalte der nichthungernden Länder um feste Summen für die Welthungerhilfe und der Ersatz der industriellen Monokulturen in den vom Hunger bedrohten Ländern allein die gesellschaftlichen Konflikte nicht lösen und den Hunger in der Welt nicht besiegen. – R. Renaux 

 

Schon beim Lesen dieses Artikels stellt sich die Frage, ob es wirklich verboten ist, oder nicht erwünscht ist, oder ob es feige ist, in diesem Zusammenhang die Frage der Überbevölkerung zu stellen. Ich denke schon, dass man sie stellen sollte, ist sie doch einer der Gründe, die zu solchen Katastrophen führen. – Manfred Mengewein 

 

Ja, das Hungerproblem auf dieser Welt macht einen ohnmächtig, zornig und (fast) ratlos. Deshalb DANKE für die exzellente Diagnose von Christiane Grefe, die in dem „Weckruf“ des UN-Generalsekretärs mündet: „Schaut endlich hin!“. Doch das Hinschauen darf kein Zuschauen sein – es muss effektiv gehandelt werden. In Zeiten des Anthropozän brauchen wir einen grundlegenden Systemwechsel, der ganzheitlich ansetzt und der Natur (und damit dem Leben) auf unserem Planten die höchste Priorität einräumt. Nur wenn wir einen umfassenden Lebensschutz der Mitwelt betreiben, können wir dem Hunger vorbeugen. Besten Dank im Voraus. – Edmund A. Spindler 

 


 

 

Leserbriefe zu „Wahlkampf ist nichts für Mimosen!” von Rudolf Scharping 

 

Alles, was Herr Scharping über Wahlkämpfe von damals geschrieben habe, ist richtig wahr, bis zu der Behauptung, Zitat; das, den starken Rechtspopulismus von heute gab es nicht. Doch, Herr Scharping. Denn es gab schon damals die CSU. Eine Rechtspopulistische Partei, durch und durch, auch wenn Herr Söder z.Z. grüne Kreide frisst. – Thomas Walter 

 

Herzlichen Dank für Ihren Kommentar in der ZEIT vom 15.7.2021, der vermutlich am 15.7.2031 in die Schulbücher eingegangen ist als Paradebeispiel für einen Text zur „Schwarzen Politik“. Gemeinsam mit einem Text zur „Schwarzen Pädagogik“ können Schüler*innen dann gemeinsam darüber staunen, dass Kinder früher in der Schule damit zu rechnen hatten, geschlagen zu werden oder die Toilette mit der Zahnbürste reinigen zu müssen, und dass Erwachsene in der ehrenamtlichen oder hauptamtlichen Politik damit zu rechnen hatten, beschimpft und für ungeeignet gehalten zu werden, wenn man einen fairen Wahlkampf für produktiver hält als einen unfairen.

Beides wird legitimiert mit der angeblich tatsachenbasierten Botschaft „Das gehört halt zum Wesen von Erziehung bzw. von Demokratie, es bedarf dieser reinigenden Kraft und es hält das System lebendig: Hört auf zu jammern, das ist eben nix für Mimosen“. Auweia Herr Scharping, lesen Sie mal einen Uralt-Artikel, der die schwarze Pädagogik rechtfertigt, dann verstehen Sie mein Empfinden, wenn ich Ihren Beitrag lese: Belustigung, Kopfschütteln, Zukunftsfreude. – Bettina Schmid 

 

„Ein Wissenschaftler ist eine Mimose, wenn er selbst einen Fehler gemacht hat, und ein brüllender Löwe, wenn er bei anderen einen Fehler entdeckt.“ (Albert Einstein, 1879-1955, deutscher Physiker) Mimose, wohl wegen der Reaktion der Pflanze bei Berührung, die mit der eines empfindsamen Mimen verglichen wird. 1. hoher Baum mit gefiederten Blättern und gelben, kugeligen Blüten an Rispen. 2. (im tropischen Brasilien) als großer Strauch wachsende, rosaviolett blühende Pflanze, die ihre gefiederten Blätter bei der geringsten Erschütterung abwärtsklappt. 3. (oft abwertend) sehr empfindsamer Mensch: sie, er ist eine Mimose.(vgl Duden 7. Auflage 2011, Nachdruck 2014) „Wenn die Bürger nichts gegen die Wahrheit hätten, hätten Politiker keinen Grund zu lügen.“ (Pavel Kosorin, *1964, tschechischer Schriftsteller & Aphoristiker) – Klaus P. Jaworek 

 

Seit den Anfängen der Bundesrepublik hat sich das geistige Niveau in Wahlkämpfen gesteigert? M. E. haben sich nur die Attacken geändert, um den Gegner zu diskreditieren. Eine Ausnahme war Fr. A. Merkels asymmetrische Demobilisierung, wodurch gezielt eine geringere Wahlbeteiligung angestrebt wurde. Aus Sicht eines interessierten Wählers bin ich vom Wahlkampf nur angewidert: das Lesen von Parteiprogrammen ist keine Hilfe, da es bestenfalls „plakative Absichten“ enthält. Nach der Wahl wurde zu oft das Gegenteil beschlossen – natürlich lag die Schuld beim Wähler, da er die parlamentarische Zusammensetzung veranlasste.

Außerdem sollten Wähler nicht so naiv sein: sie wählen am Wahltag auch den Verlust ihrer Souveränität – ohne irgendwelche verbindliche Ansprüche. Das ist bei Parteispendern, zumindest in den USA, anders – oder? Allerdings erinnere ich mich an einige politische Ambitionen: bspw. suchte Fr. A. Merkel eine Alternative zum BIP. Oder Hr. B. Lucke wollte über Währung reden. Das war interessant. Ein nennenswerter Diskurs fand nicht statt. Leider gingen diese Ambitionen im Wahlkampf, Parteiintern oder Regierungszeit unter. Natürlich könnte ich auch in den Wahlkampf einsteigen. Entweder als Parteimitglied, Parteigründer oder kreativer Zerstörer vom monetären Weltbild. Wussten Sie, dass das Volk seit der Wende89 auch ein Wirtschaftssystem wählen kann?

Unser Wirtschaftssystem terrorisiert Millionen von Menschen in dem es den Lebensraum zerstört. Es gilt E=m*c² und E konstant. Da wir kein Perpetuum Mobile haben, wirtschaften wir mit Verlust. Fr. A. Merkel hätte das wissen und erklären können. Nach dem Buch „Wohlstand der Nationen“ von Hr. A. Smith entwickelte sich die Vorstellung einer „unsichtbaren Hand vom Markt, die alles zum Guten regelt“. Welche Hand meint er: den Gütermarkt – im weitesten Sinn eine evolutionäre Angebotsökonomie – oder den Finanzmarkt?

Hr. B. Lucke kennt die Währungsdefinition: Staaten gewähren durch ihre Währung monetäre Transfer – keine chemisch-physikalischen Transfer. De facto spaltet der Staat Ökonomie von Ökologie. Warum eigentlich? Ach ja, die Wirtschaftslehre bespricht nur ungern Axiome mit tautologischen Folgerungen. Politik sollte das Diskutieren, aber das entspricht nicht dem Niveau der Kandidaten. Bedauerlicherweise passen sich unsere Medien zu oft diesem Niveau an. Womöglich persiflieren sich die Medien mit ihrer Kritik an Fr. A. Baerbock selbst? – Matthias Losert 

 

Scharping hat völlig Recht – frühere Bundestagswahlkämpfe waren wesentlich härter als der diesjährige bisher. (Er hätte in seine Namensliste gern auch Helmut Schmidt und Herbert Wehner aufnehmen können, die rhetorisch exzellent waren, aber auch sehr hart auszuteilen vermochten.) Nur in einem Punkt kann ich Scharping nicht folgen: Ich bin der Meinung, dass die Form und die Schärfe der Kritik an Annalena Baerbock sehr wohl etwas damit zu tun haben, dass sie eine (junge) Frau ist. (Ihr Habitus, ihre Ausstrahlung sind Welten entfernt von dem Erscheinungsbild der amtierenden Bundeskanzlerin.) Wäre Habeck Kanzlerkandidat, hätte man die Fehler, die Baerbock unterlaufen sind, unter die Rubriken „lässliche Sünden, kleine Schusseligkeiten“ subsumiert, so wie man das bei Laschet ja auch tut (der z. B. Noten für Klausuren vergeben hat, die gar nicht geschrieben worden sind). – W.-R. Heilmann 

 

Wahlkampf ist nichts für Mimosen. Das kann doch keine Entschuldigung dafür sein, Anstand und Fairness beiseite zu schieben! Heute jedenfalls nicht, auch wenn es früher anders war. Nach nahezu 50 Jahren SPD-Mitgliedschaft im kleinen Ortsverein Gütersloh-Isselhorst erlaube ich mir Frank Plasberg zu zitieren: Hart aber fair. Nein, die Grünen sind keine Mimosen, sie sind ein sozialdemokratisches Produkt. Leider sind die Attacken auf Frau Baerbock, wie du sagst, „normal“. Das heute offensichtlich „Normale“ finde ich als linker Sozialdemokrat unanständig! – Reinhard Kniepkamp 

 


 

 

Leserbriefe zu „Die Kugel, die mich treffen soll, ist schon gegossen” von Stefan Willeke 

 

Die Verachtung, mit der die deutsche Oberklasse auf Matthias Erzberger blickte, kann man auch gut in Bernhard von Bülows Autobiographie „Denkwürdigkeiten“ von 1931 sehen. Er macht sich über Erzbergers bescheidene Französischkenntnisse während der Kapitulationsverhandlungen in Compiegne lustig und gibt ihm Mitschuld an den harten Bedingungen, anstatt die wahren Schuldigen, nämlich sich selbst und seine Adels-Kollegen zu benennen. – Peter Pielmeier 

 

Diese Art von Dossier ist genau das, was ich von dem Abo erwarte und allein mindestens 10 % des Jahresbeitrages wert. Sie sowie auch Ihre Kolleginnen und Kollegen möchte ich auffordern, uns Lesern immer wieder solche Frauen und Männer zu präsentieren, die vergessen wurden, obwohl sie vorbildliches zum Aufbau unserer derzeit ziemlich gestressten Demokratie geleistet haben. –  Friedhelm Butze 

 

Matthias Erzberger wurde mit sieben Revolverschüssen nicht hingerichtet, sondern umgebracht. Sonst hätte er vor Gericht stehen und zum Tode durch sieben Revolverschüsse verurteilt werden müssen. Das hätten die Attentäter gern so gehabt und sich als Vollstrecker gesehen. Absurd! Ein schlimmer sprachlicher Missgriff. Muss es unbedingt drastisch oder empörend oder sonst wie gesteigert sein, tun es Zusätze wie brutal (‚brutal umgebracht‘) oder kaltblütig doch allemal. Hingerichtet ist einfach himmelschreiend falsch und sollte jedermanns Sprachgefühl beleidigen. – G.-A. Thielen 

 

Sie schreiben u.a nachdem deutsche Truppen 1940 in Frankreich einmarschiert waren demütigte Hitler die Franzosen dadurch, dass er sie den Waffenstillstand vor einem Pulk bestellter Fotografen im Wald von Compiegne  unterzeichnen ließ. Das ist natürlich richtig. Da taucht nur die Frage auf wurde Deutschland 1918 von den Franzosen nicht auch gedemütigt, als sie den Waffenstillstand unterzeichnen mussten! Der Paragraph 231 des Versailler Vertrages redet von einem Angriff Deutschland. Forschungen zu diesem Thema haben längst bewiesen das Deutschland eine Mitschuld am Ausbruch des 1.Weltkrieg trägt, ebenso eine Mitschuld trifft auch Frankreich. Der einzige Unterschied ist nur, dass Deutschland den 1.Weltkrieg verloren hat, und damit die Grundlage für den 2. Weltkrieg gelegt wurde. – Dieter Jacobsen 

 

Im Dossier über den wahrhaft bemerkenswerten Politiker Matthias Erzberger vermisst man leider die inzwischen gut belegten Hintergründe von Tätern und Drahtziehern des Mordes, der in Bayern zwischen Miesbach und Regensburg geplant wurde. Die Drahtzieher waren der bayerische Dichter Ludwig Thoma und der ehemalige Zentrums-Landtagsabgeordnete Georg Heim, der vor 1914 mit dem Spitznamen „Bauern-Doktor“ als Bayerns liberalster Demokrat galt (so der Historiker Karl Bosl) und der sich große Verdienste um den Aufbau des landwirtschaftlichen Genossenschaftswesens erwarb.

Je weiter Heim während des Ersten Weltkriegs nach rechts rückte, desto näher kam er Ludwig Thoma, der ihm zuvor eine durchaus positive Rolle in seinen „Filserbriefen“ zuwies. Ab 1918 wurde der von Thomas Personal bezeugte vorwiegend telefonische Kontakt der beiden immer enger. Im März 1920 wurde Thoma angesichts des Kapp-Putsches in Berlin offensichtlich direkt aktiv, als Hitler erstmals die Macht in Bayern an sich reißen wollte, aber mangels ausreichenden Bekanntheitsgrades (noch) nicht wagte, Regierungschef zu werden und dafür Georg Heim ausersehen hatte, der sich längst aus der Politik zurückgezogen hatte. Hitler hatte allerdings keine Chance, als völlig Unbekannter zu Georg Heim vorzudringen.

Hitler und Thoma hatten allerdings einen gemeinsamen Freund, den umtriebigen Journalisten Dietrich Eckart, der Förderer Hitlers und Tarock-Spezi Thomas. Georg Heim hätte, zurückgezogen, wie er lebte, in Regensburg um 5 Uhr morgens ohne Vorbereitung des Besuches durch eine vertraute Person wie, es Thoma war, niemals seine Haustür geöffnet, um mit dem ihm völlig Fremden Adolf Hitler über eine Übernahme des Ministerpräsidentenamtes zu sprechen. Die Angelegenheit erledigte sich, ehe Heim nach München fuhr, weil der Kapp-Putsch vorher niedergeschlagen wurde.

Großverdiener Ludwig Thoma steigerte sich nach Erzbergers Steuerreform, welche die Einnahmeverluste durch die drastische Senkung der Mehrwertsteuer durch eine ebenso drastische Erhöhung der Einkommensteuer ausglich. Thoma, der zu jener Zeit regelrechte Bettelbriefe in die Dachauer Bauerngegend versandte, in denen er sein nahes Verhungern ankündigte, betrachtete ganz offensichtlich die Steuererhöhung als persönliche Gemeinheit Erzbergers ihm gegenüber. Vier Monate nach der Niederschlagung des Kapp-Putsches begann er für den Miesbacher Anzeiger anonym immer heftigere Hetzkommentare zu schreiben, die in kürzester Zeit die Auflage des bis dahin völlig bedeutungslosen Provinzblattes in die Höhe trieben, weil das Blatt nicht nur in München, sondern auch im Reichstag in Berlin eifrig gelesen wurde.

Nachdem Thoma in mehreren Beiträgen gegen den Münchner USPD-Politiker Karl Gareis Stimmung gemacht hatte und bis zum Aufruf, ob man zusehe, wenn dieser die Roten wieder an die Macht putsche „oder schlagen wir jeden Hund tot, der das arme Vaterland in neues Verderben stürzen will?“ Ein paar Tage später wurde Gareis erschossen. Die Täter entkamen unerkannt. Schon vor diesem Zeitpunkt kam auch Erzberger bei Thoma immer häufiger unter Beschuss, wenn auch Thoma später etwas vorsichtiger formulierte, wohl auch wegen der wütenden Reaktionen gegen den Miesbacher Anzeiger nach dem Gareis-Mord. Eine Woche vor seinem Tod forderte Thoma schließlich mit Blick auf Erzberger: „Schafft reine Luft“. Sein Ruf wurde angesichts der schnellen Umsetzung vermutlich bereits erwartet. Die beiden Täter kamen aus Georg Heims Regensburger Genossenschaft. Von Erzbergers Tod erfuhr Thoma selbst nicht mehr. Er starb ebenso wie sein verhasster Feind am 26. August 1921. – Martin A. Klaus 

 


 

 

Leserbriefe zu „Macht mal langsam” von Anne Hähnig 

 

Ich möchte jetzt gar nichts zum Thema des Artikels sagen, sondern zum Schreibstil der Redakteurin. Zitat: „Ein Treffen mit Volker Lux, deren Hauptgeschäftsführer. Er kommt im weißen Hemd und parfümiert um die Ecke und bittet einen, in sein Auto einzusteigen.“ Mich hat es doch glatt umgehauen, als ich sowas in DIE ZEIT zu lesen bekam. Diese Ausdrucksweise kennt man doch nur aus Groschenromanen und der Yellow Press. Ich empfehle der Redakteurin einen Kurs zur Verbesserung ihres Schreibstils auf der Journalistenschule. – Brigitte Forth 

 

„Ich bin überhaupt nicht ent­spannt, weil ich pausenlos auf den Tacho gucken muss“ – ein „Tempo 30“ Knopf am Lenkrad würde da helfen, aber ob die Autobauer das realisieren wollen? – Willi Krebser 

 

Sie behaupten, dass man bei einer Herabsetzung der Geschwindigkeit von 50 km/h auf 30 km/h für 1 Kilometer maximal 40 Sekunden länger brauche. Das ist falsch. Es sei denn, dass außer den beiden Faktoren 50 km/h und 30 km/h noch andere Parameter bei der Berechnung relevant waren. Da sich in Ihrem Text keine befinden, gilt folgende Rechnung: bei 50 km/h braucht man für 1 km 72 Sekunden, bei 30 km/h 120 Sekunden (vgl. 3600:50 = 72 bzw. 3600: 30 = 120). Man braucht also unter den genannten Umständen 48 Sekunden mehr für einen km. – Herbert Schenk 

 

Auf Seite 29 hat sich in Ihrem Artikel ein Fehler eingeschlichen: Statt der 40 Sekunden muss der Wert 48 Sekunden lauten. Formel s = v•x•t (Strecke•Geschwindigkeit•Zeit) t = s / v. 1.000 m für t (30) = 30.000 m. 3.600 sec t(30) = in sec : 3.600.000 / 30.000 sec = 120 sec t(50) = in sec : 3.600.000 / 50.ooo sec = 72 sec Wert sec / km Herabsetzung 48 sec. – Klaus Ibach Bendorf 

 

Da gibt es schon über 50 Jahre den Tempomaten in Deutschland zu kaufen und seit 40 Jahren auch in erschwingbaren Mittelklassemodellen. Momentan sind ca. 70% der Altwagen und Neuzulassungen mit Tempomat ausgestattet. Und Sie müssen sich immer noch mit einem Wagen ohne Tempomat zufriedengeben. Schlecht für die Gesundheit, schade. Ich selbst bin – allerdings im letzten Jahrtausend – oft Frankfurt -München und retour gefahren. Die Werkstatt hat sich gewundert, sie brauchen ja keine Bremsbeläge.

Ich “ mit vorausschauendem Fahren bremse ich nicht einmal, fahre halt auch nur 130 km mit 12.5 Liter/100 km sonst geht die gewonnene Zeit mit einem Tankstopp wieder drauf “ In der Stadt erlebe ich öfters – auch vor roten Ampeln, überholt zu werden, einmal hat sich 10 m vor einer roten Ampel ein Auto mich überholt und um sich dann vor mich in die Lücke zu zwängen, der Fahrer meinte beim Passieren, ich hätte wohl viel Zeit. Ich habe geantwortet: Ja, weil ich mir einen Herzinfarkt ersparen und die Rente genießen will. So ist es dann auch gekommen und ich kann mit 70 Jahren auch noch regelmäßig Blut spenden. Allerdings, seid der Kraftstoff deutlich teurer geworden ist…fährt es sich angenehmer und.inzwischen haben ja 70% der Pkw einen Tempomaten. – Robert Gfrörer 

 


 

 

Leserbriefe zu „Der Zweifel. Eine Impflicht für Lehrer?” von Jan Schweitzer 

 

Ich bin dankbar für den Artikel von Herrn Schweitzer. Unsäglich finde ich, dass nun wieder über die Impfpflicht fantasiert wird, diesmal für das pädagogische Fachpersonal. Ich würde noch anders als Herr Schweitzer argumentieren. Ich bin Erzieherin und lebe jeden einzelnen Tag mit den Mädchen und Jungen Demokratie vor Ort, das heißt mitsprechen, gehört werden, selbstwirksam und selbstbestimmt sein. Eine Impfpflicht gegen Covid 19 halte ich für einen ziemlichen Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht. Wer wollte die ohnehin schon knappen pädagogischen Fachkräfte in Schulen und Kindergärten damit vertreiben. Viele von uns haben sich ohnehin längst freiwillig impfen lassen. An der Demokratie wollen wir auch im Kampf gegen die Pandemie und jenseits der Kindergartentür festhalten. – Angelika Hoppe 

 

Einfach alle dichtimpfen mit Impfstoff, der nur eine vorläufige Notzulassung hat, weil dieser Impfstoff nicht ausreichend getestet worden ist, und wahrscheinlich auch nie ausreichend getestet werden wird. Bei uns werden mit sehr großer Euphorie nur die Menschen durchgetestet. Zeigt das Testergebnis auf positiv, dann ist diese Person nicht schwanger, sondern einfach nur positiv. Dieses Positivergebnis reicht dann aus, um diese positivgetestete Person sofort in Quarantäne zu stecken, und auch noch polizeilich überwachen zu lassen. Ich möchte nur einmal erfahren, wieviel dieser positiv getesteten Menschen wirklich Symptome zeigen, dass sie zu nichts mehr fähig wären. Jetzt sollen die Lehrer dranglauben, dann die Schüler. Geimpfte Lehrer werden bald nur noch geimpfte Kinder unterrichten dürfen. Wer sich dann noch am Virus anstecken sollte, dann kann mit dieser Person irgendetwas nicht stimmen! – Riggi Schwarz 

 

Zu Ihrem Artikel, meine Meinung betrifft ebenfalls die Impfung für Kinder: Das Sinnvolle einer Herdenimmunität ist nicht zu bestreiten. Doch zu welchem Preis? Es stellen sich eine Reihe von Fragen. Wieso besitzen die neu entwickelten, noch jungen mRNA- Impfstoffe in Deutschland das Monopol? Damit sind wir alle Teil eines großen Feldversuches für erstmals genetisch hergestellten Impfstoff. Welch öffentlicher Aufschrei bei Gen-Mais und anderen Pflanzen! Und jetzt soll dieser Impfstoff gesunden Menschen, die keiner Risikogruppe angehören, per Order injiziert werden?

Es gibt Menschen, die sich sofort impfen lassen würden, wenn sie Vertrauen in den Impfstoff hätten, wenn er nach altbewährten, lang erprobten Methoden hergestellt wäre. Versuchskaninchen möchten sie nicht sein. Und es gibt diese Impfstoffe. Es ist eine Schande für dieses Land, wenn politische Egoismen wichtiger sind als Leben und Gesundheit seiner Menschen. – Dr. med. Annebärbel Jungbluth 

 

Ich möchte daran erinnern, dass Schulkinder über viele Monate nicht zum Unterricht in die Schule gehen durften/ konnten. Die Gewerkschaft der LehrerInnen bestand s.Zt. zum Schutz der Unterrichtenden auf die Abwesenheit der SchülerInnen, der VirenschleuderInnen, wie man fälschlicherweise damals noch behaupten konnte. Heute zeigen viele Untersuchungen, wie sehr Kinder unter diesen Maßnahmen gelitten haben. Aus LehrerInnensicht halte ich es für mehr als angemessen, den Kindern etwas zurückzugeben und sich zu einer Impfung zu entschließen. Das statistische Impfrisiko ist zu vernachlässigen gegenüber den Schäden, die Kinder erlitten haben. Und etwas polemisch und der moralischen Keule: LehrerInnen sind doch PädagogInnen, oder?? Also Impfpflicht für Uneinsichtige? Ja! – Monika Baunemann 

 

Die Argumentation des Artikels ist in mehreren Punkten nicht schlüssig: beispielsweise sind an Masern im letzten Jahr über 200.000 Menschen weltweit gestorben an Covid-19 waren es 4,06 Millionen also 20 mal so viele. Die Masern Impf-Pflicht wurde eingeführt und fertig. über die Impfpflicht gegen Covid-19 für Lehrer medizinisches Personal Altenpfleger etc. diskutieren wir ewig rum, was nicht nachvollziehbar ist. Keiner käme auf die Idee darüber zu diskutieren ob Sanktionen bei Geschwindigkeitsüberschreitungen sinnvoll sind. Aber bei Sanktionen gegen ein Verhalten, dass mindestens so tödlich ist wie die Raserei im Straßenverkehr diskutieren wir rum!! – Michael Rosenberger 

 


 

 

Leserbriefe zu „Es geht auch ohne” von Christof Siemes 

 

Dieser Frontartikel ist leider Ausdruck eines sehr schlechten Journalismus, den ich als langjähriger Leser der „Zeit“ nicht gewohnt bin. Dieser Beitrag kann nur von jemandem geschrieben worden sein, der den Sport nur vom Hörensagen kennt, oder vielleicht nur, wenn er mit seinem Hund äusserln gehen und sich dabei die Füße vertreten muss. Er weiß nicht, dass *ein Sportler viele Jahre trainieren muss, um den Höhepunkt seiner Karriere, die Olympischen Spiele, live erleben zu können;*ein Sportler dabei viele Entbehrungen auf sich nehmen muss, um sich überhaupt für die „Spiele“ qualifizieren zu können.

Zum Beispiel „meine“ Sportart Judo in Gewichtsklassen unterteilt ist und man sich trotz „olympischer“ Kost (das ÖOC bezahlte mir wertvolles Essen, das ich mir selbst nicht leisten hätte können) sehr zurückhalten muss, um nicht zu viel Übergewicht zu bekommen, das man vor dem Wettkampf wieder abhungern muss. Ich war selbst auch viele Jahre (bis zu meiner Pension) Journalist und musste selbst immer den Grundsatz beherzigen „audiatur et altere pars“, was im Fall Ihres Artikels offenbar nicht geschehen ist. Das ist für mich zusätzlich überraschend, da Deutschland viele hervorragende Sportler hatte und hat, die Ihrem Journalisten auch den „altere pars“ schildern hätten können. – Lischka Lutz 

 

„Mir fällt gar nichts in den Schoß, ohne Moos, ohne Moos nichts los.“ (Gunter Gabriel, 1942-2017, deutscher Sänger, Komponist, Texter & Produzent) Es geht vieles ohne, aber so ganz ohne Moos ist bei den Olympischen Spielen gar nichts los. Bei den Olympischen Spielen sind zwar die Zuschauer unerwünscht, angeblich wegen dieser Delta-Varianten. Sportler sind in Tokio noch erwünscht, aber falls dieses Pandemie-Geschehen so weitergehen sollte, dann könnte es passieren, dass die nachfolgenden Olympischen Spiele gänzlich auch wieder vor leeren Rängen stattfinden könnten und vielleicht sogar ganz ohne Sportler. Der digitale (Corona)Wahnsinn könnte schließlich alles möglich machen! – Klaus P. Jaworek 

 

Da kommen mir die Tränen, die Olympischen Spiele ohne Zuschauer. Schafft diesen Unfug Olympia endlich ab. Sport ist nicht jedermanns Sache und Leistungssport ist Quälerei. Und teuer ist die Sache auch noch. – Hans-Emil Schuster 

 

Es gäbe sicherlich einen anderen Ansatz, um einerseits den Geist der Spiele aufrecht zu erhalten und um andererseits die irrsinnigen Kosten, welche Sommerspiele verursachen, zu minimieren. Zurück zu den Wurzeln! Griechenland verpachtet die Gegend um Olympia, um dort alle 4 Jahre die Sommerspiele zu veranstalten. Die Kosten für die Infrastruktur können von verschiedenen Organisationen aufgebracht werden. IOC, die UNO, die übertragenden internationalen TV-Anstalten usw… Somit keine explodierenden Investitionen auf Kosten der Armen, wie z.B. Rio de Janeiro. Ein Nachdenken darüber wäre angebracht. – Ulrich Fleischer 

 


 

 

Leserbriefe zu „Da ist er wieder” von Robert Pausch und Franziska Wunderlich 

 

Robert Habeck ist als Politikertyp für Deutschland so ungewöhnlich, dass man sich wundert, warum der Mangel an solchen Figuren in der Parteienlandschaft den Deutschen bisher nicht weiter auffiel. Man kennt nur Politiker der Sorte Laschet, Söder und früher Kohl und Schröder. Fast kann man meinen der Eine ist der Klon des Anderen. Austauschbar in ihren Reden und ähnlich in ihrer Perspektivarmut. Kanzlerin Merkel unterschied sich da schon mehr von den männlichen Kanzlern -ohne sicher zu sein ob das an ihrer Fraulichkeit lag. Was an ihr hervorsticht ist der Mangel an Geltungs- und Streitsucht der bei männlichen Politikern so unangenehm auffällt und verharmlosend / verherrlichend als machohaft interpretiert wird. Vielleicht vermischen sich in Habecks Persönlichkeit weibliche und männliche Vorzüge. Er könnte damit ein Zugewinn für die langweilige Politikergarde Deutschlands sein. – Klaus Reisdorf 

 

Ihre Autoren können auch ganz schön böse sein. Was muss Frau Baerbock alles über sich ergehen lassen. Welche Partei kann von sich schon behaupten, einen solch raketenhaften Aufstieg hingelegt zu haben. Das hätte eigentlich einige in der Partei zu denken geben müssen. Wer rasant noch oben schnellt kann auch schnell wieder rasant nach unten fallen – wie es im Sprachgebrauch heißt. An dem Tag als bekannt gemacht worden ist, dass Frau Baerbock als Kanzlerkandidatin antreten wird, waren die Medien außer Rand und Band. In ihrem „jugendlichen Leichtsinn“ hat sie ein Buch geschrieben, das anscheinend teilweise abgeschrieben wurde. So kann man eine Partei auch zerstören. Das wird es dann wohl gewesen sein. – Gunter Knauer 

 

Welche Rolle wollte und hat Robert Habeck gespielt!? Als er Annalena Baerbock leidvoll verzichtend („schmerzhaftester Tag meiner politischen Laufbahn“, „ich habe nichts mehr gewollt, als dieser Republik als Kanzler zu dienen“) als Kanzlerkandidatin nominiert hat, hat er die klassische Frauenquotennummer inszeniert: der eigentlich stärkere, bessere Mann tritt gönnerhaft (?) beiseite, um einer Frau den Vortritt zu lassen, so wie es die Partei gewünscht hat. Und A. Baebock zeigt jetzt, dass ihr die Fähigkeiten und das eigenständige Durchsetzungsvermögen, wie es von einer zukünftigen Bundeskanzlerin verlangt werden kann, nicht zuzutrauen ist. Und mit ihr wird auch R.Habeck politisch abstürzen, aber als Philosoph, Roman – und Kinderbuchautor (mit seiner Frau) weiterhin Bemerkenswertes leisten. – Udo Bauer 

 

Die Autoren spiegeln den Einbruch der Grünen an Herrn Habeck und seinem Verhalten in dieser Krise der Partei. Der wichtigste Zusammenhang für den „Absturz“ von Frau Baerbock in der Wählergunst liegt jedoch in ihrer Person selbst: Nachdem die Grünen das Fundi/Realo-Problem beseitigt hatten und die Bürgerschrecke Trittin, Ströbele usw. keine Rolle mehr spielten, waren sie in der Mitte der Gesellschaft angekommen und wären dort weithin wählbar gewesen. Doch dann stolperten sie über ihren verbliebenen Rest von Fundamentalismus: Das Primat „Frau vor Mann“!

Statt Herrn Habeck, der genügend Berufs-, Lebens- und Regierungserfahrung mitbrachte und der über eine sympathische Ausstrahlung verfügte, als aussichtsreichen Kandidaten zu wählen, reklamierte die 40jährige Baerbock die Kanzlerkandidatur für sich. Die Partei beugte sich einem längst nicht mehr zeitgemäßem Auswahlprinzip. Jede andere Partei hätte die Person mit den besten Wahlchancen genommen. Die ehrgeizige Frau Baerbock wollte mit ihrem „frisierten“ Lebenslauf und Ihrem Buch aus Persönlichem, Klimaschutzappellen und kopierten Internetfundstellen ihre Kanzlertauglichkeit beweisen. Die Wähler haben jedoch ein feines Gespür für Menschen, die mehr darstellen wollen, als sie in Wirklichkeit sind.

Frau Merkel hatte als promovierte Wissenschaftlerin solch Tricks von Anfang an nicht nötig. Sie wurde eine beachtliche Kanzlerin und eine weltweit geschätzte Regierungschefin, auf die unser Land stolz sein kann. Kanzler oder Regierungsmitglieder tragen die Verantwortung für unser Land und seine Bürger. Sie sollten deshalb auch einen „ordentlichen Beruf“ erlernt und ein paar Jahre ausgeübt haben. Sie sollten Bildungs-, Berufs- und Lebenserfahrung mitbringen, um verantwortlich für unser Land zu handeln. Das alles fehlt Frau Baerbock und das ist der Grund für das Unbehagen der Bürger mit einer 40jährigen berufslosen reinen Parteifunktionärin. – Helmut Schön 

 


 

 

Leserbriefe zu „Torten der Wahrheit” von Katja Berlin 

 

Vielen Dank für Ihre ‚Torten der Wahrheit‘. Der Titel der Kolumne benennt es treffend: Sie zeigen die ‚Wahrheit‘ anhand einfacher Tortendiagramme und das so pointiert, wie es mancher Artikel mit vielen Zeilen Text nicht leistet. Vielen Dank dafür! Ich freue mich jede Woche aufs Neue welche Fragen und Antworten Sie wieder gefunden haben. – Uwe Endress 

 

Ich esse nicht allzu oft Torten, aber Ihre Torten der Wahrheit „konsumiere“ ich immer mit großem Genuss. Sie schaffen es wunderbar, die Dinge auf den Punkt bzw. ins Diagramm zu bringen. – Horst Winkler 

 

Frau Berlin scheint die Bezeichnung für unser Land entfallen zu sein. Sie schreibt „in diesem Land“. Es heißt Deutschland. Oder ist der Begriff inzwischen schon nationalistisch, rechtsradikal? Habe ich da etwas nicht mitbekommen? Frau Berlin kann jederzeit aus „diesem Lande“ ausreisen. Es gibt auf diesem Planeten noch ca. 180 andere Länder. Auf solche die es weiterhin mit dem demokratischen Sozialismus versuchen. Das dürfte doch gut passen. – Dietmar Baier 

 

Ich sitze jedes Mal mit großer Freude vor den „Torten der Wahrheit“, ich halte sie oft für die gelungenste, pointierteste Darstellung gesellschaftlicher Zustände überhaupt, dazu sind sie tiefgründig und humorvoll. Heute lache ich herzhaft und, ich gestehe, auch ein wenig schadenfroh, über die Torte „Was Konservative ärgert“. Vielen Dank für die immer wieder treffenden, anregenden Zusammenfassungen der Zustände. – Gerd Stephan 

 


 

 

Leserbriefe zu „Warum das Luf-Boot im Humboldt Forum bleiben kann” von Brigitta Häuser-Schäublin 

 

Mein Dank gilt Professorin Hauser-Schäublin für ihre exzellente Darstellung der Hintergründe, vor denen das Luf-Boot im Jahr 1904 aus der Südsee nach Deutschland gelangte. Damit bescheinigt sie auch Götz Aly, dem Autor des Buchs „Das Prachtboot – wie Deutsche die Kunstschätze der Südsee raubten“, über etwas geschrieben zu haben, von dem er nicht sonderlich viel versteht. Dazu passt, dass schon vor Jahren Christoph Amend in einem Artikel über Aly (DIE ZEIT 19.05.2015 Nr.21) den Historiker Hans-Ulrich Wehler mit den Worten zitieren konnte: „würde ich trotz all seiner Leistungen ein Votum gegen ihn einlegen, wenn es darum ginge, ihm eine Professur anzutragen. So jemanden darf man nicht auf Studenten loslassen. Er ist nicht seriös genug.“ – Dr. Wolfgang Hachtel 

 

Ein 74-Jähriger, der in der Berliner Zeitung für die „Rettung der Mohrenstraße“ mobil macht und eine 77-Jährige, die meint, Eisenmesser und Glasperlen seien eine adäquate Bezahlung für Kunstschätze von kultureller Bedeutsamkeit. Das sind die Kontrahenten, die die ZEIT für den Diskurs um deutsche Kolonialgeschichte auswählt. Muss man dazu noch irgendetwas sagen? Ja: Wer Debatten, die unser Zusammenleben und Selbstverständnis zentral betreffen, zum exklusiven Spielfeld apologieversessener weißer Rentner macht, erzeugt erst die gesellschaftliche Spaltung, die später tränenreich linker Identitätspolitik angelastet wird! – Philipp Höck 

 

Ob die Übergabe des Luf-Bootes so einvernehmlich verlaufen ist, wie dargestellt, scheint mir fragwürdig. Angesichts der bitteren Erfahrungen mit den Kolonisatoren einige Jahre zuvor, werden die Menschen schon aus Angst vor Gewalt bereit gewesen sein, den Begehrlichkeiten der betreffenden Herrn nachzukommen. Deren Schandtaten werden ja nicht vergessen. Dieses Boot, das einen hohen Wert in ihrer Kultur hat, werden die wenigen Überlebenden der Insel sicher nicht gern denjenigen überlassen haben, die ihre Familien, ihre Stämme in den Jahren vorher massakriert haben. Ich habe den Eindruck, dass dieser Artikel auf Anregung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz geschrieben worden ist, als Reaktion auf das Buch von Götz Aly “ Das Prachtboot“, damit die Stiftung mit „gutem Gewissen“ das wunderbare Boot an prominenter Stelle im Humboldt Forum präsentieren kann. – Renate Martin 

 

Ich möchte Frau Hauser-Schäublin nichts unterstellen, aber merkt sie nicht, wie es klingt, wenn sie schreibt: „Es stimmt: Die Kolonialzeit ist ein dunkles und blutiges Kapitel europäischer Expansion, auf deren Fundament jedoch die heutige Weltordnung und der Wohlstand der Industrieländer ruhen.“ Es gab also auch gute Seiten – unseren Wohlstand? Ob das Luf-Boot rechtmäßig erworben wurde oder nicht – angesichts der Kolonialverbrechen sollte es zurückgegeben werden. Nicht als „Wiedergutmachung“, sondern als Eingeständnis von Schuld und Angebot der Versöhnung. – Peter Löffelbein

 


 

 

Leserbriefe zu „Was heißt hier Heimat?” Protokolle von Evelyn Finger und Kilian Trotier 

 

Fünf verschiedene, mehrheitlich gelungene Heimat-Bilder! Mit ein paar patriotischen Tupfern wären sie ein wenig farbiger geworden! Wer die Einzigartigkeit seiner deutschen Heimat, seiner Heimat in Deutschland, liebt und bewahren möchte, seine Kirchen und Schlösser, seine alten Bäume, lieblichen und rauen Landschaften, die die Menschen und ihre Mundarten mitgeprägt haben: er sollte nie in die griesgrämigen Gesichter unserer AfD-Granden blicken; er könnte sonst rasch zum Multikulturisten mutieren! Ebenso wenig aber sollte er Menschen aus allen Ländern unserer Erde, denen er überall als Freund begegnet, in nicht verkraftbarer Zahl dauerhaft bei sich aufnehmen! Seine Heimat verliert sonst Stück um Stück ihr vertrautes Gesicht, wandelt sich zu einem konturarmen Flecken der Beliebigkeit! Wo mehr und mehr seine Wurzeln verkümmern, wo er sich, obgleich zu Hause, wie ein Fremder fühlt! – Dr. med. Ulrich Pietsch 

 

Ich bin Ihnen sehr dankbar dafür, dass Sie mit dem Aufsatz von Wilhelm Schmidt „Heimat ist mehr als ein Ort“ und den fünf Berichten der Protestanten aus Sachsen-Anhalt zu der Frage „Was heißt hier Heimat“ ausführlich dem Heimatbegriff gewidmet haben. Jeder Mensch trägt bewusst oder auch unbewusst das Gefühl für seinen Ursprung in sich, wobei die Ausprägung des eigenen Heimatbegriffs recht unterschiedlich sein kann. Ich will berichten, was für mich selbst die Heimat im eigentlichen Sinne ausmacht: Ich stamme aus Frankfurt an der Oder.

Ich habe in dem Oder-Strom oft geschwommen, habe auf der Penne auf dem Fluss Rudern gelernt und bin im Winter auf einem Nebenarm der Oder Schlittschuh gelaufen. Wir Jungen haben bei den Buhnen Krebse gefangen und auf der Oderbrücke versucht, den vorbeifahrenden Dampfschleppern in den Schornstein zu spucken. Der Fluss war ein Teil meines täglichen Lebens. Als ich 1945 nach Dortmund verschlagen wurde, fehlte mir ganz besonders der Strom, denn er war für mich unersetzlich geworden; die Oder ist ein unvergessener Teil meiner Heimat. Ich habe versucht, meinen Gefühlen durch ein Gedicht Ausdruck zu verleihen.  

 

Der Strom 

Ich möchte noch einmal zurück,  

Um an dem Strom entlang  

Mich an dem Glanz der Sonnenstrahlen zu erfreuen 

Die auf den Wellen glitzernd ruhen,  

Den linden, warmen Sommerwind verspüren,   

Der den modrigen Geruch der Flut   

Sanft zu mir herüber trägt.   

Ich möchte noch einmal   

Den bunten Flug der Libellen schauen,   

Die über dem dunklen Kolk   

Glitzernd ihre Bahnen ziehen,   

Noch einmal die schönen Störche sehen,   

Wie sie mit stolzem Schritt   

Die weiten Ufer-Auen still durchstreifen,   

Und auch den lauten Ruf der Frösche hören,   

Die auf der feuchten Niederung   

Unsichtbar im dichten Röhricht hausen.   

Ich möchte noch einmal zurück,   

Des Nachts den schrillen Schrei der Wildgänse hören,   

Wenn sie dem Lauf des Flusses folgend   

In großen Scharen nordwärts ziehen,   

Und noch einmal   

Das dumpfe Dröhnen des Eises vernehmen,   

Wenn die grauen Schollen im Mahlstrom kreisend   

Sich schiebend, knirschend fortbewegen.

Was weckt den Wunsch, der mich berührt?   

Ist’s nur ein Traum, den ich verspürt?   

Es ist der Strom, der in mir fließt,   

Der mit dich führt und nichts vergisst – Ulrich Bratfisch 

 

Gut so: Heimat ist da, wo Kultur, Begegnung, Verwurzelung – und damit auch Religion und Glaube gepflegt werden. Nur schade, dass die Verantwortlichen für die Rubrik „Glauben&Zweifeln“ einerseits die „normale“ Dorfgemeinde und den „Zweifel“ außer Acht gelassen haben: Wie kann Heimat überhaupt entstehen und sich entwickeln, wenn sich das Dorf entvölkert und kaum noch aktive Menschen da sind, mit denen Kultur wahrgenommen, eingeübt und weitergetragen werden kann? Eben nicht nur mit dem honorigen Domprediger, dem berühmten Publizisten, der freundlichen Stiftspredigerin und dem intellektuellen Professor zusammen? Was sagen, fühlen, denken und glauben die „normalen“ Christenmenschen in Sachsen-Anhalt? Dem nachzuforschen wäre eine weitere ZEIT-Seite wert. – Christian Buchholz 

 


 

 

Leserbriefe zu „Das war eine Flucht” von Wolfgang Bauer 

 

Die von Ihrem Autor beschriebene Rückentwicklung der zivilgesellschaftlichen Strukturen in Afghanistan hin zu einem autoritären Gottesstaat ist nicht verwunderlich. Bekanntermaßen sind Interventionen in vormoderne Gesellschaftssysteme grundsätzlich möglich, allerdings kann eine wirkungssichere Steuerung von Transformationsprozessen aufgrund rekursiver Beziehungsgeflechte innerhalb dieser Systeme nicht versprochen werden.

Insbesondere reicht die kurze Zeitspanne von 20 Jahren Präsenz der westlichen Streitkräfte wohl kaum aus, der breiten Bevölkerung die Eigenheiten demokratischer Teilhabe auf Basis freier Willensbildung näherzubringen – zumal die Soldaten keine „Entwicklungshelfer“ sind. Um solche aussichtslosen Missionen wie in Afghanistan zukünftig zu vermeiden, muss der Westen einen Paradigmenwechsel vollziehen – weg von allein wertgetriebenen Handlungen hin zu einer verantwortungsethischen Einsicht in realistische Veränderungspotentiale. Nur so kann verhindert werden, dass Menschenleben aufs Spiel gesetzt und Steuergelder verschwendet werden! – Christian F. Olejnik 

 

Der Beitrag „Das war eine Flucht“ beschreibt eindrucksvoll aber auch beängstigend die gegenwärtigen Zustände in Afghanistan. Großen Respekt den unerschrockenen Journalisten. Gescheitert ist die Mission der NATO, dieses das Land auf dem Weg der Demokratisierung zu begleiten. Die Sowjets mussten nach 10 Jahren erkennen, dass ihr Gesellschaftssystem dort keine Chance hatte; Die NATO und ihre Verbündeten benötigten für diese Erkenntnis 20 Jahre. Der Artikel „Das war eine Flucht“ stimmt sehr nachdenklich und hinterlässt nicht wenige Fragen: Warum scheiterte das Vorhaben?

Wird der schreckliche Bürgerkrieg, der bis zum Petersburger Abkommen 2001 in diesem Land wütete, jetzt seine Fortsetzung finden? Wird sich EL Qaida wieder etablieren? Die Pflege der Gräber von 120 gefallenen Osma bin Laden Kämpfern, dort wo der Friedhof zu einem Wallfahrtsort wird, lassen nichts Gutes ahnen. Wo führt die Macht der Taliban hin? Peter Scholl-Latour einer der besten Islamkenner gibt bereits 2003 in seinem Buch „Kampf dem Terror – Kampf dem Islam?“ manche Antwort. Mir entzieht sich das Verständnis, dass für eine gescheiterte Mission des ISAF ein „Grosser Zapfenstreich“ stattfinden wird. – Karl-Heinz Ollek 

 

Nach einem einjährigen Einsatz für den zivilen Aufbau im Norden Afghanistans drängte sich mir die Nichterreichbarkeit der Zielsetzung des internationalen ISAF-Einsatzes wie vielen anderen langjährigen Kennern des Landes bereits 2011/2012 auf. Es stellt sich die Frage, warum von politischer Seite nicht auf diese Stimmen gehört wurde. Von militärischer Seite wurde gebetsmühlenhaft verbreitet, dass die Lage unter Kontrolle sei. Dabei waren Stimmen aus dem Kreis ziviler Mitarbeiter in den Projekten außerhalb des Militärcamps unüberhörbar, die sich über eine wachsende Unsicherheit im Feld beunruhigt zeigten.

Diese passten nicht ins Bild der Verantwortlichen, die dafür zu sorgen hatten, möglichst schnell möglichst viele Mittel in Projekte welcher Art auch immer abfließen zu lassen. Afghanistan ist meines Erachtens ein eindrucksvolles Beispiel dafür, dass nicht Realpolitik die Richtung unseres Handelns bestimmt, sondern eine ausschließlich von unseren moralischen Vorstellungen beherrschte Wunschpolitik. Wir haben uns nach meinem Einsatz noch zehn Jahre daran abgearbeitet, obwohl jeder offensichtlich mit der Situation vertraute diese bereits seinerzeit als gescheitert bewertet haben musste. Unverständlich umso mehr nun die Tränen über den „hastigen Abzug“. Wie schwer fällt uns das Eingeständnis, über Jahre hinweg einer Selbsttäuschung erlegen zu sein. – Wolfgang Bauer 

 


 

 

Leserbriefe zu „Der das Mammut jagt” von Peter Kümmel 

 

Ach Du liebe ZEIT! Der Kniefall als antirassistisches Zeichen im Fußball war schon lange überfällig. Wäre es aber nicht auch an der ZEIT, aus der unterwürfigen Pose gegenüber Vertretern unreflektierter „Fußballbesessenheit“ herauszukommen? Darf der gescheiterte Fußballexperte Rangnick im Ernst dafür bewundert, belobigt und beweihräuchert werden, dass er den falschen Eindruck vermittelt, mit einem anderen taktischen Ansatz, durch andere Aufstellungen und Einwechslungen die EM für Deutschland gewonnen zu haben? – Klaus Günther 

 

„Wenn es nur noch um Geld und Gewinnmaximierung geht, das kann nicht gut sein“, sagt der Mann, der maßgeblich hinter dem Marketingprojekt eines Getränkeherstellers stand, dass seit Jahren 50+1- und Sponsoring-Regeln („Rasenball“, das Wappen) umschifft, Spieler zwischen seinen Stützpunkten hin und herschiebt („harte Verhandlungen“) und dessen Fannähe ganze 21 Mitglieder zulässt. Kritische Nachfragen? Nein. Ralf Rangnick hat sicherlich Ahnung vom Sport – aber in einer Verlängerung Sancho, Rashford oder Bellingham zu fordern (Marktwert zusammen bestimmt 250 Millionen Euro), Löws Dreierkette zu kritisieren oder von der Couch aus flachgeschossene Elfmeter zu verteufeln, das kriegen die Stammgäste meiner Eckkneipe auch noch hin. Ihm deshalb prophetische Fähigkeiten zu attestieren und einen hymnischen Artikel hinzuschreiben, halte ich für falsch. – Thomas Empl 

 

Im Unterschied zu den meisten Personen, die im Fernsehen als Experten gehandelt werden, die aber in Wahrheit bestenfalls ein wenig fachsimpeln können (wobei die Betonung auf „simpel“ liegt), ist Rangnick wirklich ein Fachmann. Und genau dies ist leider auch der Grund dafür, dass er wohl als Bundestrainer gescheitert wäre: Ein Grübler, ein analytischer Kopf, „von des Gedankens Blässe angekränkelt“ – so einer passt nicht zur Funktionärsmentalität im DFB und in die aalglatte Marketing-Welt eines Oliver Bierhoff. Und ein Motivationsmonster – das eine Nationalmannschaft allerdings weniger benötigen sollte als eine Vereinsmannschaft – ist er vielleicht auch nicht. – W.-R. Heilman 

 


 

 

Leserbriefe zu „Prominent Ignoriert: Meisterhaft” von GRN 

 

„MEISTERHAFT!“ Das war es wahrlich nicht, denn es muss heißen “ Tand, Tand “ ist das Gebilde von Redakteurshand. – R. Pfeil 

 

Wer Th. Fontane zitiert, sollte es richtig tun und nicht so, dass Unsinn dabei herauskommt. Und dann gleich auf der ersten Seite. Peinlich! Nicht „Sand, Sand…………“ Sondern: „Tand, Tand
ist das Gebilde von Menschenhand!“ – Margarete Bartsch 

 

Auch wenn es wahrlich Wichtigeres gibt: Ihrer schreibenden Person GRN ist ein Fehlzitat unterlaufen. Nicht „Sand, Sand ist das Gebilde von Menschenhand“, sondern „Tand, Tand ist das Gebilde von Menschenhand“ lautet die entscheidende Zeile bei Fontane/Die Brück‘ am Tay. Damit bricht natürlich die Pointe zusammen. – Jörg Müller 

 


 

 

Leserbriefe zu „Ein politischer Gefangener” von Holger Stark 

 

Aus vollstem Herzen Danke für Ihren Leitartikel zu Julian Assange, ich bin Ihnen sehr dankbar! – S. Mosleh 

 

So ist es also mit den Grundrechten. Deswegen werden die demokratischen Länder auch das Corona Virus nicht in den Griff bekommen. Man könnte auch boshaft sagen: Das Sterben der Menschen lässt eine Demokratie eher zu als eine Demokratie mit autoritären Zügen, wie ich sie in Singapur kenne. Dort steht das Menschenleben an erster Stelle. Auch die Klimafrage wird autoritär behandelt. Auch wenn es manchen Bürgern nicht passt. Elektroautos sind Pflicht, und nicht erst in 15 Jahren – da kann zwischenzeitlich die Welt untergehen. – Gunter Knauer 

 

Seit einiger Zeit lässt sich beobachten, dass, wann immer in den Medien von der US-amerikanischen Regierung die Rede ist, diese meist als „Administration“ angesprochen wird: Trump-Administration, Biden-Administration, US-Administration, u.s.w.. Das gilt auch für die ZEIT, im konkreten Fall für Ihren aktuellen Leitartikel, in dem Sie vorschlagen, die Bundekanzlerin könne sich bei ihrem Besuch bei Präsident Biden für Julian Assange einsetzen. Der Begriff „Administration“ – anstelle von „Regierung“ – wird aber seltsamerweise nur im Kontext der Vereinigten Staaten verwendet.

Bei anderen Staaten bleibt man beim Begriff „Regierung“ (Macron-Regierung, Bundesregierung, u.s.w.) oder gegebenenfalls, bei autoritär regierten Staaten, beim Begriff „Regime“. Der Gebrauch des Begriffs „Administration“ ist jedoch nur eine übersetzungsfaule Übernahme des US-amerikanischen Begriffs „Administration“. Wenn zum Beispiel der US-Präsident oder sein(e) Sprecher(in) über Entscheidungen oder Auffassungen seiner Regierung spricht, dann heißt es „this administration …“. Bei Leuten, wie beispielsweise Norbert Röttgen, die sehr häufig und/oder lange in den USA waren, starke Verbindungen dorthin haben und sich häufig in einem US-amerikanischen Umfeld bewegen, kann man es nachvollziehen und auch nachsehen, dass sie den Begriff „-Administration“ verwenden anstelle von „-Regierung“.

Diese Übersetzungsfaulheit steht aber einer Qualitätszeitung wie der ZEIT nicht gut zu Gesicht. Dass auch öffentlich rechtliche Rundfunkanstalten wie ARD und ZDF oder der Deutschlandfunk, genauso wie andere Printmedien (siehe zum Beispiel die DLF-Presseschauen) im US-amerikanischen Kontext (und nur dort) von „-Administration“ sprechen statt von „-Regierung“, ändert daran nichts, genauso wenig wie die Tatsache, dass der Begriff „US-Administration“ bereits einen eigenen Eintrag im Digitalen Wörterbuch der Deutschen Sprache DWDS hat ( https://www.dwds.de/wb/US-Administration ).

Ich würde mich freuen, wenn bei meiner bevorzugten Zeitung, der ZEIT, auch in Bezug auf die Vereinigten Staaten wieder der gute alte Begriff „Regierung“ Verwendung finden würde: Was die ZEIT druckt, ist Vorbild und hat sprachbildenden Charakter. Nicht umsonst gehören auch die Jahrgänge 1946 – 2018 der ZEIT zu den Textkorpora, die im DWDS zur Erfassung des deutschen Wortschatzes herangezogen werden und wurden ( https://www.dwds.de/r ). Vielleicht ist der Zug aber bereits abgefahren. – Dr.-Ing. Franz Ulrich Häusler 

 


 

 

Leserbriefe zu „Kommt die klimafreundliche Energie?” Gespräch mit Veronika Grimm geführt von Thomas Fischermann 

 

Vielen Dank für dieses sachliche Interview. Mir war schon immer unbegreiflich, warum Deutschland im Rahmen der Energiewende plötzlich nicht nur grün, sondern – nebenbei? – auch noch autark werden soll. Die eigentliche Zukunft liegt meines Erachtens in der Win-win-Situation, die Frau Grimm anspricht. Warum nicht weiterhin Energie importieren? Nur, weil sie jetzt grün ist? Oft dünn besiedelte Länder, die mit den ungleich verteilten Ressourcen Wind und Sonne gesegnet sind, produzieren billig grüne Energie, die wir ihnen dann abkaufen. Wüsten und unwirtliche Küsten sind die neuen Erdölfelder.

Hier lässt sich Geld drucken, während Öl und Gas nach und nach zu Ladenhütern werden. Der Tschad, Libyen, Mali und Algerien – alles gesegnete Länder, es muss sich nur noch herumsprechen. Das wäre ein wirkliches Thema für ein Handelsabkommen der EU mit Afrika. Echte Fairness wird sich auch für uns auszahlen. Romantische Selbstversorger-Phantasien, die allerorten uneffektive Riesenräder durchkämpfen wollen, sind jedenfalls nicht dafür geeignet, eine schnelle und erfolgreiche Energiewende herbeizuführen.

Hier scheitert der gutwillige Klimaschützer nicht etwas an den süddeutschen Sturköpfen, sondern an seinem eigenen falschen Konzept. Eine europaweite CO2-Steuer, die auch auf klimaschädliche Importe erhoben wird (Hier braucht Frau von der Leyen viel Unterstützung!), wird diesen Prozess erheblich fördern und marktwirtschaftliche Mechanismen in Gang setzen, deren Effektivität weit außerhalb der Reichweite rein politischer Maßnahmen liegt. – Dr. Christian Voll 

 

Die Politik und Konzerne haben begriffen. Nein, haben sie nicht. Oder besser formuliert; wollen es nicht. Sie tun nur so. Erklärung: Alles viel zu umständlich. Selbst die UNO hadert. Und die anderen EU-Staaten auch. Das zeigt sehr deutlich die jetzige Naturkatastrophe. Es war alles bekannt, schon seit Jahrzehnten. Erst wenn der Mensch davon betroffen ist, könnte sich etwas ändern. Aber der Mensch kann auch sehr vergesslich sein. In einem Jahr ist das alles wieder vergessen. – Gunter Knauer 

 

Prof. Grimm glaubt, dass eine Energiewende technisch rasch machbar sei, wenn die wirtschaftlichen und politischen Voraussetzungen gegeben wären. Ein gewaltiger Irrtum. Selbst wenn die nötigen Rahmenbedingungen plötzlich vom Himmel fielen, uns fehlt schlicht die Zeit, um die Technik zum Einsatz zu bringen. Allein an der Bereitstellung der erforderlichen Strommengen innerhalb des Zeitfensters werden wir scheitern. Schließlich beharren wir ja darauf, dass unser „Business-as-Usual“-Modell zukunftstauglich ist.

Aber den Apparatepark unseres Lebensstils, verknüpft mit unserem Konsumverhalten, 1:1 in eine klimaneutrale Zukunft zu projizieren, ist Schlaraffenlanddenken ebenso wie die Träumerei, dass uns ferne Länder umgehend Fläche und Infrastruktur für Energieprojekte bereitstellen. Die Wirtschaftsweise wird entgegenhalten, dass z.B. Deutschland der Jugend doch schon vieles ins Pflichtenheft eingetragen hat. Die Wahlprogramme hierzulande sehen indes anders aus. Sie senden unverdrossen eine „Wasch-mir den-Pelz- aber-mach-mich-nicht-nass“-Botschaft. Dabei ist die drängendste Frage: Wie sehr muss sich unsere Lebensweise verändern, um die 17 Sustainable Development Goals der UN wenigstens halbwegs zu erfüllen?

Zu einer ehrlichen Analyse sind wir derzeit nicht fähig. Insofern ist der Satz falsch: „Ja, Politik und Konzerne haben begriffen. P.S.: Ich habe mir die Wahlprogramme der im Bundestag vertretenen Parteien (außer AfD) aus dem Netz geholt, aber ich habe nur die Kapitel genau angeschaut, die Klimaschutz und Energiewende betreffen. Es kann also sein, dass an anderen Stellen der Wahnsinn unseres Lebensstils thematisiert wird und ich das überlesen habe. – Hermann Pütter 

 


 

 

Leserbriefe zu „Söderdämmerung” von Mariam Lau 

 

Danke für Ihre schöne Analyse der derzeitigen CSU. Ich gebe zu, je düsterer die „Söderdämmerung“, umso größer meine Freude. Söder, „einer der vormals unbeliebtesten Männer des politischen Betriebs“, hat sich meiner Meinung nach nicht zum Positiven verändert. Er hat in seiner typischen Art und Weise die Corona-Pandemie für seine Zwecke missbraucht und wäre damit beinahe Kanzlerkandidat geworden. Ein Populist wie er im Buche steht. Man kann nur hoffen, dass der Rechtsstaat und die Demokratie so stabil bleiben, dass solche Politiker, die diese Institutionen als lästig und hinderlich betrachten, noch rechtzeitig in ihre Schranken gewiesen werden. Ich glaube und hoffe, dass ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung und der politisch Aktiven das ähnlich sieht, und dies auch mit ein Grund für die „Söderdämmerung“ sein könnte. – Dr. med. Martin Krivacek 

 

Eine kleine sachliche Korrektur möchte ich rückmelden. Der Ort der Klausur der CSU-Landesgruppe (2. Absatz im Artikel) heißt nicht Bad Seeon, sondern Kloster Seeon; vor der Schließung tagte man in Waldbad Kreuth, vielleicht kommt daher noch die Verwechslung. Kloster Seeon ist ein wunderschöner Ort im südöstlichen Oberbayern, und wirklich einen Besuch wert, auch als Gast! – Anneliese Mayer 

 

Markus Söder, geboren 1967 in Nürnberg (Mittelfranken/Bayern), Kennzeichen: sehr machtbesessen und egomanisch selbstverliebt. Er machte sich einst von Nürnberg aus nach München auf, um von dort aus, ganz Deutschland erobern zu können! Diesen, seinen größten, aber doch auch sehr utopischen Plan, wollte er mit allen (Un)Mitteln seiner Söder´schen Kunst umsetzen. An Armin Laschet und dessen CDU-Gefolgschaft ist er aber dann völlig unerwartet, letztendlich aber auch kläglich gescheitert.

Irgendwie hat er wohl diesen „Armin, den Kurzen“, schwer unterschätzt, eine Rechnung ohne den Wirt der CDU machen zu wollen, ist eben sehr leichtsinnig. In Bayern ist Markus Söder mittlerweile zum größten Pandemie-Verwalter der Republik aufgestiegen, sein „bayerisches Volk“ hingegen, ist unter ihm, schwer leidgeprüft und traumatisiert. Nun droht wohl auch dem Freistaat die größte Klimakatastrophe aller Zeiten. Jetzt kann Markus Söder zeigen, der in Bayern die FFP2-Maske salonfähig gemacht hat, ob er auch so regieren kann, ohne dass er ständig sein Volk drangsalieren muss. – Klaus P. Jaworek 

 


 

 

Leserbriefe zu „Küchenpsychologie: Gibt es ein echtes Multitasking?” von Sarah Koldehoff 

 

Kommt wahrscheinlich darauf in welchen Hirnregionen man multi-tasking oder eher multi-threading machen will. Wer z.B. konzentriert ein Musikinstrument stimmt (Hören) und gleichzeitig sprechen will (Sprechen), wird schnell überfordert sein. Es geht dann wirklich nur eins von beiden. (mal selber ausprobieren!) Kann also auch an den Hirnregionen liegen, die ein multi-irgendwas ausschließen. Da bleibt auch schnell das Hirn „bei seinen Leisten“. – Wolfgang Michel 

 

„Multitasking heißt, viele Dinge auf einmal zu vermasseln.“ (Erwin Koch, *1932, deutscher Aphoristiker) Mehr kann ich auch als Frau dazu nicht schreiben! – Riggi Schwarz 

 


 

 

Leserbrief zu „Zahlen, bitte” von Mark Schieritz 

 

Ihr Artikel in der aktuellen ZEIT hat mich wirklich froh gemacht. Sehr guter Wissenschafts-Journalismus. Zu einem essentiell wichtigen Thema kurz und knapp die Entwicklung zu einem fast Quantensprung aufgezeigt und dann stellt sich auch noch heraus, dass die Idee – wichtigster Teil von Veränderung – deutschen Ursprungs ist. Was selbstverständlich völlig Wurst ist, in diesem Falle, aber dennoch Mut zu Optimismus verleiht. Den positiven Spannungsbogen, den Sie zum Thema “mehr Steuergerechtigkeit” in der Welt in Ihrem Artikel spannen, hat sooooo gutgetan. Wir alle brauchen positive Nachrichten und positive Berichterstattung zu den wichtigen Themen unserer Zeit. Es scheint mir wichtig, zu lesen, was bereits erreicht wurde, was bereits funktioniert. Herzlichen Dank dafür und bitte mehr davon. – Brigitte Nees-Baethke 

 


 

 

Leserbrief zu „Dausend Prozent” von Peter Dausend 

 

Wenn sich jemand in Genderfragen offensiv als so sensibel outet, wie Herr Dausend das zuweilen tut, so sollte er nicht den Eindruck erwecken, dass „Parteisoldaten und -soldatinnen“ nur Kandidatenbildchen – also Bildchen von Kandidaten – verteilen. Gerade bei den Grünen wird wohl eher eine Kandidatin drauf sein. Die wird in Herr Dausends Wortwahl „nicht sichtbar“, wie man zuweilen sagt. Oder ist das jetzt übertrieben? – Dr. Christian Voll 

 


 

 

Leserbrief zu „Luftnummer im Klassenzimmer” von Lisa Nienhaus und Marc Widmann 

 

Die beiden schreiben, es gäbe regelmäßige Tests für die Schüler und Kita-Kinder und ich wüsste gerne, wie ich als Mutter einer 2jährigen in einer Sportvereinkita an solche Tests komme oder wer die wo und wann durchführt? Ist das bei den kommunalen Kitas so? Hab ich was verpasst? – Julia K. 

 


 

 

Leserbrief zu „Die Unvollendete” von Cathrin Gilbert 

 

Das Foto von Julia Jäkel mit der Titelüberschrift „Die Unvollendete“ zu versehen ist eigentlich ein Widerspruch. Ich habe noch selten ein Foto von einer so schönen („vollendeten!“) Frau gesehen. Und wenn der Bericht stimmt, muss sie auch noch sehr intelligent und lebensklug sein. Hat ihr Mann Ulrich Wickert das verdient? Wahrscheinlich! Kann der sich glücklich schätzen. Aber das tut er sicher auch! – Björn Luley 

 


 

 

Leserbrief zu „Der Euro wird jetzt grün und locker” von Thomas Fischermann et al. 

 

Wär‘s glaubt wird seliger. Das weiß Mario Dragi zu verhindern. Der holt in sein Kabinett nur Unternehmer. Was völlig in Ordnung ist. Mit den Beamten hat Dragi keine gute Erfahrung gemacht. –  Gunter Knauer 

 


 

 

Leserbrief zu „Mein 1. Schuljahr” von Linda Tutmann 

 

Sehr gern habe ich gelesen, was Linda Tutmann über die Erstklässler in Leipzig schreibt. Ich selbst kam dort im Herbst 1950 zur Schule. Es war die 48. Auch damals fielen die Milchzähne aus. Viele Erinnerungen werden wach. – Christian G. Schnabel  

 


 

 

Leserbrief zu „Tierisch beste Freunde” von Marie-Charlotte Maas 

 

Ihr Artikel über Elias und die Schafe ist nett und unterhaltsam. Allerdings wäre etwas mehr Sachkunde nicht schlecht gewesen. Bei Schafen sprechen wirklich nur absolut Unkundige von Fell. Sie haben nun mal eine Wolle. Wenn man von Fell spricht ist das Schaf tot und das Schaffell bei Ikea im Regal. Zum anderen wäre ein Schaf, das viele Kartoffelschalen und dazu überwiegend Äpfel und Möhren frisst, nicht lange gesund. Schafe fressen Gras und Heu. Alles andere sind Leckereien und das Schaf verträgt es, wenn es Glück hat. Noch ein Nachtrag: Schafen wird nicht das Fell abrasiert, sie werden geschoren, damit man die Wolle verwenden kann. – Mirjam Zylla-Kilian 

 


 

 

Leserbrief zu „Oh-lympia” von Matthias Schütte (Infografik) und Mats Schönauer (Recherche) 

 

Ja, das mit der Statistik, das sieht immer so akkurat, so aufgeräumt und sehr übersichtlich aus, auch wenn der Aussagewert fast immer gegen „Null“ tendiert! Die gesamte Welt droht irgendwie im Pandemie-Sumpf und jetzt auch noch in dieser Pandemie-Flutwelle total abzusaufen. Nach wie vor halten sich viele dieser Pandemie-Regierungen der Welt an dieses einzige Kennzeichen, an das Indiz „Inzidenzwert“, der jeden Tag frisch auf den Tisch direkt nach Hause geliefert wird. Diese Pandemie-Gehabe geht mir gewaltig auf meine Senkel, ich überlege mir schon lange auf meine Senkel einfach zu verzichten! – Riggi Schwarz 

 


 

 

Leserbrief zu „Er fächert die Welt auf” von Ulrich Greiner 

 

Lyonel Feiningers Söhne erwähnt Ulrich Greiner nur beiläufig. Andreas Feininger, 1906 als ältester Sohn des berühmten Malers geboren, entdeckte in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg die Fotografie als künstlerisches Medium für sich und entwickelte eine neue fotografische Sehweise. Wie kaum ein anderer verstand er es, Bildinhalte mit strengen formalen Kriterien, wie Perspektive und Komposition, zu verknüpfen. Mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs emigrierte Andreas Feininger nach New York. Bereits 1943 wurde er als Bildredakteur beim »Life«-Magazin angestellt.

Er gehörte fast zwanzig Jahre dem berühmten Fotografenstab der Zeitschrift an, die als Wegbereiter der zeitgenössischen Bildberichterstattung gilt. Feiningers Werk ist von zwei großen Themenkomplexen bestimmt: Stadtansichten und Naturmotive. Seine Ansichten der Metropole New York zählen heute zu den Klassikern der Fotografiegeschichte. Mit derselben Begeisterung widmete er sich den Naturstudien. Seine minutiösen Detailaufnahmen von Insekten, Blumen, Mollusken, Holz und Steinen verleihen den in der Natur vorgefundenen Formen oft einen skulpturalen Charakter von großer Wirkung.1999, im Alter von 92 Jahren, starb er in New York. – Dr. Wolfgang Hachtel 

 


 

 

Leserbrief zu „Das Würschtldrama” von Francesco Giammarco 

 

Da sieht man wieder mal, ein Hamburger gehört in eine Semmel, aber nicht nach München. Hahaha! Gerda Münzenberg 

 


 

 

Leserbrief zu „Husten vorm Balkon” von Julia Kopatzki 

 

Einfach ein Ärgernis und eine Zumutung, dieser ganzseitige Artikel über Corona Quarantäne auf Mallorca auf dem Niveau von Boulevard Journalismus aus der Schlüssellochperspektive. Nichtssagende Trivialitäten, nicht einmal ein vernünftiges Interview. Und weil sich der Zeitleser und die Zeitleserin offenbar keine Hotelfassaden vorstellen können, eine halbseitige Bebilderung mit Hotelfronten. Mallorca Urlauber ignorieren die Ansteckungsgefahr durch die Deltavariante, infizieren sich auf dem Ballermann, bei Partys und beim Shopping, verbringen in Folge ihres Risikoverhaltens zwei Wochen in einem Vier-Sterne Hotel in Quarantäne und der Steuerzahler begleicht die Rechnung.

Nicht nur wird ihr Risikoverhalten in keiner Weise in Frage gestellt – trotz bekannter Infektion versuchen sie noch ins Flugzeug zu kommen -, sie erscheinen vielmehr auch noch als Opfer undurchschaubarer Corona-Schutzmaßnahmen, wie der larmoyante Ton suggeriert. Es ist alarmierend, wieviel Raum Die Zeit diesem subjektiven Befindlichkeitsjournalismus einräumt auf Kosten eines profunden Diskurses, der z.B. über die aktuell vordringliche Frage der Impfpflicht für bestimmte Bevölkerungsgruppen ansteht.

Ist sie ethisch gerechtfertigt, politisch durchsetzbar, ein wissenschaftlich verifiziertes Instrument zur Pandemiebekämpfung? Dazu kein Wort in dieser Ausgabe. Eine solche Auseinandersetzung würde freilich deutlich mehr Aufwand erfordern als schlicht eine Reporterin ins Nachbarhotel einzuquartieren, die mit Hilfe von ein paar Zurufen, Whatsapp-Fetzen und viel heißer Luft mal eben eine Seite füllt. Also Niveausenkung zwecks Kostenreduzierung. – Johanna Weiß 

 


 

 

Leserbriefe zu „Die letzten Täter” von Anna Kemper und Fiona Weber-Steinhaus im ZEIT Magazin 

 

DANKE! – Manuela Malakooti 

 

Bravo! Dank an die unbeirrbaren Ermittler und Anwälte! Die selbstgefällige Erzählung der Deutschen von ihrer vorbildlichen Aufarbeitung der Nazi-Verbrechen war immer (und ist bis heute) eine Lüge. Das kollektive Versagen der deutschen Justizbehörden in der Nachkriegszeit – von leuchtenden Ausnahmen wie dem hessischen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, dem schwulen Sozialdemokraten, und seinen Mitstreitern abgesehen – wird historisch als Makel am juristischen Berufsstand haften bleiben. – Univ.-Prof. Ernest W. B. Hess-Lüttich 

 

Vielen Dank, dass Sie im Magazin so viel Platz für das ausführliche Vierer-Interview gemacht haben. Brilliant. Nachdenkliche Menschen mit unterschiedlichen Perspektiven. Es wurde mir wieder einmal klar, wie wichtig die generationsübergreifende Auseinandersetzung mit der NS-Zeit bleibt. Die Verhaltensmuster von Tätern und Justiz, die sich nicht maßgeblich geändert haben, auch wenn schon so oft beschrieben; die Techniken des Verdrängens und Vermeidens, die in jedem von uns stecken: Was hätte ich getan? Wenn ein Artikel Leser dazu bewegt, sich diese Frage zu stellen, ist viel gewonnen! – Viktor Kommerell 

 

Vielen Dank für die ausführliche Darstellung! Die Ermittler und die Staatsanwälte erzählen freilich so, als müssten sie noch einzelne Taten nachweisen, und trotzdem könnten Gerichte wie das LG und OLG Köln einfach mal alles vom Tisch wischen. In dem Interview vermisse ich einen Hinweis der Interviewerinnen oder der Ermittler auf die Entscheidung des OLG München II, nach der nicht mehr einzelne Taten nachgewiesen werden müssen. Ein Nachweis der Tätigkeit im KZ oder für das KZ genügt. Daher die Anklagen wegen Beihilfe zum Massenmord in hunderten und hunderttausenden Fällen (siehe z.B. Oskar Gröning, der in Auschwitz ja „nur“ Bargeld aus der Kleidung der Ermordeten einsammelte und wegen Beihilfe in 300.000 Fällen angeklagt wurde). – Mathias Rösel 

 


 

 

Leserbrief zu „Über die feministische Version von »Monopoly« und die Frage, ob Mädchen immer gewinnen sollten” von Harald Martenstein im ZEIT Magazin 

 

Vor einigen Monaten durfte ich als treuer Abonnent an einer Umfrage teilnehmen und meine Meinung über Ihre Zeitung teilen. Martenstein stand damals ganz hoch im Kurs bei mir. Nach der heutigen Lektüre …Wenn sich Herr Martenstein darüber aufregt, dass Frauen bei dem Brettspiel Ms. Monopoly 40$ mehr Lohn einstreichen, wenn sie über Los gehen, scheint er das Konzept nicht verstanden zu haben. Dabei schreibt er doch selbst: Monopoly ist politisch. Im wahren Leben kriegen die Männer nämlich sogar mal 1000$ mehr Gehalt. Auch einfach so. Nur weil sie ein Mann sind.

Richtig, echte Chancengleichheit sieht anders aus. Es gibt da eine Redewendung: Getroffene Hunde bellen. Der selbstverständliche (doppelte) Seitenhieb auf Frau Baerbock kommt da schon fast eher einem Heulen gleich. „PoCopoly“ fand ich einfach nur geschmacklos. Und all das nur wegen einer Monopoly-Version. Da scheint die Kränkung tief zu gehen. Vielleicht ist diese Kolumne aber auch ein hervorragender Spiegel unseres ZEITgeistes. Wieso sich selbst hinterfragen, wenn man ebenso gut um sich schlagen kann?

Und mit „lustigen“ Wortspielen sogar noch intellektuell dabei erscheint. Vielleicht, Herr Martenstein, spüren Sie Ihrer Wut doch einmal nach. Sie fühlen sich betrogen? Willkommen in der Welt der Frau! Ich bin (als Mann) enttäuscht, dass so ein Beitrag den Weg ins Magazin gefunden hat. Aber ja, unsere Welt ist nun einmal nicht perfekt. Und zumindest mit seinem Fazit hat Martenstein dann sogar doch recht. Bei echter Chancengleichheit kriegen im Idealfall die Besten den Pokal. Das war 1903 nicht so und bei der Vergabe dieser Kolumne ganz offensichtlich auch nicht.

PS: Bitte ziehen Sie mich als Schwulen nicht in Ihre Männer-Frau-Probleme mit rein. Wenn Sie aufregt, dass plötzlich mal eine Frau bessergestellt ist als Sie – ist nicht mein Ding! Eine Ungleichheit von Mann und Frau ist nicht dasselbe wie eine Ungleichheit von sexueller Orientierung oder Hautfarbe. Vergleichen Sie bitte keine Äpfel mit Tennisbällen, nur damit Sie sich besser fühlen. – Ronny Rindler