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17. November 2022 – Ausgabe 47

 

Leserbriefe zu „Carla und der Rest der Welt“ von Laura Cwiertnia et al.

 

Die Frage nach Sinn und Zweck eines berechtigten Anliegens junger Menschen wegen des geringen Anteils deutscher Emissionen erschrickt, weil z.B. die Wirkungsfolge des moralischen Rigorismus durch den Kanzler und seine Außenministerin der globalen Wahrnehmung jenseits der Behauptungen deutscher Medien nicht ansatzweise entspricht, sondern gegensätzliche Reaktionen zum Nachteil unseres Landes erzeugt.

Wenn sich die nationale Erregung in gleicher Stärke den wahren Ignoranzen und Ignoranten widmen würde, könnte die ZEIT die Seitenanzahl wöchentlich deutlich erhöhen. Allein die strafrechtlich relevanten Vergehen der beiden Kirchen hinsichtlich des Missbrauchs vom Kindern und Jugendlichen verpflichten die Presse zu einer dauerhaften, bis zur Verurteilung von Tätern geltenden Betrachtung. Es muss ein von der Öffentlichkeit geschütztes Privileg der jungen Menschen sein, sich gegen Borniertheiten und Ignoranzen zu wehren, erst recht in dieser harmlosen Variation. – Jürgen Dressler

 

Ich bin fassungslos , ehrlich. Die Überschrift und die Aufmachung der ersten Seite zeugt von einem tiefen Unverständnis bei der Redaktion, an welchem Scheideweg sich die Menschheit befindet. Die Proteste der „letzten Generation“ als „Aktivismus“ abzutun ist eine Frechheit und auf Bild Niveau. Wird man die Proteste ernst dann nehmen (bisher gab es ja nur „weiter so“ und Sachzwänge) wenn Manager von RWE gekidnapt oder getötet werden analog zur Radikalisierung der RAF?

Was sollen die Jungen Leute denn machen, wenn wir (Alten…) den Planeten unbeeindruckt verwüsten ? Freitag Schulstreik, Vegan essen und den Millienials bloß nicht auf die Nerven gehen. Wenn ich mir einreden will, daß das alles schon nicht so schlimm werden wird und ich weiter mit 200 über die Autobahn rasen kann, kann ich BILD lesen, oder die Gala. – Michael Tannheimer

 

Immer dieser Pseudo Journalismus, der es sich nur ja mit niemandem verderben will! Was den Klimawandel angeht, so muss man sich lediglich zweier Dinge bewusst sein. Als erstes mal, dass Deutschland für ganze 2% der „Klimagase“ verantwortlich ist. Wenn also alle Deutschen, (bzw deren Regierungs Politik, falls also mal „wirkliche Grüne“ an die Regierung kommen sollten!) ab morgen zu 100% aufhören sich klimaschädlich zu verhalten, so hätte das genau Null Konsequenzen gegen den Klimawandel. Es würde zugleich zum Ruin der deutschen Wirtschaft und konsequenterweise zu einer völligen Verarmung der Bürger des Landes führen. Alle anderen Länder würden erfreut die Hände reiben würden, ob der neuen Profit Möglichkeiten.

Und als zweites sollte man sich daran erinnern, dass die grössten Umweltverschmutzer und Klimaschädlinge der Welt, also: USA, China, Russland, Australien und Japan, nicht mal einen einzigen der seit Jahrzehnten bestehenden Umweltschutz-Verträge unterschrieben haben, bzw irgendwelche tatsächlich wirksame Massnahmen umgesetzt haben! Der Klimawandel ist längst da, und nichts wird seine Zunahme aufhalten!

M.a.W. es ist also tatsächlich idiotisch irgendwelche Erwartungen an Klimaschutz Aktivitäten zu stellen, die ja leider ein bestimmtes Verhalten Aller benötigen würden… Der Klimawandel ist da, und NICHTS kann ihn stoppen oder gar rückgängig machen. Die richtige Frage, die EINZIGE Frage ist deshalb nur, welche Konsequenzen wird er haben wo ich lebe, und wie gehe ich RECHTZEITIG mit diesen um. Es gilt also auch hier die alte spirituelle Einsicht, dass man zwar die Welt nicht, sich selber aber schon bessern, bzw ändern kann. Prüfe alles, glaube wenig, denke selber. – Michel Eyquem

 

Zwischen Kunstvandalismus und Klimarettung besteht so gut wie kein Zusammenhang, auch wenn versucht wird, ihn durch verbiegen von Fakten zu konstruieren. Über die Klebaktivitäten auf der Straße kann man nach dem Kausalitätsprinzip zwar diskutieren, aber wenn in Stoßzeiten in Hochfrequenzlagen der Verkehr blockiert wird, nicht notwendige Staus auslöst und damit noch mehr Emissionen generiert werden, bewirkt man genau das Gegenteil von dem, was man vorgibt, erreichen zu wollen. Und abschließend zur Erinnerung und Relativierung: Der Beitrag Europas an den globalen Emissionen beträgt rund 10%, jener Deutschlands etwa 2%. – Martin Behrens

 

Die „letzte Generation“ kämpft mit dem Mut der Verzweiflung für den Erhalt des Lebens auf der Erde. Aber Hallo, die kleben sich doch nicht zur Gaudi auf der Straße fest oder treten in den Hungerstreik! Und anstatt sie ernst zu nehmen, ihre Vorschläge für ihre eigene Zukunft wenigstens mal anzuhören, nimmt unser Staat sie fest und steckt sie in Unterbindungsgewahrsam, also Präventivknast. Halt den Schnabel! Klappe zu!

Auf die Anklagebank gehören stattdessen diejenigen, die ihre eigenen Klimaschutzgesetze nicht einhalten und trotz BVG-Urteil die Lebenschancen der jungen Generation weiter einschränken – damit sie mit 180 in den Abgrund rasen können. Bloß kein Tempolimit auf dem highway to hell ! Deutschland als Vorreiter beim Klimaschutz? Wir belegen beim internationalen Klimaschutz-Index einen bescheidenen 16. Platz – hinter Ländern wie Chile, Marokko und Indien. Und wegen „Putins Krieg“ verfeuern wir jetzt wieder mehr Kohle und lassen uns das Gas von der anderen Seite der Erde anliefern und bauen riesige Terminals, die sich erst in 20 Jahren amortisieren. Die Bundesregierung hat die Energiewende der bellizistischen Zeitenwende geopfert: Russland ruinieren!

Viele junge Menschen halten das im Kopf nicht aus – oder in der Seele. Alle 11 Minuten bringt sich auf unserer Erde ein Jugendlicher selber um, im wohlhabenden Deutschland denkt jeder 6. Jugendliche an Selbstmord. Nicht eben mal so, sondern jeden Tag. Und wir füttern ihnen Psychopharmaka. Kapiert ihr denn nicht, dass die das alles nicht mehr aushalten, den (Wirtschafts-) Krieg gegen die Erde und gegen andere Menschen, dass wir immer weiter aufrüsten und alle 13 Sekunden ein Kleinkind verhungern lassen, dass wir unseren Kids jede Menge Spielzeug und Süßkram und Ballerspiele und Genderidentitäten anbieten, aber selbst nicht wissen, wo wir die Brennstäbe und all unseren Plastikmüll entsorgen sollen – und schon gar nicht, wozu wir eigentlich auf der Erde sind. – Jürgen Dornis

 

Anders als die Baum-Besetzung gegen deren Fällung ist eine Straßenblockade kein geeignetes Mittel für einen wirksamen Klimaschutz, die Verurteilung wegen Nötigung und der Freispruch vom Hausfriedensbruch daher OK. Da dies ein Antragsdelikt ist, kann es zur Anklage nur aufgrund einer entsprechenden Anzeige der Investoren gekommen sein. Was aber ist mit einer Strafverfolgung des Kettensägen-Trupps und v.a. von deren Auftraggeber(n) bei den Investoren? – Dr. P. Leimich

 

Schmatzen beim Fressen der Welt. Was nützt Klima-Aktivismus? fragt sich die ZEIT vom 17. November 2022 und lässt außerhalb dieses vierseitigen Dossiers unter dem Thema Wissen Zweifel aufkommen, ob der Klimaschutzplan der Bundesregierung wirklich den ökologischen Fußabdruck der Deutschen berücksichtigt. Am Ende des Artikels „Drei Schritte zur Null“, in dem Dirk Asendorf das dänische Sonderburg vorstellt, dem durch Verknüpfung von Elektrizitätserzeugung, Abwärme-Nutzung und Energiespeicherung die Minderung des CO2-Ausstoßes viel besser gelingt als dem benachbarten Flensburg – folgt das Fazit:

„Allerdings bezieht sich das nur auf lokal messbare Treibhausgase, nicht eingerechnet werden die Emissionen der Bürger, die sie mit dem Konsum importierter Waren in anderen Weltgegenden auslösen oder auf Reisen selber erzeugen. Sønderborg hat nur ein kleines Flugfeld, wer in den Urlaub fliegen will, startet in Kopenhagen Oder Hamburg. Die Emissionen dieser Flüge tauchen in der Sønderborger Bilanz nicht auf. (ZEIT 47 -17.11.2022, S. 41) Ist das ernst gemeint? In der BRD werden für den Klimaschutzplan nur die Emissionen an Treibhausgasen einbezogen, die durch eigene Produktion und Konsum hier entstehen – aber nicht der Ausstoß an Treibhausgasen, die in China, Indien, und Russland durch die Produktion dessen auftreten, was wir zwar konsumieren, aber nicht erzeugen und aufwändig zu uns transportieren lassen?

In keinem plausiblen Sinne von Verantwortung sind wir bei diesem Wegrechnen von Emissionen, die für uns gemacht werden, nur für 1,8 Prozent der Treibhausemissionen der Erde verantwortlich. Aber wir kriegen es noch nicht einmal hin, beim Fressen der Welt leiser zu schmatzen, weil wir Knochen und Fleisch der Welt mit über 130 km/h ins Maul fahren lassen. Und dann wundern wir uns, wenn ob dieses Unverstandes einige Verzweifelte mit Kartoffelbrei werfen. – Dr. Jürgen Bönig

 

Meine Antwort auf diese Frage: Nichts ! Warum? Weil eine wesentliche Ursache des Klimawandels – wie ja wohl herrschende Meinung – der Mensch ist und zwar schon allein seine Zahl. Acht und in ein paar Jahren 10 Milliarden, die alle auch das Recht haben (wollen), so gut essen, trinken, leben und wohnen zu wollen wie wir bisher und wenn es sein muß auch durch Flucht und Migration, wird „uns“ in Europa überfordern. Unsere Mittel sind nicht unbegrenzt, „Doppelwummse“ werden wir uns nicht mehr leisten können und die übrige weite Welt wird tun , was sie für richtig hält. – Dr. Robert Fischer

 

Nein, es ist nicht böswillig wenn die Verfasser des Artikels fragen: „Wenn 40.000 Wissenschaftler, Regierungschefs, Diplomaten und Journalisten zur 27. Weltklimakonferenz nach Scharm-al-Scheich reisen wird dies nicht sicher zur Folge haben, dass alleine hierdurch der schädliche Ausstoß an Treibhausgasen steigt.?“ Für mich ist nur das ganz sicher!

Wenn 26 Weltklimakonferenzen seit 1997 nicht verhindern konnten, dass der Ausstoß von Treibhausgasen seither um 50 % gestiegen ist, was um alles in der Welt lässt junge Menschen hoffen , dieses Problem mit Sekundenklebern oder Farbbeuteln zu ändern? Ich kann diesen Optimismus nicht teilen. Für mich ist indes ganz sicher: das Ende der Population Mensch auf diesem Planeten bahnt sich an, die Anpassungsmechanismen nähern sich einem sichtbaren Ende zu und liege möglicherweise irgendwo anders im Universum. – h. bernd

 

Ich erlebe in der Generation meiner 22- und 18jährigen Kinder eine Hoffnungslosigkeit, die mir schlaflose Nächte bereitet. Ich glaube fest daran, dass wir eine Bürgerbewegung für die Klimaneutralität in Deutschland werden müssen, wie es GermanZero und andere Organisationen anstreben, und die können wir nur werden, wenn wir die Hoffnung haben, noch etwas bewegen zu können.

Auf der einen Seite hat mir ihr Artikel und fast zeitgleich ein Vortrag des bekannten Klimatologen Prof. Stefan Rahmstorf Hoffnung gemacht. Herr Rahmstorf ist davon überzeugt, dass es immer noch möglich ist, die 1,5 Grad-Grenze einzuhalten. Dafür brauchen wir deutlich mehr Engagement der Staaten, als wir auf der Weltklimakonferenz in Ägypten gesehen haben, aber es ist nicht unmöglich. Folge ich der Logik der ZEIT-Autoren – wenn es Deutschland schafft, hat es Signalwirkung für andere Länder – dann kann ich dies auch auf die Ebene von Städten hinunterbrechen.

Deshalb verbringe ich derzeit viele Stunden damit, Unterschriften für das Bürgerbegehren für ein klimaneutrales Freiburg zu sammeln. Dieses Bürgerbegehren soll die Freiburger Politik zu noch mehr wirksamen Klimaschutzmaßnahmen ermutigen und somit dazu beitragen, dass Freiburg die angestrebte Klimaneutralität bis 2035 schafft. Wenn es eine Stadt wie Freiburg schafft, klimaneutral zu werden, kann das Vorbildfunktion und somit Signalwirkung für andere Städte haben, nicht nur in Deutschland sondern weltweit.

In über 80 Städten in Deutschland sind solche Bürgerbegehren auf dem Weg. Die große Mehrheit der Deutschen möchte, dass Deutschland trotz der wirtschaftlichen Herausforderung mehr für den Klimaschutz tut. Wenn wir es schaffen, diesen Willen in einer Bürgerbewegung zu bündeln, können vielleicht doch auch irgendwann wieder meine Kinder mit Hoffnung in ihre Zukunft blicken. – Nina Olschowka

 

Es wäre doch schön, wenn die „Letzte Generation die noch etwas gegen den Klimawandel tun kann“ – denn so ist ja wohl das Selbstverständnis – einfach mal erwachsen würde. Es reicht nicht, sich wie ein zorniges Kind mit viel Getöse bemerkbar zu machen und von den Erwachsenen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft Rettung zu verlangen. Bewusstsein für Klimawandel ist schon ausreichend da und wird durch Kartoffelbrei an Bilderrahmen nicht mehr.

Wenn die letzte Generation etwas ändern will, muss sie das Unangenehme, Anstrengende und Zähe tun, was Politik gerade nicht tut. Zum Beispiel die Auseinandersetzung mit Bürgerinitiativen suchen, die Windkraftanlagen blockieren solange bis eine Lösung gefunden wurde und nicht nur so lange, bis die nächste Wahl gewonnen ist. Oder umsetzbare (!) Konzepte für ÖPNV-Lösungen im ländlichen Raum erarbeiten, die es Menschen, die sich nur noch Mieten weit weg von ihrem Arbeitsplatz leisten können, ermöglichen auf das eigene Auto zu verzichten.

Es gäbe so viele gute Wege die großen Mengen an Energie, Wut, Leidenschaft und meinetwegen auch Sekundenkleber in konstruktive Bahnen zu lenken. All das, was Politik auf allen Ebenen derzeit anscheinend nicht tun kann oder will – vielleicht auch weil die Vorvorletzte Generation an der Macht ist – muss trotzdem getan werden. Und wenn es zu spät ist und wir nur noch einen Tag zu leben haben, werde ich diesen Tag im Museum verbringen und mir all die großartige Kunst ein letztes Mal ansehen, die die Menschheit so konstruktiv erschaffen hat. – Johannes Klockenhoff

 

Der Frage des Dossiers „Was nützt der Klima-Aktivismus?“ würde ich gerne die Frage „Wie begegnen wir dem Klima-Aktivismus?“ hinzufügen. Aktuell zu beobachten sind Kriminalisierungsversuche („Klima-RAF“) und Entwertungen („Klima-Chaoten“), die mich als Psychologen fassungslos machen. Reaktionen wie diese haben viel eher das Potenzial, den Klimaschutz zu bremsen, als der Aktivismus selbst.

Für den Klimaschutz brauchen wir die Bereitschaft zu Veränderungen, und diese braucht eine empathische gesellschaftliche Kommunikation. Wir müssen sehen: Hier kämpfen Mitglieder der jungen Generation verzweifelt, da sie im Vergleich mehr zu verlieren haben, als die ältere Generation: das Vertrauen auf eine sichere Zukunft. – Volker Sprondel

 

Meine persönliche Antwort ist „sehr viel“, da er neben der absoluten Gleichgültigkeit gegenüber dem Thema Klima und den fruchtlosen bis vergeblichen Bemühungen auf „irgendwelchen Klimakonferenzen “ eine „dritte Variante“ des Umganges mit dem Thema „Entwicklung der Klimakatastrophe“ darstellt. Es ist festzustellen, dass die absolute Gleichgültigkeit (insbesondere der großen CO2-Emittenten mit langer Tradition) uns in die heutige Situation gebracht haben und die vielen Klimakonferenzen außer vielen Worten, auf die keine Aktionen folgten, wenig Effekt hatten (außer dass viel zusätzliches CO2 emittiert wurde).

Es bleibt die Frage, ob diese „3. Variante“ mehr bewirkt als die anderen; es bleibt die Hoffnung, dass sich die Gesell- schaft aus einer Masse der Indifferenten in eine Gruppe der „Klimaignoranten“ und der „Klimaaktivisten“ aufteilt; dann ist zumindest klar, wer auf welcher Seite steht. Ich darf den Klimaignoranten heute schon mal „viel Glück“ zurufen, wenn sie eines Tages ihren Kindern und Enkeln erklären dürfen, wieso sie nichts gegen die aufziehende Katastrophe unternommen haben. Im übrigen geht es hierbei nicht um einen Krieg, nach welchem man „eben alles wieder aufbaut“, sondern um die Zukunft der Menschheit auf diesem Planeten. – E. Würth

 

Anlässlich der mühselig zu Ende gebrachten Klimakonferenz fiel mir meine schon vor einiger Zeit geschriebene Geschichte ein. Sie beschreibt eine „Lösung“ der Klimakrise mithilfe von Gebetsmühlen, die CO2 aufsaugen können und so die Klimakrise lösen sollen. Die Geschichte ist sachlich/technisch nicht ernst gemeint, aber das ist ähnlich wie bei der Konferenz:

Oh Klima dreh dich um. 2018 sagte der UNO-Generalsekretär auf der Welt-Klima-Konferenz in Kattowitz: „Es ist eine Sache auf Leben und Tod, wir haben die Klimaziele verfehlt“. Und in Deutschland sowieso mit einer Regierung, die als Industrie-Lobby-Verein regierte, da gab es kein Vorankommen. Dabei war es ein schöner Sommer 2018, wie alle Leute fanden – zehn Monate ohne Regen fast landesweit. Der Rhein war fast nicht mehr schiffbar, Lastschiffe konnten nur noch zu einem Drittel beladen werden und die Tanklaster mussten auch am Wochenende fahren, damit alle anderen fahren konnten.

Als erste Warnung war die Kartoffelernte um 30% unter dem Durchschnitt geblieben und auch die kleinen Kartoffeln wurden nicht mehr ausgesiebt wie sonst, sondern verkauft. Den vertrockneten Mais hatten wir überall gesehen. Aber der Wein war ein Superjahrgang, musste man einfach zugeben, ich auch. Und schließlich läutete dieser Sommer das Ende der Schnee-Industrie ein, denn für Schneekanonen hatte man nicht noch Wasser übrig, vor allem am Brocken, wo die Talsperren ausgelaugt und die Flüsse flach waren.

Das war alles nur Kleinkram. Zwanzig Jahre später war die Polkappe abgeschmolzen und das Meer den ersten Meter höher. Das frühere Island-Tief lieferte jetzt in regelmäßigen Abständen tropische Regenstürme, die über Irland und England das Wasser nach Hamburg und nach Holland drückten, bis zur Kante oder auch ein bisschen höher über die hastig hochgezogenen Dämme. Die vorgelagerten Nordsee-Inseln waren schon aufgegeben, die häufigen Stürme hatten sie erst halb weggespült und dann noch das Süßwasser im Boden ausgeschwemmt und überschwemmt. Wasserleitungen zu legen war zu teuer, denn jeder sah solche Investitionen in kurzer Zeit vernichtet. Das war nur ein kleiner Teil und bloß Vorbote. Die weltweiten Verwüstungen durch Wetter waren noch weit schlimmer.

Was tun? Es kam die Idee auf, durch kontrollierte Bohrungen Vulkanausbrüche hervorzurufen. Vulkane werfen Asche und auch Schwefelsäuretröpfchen aus bis in die Stratosphäre und die verteilen sich rund um den Globus. Frühere Vulkanausbrüche hatten so schon starke Abkühlungen hervorgerufen, so dass es ganze Sommer nur regnete, und in Mitteleuropa Temperaturen von 10-15°C herrschten. Abkühlung ist das eine, nur, so ein Vulkan ist kein leicht steuerbares Ventil, da fliegt einem schnell mal alles um die Ohren.

Bei den Dinosauriern war es erst ein Riesenmeteorit, der eine Welle riesiger Vulkanausbrüche triggerte, was dann wegen des Verdunkelns durch Asche und Schwefelaerosole die großen Pflanzen aushungerte und danach das Verhungern der großen Tiere, der Dinosaurier, bewirkte. So risikoreich wollte es keine, den Teufel mit dem Beelzebub austreiben. – Es wurde abgesagt.

Eigentlich musste ja „nur“ das CO2 weg, und dann kein neues mehr erzeugen. Niedrige CO2-Produktion hatte man ab 2040 hastig angesteuert, Kohle- und Ölverbrauch wurde endlich auf nahe Null zu gesteuert, aber 3% CO2 waren schon verschlafen erreicht worden, die Auswirkungen mehr als sichtbar. Weltweit versanken die Inseln und die Küstenstriche und trieben die Bevölkerungen vor sich her. Im Inland gab es nicht nur Bilder von vertrockneten Kühen in den Steppen und Wüsten sondern auch von vertrockneten Menschen. Und gleichzeitig wollten alle in die kühleren, nicht mehr echt gemäßigten Breiten wie Zentraleuropa. Was tun?

Die Idee kam aus Nepal: ein Umbau der Gebetsmühlen zu CO2-Absorptionsmaschinen. Das war’s. Jeder Mensch konnte eine bedienen. Eine Gebetsmühle ist eine runde Dose, die drehbar auf einem Stock als Griff sitzt. An der Dose hängt ein Bommel, der das Gewicht ist, das die Dose rundherum zieht, wenn man den Griff schwenkt. Also eine Drehmühle. In der Mühle befindet sich ein Gebetsspruch, so dass eine Drehung ein Gebet oder das Mantra „Om mani padme hum“ liest. Mit jeder Drehung kommt man dem Nirwana etwas näher oder vermeidet eine niedrige Wiedergeburt.

Ein technisch begabter junger Mönch, der vom Klimawandel und dem bösen CO2 gehört hatte, hatte die Idee, seine Gebetsmühle zu einem CO2– Vernichtungsmaschinchen umzubauen. Oben in die Dose baute er ein Rad mit flachen Flügeln ein, ähnlich wie bei einer Düsenturbine. Mit dem drehenden Bommel drückte man die Luft nach unten. Das reichte, um die Luft in der Dose durch einen CO2-Absorptionsfilter zu drücken, und CO2 wurde absorbiert.

Wer also betete, betete mit dem Mantra „Om mani padme hum“ das CO2 weg, nicht riesig, aber ständig. Solche Filter hatte man auch bei Kohlekraftwerken ausprobiert. Die Idee setzte sich wie ein Lauffeuer fort, zunächst in Nepal, dann auch in Tibet. Die chinesische Regierung verbot prompt diese Gebetsmühlen, weil sie diese Verbreitung dieses mittelalterlichen, rückständigen Verhaltens auch nach China durch Umweltaktivisten fürchteten. Dabei hätten sie Gesicht verloren, denn das käme ja einer sanften Anschuldigung gleich.

Aber die Kunde von dieser Umweltmaschine gelangte natürlich auch in die anderen Kontinente. Und prompt versuchte ein amerikanischer Flugzeugbauer ein Patent darauf zu machen und die Erfindung für seinen Konzern zu reklamieren. Aber ganz Nepal legte zusammen, und sie gewannen den Prozess gegen den Konzern, denn der Mönch hatte seine Erfindung dem deutschen Fernsehen in einer ARTE-Dokumentation gezeigt und den Mechanismus erklärt. Alles war in ARTE gezeigt worden, also war der Patentstreit gewonnen.

Die Europäer und dann die Kalifornier zuerst, aber dann ganz Amerika übernahmen die CO2-Gebetsmühlen. Man konnte die Mühlen auf dem Weg zur Arbeit oder beim Shopping drehen. Dann kam eine neue, praktische Variante auf, die man an den Fahrradlenker anmontierte. Bei dieser Variante wurde durch den Fahrtwind ein Propeller auf der Mühle gedreht, der Bommel lief nur im Leerlauf mit, so dass der Fahrtwind die Luft reinigte. Gleichzeitig konnte, wer wollte, auch Gebete in die Mühle schreiben. Für Autos war das verboten, obwohl ein „Aktivist“ gleich hundert Gebetsmühlen aufs Dach montiert hatte. Das passte nicht. Aber auf dem Balkon konnte man sie befestigen, manche dicht an dicht, gleich dutzendweise.

Da die anderen Völker aber keine Buddhisten waren, wurde das Mantra geändert in „Klima, dreh dich um“ oder „climate turn around“ statt „Om mani padme hum“. Die Buddhisten tolerierten das, da sie halt tolerant sind. Dafür übernahmen die Inder und die Chinesen die Zulieferindustrie für die austauschbaren CO2-Filter und erst recht die ultraleichten Designer-Modelle nach „alter buddhistischer Tradition“. – Prof. Dr. Günther Scherer

 

Als Ergänzung zu dem ausgezeichneten Dossier sollten m.E. in weiteren Artikeln folgende Aspekte vertieft werden: 1) in den vergangenen Jahrzehnten (nicht erst seit „Grenzen des Wachstums“ in 1972) ist schon viel Geld für die Energieeinsparung ausgegeben worden, allein für Wohngebäude. Wer erinnert sich noch an Zuschüsse für die Anschaffung energieeffizientere Kohle-, Heizöl- oder Nachspeicheröfen (große Koalition in 1967/68), Investitionszuschüsse zum Beispiel für zweifachverglaste Fenster (Kanzler Schmidt 1974/75) …?

Marcus Rohwetter berichtete in der ZEIT Nr.30/2021 „Das wird heiß“, dass allein in 2010-2018 in Deutschland 497Milliarden Euro für eine 15%-ige Energieeinsparung im Wohngebäudebereich ausgegeben wurden. Trotzdem ist der Vorwurf der „Klima-Protestierer“ nicht so einfach von der Hand zu weisen, da gleichzeitig die Wohnfläche insgesamt und damit pro Kopf beträchtlich ausgeweitet wurde. Davon dürften auch viele der Protestierenden profitiert haben (ich schlief noch als Kind mit 2 Geschwistern zunächst im Elternschlafzimmer, nach dem Tod des Großvaters immerhin im extra Kinderzimmer, aber weiterhin zu dritt).

2) Etliche Menschen würden ja gern eine Null-Energie-Wohnung haben, aber ihnen fehlen die Mittel für die notwendigen Investitionen. Dies gilt auch für die Gesellschaft insgesamt. Bei 83Millionen Menschen, 47m² Wohnfläche pro Person und geschätzt 1000€ pro m² Wohnfläche ergibt sich allein für die Wohngebäude ein Finanzbedarf von 3,9 Billionen Euro oder 39 Wummse. Auf EU-Ebene entsprechend mehr. Doch selbst wenn die EZB soviel Kapital schaffen würde: es fehlen die Rescourcen, das Baumaterial, die Bauarbeiter, die Architekten.

Ingenieure, Bauamtsmitarbeiter, Statiker etc. Marcus Rohwetter schrieb mir am 26.7.2021 in einer Mail: „…Unterfangen… das in seinem Umfang und seinen Herausforderungen in der öffentlichen Debatte noch immer nicht richtig durchdrungen wird“ (leider schrieb er dies nicht in der ZEIT). Wenn das Abbremsen des Klimawandels ein so wichtiges Ziel ist, so muss alles, was nicht diesem Ziel dient, eingestellt werden, zum Beispiel Urlaubsreisen mit dem Flugzeug, der Bahn oder mit dem Auto, Produktion alkoholischer Getränke, Drogen, Luxusgüter… Soweit irgend möglich müssten alle Arbeitslosen, Umschüler, 1€-Jobber auf den Bau, Schulentlassene, Abbrecher etc. müssten eine Ausbildung, ein Studium im Bau-/ Ingenieur-Bereich absolvieren, die Protestierer mit gutem Beispiel vorangehen.

1000€ Investition pro m² Wohnfläche (in vielen Fällen wird dies nicht reichen) würde bei Mietwohnungen (1000 x 8% / 12 =) 6,66€ Mieterhöhung im Monat bedeuten. Zulässig wären maximal 4€. Aber wie schrieb Ihr Kollege in der selben ZEIT-Ausgabe für Söderborg: erst muss die Einsparung (hier an Wohnfläche pro Person) stehen. Ich bin gespannt auf Ihr nächstes Dossier. – Adolf Ronnenberg

 

Vielen Dank für Ihr Dossier Aktivismus und Klimapolitik: Carla und der Rest der Welt, Dossier vom 19.11.2022. Es müsste eigentlich heißen: „Aktivismus und Klimakatastrophe“. Wenn junge Menschen uns mahnen uns für eine lebbare Zukunft einzusetzen, werden sie kriminalisiert und präventiv weggesperrt. Ja, es ist richtig und wichtig, dass jedes Leben zählt.

Warum nur ist uns dann egal, dass unser tagtägliches klimaschädliches Handeln tödliche Konsequenzen z.B. im Ahrtal oder im globalen Süden hat? Haben wir zwei Maßstäbe? So lange wir weiterleben können wie bisher dürfen ruhig Menschen durch unser Verlangen nach Luxus, Reisen, Fleisch, etc. hungern, dursten, ertrinken oder aus ihrer Lebensumgebung z.B. dem Amazonasgebiet verjagt werden. Wir kümmern uns erst um den Schutz von Leben, wenn uns andere erinnern, dass unser Handeln schon bald zu noch viel mehr Toten führt.

Geht es uns dann darum, wie wir solche Mahnungen verhindern oder wie wir am schnellsten weitere Klimakatastrophen verhindern? Leider nennen die Medien die Klimakatastrophe zu oft verharmlosend „Krise“ oder „Wandel“. Dadurch verkennen wir den Ernst der Wirklichkeit und handeln zu zögerlich. Bitte bekennen Sie Farbe und übernehmen Sie Verantwortung.

Die Zeit muss umstellen auf Ökostrom und Umweltschutzpapier (auch für ihr Magazin). Sie darf keine Leserreisen mit Kreuzfahrtschiffen und/oder Flugzeugen anbieten oder für ähnlich umweltschädliche Produkte werben. Wenn sie sich weiter hinter Hanns Joachim Friedrichs Neutralitäts Diktum versteckt, („Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache – auch nicht mit einer guten Sache; dass er überall dabei ist, aber nirgendwo dazu gehört.“), dann verschärft sie die Klimakatastrophe, denn …

Die Klimakatastrophe ist eine immer größere Medienkatastrophe. Bei uns nehmen nur die Klimaaktivist*innen die Klimakatastrophe als wirkliche Katastrophe wahr. In den Medien und in der Politik fallen zu oft die Begriffe „Klimawandel“, „Klimakrise“, „Erderwärmung“ oder „Erderhitzung“. Mit „Wandel“ (Lebenswandel), „Krise“ (ich krieg 5 mal am Tag ne Krise), „Erwärmung“ oder „Erhitzung“ werden in der öffentlichen Wahrnehmung harmlose bzw. reversible Vorgängen konnotiert.

Damit wird die Klimakatastrophe von etwas katastrophalem zu etwas harmloseren bzw. Vorübergehendem herabgestuft. „Die Zeit“, nennt ihre Rubrik über die Klimakatastrophe sogar maximal verharmlosend „GREEN“, was eher nach Gartenkolumne klingt. Wir wissen schon längst, wie katastrophal, unumkehrbar und vernichtend die Klimakatastrophe sein wird, dennoch benennen die Medien sie nicht so, sondern halten sie uns mit harmloseren Wörtern auf Abstand.

Damit bleiben wir passiv abwartend in unseren Konsummustern gefangen, wissend, dass derweil die Katastrophe ungebremst immer größere Ausmaße annehmen, immer verheerender sein wird. Dabei könnten wir so viel mehr dagegen tun, als wir aufgrund der verharmlosenden Wörter bereit sind zu tun. Ihre journalistische Arbeit verkommt durch die geschaltete Werbung nur allzu oft zu einem Gerüst, einer Litfaßsäule, an der Reklame für besonders umweltschädliche Luxusprodukte wie Autos, Flugreisen und „fast fashion“ angeschlagen wird. In diesem Sinne…

Spielen die Medien sowohl den Biedermann als auch den Brandstifter . Ist der Sommer auch noch so heiß, sind die Klimakatastrophen, die Hitze-, Dürre-, Flutopfer auch noch so zahlreich, alle Medien berichten weiterhin „schön ausgewogen“ nach dem Motto von Hanns Joachim Friedrichs: „Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache – auch nicht mit einer guten Sache; dass er überall dabei ist, aber nirgendwo dazu gehört.“

Unter diesem Deckmäntelchen der Neutralität macht man sich dann aber doch zum willfährigen Botschafter des Konsums: „So viel Negatives ist unseren Kunden nicht zuzumuten und bloß keine zu deutlichen Aufrufe zum Verzicht, sonst verprellen wir unsere zahlungskräftigen Inserenten!“ (So lassen sich die Antworten zusammenfassen, die ich von Spiegel und Zeit erhalten habe). Aber die Medien sind in Marshall McLuhan`s Sinne schon längst die Botschaft: „The medium is the message“ https://en.wikipedia.org/wiki/The_medium_is_the_message.,

„Wer versucht, unpolitisch zu sein, ist politisch ohne es zu wollen.“ (Rosa Luxemburg) In allen Medien wechseln sich nämlich Klima-Katastrophenmeldungen in schöner Regelmäßigkeit ab mit glücklich machenden Beiträgen. Nach der „Tagesschau“ mit tausenden Flutopfern kommt „Das Traumschiff“ zum Wegträumen auf exotischen Reisen mit Flugzeug und Kreuzfahrtschiff. Die passende „Mein Schiff-Aida-Reklame“ inklusive! Nach jedem erschreckenden Bericht wird doch wieder verlockend das neueste SUV besprochen oder die letzte wilde Bucht für einen exotischen Urlaub angepriesen!

Nach den sachlichen Berichten über immer schneller schmelzende Gletscher, verschwindende Arten und zunehmende Katastrophen berichten Medien ebenso neutral über die Weigerung der Politiker, dem Wunsch der Mehrheit nach einem Tempolimit nachzugeben. Sie berichten ebenso sachlich über das Ausbremsen des Artenschutzes, um stattdessen Getreide für billigen Fleischkonsum anzubauen. Genauso sachlich werden die wiederholten Forderungen für möglichst billige Energie aus fossilen Quellen wiedergegeben. Diese „sachlichen“ Aneinanderreihungen mildern die Schrecken der Klimakatastrophe ab, sie lassen uns verwirrt zurück: „Ist Konsum jetzt doch nicht so schlecht?“

„Warum soll ich verzichten, wenn es so viele andere auch tun, so sehr dafür geworben wird und selbst die Politik und Medien wollen das ich es auch tue?“ Verwirrt und zweifelnd verharren wir als Konsumenten, werden gegenüber den Schreckensnachrichten immer passiver und geben uns dafür immer aktiver unserem eigenen kleinen Glück, dem Konsumieren hin. Dabei wäre nichts so effektive wie unser individuelle Wille, unser individuelles Handeln, siehe: https://www.sueddeutsche.de/projekte/artikel/wirtschaft/energie-energiekrise-strom-gas-oel-e670572/?reduced=true

Wir brauchen eine Kehrtwende, um die Klimakatastrophe abzuwenden. Diese muss bei uns selbst beginnen. Aber das geschieht nur, wenn uns die Medien eine entsprechende Dringlichkeit vermitteln. Aber genau daran fehlt es. Nach diesem Katastrophen-Sommer blieb in den Medien der Aufschrei aus, vielmehr wird in den Medien der Rückzug ins Private zelebriert, es werden Sonderheft über Mode, Design, Kunst, e.t.c. herausgegeben aber kleines in dem steht wie wir alle mithelfen können diese Erde gerechter und lebbarer zu machen? Kein einziges wichtiges Medium wie, Der Spiegel, Die Zeit, SZ, FAZ oder die öffentlich rechtlichen machen ein Sonderheft oder einen Sendetag 100% Klima-ehrlich.

So ein Heft sollte auf Umweltschutzpapier (Blauer Engel) gedruckt und für Büro und Druckerpresse oder Studio 100% Ökostrom gekauft werden. Zu jedem vorgestellten Artikel, Produkt, Reise oder Tätigkeit sollte benannt werden, was der damit verbundene Klimaschaden ist, nicht um zu Schulmeistern und zu Belehren, sondern um zu informieren. Gleiches sollten bei jeglicher Werbung vermeldet und klimafreundliche Alternativen benannt werden. Dafür würden sich auch Partner finden, die in einem solchen Heft oder an einem solchen Sendetag gerne ihre umweltfreundlichsten Produkte anstatt der luxuriösesten und schädlichsten bewerben wollen, z.B. VEGANE Rügenwalder Teewurst statt SUV`s, klimafreundliche Kleidung statt Dior.

Medien müssen anderen ein Vorbild und ein gesellschaftlich relevanter Vorreiter sein. In diesem Sommer ist in Europa dreimal so viel Wald verbrannt wie im Durchschnitt der letzten 10 Jahre. Medien sollten nicht nur mit Mode und Lifestyle provokant und innovativ sein, sie sollten Furore machen, mit einer Weltpremiere groß raus kommen und Konkurrenten hinter sich lassen. Aber keine der anerkannten Medien will (auf eine positive Weise) in die Schlagzeilen kommen. solch ein Sonderheft, einen Sendetag mit vorbildlicher Klima-Ehrlichkeit überhaupt versuchen zu machen, wobei dies eigentlich das höchste gebot der Stunde währe! Es würde was kosten, es ist viel Arbeit und tut vielleicht weh, aber so ist Klimaschutz nun mal, wer jetzt immer noch nichts tut wird später noch viel mehr Kosten, Arbeit und Leid erfahren. Anstelle ein gesellschaftlicher Vorreiter zu sein, verschanzen sich die Medien hinter Zweifeln und selbst verschuldeter Unwissenheit. Stehlen sich von ihrer moralische Verantwortung davon wie ein Dieb in der Nacht!

Niemand traut sich als Erster zu rufen, dadurch traut sich niemand aus der Deckung, bleiben die Zweifel. Kein Medium möchte Geschichte schreiben, keines mit einem solchen Statement seine Möglichkeiten ausloten, Unsicherheit und Zweifel wegblasen. Kein Medium will für sich und Ihre Leser gesellschaftlich relevant vorantreibend sein. Viel mehr verharren alle im hinteren Drittel, manche heimlich andere unabsichtlich bremsend. Kein einziges Medium versucht einen „Sustainability Challenge“ so wie es die Luftfahrt schon tut: https://www.youtube.com/watch?v=F0L2tvtm9Qg

Das Hamburger Zeitmagazin, hatte schon einmal eine Weltpremiere. Sie druckte Ende der 90er Jahre als erstes Medium überhaupt ein Magazin mit dem Blut von vergewaltigten Frauen des Jugoslawienkrieges. Damit wollte die Redaktion eine gesellschaftliche Debatte lostreten über die strukturelle Gewalt gegen Frauen. 2016 kam das österreichische Magazin „Vangardist“ damit sogar weltweit in die Schlagzeilen: https://www.theguardian.com/society/2015/may/06/blood-from-hiv-positive-people-used-to-print-austrian-magazine. Wartet Sie jetzt erst auf den steigenden Meeresspiegel, um dann ein Magazin mit dem Blut der Ertrinkenden zu drucken?

Wenn die Medien jetzt weiterhin versuchen, unpolitisch zu sein, sind sie politisch, ohne es zu merken! (Rosa Luxemburg) Verharren die Medien ebenso tatenlos wie wir Konsumenten? Lehnen sie genauso jegliche Eigenverantwortung ab? Betten Sie weiterhin jeden zukünftigen Artikel über die Klimakatastrophe ein in eine Vielzahl von Artikeln, die Konsum und Verbrauch von fossilen Energien gutheißen, dann verhalten sich die Medien ähnlich wie bei der Argumentation gegen das Rauchen in öffentlichen Räumen. Sie verharmlosen unnötig lange die wahre Schädlichkeit und verzögern damit das gesellschaftliche Bewusstsein über das Ausmaß des Problems und damit wichtige politische Entscheidungen.

Um das nötige Bewusstsein zu erreichen brauchen wir klima-ehrliche Medien. Gerade jetzt ist ein fruchtbares Zusammenspiel von uns allen, den Medien und der Politik nötig. Was möglich wäre, zeigen die Beispiele des Kühlschranks ohne FCKW und der Glühbirne. Ersterer wurde lange durch die Industrie verhindert mit dem Argument: „Das ist technisch unmöglich.“ Erst als Greenpeace 1992 medienwirksam die Werbetrommel für den FCKW-freien Kühlschrank eines Herstellers aus Sachsen rührte und dafür in kürzester Zeit 100.000 Bestellungen bekam, zog die West-Industrie nach und wurde FCKW in Kühlschränken per Gesetz verboten.

Bei der Glühbirne fragten die Bürger erst nach sparsamen Leuchtmitteln. Der Markt reagierte mit teuren, hässlichen und kümmerlichen Produkten. Einige kauften diese trotz aller Nachteile, aber die meisten bevorzugten weiterhin die viel billigeren Glühbirnen. Als 2010 der politische Druck zum Energiesparen größer wurde, niemand wollte noch mehr Kraftwerke und Hochspannungskabel, kam 2010 ein EU-Glühbirnenverbot. Die Anbieter reagierten und wir freuen uns jetzt über die vielseitigen Anwendungen und die größere Zuverlässigkeit der heutigen Lampen.

Wollen wir die Klimakatastrophe verhindern, dann braucht es einen klima-ehrlichen Markt, bewusst entscheidenden Konsumenten und eine Politik, die mit effektiven Gesetzen dem Markt Klima-Ehrlichkeit abverlangt. Aber zuallererst müssen wir hierfür das nötige Bewusstsein erreichen und gerade dafür brauchen wir vor allem kritische und klima-ehrliche Medien. Diese dürfen nicht die fatalen Fehler wiederholen, wieder blind in die gleichen Fallen tappen, wie in der Vergangenheit bei der Diskussion um die Schädlichkeit des Rauchens.

Jedes Kind versteht, dass wir ab jetzt sparen müssen. Wir müssen immer und überall sparen, ganz gleich wie sinnvoll es uns erscheint, denn der sparsame Umgang mit allen Ressourcen der Erde ist moralisch immer richtig angesichts wachsender Bevölkerungszahlen mit wachsendem Wohlstand. Jedes Kind versteht das, nur wir handeln immer noch so, als ob es diese Wahrheit nicht gäbe. Auch wenn wir nicht durchschauen was die aktuellen politischen Regeln aus unserem Sparen machen, lohnt es sich, z.B. importiert Frankreich unseren Solarstrom, wenn ihre Atomkraftwerke abgeschaltet werden, da ihnen wegen Hitze und Dürre ungenügend Kühlwasser aus den aufgeheizten und vertrockneten Flüssen zur Verfügung steht. Unsere privaten Solaranlagen liefern dann Strom an die immer zahlreicheren privaten französischen Klimaanlagen.

Ein Beispiel aus meiner Berufswelt: Wie klimaschädliche Steuergeschenke unsere Gesellschaft spalten. Bitte sehen Sie auch die im Anhang beigefügten Informationen zur Luftfahrt. Ich bin selbst Pilot, aber die derzeitige Steuerfreiheit für luxuriöse Flüge finde ich äußerst unzeitgemäß. Dass 1% der Bevölkerung luxuriöseste Reisen unternimmt und dabei steuerfrei 50% des weltweiten Kerosin verbrennt während Arme für jeden Kilometer, Energie-, CO2-, Öko- und Mehrwertsteuer bezahlen, ist höchst unsozial und spaltet unsere Gesellschaft. Es blockiert auch die Entwicklung der Luftfahrt zu mehr Klimafreundlichkeit. Es ist jetzt höchste Zeit für eine ehrliche Steuer für den Gebrauch von fossilem Kerosin in der Luftfahrt

Wie wichtig der Einfluss von uns Bürgern ist, macht gerade das Fliegen deutlich. Airbus verspricht in 20 Jahren für die Kurz- und Mittelstrecke ein klimaneutrales Wasserstoffflugzeug, aber noch keine einzige Airline will es kaufen. Davon abgesehen planen weder Airbus noch Boeing in den kommenden 20 Jahren überhaupt andere, klimaschonende Modelle. Viel lieber kaufen die Airlines modernisierte Airbus A320 und Boeing 737, also Flugzeuge, deren ursprüngliche Konzeption aus den 80er bzw. 60er Jahren stammt.

Interkontinentale Flüge fliegen zu ca. 60%(!) von und nach Europa und verbrauchen ca. 80%(!) des europäischen Kerosins, aber auch dafür wird es in den kommenden 20 Jahren kein neues Modell geben. Die dafür verwendeten Airbus A330NEO und Boeing 777 stammen aus den 80er Jahren, die Airbus A350 und die Boeing 787 aus den 2000er Jahren. Dabei erwarten Airbus, Boeing, die Luftfahrtorganisationen IATA und ICAO aber mindestens eine Verdoppelung der bestehenden Flotte bzw. des Passagieraufkommens.

Also wird die Luftfahrt 2030 und 2050 das gesteckte Ziel weit verfehlen bald mehr als doppelt so viel CO2 ausstoßen wie heute. Weiterhin werden diese, einem Diesel-SUV ähnelnden, Flugzeuge mit Vollgas über die interkontinentalen Luftstraßen düsen. Neue, radikal sparsame Flugzeugkonzepte bleiben ungenutzt. Gerade deshalb sind jetzt unsere individuellen Entscheidungen so wichtig. Wenn Konsumenten nun sagen: „Das Produkt lehne ich ab, egal wie billig oder schädlich es ist“, nutzen Sie einen der zur Verfügung stehende Wege, effektiv Einfluss aus zu üben. Wie schon in der Vergangenheit verschwinden dann Produkte, die niemand mehr nachfragt oder sie werden verbessert. Dafür ist jetzt gerade bezüglich der Luftfahrt höchste Zeit. – Klaus Siersch

 

Ich bin ganz bei Frau Rochel. Wir werden in eine Phase von Hungersnöten, gigantischen Migrationsströmen und kriegerischen Auseinandersetzungen treten. Die Apokalypse muss kein Atomkrieg sein, es reicht eine weltweite Änderung des Klimas. Und als Hinweis an Putin, der darüber frohlockt, sei hinzugefügt, dass auch Russland davon nicht verschont werden dürfte, denn China wird versuchen sich Sibirien zu holen, wenn der eigene Süden unbewohnbar wird.

zur Frage „wofür das Ganze“: Eine Begrenzung des durchschnittlichen Anstiegs der globalen Temperatur von 6 C auf 3 C wird sicherlich nicht jedes Individuum der Spezies Homo sapiens pyromanicus retten, es wird aber möglicherweise für das Überleben der Spezies reichen. So gesehen ist hier jede Anstrengung unabdingbar, auch wenn dem Gros der Menschheit das Hemd näher als die Hose sein dürfte. Und was ist aus dem Taxifahrer geworden, der versucht hat Frau Rochel zu überfahren? Gab es hier eine Anzeige wegen Nötigung oder gar versuchter Körperverletzung? – Dr. Till Borchert

 

Dem Klimaschutz nutzt eine Tätigkeit als Dachdecker, Stuckateurin, Lokführerin oder Landwirt und in den Bereichen Solar-, Wind-, Energie- und Speichertechnik, Heizung-Klima-Sanitär, Bauingenieurwesen, Ressourceneffizienz, Kreislaufwirtschaft, Recycling und vieles mehr. Hier werden dringend Fachkräfte gesucht. Sprach- und Politikwissenschaften, Straßenblockaden und Kunstbeschädigungen helfen dagegen eher wenig. – Heike Bartenbach

 

Wann werden Politiker und Juristen verstehen, dass es sich bei dem – zweifellos radikalen – Protest der „Letzten Generation“ nicht um ein justitiables, sondern politisches Thema handelt ? Der Zeitpunkt, das Problem zu lösen, ist seit langem überschritten. Ich verstehe – als Mensch in seinen frühen Siebzigern -, dass den Aktivisten nur Ansätze mit Methoden des zivilen Ungehorsams aussichtsreich erscheinen. Die harmloseren „Fridays for future“ haben jedenfalls bisher auch keinen durchschlagenden Erfolg gehabt. Und übrigens : Wegsperren a la Bayern wird die Lage nicht befrieden – das hat bei sehr berechtigten Forderungen noch nie zur Problemlösung beigetragen, im Gegenteil ! – Dr. Michael Borris

 

Der Klima-Aktivismus motiviert auf jeden Fall, sich intensiver mit der Problematik zu befassen. Mir ist jetzt bewusst, dass Finnland, das uns im Bildungssystem anerkannt überlegen ist, bereits eine Stufe weiter ist als Deutschland. Dort wird mit Billigung der Bevölkerung ein neues Kernkraftwerk gebaut und die Lösung für die Endlagerung ist bereits gefunden. China als einer der größten CO2-Verursacher will über 30 AKWs bauen. Es verschafft sich damit die Energie, um günstigere E-Autos für den europäischen Markt und weiterhin billige Verbrenner für den zunehmenden Mobilitätsbedarf in Afrika und Indien zu produzieren. Gut, dass die Klima-Aktivisten dazu beitragen, mal etwas genauer nachzudenken. – Hans Rentz

 

Zum Klimaschutz gehört neben der Vermeidung von Treibhausgasen auch die konsequente Nutzung aller Pflanzen, die mit ihrem Wachstum klimaschädliches CO₂ mittels Photosynthese in organische Substanz umwandeln. Die Weltbevölkerung nimmt ständig zu, die fossilen Rohstoffe gehen zur Neige und die landwirtschaftlich genutzte Fläche wird stetig weniger, sodass die Bewirtschaftung aller zur Verfügung stehenden Flächen eine Selbstverständlichkeit sein muss. In den Mittelgebirgslagen Südwestdeutschlands liegen beispielsweise immer mehr Streuobstwiesen brach.

Auf diesen Flächen werden im Sommerhalbjahr in Gräsern, Hölzern und Früchten große Mengen an organischem Kohlenstoff eingelagert und im Winterhalbjahr beim Verrotten wieder als schädliches Klimagas an die Atmosphäre abgegeben. Hier werden doch Ressourcen, welche uns die Natur vor Ort bereitstellt verschwendet! Die Gesellschaft isst bei einem Selbstversorgungsgrad von 50% Äpfel aus Neuseeland oder Südafrika, lässt aber die Erzeugnisse vor der Haustüre vergammeln. Wenn nun jeder Aktivist der „Letzten Generation“ die Patenschaft und auch die Pflege für einen brachliegenden Obstbaum medienwirksam übernehmen würde, könnte praktischer Klimaschutz vorgelebt und kommuniziert werden. – Wolfgang Behrendt

 

Liebe Klima-AktivistInnen „Letzte Generation“, vielen Dank für eure mutigen, unerschrockenen, kreativen Aktionen für eine lebenswerte Zukunft! Ich bewundere sehr, welche Nachteile ihr dafür in Kauf nehmt (bis hin zu Gefängnisaufenthalten!), obwohl ihr doch einfach in den Hörsälen sitzenbleiben könntet und an eurem möglichst optimalen Lebenslauf feilen, wie so viele. Ich bin mir sicher, euer Einsatz wird von der Geschichte völlig anders bewertet werden als von der übersättigten Wohlstandsgesellschaft der Gegenwart, die immer noch ignoriert, dass Feuer am Dach ist.

Lasst euch nicht entmutigen! Lasst euch nicht kriminalisieren oder Schuld zuschieben mit Sätzen wie „Auch Rettungswagen sind Autos“. Die Verantwortlichkeiten liegen an ganz anderer Stelle. Die Veränderungen in der Gesellschaft laufen viel zu langsam, verglichen mit dem Tempo des Klimawandels. Die Anzeigen für Kreuzfahrten in der ZEIT sind zwar schon ein wenig kleiner geworden und im dieser Ausgabe beiliegenden „ZEIT-Reisen“ finden sich nun ein paar Bus-Touren im Angebot, aber die Schiffspassage mit der Queen Mary gibt es noch immer und jede Menge Flüge in vermeintliche Paradiese. Und wie viele FFF-Demonstranten sind dann doch wieder mit ihren Eltern in den nächsten Urlaub geflogen?

Radikal sein kommt von radix, Wurzel. Seid meiner Solidarität versichert. Ich bin froh, dass es so viele junge Menschen gibt, die um das wissen, was Günter Eich einmal so ausgedrückt hat: „Seid unbequem; seid Sand, nicht Öl, im Getriebe der Welt“. Versuchen wir das sehr gut geölte Getriebe des Zuges, der mit uns allen an Bord auf den Abgrund zurast, anzuhalten; jeder an seinem Platz. Ihr macht mir Hoffnung. Danke. – Silvia Fischer

 

Es war das Jahr 1991 und ich war 31 als ich die ersten Berichte über den Klimawandel las. Meine Kinder waren damals sieben und drei Jahre alt und mir wurde ganz schlecht bei der Vorstellung, was die befürchtete Erderwärmung für sie bedeuten würde. Die folgenden 10 Jahre engagierte ich mich bei Greenpeace für mehr Klimaschutz, und wurde dafür nicht selten im Freundeskreis belächelt. Mittlerweile sind die CO2 Emissionen um 50% angestiegen. Wie bitte soll ich das meinen vier Enkelkindern später einmal erklären? Ich kann die Wut und Verzweiflung der Klimaaktivist*innen nur allzu gut verstehen. – Katja Freund

 

Was nützt der Klima-Aktivismus? Klima-Aktivismus ist wichtig, um gesellschaftlichen Druck zu erzeugen, damit sich die Politik um die Klimaprobleme kümmert. Aber wir brauchen auch praktikable Lösungen für unsere Treibhausgasemissionen, die ohne internationale Zusammenarbeit funktionieren. Ein großer Teil unseres Zivilisationsmülls besteht aus Kohlenstoff, z.B. Kunststoffe, Textilien, Sperrmüll, Gartenabfälle, Lebensmittelabfälle, Papier und Restmüll. Was sich davon nicht recyclen lässt, sollte nicht verbrannt werden, weil dabei CO2 freigesetzt wird.

Müll sollte auch nicht auf Deponien oberflächlich verbuddelt werden, weil sich Bioabfälle dann in CO2 und Methan verwandeln und in die Atmosphäre gelangen. Stattdessen sollte der Müll zerkleinert, von Sonne und Wind getrocknet, zu handlichen Ballen gepresst und schließlich wasserdicht verpackt werden. Zum Verpacken eignet sich z.B. biobasierte Kunststofffolie aus PEF Kunststoff, der obwohl pflanzlichen Ursprungs sehr stabil und langlebig ist und auch für Getränkeflaschen verwendet wird. Da er aus Zucker hergestellt wird, enthält er Kohlenstoff, der von den Pflanzen aus der Atmosphäre herausgeholt wurde.

Wird der Kunststoff zudem mit regenerativer Energie produziert und später nicht verbrannt, wird man mit seiner Herstellung CO2 negativ. Die kohlenstoffhaltigen Ballen werden dann tief in der Erde endgelagert und da wegen des fehlenden Wassers keine Zersetzungsprozesse stattfinden, kann dieser Kohlenstoff Jahrhunderte im Boden überdauern. Die Müllentsorger könnten für den so eingelagerten Müll CO2 Zertifikate an Firmen verkaufen, die ihre Produktion damit klimaneutral gestalten könnten. Diese Methode der Müllentsorgung ist einfach und billig und wenn andere Länder die Idee übernehmen, lassen sich damit große Mengen CO2 aus der Atmosphäre entfernen. – Dirk Führmann

 

Ich hatte mir einen erhellendes Dossier erhofft, in dem geklärt wird, welche Art von Widerstand tatsächlich Sinn ergibt und welche nicht. Z.B. anhand von historischen Erfahrungen. Was habe ich bekommen? Eine Reportage im SPIEGEL-STIL, mit wenig fassbarem Inhalt. Schade, Chance verpasst. Neuer Versuch? – Jan Jahn

 

In einem demokratischen Land erzwingt eine kleine Gruppe von sogenannten Klima-Aktivisten, die zeitweise und in der Tendenz der eingesetzten Mittel eher Klima-Terroristen sind, über Nötigung die mediale Aufmerksamkeit. Die objektiv feststellbare Klimaänderung ,die subjektiv in den Köpfen Weniger zur Katastrophe gesteigert wird,ist der Grund,um die in einer Demokratie möglichen legitimen Wege des Widerstandes unbeachtet zu lassen und mit illegitimen Aktionen Aufmerksamkeit zu bekommen für ein Ziel,das mit diesen Mitteln niemals erreicht werden kann. Hier muß sich im Interesse der Mehrheit der Rechtsstaat wehren. – Ulrich Wasner

 

„Aktivismus“? ,das ist der Sprachgebrauch der Bremser an der falschen Stelle , vielleicht auch der hausinternen Volkswirte und Atlantiker, in keinem Fall Ihrer würdig. – Bernd Leopolder

 

„(E)s fährt ein Zug nach Nirgendwo, mit mir (Anm.: Deutschland) allein als Passagier. Mit jeder Stunde, die vergeht führt er mich weiter weg von dir (Anm.: der Erreichung der Klimaziele). …Und niemand stellt von grün auf rot das Licht“. Dieser Liedtext von Christian Anders hätte als Abschlusskommunique zur diesjährigen Weltklimakonferenz ausgereicht. Wie bereits in den zurückliegenden Jahren außer Millionen-Spesen einmal mehr nichts gewesen. Vor der Konferenz stand der Zeiger auf Fünf nach Zwölf.

Jetzt ist die Uhr abgelaufen. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hat sich zwar nach Kräften bemüht eine Einigung im Sinne des globalen Klimaschutzes zu erzielen, die ihren Namen auch verdient hätte. Der grünen Spitzenpolitikerin wurden jedoch ihre Einflussmöglichkeiten und politischen Grenzen deutlich aufgezeigt. Was bleibt sind ihre Versuche, das Desaster schön zu reden. Sie wurde von autokratisch regierten bzw. wirtschaftlich aufstrebenden Staaten regelrecht vorgeführt. Deutschland wird international nur als „Geldautomat“ der stets gut gefüllt sein muss, respektiert.

China, eine der größten Wirtschaftsnationen der Welt, erdreistete sich sogar, weiterhin als „Entwicklungsland“ und somit als Zahlungsempfänger eingestuft zu werden. Das Land ist eine der größten Klimasünder der Welt und möchte dafür finanziell noch belohnt werden. Eine wichtige Erkenntnis hat diese „Weltklimakonferenz“ dennoch gebracht: Das globale Projekt Klimaschutz, das es eigentlich nie wirklich gab, ist endgültig begraben. Es kann von nun an eigentlich nur noch darum gehen, sich auf nationaler Ebene auf die Folgen des Klimawandels und den hieraus resultierenden Naturkatastrophen einzustellen. und sich entsprechend vorzubereiten.

Es liegt an jedem einzelnen Bürger selbst, der den Klimawandel nicht negiert, seine bisherige Lebensweise zu hinterfragen. Die nötige Eigenverantwortung, die in den „Mutti“-Merkel-Jahren leider großteils abhanden gekommen ist, wird nun zum großen Leitthema der Gesellschaft. Mehr Nachhaltigkeit ist das Stichwort. Es ist die Aufgabe der Politik, derartige Projekte kräftig und nachhaltig zu fördern. Das Bewusstsein, dass gute Produkte ihren Wert, aber auch ihren Preis haben, ist in den vergangenen Jahren leider weitgehend verloren gegangen. Ich habe kein Verständnis für Leute, die nach mehr Klimaschutz rufen, jedoch über Amazon Billigwaren aus Fernost bestellen statt beim Händler um die Ecke einzukaufen.

Dasselbe gilt für Spitzenpolitiker und Wirtschaftsbosse, die in den vergangenen zwei Jahrzehnten autokratisch regierten Staaten wie China und Russland regelrecht in den Hintern gekrochen sind. Die Zeiten, in denen Billig-T-Shirts nur einmal getragen und anschließend entsorgt werden, müssen von nun an der Vergangenheit angehören. Insbesondere junge Menschen sollten die Zeichen der Zeit mittlerweile erkannt haben. Der Billig-Konsumrausch ist die eigentliche Geißel unserer Zeit. Die wirtschaftspolitischen dramatischen Fehler der Vergangenheit dürften kaum noch wettzumachen sein. Seit den 1990ern-Jahren ist der Klimawandel in aller Munde.

Angela Merkel hat die Folgen in ihren Amtsjahren als Bundesumweltministerien visionär beschrieben. Als Bundeskanzlerin hat sie sich zwar ungeniert als „Klimakanzlerin“ titulieren lassen. Ihre Klimaschutz-Bemühungen waren jedoch höchstens halbherzig. Im Gegenteil. In ihren Amtszeiten wurde die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen mittels Gas aus Russland manifestiert, statt frühzeitig auf den Energiewandel und vor allem die enorm wichtige Speicherfähigkeit erneuerbarer Energien zu setzen. Mit der Verwirklichung dieser nötigen Maßnahmen hätte sie sich nicht nur ein Denkmal gesetzt, sondern wir könnten heute einigermaßen gelassen den kommenden Wintern entgegensehen. Stattdessen hat sie den Autokonzernen freie Fahrt für SUVs, mit denen man gutes Geld verdienen konnte, erteilt und strengere CO2-Grenzwerte verhindert.

Merkel war eine Kanzlerin der Konzernbosse, die heute noch „Phantomschmerzen“ wegen ihres Abgangs haben. Der wirtschaftliche Erfolg in ihren Amtszeiten ist eine reine Supernova. Das wird sich schon sehr bald erweisen. Ihr Nachfolger Olaf Scholz (Merkel 5.0) macht es nicht besser. Die Bundesregierung investiert in Somalia Milliarden Euro zur Erschließung von Erdgasfeldern, also in fossilen Energien. Diese Gelder wären anderweitig weitaus besser angelegt. Ganz abgesehen davon, dass mögliche Erdgaslieferungen in einigen Jahren die aktuelle Energiekrise nicht mildern können, scheint die politische „Merkel-Generation“ nichts aus ihren Fehlern lernen zu wollen. Oder sind solche Aktionen bereits das Eingeständnis der eigenen politischen Ohnmacht und somit eine energetische und wirtschaftliche Bankrotterklärung. – Alfred Kastner

 

Wenn diejenigen, welche es wissen sollten oder eventuell könnten (Frau Dr. Kemfert, WIKIPEDIA, „FFF“, …), entweder aus fachlicher Ahnungslosigkeit, wegen falscher „Rücksichtnahme“ auf uns dumme Bürger*innen oder gar in manipulativer Absicht relativ einfach erkennbare Fakten, Größenordnungen und Umsetzungsprobleme der Energiewende verschweigen oder bemänteln, dann sind diese Personen oder Vertreter*innen keinen Deut besser als Donald Trump oder ähnlich „qualifizierte Personen“ und nehmen die steigende Radikalisierung ihrer verdummten „Anhänger*innen“ stillschweigend in Kauf. – Prof. emer. Dr. Wolfgang Ströbele

 

Die Frage des Dossiers sollte finde ich nicht lauten, „Was bringt Aktivismus?“ Sondern anders herum gestellt werden „Warum ist Aktivismus in dieser Form nötig?“. Seit Jahrzehnten wissen wir um die existentielle Bedrohung des stetig schneller voranschreitenden Klimawandels, wissenschaftlich belegt ein Produkt unserer Lebensweise. Es wird beschrieben, wie anpassungsfähig der Mensch sei – das ist er zweifelsfrei. Bislang sticht die Leistung der Menschheit jedoch eher um die Fähigkeit heraus, kollektiv betrachtet die gesamte Welt an seine eigenen kurzgedachten Bedürfnisse anzupassen – und das trotz seiner Anpassungsfähigkeit. Mit diesem Verhalten fahren wir, um eines der gängigsten Bilder zu benutzen, die es zum Thema Klimawandel gibt, geradeaus gegen eine Wand und geben zusätzlich Gas (haha).

Die Klimaaktivist*innen haben keinerlei Flausen im Kopf. Sie sind lediglich in der Lage, die Fakten ernstzunehmen und vor der erlebten Realität nicht die Augen zu verschließen. Wenn Student*innen, Jugendliche, Schüler*innen, Azubis (etc.) sich dazu entscheiden, ihre eigene finanziell abgesicherte und bequeme Zukunft hintanzustellen um auf wahrhaftig vorhandene Lebensbedrohliche Zustände aufmerksam zu machen – und das noch(!) gewaltfrei – dann erklärt sich der Nutzen dieses Aktivismus aus sich selbst heraus.

Er ist ein Produkt der Ohnmacht des Individuums, mitansehen zu müssen, dass das Kollektiv wider besseren Wissens Ausrede um Ausrede entwirft, sich nicht an vereinbarte lebenserhaltende Ziele zu halten. Eine andere gute Frage zur Einleitung des Dossiers wäre also: „Was nutzen eigentlich Klimaabkommen?“ Oder „Wieso werden die vernunftbasierten Sorgen der Klimaaktivist*innen nicht ernst genommen?“ – Laura-Marina Föller

 

Warum muss ich mich als alter weißer Mann fragen, warum die Politiker und auch Markus Lanz nicht kapieren, was mit dem Klima gerade passiert? Haben Sie vielleicht in der Schule in den naturwissenschaftlichen Fächern nicht aufgepasst (oder diese nicht verstanden), oder woher kommt der Zweifel an Wissenschaftlern? Mich würde mal eine Studie interessieren, in der ein Zusammenhang zwischen naturwissenschaftlicher Ausbildung und der Einschätzung zur Klima-Entwicklung aufgezeigt wird. – Martin Grau

 

Carla und immer mehr junge Menschen sind verzweifelt, weil die Industriestaaten extrem zu wenig gegen die laufende globale Klimakatastrophe unternehmen. Das schlimmste ist, dass die Zeit ohne radikales Umsteuern nicht ausreichen kann, um die notwendigsten Klimaschutz-Ziele noch rechtzeitig zu erreichen.

Wenn ich mit meinen 82 Jahren noch fit wäre, würde ich mich neben Carla auf die Straße setzen. Der Kleber wäre überflüssig, weil ich alter Opa allein nicht mehr aufstehen könnte. Nur ein Bruchteil der globalen Emissionen kommt aus Deutschland. Stimmt. Aber warum auf andere Länder zeigen ? Deutschland mit seinem extrem verantwortungslosen Ökologischen Fußabdruck hätte schon seit Jahrzehnten beginnen müssen, vor der eigenen Tür zu kehren.

Bei der UN-Klimakonferenz wurde ein Fonds für die Hilfe bei Klimaschäden beschlossen. Wunderbar, denn so können die Industriestaaten mit den Treibhausgasen so weitermachen wie bisher; mit „gutem Gewissen“. Und was ist los in Deutschland ? Die Politik, insbesondere die Minipartei der Reichen, erfüllt im Wesentlichen die Anforderungen der Wirtschaft. Sonst Arbeitsplatz-Abbau. Die Wirtschaft erfüllt und weckt die fragwürdigen Wünsche der Mehrheit der Deutschen.

Also wer kann vielleicht noch rechtzeitig die Zukunft unserer Enkel/Ur…enkel retten ? Meines Erachtens können nur die Bürgerinnen und Bürger in den Industriestaaten etwas Wesentliches pro Klimaschutz bewirken. Warum also ohne zwingende Not (also freiwillig und in Kenntnis der furchtbaren Folgen) weiterhin leben mit Überfluss/Luxus-Mobilität und Überfluss/Luxus-Konsum ? Sokrates sagte so passend : „Genügsamkeit ist natürlicher Reichtum, Luxus künstliche Armut. Wie zahlreich sind doch die Dinge, derer ich nicht bedarf.“ – Volker Freiesleben

 

In der Tat: Deutschland kann keinem Land Klimaschutzmaßnahmen aufzwingen, aber mit gutem Beispiel vorangehen. Das könnte und sollte Deutschland auch tun – es würde sich nicht nur für das Klima und hinsichtlich geringerer wirtschaftlicher und politischer Erpressbarkeit lohnen, den Verbrauch – und damit die Einfuhr – von Kohle, Erdöl und Erdgas durch den Ausbau der erneuerbaren Energien, durch die Dämmung von Gebäuden, durch eine Reduzierung des Auto- und Flugverkehrs, durch neue Produktionsverfahren, die weniger Energie und Rohstoffe benötigen, generell durch das Einsparen von Energie und durch die möglichst weitgehende Umstellung auf erneuerbare Energien möglichst schnell und umfassend zu senken, sondern längerfristig auch finanziell und im Hinblick auf den möglichen Export innovativer Einspartechniken.

Denn China, die USA, Indien und etliche weitere Länder werden in absehbarer Zeit ebenfalls auf Kohle, Erdöl und Erdgas verzichten müssen: Die Klimakatastrophe wird sie nicht verschonen und den Verzicht erzwingen. Für die Einhaltung des 1,5- oder des 2,0-Grad-Zieles wird es dann allerdings wohl zu spät sein. – Dr. Ulrich Willmes

 

Fragen Sie in Ihrem Umfeld mal wer eine individuelle Schuld (für den Klimawandel) bei sich sieht, wer in Zukunft auf wie viel verzichten will und wer von seinem Wohlstand abgeben möchte? Die Antworten nach Alter sortiert zeigen zumindest in meiner sozioökonomischen Blase schon ab 35 Jahren erschreckende Ergebnisse. Wenn wir uns nun die Wählerstrukturen anschauen, wird schnell klar, dass es für den Klimawandel keine demokratische Lösung geben kann. Und wenn die Grünen zu „krass“ werden, wendet sich der grüne Konservative sofort wieder ab.

Der Durchschnittsdeutsche hat keinerlei Schuldempfinden für die Toten an der Ahr und ganz besonders nicht für die unbekannten Klimatoten in der Welt. Die nimmt der Durchschnittsdeutsche in Kauf, denn er sieht es nicht ein, seinen Konsum der Erde zu reduzieren, der mindestens um den Faktor 2 zu hoch ist. Und erst wenn wir vorbildlich wären, möchte ich in der Zeit wieder einen Satz lesen wie: „Was soll das bringen, wenn nur ein Bruchteil der globalen Emissionen aus Deutschland kommt?“ Erstmal sollten wir vor unserer Haustüre kehren, dann gerne andere belehren.

Und hier bin ich nun bei Alexander Dobrindt. Wäre ich Ex-Verkehrsminister und trüge durch verantwortungsloses Nicht-Handeln eine mittelbare Schuld an dem Desaster, dann hätte ich Angst. Denn nachher klebt sich noch einer an mir fest und nicht mehr auf der Straße. – Martin Eickelkamp

 


 

 

Leserbriefe zu „Weniger Wagen wagen“ von Anita Blasberg

 

Einverstanden, liebe Frau Blasberg: Regeln wir’s über Gesetze und beschränken die Zahl der privat genutzten PKW pro Haushalt. Begrenzen wir dann aber auch, wie viel Kilogramm Fleisch jeder Erwachsene pro Jahr zu sich nehmen darf und wie viele Fernreisen pro Jahr laut Gesetz möglich sind. Und wenn wir schon dabei sind: Wie viel Quadratmeter Wohnraum pro Person zulässig sind, kann auch gesetzlich geregelt werden, inklusive der Höchsttemperatur in Innenräumen, die in der Heizperiode noch erlaubt ist. Ach, und dann die Kreuzfahrten! Eine pro Jahr, höchstens? Oder eine alle fünf Jahre?

Ein Tempolimit auf Autobahnen ist schnell eingeführt. Auch autofreie Tage. Der Pflegekraft, die morgens um vier keinen ÖPNV zur Verfügung hat, hilft das allerdings nicht. Übrigens, dass eine „Steuerung über Gesetze unbeliebt, über Moral aber unwirksam“ ist, stimmt nicht. Das Rauchen ist gesetzlich eingeschränkt (Restaurants) und gesellschaftlich immer weniger akzeptiert. Ganz im Gegensatz zum Alkohol. Aber da wären wir dann wohl bei einem neuen Thema… – Thomas Meichle

 

Ich habe ein paar Anmerkungen zu dem Framing „Verantwortung der/des Einzelnen als Konsumenten: Verzicht“ und „Verbotskultur“: – Es mag durchaus sein, dass die Einführung des CO2-Fußabdruckes in der BP-Kampagne dazu gedacht war, die Verantwortung für die Klimakrise von den Energiekonzernen weg zu den Verbrauchern zu verlagern, aber kann es nicht sein, dass „versehentlich“ die wahren Verursacher genannt wurden ? In einer Demokratie wie in Deutschland wählen die Wählerinnen und Wähler per Mehrheitsentscheid ihre Regierung.

Dabei werden die Parteien gewählt, die das umzusetzen versprechen, was die Mehrheit der Wähler will. – Was mich zum 2. Punkt Framing „Verbotskultur“ bringt: Die Grünen konnten erleben, was passiert, wenn man etwas will, was die Wähler nicht wollen: Entweder bleiben sie bei ihren Forderungen (Beispiel: Veggie-Day) oder sie riskieren die politische Bedeutungslosig- keit. Wie kann man von politischen Parteien erwarten, etwas umzusetzen, das nur Wenige wollen ? Um nun zu dem Artikel zu kommen:

Sicherlich wären etliche Politiker bereit, freiwillig eine Reduzierung des Autobestandes per Gesetz zu verordnen, doch wieso sollten sie dies tun ? Da Deutschland so stolz auf seine Automobilindustrie und das neue Auto vor der Haustür nach wie vor ein Statussymbol ist,würden es sich die Politiker, die ein Beschränkung oder gar Reduzierung des Automobilbestandes fordern, „mit den Wählern verscherzen“, denn erst wenn eine Mehrheit der Wähler dies will und der gewählten Regierung den Auftrag gibt, dann kann die Regierung dies auch umsetzen.

Ansonsten bleiben nur – das mehr oder weniger widerwillige Umsetzen von EU-Gesetzen – das mehr oder weniger widerwillige Umsetzen von Gerichtsurteilen wobei die Regierung dann immer sagen kann, dass sie ja etwas muss, was sie „eigentlich“ nicht will und deshalb gegenüber den Wählern die „Hände in Unschuld waschen kann“. Das Tragische daran ist, dass in einer Demokratie „das Ruder nur dann herumgerissen werden kann“, wenn „der/die Einzelne“ mehrheitlich eine ökologische Ausrichtung der Politik will, wobei immer gleich darauf verwiesen wird, dass „der Einzelne eh nichts bewirken kann“ und deshalb die „Frustration zwischen Anspruch und Wirklichkeit“ dadurch kompensiert wird, indem man sich „noch etwas leistet, solange es noch geht“ – im Sinne von möglich, nicht: weil es verboten werden könnte.

Wer meiner Argumentation, dass der/die Einzelne was bewirken kann (und er/sie durch ihr/sein Verhalten an der gegenwärtigen Misere trägt), nicht folgen will, sei darauf verwiesen, wie viel Angst damit geschürt wird, dass der Wohlstand einbricht, dass aufgrund reduziertem Konsums Arbeitsplätze gefährdet sind etc.., sprich: den Bürgern wird eingeredet, dass ein Abweichen vom Weg des fast grenzenlosen Konsums mit „dem Verlust des Paradieses bestraft wird“ (und es ist noch tolerabel, solange die „Abweichler“ nur wenige sind).

Dann ist es kein Wunder, wenn die Wählerinnen und Wähler angesichts ihrer eigenen (eingeredeten) Ohnmacht „wie das Karnickel vor der Schlange starr verharren“ und auf die „allmächtige Politik“ warten, deren Tun und Lassen sie mit ihren Wahlentscheidungen doch selbst beeinflussen. Es mag durchaus sein, dass meine Gedanken Fehler enthalten, aber ich lasse mich gerne über- zeugen, dass anderes wahr ist (wenn es denn schlüssig ist und nicht nur ein Framing darstellt). Nur eines ist wirklich sicher: Während noch heiß diskutiert wird, wer „Schuld hat“, schafft die Natur täglich irreversible Fakten. – E. Würth

 

Die Frage, warum wir noch kein Tempolimit haben, ist leicht beantwortet. Wegen der FDP! – Clemens Schlink

 

Ich kann Ihre Argumente und Denkrichtungen, auch Ihre Wut gut nachvollziehen, und ich stimme weitgehend mit Ihnen überein. Aber: Bitte, bitte, bitte verschonen Sie ZEIT-Leser mit der leider auch von Ihnen kolportierten, verzeihen Sie die Wortwahl, vollständig unsinnigen Argumentation zum ‚Dienstwagenprivileg‘ (Habe ich selbst viele Jahre gehabt. Zwar nicht für einen G-Klasse Mercedes, sondern für einen Skoda-FABIA).

In aller Klarheit: Die Privatnutzung eines Firmenfahrzeuges ist steuerlich als geldwerter Vorteil zu behandeln und mit dem PERSÖNLICHEN Steuersatz zu VERSTEUERN. Bei dauernd persönlich zugeordneten Fahrzeugen erlaubt die 1%-Regel die pauschale Versteuerung (d.h. es ist kein Fahrtenbuch als Besteuerungsgrundlage zu führen), und die Bemessungsgrundlage dafür ist (immer, unabhängig vom Alter des Fahrzeuges) der Brutto-Listen-Neupreis des Fahrzeuges. D.h. in dem von Ihnen angezogenen Beispiel sind bei ~120T€ Listenpreis monatlich 1% von 120T€, also 1200€ zu VERSTEUERN, macht also ~ 600€ vom Nutzer zu zahlende Steuer (nehmen wir mal grob 50% Grenzsteuersatz für einen Mercedes-G-Klasse-Fahrer), und zwar monatlich.

Hinzu kommt dann noch ein zu zahlendes Steuer-Sahnehäubchen, das sich aus der Länge des Arbeitsweges berechnet, ganz egal, ob oder wie oft man das Fahrzeug dafür nutzt oder nicht. Günstiger wird die Rechnung für den Nutzer natürlich im Fall kleinerer Grenzsteuersätze, aber für Jahresgehälter unter 60T€ möchte ich den Arbeitgeber sehen, der Ihnen einen G-Klasse Mercedes als Dienstfahrzeug bewilligt, schließlich trägt er das finanzielle Risiko für den u.U. Totalverlust eines Invests.

Bis hierher wird also gar nichts gespart, und schon gar nicht entgehen dem Staat irgendwelche Steuern, denn: Der Staat holt sich ja die Einkommenssteuer auf nicht in Geld ausgezahltes Gehalt, er profitiert also. Sie als Nutzer könnten es auch so sehen: Im Grunde genommen stottern Sie den Kaufpreis des Fahrzeuges – bei 50% Grenzsteuersatz – etwas über 16 Jahre in monatlichen Raten ab, und Sie bezahlen die Raten in Form von Steuern an den Staat. Wichtiger Unterschied: Das Fahrzeug gehört Ihnen danach trotzdem nicht, und Sie dürfen es auch nicht einfach unter seinem Gebrauchtwagen-Marktwert von Ihrem Arbeitgeber erwerben, sonst bekommt dieser Besuch vom Finanzamt (wegen Steuerhinterziehung, da unversteuerter geldwerter Vorteil für den Erwerber). In dieser komplexen Angelegenheit von ‚Privileg‘ oder ‚Rabatt‘ zu sprechen ist einfach unseriös.

Gespart wird auf Nutzerseite tatsächlich (erst) dann, wenn die Unterhaltskosten des Fahrzeuges (Abschreibung, KfZ-Steuer, Versicherung, Betriebsstoffe, Werkstatt, ggf. Unfallreparatur …) vom Arbeitgeber übernommen werden. Das können und wollen sich meist nur große Betriebe für ihre Führungskräfte leisten, und es muss der Gerechtigkeit halber auch gesagt werden, dass diese Aufwendungen dann in vielen Fällen im Dienstwagen- oder sogar im Arbeitsvertrag als Gehaltsbestandteil benannt werden. Werden diese Kosten nicht übernommen, ist selbst ein 1%-Dienstwagen in der Rentabilität jedem komplett privat bewirtschafteten Fahrzeug unterlegen. Dann bleibt in der Bilanz nur die Verringerung des Protzaufwandes übrig, zweifellos für viele schon attraktiv genug.

Nur auf der Seite des Fahrzeug-Unterhaltes entgehen dem Staat Steuern gegenüber einer ’normalen‘ Privatnutzung: Da diese Kosten dem Unternehmen – im Unterschied zu Privatpersonen – als Betriebsausgaben anerkannt werden (zweifellos eine Grauzone), werfen sie keine Mehrwertsteuer ab. Und an dieser Stelle, und nur hier, kann bei Anschaffung und Unterhalt teurer Fahrzeuge schon ganz schön was zusammenkommen. Ob man das mit den von Ihnen genannten 3 Milliarden Euro beziffern kann, weiß ich nicht.

Das Thema besitzt große populistische Attraktivität und – wegen der oftmals als Dienstwagen gefahrenen Wohnzimmer – einen hohen Neidfaktor, der aber in erheblichem Maß auf dem weitverbreiteten Unverständnis des zugrundeliegenden Steuermechanismus beruht. Und gerade deshalb sollten wir diese Dinge sorgfältig behandeln. – Matthias Wagner

 

Der Artikel läßt eine wesentliche Frage unbeantwortet: was geschähe einer Partei, die die von Frau Blasberg befürworteten Verbote vor einer Wahl ungeschminkt in ihr Wahlprogramm aufnähme? Gibt es in irgendeiner existierenden Demokratie eine Partei, die sich das traut, und mit welchem Ergebnis? Und was wäre die Antwort auf die Frage an eine fiktive deutsche „Verbots-Partei“: „Wenn Ihre Verbote in Deutschland greifen, ist das Weltklima damit gerettet? Auch wenn z.B. China ein neues Kohlekraftwerk nach dem anderen baut?“ . . .

Abgesehen von den Fragen nach den möglichen Nebenwirkungen der befürworteten Verbote oder der Frage, wie der ÖPNV „ausgebaut“ werden kann, wenn ein Streckenneubau so viele Jahre beansprucht wie z. B. der Ausbau der „Radschnellwege“ in Hessen. Diese werden von den verantwortlichen Politikern ehrlich gewünscht (und finanziert), aber in den „Bürokratie-Mühlen“ total ausgebremst. Gutgemeinte Regeln wirken paradox: weil z.B. ohne ein Umweltverträglichkeitsgutachten (und, und, und . . .) kein neuer Radweg gebaut werden darf, wird er eben erst nach vielen Jahren verwirklicht. Ich fürchte, die von Frau Blasberg befürworteten Verbote würden ihre erhoffte Wirkung kläglich verfehlen – wenn zuvor denn das Wunder an den Wahlurnen geschehen sollte . . . – Friedrich Schweikert

 

Danke Frau Blasberg Ich wohne schon lange in Berlin seit 20j in Schoeneberg in ein anwohnerstrasse…tatsaetlich mit 24stunden parkverbot Ein Witz natuerlich nach angaben der Berliner Polizei….die muessen toleranz die Autofahrer gegenueber zeigen… die gasagt haben dass ein strafzettel fuer falschparker koennte die allgemeine ruhe stoeren !…die Steinmetzstr wo ich wohne leider gehoert clans und gangs die ein Pitsop brauchen mitten in der stadt..unverhindert von der polizei und die 2 leute die beim ornungsamt hier kontrollieren duerfen..wenn ueberhaupt

…wegen falschparker, die polizei sagen dass die einwohner hier das ornungsamt anrufen sollen oder dass die den falschparker eine warnung gegeben haben oder wenn ich mein ausweiss die polizei gebe, dann schreiben sie ein strafzettel ! oder dass wir in eine Grossstadt leben !! wo koennen leute parken im parkverbot hinter ein polizei wagen mit jemand DRIN, aussteigen , zum ziel laufen und zurueckkommen koennen, OHNE den stafzettel zu bekommen ?????

Der Punkt ist Autofahrer in Deutschland haben heilige status die haben die vorfahrt ueber fussgaenger wo es keine amplel gibt…zurueckbleiben fuer fussgaenger ist besser fuer die wirtschaft Es gibt kein tempolimit…weil die Grosse Koalition…dh Mercedes VW un BMV will keins so wenn ich hoere sachen wie…weniger autos in den Innenstaedten ich frage mich..WIRKLICH??? – Brian Agro

 

Weniger ist mehr. Für Autos gilt das hierzulande nicht, so verwandelt sich Deutschland langsam in einen riesigen Parkplatz. Die Förderung von E-Fahrzeugen kommt mir manchmal wie ein moderner Ablasshandel vor, denn auch sie benötigen Platz. Es wird zwar Verzicht gepredigt, politische Maßnahmen gegen die Autoflut kommen aber nur durch die Hintertür.

Über hohe Parkgebühren und die Verringerung von Stellplätzen kann man Autos aus den Innenstädten verbannen, das ist relativ einfach umzusetzen. Wie ungerecht solche Maßnahmen sein können, schildert Anita Blasberg eindrucksvoll und nun sind die Autos da und müssen auch abgestellt werden. In den Wohngebieten verschärft sich die Parkplatznot übrigens auch. Wohnmobile, die gefühlt 48 Wochen im Jahr wie festzementiert auf „ihrem“ Parkplatz ungenutzt herumstehen, Haushalte, die für Zweit – und Drittwagen Stellplätze brauchen. Eine vorgeschriebene Begrenzung der Fahrzeuge pro Haushalt ist politisch dennoch nicht durchsetzbar.

Eine deutlich höhere Besteuerung aber schon und ich verstehe nicht, warum diese Möglichkeit seitens der Politik nicht genutzt wird. Letztendlich kann der Individualverkehr nur dann eingeschränkt werden, wenn der öffentliche Nah- und Fernverkehr deutlich attraktiver und kostengünstiger wird. – Regina Stock

 

Anita Blasberg sieht die Verantwortung für die CO2-Emissionen in erster Linie bei den Regierungen. Warum nicht Regierung und Bürger gleichermaßen? Wenn Herr und Frau Jedermann nach Belieben heizen, duschen, reisen und konsumieren und damit auf 10 oder 20 t statt auf 2 t CO2 kommen, dann können sie das doch nicht der Regierung in die Schuhe schieben. Immer auf die anderen zu zeigen, ist Ausdruck der stillschweigend in Anspruch genommenen und gebilligten Verantwortungslosigkeit.

Blasbergs Vorschlag „Ein Auto je Haushalt“ gehört in dieses System: Es gäbe neue Bürokratie mit einen dicken Katalog an Ausnahmeregelungen, die letztlich nur ein Abbild des Ist-Zustandes wären. P.S.: Das hätte Frau Blasberg und der Redaktion auffallen müssen: In einem Absatz erklärt sie das Framing „CO2-Fußabdruck“ für sehr erfolgreich, dann schreibt sie „verfing allenfalls bei einer winzigen Gruppe“. – Giselher Propach

 

Welche ein schoener Titel, passend zu einem Beitrag, der mir aus der Seele spricht. Mir ist voellig unverstaendlich, wieso beim Klimaschutz entweder auf den Markt oder auf Anreize gesetzt wird, um das gewuenschteVerhalten zu erreichen. Bei seinen eigenen Finanzen ist unser Staat weit weniger schuechtern. Bei Lohnsteuer oder Mehrwertsteuer geht es nicht darum, die BuergerInnen durch Anreize zu bewegen sie zu zahlen. Sie werden einfach erhoben und direkt eingezogen und sich dem zu widersetzen gilt als Straftat. Wieso kann man nicht im Umweltschutz aehnlich vorgehen, anstatt gebetsmuehlenartig vor Eingriffen in die persoenliche Freiheit zu warnen und nach Anreizen oder dem Markt zu rufen? – Sabine Moehler

 

Anita Blasberg nimmt ganz stark und mutig die Politik ins Spiel. Ihre Überzeugung: Der Staat müsse in Sachen Klimaschutz deutliche Regeln vorgeben. Ich stimme Frau Blasberg aus meiner persönlichen Erfahrung im Bereich der Mobilität grundsätzlich zu. Zwar sind Freiwilligkeit und Anreize zum ökologischen Handeln zu fördern. Aber die Politik muss viel klarere Vorgaben machen und auch in manchen Bereichen auch Verbote aussprechen, also Grenzen setzen. Sonst wird die Zeit, die uns zum Gegensteuern beim Klima noch bleibt, nicht ausreichen. Sonst werden wir das Ruder nicht wenden! – Wolf Warncke

 

Mit der derzeitigen Berichterstattung über die Aktionen von Klimaaktivisten und eine entsprechend negative Resonanz in den Medien werden die jungen Leute diskriminiert bzw. sogar kriminalisiert. Die Folge ist eine Verschärfung der Gesetzgebung in Richtung Terrosimusbekämpfung. Das eigentliche The- ma, die Ursachen und Folgen der globalen Erderhitzung geraten dadurch im- mer mehr aus dem Blickfeld bzw. werden sie nochmehr als bisher medial ver- nachlässigt. Ich bitte Sie, diesen Themenkomplex und insbesondere die Ursachen und Fol- gen der globalen Erderhitzung stärker ins Blickfeld zu nehmen und ähnlich intensiv zu behandeln wie etwa das Thema Corona. Vielen Dank. – Conrad Fink

 

Vielen Dank für diese Aufforderung an Politiker, einfach Politik zumachen. Ich sehe es genau so, dass der CO2-Preis einfach dazu führen würde, das Reiche und Superreiche (und sehr einkommenststarke Leute einfach weiter machen wie bisher. Und wer nicht genug Geld hat, verliert seine Feiheiten. Und das gilt für alles, was einfach über den Preis geregelt wird. Ich habe eine Idee dazu, zumindest bezüglich CO2. Es sollte jeder Bürger ein CO2-Budget erhalten. Eine Art Guthaben, das z.B. mit einer Karte ähnlich einer EC-Karte für Geldguthaben jeder mit sich herum trägt. Wenn man irgend etwas konsumiert, wird das entsprechend des verursachten CO2 Ausstoßes abgebucht (sollte auch für importierte Waren und Dienstleistungen gelten.)

Der CO2 Ausstoß durch einen gestreamten Film ebenso wie für einen Flug, die Neuanschaffung von Autos etc. Auch Flugbenzin für private und kommerzielle Flugzeuge, Gas, Strom (je nach Energiemix des bezogenen Stroms), Klamotten, Luxusgüter, Lebensmittel und so weiter. Zu Beginn sollte jeder ein Budget haben, was dem Durchschnittsverbrauch entspricht. Wer sein Budget nicht verbraucht, kann es versteigern (eigene Börse) Wem es nicht reicht, kann sich dort eindecken, wenn es dort etwas zu kaufen gibt. Das Budget müsste von Jahr zu Jahr kleiner werden. Angespartes könnte erhalten bleiben für eine gewisse Zeit.

Dann hätten auch arme Leute mal was, womit sie spekulieren können ;-) Wer sparsam ist, kriegt was dazu, wer viel verbraucht muss kaufen. Die wirklichen Vielverbraucher, die den Durchschnitt gewaltig heben, merken das dann wenigstens und werden vielleicht anfangen nachzudenken, was sie tun werden, wenn es immer weniger Zertifikate gibt. Unternehmen werden darüber nachdenken, CO2-sparende Produkte zu entwickeln, weil das dann ein ernsthafter Faktor bei Kaufentscheidungen würde. So würde eine klare politische Ansage in ein Marktgeschehen münden, bei dem tatsächlich alle die gleichen Chancen haben.

Der vegane Radfahrer hätte riesige Spielräume. Der Hobbyflieger mit SuV und Swimmingpool würde schnell an seine Budgetgrenzen stoßen und könnte nicht mehr umhin, darüber nachzudenken, seinen Konsum so einzuschränken, dass er noch entsprechnd Zertifikate erwerben kann. Auch hier werden die Reichsten die letzten sein, die sich einschränken müssen. Aber es fände gleichtzeitig ein Umverteilung von Ressourcen statt. Vielleicht würe das übertragbar auf Platz in der Stadt? Jeder Bürger bekommt ein Kontingent. Wr es nicht braucht kann es versteigern? Das Kontingent wird nach und nach reduziert. Eine Utopie. Vielleicht eine gute? – Fritjof Möckel

 

„Eine Demokratie, in der nicht gestritten wird, ist keine“ – steht über dem Artikel. Dann will ich mal mitstreiten: Ein freier Fuchs in einem freien Hühnerstall ist genauso wenig wünschenswert wie ein Verhuhnungszwang mit vegetarischer Umerziehung für alle Füchse. Freiheit bedeutet nicht, dass man jederzeit tun und lassen kann, was man will. Jedoch wird die obsessive Bevormundung der einen, um die Befindlichkeiten der jeweils anderen zu schützen, schließlich die Freiheit an sich und für alle zum Verschwinden bringen. Echte Freiheit erhalten bedeutet, dass das Individuum Verantwortung übernimmt für seine Wahl und für seine Entscheidungen. Und dass das Individuum die Konsequenzen seiner Entscheidungen und seiner Handlungen selbst tragen muss, auch wenn das bedeutet, dass sich nicht alle menschlichen Schicksale gleich entwickeln.

Leute verlangen Vorschriften, weil sie die Bereitschaft ihrer Mitmenschen, Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen, anzweifeln, weil sie Angst haben oder weil ihnen selbst das Thema Verantwortung egal ist. Leute verlangen mehr Gesetze, Verbote, Kontrollen und Strafen, weil sie nicht vertrauen wollen. Sie wollen eine automatisierte, „maschinelle“ Lösung in der Art eines vorgefertigten Uhrwerks, das dann einfach mechanisch abtickt und alle zufrieden stellen soll.

Eine Gesellschaft, die sich für alles und jedes Regeln ausdenkt, die für alles und jedes Vorschriften, Verbote und Gesetze erlässt und die für jedes erdenkliche Risiko im Leben Ausgleichszahlungen aus Umverteilungstöpfen verlangt, lehnt es im Grunde ab, dass Individuen eigenständig entscheiden und selbst Verantwortung übernehmen sollen. Eine solche Gesellschaft fordert ausschließlich Anpassung an ein immer mittelmäßigeres Mittelmaß.

Sie lähmt jede individuelle Initiative und verwandelt sich stufenweise in eine mit Vorschriften, Verboten und Strafmaßnahmen durchgetaktete Gefängniskolonie. Und darin besteht die eigentliche Gefahr. Es sind diejenigen, die in ihrem Herzen Sklaven sind, die notorisch darauf bestehen, dass auch alle anderen in Ketten gelegt werden. – Stephan Gebhardt-Seele

 

Sie sprechen bzw. schreiben mir aus der Seele: Es ist Aufgabe der Regierung bzw. des Gesetzgebers, dafür zu sorgen, dass Schaden von der Bevölkerung und künftigen Generationen abgewendet wird, nicht meine Privataufgabe. Und das darf der Gesetzgeber ruhig mit Ge- und Verboten bewerkstelligen und nicht nur mit positiven oder negativen Anreizen. Ich bin es inzwischen ziemlich leid, mich ökologisch sowie hinsichtlich der Gesundheit und des Tierwohls möglichst korrekt zu verhalten und dafür häufig mehr Geld zu zahlen als andere Menschen, denen ihre Mitmenschen und künftige Generationen offenbar herzlich egal sind.

Schließlich könnten der Gesetzgeber und die Regierung ganz einfach durch Gesetze und Verordnungen und engmaschige Kontrollen erzwingen, dass u. a. keine großen und umweltschädlichen Wagen mehr gebaut werden bzw. auf den Straßen Deutschlands fahren dürfen, dass es Geschwindigkeitsbegrenzungen gibt, dass Nutztiere artgerecht gehalten werden, dass Fertiggerichte nicht vorwiegend aus Fett, Zucker und Salz bestehen, entsprechend gesundheitsschädlich sind und letztlich die Gesundheits- bzw. Krankheitskosten in die Höhe treiben, dass Häuser vernünftig gedämmt werden, dass in den sogenannten sozialen Netzwerken nicht jede Menge Fehlinformationen/Lügen verbreitet werden usw. usf.

Eine Steuerung des Verhaltens über Ge- und Verbote mag zunächst unbeliebt sein, aber sie ist wirksam: Nahezu alle Autofahrer*innen legen z. B. inzwischen den Gurt an. Die Vergötzung des „Marktes“ und der „Freiheit“/Freiwilligkeit geht mir allmählich mächtig auf die Nerven. Meine Freiheit endet dort, wo die Freiheit der anderen Menschen beginnt. Wenn ich ein großes und schnelles Auto fahre, das viel Kohlendioxid – und sonstige Abgase – emittiert, schade ich damit anderen Menschen. Es ist die Pflicht der Politiker*innen, diese Schädigung mit wirksamen Maßnahmen zu verhindern. Bloße Anreize sind meistens nicht hinreichend wirksam. – Dr. Ulrich Willmes

 

Eigentlich wäre es recht einfach, die politische Auseinandersetzung mit der AFD zu führen, die der FDP-Politiker Kuhle zu Recht einem Parteiverbot vorzieht. Denn die Politik der AFD ist zutiefst widersprüchlich: Etwa in der Rentenpolitik fordert sie Beitragsnachlässe von 20 000 Euro pro Kind für Eltern, sowie die Integration von Beamten in die gesetzliche Rentenversicherung – andererseits lehnt sie eine Besteuerung von Kapitalerträgen zur Finanzierung dieser Vorhaben ab.

Das Problem ist nur: die Politik der demokratischen Parteien ist genauso widersprüchlich. Statt Ziele zu verfolgen – etwa weniger Autos in Innenstädten – und bei der Verfolgung dieser Ziele auch Konflikte mit mächtigen Lobbies in Kauf zu nehmen, nimmt sich der Staat aus dem Spiel, indem er an vielen Brandherden zugleich hektisches Krisenmanagement betreibt, das möglichst niemandem wehtun soll.

Gerade die FDP – deren individualistisches Freiheitsverständnis Pate stand für den libertären Autoritarismus der AFD – blockiert mit Händen und Füßen eine zielgerichtete Politik, indem sie gegen angebliche Verbotspolitik Front macht und Steuererhöhungen für Reiche zur Stabilisierung des gesellschaftlichen Zusammenhalts kategorisch ausschließt. Damit macht sie sich zum Anwalt des individuellen Egoismus – bei der FDP heißt das „Eigenverantwortung“. Dieser Hang zum Populismus ist aber in allen Parteien – sowohl in den Ampelparteien als auch in der CDU/CSU – zu finden, weshalb sie strukturell unfähig zur von Kuhle reklamierten politischen Auseinandersetzung mit populistischen Ideen sind.

Gerade die Klimakrise böte eigentlich schon genug Anlass, das erratische Krisenmanagement für Wohlstandsbürger auf ein echtes, langfristiges Krisenmanagement – bestehend aus Prävention und Adaption – anzupassen. Aber auch hier tut sich wenig, wo sind denn die monatlichen Bund-Länder-Runden, welche die Anstrengungen zum Ausbau der erneuerbaren Energien bündeln? Statt dessen gibt es regelmäßige Updates zum Füllstand der Gasspeicher. Da sind wir bei 100%, also alles halb so schlimm ? – Dr. Dirk Kerber

 

Zu Ihrem Artikel habe ich eine Frage: Sie schreiben „Wer einen Benzin-Geländewagen der Mercedes-G-Klasse als Dienstfahrzeug anmeldet, erhält pro Monat einen Steuererlass von 1116 Euro.“ Wie ist das bitte zu verstehen?? Meiner Kenntnis nach würde derjenige, der das Auto als Dienstfahrzeug fährt, bei einem angenommenen Listenneupreis von 111.600 Euro und der 1%-Regelung einen geldwerten Vorteil von 1116 Euro versteuern. Real sind das bei Spitzenverdienern dann 42% davon als Steuerlast. Das unterscheidet sich doch fundamental von Ihrer Steuererlass-Erzählung.

Ich bitte um Aufklärung. Nach Ihrer Lesart klingt es ja so, als würde das teure Auto direkt zu Steuerermäßigungen führen. Kann ich nicht nachvollziehen. Als jahrzehntelange Dienstwagenfahrerin weiß ich, dass ich bei preiswerteren Autos mehr für meinen Geldbeutel tue als bei teuren. Als Frau war mir das immer wichtiger als Geld für Status auszugeben. – Juliane Duvigneau

 

Haben Sie selbst den Anfang Ihres Artikels gelesen? Ich frage, denn bei ihren Anregungen zu Lösungsvorschläge in der zweiten Hälfte des Artikels haben Sie nur Punkte gebracht die erneut „das üble Klischee, dass Ökologie unsozial sei“ bedienen. Unsozial oder spaltend zwischen Stadt- und Landbevölkerung.

Keiner der genannten Vorschläge (autofreien Tage, Zahl der privat nutzbaren Autos pro Haushalt) löst Probleme der Menschen auf dem Land! Auch Streichungen von Pendlerpauschalen nicht! ZUERST müssen Voraussetzungen für geschaffen werden, dann können Restriktionen auferlegen werden. Es wäre zu Begrüßen wenn unsere urbane Bevölkerung, welche aus guten Gründen (Bundestag, Landtag, Redaktionen) in Politik und Medien überrepräsentiert ist, sich des Lebens außerhalb von Großstädten bewusst wird. Bewusst werden heißt verstehen! Nicht nur das Beispiel mit der Kollegin im Schichtdiesnt nennen und dann ignorieren ( weil es ggf. nicht wirklich verstanden wurde, da man diese Realität nicht kennt). – Eric Theisinger

 

Vielen herzlichen Dank für Ihren wunderbaren Kommentar: Verkehrspolitik: Weniger Wagen wagen, vom 21.11.2022. Unser Wille und damit der Wille der Politik, etwas zu verbieten wird auch untergraben durch die Darstellung von gesellschaftlich relevanten Themen in den Medien. Es is ein den Medien inherent innewohnendes Problem: Medien verführen uns viel zu oft zum Nichtstun auf der einen Seite oder zur Panik auf der anderen.

Unsere Wahrnehmung von der Wirklichkeit wird durch die von den Medien in unseren Köpfen ausgelösten Bilder gefährliche entstelt. Dadurch liegt der Focus unserer Reaktionen öfter bei der Bestreitung von Symptomen anstatt der Ursachen. Vor allem wenn es um systemrelevante Themen wie flüchtende Menschen, Energieversorgung oder die Klimakatastrophe geht.

Bezüglich des Letzteren werden wir nie entsprechend den Anforderungen der Wirklichkeit handeln, wenn Medien immer nur über: „Erderwärmung“ (endlich erwärmen sich meine Finger wieder in der kalten Wohnung), „Erderhitzung“ (die Erde ist ein bisschen hitzig und alle Kinder und Lehrer haben bald noch viel mehr Hitzefrei!), „Klimawandel“ (mein Lebenswandel ist jetzt besser, der von der Erde wird schon auch noch) und „Klimakrise“ (ich hab 5 mal am Tag auf der Arbeit meine Krise), reden und schreiben.

Wenn keiner die KATASTROPHE beim Namen nennt, verhöhnen wir die Opfer der Katastrophen im Arhtal, in Pakistan und anderswo. Wir wollen Preise deckeln, aber uns mit der Wirklichkeit und dem dringend notwendigen Umbau unserer Lebensgewohnheiten befassen wollen wir nicht. Die Klimakatastrophe ist eine immer größere Medienkatastrophe. Bei uns nehmen nur die Klimaaktivist*innen die Klimakatastrophe als wirkliche Katastrophe wahr. In den Medien und in der Politik fallen zu oft die Begriffe „Klimawandel“, „Klimakrise“, „Erderwärmung“ oder „Erderhitzung“.

Mit „Wandel“ (Lebenswandel), „Krise“ (ich krieg 5 mal am Tag ne Krise), „Erwärmung“ oder „Erhitzung“ werden in der öffentlichen Wahrnehmung harmlose bzw. reversible Vorgängen konnotiert. Damit wird die Klimakatastrophe von etwas katastrophalem zu etwas harmloseren bzw. Vorübergehendem herabgestuft. „Die Zeit“, nennt ihre Rubrik über die Klimakatastrophe sogar maximal verharmlosend „GREEN“, was eher nach Gartenkolumne klingt. Wir wissen schon längst, wie katastrophal, unumkehrbar und vernichtend die Klimakatastrophe sein wird, dennoch benennen die Medien sie nicht so, sondern halten sie uns mit harmloseren Wörtern auf Abstand.

Damit bleiben wir passiv abwartend in unseren Konsummustern gefangen, wissend, dass derweil die Katastrophe ungebremst immer größere Ausmaße annehmen, immer verheerender sein wird. Dabei könnten wir so viel mehr dagegen tun, als wir aufgrund der verharmlosenden Wörter bereit sind zu tun. Ihre journalistische Arbeit verkommt durch die geschaltete Werbung nur allzu oft zu einem Gerüst, einer Litfaßsäule, an der Reklame für besonders umweltschädliche Luxusprodukte wie Autos, Flugreisen und „fast fashion“ angeschlagen wird. In diesem Sinne…

Spielen die Medien sowohl den Biedermann als auch den Brandstifter. Ist der Sommer auch noch so heiß, sind die Klimakatastrophen, die Hitze-, Dürre-, Flutopfer auch noch so zahlreich, alle Medien berichten weiterhin „schön ausgewogen“ nach dem Motto von Hanns Joachim Friedrichs: „Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache – auch nicht mit einer guten Sache; dass er überall dabei ist, aber nirgendwo dazugehört.“

Unter diesem Deckmäntelchen der Neutralität macht man sich dann aber doch zum willfährigen Botschafter des Konsums: „So viel Negatives ist unseren Kunden nicht zuzumuten und bloß keine zu deutlichen Aufrufe zum Verzicht, sonst verprellen wir unsere zahlungskräftigen Inserenten!“ (So lassen sich die Antworten zusammenfassen, die ich von Spiegel und Zeit erhalten habe). Aber die Medien sind in Marshall McLuhan`s Sinne schon längst die Botschaft: „The medium is the message“ https://en.wikipedia.org/wiki/The_medium_is_the_message.,

„Wer versucht, unpolitisch zu sein, ist politisch ohne es zu wollen.“ (Rosa Luxemburg). In allen Medien wechseln sich nämlich Klima-Katastrophenmeldungen in schöner Regelmäßigkeit ab mit glücklich machenden Beiträgen. Nach der „Tagesschau“ mit tausenden Flutopfern kommt „Das Traumschiff“ zum Wegträumen auf exotischen Reisen mit Flugzeug und Kreuzfahrtschiff. Die passende „Mein Schiff-Aida-Reklame“ inklusive! Nach jedem erschreckenden Bericht wird doch wieder verlockend das neueste SUV besprochen oder die letzte wilde Bucht für einen exotischen Urlaub angepriesen!

Nach den sachlichen Berichten über immer schneller schmelzende Gletscher, verschwindende Arten und zunehmende Katastrophen berichten Medien ebenso neutral über die Weigerung der Politiker, dem Wunsch der Mehrheit nach einem Tempolimit nachzugeben. Sie berichten ebenso sachlich über das Ausbremsen des Artenschutzes, um stattdessen Getreide für billigen Fleischkonsum anzubauen. Genauso sachlich werden die wiederholten Forderungen für möglichst billige Energie aus fossilen Quellen wiedergegeben. Diese „sachlichen“ Aneinanderreihungen mildern die Schrecken der Klimakatastrophe ab, sie lassen uns verwirrt zurück: „Ist Konsum jetzt doch nicht so schlecht?“

„Warum soll ich verzichten, wenn es so viele andere auch tun, so sehr dafür geworben wird und selbst die Politik und Medien wollen das ich es auch tue?“ Verwirrt und zweifelnd verharren wir als Konsumenten, werden gegenüber den Schreckensnachrichten immer passiver und geben uns dafür immer aktiver unserem eigenen kleinen Glück, dem Konsumieren hin. Dabei wäre nichts so effektive wie unser individuelle Wille, unser individuelles Handeln, siehe: https://www.sueddeutsche.de/projekte/artikel/wirtschaft/energie-energiekrise-strom-gas-oel-e670572/?reduced=true

Wir brauchen eine Kehrtwende, um die Klimakatastrophe abzuwenden. Diese muss bei uns selbst beginnen. Aber das geschieht nur, wenn uns die Medien eine entsprechende Dringlichkeit vermitteln. Aber genau daran fehlt es. Nach diesem Katastrophen-Sommer blieb in den Medien der Aufschrei aus, vielmehr wird in den Medien der Rückzug ins Private zelebriert, es werden Sonderheft über Mode, Design, Kunst, e.t.c. herausgegeben aber kleines in dem steht wie wir alle mithelfen können diese Erde gerechter und lebbarer zu machen? Kein einziges wichtiges Medium wie, Der Spiegel, Die Zeit, SZ, FAZ oder die öffentlich rechtlichen machen ein Sonderheft oder einen Sendetag 100% Klima-ehrlich. So ein Heft sollte auf Umweltschutzpapier (Blauer Engel) gedruckt und für Büro und Druckerpresse oder Studio 100% Ökostrom gekauft werden.

Zu jedem vorgestellten Artikel, Produkt, Reise oder Tätigkeit sollte benannt werden, was der damit verbundene Klimaschaden ist, nicht um zu Schulmeistern und zu Belehren, sondern um zu informieren. Gleiches sollten bei jeglicher Werbung vermeldet und klimafreundliche Alternativen benannt werden. Dafür würden sich auch Partner finden, die in einem solchen Heft oder an einem solchen Sendetag gerne ihre umweltfreundlichsten Produkte anstatt der luxuriösesten und schädlichsten bewerben wollen, z.B. VEGANE Rügenwalder Teewurst statt SUV`s, klimafreundliche Kleidung statt Dior.

Medien müssen anderen ein Vorbild und ein gesellschaftlich relevanter Vorreiter sein. In diesem Sommer ist in Europa dreimal so viel Wald verbrannt wie im Durchschnitt der letzten 10 Jahre. Medien sollten nicht nur mit Mode und Lifestyle provokant und innovativ sein, sie sollten Furore machen, mit einer Weltpremiere groß rauskommen und Konkurrenten hinter sich lassen. Aber keine der anerkannten Medien will (auf eine positive Weise) in die Schlagzeilen kommen.

solch ein Sonderheft, einen Sendetag mit vorbildlicher Klima-Ehrlichkeit überhaupt versuchen zu machen, wobei dies eigentlich das höchste Gebot der Stunde wäre! Es würde was kosten, es ist viel Arbeit und tut vielleicht weh, aber so ist Klimaschutz nun mal, wer jetzt immer noch nichts tut, wird später noch viel mehr Kosten, Arbeit und Leid erfahren. Anstelle ein gesellschaftlicher Vorreiter zu sein, verschanzen sich die Medien hinter Zweifeln und selbst verschuldeter Unwissenheit. Stehlen sich von ihrer moralische Verantwortung davon wie ein Dieb in der Nacht!

Niemand traut sich als Erster zu rufen, dadurch traut sich niemand aus der Deckung, bleiben die Zweifel. Kein Medium möchte Geschichte schreiben, keines mit einem solchen Statement seine Möglichkeiten ausloten, Unsicherheit und Zweifel wegblasen. Kein Medium will für sich und Ihre Leser gesellschaftlich relevant vorantreibend sein. Viel mehr verharren alle im hinteren Drittel, manche heimlich andere unabsichtlich bremsend. Kein einziges Medium versucht einen „Sustainability Challenge“ so wie es die Luftfahrt schon tut: https://www.youtube.com/watch?v=F0L2tvtm9Qg

Das Hamburger Zeitmagazin, hatte schon einmal eine Weltpremiere . Sie druckte Ende der 90er Jahre als erstes Medium überhaupt ein Magazin mit dem Blut von vergewaltigten Frauen des Jugoslawienkrieges. Damit wollte die Redaktion eine gesellschaftliche Debatte lostreten über die strukturelle Gewalt gegen Frauen. 2016 kam das österreichische Magazin „Vangardist“ damit sogar weltweit in die Schlagzeilen: https://www.theguardian.com/society/2015/may/06/blood-from-hiv-positive-people-used-to-print-austrian-magazine. Wartet Sie jetzt erst auf den steigenden Meeresspiegel, um dann ein Magazin mit dem Blut der Ertrinkenden zu drucken?

Wenn die Medien jetzt weiterhin versuchen, unpolitisch zu sein, sind sie politisch, ohne es zu merken! (Rosa Luxemburg). Verharren die Medien ebenso tatenlos wie wir Konsumenten? Lehnen sie genauso jegliche Eigenverantwortung ab? Betten Sie weiterhin jeden zukünftigen Artikel über die Klimakatastrophe ein in eine Vielzahl von Artikeln, die Konsum und Verbrauch von fossilen Energien gutheißen, dann verhalten sich die Medien ähnlich wie bei der Argumentation gegen das Rauchen in öffentlichen Räumen. Sie verharmlosen unnötig lange die wahre Schädlichkeit und verzögern damit das gesellschaftliche Bewusstsein über das Ausmaß des Problems und damit wichtige politische Entscheidungen.

Um das nötige Bewusstsein zu erreichen brauchen wir klima-ehrliche Medien. Gerade jetzt ist ein fruchtbares Zusammenspiel von uns allen, den Medien und der Politik nötig. Was möglich wäre, zeigen die Beispiele des Kühlschranks ohne FCKW und der Glühbirne. Ersterer wurde lange durch die Industrie verhindert mit dem Argument: „Das ist technisch unmöglich.“ Erst als Greenpeace 1992 medienwirksam die Werbetrommel für den FCKW-freien Kühlschrank eines Herstellers aus Sachsen rührte und dafür in kürzester Zeit 100.000 Bestellungen bekam, zog die West-Industrie nach und wurde FCKW in Kühlschränken per Gesetz verboten. Bei der Glühbirne fragten die Bürger erst nach sparsamen Leuchtmitteln.

Der Markt reagierte mit teuren, hässlichen und kümmerlichen Produkten. Einige kauften diese trotz aller Nachteile, aber die meisten bevorzugten weiterhin die viel billigeren Glühbirnen. Als 2010 der politische Druck zum Energiesparen größer wurde, niemand wollte noch mehr Kraftwerke und Hochspannungskabel, kam 2010 ein EU-Glühbirnenverbot. Die Anbieter reagierten und wir freuen uns jetzt über die vielseitigen Anwendungen und die größere Zuverlässigkeit der heutigen Lampen.

Wollen wir die Klimakatastrophe verhindern, dann braucht es einen klima-ehrlichen Markt, bewusst entscheidenden Konsumenten und eine Politik, die mit effektiven Gesetzen dem Markt Klima-Ehrlichkeit abverlangt. Aber zuallererst müssen wir hierfür das nötige Bewusstsein erreichen und gerade dafür brauchen wir vor allem kritische und klima-ehrliche Medien. Diese dürfen nicht die fatalen Fehler wiederholen, wieder blind in die gleichen Fallen tappen, wie in der Vergangenheit bei der Diskussion um die Schädlichkeit des Rauchens.

Jedes Kind versteht, dass wir ab jetzt sparen müssen. Wir müssen immer und überall sparen, ganz gleich wie sinnvoll es uns erscheint, denn der sparsame Umgang mit allen Ressourcen der Erde ist moralisch immer richtig angesichts wachsender Bevölkerungszahlen mit wachsendem Wohlstand. Jedes Kind versteht das, nur wir handeln immer noch so, als ob es diese Wahrheit nicht gäbe.

Auch wenn wir nicht durchschauen was die aktuellen politischen Regeln aus unserem Sparen machen, lohnt es sich, z.B. importiert Frankreich unseren Solarstrom, wenn ihre Atomkraftwerke abgeschaltet werden, da ihnen wegen Hitze und Dürre ungenügend Kühlwasser aus den aufgeheizten und vertrockneten Flüssen zur Verfügung steht. Unsere privaten Solaranlagen liefern dann Strom an die immer zahlreicheren privaten französischen Klimaanlagen.

Ein Beispiel aus meiner Berufswelt: Wie klimaschädliche Steuergeschenke unsere Gesellschaft spalten. Bitte sehen Sie auch die im Anhang beigefügten Informationen zur Luftfahrt. Ich bin selbst Pilot, aber die derzeitige Steuerfreiheit für luxuriöse Flüge finde ich äußerst unzeitgemäß. Dass 1% der Bevölkerung luxuriöseste Reisen unternimmt und dabei steuerfrei 50% des weltweiten Kerosin verbrennt während Arme für jeden Kilometer, Energie-, CO2-, Öko- und Mehrwertsteuer bezahlen, ist höchst unsozial und spaltet unsere Gesellschaft. Es blockiert auch die Entwicklung der Luftfahrt zu mehr Klimafreundlichkeit.

Es ist jetzt höchste Zeit für eine ehrliche Steuer für den Gebrauch von fossilem Kerosin in der Luftfahrt. Wie wichtig der Einfluss von uns Bürgern ist, macht gerade das Fliegen deutlich. Airbus verspricht in 20 Jahren für die Kurz- und Mittelstrecke ein klimaneutrales Wasserstoffflugzeug, aber noch keine einzige Airline will es kaufen.

Davon abgesehen planen weder Airbus noch Boeing in den kommenden 20 Jahren überhaupt andere, klimaschonende Modelle. Viel lieber kaufen die Airlines modernisierte Airbus A320 und Boeing 737, also Flugzeuge, deren ursprüngliche Konzeption aus den 80er bzw. 60er Jahren stammt. Interkontinentale Flüge fliegen zu ca. 60%(!) von und nach Europa und verbrauchen ca. 80%(!) des europäischen Kerosins, aber auch dafür wird es in den kommenden 20 Jahren kein neues Modell geben.

Die dafür verwendeten Airbus A330NEO und Boeing 777 stammen aus den 80er Jahren, die Airbus A350 und die Boeing 787 aus den 2000er Jahren. Dabei erwarten Airbus, Boeing, die Luftfahrtorganisationen IATA und ICAO aber mindestens eine Verdoppelung der bestehenden Flotte bzw. des Passagieraufkommens. Also wird die Luftfahrt 2030 und 2050 das gesteckte Ziel weit verfehlen bald mehr als doppelt so viel CO2 ausstoßen wie heute.

Weiterhin werden diese, einem Diesel-SUV ähnelnden, Flugzeuge mit Vollgas über die interkontinentalen Luftstraßen düsen. Neue, radikal sparsame Flugzeugkonzepte bleiben ungenutzt. Gerade deshalb sind jetzt unsere individuellen Entscheidungen so wichtig. Wenn Konsumenten nun sagen: „Das Produkt lehne ich ab, egal wie billig oder schädlich es ist“, nutzen Sie einen der zur Verfügung stehende Wege, effektiv Einfluss aus zu üben. Wie schon in der Vergangenheit verschwinden dann Produkte, die niemand mehr nachfragt oder sie werden verbessert. Dafür ist jetzt gerade bezüglich der Luftfahrt höchste Zeit. – Klaus Siersch

 

Sehr gut! Endlich traut sich jemand auszusprechen, was seit Jahrzehnten überfällig ist: die Zahl der Autos zu reduzieren. Ein paar Anmerkungen habe ich noch: – eine sozial gerechte Parkgebühr liesse sich über die Formel: niedriger Grundpreis multipliziert mit der vom jeweiligen Auto beanspruchten Grundfläche multipliziert mit der PS-Zahl realisieren. – Nach dem Schema kann auch die Berechnung der Kfz-Steuer erfolgen. So könnten die Verursacherhaftung endlich Einzug in den Verkehrsbereich halten.

Auch sollten die wahren Betriebskosten eines Kfz breiter diskutiert werden. Im Frühjahr wurden Gesamtkosten für den Betrieb eines Autos veröffentlicht, die auch für Kleinwagen während ihrer Lebenszeit bei 500.000 € lagen. Die natürlich nicht von den Fahrer*innen aufgebracht werden, sondern von allen Steuerzahlern. Eine breite öffentliche Debatte erfolgte nicht. Vielleicht wollten interessierte Kreise das nicht. Die Illusion des billigen Transports für alle soll aufrecht erhalten werden, auf Kosten der nicht Autofahrenden, unserer Städte und der Umwelt.

Die Politik müsste eigentlich zukunftstaugliche Mobilitätssysteme entwickeln lassen und auch deren Einsatz fördern, wenn sie denn die Interessen aller Bürger*innen verträte. Bisher leider bei allen Parteien Fehlanzeige. Offensichtlich ist der Einfluss der Automobilindustrie in Deutschland derart groß, dass die Politik nur kuscht und nur deren Interessen vertritt. Die Aussage, dass ohne Verbote keine Änderungen des Verbraucher*innen Verhaltens zu erwarten sind, ist leider nur zu war. Verbraucher*innen reagieren nur auf den Preis. Allerdings bringt es auch nichts, auf die Politik zu setzen → s.o.

Das Beispiel der abgelehnten Einführung des Tempolimits auf Autobahnen spricht Bände: laut Aussage unseres Verkehrsminister habe man nicht genügend Verkehrschilder. ????? Wozu braucht es Verkehrsschilder, wenn das Tempolimit für das gesamte Autobahnnetz eingeführt wird. Abschließend ein Vorschlag zur Kostensenkung: Auflösung des Kraftfahrbundesamtes, das seinen Aufgaben nicht gerecht wird. Weder hat es eine nennenswerte Rolle bei der Aufdeckung und Aufklärung des sogenannten Dieselskandals geleistet, noch hat es die Einführung von Autos verhindert, die für deutsche Verkehrsinfrastruktur zu groß sind.

Ausblick: die Diffamierung der Klimaaktivisten in vielen Medien und durch Politiker sowie die Förderung der Anschaffung überdimensionierter E-Autos mit Steuergeldern zeigt wohin die Reise geht: staatlich geförderte Aufrechterhaltung des automobilen Terrors. Die notwendige Entwicklung menschen- und umweltfreundlicher Transportmöglichkeiten wird in Deutschland nicht erfolgen. Damit sieht die Zukunft ziemlich düster aus. – Robert Sturm

 


 

 

Leserbriefe zu „»Was wir tun, lohnt sich kaum noch«“ protokolliert von Martin Machowecz

 

Mit der Einführung von Hartz IV wurde entgegen der damaligen politischen Diskussion, vor allem in den Medien, kein Sozialabbau betrieben. Es war entgegen der Absicht und der Zielsetzung der damaligen Bundesregierung unter der Führung des Bundeskanzlers Gerhard Schröder, SPD, tatsächlich das glatte Gegenteil. Der ursprüngliche Regierungsentwurf wurde im Bundestag so weich gespült und geändert, dass es der komfortabelste Ausbau des Sozialstaats wurde. Zwar lief die Reform unter der Überschrift „Fordern und Fördern“, aber statt die Menschen in Arbeit zu bringen, eröffnete Hartz IV den Weg zu einem gesellschaftlichen Mindesteinkommen bzw. Grundeinkommen, das Arbeit verhöhnt und Nichtstun belohnt.

Denn nicht der Regelsatz prägt die Existenz von Hartz-IV-Empfängern, sondern ein umfangreiches System von Zusatzleistungen (Miete, Heizkosten, Krankenversicherung, Befreiung von den Rundfunkgebühren, Mehrbedarfszuschläge, Sonderzuschläge usw.). Außerdem hat dieses System die Möglichkeit eröffnet, sein monatliches Einkommen aufzustocken. Mit der Einführung des Bürgergelds soll nicht nur der Regelsatz erhöht werden, sondern auch ein relativ hohes Schonvermögen berücksichtigt und der Sanktionskatalog reduziert werden.

Schon mit Hartz IV hat sich Deutschland von der Leistungsgesellschaft verabschiedet und den verhängnisvollen Weg zur Anspruchsgesellschaft eingeschlagen. Leider gibt es neben den wirklich Armen auch Trittbrettfahrer, die sich in der soialen Hängematte einrichten. Das Bürgergeld wird dazu führen, dass die Zahl der Leistungsempfänger steigt. – Dr. Hermann Nanz

 

Es ist das perfide Spiel, das leider in allen westlichen Gesellschaften funktioniert und die Rechten und Rechtsextremen nach oben spült: Wer wenig Geld hat und dafür hart arbeiten muss, wirft den Blick nach unten und neidet all denen, die noch weniger haben ihr kärgliches Auskommen. Schade, dass Frau Seitz ihren Fokus nicht auf Wirtschaftskriminalität, das gigantische Ausmaß von Steuerhinterziehung und die politisch gewollte Privilegierung hoher Einkommen, Vermögen und Erbschaften richtet. Dem gesellschaftlichen Zusammenhalt wäre das sicher dienlicher. – Dr. Mathias Siekmeier

 

Die sprudelnde Wut von Frau Seitz kann man gut nachempfinden, ihre genauso strotzende Lebensenergie bewundern. Nur: die Schuld an der Situation von Handwerksbetrieben dem Bürgergeld anzulasten, ist zu kurz gegriffen. Natürlich rechnen die guten Bürger und Bürgerinnen des Kapitalismus, bei welchem der gegebenen Möglichkeiten sie am meisten profitieren. Und in einer Gesellschaft, in der Angebot und Nachfrage das Geschäftsleben bestimmen und zudem Menschen „die Eigenart [haben], zuallererst am Essen zu sparen“, leiden natürlich Fleischereibesitzerinnen besonders.

Die Politik kann in einer scharf rechnenden Gesellschaft Arbeit attraktiver machen, indem der Mindestlohn so weit erhöht wird, dass es sich eben lohnt arbeiten zu gehen. Auf die Werte einer Gesellschaft hat die Politik allerdings wenig Einfluss: Wie soll sie Menschen dazu bringen, Essen mehr zu würdigen als den neuesten Fummel oder das Freizeitmotorrad? – John Stevens

 

Das Streitthema Bürgergeld wurde von Kolja Rudzio in zwei Zeitausgaben gründlich beleuchtet, und man kann dort wohl alle in der öffentlichen Debatte vorgebrachten Argumente nachlesen. Vielen Dank dafür. Unter Anderem stellt er die Frage, ob dies schon der Einstieg in das bedingungslose Grundeinkommen ist. Er verneint er dies zwar zu recht, aber er wird der besonderen Funktion eines Grundeinkommens nicht gerecht, wenn er schreibt „Letzlich dreht sich der Streit um das Bürgergeld also auch um die Frage, wieweit man allein auf diese Eigenmotivation (zu arbeiten) setzt oder doch zumindest ergänzend Regeln und finanzielle Anreize für notwendig hält.“

Hierbei wird ausgeblendet, dass gerade das bedingungslose Grundeinkommen, also das denkbar regelärmste Instrument, dem Anreiz zu arbeiten weniger schadet als alle herkömmlichen „gezielten“ oder „gerechten“ Sozialleistungen. Das Wesen der Bedingungslosigkeit ist, dass ein Arbeitseinkommen zu keinerlei Kürzungen der Sozialleistungen führt. Der Fleischermeisterin Nora Seitz (gleiche Ausgabe „Was wir tun lohnt sich kaum noch“) würde es zum Beispiel wesentlich besser gehen, und ihren Mitarbeitern bliebe berechtigter Frust erspart, weil ihr Einkommen viel höher über dem Grundeinkommen läge als über Harz-IV oder dem geplanten Bürgergeld. Natürlich ist das Grundeinkommen „teuer“, wenn man den Brutto-Geldfluss betrachtet.

Aber der Netto-Fluss von oben nach unten, der für den eigentlichen sozialen Zweck benötigt wird, ist vermutlich wesentlich geringer als bei den gegenwärtigen Konzepten (weniger Verwaltungsaufwand, geringerer Hängematteneffekt). Sollte sich herausstellen, dass sich zu Viele mit dem Grundgehalt begnügen und dem Arbeitsmarkt fernbleiben, kann und muss durch Absenkung des Grundgehalts nachgesteuert werden. Es wird sicher immer ein kleiner Rest bleiben an Lebenskünstlern oder psychisch Beeinträchtigten, die nicht arbeiten wollen oder können. Wenn es nur eine Randerscheinung ist, kann unsere Gesellschaft damit leben, so wie wir schon lange damit leben können, dass es auch einige hochbezahlte Jobs gibt, deren Nutzen für die Gemeinschaft fragwürdig ist. – Dr. Gerhard Peters

 

Der Ärger und der Frust von Frau Seitz sind zwar emotional nachvollziehbar, aber aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist ihr Ansinnen trotzdem vergeblich: Frau Seitz kann ihre Fleischerei ohne Selbstausbeutung – und ohne die Selbstausbeutung ihrer Mutter und ihrer Großmutter – offenbar nicht rentabel betreiben, weil die hinreichend kaufkräftige Kundschaft fehlt. Als Konsequenz müsste sie entweder den Betrieb dorthin verlagern, wo es hinreichend kaufkräftige Kundschaft gibt, oder ihn schließen.

Es wird Frau Seitz und ihrem Betrieb jedenfalls selbst dann nicht besser gehen, wenn das Schonvermögen auf null reduziert wird und die Regelsätze gekürzt statt erhöht werden. Den inhaber*innengeführten Fleischereien und Bäckereien sowie den kleinen inhaber*innengeführten Geschäften und den bäuerlichen Familienbetrieben widerfährt derzeit, was bereits den Tante-Emma-Läden widerfahren ist: Die großen Unternehmen vernichten die kleinen. – Dr. Ulrich Willmes

 

Wenn immer mehr Bürger unseres Landes, die wie die Fleischermeisterin aus Chemnitz mehr als 40 Wochenstunden, oft auch nachts und am Wochenende arbeiten, das niederschmetternde Gefühl beschleicht, daß sich ihre verantwortungsvolle Mehrarbeit kaum noch lohnt; daß sie mit weniger Arbeit eine ausgeglichenere work-life-money-balance erreichen; daß sie selbst mit dem Bürgergeld, etwas Zugewinn und gelegentlichem Griff ins Ersparte ein zwar bescheidenes, aber stressarmes kontemplatives Leben führen können: dann trifft unseren Staat ein gewaltiger negativer Doppelwumms: die Wirtschaft bricht ein, das soziale Sicherungssystem zusammen!

Die Ausschüttungen aus dem staatlichen Füllhorn werden immer spärlicher, weil die Steuerquellen nicht mehr sprudeln, sondern nur noch tröpfeln! Natürlich muß jedem, der unverschuldet in eine Notlage geraten ist, geholfen werden; wer aber arbeiten kann, der sollte, notfalls mit sanftem, nachhaltigem Druck vom Arbeitsamt, sich einen Ruck geben! Sonst könnte eines Tages die Solidarität zwischen Steuerzahlern und Bürgergeldempfängern zerbrechen! – Dr. med. Ulrich Pietsch

 

Ich kann Frau Seitz in all ihren Argumenten gut verstehen. Das Problem liegt jedoch tiefer. Über die letzten 20 Jahre hat der Euro die Hälfte an Kaufkraft verloren. Durch Corona kamen jetzt noch einmal 10 Prozent und mehr an gestiegenen Preisen dazu. Die wirtschaftlichen Gewinne fliessen nicht dem Gemeinwohl zu, sondern landen auf den Konten der sehr wohlhabenden Gesellschaft bzw. den großen internationalen Konzernen, die zusätzlich mit faulen Tricks zu geringe Steuern zahlen. Die Folge dieser Entwicklung sind die zunehmende Schere zwischen Arm und Reich und die damit verbundene Ohnmacht, Wut und Überforderung vieler ArbeitnehmerInnen.

Kein Wunder, wenn aus dieser Stimmung und dem zunehmenden Streß heraus eine Verweigerungshaltung „Null Bock“ entsteht. Die unteren Einkommensschichten haben kein Geld, um sich qualitätsvollere Produkte zu kaufen, so auch kein Fleisch in Ihrer Metzgerei oder das bessere Brot beim Bäcker. Damit sinkt der allgemeine Lebensstandard und der Lebensraum gegenseitiger Anerkennung, was wiederum in Extremfällen zur geistigen Verwahrlosung führt. Dringend notwendig ist also eine finanzielle Umverteilung, um ein wirtschaftliches, soziales und kulturelles Gleichgewicht wieder herzustellen! – Walter Moritz

 

Der Streit ist eine Farce, das Bürgergeld ist einfache Ablenkung vom Wesentlichen und ändert nicht viel. Zwar repariert die SPD das Nötigste (?) an dem was in HartzIV verbockt wurde, aber das Grundproblem bleibt ungelöst. Der Mindestlohn reicht gerade so zum Leben, einem HartzIV oder „Bürgergeldempfänger“ kann man aber kaum weniger geben, damit es für Ihn auch zum Leben reicht. Also wie schafft man einen Unterschied?

CDU / FDP und auch SPD wollen die billigen Mindestlohnarbeitskräfte für die Wirtschaft behalten, also den Mindestlohn nicht z.B. um 2€ erhöhen, damit die überschlägige Rechnung ein einfaches Ergebnis liefert und klar ist, dass Arbeiten besser ist. Problem gelöst. Das Argument gegen 2€ mehr Mindestlohn ist ja der Untergang der deutschen Wirtschaft. Im Kalkül eingepreist ist schon, dass natürlich viele Mindestlohnempfänger lieber arbeiten als HartzIV zu beziehen und deswegen das System mit HartzIV für Wirtschaft und Staat finanziell funktioniert.

Zur nötigen Abschreckung vor HartzIV leistet man sich einen immensen Verwaltungszirkus, wo die linke Hand nicht weiß was die Rechte macht und den die Ämter selber kaum verstehen. Der wird natürlich auch beim zukünftigen Bürgergeld bleiben, nur anders sein. Ich verstehe Fr. Seitz aber nicht, wieso Sie als Mitglied einer christlichen Partei, so ein Problem damit hat, wenn sich jemand das nimmt was ihm zusteht, auch wenn es gefühlt ungerecht sein könnte. Man muss alles nehmen was einem zusteht, das lernen wir hoffentlich endlich von den Spitzenkräften in Politik, Verwaltung und Wirtschaft, trotz einer gefühlten Ungerechtigkeit es nicht verdient zu haben. – Dieter-Josef Walter

 

Wenn jemand 80 Stunden in der Woche arbeitet, dann benötigt diese Person Hilfe, da ihr Leben aus dem Ruder gelaufen ist. Das meine ich nicht ironisch oder sarkastisch, sondern mit ehrlichem Mitleid. Was diese Person über die Gesellschaft denkt, bietet wahrscheinlich keine Lösung für gesellschaftliche Probleme, sondern muss sehr skeptisch betrachtet werden. Eventuell findet man hier sogar Ursachen für gesellschaftliche Probleme. Ich würde das Gleiche sagen, wenn diese Person gar nicht arbeiten würde, obwohl sie könnte. – Christian Fahn

 

Bitte mehr davon! Eine Art offener Brief einer verzweifelten Inhaberin einer Fleischerei im Osten der Republik. Ein leiser Protest gegen die immer schneller um sich greifende Verteilmentalität einer SPD geführten Regierung. Das was hier verteilt werden soll muss von den fleißigen Handwerkern, Industriearbeitern, Angestellten mit deren Steuern bezahlt werden.

Von 5,6 Mio Hilfsempfängern sind in diesem Land 3,6 Mio erwerbsfähig! Aber gehen nicht arbeiten. Obwohl es an allen Ecken an Personal fehlt. Ich habe selbst erleben müssen, welch kümmerlicher Prozentsatz junger „Hilfsbedürftiger“ mit artverwandten Vorkenntnissen sich auf eine von der Agentur für Arbeit geförderte Ausbildungsinitiative überhaupt gemeldet hat.

Frau Seitz hat so recht, wenn sie als einzige Profiteure den Staat selbst und diejenigen, die sich in ihrer Anspruchsmentalität weiter bestärkt sehen, erkennt. Ja Arbeit kann und soll auch erfüllend sein. Mit dem Bürgergeld steigt für viele Beschäftigte jedoch das Frustpotential beim direkten Vergleich mit der sinnbildlichen Hängematte. Helft allen, die es wirklich nötig haben, nach den vorliegenden Zahlen 1,8 Mio. Alle Anderen dürfen gern zum Wohlstand dieses Landes weiter beitragen.

Übrigens hat man schon einmal vor gut 100 Jahren ein wenn auch sicher größeres Sozialheer mit Dauersubventionen ruhig gestellt, fleißig Geld gedruckt und die (Kriegs)Anleihen der Mittelschicht durch die immer raschere Geldentwertung nicht mehr bedienen müssen. Sieger war vorübergehend der Staat und kurzfristig auch die subventionierte Arbeiterschaft, was danach kam, ist sattsam bekannt. Die Reichsmark war das Papier nicht mehr wert, auf dem sie stand. Man kann einwenden, dass dies nicht mit Heute vergleichbar sei? Ich denke schon. Erste Parallelen sind kaum noch zu übersehen. – Thomas Harnisch

 

Nora hat ja soo recht .DieSozialverbän- de reden immer nur von den 502,-€ , und müssten immer dazu die Mieten ,Zu- schüsse rechnen . Denn wer , als Arbeitnehmer , über den Sozialdaten verdient, muss die Miete etc. selbst aufbringen .Und das ist der Posten ,der die Ungleichheit ausmacht . – M. Fetting

 

Zur Ausgabe Nr. 47 Aufmacher S. 1 „Das Bürgergeld bestraft jene, die hat schuften“, S. 26 „Was wir tun, lohnt sich kaum noch“, S. 27 „Ist das wirklich schon das Grundeinkommen“: Ich finde es betrüblich, dass auch die ZEIT schon im Aufmacher die Bürgergeld-Debatte mit spalterischen Begrifflichkeiten befeuert: auf der einen Seite die (noch) Arbeithabenden, die nicht nur schuften, sondern „hart schuften“; auf der anderen Seite die Arbeitslosen, die aus Kalkül nicht mehr arbeiten wollen.

Nur noch einmal zur Erinnerung: Arbeitslosigkeit macht alles, aber nicht glücklich. Wenn ich während meines Berufslebens aus den tausenden Gesprächen mit arbeitslosen Menschen eins gelernt habe, dann das. Menschen, die länger arbeitslos sind, haben eine um mehrere Jahre (!) verkürzte Lebenserwartung und leiden doppelt so oft unter Angsttörungen und Depressionen, wie Menschen, die arbeiten.

Auch die tapfere Fleischermeisterin, die Sie als Musterbeispiel für „Hart schuftend und Bürgergeld (für andere) als Strafe empfindend“ vorstellen, hat ein Recht darauf, dass sie nicht selbst bestraft wird, sollte sie einmal auf Bürgergeld angewiesen sein. Sie sollte nicht ins Bodenlose fallen, falls sie ihr Geschäft schließen muss und arbeitslos wird. Sie sollte auch nicht sofort ihre Wohnung räumen müssen oder ihre Ersparnisse aufbrauchen, sondern ihre Kräfte darauf konzentrieren können, eine neue, geeignete und auskömmliche Arbeit zu suchen und zu behalten.

Ich möchte Ihre Wirtschaftredaktion das Buch Ihrer Redaktionkollegin Anna Mayr „Die Elenden“ ans Herz legen, wo sehr präzise beschrieben wird, was die spalterischen Begrifflichkeiten mit Betroffenen machen. Oder, noch besser: Sie bitten Frau Mayr um einen Gastbeitrag. – Dr. med. Gabriel Ehren

 

Betreibt Martin Machowecz eine Fleischerei unter einem Pseudonym? – Sven Herfurth

 

Wundert sich wirklich noch jemand darüber, wie viele Menschen AfD wählen? – Dr. Gerhard Ballé

 


 

 

Leserbriefe zu „ICH HABE WAGNER ÜBERLEBT“ von Andrea Petković

 

Eine ganze Zeitungsseite voll kultiviertes Unwissen über Wagners Ring des Nibelungen. Schon das ist komplett überflüssig. Dann, wenn es um Wagners Schriften geht, auch noch unwissende Besserwisserei. Für alle, die sich im Leben je wenigstens ein bisschen Mühe gaben, sich in diese Kunst hineinzudenken und zu -hören, ist der Artikel eine Anmaßung. Für Leute, die sich bei der Arbeit Mühe geben, ist dieses Feulleton eines Promis aus dem Sport ebenso unerträglich wie eine abgeschriebene Doktorarbeit eines politischen Promis. – PD Dr. Rainer Bayreuther

 

Ein toller Artikel. Artikel zum Thema Musik sind fast nie die Mühe wert, sie zu lesen. Dieser Artikel ist sehr anders. Vielleicht mache ich das auch Mal. Warum nicht? Wagner? Das könnte ein tolles Erlebnis werden. Ich höre mir gerne auch Mal Klassik im Konzerthaus an, aber Zuhause höre ich meistens anderes. Nicht unbedingt Rock’n’Roll, aber egal, es scheint ähnlich zu sein, wie bei Ihnen. – Christian Fahn

 

Gebt der Frau Petkovic einen Vertrag auf Lebenszeit und ganz viel Platz! Sie kann es einfach! Chapeau! – Thomas Ladewig

 

Gut, Frau Petkovic! Weiter so!!, Bravo. – Ina Büssing

 

Bravo Petko, für die subtile Analyse und Positionierung des germanischen hero Richard Wagner im gesellschaftlichen Kontext. Die bekennende Rock -’n – Roll Vetreterin A. P. kann sich der musikalischen Wucht Wagners nicht entziehen, das geht mir teiweise auch so. Die Kritik der Autorin an Sprache und ideellem Bombast Wagners sowie die Ironisierung des Bildungsbürgertums, das sich – noch nicht – überlebt hat, finden meine volle Zustimmung. – Gerd Zimmer

 

Fachliche Kompetenz scheint für einen Artikel im Feuilleton der „Zeit“ nicht zwingend erforderlich zu sein, wie anders wäre sonst der Beitrag von Andrea Petkovic in Nr. 47 zu erklären? Dass ihr die genannte Eigenschaft in diesem Fall fehlt, teilt sie im Text zur Genüge selbst mit. Ein Besuch der Oper in Sydney von vor 10 Jahren und dass sie den Walkürenritt aus dem Kino kennt, macht’s nicht ganz wett.

Aber es geht ihr ja auch gar nicht um Wagner, sein Werk oder die „bizarre deutsche Kulturpraxis“, sondern, wie auch schon in früheren Beiträgen, um ihre Selbstfindung in der Post- Tennis Phase. Schließlich war ja ein Grund dafür, die Aufführung zu besuchen, ihr Bedarf an „neuen körperlichen und emotionalen Herausforderungen“. Gegen die Selbstfindung an sich wäre ja nichts einzuwenden, aber könnte sie nicht woanders stattfinden? Und die Bemerkung, dass sie besser deutsch spreche als die meisten Deutschen ist, „seien wir mal ehrlich“, mindestens überflüssig. Meine Bitte an die Redaktion: Nicht noch mehr davon! – Manfred Gutmann

 

Ein toller Text! – Gösta Niedderer

 

Man braucht kein Wagner-Fan zu sein, um diesen Artikel als gehaltlos zu empfinden. Frau Petkovč soll intelligente Artikel über Tennisturniere schreiben, aber nicht mit oberflächlichen, unzusammenhängenden Beobachtungen (das Ehepaar ohne Maske, der eventuelle Philipp Amthor, der sich an der Nase kratzende Paukist, kurz darauf die unvermeidlichen Bemerkungen zu Wagners Antisemitismus) einen Beitrag über den Ring des Nibelungen verfassen. Hat die ZEIT keinen seriösen Musikwissenschaftler oder -kritiker auftreiben können, um uns dieses Werk, seine Aufführung und Interpretation zu erklären und gleichzeitig das Niveau des Feuilletons, das beinahe nur noch aus persönlichen Ein- und Auslassungen besteht, etwas anzuheben? – Prof. Michaela Böhmig

 

„Ich habe Petkovic überlebt“. Zitat 1: “ (Ich spreche) besser Deutsch als viele Deutsche“. Zitat 2: „…die Sydney Opera, die vor genau zehn Jahren die letzte Oper war, die ich besucht habe“. Zitat 3: “ Ich habe Richard Wagners Schriften gelesen, damit Sie das nicht machen müssen“. Einfach nur grauenhaft! Wie schafft es eine Person, deren berufliches Leben sich bisher zwischen Tennisplatz und Hotel abgespielt hat, in das Feuilleton der Zeit??? – W. Hesse

 

Familiär (keine bekennenden Wagnerianer) bricht Begeisterung aus. Famos, fulminant dieser Text oder um Prince zu zitieren „Superfunkycalifragisexy“. Welch ein Genuss, welch ein sprachliches Feuerwerk – da feiern die Synapsen. Inhalt und Sprache so eins und so selten zu lesen im Blatt. Dass es auch um Wagner geht – geschenkt. Und ich male mir noch aus, was für ein Text nach einem Konzertbesuch bei The Dead Weather oder The Kills entstanden wäre. – Dr. Hubert Müller

 

Ich ziehe meinen gutbürgerlichen Hut (den ich nicht besitze) vor Ihnen! 16 Stunden am Stück (oder mit nur geringen Pausen) schaffe ich nur, wenn Olympia auf dem Programm steht. Mein Rekord steht sogar bei 19,5 Stunden, wobei ich gestehen muss, dass ich einen Satz des olympischen Tennisdoppelfinales, als Schüttler / Kiefer gegen die Chilenen verloren, nur schemenhaft in Erinnerung habe, weil ich ein wenig weggedämmert war. In den entscheidenden Momenten war ich allerdings dann wieder hellwach.

Wagner oder überhaupt eine Oper (abgesehen von „Hänsel und Gretel“ und vielleicht der „Zauberflöte“) würde ich jedenfalls nicht ohne bleibende Schäden überleben. Oper steht für mich auf einer Stufe mit Heavy Metal. Ich glaube, dass beide Stile sehr eng miteinander verwandt sind, vor allem in ihrer übertriebenen Theatralik. Den gewissen Kulturdünkel, um nicht zu sagen die Arroganz, den / die Sie da festgestellt haben, habe ich auch schon einmal mitbekommen, als ich die „Antigone“ in Hannover sehen wollte. War dann leider schon ausverkauft.

Als ich in der Schlange vor der Kasse stand, mokierten sich einige ältere Herrschaften darüber, dass ein paar Jugendliche in Jeans (ganz normale handelsübliche, nicht einmal zerrissene) ins Theater gehen wollten. Statt sich darüber zu echauffieren, sollte dieses selbsternannte „Bildungsbürgertum“ lieber froh sein, dass sich junge Menschen von sich aus (von irgendwelchen Lehrer-/innen oder dergleichen war jedenfalls nichts zu sehen) für einen solchen Stoff bzw. fürs Theater überhaupt interessieren. Ich war innerlich ziemlich aggro drauf, konnte mich aber nicht überwinden, diesen Herrschaften mal meine Meinung zu geigen.

Oper scheint mir von der Garderobe her aber leider doch noch etwas elitärer zu sein. Abgesehen von ein oder zwei Opernbesuchen per meinen ehemaligen Schulen war ich erst ein weiteres Mal auf eigene Faust dort zu Gast. Allerdings stand damals keine Oper auf dem Programm, sondern Gerhard Polt und die Biermösl Blosn und dafür wäre man in einem Smoking (oder was auch immer man für ausreichend „gutbürgerlich“ hält) wohl ein wenig overdressed gewesen. Ich bin zwar mittlerweile auch schon über 50, also in dem Mindestalter, das man nach Ihren Beobachtungen dafür wohl üblicherweise erreicht haben sollte, aber wenn die Oper zwingend diese Art von Dresscode verlangt, dann kann sie mir auch weiterhin gestohlen bleiben. Beim Folkpunk, den ich bevorzuge, sind solche Vorschriften eher unerheblich.

Als Gegengift zum Antisemiten Wagner empfehle ich übrigens Claude Lanzmanns Dokumentation „Shoah“, die ich einmal in zwei Teilen beim NDR und einmal sogar als Einteiler (9 Stunden, wenn ich der Angabe im Netz trauen kann) bei arte gesehen habe. Danach ist man tatsächlich immer wieder für sehr lange Zeit erst einmal erledigt, ich würde aber in diesem Zusammenhang niemals behaupten, dass ich den Film überlebt habe …

Ich lese Ihre Kolumnen immer gerne, weil Sie das Abenteuerliche beim Erkunden unterschiedlichster Kulturphänome sehr gut vermitteln. Von Rock und Pop über Literatur bis hin zur „Hochkultur“ ist ja alles dabei. Und der Humor und die (Selbst-)Ironie, die das Ganze würzen, gefallen mir ebenfalls. Mit dem Verlassen eines Messeparkplatzes (Sie deuteten in der Kolumne zu Jarvis Cocker an, dass Sie möglicherweise rechtlich belangt werden könnten.) hatte ich auch schon einmal Probleme. Zum Glück ist die Expo in Hannover schon über 20 Jahre her. Bei mir müsste das mittlerweile juristisch verjährt sein. – Thomas Manthey

 

Erst wollte ich den Artikel nicht lesen; warum mir so etwas antun, wenn ich mich gar nicht für Wagner interessiere? Aber der Tennis-Star Andrea Petkovic hat mit dem ersten Satz gewonnen. Zwar nicht meine Zuneigung für den Komponisten, aber meine Neugier auf weitere toll geschriebene Beiträge! – Johannes Wilke

 


 

 

Leserbriefe zu „Seelsorge“ von Cathrin Gilbert

 

Cathrin Gilbert zerschlägt den maroden, wurmzerfressenen heiligen Altar des Fußballs. Mit gleich mehreren gut platzierten Schüssen erteilt sie diesem Globalgeschäft eine vernichtende Niederlage. Gewinner bleiben die Hauptbeteiligten trotzdem: die schmutzigen internationalen Fondsmanager, die Unternehmen in den einzelnen Ländern, und die für ihr Nischentalent unglaublich hoch dotierten jungen Mitarbeiter. Es bleibt ein Traum von Abertausenden weltweit in diese Elite aufzusteigen.

Die Kunden vor dem Monitor, Bildschirm und in den Austragungsorten ist es mehrheitlich egal, was hinter der Bühne geschieht: sie wollen einfach unterhalten werden und kaufen sich immer wieder diesen 90-minütigen Rausch. Der Profifußball ist längst kein „Sport“ mehr. Dieses Märchen wird aber gerade auch durch Medienunternehmen mit aufrecht erhalten. Sie berichten über Fußball in Sendungen mit Namen wie „Sportschau“ und in Zeitungen in der Rubrik „Sport“. Richtig platziert wäre der Fußball im Börsenreport und dem Wirtschaftsteil. – John Stevens

 

Sie beschreiben den Fußball zutreffend als ein Abbild unserer Gesellschaft und die Leidenschaft der Zuschauer als Sehnsucht nach Zugehörigkeit. Daß die Sehnsucht von einem Club von weltweit zusammengekauften Spielern erfüllt werden kann, die für Geld in beliebige Länder und beliebige Vereine wechseln, daran darf gezweifelt werden. Und die mafiosen Strukturen in den internationalen Verbänden und die speziellen Interessen in den Vereinsführungen lassen die Zweifel eher noch wachsen. – Dr. Walter Engel

 

Geld regiert die Welt. Natürlich auch immer mehr den Fußball. Die schönste Nebensache der Welt ist gerade im Profibereich zu einer erfolgreichen Gelddruckmaschine verkommen. Werte wie Anstand, Respekt, Fairness und Freundschaft sind zu zynischen Behauptungen mutiert. Der Fan und/oder der Zuschauer ist in vielen Fällen eine geduldete, folkloristische Begleiterscheinung die um gute Bilder und Stimmung willen in Kauf genommen wird. Um keine Mittel an Fernsehgeldern zu verlieren wurde in Pandemiezeiten auch ohne Zuschauer in Stadien und Arenen Profi-Fußball gespielt!

Die unsägliche und zur Unzeit stattfindende Weltmeisterschaft in Katar 2022 ist nur die Spitze eines Eisberges in der heißen Wüste. Angesichts des europäischen Winters dient sie nur der wundersamen Geldvermehrung der Fifa in der Adventszeit. Von diesem Geldsegen schon zu den Zeiten der WM-Vergabe 2010 hat offensichtlich auch der DFB profitiert. Von Bayern München seinem Sponsor Vertrag und Trainingslagern in Katar ganz zu schweigen. Die Herren Beckenbauer und Rummenigge haben ja bei diversen Besuchen in Katar keine schlechten Arbeitsbedingungen und Menschenrechtsverletzungen gesehen durch die rosarote Brille mit Dollarzeichen in den Augen und teuren Uhrgeschenken am Handgelenk.

Das Bier, um vor Ort die klimatisierten Stadien auszuhalten, wird es dem Vernehmen nach gar nicht geben. Dafür allerdings einen gigantischen Beitrag zur Produktion von CO2 mit einem Klima-Fußballschuhabdruck immenser Größe. Keiner muckt ernsthaft auf. Einige hochrangige deutsche Politiker wollen zur WM nach Katar reisen um den Kotau für Gas und Öl zu verstärken und den Autokraten das zu geben was sie wollen: Internationale Anerkennung. Was soll das und wer bezahlt das? Die WM der Schande wird auch zur WM der Verfestigung von neuen Abhängigkeiten. Gas/Öl und Spiele. So dekadent wie im alten Rom. SOS!!! – Felix Bicker

 

Bei der Ablösung seinerzeit von Blatter dachte ich wirklich, jetzt wird es bei der FIFA besser. Welch ein Irrtum!! Es wurde das Turnier an eine Nation vergeben, die sich alles erkaufen konnte, ohne selbst jedwede Fußballkultur zu haben. Man könnte diese WM auch eine Meisterschaft der Heuchler nennen. Wie kann man einem Infantino nur so viel Narrenfreiheit zugestehen, um solchen Unsinn in seinen Statements öffentlich auszusprechen, der zum Größenwahn tendiert. Jeder weiß und wusste doch, was menschenrechtlich in Katar abging. Gäbe es einen milliardenschweren Inuit (Eskimo), der mit reichlich Schmiergeld winken würde, dann würde Infantino die nächste WM auch am Nordpol stattfinden lassen! – Kurt (Curd) Nickel

 

Nun denn – „Asche aufs Haupt“ oder besser „noch`n Kübel Fäkalien“; der sog. Internationale Fußball mit der FIFA an der Spitze ist an Verkommenheit nicht mehr zu überbieten, sieht man einmal vom Monster eines Putin ab, der sich nicht zu schade ist, Zigtausende Menschen in den sicheren Tod zu manövrieren und eine ganze Nation ihrer Existenz zu berauben, die ganze Welt zu gefährden.

Blatters „Symphatie“ für Qatar, d.h. die 500 Millionen Dollar, die die korrupte FIFA für die Vergabe der Fußball-WM erhalten hat, die 200 Milliarden Dollar, die Qatar angeblich für die Sportzentren und anderes ausgegeben hat, sprechen Bände, die Perversion noch zu unterstreichen. Dies hat mit Fußball nichts mehr gemein, geht es nur noch um Macht und „Kohle“ für ein völlig marodes Konzept der FIFA, Blatter als übelste Vorgabe. – Rainer Rehfeldt

 

Was für ein Artikel, da kann ich nur sagen: Tooooor. – Hans Joachim Hühner

 

Sprechen wir mal klar und deutlich. In der Welt des Fußballs gibt es einfach keine nennenswerten Akteure, die über ein politisches Rückgrat verfügen. Nicht im Management oder im Trainerstab und auch nicht in den Führungsetagen jeweiliger Fußballvereine. Und schon gar nicht unter den Spielern. Das möchte ich einfach mal ganz ehrlich aussprechen. David Beckham? Pfeife!

Dass die Flut an halbgaren Boykotterklärungen, die gegenwärtig in den Gazetten zu lesen sind, bitte bald enden möge, ist meine tiefe Hoffnung. Ist sie doch nur schwer erträglich. Aber gemach. Werfen wir einen Blick auf unsere deutschen Vertreter des Sports. Was haben beispielsweise führende Fußballpersönlichkeiten wie Uli Hoeneß oder ein Karl-Heinz Rummenigge eigentlich großartig für die Menschenrechte getan? Die Pressekonferenz, in der sie in Art selbstherrlicher Sonnenkönige auftraten und im Despoten-Sprech Kunde darüber machten, ab sofort und in Zukunft journalistische Rechte beschneiden zu wollen, war nur peinlich. Vor allem zeigte es, dass sich die hohen Herren für Rechte anderer nur wenig interessieren. Malheur, Fauxpas. Nennen Sie es, wie sie wollen. Zum fremdschämen reichte es allemal.

Und wo wir doch gerade in der Säbener Straße halt gemacht haben. Für wieviele unterschiedliche Unternehmen macht Bastian Schweinsteiger eigentlich jetzt Werbung? Könnte der nicht mal stattdessen als ehemaliger Mannschaftskapitän vorangehen und für eine klare Haltung einstehen? Machen wir uns nichts vor. Die Welt des Fußballs bleibt am liebsten unter sich in ihrer ganz eigenen Blase. Bitte fern und weit weg vom politischen Weltgeschehen.

Denn zunächst geht’s immer erst mal um den Club, den Sport und natürlich um die Kohle. Solange die fließt, ist der Laden sicher, die Welt eine heile. Da kann auch noch so ein Weltenbrand über uns kommen. Zumindest stimmen Zaster und Zahlen. So sieht’s nämlich aus. Fußball als Isolation. Bubble Ball. Willkommen in der Welt des Sports. Wir glauben doch nicht allen Ernstes, dass jemand wie ein Cristiano Ronaldo, der im Fußball ebenso für seine königliche Eitelkeit bekannt ist, Besseres zu tun hätte, als sich um seine eigene Torbilanz und vielleicht noch die Frisur zu kümmern? Nun saß gleichnamiger erst kürzlich bei TV-Host Piers Morgan.

Was bescherte uns dieses Interview im Wesentlichen? Da war ein erwachsener Mann, der ganz weinerlich auf seinem Stuhl sitzt, und sich darüber enttäuscht zeigt, dass er bei Manchester United zuweilen nicht mehr in der Startelf vertreten ist. Eine Verschwörung habe man gegen ihn angezettelt. Der Rest, verzeihen Sie mir bitte, war im Grunde genommen nur noch Nabelschau. Ganz meisterhaft, wie man es von Ronaldo halt gewöhnt ist. Und dieses Gesicht steht also für den Weltfußball? Ah ja.

Menschen, die mit Mut vorangehen, Dinge beim Namen nennen und sich Ihrer Verantwortung als Führungsfigur bewusst sind, die sind heute rar. Doch hin und wieder sieht man sie. Wenn wir uns beispielsweise an die mutige iranische Kletterin Elnaz Rakabi zurück erinnern, die aus Solidarität zu den Protesten im eigenen Land ihr Kopftuch ablegte. Dann gab es da auch mal einen ziemlich talentierten Boxer namens Muhammad Ali, der nicht in den Vietnamkrieg ziehen wollte.

Oder denken wir mal bloß an den ehemaligen NFL-Quarterback der San Francisco 49ers Colin Kaepernick, als dieser sich am 14. August 2016 dazu entschied, während der US-amerikanischen Nationalhymne einfach unten zu bleiben. Ganz bewusst und entschieden wollte er damit ein Zeichen setzen. Ungeachtet der Konsequenzen, die sich daraufhin für ihn ergeben würden. Solche Sportler*innen sind echte Leader, die die Welt wirklich braucht, weil sie sich noch ihren Sinn für Aufrichtigkeit, Gerechtigkeit aber auch Tugendhaftigkeit bewahrt haben. Von denen brauchen wir mehr! – Michael Ayten

 

Ob man sich auf die WM freuen „darf“, wurde von vielen in den letzten Wochen geschrieben; es scheint, frei nach Karl Valentin, dass alles geschrieben sei, aber noch nicht von allen. Natürlich sollte eine Qualitätszeitung über das berichten, was ist. Und das sind selbstverständlich auch die eigentlichen Fußballspiele der laufenden WM. Doch darf denn gerade jetzt nicht gelten, warum (nur) in die Ferne schweifen, wenn das „Gute“ liegt so nah?

Denn wäre es nicht auch eine Gelegenheit, den Blick dahin zu richten, wo authentischer Fußball gezeigt wird, der sich aus Tradition, Überlebenskampf, Kreativität, Authentizität, Fantreue und Leidenschaft zusammensetzt, samt und sonders Werte, die man dem Profifußball zunehmend absprechen muss. So wünsche bestimmt nicht nur ich mir einen Blick in die 4. Liga (wo in allernächster Zeit zum Beispiel Alemannia Aachen gegen RW Oberhausen, Offenbacher Kickers gegen Wormatia Worms oder SpVgg Unterhaching gegen Wacker Burghause spielen) oder gar in die 5. Liga, wo sich Vereine wie Stuttgarter Kickers oder die SpVgg Erkenschwick finden.

Darüber kann und soll selbstverständlich auch kritisch berichtet werden, doch eines scheint im Gegensatz zu Katar kategorial anders zu sein: in diesen Ligen sind weder Korruption noch Ausbeutung die Geschäftsgrundlage. Und das ist allemal die eine oder andere Reportage wert. Ich freue mich, bald davon in der ZEIT zu lesen. – Dr. Jochen König

 

„Die armen Seelen, die kein MagentaTV haben.“ Ich stolpere schon seit Wochen über diese Werbung. Sitzen zwei Paare beim Essen zusammen und sprechen darüber, dass zu ihnen jetzt immer Menschen kommen, die die Spiele der WM anschauen wollen. In diesem Gespräch spricht Collien Ulmen-Fernandes von den „armen Seelen, die kein MagentaTV haben“, weswegen sie jetzt alle zu ihnen kommen.

Mich lässt das jedes Mal aufs Neue irritiert zurück: Bin ich eine „arme Seele“, weil ich mir kein MagentaTV leisten kann? Ich komme immer zu dem gleichen Ergebnis: In Bezug auf dieses Unterhaltungsangebot erlebe ich mich keines Falls als „arme Seele“! Stattdessen frage ich mich, ob nicht die Menschen „arme Seelen“ sind, deren Menschenrechte in Katar standardmäßig verletzt werden? Was ist mit den Menschen, die beim Bau der WM-Infrastruktur starben? Was ist mit Frauenrechten? Rechte von Homosexuellen? … Sind nicht das die „armen Seelen“?

Auf diese Überlegungen folgt immer noch ein zweiter Gedanke: Sind nicht ebenso diejenigen„armen Seelen“, die „Ja“ zur WM in Katar sagen? Die „Ja“ zu runtergekühlten Stadien sagen – knapp nach der UN-Klimakonferenz? Die „Ja“ zu eklatanten Menschenrechtsverletzungen sagen? Die „Ja“ sagen, wenn die Fußballverbände der westlichen Länder die Farce dieser WM mitspielen, anstatt für Werte einzustehen. Denn eins sollte diese WM uns allen schon lange gezeigt haben: Werte sind hübsch, solange sie gerade schick und bequem sind. Da scheinen dann gleich ganze Stadien in Regenbogenfarben. Nur in Katar ducken sich unsere Fußballverbände selbst vor einer winzige Armbinde weg, während die iranische Mannschaft bei aller realer, existenzieller Gefahr Größe, Mut und Rückhalt beweist.

Für mich steht außer Frage, dass die Köpfe der FIFA und alle, die die WM in Katar unterstützt haben, „arme Seelen“ sind. Doch: Sind wir nicht alle „arme Seelen“, wenn wir für ein bisschen Unterhaltung uns nicht gegen diese WM stellen und stattdessen völlig ungerührt die Spiele im Fernsehen verfolgen? Mit oder ohne MagentaTV. – Alena Weigand

 

Zu allem Überfluss an Würdelosigkeit, Scheinheiligkeit und Unverstand bei der Vergabe und der Durchführung dieser grotesken Fußball-WM hat sich FIFA-Präsident Infantino in einer Pressekonferenz vor dem Eröffnungsspiel als außerordentlich unreflektiert geoutet. Der willfährige Verzicht auf die „One-Love“-Armbinde, auch durch den DFB, ist da nur noch ein weiteres Indiz für eine lächerliche Vorführung; Infantilo ((sic)) lässt allenthalben grüßen. Dieses Event dürfte hiernach für die meisten Menschen allenfalls Makulatur sein. Für echte Sportfans indes ist es ein durchgehender Albtraum.

Der umfassenden Bestandsaufnahme des Weltfußballs im Herbst 2022 durch die werte Cathrin Gilbert folge ich also durchaus. Allerdings neige ich (noch) dazu, in dem beschriebenen Status Quo weniger den Wendepunkt zum Besseren als die Hoffnung, die zuletzt stirbt, zu sehen. Und auch, wenn es in diesem Kontext ein wenig dick aufgetragen wirken mag, sei auf Mahatma Ghandis Einsicht verwiesen: „Die Geschichte lehrt die Menschen, dass die Geschichte die Menschen nichts lehrt.“ – Matthias Bartsch

 

Meine Kurzformel: Infam, infantil, Infantino oder berüchtigt, kindisch, Gianni Infantino (*1970, Präsident der FIFA). Ist das Kind erst einmal in den Brunnen gefallen, dann sollte man keinen Versuch ungenutz lassen, um das Kind so schnell als möglich aus dieser misslichen Lage zu befreien. In Sachen Fußball-Weltmeisterschaft der Männer in Katar, da sind diese hilflosen Hilfeschreie jetzt, wie konnte das nur so weit kommen, irgendwie längst schon für die Katz.

Viele der angereisten Team empören sich jetzt über diese WM in Katar, aber dort hin gefahren sind die Fußballteams aus aller Herrenländer dann doch; wobei mein gewählter Begriff „Herrenländer“, wohl auch schon sehr aussagekräftig wäre und ist, gell meine Herren Scheichs! – Klaus P. Jaworek

 


 

 

Leserbriefe zu „Wer hat sie noch im Blick?“ von Johanna Schoener

 

Der Artikel ist ein Dokument des multiplen Versagens. Notstand: Bildung und Erziehung können auf längere Sicht im System Kita nicht zuverlässig gewährleistet werden. Anzeige gegen Unbekannt. Sieben Zeugen werden aufgerufen. Die Geschädigten – die Kinder – bleiben ohne Stimme. Die Verantwortung für das Versagen lässt sich nicht eindeutig zuordnen. Irgendwie hängen da alle mit drin. Und Kindswohlgefährdung lässt sich erst nachweisen, wenn das Kind in den Brunnen gefallen sein wird. Ist es nicht schon längst so weit? Worauf warten wir noch? Wo bleiben die Rettungsschirme? Am Ende der Aufruf zu einer Art Generalstreik. Eine Utopie. Wer streikt schon gegen sich selbst. – Reinhard Koine

 

Dass kleine Kinder „Wurzeln brauchen…“, ist immer schon bekannt gewesen, dass nur wenige dieses im Blick haben, ist die traurige bundesrepublikanische Wahrheit seit Jahren! Wir bevorzugen (meistens) die Massenkindhaltung für die Kleinen der arbeitenden Eltern – und gaukeln Müttern und Vätern (zertifizierte) gute Betreuung und vorschulische Bildung für ihren Nachwuchs vor!!! Welch ein Hohn!! Wofür werden die zuständigen Minister*innen der Länder (auch im Bund; ich denke z.B. an den Präsidenten auch der Jüngsten.) eigentlich bezahlt? – Seit Jahrzehnten… gibt es einen Personalmangel für die prägenden Kinderjahre!!

Sehr freue ich mich, dass DIE ZEIT die Kinder nicht aus den Augen verliert; diese können ihre oft verletzte Würde nicht einklagen, und niemand wagt ihretwegen einen langen Streik…! Bitte bleiben Sie bei den erwachsenen Menschen von morgen!! PS. Über behinderte Kinder und Inklusion heute keine Worte; meine Wut ist zu groß! – Klaus Busch

 

Nie hätte ich es für möglich gehalten, dass ich mich mit der Kita-Zeit meines Kindes vor 25 Jahren einmal aussöhnen würde! Als berufstätige Mutter habe ich die ständigen Elterngespräche, Eltern/Kind Bastel-nachmittage, Ausflüge und Kitafeste verflucht, weil sie (meistens von den Müttern) Zeit und Engagement erforderten. Nun muss ich diese „Belastungen“ wohl als paradiesische Zustände im Betreuungswesen betrachten, denn die Kitas hatten (von „Konzepttagen“ und Streiks mal abgesehen) wenigstens verlässlich geöffnet. Was also ist in der Zwischenzeit schiefgelaufen? Zur Beantwortung dieser Frage reicht meines Erachtens ein Blick auf die Vergütungstabellen für den öffentlichen Dienst (TVöD). – Susanne Ermeler

 

Insgesamt ist der Artikel zur Ausbildung von ErzieherInnen sehr informativ und differenziert, wenngleich eine seit 50 Jahren geführte Diskussion um die Akademisierung des Berufs außer Acht gelassen wird. Dabei ist festzustellen, dass die Bundesrepublik trotz europäischem Vergleichsrahmen bezüglich der Erzieherausbildung weltweit eine Insel der nichtakademischen Ausbildung von ErzieherInnen darstellt, was möglicherweise der Nichtintegration des Vorschulbereichs in das Bildungssystem geschuldet ist.

Gegenwärtig bilden vereinzelt Hochschulen, Pädagogische Hochschulen und Universitäten im Schwerpunkt Vorschulische Erziehung auf Bachelorebene aus. Dabei ist die Nachfrage hierfür insgesamt nicht sonderlich groß, was an zwei gegensätzlichen Punkten der auch heute noch geführten Diskussion liegt: Der eine bezieht sich auf die Statusanhebung der ErzieherInnenausbildung verbunden mit stärkerer Wissenschaftsorientierung und der Hoffnung auf Integration des Berufsfeldes in das Bildungssystem. Der andere sieht in der Akademisierung der Ausbildung eine Qualitätsminderung, die insbesondere mit der geringen Theorie-Praxis-Integration während der Ausbildung einhergeht.

Dabei ist entscheidend, dass theoretische und praktische Inhalte während der Ausbildung vertikal und horizontal verschränkt werden und die Lehrenden selbst durch ihre Tätigkeit in beiden Bereichen dies fördern. Eine solche Organisationsform scheint trotz aller Kopierversuche für den Hochschulbereich nur bedingt umsetzbar. Aber auch diese Position wünscht die Integration des Vorschulsystems in das Bildungssystem. Womit im Wettlauf der Systeme hier eine Schnittmenge gegeben wäre. Dabei bemühen sich die Fachschulen durch die stetige Entwicklung des Aus- und Weiterbildungswesens sowie durch die stetige Verbesserung der Zusammenarbeit von Praxisstellen und Ausbildungsstätte die Attraktivität ihres Angebots zu steigern. Jedenfalls erfolgt eine fast ausschließliche Fachkräfterekrutierung aus diesem Bereich und auch der Anteil der Auszubildenden mit Hochschulzugang steigt in ihm. – Sabine Meuter

 

Der interessanteste Satz findet sich am Schluss, wenn die Verdi-Referentin „familienpolitische Maßnahmen“ fordert, „um Eltern zum Beispiel dabei zu unterstützen, die Kinder vermehrt zu Hause zu betreuen“. Großartig, bravo! Das trauten sich bislang ja nur einige wenige auszusprechen, weil man dafür sofort vom Mainstream als hinterwäldlerisch abgekanzelt wurde. Wie wohltuend, die Erkenntnis, dass Eltern für die Kinderbetreuung immer noch am ehesten geeignet sind, nun ausgerechnet aus dem Munde einer Gewerkschaftsvertreterin zu hören!

Eltern streiken eben nicht und beschließen auch keinen Lockdown. Sie sind immer für ihre Kinder da, trotz Virenlast und knapper Finanzen. Verdi ist auf dem richtigen Weg und sollte darauf beharren, dass Acht- bis Zehnstundentage für Kleinstkinder in der Krippe „sehr anstrengend“ sind, wie Kita-Leiterin Kathrin Klähn richtig sagt. Die Kita ist für Kinder der Alltag, die Arbeit. Wann wird endlich eine Kindergewerkschaft gegründet, die die Stundenzahl der täglichen Krippen- und Kita-Arbeit von Kindern begrenzt? – Birgitta vom Lehn

 

Ich habe zu der Misere in den überfüllten Kindergärten einen Vorschlag (vielleicht gibt es das auch schon – falls ja, wurde es im Artikel nicht erwähnt). Die Menschen in Deutschland werden immer älter – bleiben aber gottseidank meist auch nach 62 oder 65 nach dem Eintritt in Rente oder Pension noch sehr fit.

Ich kenne viele Frauen (und auch Männer), die sich nach Eintritt der Rente plötzlich „unnütz“ fühlen, manche werden sehr einsam, und hätten gerne mit Kindern Kontakt. Ich sehe Kindergartenhilfe durch Ältere nicht als Depressionstherapie an – sondern als eine win-win-Situation: die Älteren schöpfen mehr Lebenslust, weil sie sich wieder „gebraucht“ fühlen (natürlich müssten die Personen vorher überprüft werden), die Kinder bekämen mehr Zuwendung, die Kindergärtnerinnen würden etwas entlastet. Das wäre doch für alle eine gute Lösung.

Es müsste ja nicht gleich die ganze Woche Arbeit bedeuten, sondern 2x die Woche 4 Stunden (bei genügend älteren Freiwilligen) würden reichen, um Kindern vorzulesen oder zuzuhören. Das Fachpersonal hätte Zeit für andere Aufgaben. Ich war vor der Pensionierung Hochschulkoordinatorin und Berufsberaterin für Abiturienten und Hochschüler bei der Bundesagentur für Arbeit. Ich erinnere mich an viele Prognosen aus unterschiedlichsten Quellen, die den Arbeitsmarkt für Kindergärtnerinnen, Lehrer oder Mediziner in abschreckendsten Farben malten. Ich bin froh, dass ich sagen kann, dass ich nach Neigung der Ratsuchenden und nicht nach Arbeitsmarktlage beraten habe – und damit sehr erfolgreich war.

PS: Zitat aus dem Artikel von Gabriele Meister, Mutter: „Finanziell würden wir es irgendwie hinkriegen, wenn ich nicht arbeiten würde. Aber ich arbeite gerne und möchte das auch vorleben.“ Jetzt kein Mutter-Bashing – aber ich sehe diese teilweise verständliche Aussage doch nicht nur verständnisvoll: in meinem Bekanntenkreis gibt es sehr gut verdienende Akademikerpaare, 1 Kind – und das wird so früh wie möglich in die Krippe gesteckt.

Eine Familie mit winzigem Gehalt hat oft keine andere Wahl – in den oben genannten Fällen hat man die aber schon : man MUSS kein Kind bekommen, oder man kann sich die Arbeit mit dem ebenfalls wohlverdienenden Mann teilen – klar: ein Einkommens- und vielleicht auch Karriere-Knick wären die Folge. Das mit der Karriere fordert ein Umdenken der Unternehmen, der finanzielle Verzicht aber wäre zu verschmerzen – vor allem, wenn man sieht, wie besonders in den allerersten Jahren viele Grundlagen für die Kindesentwicklung gelegt werden. „You can’t have the cake and eat it – aber krümeln kann man schon“ – das ist ein Zitat aus meinem über 60.000 mal verkauften Buch HomeBasics – ein Haushaltsratgeber für junge Männer, (jetzt vergriffen). – Brigitta Hügel

 

Insgesamt ist der Artikel zur Ausbildung von ErzieherInnen sehr informativ und differenziert, wenngleich eine seit 50 Jahren geführte Diskussion um die Akademisierung des Berufs außer Acht gelassen wird. Dabei ist festzustellen, dass die Bundesrepublik trotz europäischem Vergleichsrahmen bezüglich der Erzieherausbildung weltweit eine Insel der nichtakademischen Ausbildung von ErzieherInnen darstellt, was möglicherweise der Nichtintegration des Vorschulbereichs in das Bildungssystem geschuldet ist. Gegenwärtig bilden vereinzelt Hochschulen, Pädagogische Hochschulen und Universitäten im Schwerpunkt Vorschulische Erziehung auf Bachelorebene aus.

Dabei ist die Nachfrage hierfür insgesamt nicht sonderlich groß, was an zwei gegensätzlichen Punkten der auch heute noch geführten Diskussion liegt: Der eine bezieht sich auf die Statusanhebung der ErzieherInnenausbildung verbunden mit stärkerer Wissenschaftsorientierung und der Hoffnung auf Integration des Berufsfeldes in das Bildungssystem. Der andere sieht in der Akademisierung der Ausbildung eine Qualitätsminderung, die insbesondere mit der geringen Theorie-Praxis-Integration während der Ausbildung einhergeht. Dabei ist entscheidend, dass theoretische und praktische Inhalte während der Ausbildung vertikal und horizontal verschränkt werden und die Lehrenden selbst durch ihre Tätigkeit in beiden Bereichen dies fördern.

Eine solche Organisationsform scheint trotz aller Kopierversuche für den Hochschulbereich nur bedingt umsetzbar. Aber auch diese Position wünscht die Integration des Vorschulsystems in das Bildungssystem. Womit im Wettlauf der Systeme hier eine Schnittmenge gegeben wäre. Dabei bemühen sich die Fachschulen durch die stetige Entwicklung des Aus- und Weiterbildungswesens sowie durch die stetige Verbesserung der Zusammenarbeit von Praxisstellen und Ausbildungsstätte die Attraktivität ihres Angebots zu steigern. Jedenfalls erfolgt eine fast ausschließliche Fachkräfterekrutierung aus diesem Bereich und auch der Anteil der Auszubildenden mit Hochschulzugang steigt in ihm. – Rolf Ohnemus

 

Ich bin seit zweieinhalb Jahren Bürgermeister meiner Heimatgemeinde. Wir sind eine kleine Kommune mit 1000 Einwohnern. Normalerweise konzentriere ich mich auf das Arbeiten und finde es unglaublich schön und erfüllend zu gestalten. So haben wir auch kurz nach meinem Amtsantritt beschlossen den ersten eigenen Kindergarten im Gemeindegebiet samt Krippe zu bauen. Ich persönlich habe vor ca. 10 Jahren ein Einfamilienhaus mit meiner Frau gebaut. Jeder kennt die Thematik am Bau, es ist schwierig Handwerker zu bekommen und die Preise sind enorm hoch. Unser Kindergarten soll ca. 4,3 Mio EUR kosten.

Aus meiner Sicht viel zu teuer, aber anders geht das nicht. Die Behörden geben ein Raumprogramm vor, inkl. Eines Elternwartezimmers und einer Kinderwagengarage, erfüllt man dieses nicht, dann bekommt man einfach keine Betriebserlaubnis. So einfach ist das. Manchmal ist es auch schön, wenn Dinge einfach sind. Personal zu bekommen ist, wie in allen Branchen, nicht einfach. Dennoch haben wir einen gewissen Vorteil, weil wir gerade erst unseren Kindergarten aufbauen und das spricht Erzieherinnen an. Wir hatten vorher unsere Kinder outgesourct in unsere Nachbarkommunen, aber denen ging der Platz aus und durch die Verpflichtung Krippenplätze zu Verfügung zu stellen hat sich die Situation sehr schnell verändert.

In dem Artikel habe ich viel gelesen, das so auch für uns zutrifft. Allerdings haben wir momentan unseren Kindergarten nur bis 14 Uhr geöffnet. In den letzten Jahren hat sich, v.a. aufgrund der vorpreschenden Bundesregierung, ein Anspruchsdenken entwickelt, dass wir alle Kinder ab 1 Jahr von 7 bis 18 Uhr abgeben müssen können. Frau Deligöz hat auch bereits ausgeführt, dass wir gar keine Wahl haben weil Familien beide Gehälter benötigen und Druck von der Wirtschaft da sei. Arbeitskräftemangel herrscht sowieso, dann müssen wir die Kinder einfach abgeben und alles wird gut. Entschuldigung, diese Kausalität erschließt sich mir nicht. Sie sitzen in unserem höchsten Gremium in Deutschland und das ist Ihre Erklärung?

Da machen Sie sich das Leben etwas zu einfach. Verschweigen Sie hierbei nicht, dass die Bundesregierung mal wieder geschlafen hat und versäumt hat zur richtigen Stelle die richtigen Weichen zu stellen. Gäbe es denn nicht mehr Möglichkeiten die Wirtschaft mit Arbeitskräften zu unterstützen, z.B. durch eine strukturierte, durchdachte und gut organisierte Zuwanderung? Stimmt mit durchdacht und strukturiert und vorausschauend ist es manchmal schwierig im Bundestag. Es gibt unzählige Beispiele wie den Energiewandel, die Infrastruktur oder das Gesundheitswesen.

Der nächste Satz bei dem mir die Hutschnur hochging war „Hätten wir den Kita-Ausbau der Freiwilligkeit und den Prioritäten der Kommunen überlassen, wären nicht so weit, wie wir heute sind.“ Sorry Frau Deligöz, der stammt wieder von Ihnen. Ich persönlich bin der Meinung, dass in meiner Kommune die Verpflichtung für Krippenplätze zu früh kommt. Mit der Verpflichtung schaffen wir aber das bereits erwähnte Anspruchsdenken. Mehr Entscheidungsfreiheit für die Kommunen hätte in meinem Fall dazu geführt, dass wir erst später eine Krippe gebaut und eröffnet hätten. Das Angebot wäre nicht da gewesen, wir wären weiterhin mit unserem Personal klar gekommen und die Eltern hätten sich anders organisieren müssen.

Zugegeben, es wären ein paar Eltern durchs Raster gefallen, die einen Krippenplatz benötigt hätten, aber es allen Recht zu machen, dazu muss man schon im Bundestag sitzen. Ich könnte noch von ganz vielen anderen Beispielen berichten, wie der neuen „Schmutzfrachtberechnung“ im Abwasser-Bereich, der Umstand, dass wir uns bei der Erschließung von Wohnungen und Gewerbegebieten so lange selbst im Weg stehen, bis jegliches Projekt wieder einschläft. Die nicht vorhandene Infrastruktur oder das Bildungsniveau. Da bin ich wirklich froh, dass wir das nicht der Freiwilligkeit der Kommunen überlassen. – Gilbert Edelmann

 


 

 

Leserbriefe zu „Meine Gefühle, deine Fakten“ von Sophie Passmann

 

Ich möchte mich gern für den Artikel Ihrer Autorin Sophie Passmann „Meine Gefühle, deine Fakten“ bedanken. Ich habe noch nie einen Leserbrief verfasst, diesmal brannte es mir allerdings in den Fingern. Als Psychoanalytikerin in eigener Praxis kann ich die Worte fast eins zu eins unterschreiben. Hinzufügen möchte ich folgendes: Identitätspolitische Überzeugungen können (müssen aber nicht) auch als Abwehrmechanismen dienen, das heißt sie entlasten den persönlichen innerlichen psychischen Konflikt, der meist unbewusst ist.

Wichtig ist es in der Psychotherapie jedes Individuum kennenzulernen, jede Überzeugung zu hinterfragen, nichts als gesetzt und „die Wahrheit“ hinzunehmen. Dabei kann der unbewusste Konflikt tatsächlich z.B. mit Sexismuserfahrungen zu tun haben, es können jedoch auch andere Konflikte verschleiert werden. Vor allem wenn die Überzeugung mit Vehemenz vorgetragen wird und keinen Raum für Zweifel oder Zaudern lässt, werde ich oft hellhörig. Zurück bleibt auf beiden Seiten (Patient/in und Therapeutin) im besten Falle eine Bescheidenheit und ein Interesse an den individuellen Erfahrungen, die ein/e jede/r macht und zu dem macht, wie er oder sie ist. – Katrin Münch

 

Mehr Freundlichkeit täte unserer Gesellschaft wirklich gut. Menschen, die die Emotionen anderer ( vielleicht) nicht richtig deuten aber gleich mal eben eine Therapie zu empfehlen ist ein Ratschlag, der zumindest erstaunt- Sind Sie sich wirklich sicher, dass es geholfen hat? Psychotherapie als Lifestyle Accessoire führt leider in letzter Konsequenz dazu, dass psychisch kranke Menschen keinen Therapieplatz mehr finden. – Dr. S. Pliska

 

Frau Passmann würfelt hier allerlei Themen durcheinander und wird dabei keinem einzigen davon gerecht. Ursächlich erkenne ich eine unklare Definitionslage: Was halten Sie denn für die Grundaussagen von Identitätspolitik und von Therapie, dass sie behaupten, sie widersprächen sich? Wenn Sie Therapie für ein Lifestyle-Accessoire halten, dann sind Sie in den 80ern steckengeblieben, obwohl es Sie da noch gar nicht gab: In Amerika war es unter Promis state-of-the-art, einen Therapeuten zu besitzen, aber in Deutschland heute?

Wir können von Glück reden, dass es nicht mehr allzu peinlich ist, wenn man Depressionen hat und damit auch zum Therapeuten geht (vorausgesetzt man findet einen). Wenn Promis von ihren Depressionen erzählen wie unlängst Krömer oder Sträter, dann ist doch erkennbar, dass es nicht um Lifestyle geht, sondern um echtes Leiden und Empathie für andere Betroffene. Schade, dass Sie das so herabwürdigen.

Auch Ihr Begriff von Fakten, der Emotionen und Gefühle ausschließt, scheint mir genauso eindimensional betrachtet. Wollen Sie wirklich behaupten, dass Gefühle keine Fakten darstellen, nur weil sie durch Erinnerungen getriggert sein könnten oder intensiver ausfallen aufgrund einer Re-/traumatisierung? Sagen Sie bitte einer Witwe oder einem wütenden Teenager, dass ihre Empfindungen keine Fakten sind… Das, was ein Mensch gerade empfindet, IST für ihn ein Faktum. Dass ein anderer diese Gefühle nicht teilt – okay; sie aber in Abrede stellen oder die Berechtigung dazu absprechen zu können bedeutet noch lange nicht, dass diese Gefühle in diesem Moment nicht existieren.

Dass Gefühle in unserer Gesellschaft so häufig kleingeredet werden, ist noch lange keine Beweis dafür, dass sie keine Fakten darstellen. Das entspricht wohl eher dem Wunschdenken kapitalistisch Denkender, die Gefühle als störend empfinden, wenn es um das Funktionieren der Menschen bei der Arbeit, in der Gesellschaft und/oder der Familie geht. Interessanterweise ziehen Sie aus Ihrer wirren Argumentation dennoch sinnvolle Schlüsse: Dass über Gefühle geredet werden sollte. Ist Ihnen klar, dass Sie dann auf jeden Fall Fakten sind? Veränderbar, irrational, aber eben Fakten? Durch Gespräche werden sie anerkannt und Realität und machen den Menschen wieder ganz.

Wenn es uns allen gelänge, Menschen als gefühlsbegabt zu akzeptieren und vor allem wertzuschätzen, dann würde es wahrscheinlich deutlich weniger Konflikte geben, weniger psychische Erkrankungen, die behandlungsbedürftig sind. Wenn Menschen so sein und fühlen dürfen, wie sie sind, können sie sich besser entfalten und der Gesellschaft dienlicher sein als unter Druck – eine Erkenntnis, die ich jeder kapitalistisch geprägten Gesellschaft dringend wünsche. – ChrisTine Rottler

 

Wenn jemand eine Therapie nötig hat, dann der umseitig abgebildete, westlich-dekadente Towarisch Lawrow, seine Verbrecherkumpanen Putin, Kyrill, Lukaschenka und große Teile des russischen Volkes. Für einige von ihnen wäre nicht nur eine Psychotherapie notwendig. Wenn man den Gerüchten glauben darf (was ich tue), wäre gerade bei Herrn Lawrow (und vielen seiner Landsleute) auch ein Alkoholentzug dringend ratsam.

Und ansonsten: Entweder keine Witze erzählen oder sich nicht in die Gesellschaft von Witzeerzählern begeben, wenn man dadurch „getriggert“ wird. Am Besten: Die Gesellschaft von anderen Menschen ganz meiden! Nicht nur während Corona. Ich warte darauf, dass das ZDF demnächst Triggerwarnungen vor „Aktenzeichen XY“ ausstrahlt. Was das nützen würde, ist mir allerdings unklar. Wer die Sendung guckt, sollte wissen, was ihn erwartet und Leute (wie ich), die Eduard Zimmermann zu Zeiten der RAF als Kind geschaut und danach vor dem Schlafengehen unter dem Bett nach versteckten Terroristen gefahndet haben, müssten eigentlich so dermaßen traumatisiert sein, dass sie „XY“ heute nicht mehr gucken und sich lifestylemäßig therapieren lassen. (Ist das eigentlich ein urbanes Problem?

Ich kenne jedenfalls niemanden, der sich aus modischen Gründen in Behandlung begibt. Wieviel muss man eigentlich verdienen, um sich so etwas leisten zu können? Und muss man dafür privat versichert sein? So weit ich weiß, sind derartige Therapieplätze recht knapp und die Wartelisten extrem lang. Um irgendwelche esoterischen „Therapeuten“ geht es doch hoffentlich nicht?) Zurück zu „XY“: Die Sendung eignet sich mittlerweile mehr als „Sandmännchen“: Haufenweise „Cold Cases“ von vor mehr als 30 Jahren und die Dramaturgie der ewig gleichen Fälle und die Hintergrundmusik haben extrem nachgelassen.

Covid war keine gute Zeit für die Kriminellen und ob die „Klimakleber-/innen“ in die Fußstapfen der RAF treten können, wie es die Bildzeitung und die CSU gerne hätten, wage ich zu bezweifeln. Ich würde mir wünschen, dass sie sich an die Eingänge von Kitas (ebenfalls Thema in der aktuellen Ausgabe) klebten, denn die größten Klimaverbrecher sind Leute, denen 8 Mrd. Menschen (fast 8 Mrd. potenzielle Triggergefahren, vielleicht sogar exakt 8, weil man sich ja auch selber triggern kann, ein schlechtes Witzebuch reicht dazu) immer noch nicht ausreichen und die immer noch Kinder (die schlimmsten Triggerer, vulgo Nervensägen, von allen) in eine derartige Welt setzen, nur um sie dann in Verwahr(losungs)anstalten für den größten Teil des Tages abzugeben.

Interessant auch, dass die Politik zugibt, dass sie den Peak des Schweinezyklus, was Erzieher-/innen angeht, erst einmal abwarten will, bevor sie (eventuell) handelt … Sorry für die vielen Klammern und die Ausflüge ins ZDF und in andere Artikel. Als Witzeerzähler tauge ich nicht und die Chance als Erpresser oder Entführer, „XY“ triggernder zu machen, stehen auch schlecht. Die forensische Linguistik, die Sie auf S. 44 vorgestellt haben, würde mich aufgrund dieser Klammern (und wegen typischen idiomatischen Wendungen) sofort dingfest machen. – Thomas Manthey

 

Immer mal wieder streiten die Neurologen: Tun wir wirklich was wir w o l l e n…, oder „wollen“ wir es -nur- ’nachträglich‘? Wenn wir der QUANTENPHYSIK glauben dürfen und alles mit allem verbunden ist, -siehe Magnetresonanz, Nullpunktfeld,- dann müssen wir Schilder aufstellen: ‚SCHULD abladen verboten!…, (wie Schutt abladen). Die Welt steht Kopf ohne eine höhere ‚Geist-Seele‘- Dimension, ganz frei nach Max Planck, 1900: „Das Unsichtbare ist das Wahre“. Unser guter Jonny Meese fordert die „Diktatur der KUNST“. Und bereits Dali: „INQUISITION der Kosmischen Mystik in Demut!“. Erstmal Abschaffung des Zensurenwahns, der unsere Kinder zu Zahlen und Ziffern degradiert, dafür alle anderen Strategien des guten, freien, spielerischen Bewusstseins, wlches das SEIN erst schafft? (Joe Dispenza). Materie?…, nur gefrorener, materialisierter GEIST… (Heisenberg). – Niklas Delacroix

 

Das Dilemma lässt sich leicht lösen: Emotionen sind Fakten für den, der sie objektivierend feststellt. Für den der sie erlebt, sind es Wertungen. Beide Perspektiven sollte man im Diskurs über Gefühle unterscheiden. – Jürgen Langen

 

Vor Jahren habe ich mal eine böse kleine Replik zu Ihrer Kolumne im Zeit-Magazin geschrieben und mich gefreut, dass sie gedruckt wurde. Ihren Artikel in der aktuelle Zeit hingegen fand ich klug und gut formuliert, herzlichen Dank. Eine Anmerkung habe ich zur Schlußkurve: So gerne auch ich mich sanft und verständnisvoll zeige, es gibt auch die Lust zur spielerischen Herausforderung, zur Provokation oder – einfacher – den Spaß daran, frech zu sein. Ich bin sicher, dass Sie diese Freude kennen.

Deshalb finde ich, dass es auch Robustheit im menschlichen Miteinander braucht. Robustheit, die sich aus dem grundsätzlichen Vertrauensvorschuss speist, dass mein Gegenüber mich nicht in die Pfanne hauen will. In den wenigen Fällen, wo diese Annahme sich als irrig erweist, kann man dann ja immer noch den Knüppel hervorholen, der dann aber besser nicht weinerlich den Respekt vor den eigenen Gefühlen einfordern sollte – Auf grobe Klötze gehört ein grober Keil. – Ingo Klamann

 


 

 

Leserbriefe zu „Sollte die AfD verboten werden?“ Streit von Konstantin Kuhle und Dorothea Marx

 

Mein Rat an die gemäßigten Mitglieder der AfD: gründen Sie zusammen mit ausgetretenen ehemaligen Mitgliedern eine neue Partei, vielleicht eine „DAfD“ („Demokratische Alternative für Deutschland“)! Die extremistischen Genossen können sich dafür problemlos mit der NPD zusammenschließen. Beim nächsten Urnengang werden wir erkennen, welche Ausrichtung, welches Programm, welche Personen die Rechtswähler mehrheitlich überzeugt haben! Auch die „neue“ AfD würde sich bei Asyl und Immigration von der Politik aller anderen Parteien unterscheiden! Allein aus diesem Grund ist eine rechtskonservative Stimme im Parteienchor unerläßlich! – Dr. med. Ulrich Pietsch

 

Liebe Genossin, Frau Marx, seit über 30 Jahren bin ich Mitglied der SPD, ich teile Ihre politische Ausrichtung, insbesondere auch die Ablehnung der AfD. Dass Sie für ein Verbot der AfD plädieren (DIE ZEIT vom 17.11.: Sollte die AfD verboten werden?) hat mich jedoch schockiert. Für mich ist dieser Vorschlag gefährlich, denn Sie fordern das Verbot einer Partei, ohne echte Gründe dafür zu nennen. Ja, diese Partei ist extrem rechts, das macht sie zum politischen Gegner, das kann auch Anlass sein, sie in unseren Parlamenten aus zu grenzen.

Ja, Mitglieder dieser Partei gehen demonstrieren, oft gibt es auf diesen Demos auch Feinde unserer Demokratie. Aber mit diesem Problem haben auch linke Demonstranten immer wieder zu kämpfen. Ja, diese Partei bringt unseren Politikbetrieb durcheinander, wie bei der Wahl von Kemmerich. Aber wo sind die schlimmen Folgen, wo verstößt sie dabei gegen unsere demokratischen Regeln? Ja, die AfD wird zu recht vom Verfassungsschutz überwacht, aber was hat diese Überwachung schlimmes zu Tage gefördert?

Wenn Sie das Verbot einer Partei fordern, müssen Sie relevante Fakten nennen. In solch einem Interview müssen Sie diese sicher nicht im Detail belegen, aber Sie müssen die Fakten wenigstens nennen! Sonst gehören Sie selbst zu denjenigen, die unserer freiheitlichen Demokratie Schaden zufügen. Denn: Freiheit ist immer auch die Freiheit der Andersdenkenden! Und wir alle wollen doch, dass das so bleibt! – Dr. Christoph Pfleiderer

 

Der Streit beschreibt die philosophische Armut der sogenannten demokratischen Parteien in Deutschland. Dadurch leidet er an einer starren und ahistorischen Auffassung der aktuellen deutschen Politik, die unfähig ist, die Dinge in ihrem Zusammenhang und ihrer Entwicklung zu begreifen. Stattdessen werden schnell Ungleichwertigkeiten durch neue Kategorisierungen ersetzt. Gefährlich wird diese Betrachtung, wenn sich gleichzeitig homogene Einstellungsmuster entwickeln, die Parteien sich wechselseitig bestätigen und Gegenkräfte auf diese Weise zum Schweigen gebracht werden sollen.

Eine Politik mit dem Hang zu radikalen Schritten wie die Forderung nach Verboten radikaler Parteien bringt sich selbst in Gefahr, bestehen die Mentalitäten auch in ihren Wählerschaften. Dass sich mentale Verschiebungen jederzeit einstellen können, erkennt man in den scheinbar gefestigten Demokratien wie Großbritannien und USA. Stattdessen ist dahingehend eine Radikalität gefordert, Ungleichwertigkeiten durch eine Politik auszuschließen, welche nicht von Parteien mit vorrangig eigenen existenziellen Beschäftigungen getragen ist. Davon triefen sogar die Statements beider Streithähne. – Jürgen Dressler

 

Sehr geehrte Frau Marx, ob sie es glauben oder nicht: das Wählerpotential der Afd wird durch ein Verbot der Partei nicht verschwinden, ebensowenig wie die Unzufriedenheit dieser Wähler. Ganz offensichtlich sind Sie der Ansicht, dass man am besten mit Verboten Politik macht. Vielleicht versuchen Sie es mal mit überzeugender Nicht- Gender, Nicht – Asyl, Nicht – Hauptstadtpolitik! – P. Roetzel

 

Dorothea Marx (SPD) Vizepräsidentin des Thüringer Landtags befürwortet das Verbot der AfD. Sie begründet das damit, dass sich die Zielsetzungen der AfD geändert haben: «Die Partei träumt davon, den Staat zu stürzen.» Diese Änderungen sind so radikal, dass sie mit folgendem Satz von Marx charakterisiert werden können: «Selbst die Gründer der AfD – von Bernd Lucke über Frauke Petry bis Jörg Meuthen – sind fast alle vor ihrer eigenen Brut davon gelaufen.» Ein Glücksfall für die anderen Parteien, denn Entgleisungen, wie sie von Marx beschrieben werden, widern auch viele potentielle Wähler der AfD an. Es gibt dafür noch einen anderen Grund.

Politiker wie Hitler oder Putin verdanken ihren Aufstieg zum grossen Teil Anfangserfolgen, die auf vernünftigen Massnahmen beruhen. Übrigens wurden diese im Falle Putin zum Glück für die Ukraine nicht ausreichend realisiert. Denn die militärische Schwäche der russischen Armee beruht auch auf Korruption. Das Problem solch erfolgreicher Massnahmen ist, dass sie dazu beitragen, dass ehrgeizige Menschen, wie die genannten (aber auch Erdogan, XI Jinping, Mitglieder der Iranischen Führung, etc.) durch Wahlerfolge in eine Position gelangen, in der sie ihre katastrophale, grössenwahnsinnigen, zum Teil unmenschlichen Ideen entwickeln und realisieren können. Die Angst vor der Diktatur ist daher ein anderes Hindernis für den weiteren Aufstieg der AfD.

Eine Ursage für deren Aufstieg hingegen ist der ideologische Graben im Bereich der Menschenrechte. Es gibt das Menschenrecht auf Eigentum und es gibt Menschenrechte auf Lebensunterhalt. Zu letzteren gehört das Asylrecht, inklusive des Rechts, den Pass zu vernichten und alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen.

Dazu gehört aber auch das Recht mehr Kinder zu bekommen, als die eigenen Ressourcen erlauben. Heute gibt es 8 Milliarden Menschen. Als die Menschenrechte formuliert wurden, waren es 2 Milliarden und es gab keine Handys, mit deren Hilfe man das Asylrecht gewinnbringend ausbeuten kann. Das ist übrigens auch ungerecht gegenüber denjenigen, die nicht die Mittel haben, in die EU zu gelangen, um zu fordern, dass ihr Asylrecht bis ins Detail mit Rechtsbeistand geprüft wird.

Der aus dem Graben entstehende Zielkonflikt, muss im Interesse eines höheren Ziels gelöst werden, dem guten Fortbestehen der Menschheit. Gäb’s’ weltweit die Geburtenrate des reichen Südkorea (Halbieren der Kopfzahl pro Generation) wäre ein gutes Fortbestehen der Menschheit gesichert. Bei der Rate des armen Nigerias (bewirkt Verdreifachen) wäre das nicht der Fall. Wenn man historische Schuld einbeziehen will, dann muss man auch den heutigen Co2 Ausstoss auf die Kopfzahl vor z.B. 100 Jahren beziehen. Einst war jeder dritte Mensch ein Europäer, heute jeder Zehnte.

Ein Verbot der AfD kann nicht die Probleme beseitigen, die zum Aufstieg der AfD führten. Kuhle sagt zu recht: «Wir sind dazu verdammt diese Bürger zu gewinnen» Das gilt übrigens auch für die Bürger, die AfD wählen würden, wenn es die wiederholten Entgleisungen von AfD-Politikern nicht gäbe. Die Bürger können am ehesten gewonnen werden durch Resultate und durch Vermeiden von gemachten Fehlern. Es geht um eigene Fehler, aber auch um die der AfD. Es geht darum Lösungen für die Probleme der Menschheit aufzuzeigen.

Es wäre ein Fehler, diese vor allem aus einer Position der Stärke lösen zu wollen. Bei der AfD führt das zu abstossender Überheblichkeit. Bei humanen Lösungsbemühungen fürs Migrations-Problem kann das zum Überschätzen der eigenen Kräfte führen. Es geht dabei auch darum, dass Schwierigkeit, die sich bei der Integration ergeben, das Menschenrecht auf Eigentum verletzen. Dazu ein Beispiel aus einer Schweizer Sonntagszeitung vom 13.11.22, welches die Situation an einer Zürcher Schule beschreibt. Bei Elternsprechstunden kommen kaum Eltern.

«Der Migrationsanteil beträgt 50 Prozent, in gewissen Klassen 100 Prozent, viele Eltern sind arbeitslos, manche Familien haben zehn Kinder». Das Beispiel verweist auf alltägliche Probleme im Bereich Demographie. Und letztenendes auf den erwähnten Zielkonflikte innerhalb der Menschenrechte, für den Lösungen gefunden werden müssen. – Dr. Gernot Gwehenberger

 

„Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.“ (Grundgesetz Art. 21 Abs.2) Dann, auf gehts ins Gefecht oder wie es der deutsche Jounalist & Publizist Andreas Egert (*1968) zitiert: „Parteiprogramm: bestes Argument für Parteiverbot!“ Halali und Waidmanns Heil! – Klaus P. Jaworek

 


 

 

Leserbriefe zu „Ist das wirklich schon das Grundeinkommen?“ von Kolja Rudzio

 

Einmal mehr dreht sich Ihr Artikel um das geplante Bürgergeld und einmal mehr wird über alle Parteigrenzen hinweg betont, dass eine Erhöhung unerlässlich sei. Und dabei wird (wie in jedem Beitrag) eine Gruppe von Menschen vergessen, die durchs Raster fällt. Es geht um Rentner, gefangen in der Privaten Krankenversicherung. Mein Ex-Mann bezieht eine monatliche Rente von rund 1200 Euro. Damit lebt er an der Armutsgrenze.

Dumm ist nur, dass es sich bei dieser Rente nicht um eine Netto-Rente handelt. Er muss Monat für Monat 550 Euro an die Private Krankenkasse zahlen. Und nein, leider steht im keine Möglichkeit der Aufstockung zu und leider sind ihm die Türen in die GKV verschlossen. Warum kümmert das weder die Politik noch die Presse? Ganz einfach. PKV-Mitglieder gelten als privilegiert und haben keinerlei Lobby. Genau diesen Umstand nutzt die Politik gnadenlos aus. Liebe ZEIT-Redakteurinnen und Redakteure, bitte berichten Sie über diese himmelschreiende Ungerechtigkeit, das Wasser steht diesen Menschen nicht nur bis zum Hals. – Petra Hänny

 

Täglich lese ich mit Begeisterung und Freude Ihre Elbvertiefung und heute möchte ich zu einem allgegenwärtigen Thema Stellung nehmen. Über Twitter gab es in den entsprechenden Communities einen mehr oder weniger großen Aufschrei wegen des Artikels in Zeit-online zum Bürgergeld aus Sicht der Fleischermeisterin XXX. Aus den Tweets entnehme ich, dass dort geschildert wurde, wie gut oder schlecht das Bürgergeld sich für einzelne Menschengruppen darstellt. Ich will auf diese Berichterstattung nicht eingehen weil ich den Artikel selbst nicht lesen kann. Ich kann mir ein Abonnement einer Zeitung nicht leisten. Hörensagen will ich nicht kommentieren.

Was ich allerdings feststelle: Es wird fast ausschließlich über das Bürgergeld als Ersatz für ALGII, SGBII gesprochen und geschrieben. Wie sieht es denn aus mit Bürgergeld als Ersatz für Menschen, die nach dem SGBXII Leistungen erhalten? 3.248.000 Millionen Rentnerinnen und Rentner erhalten diese Leistungen, auch Grundsicherung genannt. Das sind fast 24% der Menschengruppe, die von Armut betroffen ist. Dann gibt es noch die Menschen, die nach SGBVIII Leistungen erhalten. Ich bin nicht informiert darüber, wieviele das sind, es ließe sich recherchieren. Diese Rentnerinnen und Rentner haben keine Aussichten, keine Chance ihre Lebensbedingungen, z.B. durch Aufnahme einer lohnabhängigen Tätigkeit, zu ändern, oder nur in Ausnahmefällen. Sie müssen/sollen einfach hinnehmen, dass Ihnen, nach einem langen Arbeitsleben, ein Leben in Würde und mit Teilhabe nicht möglich ist?

Diese einseitige Berichterstattung in allen Medien darüber, dass die Leistungen zu großzügig bemessen seien, dass es so viel Betrug mit dem Erschleichen von Unterstützung gäbe und dass, wer arbeiten wolle auch arbeiten könne, das Verbreiten von unvollständigen Sachverhalten…. Es macht mich so böse, wütend und auch ohnmächtig. Ein paar Informationen zu meiner Person, wenn es für Sie von Interesse ist:

Ich bin 1953 in Hamburg geboren, also 69 Jahre alt. 1973 habe ich eine Lehre gemacht und bis 1981 lohnabhängig beschäftigt in verschiedenen Berufen (Einzelhandel, Sparkasse, Bibliotheksangestellte) gearbeitet. Ich habe diesem Staat 4 Steuerzahler geschenkt. 1983 machte ich mit mit einem kleinen Einzelhandel selbständig. Die Umsätze reichten aus um einen Standard-Lebensunterhalt zu sichern und die Krankenversicherung zu zahlen. Es reichte nicht für eine zuätzliche Altersvorsorge. 2015 musste ich diese Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen aufgeben und erhielt zunächst Erwerbsminderungsrente. Heute erhalte ich eine Altersrente von 1000€, zahle 570€ warme Miete plus Strom und anderer Nebenkosten (Intenetanschluss, Fernsehen, Wasserkosten) und bekomme tatsächlich noch Leistungen aus der Grundsicherung in Höhe von 50€.

Ich habe immer gern meine Arbeitskraft zur Verfügung gestellt und ich gehe davon aus, dass die meisten Menschen es auch so halten. Wenn die Menschen während des Arbeitslebens mit Respekt behandelt werden, dann gehen sie auch respektvoll und mit einigermaßen Veuve ihrer Tätitgkeit nach. Haben sie es dann verdient im Alter so respektlos behandelt zu werden? Wir sind eine Solidargemeinschaft, so haben wir es zumindest bei der Gründung der BRD mal vereinbart.

Und wenn es denn Subventionen für Wirtschaft und Landwirtschaft gibt, warum soll es dann nicht auch Unterstützung für Menschen geben, die kurzfrsitig in der Arbeitswelt nicht Fuß fassen können und/oder eine vernüftige, realistische Mindesrente für alle als Anerkennung für die geleistete Lebensarbeitszeit? Reden Sie nicht über die Menschen, die Hilfe zum Lebensunterhalt benötigen, reden Sie mit uns! Bitte! – Renate Antonie Krause

 

Es ist schon verwunderlich, dass jener Autor, der in der vorigen Ausgabe das Bürgergeld in geradezu polemischer Art und Weise kritisiert hat, nun mit dem Faktencheck beauftragt wird. Wer sich derart – euphemistisch formuliert – „meinungsstark“ geäußert hat, hat in meinen Augen den Anspruch verspielt, neutral und ausgewogen über die Angelegenheit berichten zu können: Den Einwänden gegen das Bürgergeld wird auch in diesem Artikel deutlich mehr Raum gewidmet als den (Gegen-)Argumenten der Befürworter. – Rüdiger Paul

 

Wird sich die SPD durch das „Bürgergeld“ von dem schwierigen Erbe, das ihr damaliger Parteivorsitzender und Kanzler Gerhard Schröder mit der Hartz IV Reform hinterlassen hat, befreien und davon erholen können? Zuversicht und Vertrauensvorschuss diktierten die Gesetzesvorlage: der schöne Gedanke, dass vor allem das Fördern und die Freiwilligkeit das Ziel, fehlende Arbeitsplätze nachhaltig neu besetzen zu können, damit besser und weniger personalintensiv erreicht werden kann. Ein schönes Menschenbild steht dahinter.

Und wenn das wirklich für 97% der Betroffenen gilt, dann los! Einen Bodensatz von Missbrauch gibt es überall. Aber das sollte doch bitte in einem verbindlich umrissenen Zeitraum wissenschaftlich begleitet getestet, evaluiert, ggf. nachjustiert oder gar wieder verworfen werden. Das Ergebnis einer solchen Untersuchung könnte dann eine Basis auch für die Entwicklung eines bedingungslosen Grundeinkommens werden, das mittelfristig aufgrund des technologischen Wandels und der dadurch wegrationalisierten Arbeitsplätze unweigerlich irgendwann kommen muss und das dann soziale Ungerechtigkeiten ganz ohne Jobcenter einhegen könnte. – Uwe-Carsten Edeler

 

In allen Veröffentlichungen fehlt das Wesentliche: Die Bemessungsgrundlagen für HartzIV und somit auch für das Bürgergeld sind völlig falsch. Der Ansatz ist schon falsch. Auch die Mär, dass alles bezahlt würde, hält sich von HartzIV an seid Anbeginn. Ich wurde sogar als Lügnerin hingestellt, als ich sagte, das dies nicht stimmte. Über Hungerlöhne in diesem reichen Land kann man nur noch sagen: Hier stimmt gar nichts mehr. – Gudrun Wilhelmy

 


 

 

Leserbriefe zu „Die falsche Siegerin“ von Maxim Biller

 

Mit Vehemenz beklagt Maxim Biller, dass dem „größten Schriftsteller der Zeit“ auch in diesem Jahr der Nobelpreis für Literatur nicht verliehen wurde, zumal er für seinen Roman „Die satanischen Verse“ beinahe ermordet worden wäre. Der Auffassung könnte man sich anschließen, hätte Biller nicht eine untaugliche weitere Begründung nachgeschoben. Schon die Wortwahl ist verräterisch: Annie Ernaux „hat zugegeben“. Seit wann ist es eine Sünde oder ein Verbrechen, Mélenchon zu unterstützen, dem ein Viertel der Franzosen zutrauen, das Los der Armen in Frankreich zu verbessern? Oder sich aktiv für die Sache der Palästinenser einzusetzen, deren Schicksal von Milliarden Menschen in gleicher Weise beklagt wird?

Oder an Demonstrationen der Gelbwesten teilgenommen zu haben, um die kritische Zeitgenossen unsere Nachbarn beneiden? Biller ist doch keine über den Wellen schwebende moralische Instanz, nach der sich die Welt richten müsste! Am unerträglichsten ist sein Versuch, die Begründung für Rushdie mit einer schamlosen Suada gegen Frau Ernaux anzureichern. Ihr Roman „Les années“ sei „…sture Klassenkampfprosa“, „unlesbar…weil politisch“, „wehleidige, hölzern geschriebene Neidbürger-Klage“, „identitärer Budenzauber“.

Man könnte glauben, Biller habe den Roman nicht gründlich gelesen oder nicht verstanden. Wie sagte Gustave Flaubert schon vor 150 Jahren: „On fait der la critique quand on ne peut pas faire de l’art.“ Maxim Biller hat Annie Ernaux‘ Würde verletzt Und die sollte doch unantastbar sein. – Johannes Kettlack

 

Ja, auch Salman Rushdie hat den Nobelpreis verdient. Aber einen potenziellen Nobelpreisaspiranten gegen eine aktuelle Nobelpreisträgerin auszuspielen, ist schäbig, zumal Maxim Biller sich dabei nicht zu schade ist, in die Trickkiste übelster Ressentiments zu greifen. Biller will das Politische aus der Literatur verbannen, äußert sich aber in jedem seiner Essays dezidiert politisch – Israelkritiker, Umverteilungsbefürworter, Antikolonialisten, Grünen-Sympathisanten, LGBTIQ-Aktivisten geraten in den Fokus seines ungezügelten Zorns. Gleichwohl huldigt er dem wohl politischsten der prominenten Gegenwartsautoren – eben Salman Rushdie, und nimmt ein politisch motiviertes Attentat zum Anlass, den Nobelpreis für diesen Schriftsteller zu fordern. – Rüdiger Paul

 

Die Kolumen des Herrn B. sind ja seit Jahren nur banale , narzisstische Selbstbespiegelungen, weshalb ich sie schon lange nicht mehr lese. Diesmal aber machte ich eine Ausnahme, weil es um Literatur zu gehen schien. Nun, der Autor „übertrifft“ sich tatsächlich selbst: der Literatur-Nobelpreis sollte also nicht für eine literarische Leistung verliehen werden, sondern für andere Dinge, wie z.B. dass jemand Opfer eines Attentats wurde- interessant! Denn von einem Plädoyer von seiner Seite für den herausragenden Literaten S. Rushdie und ein Lamento über seine Nicht-Berücksichtigung in Oslo war doch in all den Jahren nichts zu lesen- oder?

Und bei Frau Ernaux demonstriert er gar eindrucksvoll den vielbeklagten Verfall der Diskurskultur in feindseliges Schwarz-weiß -Denken und undifferenziertes Agitieren statt eines echten Dialogs- die bekennende BDS-Unterstützerin, die auf diesem Weg einem geschundenen und vieler seiner Rechte beraubten, dazu besetzen Volk versucht beizustehen (wenn schon die Politik hier seit Jahrzehnten jämmerlich versagt)- die ist dadurch natürlich sofort eine „Israel-Hasserin“. So einfach ist manchmal die Welt! (eines Herrn B.) Fazit: Wenn man früher dachte, das Niveau in „Über den Linden“ könnte nicht tiefer sein, wird man dann doch eines Besseren belehrt! – Karl-Heinz Grau

 

Dass Sie dieses hasserfüllte Geschwurbel über die Nobelpreisträgerin gedruckt haben, nehme ich Ihnen übel. Wollen Sie damit sagen, dass Sie solcherart Hetze in Zukunft bevorzugen? Noch dazu, wo der Autor zusätzlich sie gegen einen seiner Meinung nach geeigneteren Kandidaten ausspielt und vorschlägt, sie solle doch gefälligst seiner Meinung sein und den Nobelpreis umordnen.

Dass er nebenbei noch die soziale Schicht aus der sie kommt mit für solche Preise ungeeignet kennzeichnet, spricht die Sprache eines Klassenkämpfers, der gerne mit Dreck wirft. Ihre literarische Reputation wird mit einem Wort, hölzern, verunglimpft, mehr braucht es an Kommentar seiner Meinung nach nicht. Rushdie kann einem Leid tun, solche Freunde zu haben. – Dr. med. Irmgard Heise

 

Wann verschont die ZEIT endlich die Feuilleton-Leser mit den dümmlichen Ergüssen eines Maxim Biller? Kann dieser Typ eigentlich mehr, als immer und immer wieder anderen Leuten vermeintlichen „Israel-Hass“ oder „Antisemitismus“ unterstellen? Diesmal ist die Zielscheibe seiner Diskreditierungsattacke die diesjährige Literaturnobelpreisträgerin Annie Ernaux, der er „sture Klassenkampf-Prosa“ unterstellt. Warum: wahrscheinlich, weil sie Kritikerin der völkerrechtswidrigen Politik Israels ist und daher mit der BDS-Bewegung sympathisiert. Na und? Ist doch ihr gutes Recht und verständlich! Biller hält sich sicher für einen Literaten, obwohl er mehr ein Lobbyist ist. Und ganz sicher nicht nobelpreisverdächtig. Ganz sicher! – Björn Luley

 


 

 

Leserbriefe zu „»Sie wollen einen finalen Sieg«“. Gespräch mit Ivan Krastev geführt von Mariam Lau

 

Trotz einiger sehr überzeugender Analysen schafft Herr Krastev nicht den Sprung in die Wirklichkeit. Wer abfällig über die Mauern Ungarns redet ohne gleichzeitig die EU-Zäune Ceutas zu bedenken, drückt sich vor entscheidenden Fragen der Gegenwart. Wie wär’s mit einem ZEIT-Dialog zwischen Herrn Krastev und Herrn Paul Collier? – Dr. Christian Voll

 

Die Meinung von Herrn Krastev möchte ich folgendermaßen ergänzen: Wir müssen uns daran erinnern, dass der von der SU dominierte Bereich in Europa von diktatorischen Einparteiensystemen bis 1989 beherrscht war. Entsprechend konnte sich dort keine demokratische Kultur entwickeln. Auch das entsprechende Denken fehlte. Folglich haben dort viele Menschen mit Demokratie nicht viel anfangen können. Das hat sich dann in einer breiten Unterstützung von Parteien wie AFD und vergleichbaren Organisationen geäußert und die entsprechenden Überzeugungen sind aus den Köpfen bis heute schwer heraus zu bekommen.

Obwohl gerade in Polen und Ungarn sich nach der Wende hoffnungsvolle demokratische Bewegungen entwickelten, haben sich diese nicht langfristig gehalten. In diesem Zusammenhang ist die Analyse des Herrn Krastev noch nicht ausreichend. Logisch ist hier, dass sich diese Entwicklungen aus der Vergangenheit herleiten lassen. Nach der langen Periode der sowjetische Herrschaft im Ostblock wären hier noch viel gründlichere Bemühungen um eine demokratische Erziehung notwendig. – Prof. Dr. Regine Römheld

 

Der bulgarische Politologe und Politikberater Ivan Krastev stellt fest: «Ein wichtiger Motor für die Abkehr vom Liberalismus ist das Verschwinden der Zukunft.» Aber was ist der Grund für das Verschwinden der Zukunft? Ein Grund ist, bisherige Erfolg versprechenden Regelungen haben ihre Tauglichkeit eingebüsst. Dies nachdem im Laufe der Zeit Zielkonflikte sichtbar wurden, für die keine passenden Lösungen gesucht und schon gar nicht gefunden wurden. Da wäre der Zielkonflikt innerhalb der Menschenrechte zwischen dem Menschenrecht auf Eigentum und den Menschenrechten auf Lebensunterhalt (z.B. Asylrecht oder Recht auf beliebige Kinderzahl).

Heute gibt es 8 Milliarden Menschen. Als die Menschenrechte formuliert wurden, waren es 2 Milliarden und es gab keine Handys, mit deren Hilfe man das Asylrecht gewinnbringend ausbeuten kann. Das ist auch ungerecht gegenüber denjenigen, die nicht in der Lage sind, in die EU zu gelangen, um zu fordern, dass ihr Bleiberecht bis ins Detail mit Rechtsbeistand geprüft wird (falls hilfreich nach Vernichten des Reisepasses).

Typisch für die gehandhabte Interpretation der Menschenrechte ist, dass die Probleme beim Thema Demographie, die das horrende Wachstum der Menschheit betreffen, meistens nur indirekt zur Sprache kommen. Etwa in der letzten Sendung Trend des SRF1 (19.11.22) in dem von einem erfolgreichen Projekt zur Wasserversorgung von 40 000 Menschen in der Stadt Assuan (ca. 400 000 Einwohner), der «Perle am Nil» berichtet wurde. Am Ende der Besichtigung der Pumpstation gab es einen Tumult. Eine Gruppe junger Männer verlangte lautstark nach Arbeit in der Pumpstation. Die Antwort war, alles laufe nahezu automatisch. Die Einwohnerzahl des Gouvernements Assuan wuchst von 961 Tausend (1996) auf 1.6 Millionen (2021). Von 2017-2021 betrug das jährliche Bevölkerungswachstum 1.9%.

Das wäre mehr als Versechsfachen in 100 Jahren. Und das übersteigt verständlicherweise die Rate der neuen und frei werdenden Arbeitsplätze. Ein anderes Beispiel aus der Tamedia-Sonntagszeitung vom 13.11.22 beschreibt Integrations-Probleme in einer Zürcher Schule. Bei Elternsprechstunden kommen kaum Eltern. «Der Migrationsanteil beträgt 50 Prozent, in gewissen Klassen 100 Prozent, viele Eltern sind arbeitslos, manche Familien haben zehn Kinder». Die beiden Beispiele verweisen aufs alltägliche Sichtbarwerden von Problemen im Bereich Demographie. Eine Voraussetzung fürs langfristige Beherrschen solcher Probleme wäre, letztenendes die Zielkonflikte innerhalb der Menschenrechte gelöst werden.

Durch die unterschiedliche Gewichtung der Menschenrechte entstehen dann eben die von Krastev thematisieren Gräben innerhalb der EU. Einerseits zwischen rechts und links und andererseits zwischen Westen und Osten der EU. Angela Merkel meint, Deutschland sei ein starkes Land, «wir schaffen das». Aber heisst das, ein starkes Land müsse sich kaum lösbare Zukunfts-Probleme einhandeln? Wobei das erwähnte Beispiel in Zürich eher harmlos ist. Wenn Merkel sagt „Beim Recht auf Asyl gibt’s keine Obergrenze“ heisst das auch „Beim Ignorieren des Menschenrechts auf Eigentum gibt’s ebenfalls keine Grenze“.

Man muss daher über Grenzen reden und darüber was aus historischen Erfahrungen gelernt werden kann. Dazu Folgendes: Auf der Insel Tikopia (vgl. das Buch «Kollaps»), aber auch in buddhistischen Dörfern (vgl. Buch und Film «Das alte Ladakh») durfte nur der älteste Sohn Kinder haben. In Ladakh wurden seine Brüder Mönche. Eine Tikopia- Parallele gab’s bis ins letzte Jahrhundert in weiten Teilen Europas, wo auch nur ein Sohn den Hof übernahm und seine Geschwister kinderlose Dienstboten wurden oder ins Kloster gingen (falls Alternativen fehlten, was oft der Fall war). Bei den Beispielen wurde gesellschaftlicher Zwang genutzt.

Die tieferen Geburtenraten in reichen Industrieländern beruhen ebenfalls auf Zwang. Z.B. in Südkorea verbot die Regierung bezahlten Nachhilfeunterricht nach 22 Uhr, um die Wirkung des Konkurrenzdrucks im Bereich Bildung auf die Gesundheit zu reduzieren. In armen Industrieländern wie im Osten Europas ist wirtschaftlicher Zwang wirksam. Dies gibt uns ausreichendes Recht, übers wirksame Lösen des Zielkonflikts bei den Menschenrechten zu diskutieren. – Dr. Gernot Gwehenberger

 

„Der“ Fortschritt als die Krux der Liberalen. Es ist wie es ist. Beziehungsweise es ist wie es immer war. Also eigentlich ist es nicht mehr so wie es einmal war, wenn man den Geist einer jüngeren Generation zusammenfassen will. Einer jüngeren Generation deshalb, weil das keineswegs ein Alleinstellungsmerkmal „der“ jetzigen jungen Generation ist, auch wenn es ihnen oft so vorkommen mag. In gewisser Weise stellt für eine jüngere Generation die Aussage „es ist wie es ist“ oder besser ausgedrückt „es ist wie es immer schon war“ eine indirekte Beleidigung auf ihren kreativen Schaffensgeist und ihren Willen zur Veränderung dar.

Von der vorhergehenden Generation wird am besten so wenig wie möglich übernommen, und wenn, dann wird es neu gedacht und dem „modernen Zeitgeist“ angepasst. „Move fast and brake things“, nur wird eher mehr reformiert als kaputt gemacht. Zumindest glauben die Reformatoren das meistens. Dabei will ich gar nicht dem Fortschritt und der Veränderung ihre Wichtigkeit absprechen, schließlich gelten sie gemeinhin als die Triebfeder die uns unser (Fort)Leben ermöglicht hat und hoffentlich auch weiter ermöglichen wird. Aber nur weil etwas anders ist, heißt das noch lange nicht dass es sich als Fortschritt bezeichnen lässt. Fortschritt bedeutet meistens Veränderung, aber nicht alle Veränderung ist gleich Fortschritt.

Veränderung per se muss nichts Gutes sein, selbst Fortschritt ist nicht immer positiv. Man muss sich nur der Frage stellen für wen der Fortschritt eigentlich von Vorteil ist. Die Industrialisierung bietet ein ziemlich gutes Beispiel dafür. Jeder Fortschritt, mag er auch noch so vielen Menschen eine Verbesserung bieten, hat seine Verlierer und schafft vor alle dem neue Probleme. Probleme, mit denen sich dann meistens die neue Generation beschäftigen und ihren Vorgängern vorhalten kann, was für Fehler sie doch begangen habe und wie viel besser jetzt doch alles sei, beziehungsweise einmal sein werden wird.

Das Fortschritt einen jeden zufriedenstellen kann, halte ich genauso illusorisch wie Vollbeschäftigung oder gar eine Welt, in der alle gleich (gut) und fair behandelt werden. Und darin liegt das Problem mit dem Fortschritt, er wird heutzutage nämlich oft als genau das verkauft. Wie als ein Wundermittel, mit dem quasi kostenlos nur Vorteile entstehen würden. Einige Schlagwörter des jetzt gerade aktuellen Fortschritts sind Dinge wie Digitalisierung, Diversität, Offenheit und Inklusion, um nur ein paar zu nennen.

Bevor Sie jetzt ein Urteil über mich fällen, möchte ich sagen dass ich prinzipiell nicht gegen diese Dinge bin. Aber mich stört diese Bedingungslosigkeit, die häufig gegenüber diesem Fortschritt erwartet wird, wie er oft als Alternativlos hingestellt wird. Die Verlagerung aller möglichen Dinge in die digitale Welt unter dem Deckmantel der Digitalisierung, vom bargeldlosen Bezahlen bis zum Online-Dating als ein einfaches Beispiel. Man hat das Gefühl, um jugendlich oder „fortschrittlich“ zu sein muss man diese Dinge als die neue Realität akzeptieren und auch so praktizieren.

Menschen die sich diesem Fortschritt nicht so leidenschaftlich hingeben befinden sich in der Unterzahl, vor allem unter den Jüngeren, und werden deswegen oft einfach vergessen oder mit Herablassung betrachtet. Und so fortschrittsbedingt offen und inklusiv sich die heutige Gesellschaft gerne gibt, so sehr wird diese Minderheit nicht berücksichtigt und ausgegrenzt. Durch diesen vermeintlichen Fortschritt wird zwar ehemals ausgeschlossenen mehr Akzeptanz zugesprochen, aber gleichzeitig werden auch neue Außenseiter geschaffen.

Das passiert manchmal nicht einmal wirklich bewusst, aber oft machen es sich die Anhänger dieses (liberalen) Fortschritts zu einfach und stempeln alles anders Denkende prinzipiell als falsch, meistens also rechts- konservativ, ab, als ernsthaft auf den Anderen einzugehen. Genauso entstehen Systeme wie in Ungarn oder Polen, genauso kommt es in vermeintlich fortschrittlichen Ländern wie zum Beispiel Amerika zu Präsidenten wie Donald Trump oder in Deutschland zu Parteien wie der AfD.

Nicht unbedingt weil so ein großer Teil der Menschen sich als Neonazi oder Sexist fühlt wie ich glaube. Manche dieser Menschen sind womöglich einfach in einem politischen polarisierten Gelage gefangen, in dem man sich zunehmend nur mehr komplett für den Fortschritt oder gegen ihn entscheiden kann. Und so ein mancher stellt sich dann vielleicht aus Trotz ganz gegen ihn, zum Leiden aller. – Simon Sammböcker

 


 

 

Leserbriefe zu „Absturz der Zocker“ von Heike Buchter und Jens Tönnesmann

 

Schon klar, die ZEIT ist kein Wirtschaftsblatt, schon alleine deshalb unterliegt ihr eine natürliche Beschränkung, was detailreiche und tiefe Analysen anbelangt. Dennoch hätte ich mir bei dem Artikel mehr gewünscht als eine Aufreihung an Geschehnissen, welche mir auch Bloomberg, CNBC oder die Financial Times liefern. Viel spannender wäre ein Insider-Bericht eines ausgewiesenen Experten, den die ZEIT mit dem Leiter ihres Feuilletons, Herrn Mangold, ja im eigenen Haus hat. Ob er als unermüdlicher Crypto-Prediger seinen Gang nach Canossa bereits angetreten hat? – Alexander Mueller

 

Einge Geldanlage die auf Dauer Unmengen von Energie frisst ist die perverse Spitze der Kapitalmärkte und gehört geächtet. Verantwortungsvolle und Vernünftige Menschen können nur hoffen, dass sich diese Branche so weit wie möglich pulveriesiert. – winfried becker

 

In dem Artikel wird über die Notwendigkeit von mehr Regulierung gesprochen, aber hier wird ein Grundübel außer acht gelassen, das alle Kryptowährungen betrifft – egal wie sie reguliert oder nicht reguliert werden. Kryptowährungen sind unglaublich große Stromfresser, sie bestehen aus Rechenoperationen, es werden weltweit immer mehr Server dafür installiert.

Inzwischen fressen sie soviel Strom, dass damit ganze Großstädte elektrisch versorgt werden könnten, eine Unmenge Elektroautos betrieben werden könnten, …. – d.h. wir bräuchten weniger Kraftwerke, was wieder deutlich weniger CO2 bedeutet. Wer den Klimaschutz ernst nimmt, muss ein Verbot von Kryptowährungen durchsetzen. Das wäre ein nennenswerten Beitrag zum Stromsparen. Von unseren Politikern habe ich dazu noch nichts gehört – es wird höchste Zeit. – Roswitha Müllerwiebus

 


 

 

Leserbriefe zu „Ihr enttäuscht uns!“ von Minna Ålander

 

Selektive Erinnerungskultur. Es ist durchaus angebracht Deutschland im Hinblick auf seine Verteidigungspolitik zu kritisieren und dabei auf Basis der Geschichte der deutsch-finnischen Beziehungen zu argumentieren. Es ist aber ein intellektuelles Kunststück ohne Gleichen, dabei zwar den Molotow Rippentrop Pakt anzuführen und gleichzeitig den Zeitraum von 1941-44, in dem die finnische Armee an der Seite der Wehrmacht im Russland-Feldzug kämpfte, komplett außen vor zu lassen, ebenso die Fantasien eines Groß-Finnlands (Murmansk lässt grüßen). Gerade da diese Beteiligung der Hauptgrund der sowjetischen Neutralitätsforderung gegenüber Finnland nach dem zweiten Weltkrieg war.

Es zeigt einmal mehr, wie wenig diese Kollaboration mit Nazi-Deutschland in Finnland reflektiert oder gar aufgearbeitet wurde. Zumal auch tausende Immigranten an Deutschland ausgeliefert wurden. Eine solche Aufarbeitung und Abkehr von der selektiven Erinnerungskultur könnte vielleicht auch zu einem weitergehenden Verständnis der Schwierigkeit des Umgangs Deutschlands mit seinen östlichen Nachbarn führen. Autor von Finnland im Zweiten Weltkrieg: Zwischen Winterkrieg, Waffenbrüderschaft und Neutralität: – Björn Kohlsdorf

 

Als Deutscher war auch ich für die Abschaffung der Wehrpflicht, habe mich aber ernsthaft als 60-jähriger für ein Jahr Bundeswehr-Dienst beworben, als Finne wäre ich für ihre Beibehaltung – in Finnland – wie die Politikwissenschaftlerin Minna Alander in ihrem sachkundigen Artikel schreibt, angesichts der langen Grenze zu finnischen Nachbarländern und der geringen Einwohnerzahl Finnlands. Dass sie auch die Tunnels unter der finnischen Hauptstadt Helsinki erwähnt mit einer Zivilschutz-Kapazität von 9ooooo für 600000 Einwohner, lässt die Berliner wohl vor Neid erblasssen( „in Berlin gibt es momentan keine funktionsfähigen Zivilschutzanlagen“). – Dietrich Bauer

 


 

 

Leserbriefe zu „Pechvogel“ von Armin Nassehi

 

Die Analyse von Armin Nassehi greift zu kurz. Schließlich besteht die entscheidende Achillesferse von Twitter zumindest in Deutschland darin, dass der Dienst in seiner Bedeutung für die öffentliche Meinungsbildung gewaltig überschätzt wird, da sich hier vornehmlich nur eine sehr geringe Bandbreite der Gesellschaft aus Politikern, Journalisten, Beratern und sogenannten Nerds trifft, wobei gerade die erste Gruppe nicht selten den leider von wenig Digitalkompetenz zeugenden (Denk-)Fehler begeht, die zu beobachtenden Äußerungen als eine reale Stimmungslage innerhalb weiter Teile der Bevölkerung zu betrachten.

Deshalb gibt es am Ende bei den Tweets doch so etwas wie eine Echokammer, indem sich die User entweder in ihrer eigenen Meinung oder in ihren Vorurteilen gegenüber andersdenkenden Menschen bestätigt fühlen, weshalb die wahre Tragik von Elon Musk darin liegt, in ein sowohl in verbaler als auch technischer Hinsicht viel zu schmalspuriges Medium sein Geld investiert zu haben! – Rasmus Ph. Helt

 

Ich kann dem Autor nur zustimmen, aber ich verstehe nicht, wie gebildete, intelligente Menschen so viel Zeit dort verbringen könne. Mich erinnert dies an einen Stammtisch, ganz nett nach dem 5. Bier, aber am nächsten Morgen… – Peter Pielmeier

 


 

 

Leserbriefe zu „Drei Schritte zur Null“ von Dirk Asendorpf

 

Dieser Artikel über sehr gute Umsetzung zur Klimaneutralität in Sonderborg zeigt wieder einmal deutlich, das wir Deutschen Theorieweltmeister ,aber leider Praxis-kreisliga sind. Dabei wäre es so einfach, wenn wir auch in der Politik, wie in der Wirtschaft oder im Sport üblich, erfolgreiche Modelle identifizieren und dann die Erfolgsfaktoren übernehmen. Wenn die Skandinavier im Bildungssystem, Gesundheitswesen, Altersvorsorge und auch Energieffizienz über lange Zeiträume nachweislich die besten Ergebnisse erzielen, wäre es doch am einfachsten diese Systeme und Prozesse zu übernehmen.

Stattdessen ergehen wir uns in theoretischen Diskursen und schütten Geld und Resourcen in diverse Experimente, wo die politischen Glaubensgrundsätze der regierenden Fraktionen die wichtigste Maxime zu sein scheinen. Das muss aufhören, das Rad ist erfunden ! Macht die Augen auf und lernt von den Besten ! Es würde mich freuen, wenn sie diesen Gedanken vielleicht auch in einem Essay oder Artikel beleuchten und so eventuell einen Anstoß zum Umdenken geben könnten.

P.S. auch ein Tempolimit scheint nicht das schlechteste Modell zu sein, wenn 99% der Welt damit gute Erfahrungen macht. Weniger Tote, Unfälle und daher auch Staus, weniger CO“ sowieso. Aber Hr. Wissing sagt, das geht leider nicht, weil wir da zu viele Schilder bräuchten ???!! Dabei reicht , wie bei unseren Nachbarländer je EIN Schild an jedem Grenzübergang. Thats it. Aber das ist wohl wieder zu einfach. – Frank Hertig

 

Bei aller Begeisterung über die vorbildlichen, dänischen Ideen zur schnelleren Erreichung einer klimaneutralen Stadt Sønderborg, muss man bei der Wahrheit, sprich den Fakten bleiben. Die Aussage, dass elektrisch betriebene Baumaschinen nur ein Viertel der Energie von klassischen Geräten – für dieselbe Leistung – benötigen, ist schlicht falsch. Die physikalische Leistung (z. B. für den Aushub von 100 Kubikmeter Boden) bleibt immer dieselbe. Auch wenn der Elektromotor etwa doppelt so effizient ist wie der Dieselmotor, so hat der dafür benötigte Akku (die Batterie) nur einen Wirkungsgrad von vielleicht 75%. Immerhin, wenn der Strom dafür zu 100% aus erneuerbaren Quellen kommt, ist das Ganze deutlich umweltfreundlicher.

Auch die vorgeschlagene Drei-Schritte-Regel ist nicht der Weisheit letzten Schluss. Am schnellsten ist es, wenn man die Schritte parallel abarbeitet, weil das Stromsparen und das Vernetzen ja erheblich Zeit braucht. Und der am Ende des Prozesses (Schritt 3) immer noch benötigte Strom muss ja auch dann irgendwo herkommen, wenn die Sonne nicht scheint (immer nachts) und der Wind nicht bläst. Wir in Deutschland wollen das Problem mit (immer mehr) Gaskraftwerken lösen, was aktuell die teuerste von allen ist. Die Verfügbarkeit von mit erneuerbaren Quellen hergestelltem Wasserstoff, mit dem der Strom bei Nachtflaute erzeugt werden könnte, liegt leider noch in weiter Ferne. Und leider geht sehr viel Strom dabei verloren, Wasserstoff herzustellen und wieder in Strom zurück zu verwandeln. Immerhin, der Weg dorthin ist vorgezeichnet. – Peter Breuninger

 


 

 

Leserbriefe zu „Wo nichts sicher ist“ von Heinrich Wefing

 

Das ist der überflüssigste Leitartikel ever. Den Test für Ihre Nervenstärke haben Sie nicht bestanden. Da noch alles unbekannt ist enthalten wir uns eines Leitartikels. Das wäre der richtige Text gewesen. – Rüdiger Weigel

 

Das ist schon bizarr. Über Monate wird in der ZEIT die Sorge vor einer Ausweitung des Krieges auf den Westen mit dem Stigma „Angst vor Putin“ behaftet und zu diskreditieren versucht. Und dann führt ein Vorgang, der kaum Eskalationsgefahren birgt zu einem solchen Artikel. Selbst ein russischer Irrläufer hätte kein militärisches Eingreifen der NATO ausgelöst, nicht zuletzt weil Amerikaner und Russen würden diesen ja erwartbaren Fall mit Sicherheit (kommunikative) Vorkehrungen getroffen haben, um einen Weltkrieg aus Versehen zu verhindern. – Dr. Mathias Siekmeier

 


 

 

Leserbriefe zu „WER TRÄGT DIE SCHULD?“ von Christoph Heinemann

 

Hinterher ist man immer schlauer. Da ruft eine Mitarbeiter die Heimleitung an, dass ihre Familie Corona-Symptome hat und soll trotzdem arbeiten kommen, anscheinend ohne sich zu testen. Wie konnte man so dumm sein? Diese Dummheit lässt sich leicht erklären: Man war dem Irrglauben verfallen, die Corona-Impfungen würden zuverlässig vor Ansteckung, Weitergabe und schweren Verläufen schützen. Wie dieses Beispiel eindrücklich zeigt: auch Geimpfte haben sich angesteckt, das Virus weiter getragen und auch unter Geimpften gab es schwere Verläufe und Todesfälle.

Ob nicht sogar ungetestete geimpfte BesucherInnen oder MitarbeiterInnen das Virus in das Heim getragen haben, wird sich nie zweifelsfrei klären lassen. Sicher ist, dass es bei den G2-Regeln nicht um den Schutz vulnerablen Gruppen ging mit täglichem Testen für alle, sondern um die Diskriminierung derer, die man zu Sündenböcken der Pandemie gemacht hatte. Christoph Heinemann knüpft daran an. Aber eigentlich sind wir heute schlauer. – Christoph Scholz

 

Die Antwort ist hier meiner Ansicht nach relativ klar. Die Politik! Die politische Begründung für die berufsbezogene Impfpflicht ist der Schutz der Patienten vor Übertragung des Virus durch das Personal. Eine Haltung, die damals schon keine wissenschaftliche Grundlage hatte! Von Anfang an gab es an dieser These wissenschaftliche Zweifel, und dennoch besteht diese Impfpflicht bis heute, obwohl es mittlerweile bewiesen ist, dass es diesen Übertragungsschutz nicht gibt. Diese politische Fehlentscheidung hat letztlich dazu geführt, dass der Beschuldigten von ihrer Vorgesetzten empfohlen wurde in die Arbeit zu gehen, obwohl sie infiziert war und Symptome hatte.

Ohne diesen politischen Irrweg, wäre die Beschuldigte vermutlich einfach krank zu Hause geblieben. Die Krankenschwester kann letztendlich nur wegen Dokumentenfälschung angeklagt und verurteilt werden. Wegen fahrlässiger Tötung könnte sie nur verurteilt werden, wenn wissenschaftlich zweifelsfrei bewiesen wäre, dass eine Coronaimpfung vor Übertragung des Virus schützt. – Dr. med. Martin Krivacek

 


 

 

Leserbriefe zu „»Ich wollte ins Paradies«“ von Ahmad Mansour

 

Wir wünschen Herrn Mansour für seine Arbeit gutes Gelingen und Erfolge, auch wenn die sich wohl nur schrittchenweise einstellen lassen. Ich selbst bin Mitte der 70er Jahre ganz privat fast zwei Jahre in Israel gewesen und habe sowohl mit jüdischen als auch mit muslimischen Israelis Kontakt gehabt und mit ihnen gearbeitet. Die pauschale Aussage des Autors, dass das Abendland das Morgenland nie wirklich verstanden hat, lehne ich jedenfalls für mich ab.

Um konfrontative Rechthaberei zwischen politischen und liberalen Muslimen zu vermeiden, zumindest einen Ansatz dafür zu finden, sollte die Frage, was Religion überhaupt ist, stärker berücksichtigt werden. Eigentlich müsste es sogar heißen, was Religion aktuell sein könnte, denn sie lässt sich als lebendige Entwicklungsgeschichte nicht wie ein feststehendes Konstrukt definieren. Und Glaube kann man auch nicht verabsolutieren, denn dann würde er zu einem kontrollier- und standardisierbaren Gebilde, das die Fragen nach institutioneller Zugehörigkeit und operativen Machtfantasien favorisieren würde.

Und noch eine kleine Bemerkung: Herr Mansour führt als Zeugnis für seine liberale Haltung u. a. an, manchmal Alkohol zu trinken. Dabei wird im Koran (Sure 16, 67) der Genuss von und der Handel mit Wein ausdrücklich gelobt. Okay, zwei weitere Verse (die Suren 2, 216 und 5,92) stellen das anders dar, bis hin zur generellen Warnung, und ein weiterer Vers (47,159) beschreibt den wundervollen Genuss des tollsten Weines im sogenannten Paradies. Die sich aus diesen Unterschieden ergebende Konsequenz kann dann nur sein, dass es mit dem von Islamisten propagierten und exklusivistisch verstandenen Offenbarungsanspruch ihres Religionsverändnisses dann doch nicht so weit her sein kann. – Christoph Müller-Luckwald

 

Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Ahmad Mansour ein von der israelischen Regierung gekaufter Langzeit-Lobbyist ist, der im Gewand des säkularen und liberalen Muslim in den deutschen Medien „Gut Wetter“ für Israel und gegen dessen selbstgewählten Hauptgegner Iran machen soll. So diskreditiert er den alljährlichen Erinnerungstag an die brutale Besatzung des Westjordanlandes und die völkerrechtswidrige Annexion Ostjerusalems, die „Al Quds-Demonstration“ in Berlin fälschlicherweise zu einer Aktion „für die Auslöschung Israels“ und kritisiert die shiitische Moschee in Hamburg für ihre Trauerveranstaltung für den von den USA ermordeten, bei den Iranern äußerst beliebten und angesehenen General Qassem Soleimani.

Von Herrn Mansour hat man noch nie ein kritisches Wort zur Unterdrückung der Palästinenser, dem Landraub durch die illegale Besiedelung, und den Aussichten gehört, dass demnächst Rassisten und Faschisten am Regierungstisch des Rechtsaußen Netanjahu sitzen werden. Sorry, aber diesem Herrn Mansour traue ich nicht über den Weg. – Björn Luley

 


 

 

Leserbrief zu „Dritter Versuch“ von Rieke Havertz

 

Als ehemaliger Stadtbaurat von Hanau erinnere ich mich an eine Begegnung mit CDU-Politikern nach ihrer Wahl von Margret Härtel zur Oberbürgermeister-Kandidatin. „Nun sind wir sie los, die wählt ja keiner“. Als SPD-Mitglied war ich skeptisch, war doch der eigene Kandidat von geringer Wirkung. Margretsche aber ging mit sprachlicher Nähe zum Volk über den Marktplatz und erreichte die Bürgerinnen und Bürger trotz erkennbarer Unfähigkeit. Deshalb besteht die Gefahr, dass Trump wiedergewählt wird. – Jürgen Dressler

 


 

 

Leserbrief zu „»Ich habe meiner Empörung freien Lauf gelassen«“. Gespräch mit Roberto Saviano geführt von Ulrich Ladurner

 

Bei aller Skepsis gegenüber Frau Meloni, und vor allem bei allem Respekt vor den Leistungen Roberto Savianis: Sein Argument, dass verbale Aggression der eigenen Sache schadet, wird durch den Hinweis auf Frau Melonis Schutzmantel, also ihre parlamentarische Immunität, in keiner Weise entkräftet. In seiner Position braucht es auch keine Kraftausdrücke, um Gehör zu finden. Die Beschimpfung war in seinen eigenen Augen eher ein Fehler, und wahrscheinlich weiß er das auch. – Dr. Christian Voll

 


 

 

Leserbrief zu „Wer zahlt?“ von Karsten Polke-Majewski

 

Die WestLB verdient eine umfassendere Recherche, liegen die Umstände ihres eigenen Dramas und ihrer Verstrickungen in den Cum-Ex-Skandal viel früher zurück. Sie betreffen die Ära des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Friedel Neuber, seines schutz-befohlenen Ministerpräsidenten Johannes Rau und auch dessen Staatskanzleichef Norbert Walter-Borjans. Neben weiteren Persönlichkeiten wie die zuletzt als Regierungspräsidentin Köln versorgte ehemalige Landtagsabgeordnete Gisela Walsken bestand ein Netzwerk aus vornehmlich sozialdemokratischen Politikern des Landes NRW. Der schon vom Gründer der WestLB Poullain betriebener Größenwahn fand genau zu dieser Zeit seinen Höhepunkt. Die Causa Cum-Ex ist ein logisches Handeln im Verständnis dieses Größenwahns. – Jürgen Dressler

 


 

 

Leserbrief zu „»Man ist nicht mehr derselbe«“. Gespräch mit Manuel Gonçalves-Pinho geführt von Harro Albrecht

 

Sicherlich kann der Mißbrauch von Cannabis – wie auch von Alkohol und Tabak – vermehrt zu psychischen Krankheiten führen. Aus diesem Grunde sollten die Studien darüber auch denen von „legalen“ Drogen gegenübergestellt werden. Und es sollte vermehrt Aufklärung stattfinden – ohne Frage. Solange allerdings Drogen legal! und ohne Einschränkung auf Webseiten zu bestellen sind die nicht unter das NPS-Gesetz fallen

– z. B. synthetisches LSD bei Bash-Designer-Labs – und sich die Vertreiber öffentlich darüber lustig machen, dass die Bundesregierung diese Angelegenheit nicht in den Griff bekommt, muss die Ernsthaftigkeit der Drogenpolitik überdacht werden. US-Behörden haben den Zulieferer Lizard-Labs in den Niederlanden – zumindest zeitweise – gestoppt und die Internetseiten blockiert während die Internetseiten Deutschlands den Vertrieb aufrecht erhalten. Drogen die nicht genau überprüft und deklariert sind und an denen Menschen sterben. Der Kauf ist legal und ohne Begrenzung möglich. Vielleicht sollte man darüber einmal nachdenken. – Silvia Baur

 


 

 

Leserbrief zu „Scholz sortiert die Welt“ von Peter Dausend und Anna Sauerbrey

 

Noch bleibt Scholz auf der Linie seiner Vorgängerin Merkel. Der Besuch so vieler Länder dieser Erde gehört einfach zum Muss des Kanzlers der einer so starken Industrienation wie Deutschland vorsteht. Wohlgemerkt, der Schwerpunkt liegt für uns bei dem Handel mit Industriegütern und der Beschaffung von ÖL, Kohle und Gas für die Energieversorgung des Landes und auch für den Bedarf der Chemiekonzerne für die Weiterverarbeitung fossiler Rohstoffe. Eine deutsche Außenpolitik mit politischen Leitlinien für den Umgang mit pseudodemokratischen Staaten oder Diktaturen existiert nur in vagen Ansätzen und es fehlt ihr deshalb an Überzeugung.

Den Beweis für die politische Blauäugigkeit (oder Fahrlässigkeit !) der deutschen Politik gegenüber Putins Russland lieferte sein Überfall der Ukraine am 24.Februar ! Deutschland fühlte sich bisher wohl in seiner Rolle als wirtschaftlich erfolgreiche Industrienation im Zentrum der EU. Unter dem Schirm von NATO und der USA als Führungsmacht seit Jahrzehnten vor Russland geschützt konnte Deutschland mit seiner wirtschaftlichen Stärke den hohen Lebensstandard stabil halten. Dass die anderen europäischen Länder häufig mit Neid, gepaart mit Unwillen dem Egoismus der deutschen Regierung zusahen, störte uns nicht weiter.

Seit dem Einmarsch der Russen am 24. Februar in die Ukraine wurde ganz Europa plötzlich daran erinnert, dass die überfallene Ukraine berechtigt ist, einen Tribut von den demokratischen Ländern der EU und Amerika in Form von Waffenhilfe, neben der selbstverständlichen humanitären Unterstützung, zu fordern. Es war leider zu beobachten wie schlecht koordiniert die Hilfen der EU für die Ukraine waren. Alle redeten und handelten oft aneinander vorbei und das „Führungsduo“ Frankreich & Deutschland ging sich aus dem Wege weil keiner dem anderen etwas zu sagen hatte. Auch ansatzweise kaum eine abgestimmte Außen- und Militärpolitik.

Nach Putins Spiel mit der Angst vor dem Einsatz von Atomwaffen im Ukrainekrieg äußerte sich neulich im französischen Fernsehen Präsident Macron sehr gewunden über den Einsatz der eigenen Atomwaffen. Neben den Atommächten USA und England, die hier über die NATO verbunden sind, würde in Europa, wegen NATO-Mitglied Frankreich, erst einmal ein Chaos der Zuständigkeiten über den Einsatz von Kernwaffen ausbrechen.

Deswegen sind Scholz`s diplomatische Bemühungen, in der Welt für gute Kontakte zu Deutschland zu werben, fast schon der Schnee von gestern. Es stellen sich nämlich immer dringender ganz andere, grundsätzliche Fragen zu Deutschlands Rolle in Europa und der Welt. Es wird Zeit Deutschland zu ermahnen, endlich zu erwachen aus dem jahrzehntelangen außenpolitischen Dornröschenschlaf. – Klaus Reisdorf

 


 

 

Leserbrief zu „Schatten über seinem Ruhm“ von Ulrich Greiner

 

Die Zeit erscheint seit 1946 in Hamburg. Da lag die Stadt noch in Trümmern. Was hat Hamburg mit W. G. Sebald zu tun? Nichts, sofern man der Rezension Greiners folgt. Oder vielleicht doch? W. G. Sebald hat 1997 in Zürich einen Vortrag gehalten, aus dem das Essay Luftkrieg und Literatur entstand, in dem er beklagt, dass diese Katastrophe (für Hamburg Unternehmen Gomorrha) literarisch kaum verarbeitet wurde (sieht man, was Hamburg betrifft von Hermann Kasascks Die Stadt hinter dem Strom ab).

Greiner stellt in den Mittelpunkt seiner Rezension, dass die Biografin wohl viel Sympathie für den Autor hat (was implizit bedeuten soll, dass die nötige Distanz fehlt) und dass Sebald reale, aber nicht jüdische Vorlagen für seine Figuren benutzte. Okay, was ist mit Brecht oder Thomas Mann? Was ist daran erwähnenswert? Weiterhin ist es für den Rezensenten von Interesse, dass die Witwe und die Tochter mit der Biografin nicht reden wollten. Wie oft kommt das vor? Wie oft gibt es gar keine Zeitzeugen mehr? Was ist an dem Liebesleben dieses Mannes so interessant? Viele Schriftsteller: innen hatten Musen.

Was soll die ausführliche Erwähnung der Schwestern und des Vaters? Warum geht Greiner nicht darauf ein, wie die Biografin die Essays Sebalds zu österreichischen Schriftstellern oder seinen anderen Werken (z. B. Campo Santo) wertet? Warum geht Greiner nicht darauf ein, dass es ein Armutszeugnis für den deutschen Literaturbetrieb ist, dass erst 21 Jahre nach dem Tod Sebalds eine Engländerin (!) die erste Biografie (!) schreibt? Irgendwie erscheint es mir so, als sei Sebald eine persona non grata! Wofür auch diese Rezension spricht. – Dr. G.-Rüdiger Erdmann

 


 

 

Leserbrief zu „SURFLINER“ von Jessica Braun

 

Vielen Dank für Ihren Reisebericht: „Pacific Surfliner“ Surfliner in der Zeit vom 20.11.2022. Leider ist Ihr Bericht eine als informierender Artikel getarnte Anstiftung zum Begehen einer steuerfreien Klimasünde. Hin und zurück fliegt man 20.000km. Das entspricht einem Kerosinverbrauch von ca. 800 Liter pro Person. Dieses Kerosin ist für die Fluggesellschaften steuerfrei und auf das Flugticket wird keine Mehrwertsteuer erhoben(!).

Für Diesel, nichts anderes ist Kerosin, bezahlt ein Konsument, der klimafreundlich daheim bleibt, ca. €0,80 je Liter an CO2-, Energie- und Mehrwertsteuer. Sogar die Nutzer von Bus und Bahn zahlen diese Steuern. Ich bin selbst Flugkapitän, aber finde es höchst unzeitgemäß, dass umweltfreundliche Verkehrsmitteln mit erheblichen Steuern belastet werden, während Luxus-Flugreisenden auf solchen besonder klimaschädlcihen Langstreckenflügen keine Mehrwertsteuer auf das Ticket bezahlen und nur einmal €58,23 für die Luftverkehrsabgabe!

Für 800 Liter Diesel zahlt man an der Tankstelle ca. €640,- Steuern. Flugpassagiere zahlen fast nichts! Durch diese Bevorzugung versäumt es die Luftfahrt rechtzeitig klimaneutral zu werden. Die öffentliche Stimmung kann sich schon bald ganz gegen die Luftfahrt kehren, wenn es zu noch mehr Waldbränden, Dürre-, Hitze- und Flutopfer kommt. – Klaus Siersch

 


 

 

Leserbrief zu „»Sie holen sich unsere Unterhaltungsdrogen«“. Gespräch mit Peter Sloterdijk geführt von Cathrin Gilbert und Peter Kümmel

 

Das, was Katar mit dem Fußball (und anderen kulturellen Institutionen) anrichtet, könnte man als „kulturelle Aneignung“ bezeichnen. Immerhin zahlt das Land ausreichend (Schmieröl-)Geld dafür und plündert andere Kulturen (abgesehen von den Bauarbeitern natürlich) nicht einfach nur aus, wie es der Westen lange Zeit mit nur wenig Gegenleistung tat. Ob diese Kultur tatsächlich angenommen oder sogar übernommen wird, bleibt fraglich. Der arrogante Westen musste auch erst den Jazz und den Rock ’n‘ Roll entdecken bzw. entwickeln, die beide zu einem Mentalitätsumschwung führten oder damit einhergingen. (Die kurzfristigen Wellen im 19. Jh., in denen Exotismus in Mode war, lasse ich mal außen vor.) Die dreisten Kopierer und Klauer aus China sollen auch nicht unerwähnt bleiben.

Man kann mir gerne Whataboutism vorwerfen, aber das, was der Westen mit seinen Textilsklaven in Bangladesch, Pakistan etc. anstellt und was die EU im Mittelmeer und ihren Außengrenzen an menschenverachtender Politik betreibt, ist auch nur unwesentlich besser als das katarische Sklaventreiber-Emirat.

Zählten zu den Textilsklaven nicht auch lange Zeit Kinder, die Fußbälle zusammennähten? Und mit unseren eigenen Frauenrechten und denen für Nichtheteronormativsexuelle stand es vor nur wenigen Jahrzehnten auch nicht besonders gut. Ein bisschen arrogant kann man uns tatsächlich nennen, aber längst nicht so dermaßen arrogant wie Katar oder wie uns das der im Glashaus sitzende Doktor InfantiNO vorwirft. Von mir aus kann dieses Land gerne von den großen und kleinen Satanen der Region (Saudi-Arabien und Iran) okkupiert und seine „Kultur“ gecancelt werden. Viel zu canceln gibt es da nicht. Die WM-Propaganda wird bei mir jedenfalls kein Helfersyndrom auslösen.

Dass der große Reibach die wichtigsten Sportereignisse der Welt bestimmt, ist spätestens seit Los Angeles 1984 der Fall. Mir ist klar, dass man an Profisportlern (auch offiziell) nicht mehr vorbeikam, aber diese gnadenlose Kommerzialisierung (von Versicherungsdrückerkolonnen gesponserte „Arenen“ statt Stadien; galaktisch hohe Ablösen; Scheichs, die Clubs kaufen, um ihr Geld zu waschen; ein faschistoider italienischer Bungabunga-Botox-Clown, der den Fußball für seine kriminellen Machenschaften missbraucht, weil seiner sexistischen Blödmaschine die Sportrechte und eine maßgeschneiderte Gesetzgebung, gerne als „Liberalisierung“ des Medienmarktes verbrämt, zupasse kamen;

Wir ernten das, was uns der Neoliberalismus der 80er, der weder „neu“ noch „liberal“ war, unter anderem mit Hilfe der damals eingeführten Volksverdummungskanäle eingebrockt hat.), Idolisierung von Einzelsportlern (1996 hieß es immerhin noch: „Die Mannschaft ist der Star.“; Messi und die Marke CR7 zum zigtausendsten Mal Weltfußballer des Jahres, weil gewisse Sponsoren das so möchten; bescheuerte Frisuren und Tattoos), Globalisierung (Ich habe heutzutage Mühe, mir die vielen ausländischen, teilweise komplizierten, Namen von Bundesligaspielern zu merken. Es lohnt sich auch nicht.

Die meisten von ihnen spielen eh höchstens zwei oder drei Saisons hintereinander in Vereinen, die mich aufgrund der Geografie oder der mangelnden Tradition nicht interessieren. Selbst mein Interesse an meinem Lieblingsverein Schalke und an der Nationalmannschaft hat nachgelassen. Bei Schalke wegen mangelnden Erfolgs, aber zumindest hat man sich von einem russischen Mafiasponsor und einem rassistischen deutschen Corona-Spreader getrennt; beim DFB, weil ich manche Spieler schlichtweg nicht mehr kenne, entweder weil sie irgendwo im Ausland spielen oder weil sie kein nennenswertes Profil besitzen.

Vielleicht liegt es auch daran, dass sie jünger als ich sind: Früher konnte man zu seinen Idolen hinaufschauen, aber wie kann man mit über 50 Jahren noch Fußballer bewundern, die gerade mal halb so alt sind?) und auch Eventisierung und Entertainisierung (Rocketman, Dream Team, einstudierte Jubelchoreographien; Cheerleaderinnen in Sportarten, wo sie nicht hingehören; Helene Fischer in der Halbzeitpause des DFB-Pokalfinales, als ob das der Superbowl wäre; ein NFL-Match in München; Einführung von Trendsportarten bei Olympia, um sich beim jungen Publikum einzuschleimen, das dennoch lieber Computerspiele zockt, es wird deswegen ja auch schon über E-„Sport“ nachgedacht, das wäre für mich die absolute rote Linie.

We didn’t start the fire. Ich könnte die Liste noch endlos weiterführen, aber ich möchte nicht in einen Hassknecht-Modus geraten … Kurz gesagt: die Redbullshittisierung des Sports, geht mir spätestens seit den späten 90ern immer mehr auf den Sa.., äh, Geist. Und jetzt wittert die MAFIFA sogar beim Frauenfußball das dicke Geld. Dann mal gute Nacht! So. Kurz mal ein bisschen durchschnaufen, bevor ich noch einmal loszetere: Ich war ein wenig überrascht, dass Herr Sloterdijk auf Camus‘ Spuren wandelt. Sehr ausgeprägt scheint sein Interesse am Fußball aber nicht zu sein. Hat er früher selber mal gespielt? Als Torwart wie Camus?

Trotz all dieser unsäglichen Umstände lasse ich mir die Freude am Fußball nicht verleiden und freue mich jetzt schon auf Almuth Schuuuuuult (die Sie ein paar Seiten weiter hinten interviewt haben) und ihre klugen WM-Kommentare. Das beste Gegengift zu dem dauergrinsenden und nichts als heiße Luft absondernden Bastian Schweinsteiger. Eigentlich sind mir „Kiss-Cams“ zuwider (Geht es nur noch um narzisstische Selbstdarstellerei, wozu ich auch überwiegend das Phänomen der Ultras zähle? Vielleicht ist die kollektive Selbstidolisierung aber auch nur logisch, wenn man sich immer weniger mit seinem Verein identifizieren kann …), aber in den katarischen Protzstadien, sorry, Arenen natürlich, fände ich sie gar nicht mal so schlecht, auch wenn ich nicht glaube, dass man dort schwule oder lesbische Pärchen beim Küssen zeigen würde, wahrscheinlich nicht einmal heterosexuelle, verheiratete Paare.

Wurde der Kuss des iranischen Feldspielers auf die Stirn seines schwer verletzten Torwarts kurz vor der Auswechslung eigentlich im katarischen TV gezeigt oder fällt das auch unter „homosexuelle Handlungen“? Beim Senegal gibt es übrigens Spieler, die Gueye heißen, aber das wird wohl durch das FIFA-Anagramm Afif bei Katar ausgeglichen. Grüße an Arnd Zeigler! („Was it a Pfiff?“) Es gibt kein Bier in Katar, drum bleib ich hier!

Es gibt tausend bessere Gründe, hier zu bleiben. Das Alkoholverbot ist für mich das einzig Positive an diesem ansonsten unbedeutenden korrupten Sandhaufen ehemaliger Perlentaucher und immerhin ein schöner Mittelfinger an die FIFA. Möglicherweise entspannt sich dadurch auch die Lage, was das angekündigte harte Vorgehen gegen mögliche Hooligans, die in der Regel Alkohol als Treibstoff benötigen, angeht.

Ein Fußball-Boykott kommt für mich nicht infrage. Wenn ich konsequent gewesen wäre, hätte ich mit den Boykotten schon 1980 oder sogar 1978 (mein erstes vollständiges Turnier) anfangen müssen. Aber als 7-Jähriger hatte ich natürlich noch keine Ahnung, was für Verbrecher in Argentinien am Ruder waren. Medial thematisiert wurde das damals nach meiner nachträglichen Erkenntnis wohl auch kaum. Stattdessen verbreitete die Nationalmannschaft zusammen mit Udo Jürgens, der ansonsten ja durchaus auch kritische Lieder sang, mit „Buenos Diaz Argentina“ eine Wohlfühlatmosphäre und ein romantisierendes Bild des Landes.

Ein Budweiser-Boykott ist für einen Antialkoholiker wie mich natürlich sinnlos, Coca-Cola, das auch Sponsor beim COP27 bei den kaum weniger korrupten Menschenrechtsverbrechern in Ägypten war, würde sich schon eher eignen, aber da der hiesige Supermarkt (neben meiner Bank mein einziger Außenkontakt während Corona) Brause dieser Marke wegen angeblich überhöhter Preise (warum lässt Edeka die Kunden eigentlich nicht selber entscheiden, ob sie die Preiserhöhungen akzeptieren?) momentan nur sehr eingeschränkt führt, muss ich mich erst mal erkundigen, welche Sponsoren ich stattdessen wirksam boykottieren kann. Visa-Kreditkarten und Qatar Airways kommen auch nicht infrage, weil ich keine besitze und keine Flugreisen unternehme. McDonalds-Fraß steht bei mir nicht auf dem Speiseplan. Adidas käme vielleicht in Betracht, ist mir aber generell zu teuer.

Zum Glück lebe ich nicht in den USA, wo es insbesondere in Texas verfassungsrechtlich bedenkliche Gesetze gibt, die politisch unliebsame Boykotte – zum Beispiel gegen Israels Besatzungspolitik, die auch aus meiner Sicht antisemitisch und möglicherweise von den iranischen Staatsterroristen mitgesteuert werden, aber auch gegen die kriminelle Waffenlobby oder die Ölmafia – verbieten. Mir scheint, dass sehr viele Firmen um das Negativimage dieser blutigen WM genau Bescheid wissen und damit lieber nicht offen in Verbindung gebracht werden wollen. Guerilla-Marketing könnte diesmal nach hinten losgehen.

Herr Sloterdijk hat recht: Man muss Niederlagen mit Stil annehmen. Und übrigens weiß auch nicht jeder, wie man stilvoll gewinnt. Niemand hat mehr Stil in der Niederlage bewiesen als Uwe Seeler im Wembleyfinale von 1966. Wir müssen uns Uns Uwe als glücklichen Menschen vorstellen! Hängende Schultern und ein gesenkter Blick nach dem Schlusspfiff können auch eine Form von vollendeter Haltung sein. Es kommt darauf an, dass man sich danach wieder durchstreckt, um im nächsten Spiel, das bekanntlich immer das schwerste ist, den Ball wieder den Berg hinaufzurollen oder, wenn man Felix Magath als Trainer hat, immer wieder seinen Trainingshügel zu erklimmen. Und durchgestreckt hat Uwe sich immer wieder.

Sogar noch, als es ihm nach seinem Sturz nicht so gut ging. Erstaunlich, wie er sich danach noch einmal aufgerappelt hatte. Einmal Kämpfer, immer Kämpfer! Er hatte jedenfalls mehr Haltung als sehr viele aktuelle Profis oder auch Kreisliga-Amateure, die gerne mal gewalttätig werden, wenn ihnen eine Entscheidung nicht passt. Ich bin froh, „den guten, alten Fußball“ (auch wenn das ein bisschen nostalgische Verklärung ist) noch ein wenig mitbekommen zu haben. Nick Hornbys „Fever Pitch“ erschien genau zu dem Zeitpunkt, als das hässliche Gesicht immer mehr die Überhand gewann.

Die Einführung der Champions League spielt hierbei eine entscheidende Rolle. Heysel lasse ich mal außen vor. Die zeitliche Parallele zum Beginn der „neo“-pseudoliberalen Ideologie ist für mich kein Zufall, genausowenig wie das damalige (Wieder-)Auftauchen faschistischer Tendenzen, die bis heute anhalten. Wie ich Ihren Buchrezensionen entnehme, ist Pseudoliberalismus ein Phänomen, das es schon bei den 1848ern gab. „Liberale“, denen die Ordnung wichtiger als die Freiheit ist, was für ein Irrsinn!

Das, was ich an Aussagen von InfantiNO („Today I feel gay. [Oder meinte er „Gueye“?] Today I feel like a migrant worker.“ etc., blablabla, pp. „Ich darf das sagen, weil ich als Kind gehänselt wurde, mimimi!“) gehört habe, macht mich nur noch wütend und sprachlos. Das, was er NICHT gesagt hat, ist genauso aufschlussreich: Wenn er sich nicht mehr europäisch fühlt, soll er gefälligst nie wieder in den demokratischen und rechtsstaatlichen Teil Europas einreisen.

Dieser Skinhead, der nicht nur nichts AUF dem Kopf hat („Mimimi, ich werde schon wieder gemobbt!“), sondern auch DADRIN nichts, außer vielleicht ein besonders großes Raffgier- und Unverschämtheitsmodul, kann gerne für immer als „schwuler“ „behinderter“ „asiatischer“ „Wanderarbeiter“ in Katar bleiben! Wobei ich nicht glaube, dass Ali (Capone) InfantiNO weiß, was man unter echter und ehrlicher Arbeit überhaupt versteht … „Today I feel like the stupid, corrupt *beep* I’ve always been who looks quite embarrassing when I try to play football and when I attempt to fool people.“ wäre passender gewesen. Von mir aus kann sich diese erbärmliche, selbstgerechte Mimose auch Samba fühlen. Jana aus Kassel lässt grüßen und selbst sie schämt sich bestimmt gerade fremd.

Weiß der Emir eigentlich schon davon, dass Don InfantiNO sich schwul fühlt? Warum eigentlich nur heute? Während der WM dann nur noch heimlich? Gibt es in Katar Konversions“therapien“ (Eine Konfrontationstherapie böte sich jedenfalls für den Emir an: Ich kann verstehen, dass man in einem Land, in dem es so gut wie nie regnet, Angst vor Regenbögen hat, aber dann sollte man sich dieser Phobie ruhig stellen. Das abgeschwächte Spektrum der „One Love“-Binden wäre doch schon mal ein Anfang.) oder wird InfantiNO direkt gesteinigt oder wenigstens ausgepeitscht?

Geht es ihm vielleicht genau darum? Ist er masochistisch veranlagt? Wie solidarisch wird er sich gegenüber seiner neuen Community verhalten, wenn es hart auf hart kommen sollte, und die Sittenpolizei zuschlägt (was ich allerdings nicht glaube: Die Nazis haben 1936 ihren Judenhass während den Spielen kurzfristig ein wenig gebändigt. Solange genau hingesehen wird, wird sich Katar ebenfalls zurückhalten.)? Fragen über Fragen …

Der „schwule“ MAFIFA-Boss (in diesem Falle wohl tatsächlich ein „damage in the brain“, liegt’s am sich so schön reimenden „cocaine“ wie bei Trump? Aber eigentlich müsste auch ich meine Sucht nach Fußball behandeln lassen, zumal der gestreckte Stoff immer weniger taugt, dafür aber immer teurer wird, weil die Dealer, also die Pay-TV-Sender, immer mehr werden. Erst die Fans relativ billig anfixen und danach schön die Preise drastisch erhöhen. Vielen Dank auch, DAZN!) gehört ab sofort, genau wie Martin Walser und jegliches AfD- / Quer“denker“- / Pegida-Pack, zu den Personae non gratae, die gnadenlos weggezappt werden, weil sie sich mehr als zur Genüge erdreistet haben, meinen Bildschirm oder mein Radio mit ihren dreckigen Lügen und anderen Frechheiten zu verschmutzen.

Ich lache mich bei der Eröffnungsfeier gerade kaputt: Morgan Freeman (den ich mal ganz cool fand, das hat sich hiermit erledigt, er steht für mich ab sofort wie David Beckham und jeder weitere eingekaufte Promi, der sich hier noch zeigt, auf der Schwarzen Liste) fragt, ob er in Katar überhaupt willkommen sei. Hat er sein Bankkonto noch nicht überprüft? Einfach nur lächerlich, wie sich die FIFA hier als „Menschenrechtsorganisation“ zu inszenieren versucht und wie Katar versucht, Inklusion und Diversity als Themen zu okkupieren und damit zu entwerten. Harry Kanes von der FIFA unter Androhung von VAGEN SPORTLICHEN Strafen oktroyierte „No Discrimination“-Binde ist ja wohl der blanke Hohn!

Tip und Tapp, die Helden meiner Kindheit, für diese Feier zu missbrauchen, finde ich besonders perfide. Goleo war ja noch nie irgend etwas peinlich. Vielleicht will Katar ja auch nur ein erstes Signal der „Diversity“ setzen, indem man einen Exhibitionisten toleriert. Der Emir sollte lieber nicht die Wörter „Gott“ und „Menschlichkeit“ in seinen dreckigen Mund nehmen! Der Kashoggi-Mörder aus Saudi-Arabien saß passenderweise mit auf den VVIP-Plätzen. Menschen umzubringen ist halal und Menschen zu lieben ist haram, oder was? Was für Perverslinge seid ihr heidnischen Teufels- und Steinanbeter eigentlich?

Vorschlag für die Menschenrechtsaktivist(inn)en: Sekundenkleber lässt sich bestimmt recht einfach ins Stadion schmuggeln. So schnell wie man sich an die Tore geklebt hat, kann die Security gar nicht gucken. Vielleicht kommt man mit Tomatensuppe auch an den Emir oder InfantiNO ran. Oder wir werden Weltmeister: Dann würde ich mir wünschen, dass Manuel Neuer bei der Pokalübergabe den Überreichern ins Gesicht spuckt oder ein Zeichen nach Art von Beate Klarsfeld setzt. The eyes of the world are watching you, Big Qatari / (Iranian / Chinese etc.) Brother!

Mit den zentralen Fingern beider Hände in Richtung FIFA / IOC / Katar und anderer ähnlicher Verbrecherregime (die iranischen Staatsterroristen haben offenbar den einstmals „westlich-dekadenten“ Fußball für sich entdeckt, um ihn als Opium für das Volk zu missbrauchen und um für Ablenkung von ihren SA-SS-Schlägertrupps, die von Mariam Lau und dem DLF als „Sicherheitskräfte“ verniedlicht wurden, zu sorgen; die leeren schweigenden Blicke der gesamten iranischen Mannschaft bei der Hymne vor dem Spiel gegen England sprachen Bände fielen aber den iranischen Goebbels-Zensoren offenbar zum Opfer, das iranische Volk ist mit Sicherheit nicht so blöd, das nicht zu merken;

die Revolution und den Freiheitskampf wird diese Vorgehensweise nicht mehr stoppen können; der Preis für diese mutige Mannschaft könnte jedenfalls wesentlich höher sein als er für den feigen DFB in der Bindenfrage je gewesen wäre …) Ich gehe davon aus, dass ich mich zu der laufenden WM erneut melden werde. Schön, dass das Ausrichterland im Eröffnungsspiel direkt mal einen auf den Deckel bekommen hat. Ohne die für einen Appel und ein Ei eingekauften Pseudofans wären die Stadien noch schneller leer als ohnehin schon.

P.S.: Ich habe gerade den Wikipedia-Artikel zu Idrissa Gueye gelesen. Ziemlich schräg: Ausgerechnet jemand, der so heißt, zeigt sich schwulenfeindlich und weigert sich „aus religiösen Gründen“, ein Trikot in den Regenbogenfarben zu tragen. Vielleicht sind das mildernde Umstände, was die mögliche Auspeitschung angeht … Und vielleicht meinte Infantino damit „Ich fühle mich genauso homophob wie Gueye.“ – Thomas Manthey

 


 

 

Leserbrief zu „Von wegen Falschfahrerin!“ von Claas Tatje

 

Frau Willie Hamburg ist Kultusministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin von Niedersachsen. Nun auch noch ein Aufsichtsratsmandat bei VW! Die Unterrichtsversorgung in Niedersachsen ist mit dem Wort „katastrophal“ nur unzureichend beschrieben, wie ich jeden Tag bei meinen zwei schulpflichtigen Kindern besichtigen kann. Man sollte annehmen, dass eine Kultusministerin genug damit zu tun hat, die ganzen Baustellen in der desolaten Bildungspolitik zu beseitigen. Zumal Frau Willie Hamburg ja eine profilierte Bildungspolitikerin sein soll, womit ihre Berufung zur Kultusministerin begründet wurde.

Um ein Aufsichtsratsmandat bei einem der wichtigsten niedersächsischen Unternehmen wahrzunehmen, ist offensichtlich weder Erfahrung noch eine entsprechende Ausbildung notwendig. Es stimmt, dass auch viele Männer in diversen Aufsichtsräten keinen guten Job gemacht haben, aber das kann doch nicht als Vorbild dienen! Die Folge wird vermutlich sein, dass die Arbeit als Kultusministerin nur an dritter Stelle stehen wird – ein tolles Signal für Eltern und SchülerInnen! – Andrea Tiedemann

 


 

 

Leserbrief zu „Die Lücke im Lebenslauf“ von Henning Sußebach

 

Ich habe auch so einen Schicksalsschlag oder „Lücke“ in meinem Erinnerungsschatz, die sich für ewig eingebrannt hat. Die Parallelen sind verblüffend. Ich habe als 13-jähriger das „Jahrundertspiel“ verschlafen. Es ist unfassbar. Nach dem eins zu null durch Boninsegna in der 8. Minute bin ich vor der Glotze eingeschlafen und in der Nacht zu ARD-Sendeschlussrauschen aufgewacht, um am nächsten Morgen in der Schule zu erfahren, was ich verpasst habe: Ein 4:3 nach Verlängerung für Italien.

Ich spreche vom Jahrundertspiel Deutschland vs. Italien, Halbfinale bei der WM 1970 in Mexiko. Ich wurde später zu einem richtigen Fussballer und Fussballexperten, aber diesen Makel des verschlafenen Deutschland-Italien-Kkassikers wurde ich nie mehr los, und er wird mich bis ins Grab begleiten. Als „radikaler“ Gegner der Verkommerzialisierung dieses Sports finde ich nun auch in der Konsequenz, diese WM zu boykottieren, eine weitere Parallele zu Ihren Ausgführungen. – Boris Bogunivic

 


 

 

Leserbrief zu „Wird das irgendwem zu heiß?“ von Viktoria Morasch

 

Der Bericht über den Saunabesuch in Erding war, obwohl ein ernstes Thema in einer ernsten Zeit, sehr humorvoll geschrieben und genau wie unsere Saunabesuche in, durch Corona und Energiekrise, scheinbar längst vergangenen Zeiten ein Genuss, oder besser gesagt: Ein verbaler Aufguss höchster Qualität. – Roman Beck

 


 

 

Leserbriefe zu „Über den Nutzen von Autos und über Klima-Aktivisten, die Straßen blockieren“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

 

Weil Sie nun auch noch in das Klimaaktivisten-Bashing eingefallen sind, habe ich jetzt an die Letzte Generation gespendet. Ätsch. Und weil ich eine schöne Zukunft für meine beiden kleinen Kinder möchte. – Merlin Halbach

 

Müssen wir uns um den geistigen Zustand von Harald Martenstein sorgen? Manche Sätze lassen dies vermuten. So schreibt Herr Martenstein: „Wenn keine Autos mehr fahren und der verdammte Kapitalismus durch was auch immer ersetzt wurde, manche von euch wollen das ja, dann ist weniger Steuergeld da, und der Weltuntergang kommt, falls er kommt, wegen eurer Erfolge vermutlich etwas früher.“ oder „Dass es in armen Ländern um den Umwelt- und Klimaschutz schlechter bestellt ist als in den reichen, kann man sich in den armen Ländern ja eindrucksvoll anschauen.“ .

Aber das beängstigendste an der Geschichte ist, dass die Zeit 2022 tatsächlich ein solches Hohelied auf das Auto als Lebensretter und eine völlig unqualifizierte Verunglimpfung der Klimaaktivisten abdruckt. Eine Leserin hat die Zeit mit dieser Kolumne auf jeden Fall bereits verloren. – A. Engelke

 

Ich wollte eine selbstformulierten Leserbrief zu o.a. Thema schreiben, bevor ich das Zeitmagazin in die Finger bekam. Herr Martenstein ist mir zuvor gekommen, natürlich besser formuliert. Dem kann ich nichts hinzufügen. – M. Neubert

 

Martenstein, Martenstein! Auch ich begreif es nicht, welch unsägliche Kolumne da aus deiner Feder spritzte. Klingt wie austretende Fettnäpfchen aus der beleidigten Leberwurst. Oder nach „alter weißer Mann“ – so wie Weinstein und J. Herrmann zusammen. Freie Fahrt für alle freien Autos – Fahrverbot in der rush-hour (Stau) – Verbot aller Demos (Stau) Verbot aller Unfälle (Stau) – und je nach Gusto Präventivhaft für 30 Tage à la Bayern für Massenaufläufe wie Fussball etc. (könnte ja ein Rettungswagen langsam fahren müssen)

Die Aussage, dass die Klimaaktivisten den Tod von Leuten in Kauf nähmen ist eklig. Und eklig auch der Seitenhieb mit der Bullerbü-Armut. Ich habe mir von der Zeit und ihren Kritzlern (Schreiben ist ja Arbeit mit Geist) aufgrund der dramatischen Situation dieser Welt eine intelligentere Kolumne erwartet. Martenstein – sei dann wenigstens solidarisch mit den Frauen im Iran und rasier dir deine langen Haare öffentlich ab und spende sie für Perücken an Krebskranke. Das wäre ein Beitrag in die richtige Richtung. – Günter Lorenz

 

Ja, es gibt sie: Den Autofahrer, der seine hochschwangere Freundin mit Vollgas ins Krankenhaus fährt, weil die Fruchtblase geplatzt ist, und den Lastwagen, der Sandsäcke zum Schutz gegen die Sturmflut an den Deich bringt. Beide sind im traditionell vornehmlich stehenden Berliner Berufsverkehr höchst seltene Randerscheinungen. Nach Erhebungen und Schätzungen von Weltbank und Weltgesundheitsorganisation sterben jährlich über eine Million Menschen durch Verkehrsunfälle (Stand 2003), in Deutschland allein im letzten Jahr 2562 Menschen.

Zehn davon waren Fahrradfahrer:innen in Berlin, aber keine:r bekam auch nur annähernd soviel Aufmerksamkeit wie die am 31.10. von einem Betonmischer überfahrene Radlerin. Vermutlich wurden die anderen alle von Autos mit Schwangeren an Bord und dem Kofferraum voller Sandsäcke überfahren, und dann scheint die Sache ja zumindest in Herrn Martensteins Weltbild insgesamt schon in Ordnung.

Gleichzeitig erhöht sich, wie an anderer Stelle in der aktuellen ZEIT zu lesen ist, der Fahrzeugbestand in Deutschland jährlich um mehr als eine halbe Million. Nur mal so als Option zum Nachdenken: Vielleicht sind die Klima-Aktivist:innen gar nicht das Hauptproblem?

Mit Herrn Martensteins „schlüssiger“ Argumentationskette könnte man ebenso den Abwehrkampf der Ukraine gegen eine völkerrechtswidrige Invasion verurteilen, weil sie dabei (nach aktuellem Kenntnisstand) polnische Bauern abschießt (bzw. deren Abschuss billigend in Kauf nimmt). Es sei denn, man wertet die territoriale Unversehrtheit eines Staatsgebildes grundsätzlich als schützenswerter als die menschlichen Lebensgrundlagen auf unserem Planeten.

Ich selber hadere mit einigen der Aktionsformen der Aktivist:innen der „Letzten Generation“, mehr noch allerdings mit der sehr stimmungsmachenden Berichterstattung in den Medien: Da werden „Kunstwerke zerstört“ (stimmt nicht) und „der Tod von Menschen gebilligt“ (stimmt auch nicht). Letztlich lassen sich meines Erachtens, ausgehend von dem Hungerstreik einiger Aktivist:innen im Regierungsviertel vor der Bundestagswahl 2021, viele der Aktionen nur aus einer großen und durchaus berechtigten Verzweiflung heraus verstehen. Verzweiflung kann übrigens im deutschen Strafrecht als strafmildernder Umstand berücksichtigt werden. Stattdessen wird nun aber nach härteren Strafen geschrien.

Auch dass die „Klima-Aktivisten“, eine in Herrn Martensteins Weltbild offenbar ebenso gesichts- wie gewissenlose Gruppe verblendeter Romantiker, seit Langem die „Klimagerechtigkeit“ als zentrales Ziel anführen, die eben gerade den Missstand anprangert, dass die Länder und Völker, die am wenigsten zur Klimaerwärmung beigetragen haben, bereits jetzt am stärksten unter ihren Folgen leiden, scheint noch nicht angekommen zu sein. Mit diesem Beitrag ist der von mir einstmals auch als moralischer Fels in der Brandung des biederen Populismus sehr geschätzte Herr Martenstein endgültig zu einer traurigen Karikatur des „alten weißen Mannes“ verkommen. – Nils Kern

 

Welcher Teufel hat Dich denn da geritten (ZEIT-Magazin vom 17.11.2022)? Bis dato warst Du mein geschätzter Kolumnist an diesem Platz, mit einer wohl tuenden emotionalen Distanz zu ansonsten aufgeregt diskutierten Themen, mit einer belebenden Mischung aus Analyse und Vision, Ernsthaftigkeit und (Selbst-)Ironie.

Mit einem Schlag hast Du’s verbockt, lieber Harald. Jetzt werde bitte nicht gleich wütend. Ist es die infantile Lust am Provozieren, oder eine tief sitzende und verdrängte Angst vor Wandel, Zukunft und Tod, ein Festhalten an narzisstischem Unfehlbarkeitsglauben, oder ein Impulsdurchbruch des reaktionären Ichs in Dir, was Dich das hat formulieren lassen? Ich als Psychologe müsste es ja wissen, Deine gewagten Behauptungen lassen mich aber deutlich verunsichert zurück: dass Du Reichtum zur Voraussetzung für das Stoppen des Klimawandels erklärst, Du Kritiker des Kapitalismus zu Spinnern deklarierst, und dass Du Klima-Aktivisten eine Idealisierung der Armut unterstellst…

Oberlehrerhaft arrogant kommt er daher, Dein Urteilsspruch, und trägt dazu bei, dass sich das Denken und Handeln in unserer Gesellschaft weiter polarisiert und radikalisiert. Den Schuh musst Du Dir schon anziehen – hoffentlich pumperlgsund und mit Wurstbrot. In den Reaktionen auf Deinen Kommentar wirst Du alles finden, was unsere unsozialen Medien so alles zu bieten haben, von aufgeregtem Applaus bis zum heftigen Bashing. Das wolltest Du wohl so. In einer Deiner nächsten Kolumnen werden wir davon hören. – Thomas Büchi

 

Im wesentlichen stimme ich den Ausführungen in Ihrer Kolumne ja zu. Ich freue mich jede Woche wieder auf Ihre Kolumne und lese die sehr gern, auch wenn ich mal nicht auf Ihrer Seite bin wie in diesem Fall. Ziviler Ungehorsam ist ein Mittel, um auf bestehende Mißstände aufmerksam zu machen und deren Veränderung zu bewirken. Klassisches Vorbild dürfte Mahatma Gandhi sein, der mit zivilem Ungehorsam die Unabhängigkeit Indiens erkämpft hat. Die Klima-Aktivisten, die nun auf die Straße gehen, bestreiten nicht den Nutzen von Autos für Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienste oder ähnliches.

Sie fordern ein Umdenken in der Klimabewegung und endlich auch Maßnahmen gegen den Klimawandel und nicht nur scheinheilige Versprechungen, die effektive Maßnahmen um Jahre oder Jahrzehnte verschieben und an denen sich die heutige Regierung dann im Jahr 2030 oder 2045 nicht mehr messen lassen muß. Bei den Scientist Rebellion, zu denen ich gehöre, ist immer ein Aktivist bei Blockaden nicht angeklebt. Sollte also ein Rettungswagen durch die Blockade müssen, steht einer der Aktivisten auf, macht in der Blockade eine Rettungsgasse frei und läßt das Fahrzeug durch.

Im Stau steht das Rettungsfahrzeug also nur, wenn die anderen Autofahrer nicht die vorgeschriebene Rettungsgasse bilden. Letztlich müßten Sie bei Ihrer Argumentation aber auch angemeldete Demonstrationen und Fußballspiele verbieten, denn auch diese führen zu Staus auf den Straßen und möglicherweise dazu, daß Rettungsfahrzeuge nur mit Verspätung am Notfallort eintreffen. – Volker v. Moers

 

Sehr oft nehme ich das Zeit-Magazin nur wegen deiner Kolumne in die Hand, die ein wichtiges oder weniger wichtigesThema auf den Punkt bringt und den Nagel auf den Kopf trifft. Umso enttäuschter war ich, dass deine von deutlich erhabener Position geführten Schläge auf die Klima-Aktivisten mit Wucht vorbei ins Holz gingen. Als langsam ebenfalls alter weißer Mann ist mir deine klischeehafte Holzschnittarbeit etwas peinlich und ich muss zur Ehrenrettung dieser Kohorte hier feststellen: nicht jeder altgewordene Weltverbesserer denkt so!

Tatsache ist doch, dass bisher noch jedes von der Politik selbst gesteckte Klimaziel grandios vergeigt wurde und die auch in unserem reichen Land langsam knapper werdenden Mittel statt für eine lebenswerte Zukunft in teure ineffektive Rettungsschirme gepumpt werden, die jede Menge Trittbrettfahrer bedienen. Sicher sind Blockaden kein Königsweg, leider fällt einem um fünf nach Zwölf auf Anhieb aber nichts besseres und sofort wirksames ein, um diesem Spiel ein Ende zu machen, aber es braucht für manchen wohl schon einen Tritt ins Schienbein, um aufzuwachen. Zu den Risiken nur noch folgendes:

Es gibt das Instrument der Notfallgasse und jedes Einsatzfahrzeug hat ein Martinshorn. Erst wenn Blockierer sich auch in einer solchen Situation festkleben, würde ich von Nötigung reden. Die Tankstelle und die Empfänger von Essen auf Rädern können warten. Für weitere differenziere Auseinandersetzungen mit dem Thema empfehle ich das aktuelle Zeitdossier und Bernd Ulrichs Artikel „In der Schwebe“ in der Zeit Nr. 45. Mit der Hoffnung auf weitere lesenswerte „Martensteins“ im Zeit-Magazin. – Martin Schindelin

 

Beim Lesen der aktuellen Kolumne von Herrn Martenstein habe ich mir doch sehr verwundert die Augen gerieben und mich im Anschluss etwas ratlos und erschrocken gefragt, was ihn dazu veranlasst hat bei diesem Thema mit in das gleiche Horn des Mainstream zu blasen, d.h. aufgrund des beschriebenen Vorfalls, Klima-Aktivisten zu den Sündenbock der Nation zu machen. Glauben Sie wirklich Herr Martenstein, dass sie durch die Aufzählung von notwendigen Einsätzen mit Autos die Moral auf ihrer Seite haben, und dass diese Gründe Autos zu nutzen von Klima-Aktivisten in Frage gestellt wird? Ebenso, dass Klima-Aktivisten das Leben einzelner Menschen egal ist, glauben Sie das wirklich? Auch wenn Sie das T-Wort zu hart finden, stellen Sie sich m. E. mit Leuten wie Dobrindt in eine Reihe – halt mit Sicherheitsabstand. Ich kann es nicht begreifen. – Jutta Babion

 

Ihre letzte kolumne „über den nutzen von autos und über klima-aktivisten, die straßen blockieren“ hat mich enttäuscht. auch die sog. klima-aktivisten werden den nutzen von autos nicht bestreiten. darum geht es in ihrem protest nicht. es geht ihnen auch nicht darum mit ihrem protest menschenleben zu riskieren. ganz im gegenteil. es geht ihnen darum eine lebenswerte zukunft zu ermöglichen, stichwort „1,5 grad-ziel“. es ist höchste zeit umzudenken.

die sog. klima-aktivisten haben meinen höchsten respekt. ihre aktionen sind kreativ und unbequem. ihnen , harald martenstein wünsche ich trotz dieser misslungenen „arbeit“ künftig mehr glück und auch zeit beim schreiben ihrer texte. lassen sie sich inspirieren – vielleicht von sog. klima-aktivisten. – axel ritthaler

 

Über den letzten Martenstein musste ich laut auflachen — aber es war ein bitteres Lachen. Wie dieser Text muss es sich anfühlen, in allem Recht zu haben. Tatsächlich, diese verzweifelten und kühnen jungen Menschen machen Dinge, die verkehrt sind, und doch möchte sich bei mir nach Martensteins Abrechnung irgendwie kein Wohlbefinden einstellen. Der zweitletzte Satz, der unterstellt, dass den Umweltaktivistinnen und Aktivisten „das Schicksal eines Menschen egal ist“, bringt den Luftballon zum Platzen. Umgekehrt wird ein Schuh draus: es ist nicht mehr länger zu ertragen, wie gleichgültig den jetzt bestimmenden Generationen die Zukunft dieser jungen Menschen ist! – Christian Schmied

 

Nun möchte ich doch einmal deutlich darauf hinweisen, dass die Radfahrerin von einem LKW überfahren wurde, nicht von irgendwelchen Aktivisten! Wenn man es so fundamentalistisch betrachten möchte wie Herr Martenstein, dann muss man feststellen: Wer immer mit einem Auto oder LKW fährt, nimmt damit das Risiko billigend in Kauf, dass solche Fahrten Unfälle verursachen, die anderen zum Verhängnis werden … das gilt natürlich nicht nur für Autofahrten und Aktionen von Klimaaktivisten.

Generell führt solcher Fundamentalismus zu nichts brauchbarem. Grund zur Empörung besteht aber trotzdem: Z.B. darüber, dass Fahrerassistenzsysteme, die eine nennenswerte Anzahl für Radfahrerinnen tödliche Unfälle verhindern könnten, immer noch nicht verpflichtend vorgeschrieben sind; und selbst wenn sie verbaut sind, kann ein Fahrer sie jederzeit einfach abschalten und damit einfach so das Leben anderer noch mehr gefährden. Überhaupt sollte es ein Grund zur Empörung sein, dass die Politik seit Jahren nichts für die Sicherheit von Fußgängerinnen und Radfahrern tut.

Das wirksamste und beste für die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmerinnen wäre es, den motorisierten Individualverkehr – also Autos und LKW – massiv einzuschränken und vor allem in Städten den Platz, den Autos einnehmen dürfen, substantiell zu reduzieren – zugunsten von Fußgängern und Radfahrerinnen.

Die Forderungen der Klimaaktivisten sind also auch im Sinne von Fußgängerinnen und Radfahrern absolut richtig und wichtig – würden all diejenigen, die jetzt über die Kollateralschäden der eigenen Rücksichtslosigkeit schimpfen, die Sache ernst nehmen und handeln, so bräuchte es keine Klimaaktivistinnen, die uns auf unsere verlogene Scheinheiligkeit aufmerksam machen, Fußgänger und Radfahrerinnen wären sicher unterwegs und Rettungsfahrzeuge würden nicht mehr im Stau stecken bleiben. – Carola Eckstein

 

Eine Art des Journalismus, vor denen man sich hüten muss und die Theo Sommer „großes Bauchgerimmen“ verursachen, ist „… der blindwütige Angriffsjournalismus …; er kolportiert ungeprüft Gerüchte; er sieht sich der Mühe der Investigation enthoben. Die kritische Presse verkommt zur Kampfpresse.“ (Aus dem Vorabdruck aus Theo Sommers Erinnerungen: „Mein Ideal einer (fast) vollkommenen Zeitung“) Herr Martenstein kolportiert in derselben Ausgabe der ZEIT ungeprüft Gerüchte über eine Mitschuld der „Last Generation“ am Tod der Radfahrerin in Berlin.

Investigation hält er nicht für nötig, sonst hätte er mitbekommen, dass die Aktionsgruppe immer Rettungswege freilässt, die Autofahrer diese allerdings zugestellt und nicht freigegeben und sogar Rettungskräfte beschimpft und bedroht haben. Das ist nicht nur blindwütiger Angriffsjournalismus und Kampfpresse sondern Hetze auf Stammtischniveau. Selbst wenn man diese Kolumne als Satire einordnen will. Es verursacht mir nicht nur Bauchgrimmen sondern macht mich richtig sauer, so etwas in der ZEIT zu lesen. – Astrid Raimann

 

Nach ihrem moralischen Segenskommentar werden Kraftfahrzeuge mit Verbrennermotoren von jeder Klimasünde freigesprochen. Der Nutzen „lebensrettende Hilfe im Notfall“ rechtfertigt Alles. … Der Umstand, dass der Lkw die Radfaherin lebensbedrohlich verletzte, ist für den höheren Nutzen hinzunehmen. – Matthias Losert

 

Selten habe ich mich über eine Kolumne geärgert wie über Ihre in dem Zeitmagazin vom 17.11.2022. Fangen wir einfach mal bei den Toten an, die Ihrer Meinung von Klimaaktivisten angeblich in Kauf genommen werden: Auf Deutschlands Straßen sterben jährlich mehr als 3000 Menschen in Unfällen, mit denen Klimaaktivisten nichts zu tun haben. Soviel zu den Segnungen des Autos.

Im Übrigen richten sich die Proteste sicher nicht gegen Feuerwehr, Lastwagen und Ambulanzfahrzeuge sondern gegen den massenhaften Individualverkehr und eine Industrie, die Fahrzeuge aller Art mit hohem Energie- und Rohstoffaufwand produziert, sowie auch um die Produktion all des anderen Schrotts, der bei genauem Hinsehen völlig überflüssig ist. Ich verstehe, dass für Sie als alter Autonarr das alles inakzeptabel ist und daher denken, dass Klimaaktivisten dumme, überdrehte Spinner sind.

Dass der Kapitalismus in seiner heutigen Form keine Zukunft hat, können Sie eindrucksvoll in dem Buch „Das Ende des Kapitalismus“ von Ulrike Herrmann nachlesen, das nur nebenbei. Der Klimawandel kommt nicht in 20 Jahren, sondern geschieht jetzt. Man kann die Brände in Kalifornien und Australien, die Desertifikation in Afrika, die Überflutungen in Australien und Pakistan und auch die Ahrtal-Katastrophe als singuläre Ereignisse sehen – gleichwohl sind sie es nach Meinung von Klimaforschern nicht. Ich nehme an, dass Sie denken, dass es nicht so schlimm ist, weil es nicht in Berlin passiert ist, sondern weit weg von Ihnen. Mich tröstet das nicht, denn die aufgezählten Ereignisse sind nur ein Anfang. Einen Punkt muss ich dann doch noch erwähnen.

Sie bauen offensichtlich auf alternative Energien. Darauf baue ich auch, aber wir werden es niemals schaffen, für 50 Millionen E-Autos allein in Deutschland, die nebenbei gesagt ja rollende Sondermülldeponien sind, genügend Elektroenergie zu generieren, dass sie immer fahren können. Wir werden froh sein, wenn es vielleicht genug Energie für Haushaltsbedarfe ohne Auto, Züge oder notwendige Produktionsbedarfe gibt. Aber Sie setzen ja vielleicht auf Atomenergie. Nun – in Deutschland gibt es jetzt schon genügend atomaren Müll, der rund um die Uhr bewacht werden muss und den niemand haben will, am wenigsten die CSU in Bayern, die ja bereits von der Klima-RAF spricht.

Ich fürchte, dass nicht die Klimaaktivisten Romantiker sind, sondern Sie einer sind und in einer Bullerbü-Welt leben, weil Sie glauben, dass schon nichts Schlimmes passieren wird. Ihnen sagt so ein Begriff wie „Kipppunkt“ offenbar nichts, aber schon ein Anstieg um 2 Grad, auf die wir ja zusteuern, macht viele Gebiete der Erde unbewohnbar und potenziert klimabedingte Extremwetterlagen. Damit sind nicht die bloßen 2 Grad gemeint, sondern Ereignisse wie die Ahrtal-Katastrophe, oder eben wie auch in Pakistan. Sicher haben Sie bei sich genug Platz, dass Sie Klimaflüchtlinge unterbringen können, aber man könnte sie auch gleich an der Grenze erschießen.

Wie ich Ihren Kolumnen entnehme, haben Sie einen kleinen Sohn, ich habe zwei kleine Enkel. Sie tun mir jetzt schon leid, weil für die Menschen, die heute regieren „Verzicht“ und „Verbot“ Unworte sind. Das was die Regierenden tun, ist reiner Aktionismus im Einvernehmen mit der Bevölkerung, weil das Gaspedal im Auto und der Flug auf die Kanaren wichtiger sind, als die Zukunft ihrer Kinder und Enkel. – T. Schilling

 

Wir leben in der Zeit eines beginnenden Klimawandels mit Überschwemmungen, Dürren, riesigen Bränden, Hitzetoten etc. Wobei das erst der Anfang ist. Wir steuern auf eine Erhitzung um oder über 2,5 Grad zu, vermutlich eher 3 Grad oder mehr und das wird dann wirklich schrecklich sein. Als Möglichkeit stehen auch 4 oder 5 Grad zur Diskussion. Bei einer Erwärmung um 5 Grad ist menschliches Leben auf der Erde nicht mehr möglich. Und angesichts dieser Szenarien widmet Herr Martenstein eine ganze Kolumne seiner Empörung und dem Ärger über Klimaktivistinnen und —aktivisten.

Diese, meist jungen Menschen haben sich offensichtlich mit den erschreckenden Folgen des Klimawandels beschäftigt und versuchen verzweifelt drauf aufmerksam zu machen. Es ist ja nicht so, dass sie es nicht jahrelang mit den üblichen, vermutlich auch von Herrn Marternstein akzeptierten, Protestmethoden versucht hätten – es war leider wirkungslos. Und etwas Wirkungsloses immer wieder zu tun ist ja nun wirklich wenig sinnvoll. Ich verstehe ihn nicht (um mit seinen Worten zu sprechen). – Oskar Luger

 

Als ich mich heute mit einer Tasse Kaffee hinsetze und das aktuelle Zeit Magazin ( N° 47, 17.11.22) in die Hand nahm, ahnte ich nicht, dass mir schon bei der Lektüre Ihrer Kolumne sprichwörtlich die Hutschnur platzen würde. Und damit meine ich nicht, dass Sie den Aktionen der Letzten Generation (LG) kritisch gegenüber stehen. Ihre Begründung für Ihre Einstellung jedoch, ist schlicht und ergreifend schlecht und trieft auch noch von Paternalismus, der einem die Zornesröte ins Gesicht treibt.

Sie beginnen mit der Aufzählung ausgedachter Anekdoten. Als ob täglich unter Hochdruck tapfere Trucker Sandsäcke aus der Steiermark an deutsche Küsten fahren würden, um Ostfriesen vor dem Tod in der Sturmflut zu retten und pflichtbewusste FÖJler*innen sich 24/7 zerreißen, um armen Senior*innen in letzter Sekunde Nahrung in ihre ausgemergelten Leiber einzuflößen. Jede Sekunde zählt!!! Das mit der Fruchtblase nehme ich Ihnen sogar ab, aber ich kann Ihnen aus eigener Erfahrung sagen, das Platzen derselbigen erfordert keine augenblickliche Notoperation.

Die Realität sieht doch eher so aus: Überall schießen Baustellen wie Pilze aus dem Boden, die über Monate hinweg jeden Werktag zu den Pendlerzeiten den Verkehr in den Innenstädten zusammenbrechen lassen. Fragen Sie doch mal eine*n Rettungswagenfahrer*in, was mehr stört im Alltag. Sind unsere Kommunen jetzt auch zumindest halb-kriminell, wenn sie diese ganzen Verkehrshindernisses genehmigen?

Es wäre mir auch neu, dass die LG die Abschaffung sämtlicher Kraftwagen mit sofortiger Wirkung fordern würde. Die LG wollen verantwortliche Politiker*innen endlich dazu bewegen, wirksame Maßnahmen gegen die Klimakrise zu ergreifen. Rationale Argumentation, selbst die Verankerung des Umweltschutzes im Grundgesetz, führen ja leider zu nichts. Also keine Angst, Herr Martenstein, auch die LG will Ihnen ihren Wagen nicht wegnehmen.

Zu guter letzt kann ich mich nur wundern, wie Sie gönnerhaft die LG vom Terrorismusverdacht freisprechen. So gerade eben. Sind Sie auch Jurist? Ich nicht, aber ich meine schon, dass keine Aktion der LG irgendetwas überschreitet, was ein Jahr Freiheitsstrafe mit sich bringt und damit bewegen sie sich im Rahmen der Ordnungswidrigkeiten. Also kein Grund zur Schnappatmung. Zumal man sich auch mal die Frage stellen kann, ob ziviler Ungehorsam nicht sogar gerechtfertigt sein könnte, wenn die eigene Regierung seit Jahrzehnten (genauer seit 1994) gegen das Grundgesetz (Art. 20a) verstößt und damit die LEBENSGRUNDLAGEN der kommenden Generationen vernichtet (nicht umsonst nennen sich die Aktivist*innen letzte! Generation).

Vielleicht sollte man mal Herrn Prof. Fischer fragen, ob das ein Anwendungsbereich des Art. 20 IV GG ist. Ihnen mag das je egal sein, denn mit Verlaub, Sie werden mit der Ihnen verbleibenden Lebenszeit und dem Lebensstandard, in dem Sie existieren, wohl kaum je die Auswirkungen der Klimakatastrophe so richtig am eigenen Leib zu spüren bekommen. Die Menschen, die heute unter 30 sind, schon.

Ich denke, es würde Ihnen daher besser zu Gesicht stehen, sich in dieser Frage in Demut zu üben und wenn Sie diesen Protesten nichts abgewinnen können, einfach Ihre Zunge, oder besser Feder in Zaum zu halten. Besonders pikant wird Ihre missratene Kolumne, wenn man im Magazin ein paar Seiten weiter blättert und einen Artikel über Blutkohle aus Kolumbien liest. Ich weiß nicht, was Sie geritten hat, so einen miserablen Text zu schreiben, aber ich hoffe, Sie gehen noch einmal in sich. – Anne Keller

 

Die Kolumne von Harald Martenstein „Über den Nutzen von Autos und über Klima- Aktivisten, die Straßen blockieren.“ kann ich nicht umkommentiert lassen. Leider ist sie gefüllt mit falschen Behauptungen, sowie Behauptungen die im falschen Kontext oder unvollständigem Kontext stehen. Alleine die Einleitung, dass Millionen von Menschen tot wären gäbe es nicht das Auto ist eine Behauptung, die ohne Kontext faktisch nicht falsch ist, aber dennoch in die Irre führt und auch ohne Kontext nicht korrekt ist.

Demgegenüber muss nicht nur die Zahl der durch KFZ verursachten tödlichen Unfälle gestellt werden, sondern auch betrachtet werden, wie hoch die Zahl der Menschen ist, denen durch die Emissionen der KFZ ernsthafte gesundheitliche Schäden bis zum Tod zugefügt werden. Laut statistischem Bundesamt war 2019 der Straßenverkehr für 26% der CO2e Emissionen in der EU verantwortlich. (Anmerkung: Die meisten aller Krankenfahrten retten keine Leben sondern dienen dem Transport von nicht gehfähigen Menschen in das Krankenhaus oder vom Krankenhaus zurück. Die allermeisten Einsätze für Notärzt:innen sind keine Einsätze die Leben retten. Ich bin selber Notärztin)

Zu behaupten wer sich auf Straßen festklebt spiele mit dem Leben anderer Menschen ist infam. Es ist inzwischen nahezu bewiesen, dass die Frau in Berlin leider auch mit Einsatz des Spezialfahrzeugs gestorben wäre. Und liegt die eigentliche Ursache des vermeidbaren Todes nicht bei dem Fahrer des KFZ, der beim Abbiegen die Radfahrerin nicht gesehen hat? Ist es nicht vielmehr das Problem der unermüdlichen Profitgier, die verhindert, dass Abbiegeassistenten in LKWs eingebaut werden?

Weltuntergang: Die Erde wird nicht untergehen, sie wird möglicherweise unbewohnbar für die Menschheit. Dass die Welt lt. der Logik Herrn Martenstein’s aufgrund geringerer Steuerzahlungen untergeht, hat schon nahezu klimawandelleugnerische Züge. Nun zum Thema Terrorismus: Herr M. unterstellt mit dem eingeschobenen Satz, „Stand heute…“, der „letzten Generation“, dass das Töten von Menschen logischerweise der nächste Schritt in dieser Eskalationsstufe sei. Sind Herrn Martenstein die Forderungen der letzten Generation bekannt? Sie fordern die Fortsetzung des 9 € Tickets und Tempo 100 auf Autobahnen. Das klingt für einen alten weißen Mann scheinbar sehr bedrohlich.

Sinkender Wohlstand: Ich gehe davon aus, dass Herr Martenstein scheinbar nicht weiß, dass sein Wohlstand auch auf der Armut des globalen Südens basiert. Damit ist er für die kürzere Lebenserwartung dieser armen Menschen auch mit verantwortlich. Der Autor lebt scheinbar in seiner sehr kleinen Welt ohne über den eigenen Tellerrand zu blicken. Es gehört zu unserer Pressefreiheit dazu auch solche Kolumnen schreiben zu dürfen und sie zu veröffentlichen. Von Ihrer Redaktion wünschte ich mir, solche, durch weglassen von Fakten und Zusammenhängen faktisch falschen Behauptungen, entsprechend zu kommentieren. Ich, als Abonnentin, bin entsetzt über dermaßen schlechten Journalismus. – Petra Boesing

 

Immer wieder erfrischend, was Martenstein so von sich gibt. Und wenn er mit seinem nicht genug zu lobenden Kommentar zu den Aktionen der „Letzten-Generation“ gleichzeitig den main-stream behafteten Journalisten à la Bernd Ulrich oder Petra Pinzler gleichzeitig eine auswischt, ist das umso erfreulicher! – Bernd Schampel

 

Was begreifst du nicht? Ich weiß nicht, aus welcher Zeit du kommst, aber vielleicht hast du schon mal etwas vom Begriff des zivilen Ungehorsams gehört? Ist jetzt schon fast 40 Jahre her, da saßen ziemlich bekannte Menschen auf einer Fahrbahn im Schwabenland: Heinrich Böll, Heinrich Albertz, Petra Kelly, Erhard Eppler, Oskar Lafontaine, Wolf Biermann, Dieter Hildebrandt, Helmut Gollwitzer und Günter Grass – um nur einige zu nennen. Vielleicht sagen dir diese Namen nichts. Dabei haben diese Menschen auf verschiedene Weisen unser Land mit geprägt – nicht unbedingt zum Schlechten.

Wenn heute wieder Menschen mit einem berechtigten Anliegen auf der Straße sitzen und sogar kleben bleiben, wäre ich nicht so überheblich wie du und würde ihnen böse Absichten und Bullerbü-Mentalität unterstellen. Hast du denn mal mit ihnen gesprochen und sie gefragt, ob ihnen Menschenleben egal sind? Oder ob sie überhaupt (E-)Auto-Gegner sind? Und hast du dich schon mal mit der Ethik-Theorie des zivilen Ungehorsams oder Widerstands beschäftigt? Etwa Martin Luther Kings Marsch auf Washington: Wie oder in welchem Maße war oder ist es wichtig zu fragen, ob in den jeweiligen Stunden Verkehr lahmgelegt wurde?

Wie viele zu spät zur Arbeit kamen? Wenn es um die Gleichberechtigung der Schwarzen ging? Hast du schon mal überlegt, wie große gesellschaftliche Veränderungen in Bewegung kamen? Hatten die Franzosen 1789 gewartet bis die Gesetzgeber ihnen das Revoltieren erlaubten? Aber zurück zum Hier und Jetzt: Mach doch mal ein paar gute Vorschläge, wie wir dem existenzbedrohenden Klimawandel wirkungsvoll begegnen können – im Sinne eines „letzten Mittels“, wenn die Uhr tickt, es längst 5 nach 12 ist, aber die Welt vor sich hindämmert! Wie rüttelt man eine penetrant ignorante Menschheit auf und bewahrt sie vor ihrem eigenen Untergang? Ich bin überzeugt, dass, wenn du die richtige Lösung hast, die jungen engagierten Menschen mit dem berechtigten Anliegen schnell wieder aufstehen. – Matthias Krohn

 

Ihre Kolumnen lese ich (meistens) mit Vergnügen, weil sie (meistens) exakt meiner Meinung entsprechen, weil sie (meistens) punktgenau sind, und weil sie immer viel witziger formuliert sind, als ich das je könnte. Heute fand ich im ZEIT-Blog „Elbvertiefung“ einen Hinweis auf ein ZEIT-Dossier mit dem Titel „Was nützt der Klima-Aktivismus“. Den habe ich gelesen und auch Ihre dazu kontrastierende Kolumne im ZEIT-Magazin.

Die fand ich prima und das Dossier nicht. Deshalb schrieb ich am hamburg@zeit.de wie folgt: „Guten Morgen! Was nützt Klima-Aktivismus? Nichts sagt Martenstein im ZEIT-Magazin klar und kompakt, als Straßenblockade schadet er vielmehr massiv. Demgegenüber ist das Dossier zum Thema zwar gesinnungsethisch anspruchsvoll, inhaltlich dagagen wirr, eklektisch und peinlich verständnisvoll“. Ich weiß, lieber Herr Martenstein, dass Sie bissige Zuschriften lieber mögen als zustimmende, finde aber, dass in dieser Vorweihnachtszeit Freundlichkeit auch richtig ist. – Dr. Gerhard Winneke

 

Sie greifen in ihrem Artikel den Vorwurf auf, die Klimaaktivisten wären für den Tod einer Radfahrerin verantwortlich. Dieser Zusammenhang aus aus meiner Sicht unzulässig konstruiert, es wird ein Einzelfall politisch instrumentalisiert. Tatsächlich gibt es in Deutschland viele tausend Staus mit mehreren Tausend Toten. Es gibt eine Vielzahl von Studien, welche auf den Rückgang von Staus durch eine Geschwindigkeitsbegrenzung hinweisen. Und nach einer Veröffentlichung des Umweltbundesamts könnte durch eine Geschwindigkeitsbegrenzung bis zur Hälfte aller deutschen Verkehrstoten vermieden werden. Wieso schreiben sie nicht im selben besserwisserischen Ton, „Liebe FDP-Vorstände, werdet bitte nicht gleich wütend. Wer eine wichtige Maßnahme verhindert, spielt mit dem Leben der Mitmenschen“?

Wir alle sollten darauf achten, nicht Lobbyisten auf den Leim zu gehen, die Einzelfälle instrumentalisieren, denn tatsächlich haben wir 3000 Verkehrstote pro Jahr, viele davon vermeidbare Einzelschicksale. Und „das wisst ihr auch irgendwie, oder?“ kamen große gesellschaftliche Veränderungen fast immer nur durch unbequeme Massnahmen Einzelner und kleiner Gruppen in Gang, die oftmals selbst ihr Leben dafür riskieren. Das gilt auch für den in Deutschland immer noch zu zögerlichen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen. Ohne engagierte Aktivisten wären wir noch nicht mal da, wo wir jetzt sind. – Stephan Illi

 

Völlig unbelekt von der Klimadiskussion, eine Frechheit sondergleichen, Herr Marterstein. Man muss seine Uninformiertheit weisgottnicht in der Zeit verbreiten. Warum greift die Redaktion, die es viel besser weiß, nicht ein? – Hartmut Bernecker

 

Ich lese deine Kolumne immer gern. Manchmal finde ich sie anregend, manchmal langweilig, häufig lustig und manchmal ernst. Ich mag die andere Perspektive, auch und gerade wenn ich andere Ansichten habe. Aus dieser Verbundenheit stammt das ungefragte Duzen, das macht man heute so. Falls das unerwünscht oder übergriffig erscheint, bitte einfach mit Suchen & Ersetzen korrigieren. Als zynisch und verlogen habe ich früher keine deiner Kolumnen empfunden. Bis jetzt, und daher möchte ich mal schreiben, in der Hoffnung mich zu irren.

Du schreibst: „Autos können Leben retten.“ Zweifellos korrekt, wenn auch sehr einseitig, da faktisch Autos auch jede Menge Leben kosten. Auf der Bilanz möchte ich gar nicht herumreiten. Aus meiner Sicht wird es spätestens dann menschenverachtend, wenn das Auto über die Menschen gestellt wird. Das ist in Deutschland sehr verbreitet: bei der Verteilung von Geld und Fläche, bei der Städteplanung, bis weit in die Gesetze hinein.

Man vergleiche z.B. die Strafen beim unerlaubten Entfernen vom Unfallort (wo es um zivilrechtliche Ansprüche geht) mit denen zur unterlassenen Hilfeleistung (ein Kavaliersdelikt, wird kaum je verfolgt). Dein scheinheiliger Verweis auf die paar Feuerwehrautos soll vermutlich von den Massen an privaten Pkw ablenken, die platz- und klimatechnisch ein zentrales Problem sind. Das funktioniert aber nicht, weil jedes Stadt- und Dorfbild längst von bunten Blechmöbeln dominiert wird, die man unmöglich übersehen kann.

Und menschenfreundliche wie soziale Ideen auf Kosten automobiler Masslosigkeit, wie ein Tempolimit oder eine Kürzung von steuerlicher Förderung, sind bei uns einfach nicht umsetzbar. Die schleichende Vereinnahmung öffentlichen Raums und die Zerstörung der Umwelt durch Automobile sind Trends, die immer weniger hingenommen werden können. Dafür gibt es jetzt auch Aktionen, die disruptiv, aber immer noch gewaltfrei sind. Sie stellen sich damit gegen Gesetze, die der von dir zitierte Autobahnraser auf seiner Seite weiss, wenn er der Verschwendung frönend auf das Leben seiner Mitmenschen pfeift.

Bin ich der einzige, der meint, dass hier etwas völlig falsch läuft? Offensichtlich nicht, und im Gegensatz zu mir sitzen diese jungen Leute, die meinen tiefen Respekt haben, nicht träge herum und verfassen Leserbriefe, sondern machen was. So habe ich immerhin, inspiriert von deinem Text, der Letzten Generation meine unnötigerweise erstattete Gas-Abschlagszahlung gespendet. Du findest, 20-30 Jahre sind zu wenig für einen „so radikalen“ Umbau der Verkehrsinfrastruktur? Dann nehmen wir uns doch fünfzig: von 1985 – 2035 sollte es funktionieren, andere Länder schaffen das ja auch. Alle wichtigen Informationen hatte man schon in den 70ern. Natürlich ist das „Weiter so“, dem du das Wort redest, bequemer.

Aber jeder Aufschub wird die Menschen mit härteren und teureren Massnahmen treffen. Und an der Stelle empfinde ich deine vorgeschobene Menschenfreundlichkeit als zynisch. Auf Basis der diffusen Angst, die ein Ende des Immer-Mehr als „sinkenden Wohlstand“ begreift, nimmst du den ökologischen und ökonomischen Absturz sehenden Auges in Kauf. Und dieses Narrativ hat uns schon die letzten 30 Jahre gekostet. – Franz-Manfred Schüngel

 

Mensch Martenstein! Was ist denn bloß in Sie gefahren? Ein Auto? Eine Schlußfrage wie die Ihre stellt wegen ihrer unanstängigen Verkürzung und Verdrehung der tatsächlichen Sachverhalte üblicherweise nur ein übel hetzender Boulevard“journalist“ – denn auch Ihnen dürfte wohl nicht entgangen sein, dass die von einem LKW-Fahrer überfahrene Radfahrerin NICHT an einem verspäteten Rettungswageneinsatz gestorben ist. Und im Zweifel war ja wohl zuallererst den im Stau stehenden Autofahrern ihr Schicksal egal, die – wie üblich und alltäglich zigtausendfach in den nicht von Protestaktionen verursachten Staus praktiziert – nicht die gesetzlich vorgeschriebene Rettungsgasse gebildet haben.

Eine den „Klima-Aktivisten“ polemisch unterstellte Gleichgültigkeit gegenüber Einzelschicksalen brauchen Sie also auch garnicht begreifen – wobei zu meinen bitteren Lebenserfahrungen gehört, dass insbesondere bei zu differenziertem Denken fähigen Menschen (zu denen ich eigentlich auch Sie zähle) dem Postulat eines Nicht-begreifens fast immer ein Nicht-begreifen-wollen zu Grunde liegt. Und genau dieses Nicht-begreifen-wollen, das leider auch geballt aus Ihrer Kolumne spricht, ist das, was die Aktivisten der „letzten Generation“ zur Verzweiflung und ihren – zugegebenermaßen nicht besonders geschickten – Blockade-Aktionen treibt.

Es gab hierzulande schon mal Menschen, die aus Verzweiflung und Ohnmachtsgefühl über die ungerechte und menschenverachtende Ignoranz der alten und neuen Mächtigen und der schweigenden Mehrheiten begonnen haben, ausgewählte Repräsentanten (und leider auch Unschuldige) zu erschießen. Das war falsch, auch wenn ihre Verzweiflung für mich nachvollziehbar war. Leider haben sich die Mehrheiten nicht für die Motive der deutschenTerroristen interessiert, weil es schließlich allzu leicht war, sie in der allgemeinen Hetze für ihre Taten zu verurteilen (ohne alle die verurteilt zu haben, die im Dritten Reich mehr oder weniger große Täter schlimmster Verbrechen waren).

Nun aber die Blockierenden auch nur ansatzweise in die Nähe der damaligen Terroristen zu rücken, und wenn auch nur, um sie dann gönnerhaft vom Terrorismus freizusprechen, ist mehr als infam, Herr Martenstein! Seien Sie froh, dass die „letze Generation“ sich mit harmlosen Protesten zufriedengibt, obwohl satte Wohlstandsbürger wie Sie ihre Zukunft versaut haben, und sich dann auch noch spottend als Interessenvertreter der wirklich Armen dieser Welt aufspielen, weil sie sich immerhin schämen, über ihre eigene Angst vor sinkendem Wohlstand zu jammern.

Außerdem: Autobahnraser töten täglich Menschen aus egoistischer Rücksichtslosigkeit – Klimaaktivisten und ihren Aktionen irgendwelche Ähnlichkeit zu solchem Verhalten anzudichten ist haltlos und böswillig. Nach Ihrer Logik müssten eigentlich alle Demonstrationen sofort verboten werden, denn sie können Autoverkehrsstaus verursachen, womit also Demonstranten billigend den Tod von Menschen in Kauf nehmen, weil ein Krankenwagen steckenbleiben könnte. Denken Sie das mal zu Ende. Und es stimmt, dass Autofahrer Leben retten können.

Doch die überwiegende Zahl der Autofahrten rettet nicht Leben, sondern dient ausschließlich einer individuellen Bequemlichkeit oder wirtschaftlichem Profitstreben – ohne Rücksicht auf die Folgen für die lokale und die globale Umwelt und die Gesundheit der Menschen vor allem in den armen Länden der Welt, die nicht nur an den Folgen des Klimawandels und der vergifteten Luft schon heute, und nicht erst in „20 oder 30 Jahren“ sterben – Menschen, deren Schicksal uns gewohnheitsmäßig im Sinne des Wortes tatsächlich egal ist, weil sie damit den Preis für unseren Wohlstand mitbezahlen. Schließlich können auch Granaten Leben retten:

Wenn sie die Menschen zerfetzen, die sonst eine größere Zahl anderer Menschen töten würden. Trotzdem bringen sie das Ende der Menschheit täglich ein Stück voran. Denn es geht nicht um den Weltuntergang, sondern „nur“ um das Ende der Menschheit – die Welt konnte Milliarden Jahre ohne uns klarkommen und wird sich auch von uns erholen, wenn wir wieder weg sind. Und ja, ein radikaler Umbau dauert lange. Aber seine Notwendigkeit ist ja nun auch nicht erst seit letzter Woche oder letztem Jahr bekannt:

Der 1. Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit wurde im Frühjahr 2022 50 Jahre alt. „Alternativlos“ ist also nicht das Auto (und stetiges wirtschaftliches Wachstum etc.), sondern nur ein wirksam verantwortungsvoller Umgang mit dieser reichlich angeschlagenen Welt – auch wenn die meisten Menschen das nicht begreifen (wollen). Wollen Sie das nun bitte mal begreifen? – Jan Neumann

 

Ich war sehr erstaunt und erschrocken über den Beitrag von Harald Martenstein im Zeitmagazin. Ich fragte mich, kann er das wirklich ernst meinen? Autos retten also Leben und Klimaaktivistis verhindern dies! In welch einer tollen Welt lebt er? Da möchte ich auch hin! In meiner Welte ist es leider genau umgekehrt. Autos töten Menschen. Allein auf Deutschlands Straßen sterben täglich sieben Menschen und 885 werden verletzt. Wer von diesen später stirbt, kommt nicht mehr in die Statistik der Verkehrstoten.

Und pro Jahr sterben nur in Deutschland 13.000 Menschen vorzeitig durch die Verkehrsabgase. Von den CO² Emissionen will ich gar nicht erst anfangen. Wir bräuchten deutlich weniger Krankenwagen und weniger Feuerwehrautos, wenn es weniger motorisierten Individualverkehr geben würde. Und die Güter, die jetzt mit LKWs transportiert werden, wurden vor noch gar nicht solanger Zeit mit der umweltfreundlichen Bahn an ihren Bestimmungsort gebracht. Herr Martenstein versucht hier die sog. „letzte Generation“ zu kriminalisieren. Junge Menschen, die total verzweifelt sind und Angst um ihre Zukunft haben.

Die endlich gehört werden wollen, von Politiker*innen, Wirtschaftsvertreter*innen und Erwachsenen, die ihr Auto mehr wertschätzen als ihre Kinder. Angesichts dieser Verzweiflung breitet sich in mir eine große Traurigkeit aus. Und ich verstehe absolut niemanden, der immer noch nicht die Ausmaße der Katastrophe erkennen will, auf die wir zurasen. – Martina Gereck

 

Als interessierte Leserin Ihrer Kolumnen, bewegt mich Ihr Beitrag im aktuellen Zeitmagazin. Da hilft mir oft, die Gedanken aufzuschreiben. Hoffentlich werden Sie nicht wütender. Die Sachlage mit der verstorbenen Radfahrerin in Berlin ist noch nicht voll umfänglich geklärt, dann gleich mit der Unterstellung ,“den Tod von Leuten in Kauf zu nehmen“, zu argumentieren, ist verständlich, verlangt aber einen tieferen Blick. Wenn es wirklich einen kausalen Zusammenhang gibt, sollte es Konsequenzen haben. Aber ein Stau entsteht zunächst einmal, weil auf einer bestimmten Fläche zu viele Autos zur gleichen Zeit unterwegs sind.

Wir alle, auch Sie als Teil dieser wohlstandsgesättigten und verschwenderischen Gesellschaft nehmen seit vielen Jahren den Tod unzähliger Menschen auf der Welt in Kauf. Angst und Wut auf andere zu projizieren, hilft diese unerträgliche Bürde zu tragen. Die oft bullerbüharmlosen Umweltaktivitäten der Vergangenheit konnten es nicht verhindern, dass wir ungebremst in eine unberechenbare Zeit rasen.

Sicherlich haben die jungen Menschen es versäumt, die Angemessenheit ihrer Maßnahmen zu überprüfen, aber ist das Ihnen als junger Mensch immer gelungen? Ein steineschmeißender Joschka Fischer hat auch in Kauf genommen, einen Menschen schwer bis tödlich zu verletzen. Gerade weil Sie auf das unerbittlichste für eine gesunde Zukunft des Planeten kämpfen, ist Ihnen das Schicksal der Menschen nicht egal. Wahrscheinlich verstehe ich hier das Prinzip der Kolumne nicht, das Thema ist mir so ernst, wie die Gefühle der Klimaaktivisten.. – Silke Moeske

 

Sie greifen in ihrem Artikel den Vorwurf auf, die Klimaaktivisten wären für den Tod einer Radfahrerin verantwortlich. Dieser Zusammenhang aus aus meiner Sicht unzulässig konstruiert, es wird ein Einzelfall politisch instrumentalisiert. Tatsächlich gibt es in Deutschland viele tausend Staus mit mehreren Tausend Toten.

Es gibt eine Vielzahl von Studien, welche auf den Rückgang von Staus durch eine Geschwindigkeitsbegrenzung hinweisen. Und nach einer Veröffentlichung des Umweltbundesamts könnte durch eine Geschwindigkeitsbegrenzung bis zur Hälfte aller deutschen Verkehrstoten vermieden werden. Wieso schreiben sie nicht im selben besserwisserischen Ton, „Liebe FDP-Vorstände, werdet bitte nicht gleich wütend. Wer eine wichtige Maßnahme verhindert, spielt mit dem Leben der Mitmenschen“?

Wir alle sollten darauf achten, nicht Lobbyisten auf den Leim zu gehen, die Einzelfälle instrumentalisieren, denn tatsächlich haben wir 3000 Verkehrstote pro Jahr, viele davon vermeidbare Einzelschicksale. Und „das wisst ihr auch irgendwie, oder?“ kamen große gesellschaftliche Veränderungen fast immer nur durch unbequeme Massnahmen Einzelner und kleiner Gruppen in Gang, die oftmals selbst ihr Leben dafür riskieren. Das gilt auch für den in Deutschland immer noch zu zögerlichen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen. Ohne engagierte Aktivisten wären wir noch nicht mal da, wo wir jetzt sind. – Stephan Illi

 

Vielen Dank für Ihre Kolumne: Über den Nutzen von Autos und über Klima-Aktivisten, die Straßen blockieren, im Zeitmagazin Nr. 47. Sie fahren mit Ihrer Familie auf einem Schiff voll auf die Klippen zu, Anstatt auf Ihre dringenden Bitten zu hören und den Kurs zu ändern hält der offensichtlich unbelehrbare Kapitän daran fest, ggf. seine Mannschaft und die anderen Passagiere sind genauso unbelehrbar und geben noch mehr Gas.

Würden Sie das Rettungsboot schnappen und sich mit Ihrer Familie in Sicherheit bringen obwohl Sie wüssten, dass dadurch die noch freien Plätze des Rettungsbootes für die Anderen nicht mehr zur Verfügung stünden? Vermutlich schon. Ähnlich fühlen sich die Klima-Aktivisten, nur hat die Erde kein Rettungsboot. Ihnen bleibt nur das Festkleben. Gerade von Ihnen hätte ich mehr Empathie für diese sentimentalen Spinner erwartet.

Der unromantische katholische Sozialist und UNO Generalsekretär António Guterres und die spassbefreite evangelisch protestantische Präsidentin der Europäischen Kommission “Röschen“ Ursula Gertrud von der Leyen sind beide nicht der Träumerei, Übertreibung oder Panikmache verdächtig. Dennoch haben beide auf den katastrophalen Kurs hingewiesen, an dem wir festhalten und immer noch mehr Gas geben wobei der uns sicher mit Karacho auf die Klippen laufen lässt. Seit wann schlagen Sie sich auf die Seite der “Weiter so, nur nicht nachdenken und schön immer das machen was alle machen“ Fraktion? Seit wann lassen Sie so schöne Wortspiele liegen wie:

„Erderwärmung“ (gar nicht so schlecht, denn endlich erwärmen sich meine Finger wieder in der kalten Wohnung), „Erderhitzung“ (oh wie schön, die Erde ist ein bisschen hitzig und alle Kinder und Lehrer haben bald noch viel mehr Hitzefrei!), “Klimafrage“ (Hey Klima, wer weis den sowas?) “Klimaproblem“ (Hey Alter, ich hab ein Problem, hast Du mal einen Euro?) „Klimawandel“ (mein Lebenswandel ist jetzt besser, der von der Erde wird schon auch noch) und „Klimakrise“ (na und, ich hab 5 mal am Tag auf der Arbeit meine Krise),

Ihr Artikel und das ganze Heft ist exemplarisch für die Darstellung von Umweltthemen in den Medien. Der Klima-Umwelt-Schrecken (Das Monster schläft nie) wird sanft eingebettet zwischen, als sachliche Information getarnte aber doch sehr werbende redaktionelle Texte sowie Reklamen für noch mehr klimaschädliche Reisen bzw. Produkte. Hinzugefügt wird eine spottende, unreflektierte Kolumne über den geheiligten Nutzen des Status quo.

Auf der einen Seite erschlägt uns der Schrecken, packt uns Wut, Scham und Verzweiflung aber wenn wir umblättern, werden in uns Bedürfnisse geweckt, die genau dazu führen, dass die Zustände, die in uns Wut, Scham und Verzweiflung auslösen sich verschlimmern. Dadurch betäuben uns die Medien und verleiten uns dazu gar nichts zu tun bzw. auf ein „Weiter so!“ zu pochen. Mit der Aufrechterhaltung dieses Kontrastes betreiben die Medien ein opportunistisches politisches Geschäft.

Sie relativieren auch noch die schlimmsten Botschaften, um selbst so weitermachen zu können wie bisher und am Verkauf von klimaschädlichen Konsum mitverdienen zu können. Damit sind die Medien nicht neutral, sondern politisch. Und ohne es zu wollen sind damit die Journalisten politisch, die mit ihren, bestenfalls kritischen, Beiträgen dennoch dem bedenkenlosen Konsum eine Plattform geben und im schlechtesten Fall diesen sogar aktiv unterstützen. Journalisten berufen sich gerne auf Hanns Joachim Friedrichs Neutralitäts Dictum: „Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache – auch nicht mit einer guten Sache; dass er überall dabei ist, aber nirgendwo dazu gehört.“

Eine solche Haltung ist eine Illusion, denn jeder noch so neutrale Beitrag wird innerhalb des Mediums, in dem er erscheint, selbst zu einem Teil der klimaschädlichen Platform. Somit wird die Arbeit des Journalisten und damit er selbst Teil des Mediums und den daran aufgehängten politischen Botschaften. Diese haben entweder die Form von oberflächlich neutralen Berichten, die dann aber doch das sehr politische Bedürfnis wecken, nach einem: „Gönn dir was, denn Du darfst einfach so weitermachen wie bisher“, oder in Form der angefügten Reklamen selbst. Kein Wunder, wenn die einen weiter SUV fahren, während die anderen sich schon vor Panik auf die Straße kleben.

Zusammen mit der ganzseitigen Mazda Reklame auf Seite 57 steht der Beitrag “So komme ich dahin“ für das Beschleunigen der Klimakatastrophe durch gedankenlosen Luxus für Reiche, der auch noch vom Staat durch großzügige Steuergeschenke gefördert wird. Die Flugstrecke Frankfurt – Istanbul beträgt ca. 2.000km. Bei einem Verbrauch von 3,8 Liter je Passagier auf 100 km entspricht das für den Hin- und Rückflug 152 Liter Kerosin. https://www.lufthansagroup.com/de/verantwortung/klima-umwelt/klimaschutzziele.html Dieser Flug fällt nicht unter das EU-Emission Trading System (EU-ETS). Daher fällt keine Steuer für die Verwendung von Kerosin an und da es ein internationaler Flug ist, entfällt sogar die Mehrwertsteuer auf den Ticketpreis! Nur für den Abflug aus Frankfurt wird pro Passagier einmal eine Luftverkehrsabgabe im Wert von €12,77 fällig.

Weder die Fluggesellschaften noch die Passagiere zahlen irgendwelche weiteren Steuern im Zusammenhang mit dem Verbrauch von Kerosin oder dem Ausstoß von Klimagasen. Sie tragen also so gut wie nichts bei, um den angerichteten Klimaschaden aufzufangen und uns besser gegen zukünftige Klimakatastrophen zu wappnen. Falls Sie diese Reise zu viert unternehmen, beträgt die Summe des verbrauchten Kerosin 608 Liter, die damit erlöste Luftverkehrsabgabe €51,08.

Angenommen Sie fahren, wiederum zu viert, die gleiche Strecke mit dem in der Reklame angebotenen Maxda Diesel SUV, dann verbrauchen Sie für die 2.300 km Wegstrecke für Hin- und Rückfahrt im günstigsten Fall 230 Liter Diesel. Dafür zahlen Sie aber nach deutschen Preisen ca. €0,80 je Liter Steuern. https://www.adac.de/verkehr/tanken-kraftstoff-antrieb/tipps-zum-tanken/7-fragen-zum-benzinpreis/ Die dadurch erlöste Steuer beträgt also beinahe das vierfache, nämlich €184,-.Hätten Sie gar 608 Liter Diesel verfahren betrüge die Steuer sogar €486,40! Der Ausstoß von CO2 und Ruß von Flugzeugen ist wegen der großen Höhe, in der er stattfindet, doppelt so schädlich wie der am Boden. Darum ist der Flug nach Istanbul mehr als 5 mal so klimaschädlich wie die längere Autofahrt!

Die im Durchschnitt eher vermögenden Istanbul Reisenden geben ihr Geld außerhalb der EU aus und profitieren vom dortigen niedrigeren Preisniveau. Die Einnahmen kommen der dortigen Bevölkerung zugute. Ärmere bzw. umweltbewusste Autofahrer bekommen wegen des höheren Preisniveaus im Inland bzw. innerhalb der EU weniger Waren und Dienstleistungen für ihr Geld, fördern die EU-Wirtschaft und zahlen dafür auch noch mehr als 3,5 mal so viel Steuern für den 5 mal geringeren Klimaschaden. Während also Reiche steuerfrei luxuriöse und äußerst klimaschädliche Flugreisen unternehmen, zahlen Ärmere immer mehr an den Staat für ihr viel umweltfreundlicheres und die EU-Länder unterstützendes Verhalten. Dies ist weder klimagerecht noch sozial. Bleibt das so, wird dies unsere Gesellschaft zutiefst spalten.

Machen Sie zu viert die auf Seite 11 beworbenen Reise nach Marokko: Frankfurt – Marrakesch: 2.500km = 760 Liter Kerosin, Luftverkehrsabgabe €51,05. Steuer auf Diesel: €608,- oder die auf Seite 2 beworbene „Besinnung auf das Wesentliche in Kyoto“: Frankfurt – Tokyo: 10.000km = 3.000 Liter Kerosin, Luftverkehrsabgabe €231,92. Steuer auf Diesel: €2.400,-

Ab spätestens 2035 werden Verbrenner Autos verboten. Flugzeuge werden aber noch in Jahrzehnten mit fossilem Kerosin betrieben werden. Nach CORONA ist das Wachstum der Luftfahrt geradezu explosiv, Airlines machen Milliarden Rekordgewinne und erwarten noch höhere für nächstes Jahr, denn sie können wegen des knappen Angebots ihre Ticketpreise verdoppeln und verdreifachen. Nach Plänen der EU bleibt die Nutzung von Kerosin auf Flüge in Nicht-EU-Länder weiterhin steuerfrei.

Dabei verursachen diese Flüge ca. 80% der klimaschädlichen Emissionen der EU-Luftfahrt. Weltweit finden ca. 60% der besonders klimaschädlichen Interkontinentalflüge von und nach Europa statt. Steuerfreie Luxusflüge für Reiche, Milliarden Rekordgewinne für Airlines: alles gefördert durch die noch immer steuerfreie Nutzung von Kerosin! Bitte bekennen Sie auch als Verlag Farbe und übernehmen Sie Verantwortung. Die Zeit muss auf Ökostrom und Umweltschutzpapier (auch für ihr Magazin) umstellen. Sie darf keine Leserreisen mit Kreuzfahrtschiffen und/oder Flugzeugen anbieten oder für ähnlich umweltschädliche Produkte werben. Sonst verschärft sie die Klimakatastrophe, denn …

Die Klimakatastrophe ist eine immer größere Medienkatastrophe. Bei uns nehmen nur die Klimaaktivist*innen die Klimakatastrophe als wirkliche Katastrophe wahr. In den Medien und in der Politik fallen zu oft die Begriffe „Klimawandel“, „Klimakrise“, „Erderwärmung“ oder „Erderhitzung“. Mit „Wandel“ (Lebenswandel), „Krise“ (ich krieg 5 mal am Tag ne Krise), „Erwärmung“ oder „Erhitzung“ werden in der öffentlichen Wahrnehmung harmlose bzw. reversible Vorgängen konnotiert.

Damit wird die Klimakatastrophe von etwas katastrophalem zu etwas harmloseren bzw. Vorübergehendem herabgestuft. „Die Zeit“, nennt ihre Rubrik über die Klimakatastrophe sogar maximal verharmlosend „GREEN“, was eher nach Gartenkolumne klingt. Wir wissen schon längst, wie katastrophal, unumkehrbar und vernichtend die Klimakatastrophe sein wird, dennoch benennen die Medien sie nicht so, sondern halten sie uns mit harmloseren Wörtern auf Abstand.

Damit bleiben wir passiv abwartend in unseren Konsummustern gefangen, wissend, dass derweil die Katastrophe ungebremst immer größere Ausmaße annehmen, immer verheerender sein wird. Dabei könnten wir so viel mehr dagegen tun, als wir aufgrund der verharmlosenden Wörter bereit sind zu tun. Ihre journalistische Arbeit verkommt durch die geschaltete Werbung nur allzu oft zu einem Gerüst, einer Litfaßsäule, an der Reklame für besonders umweltschädliche Luxusprodukte wie Autos, Flugreisen und „fast fashion“ angeschlagen wird. In diesem Sinne…

Spielen die Medien sowohl den Biedermann als auch den Brandstifter. Ist der Sommer auch noch so heiß, sind die Klimakatastrophen, die Hitze-, Dürre-, Flutopfer auch noch so zahlreich, alle Medien berichten weiterhin „schön ausgewogen“ nach dem Motto von Hanns Joachim Friedrichs: „Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache – auch nicht mit einer guten Sache; dass er überall dabei ist, aber nirgendwo dazu gehört.“

Unter diesem Deckmäntelchen der Neutralität macht man sich dann aber doch zum willfährigen Botschafter des Konsums: „So viel Negatives ist unseren Kunden nicht zuzumuten und bloß keine zu deutlichen Aufrufe zum Verzicht, sonst verprellen wir unsere zahlungskräftigen Inserenten!“ (So lassen sich die Antworten zusammenfassen, die ich von Spiegel und Zeit erhalten habe). Aber die Medien sind in Marshall McLuhan`s Sinne schon längst die Botschaft: „The medium is the message“ https://en.wikipedia.org/wiki/The_medium_is_the_message.,

„Wer versucht, unpolitisch zu sein, ist politisch ohne es zu wollen.“ (Rosa Luxemburg) In allen Medien wechseln sich nämlich Klima-Katastrophenmeldungen in schöner Regelmäßigkeit ab mit glücklich machenden Beiträgen. Nach der „Tagesschau“ mit tausenden Flutopfern kommt „Das Traumschiff“ zum Wegträumen auf exotischen Reisen mit Flugzeug und Kreuzfahrtschiff. Die passende „Mein Schiff-Aida-Reklame“ inklusive! Nach jedem erschreckenden Bericht wird doch wieder verlockend das neueste SUV besprochen oder die letzte wilde Bucht für einen exotischen Urlaub angepriesen!

Nach den sachlichen Berichten über immer schneller schmelzende Gletscher, verschwindende Arten und zunehmende Katastrophen berichten Medien ebenso neutral über die Weigerung der Politiker, dem Wunsch der Mehrheit nach einem Tempolimit nachzugeben. Sie berichten ebenso sachlich über das Ausbremsen des Artenschutzes, um stattdessen Getreide für billigen Fleischkonsum anzubauen. Genauso sachlich werden die wiederholten Forderungen für möglichst billige Energie aus fossilen Quellen wiedergegeben. Diese „sachlichen“ Aneinanderreihungen mildern die Schrecken der Klimakatastrophe ab, sie lassen uns verwirrt zurück: „Ist Konsum jetzt doch nicht so schlecht?“

„Warum soll ich verzichten, wenn es so viele andere auch tun, so sehr dafür geworben wird und selbst die Politik und Medien wollen das ich es auch tue?“ Verwirrt und zweifelnd verharren wir als Konsumenten, werden gegenüber den Schreckensnachrichten immer passiver und geben uns dafür immer aktiver unserem eigenen kleinen Glück, dem Konsumieren hin. Dabei wäre nichts so effektive wie unser individuelle Wille, unser individuelles Handeln, siehe: https://www.sueddeutsche.de/projekte/artikel/wirtschaft/energie-energiekrise-strom-gas-oel-e670572/?reduced=true

Wir brauchen eine Kehrtwende, um die Klimakatastrophe abzuwenden. Diese muss bei uns selbst beginnen. Aber das geschieht nur, wenn uns die Medien eine entsprechende Dringlichkeit vermitteln. Aber genau daran fehlt es. Nach diesem Katastrophen-Sommer blieb in den Medien der Aufschrei aus, vielmehr wird in den Medien der Rückzug ins Private zelebriert, es werden Sonderheft über Mode, Design, Kunst, e.t.c. herausgegeben aber kleines in dem steht wie wir alle mithelfen können diese Erde gerechter und lebbarer zu machen?

Kein einziges wichtiges Medium wie, Der Spiegel, Die Zeit, SZ, FAZ oder die öffentlich rechtlichen machen ein Sonderheft oder einen Sendetag 100% Klima-ehrlich. So ein Heft sollte auf Umweltschutzpapier (Blauer Engel) gedruckt und für Büro und Druckerpresse oder Studio 100% Ökostrom gekauft werden. Zu jedem vorgestellten Artikel, Produkt, Reise oder Tätigkeit sollte benannt werden, was der damit verbundene Klimaschaden ist, nicht um zu Schulmeistern und zu Belehren, sondern um zu informieren.

Gleiches sollten bei jeglicher Werbung vermeldet und klimafreundliche Alternativen benannt werden. Dafür würden sich auch Partner finden, die in einem solchen Heft oder an einem solchen Sendetag gerne ihre umweltfreundlichsten Produkte anstatt der luxuriösesten und schädlichsten bewerben wollen, z.B. VEGANE Rügenwalder Teewurst statt SUV`s, klimafreundliche Kleidung statt Dior.

Medien müssen anderen ein Vorbild und ein gesellschaftlich relevanter Vorreiter sein. In diesem Sommer ist in Europa dreimal so viel Wald verbrannt wie im Durchschnitt der letzten 10 Jahre. Medien sollten nicht nur mit Mode und Lifestyle provokant und innovativ sein, sie sollten Furore machen, mit einer Weltpremiere groß raus kommen und Konkurrenten hinter sich lassen. Aber keine der anerkannten Medien will (auf eine positive Weise) in die Schlagzeilen kommen.

solch ein Sonderheft, einen Sendetag mit vorbildlicher Klima-Ehrlichkeit überhaupt versuchen zu machen, wobei dies eigentlich das höchste gebot der Stunde währe! Es würde was kosten, es ist viel Arbeit und tut vielleicht weh, aber so ist Klimaschutz nun mal, wer jetzt immer noch nichts tut wird später noch viel mehr Kosten, Arbeit und Leid erfahren. Anstelle ein gesellschaftlicher Vorreiter zu sein, verschanzen sich die Medien hinter Zweifeln und selbst verschuldeter Unwissenheit. Stehlen sich von ihrer moralische Verantwortung davon wie ein Dieb in der Nacht!

Niemand traut sich als Erster zu rufen, dadurch traut sich niemand aus der Deckung, bleiben die Zweifel. Kein Medium möchte Geschichte schreiben, keines mit einem solchen Statement seine Möglichkeiten ausloten, Unsicherheit und Zweifel wegblasen. Kein Medium will für sich und Ihre Leser gesellschaftlich relevant vorantreibend sein. Viel mehr verharren alle im hinteren Drittel, manche heimlich andere unabsichtlich bremsend. Kein einziges Medium versucht einen „Sustainability Challenge“ so wie es die Luftfahrt schon tut: https://www.youtube.com/watch?v=F0L2tvtm9Qg

Das Hamburger Zeitmagazin, hatte schon einmal eine Weltpremiere. Sie druckte Ende der 90er Jahre als erstes Medium überhaupt ein Magazin mit dem Blut von vergewaltigten Frauen des Jugoslawienkrieges. Damit wollte die Redaktion eine gesellschaftliche Debatte lostreten über die strukturelle Gewalt gegen Frauen. 2016 kam das österreichische Magazin „Vangardist“ damit sogar weltweit in die Schlagzeilen: https://www.theguardian.com/society/2015/may/06/blood-from-hiv-positive-people-used-to-print-austrian-magazine. Wartet Sie jetzt erst auf den steigenden Meeresspiegel, um dann ein Magazin mit dem Blut der Ertrinkenden zu drucken?

Wenn die Medien jetzt weiterhin versuchen, unpolitisch zu sein, sind sie politisch, ohne es zu merken! (Rosa Luxemburg) Verharren die Medien ebenso tatenlos wie wir Konsumenten? Lehnen sie genauso jegliche Eigenverantwortung ab? Betten Sie weiterhin jeden zukünftigen Artikel über die Klimakatastrophe ein in eine Vielzahl von Artikeln, die Konsum und Verbrauch von fossilen Energien gutheißen, dann verhalten sich die Medien ähnlich wie bei der Argumentation gegen das Rauchen in öffentlichen Räumen. Sie verharmlosen unnötig lange die wahre Schädlichkeit und verzögern damit das gesellschaftliche Bewusstsein über das Ausmaß des Problems und damit wichtige politische Entscheidungen.

Um das nötige Bewusstsein zu erreichen brauchen wir klima-ehrliche Medien. Gerade jetzt ist ein fruchtbares Zusammenspiel von uns allen, den Medien und der Politik nötig. Was möglich wäre, zeigen die Beispiele des Kühlschranks ohne FCKW und der Glühbirne. Ersterer wurde lange durch die Industrie verhindert mit dem Argument: „Das ist technisch unmöglich.“ Erst als Greenpeace 1992 medienwirksam die Werbetrommel für den FCKW-freien Kühlschrank eines Herstellers aus Sachsen rührte und dafür in kürzester Zeit 100.000 Bestellungen bekam, zog die West-Industrie nach und wurde FCKW in Kühlschränken per Gesetz verboten.

Bei der Glühbirne fragten die Bürger erst nach sparsamen Leuchtmitteln. Der Markt reagierte mit teuren, hässlichen und kümmerlichen Produkten. Einige kauften diese trotz aller Nachteile, aber die meisten bevorzugten weiterhin die viel billigeren Glühbirnen. Als 2010 der politische Druck zum Energiesparen größer wurde, niemand wollte noch mehr Kraftwerke und Hochspannungskabel, kam 2010 ein EU-Glühbirnenverbot. Die Anbieter reagierten und wir freuen uns jetzt über die vielseitigen Anwendungen und die größere Zuverlässigkeit der heutigen Lampen.

Wollen wir die Klimakatastrophe verhindern, dann braucht es einen klima-ehrlichen Markt, bewusst entscheidenden Konsumenten und eine Politik, die mit effektiven Gesetzen dem Markt Klima-Ehrlichkeit abverlangt. Aber zuallererst müssen wir hierfür das nötige Bewusstsein erreichen und gerade dafür brauchen wir vor allem kritische und klima-ehrliche Medien. Diese dürfen nicht die fatalen Fehler wiederholen, wieder blind in die gleichen Fallen tappen, wie in der Vergangenheit bei der Diskussion um die Schädlichkeit des Rauchens.

Jedes Kind versteht, dass wir ab jetzt sparen müssen. Wir müssen immer und überall sparen, ganz gleich wie sinnvoll es uns erscheint, denn der sparsame Umgang mit allen Ressourcen der Erde ist moralisch immer richtig angesichts wachsender Bevölkerungszahlen mit wachsendem Wohlstand. Jedes Kind versteht das, nur wir handeln immer noch so, als ob es diese Wahrheit nicht gäbe. Auch wenn wir nicht durchschauen was die aktuellen politischen Regeln aus unserem Sparen machen, lohnt es sich, z.B. importiert Frankreich unseren Solarstrom, wenn ihre Atomkraftwerke abgeschaltet werden, da ihnen wegen Hitze und Dürre ungenügend Kühlwasser aus den aufgeheizten und vertrockneten Flüssen zur Verfügung steht. Unsere privaten Solaranlagen liefern dann Strom an die immer zahlreicheren privaten französischen Klimaanlagen.

Ein Beispiel aus meiner Berufswelt: Wie klimaschädliche Steuergeschenke unsere Gesellschaft spalten. Bitte sehen Sie auch die im Anhang beigefügten Informationen zur Luftfahrt. Ich bin selbst Pilot, aber die derzeitige Steuerfreiheit für luxuriöse Flüge finde ich äußerst unzeitgemäß. Dass 1% der Bevölkerung luxuriöseste Reisen unternimmt und dabei steuerfrei 50% des weltweiten Kerosin verbrennt während Arme für jeden Kilometer, Energie-, CO2-, Öko- und Mehrwertsteuer bezahlen, ist höchst unsozial und spaltet unsere Gesellschaft. Es blockiert auch die Entwicklung der Luftfahrt zu mehr Klimafreundlichkeit.

Es ist jetzt höchste Zeit für eine ehrliche Steuer für den Gebrauch von fossilem Kerosin in der Luftfahrt. Wie wichtig der Einfluss von uns Bürgern ist, macht gerade das Fliegen deutlich. Airbus verspricht in 20 Jahren für die Kurz- und Mittelstrecke ein klimaneutrales Wasserstoffflugzeug, aber noch keine einzige Airline will es kaufen. Davon abgesehen planen weder Airbus noch Boeing in den kommenden 20 Jahren überhaupt andere, klimaschonende Modelle. Viel lieber kaufen die Airlines modernisierte Airbus A320 und Boeing 737, also Flugzeuge, deren ursprüngliche Konzeption aus den 80er bzw. 60er Jahren stammt.

Interkontinentale Flüge fliegen zu ca. 60%(!) von und nach Europa und verbrauchen ca. 80%(!) des europäischen Kerosins, aber auch dafür wird es in den kommenden 20 Jahren kein neues Modell geben. Die dafür verwendeten Airbus A330NEO und Boeing 777 stammen aus den 80er Jahren, die Airbus A350 und die Boeing 787 aus den 2000er Jahren. Dabei erwarten Airbus, Boeing, die Luftfahrtorganisationen IATA und ICAO aber mindestens eine Verdoppelung der bestehenden Flotte bzw. des Passagieraufkommens. Also wird die Luftfahrt 2030 und 2050 das gesteckte Ziel weit verfehlen bald mehr als doppelt so viel CO2 ausstoßen wie heute.

Weiterhin werden diese, einem Diesel-SUV ähnelnden, Flugzeuge mit Vollgas über die interkontinentalen Luftstraßen düsen. Neue, radikal sparsame Flugzeugkonzepte bleiben ungenutzt. Gerade deshalb sind jetzt unsere individuellen Entscheidungen so wichtig. Wenn Konsumenten nun sagen: „Das Produkt lehne ich ab, egal wie billig oder schädlich es ist“, nutzen Sie einen der zur Verfügung stehende Wege, effektiv Einfluss aus zu üben. Wie schon in der Vergangenheit verschwinden dann Produkte, die niemand mehr nachfragt oder sie werden verbessert. Dafür ist jetzt gerade bezüglich der Luftfahrt höchste Zeit. – Klaus Siersch

 


 

 

Leserbrief zu „DAS MONSTER SCHLÄFT NIE“ von Johanna Roth im ZEIT Magazin

 

Während die Klimakatastrophen Immer tödlicher und verwüstender werden, sprechen Politiker und Medien darüber mit verharmlosenden Begriffen wie „Klimafrage“, „-Krise“ oder „-Wandel“. Dadurch verkennen wir den Ernst der Wirklichkeit und handeln zu zögerlich. Bitte bekennen Sie Farbe und übernehmen Sie Verantwortung. Die Zeit muss auf Ökostrom und Umweltschutzpapier (auch für ihr Magazin) umstellen. Sie darf keine Leserreisen mit Kreuzfahrtschiffen und/oder Flugzeugen anbieten oder für ähnlich umweltschädliche Produkte werben. Wenn sie sich weiter hinter Hanns Joachim Friedrichs Neutralitäts Diktum versteckt, („Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache – auch nicht mit einer guten Sache; dass er überall dabei ist, aber nirgendwo dazu gehört.“), dann verschärft sie die Klimakatastrophe, denn …

Die Klimakatastrophe ist eine immer größere Medienkatastrophe. Bei uns nehmen nur die Klimaaktivist*innen die Klimakatastrophe als wirkliche Katastrophe wahr. In den Medien und in der Politik fallen zu oft die Begriffe „Klimawandel“, „Klimakrise“, „Erderwärmung“ oder „Erderhitzung“. Mit „Wandel“ (Lebenswandel), „Krise“ (ich krieg 5 mal am Tag ne Krise), „Erwärmung“ oder „Erhitzung“ werden in der öffentlichen Wahrnehmung harmlose bzw. reversible Vorgängen konnotiert. Damit wird die Klimakatastrophe von etwas katastrophalem zu etwas harmloseren bzw. Vorübergehendem herabgestuft. „Die Zeit“, nennt ihre Rubrik über die Klimakatastrophe sogar maximal verharmlosend „GREEN“, was eher nach Gartenkolumne klingt.

Wir wissen schon längst, wie katastrophal, unumkehrbar und vernichtend die Klimakatastrophe sein wird, dennoch benennen die Medien sie nicht so, sondern halten sie uns mit harmloseren Wörtern auf Abstand. Damit bleiben wir passiv abwartend in unseren Konsummustern gefangen, wissend, dass derweil die Katastrophe ungebremst immer größere Ausmaße annehmen, immer verheerender sein wird. Dabei könnten wir so viel mehr dagegen tun, als wir aufgrund der verharmlosenden Wörter bereit sind zu tun. Ihre journalistische Arbeit verkommt durch die geschaltete Werbung nur allzu oft zu einem Gerüst, einer Litfaßsäule, an der Reklame für besonders umweltschädliche Luxusprodukte wie Autos, Flugreisen und „fast fashion“ angeschlagen wird. In diesem Sinne…

Spielen die Medien sowohl den Biedermann als auch den Brandstifter. Ist der Sommer auch noch so heiß, sind die Klimakatastrophen, die Hitze-, Dürre-, Flutopfer auch noch so zahlreich, alle Medien berichten weiterhin „schön ausgewogen“ nach dem Motto von Hanns Joachim Friedrichs: „Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache – auch nicht mit einer guten Sache; dass er überall dabei ist, aber nirgendwo dazugehört.“ Unter diesem Deckmäntelchen der Neutralität macht man sich dann aber doch zum willfährigen Botschafter des Konsums:

„So viel Negatives ist unseren Kunden nicht zuzumuten und bloß keine zu deutlichen Aufrufe zum Verzicht, sonst verprellen wir unsere zahlungskräftigen Inserenten!“ (So lassen sich die Antworten zusammenfassen, die ich von Spiegel und Zeit erhalten habe). Aber die Medien sind in Marshall McLuhan`s Sinne schon längst die Botschaft: „The medium is the message“ https://en.wikipedia.org/wiki/The_medium_is_the_message.,

„Wer versucht, unpolitisch zu sein, ist politisch ohne es zu wollen.“ (Rosa Luxemburg) In allen Medien wechseln sich nämlich Klima-Katastrophenmeldungen in schöner Regelmäßigkeit ab mit glücklich machenden Beiträgen. Nach der „Tagesschau“ mit tausenden Flutopfern kommt „Das Traumschiff“ zum Wegträumen auf exotischen Reisen mit Flugzeug und Kreuzfahrtschiff. Die passende „Mein Schiff-Aida-Reklame“ inklusive! Nach jedem erschreckenden Bericht wird doch wieder verlockend das neueste SUV besprochen oder die letzte wilde Bucht für einen exotischen Urlaub angepriesen!

Nach den sachlichen Berichten über immer schneller schmelzende Gletscher, verschwindende Arten und zunehmende Katastrophen berichten Medien ebenso neutral über die Weigerung der Politiker, dem Wunsch der Mehrheit nach einem Tempolimit nachzugeben. Sie berichten ebenso sachlich über das Ausbremsen des Artenschutzes, um stattdessen Getreide für billigen Fleischkonsum anzubauen. Genauso sachlich werden die wiederholten Forderungen für möglichst billige Energie aus fossilen Quellen wiedergegeben. Diese „sachlichen“ Aneinanderreihungen mildern die Schrecken der Klimakatastrophe ab, sie lassen uns verwirrt zurück: „Ist Konsum jetzt doch nicht so schlecht?“

„Warum soll ich verzichten, wenn es so viele andere auch tun, so sehr dafür geworben wird und selbst die Politik und Medien wollen das ich es auch tue?“ Verwirrt und zweifelnd verharren wir als Konsumenten, werden gegenüber den Schreckensnachrichten immer passiver und geben uns dafür immer aktiver unserem eigenen kleinen Glück, dem Konsumieren hin. Dabei wäre nichts so effektive wie unser individuelle Wille, unser individuelles Handeln, siehe: https://www.sueddeutsche.de/projekte/artikel/wirtschaft/energie-energiekrise-strom-gas-oel-e670572/?reduced=true

Wir brauchen eine Kehrtwende, um die Klimakatastrophe abzuwenden. Diese muss bei uns selbst beginnen. Aber das geschieht nur, wenn uns die Medien eine entsprechende Dringlichkeit vermitteln. Aber genau daran fehlt es. Nach diesem Katastrophen-Sommer blieb in den Medien der Aufschrei aus, vielmehr wird in den Medien der Rückzug ins Private zelebriert, es werden Sonderheft über Mode, Design, Kunst, e.t.c. herausgegeben aber kleines in dem steht wie wir alle mithelfen können diese Erde gerechter und lebbarer zu machen?

Kein einziges wichtiges Medium wie, Der Spiegel, Die Zeit, SZ, FAZ oder die öffentlich rechtlichen machen ein Sonderheft oder einen Sendetag 100% Klima-ehrlich. So ein Heft sollte auf Umweltschutzpapier (Blauer Engel) gedruckt und für Büro und Druckerpresse oder Studio 100% Ökostrom gekauft werden. Zu jedem vorgestellten Artikel, Produkt, Reise oder Tätigkeit sollte benannt werden, was der damit verbundene Klimaschaden ist, nicht um zu Schulmeistern und zu Belehren, sondern um zu informieren.

Gleiches sollten bei jeglicher Werbung vermeldet und klimafreundliche Alternativen benannt werden. Dafür würden sich auch Partner finden, die in einem solchen Heft oder an einem solchen Sendetag gerne ihre umweltfreundlichsten Produkte anstatt der luxuriösesten und schädlichsten bewerben wollen, z.B. VEGANE Rügenwalder Teewurst statt SUV`s, klimafreundliche Kleidung statt Dior.

Medien müssen anderen ein Vorbild und ein gesellschaftlich relevanter Vorreiter sein. In diesem Sommer ist in Europa dreimal so viel Wald verbrannt wie im Durchschnitt der letzten 10 Jahre. Medien sollten nicht nur mit Mode und Lifestyle provokant und innovativ sein, sie sollten Furore machen, mit einer Weltpremiere groß rauskommen und Konkurrenten hinter sich lassen. Aber keine der anerkannten Medien will (auf eine positive Weise) in die Schlagzeilen kommen.

Solch ein Sonderheft, einen Sendetag mit vorbildlicher Klima-Ehrlichkeit überhaupt versuchen zu machen, wobei dies eigentlich das höchste Gebot der Stunde wäre! Es würde was kosten, es ist viel Arbeit und tut vielleicht weh, aber so ist Klimaschutz nun mal, wer jetzt immer noch nichts tut, wird später noch viel mehr Kosten, Arbeit und Leid erfahren. Anstelle ein gesellschaftlicher Vorreiter zu sein, verschanzen sich die Medien hinter Zweifeln und selbst verschuldeter Unwissenheit. Stehlen sich von ihrer moralische Verantwortung davon wie ein Dieb in der Nacht!

Niemand traut sich als Erster zu rufen, dadurch traut sich niemand aus der Deckung, bleiben die Zweifel. Kein Medium möchte Geschichte schreiben, keines mit einem solchen Statement seine Möglichkeiten ausloten, Unsicherheit und Zweifel wegblasen. Kein Medium will für sich und Ihre Leser gesellschaftlich relevant vorantreibend sein. Viel mehr verharren alle im hinteren Drittel, manche heimlich andere unabsichtlich bremsend. Kein einziges Medium versucht einen „Sustainability Challenge“ so wie es die Luftfahrt schon tut: https://www.youtube.com/watch?v=F0L2tvtm9Qg

Das Hamburger Zeitmagazin, hatte schon einmal eine Weltpremiere. Sie druckte Ende der 90er Jahre als erstes Medium überhaupt ein Magazin mit dem Blut von vergewaltigten Frauen des Jugoslawienkrieges. Damit wollte die Redaktion eine gesellschaftliche Debatte lostreten über die strukturelle Gewalt gegen Frauen. 2016 kam das österreichische Magazin „Vangardist“ damit sogar weltweit in die Schlagzeilen: https://www.theguardian.com/society/2015/may/06/blood-from-hiv-positive-people-used-to-print-austrian-magazine. Wartet Sie jetzt erst auf den steigenden Meeresspiegel, um dann ein Magazin mit dem Blut der Ertrinkenden zu drucken?

Wenn die Medien jetzt weiterhin versuchen, unpolitisch zu sein, sind sie politisch, ohne es zu merken! (Rosa Luxemburg) Verharren die Medien ebenso tatenlos wie wir Konsumenten? Lehnen sie genauso jegliche Eigenverantwortung ab? Betten Sie weiterhin jeden zukünftigen Artikel über die Klimakatastrophe ein in eine Vielzahl von Artikeln, die Konsum und Verbrauch von fossilen Energien gutheißen, dann verhalten sich die Medien ähnlich wie bei der Argumentation gegen das Rauchen in öffentlichen Räumen. Sie verharmlosen unnötig lange die wahre Schädlichkeit und verzögern damit das gesellschaftliche Bewusstsein über das Ausmaß des Problems und damit wichtige politische Entscheidungen.

Um das nötige Bewusstsein zu erreichen brauchen wir klima-ehrliche Medien. Gerade jetzt ist ein fruchtbares Zusammenspiel von uns allen, den Medien und der Politik nötig. Was möglich wäre, zeigen die Beispiele des Kühlschranks ohne FCKW und der Glühbirne. Ersterer wurde lange durch die Industrie verhindert mit dem Argument: „Das ist technisch unmöglich.“ Erst als Greenpeace 1992 medienwirksam die Werbetrommel für den FCKW-freien Kühlschrank eines Herstellers aus Sachsen rührte und dafür in kürzester Zeit 100.000 Bestellungen bekam, zog die West-Industrie nach und wurde FCKW in Kühlschränken per Gesetz verboten.

Bei der Glühbirne fragten die Bürger erst nach sparsamen Leuchtmitteln. Der Markt reagierte mit teuren, hässlichen und kümmerlichen Produkten. Einige kauften diese trotz aller Nachteile, aber die meisten bevorzugten weiterhin die viel billigeren Glühbirnen. Als 2010 der politische Druck zum Energiesparen größer wurde, niemand wollte noch mehr Kraftwerke und Hochspannungskabel, kam 2010 ein EU-Glühbirnenverbot.

Die Anbieter reagierten und wir freuen uns jetzt über die vielseitigen Anwendungen und die größere Zuverlässigkeit der heutigen Lampen. Wollen wir die Klimakatastrophe verhindern, dann braucht es einen klima-ehrlichen Markt, bewusst entscheidenden Konsumenten und eine Politik, die mit effektiven Gesetzen dem Markt Klima-Ehrlichkeit abverlangt. Aber zuallererst müssen wir hierfür das nötige Bewusstsein erreichen und gerade dafür brauchen wir vor allem kritische und klima-ehrliche Medien. Diese dürfen nicht die fatalen Fehler wiederholen, wieder blind in die gleichen Fallen tappen, wie in der Vergangenheit bei der Diskussion um die Schädlichkeit des Rauchens.

Jedes Kind versteht, dass wir ab jetzt sparen müssen. Wir müssen immer und überall sparen, ganz gleich wie sinnvoll es uns erscheint, denn der sparsame Umgang mit allen Ressourcen der Erde ist moralisch immer richtig angesichts wachsender Bevölkerungszahlen mit wachsendem Wohlstand. Jedes Kind versteht das, nur wir handeln immer noch so, als ob es diese Wahrheit nicht gäbe. Auch wenn wir nicht durchschauen was die aktuellen politischen Regeln aus unserem Sparen machen, lohnt es sich, z.B. importiert Frankreich unseren Solarstrom, wenn ihre Atomkraftwerke abgeschaltet werden, da ihnen wegen Hitze und Dürre ungenügend Kühlwasser aus den aufgeheizten und vertrockneten Flüssen zur Verfügung steht. Unsere privaten Solaranlagen liefern dann Strom an die immer zahlreicheren privaten französischen Klimaanlagen.

Ein Beispiel aus meiner Berufswelt: Wie klimaschädliche Steuergeschenke unsere Gesellschaft spalten. Bitte sehen Sie auch die im Anhang beigefügten Informationen zur Luftfahrt. Ich bin selbst Pilot, aber die derzeitige Steuerfreiheit für luxuriöse Flüge finde ich äußerst unzeitgemäß. Dass 1% der Bevölkerung luxuriöseste Reisen unternimmt und dabei steuerfrei 50% des weltweiten Kerosin verbrennt während Arme für jeden Kilometer, Energie-, CO2-, Öko- und Mehrwertsteuer bezahlen, ist höchst unsozial und spaltet unsere Gesellschaft. Es blockiert auch die Entwicklung der Luftfahrt zu mehr Klimafreundlichkeit.

Es ist jetzt höchste Zeit für eine ehrliche Steuer für den Gebrauch von fossilem Kerosin in der Luftfahrt. Wie wichtig der Einfluss von uns Bürgern ist, macht gerade das Fliegen deutlich. Airbus verspricht in 20 Jahren für die Kurz- und Mittelstrecke ein klimaneutrales Wasserstoffflugzeug, aber noch keine einzige Airline will es kaufen. Davon abgesehen planen weder Airbus noch Boeing in den kommenden 20 Jahren überhaupt andere, klimaschonende Modelle. Viel lieber kaufen die Airlines modernisierte Airbus A320 und Boeing 737, also Flugzeuge, deren ursprüngliche Konzeption aus den 80er bzw. 60er Jahren stammt.

Interkontinentale Flüge fliegen zu ca. 60%(!) von und nach Europa und verbrauchen ca. 80%(!) des europäischen Kerosins, aber auch dafür wird es in den kommenden 20 Jahren kein neues Modell geben. Die dafür verwendeten Airbus A330NEO und Boeing 777 stammen aus den 80er Jahren, die Airbus A350 und die Boeing 787 aus den 2000er Jahren. Dabei erwarten Airbus, Boeing, die Luftfahrtorganisationen IATA und ICAO aber mindestens eine Verdoppelung der bestehenden Flotte bzw. des Passagieraufkommens. Also wird die Luftfahrt 2030 und 2050 das gesteckte Ziel weit verfehlen bald mehr als doppelt so viel CO2 ausstoßen wie heute.

Weiterhin werden diese, einem Diesel-SUV ähnelnden, Flugzeuge mit Vollgas über die interkontinentalen Luftstraßen düsen. Neue, radikal sparsame Flugzeugkonzepte bleiben ungenutzt. Gerade deshalb sind jetzt unsere individuellen Entscheidungen so wichtig. Wenn Konsumenten nun sagen: „Das Produkt lehne ich ab, egal wie billig oder schädlich es ist“, nutzen Sie einen der zur Verfügung stehende Wege, effektiv Einfluss aus zu üben. Wie schon in der Vergangenheit verschwinden dann Produkte, die niemand mehr nachfragt oder sie werden verbessert. Dafür ist jetzt gerade bezüglich der Luftfahrt höchste Zeit. – Klaus Siersch

 


 

 

Leserbrief zu „»PASS EINFACH AUF DICH AUF!«“ von Luisa Hommerich im ZEIT Magazin

 

Bis heute habe ich nie einen Leserbrief geschrieben, aber Ihr Beitrag im Zeitmagazin über Nele und Nika ist mir sehr unter die Haut gegangen. Ich war vor 20 Jahren zu einem Sprachkurs im Iran, habe einen BA in Persisch und verfolge die Entwicklungen dort mit großem Interesse und Bangen für die mutigen Menschen dort.

Ich habe selbst eine Tochter (13 Jahre), die über das Internet ihre beste und engste Freundin in Bulgarien kennengelernt hat (15 Jahre). Anders als Nele und Nika konnten sich die beiden bereits zwei Mal treffen. Beim Lesen Ihres Artikels sah ich meine Tochter vor mir: Was wäre gewesen, wenn sie nicht Nati aus Sofia sondern ein iranisches Mädchen kennengelernt hätte…? Nele und ihrer Familie wünsche ich die Kraft, diese Erlebnisse, die leider kein Happy Ending erfahren haben, zu verarbeiten. Und ich möchte ihnen ganz ausdrücklich sagen: Doch, es gibt viele Menschen (wie mich), die die aktuellen Ereignisse im Iran nicht kalt lassen! – Martina Fixson

 


 

 

Leserbrief zu „DIE GÜNSTIGSTEN ZIMMER IN DEN BESTEN HOTELS“ von Johannes Dudziak im ZEIT Magazin

 

Marcel Reifs Stadien-Favoriten haben ja Charme. Im Firhill Stadium zu Glasgow spielt der Verein mit der Distel im Wappen – das ist richtig. Allerdings trug zur Namensgebung des Vereins nicht irgendein ‚Patrick‘ bei, sondern der Name des damals noch von Glasgow unabhängigen Ortes Partick, daher heißt der Verein korrekt Partick Thistle. – Stefan Adomat

 


 

 

Leserbrief zum Wochenmarkt „DER BELEIDIGTE BROKKOLI“ von Elisabeth Raether im ZEIT Magazin

 

Ich habe die Anregung aufgegriffen, das »Tatort«-Logo dahingehend als »Bratort«-Logo zu adaptieren, so dass man es eventuell für den Aufdruck auf eine Schürze verwenden könnte. Eine sehr lustige Idee, wie ich finde. Ich wünsche weiterhin gutes Gelingen und weitere Wochenmarkt-Kolumnen und -Rezepte, mit weiterhin solcheralt lustiger Ideen. – Daniel Sauthoff

 


 

 

Leserbrief zu „HILFE! Kann man bei Kindern Entwicklungssprünge voraussagen?“ Gespräch mit Herbert Renz-Polster geführt von Anna Kemper im ZEIT Magazin

 

Ja und, wo ist das Problem? Entwicklungssprünge von Kindern sind durchaus normal. Das Interview mit Herrn Renz-Polster war nicht wirklich erhellend. – Heidi Janke-Mohr